Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 107/07
Tenor
Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 12. April 1945 geborene frühere Kläger wendete sich im Verwaltungsverfahren und Klageverfahren erster Instanz gegen seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zum 30. September 2004. Das Verfahren wird von seiner Ehefrau und Alleinerbin weitergeführt, nachdem er am 19. Mai 2007 verstarb.
3Der frühere Kläger trat 1966 als Matrose in die Bundeswehr ein; seine Ernennung zum Berufssoldaten (Leutnant zur See) erfolgte im Jahr 1969. Mit Versetzungsverfügung vom 7. Mai 2002 wurde er zum 1. Oktober 2002 von seinem damaligen Dienstposten als Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr von C. zum DTA SHAPE (Supreme Headquarters Allied Powers Europe) nach N. (Belgien) auf den Dienstposten des Stellvertretenden NATO-Oberbefehlshabers in Europa (DSACEUR) versetzt. Als voraussichtliche Verwendungsdauer waren drei Jahre angegeben. Mit Dienstantritt zum 1. Oktober 2002 wurde er gleichzeitig zum Admiral (Besoldungsgruppe B 10 BBesO) befördert.
4Nach der damaligen Kommandostruktur innerhalb der NATO besetzte Deutschland im Wechsel mit Großbritannien die Vier-Sterne-Dienstposten DSACEUR und Chief of Staff (COS SHAPE). Die jeweilige Besetzungsdauer betrug drei Jahre. In der Zeit vom 1. Oktober 2001 bis zum 30. September 2004 lag das Besetzungsrecht für den DSACEUR bei Deutschland. Von Oktober 2001 bis September 2002 war der Dienstposten mit dem deutschen General T. besetzt; ihm folgte am 1. Oktober 2002 der frühere Kläger.
5Nach zuvor erfolgter mündlicher Information im April 2003 wurde der frühere Kläger mit Schreiben vom 12. September 2003 vom Bundesministerium der Verteidigung offiziell über seine geplante Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zum 30. September 2004 unterrichtet. Da das deutsche Besetzungsrecht für den DSACEUR zum 30. September 2004 ende, könne auch die Verwendungsdauer des früheren Klägers auf diesem Dienstposten nicht verlängert werden. Aufgrund der geringen Anzahl von Dienstposten der Besoldungsgruppe B 10 BBesO bei der Bundeswehr und bei der NATO sei eine Anschlussverwendung auf einem entsprechend dotierten Dienstposten nicht möglich.
6In der Folgezeit erklärte der frühere Kläger in mehreren Schreiben an den Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium sowie in einem Gespräch mit dem Bundesminister der Verteidigung, dass er mit seiner beabsichtigten Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nicht einverstanden sei.
7Daraufhin ersuchte der Bundesminister der Verteidigung den Bundespräsidenten mit Schreiben vom 30. April 2004, den früheren Kläger gemäß § 50 Soldatengesetz (SG) mit Ablauf des 30. September 2004 in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. In dem Schreiben heißt es unter anderem:
8".... die Bundesrepublik Deutschland besetzte bisher im Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) im Wechsel mit Großbritannien den Dienstposten 'Stellvertreter des Obersten Alliierten Befehlshabers in Europa (DSACEUR)'. Seit Oktober 2002 ist Admiral S. G. in dieser Funktion tätig.
9Das deutsche Besetzungsrecht für diesen Dienstposten endet am 30. September 2004. Die Vereinbarungen zur neuen Nato-Kommando-Struktur sehen künftig die ständige Besetzung dieses Postens mit einem britischen General vor. Deutschland wird ab diesem Zeitpunkt dauerhaft den Posten 'Chef des Stabes (COS SHAPE)' besetzen. Für diesen Posten habe ich Generalleutnant S. T1. vorgesehen, der zuletzt als Director General im Militärstab der Europäischen Union eingesetzt war.
10Da es für Admiral G. keine sinnvolle Möglichkeit einer Anschlussverwendung mehr gibt, ist seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zum 30. September 2004 aus meiner Sicht unausweichlich. Admiral G. ist über meine Auffassung seit April 2003 informiert. Da er mit Antritt seiner jetzigen Verwendung am 1. Oktober 2002 zum Admiral befördert wurde, sind die damit verbundenen Dienstbezüge der Besoldungsgruppe B 10 noch nicht ruhegehaltsfähig.
11Admiral G. ist nicht bereit, eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zu akzeptieren und hat seine ablehnende Haltung wiederholt schriftlich zum Ausdruck gebracht, letztmalig in einem Brief vom 8. April 2004. Er wünscht seinen Einsatz auf dem Posten COS SHAPE. Als neuer Chef des Stabes müsste er hinter den britischen General zurücktreten, der ihn im Oktober 2004 als DSACEUR ablösen wird. Gerade im internationalen Umfeld ist eine solche Vorgehensweise unüblich. Auch unter diesem Gesichtspunkt habe ich die Besetzungsentscheidung mit Generalleutnant T1. getroffen. ...."
12Dem Schreiben war u.a. die Korrespondenz des früheren Klägers mit dem Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium beigefügt. Der dem Bundespräsidenten zum Zwecke der Entscheidungsfindung vorgelegte Vermerk vom 15. Juni 2004 enthielt nach den Ausführungen zur Änderung der NATO-Kommandostruktur den Hinweis, dass es für den früheren Kläger keine sinnvolle Möglichkeit einer Anschlussverwendung gebe. Auf den Posten COS SHAPE, auf den dieser sich beworben habe, müsste er hinter den britischen General zurücktreten, was im internationalen Umfeld unüblich sei. Mit der geplanten Maßnahme sei der frühere Kläger nicht einverstanden.
13Mit Urkunde vom 18. Juni 2004 versetzte der Bundespräsident den früheren Kläger mit Ablauf des 30. September 2004 in den einstweiligen Ruhestand. Die Urkunde wurde dem früheren Kläger zusammen mit einer Begleitverfügung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 23. Juni 2004 am 30. Juni 2004 ausgehändigt.
14Der frühere Kläger hat hiergegen am 15. Juli 2004 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorgetragen hat: Die Entscheidung des Bundespräsidenten sei ermessensfehlerhaft, da die vom Bundesminister für Verteidigung vorgetragenen Erwägungen für seine, des früheren Klägers, Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nicht tragfähig seien. Es sei lang geübte Praxis der Bundespräsidenten gewesen, Versetzungen von Generalen oder Admiralen in den einstweiligen Ruhestand aus strukturellen Gründen zur Verbesserung der Altersstruktur der Bundeswehr ausschließlich mit Zustimmung des Betroffenen vorzunehmen. Von dieser Praxis sei der Bundespräsident in seinem Falle erstmals abgewichen, ohne dass Gründe hierfür in den Akten erkennbar seien. Die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand beruhe nicht auf einer Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und ihm, dem früheren Kläger. Die maßgebliche Erwägung, er sei ab dem 1. Oktober 2004 nicht mehr dienstgradgerecht einsetzbar gewesen, weil der bisherige Dienstposten bei der NATO seit diesem Zeitpunkt ständig mit einem britischen Soldaten zu besetzen sei, sei unzutreffend. Nach Sinn und Zweck des § 50 Abs. 1 SG dürften Generale oder Admirale nicht aus jedem sachlichen Grund in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Allgemeine strukturelle Gründe reichten für sich genommen daher nicht aus. Er hätte außerdem über den 30. September 2004 hinaus auf seinem Dienstposten verbleiben können. Die übliche Verwendungsdauer auf einem Dienstposten bei der NATO betrage drei Jahre. Sein britischer Nachfolger hätte zunächst ein Jahr lang als Chef des Stabes eingesetzt werden können, bevor er auf den Dienstposten DSACEUR gewechselt wäre. Der Alliierte Oberbefehlshaber in Europa (SACEUR) habe sich für diese Lösung eingesetzt. Der Bundespräsident habe diese Möglichkeit nicht in seine Erwägungen mit einbezogen. Abgesehen davon hätte er, der frühere Kläger, statt seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand ab dem 1. Oktober 2004 auf dem gleichwertigen, ebenfalls der Besoldungsgruppe B 10 BBesO zugehörigen Dienstposten Chef des Stabes (COS SHAPE) weiterverwendet werden können. Außerdem hätte er im Frühjahr 2004 auf den Dienstposten Commander-in-Chief (CINCNORTH) versetzt werden können. Gründe der Altersstruktur hätten dem nicht entgegengestanden, denn die auf diese Dienstposten beförderten Generale C1. und T1. gehörten der gleichen Altersgruppe wie er an. Die Erwägung des Bundespräsidenten, der Wechsel auf einen amtsangemessenen nachgeordneten Dienstposten sei im internationalen Umfeld unüblich, sei unzutreffend. Zu dem Zeitpunkt, als ihn der Bundesminister der Verteidigung erstmals über die beabsichtigte Versetzung in den einstweiligen Ruhestand unterrichtet habe, sei noch nicht absehbar gewesen, welche Dienstposten auf der Ebene von Vier-Sterne-Generalen zukünftig durch die Bundeswehr besetzt werden würden. Im Zuge der damals stattfindenden Veränderung der NATO-Kommandostruktur hätten auch deutsche Generale oder Admirale Wechsel auf Dienstposten hinnehmen müssen, die entweder in der Hierarchie als untergeordnet bewertet oder als Übergangslösung ganz entfallen würden. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass durch einen derartigen Wechsel des früheren Klägers öffentliche Interessen beeinträchtigt worden wären.
15Der frühere Kläger hat beantragt,
16den Bescheid des Bundespräsidenten vom 18. Juni 2004 und den Bescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 23. Juni 2004 aufzuheben.
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie vertritt die Auffassung, die Entscheidung des Bundespräsidenten sei rechtmäßig erfolgt. Auch die hier ausschlaggebenden strukturellen Gründe könnten die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand rechtfertigen. Der frühere Kläger habe keinen Anspruch auf Verwendung als Chef des Stabes (COS SHAPE) gehabt. Vielmehr entscheide der zuständige Vorgesetzte über die Verwendung eines Soldaten nach Maßgabe des dienstlichen Bedürfnisses nach pflichtgemäßem Ermessen. Dieses Ermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Es sei im internationalen Umfeld unüblich, den bisherigen DSACEUR auf einen in der Hierarchie nachgeordneten Dienstposten zu verwenden. Das wäre sowohl bei einer Verwendung des frühren Klägers als COS SHAPE als auch als CINCNORTH aber der Fall gewesen. Im Übrigen sei der Dienstposten CINCNORTH seit Anfang 2004 anderweitig besetzt gewesen. Der vom früheren Kläger herangezogene Fall des früheren Generals T. als Vorgänger des früheren Klägers auf dem Dienstposten DSACEUR sei nicht vergleichbar, da dieser vom Dienstposten CINCNORTH ins NATO-Hauptquartier als Chef des Stabes und sodann auf den Posten DSACEUR wechselte, was einen Aufstieg bedeutet habe.
20Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
21Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der während des Berufungszulassungsverfahrens an Stelle ihres verstorbenen Ehemannes in das Verfahren eingetretenen Klägerin. Zur Begründung macht diese im Wesentlichen geltend:
22Die Versetzung von Generalen und Admiralen in den einstweiligen Ruhestand dürfe nur aus solchen Gründen erfolgen, die durch den Zweck des § 50 Abs. 1 SG gedeckt seien. Dazu gehörten Beeinträchtigungen des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Soldaten und der politischen Führung sowie Gesichtspunkte der Altersstruktur. Beide Gründe seien vorliegend nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts habe das Bundesverwaltungsgericht personelle Strukturprobleme oder haushaltsrechtliche Gründe nicht als Rechtfertigung für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand angenommen. Die Tatsache, dass das Bundesverwaltungsgericht über den vergleichbaren § 36 Abs. 1 BBG hinausgehend bei § 50 Abs. 1 SG den Gesichtspunkt einer dem Verteidigungsauftrag entsprechenden Altersstruktur ebenfalls als durch den Zweck der Vorschrift gedeckt angesehen habe, mache deutlich, dass keineswegs jeder sachliche Grund die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand tragen könne. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Verallgemeinerung dahingehend, dass § 50 Abs. 1 SG die Flexibilität der Personalpolitik der Bundeswehr unabhängig von den Gesichtspunkten der Altersstruktur und des Vertrauensverhältnisses sichern wolle, würde durch die allein auf die Altersstruktur bezogenen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht gestützt. Die Lösung personeller Strukturprobleme zähle nicht zu der Flexibilität der Personalpolitik, die § 50 Abs. 1 SG ermögliche, denn diese hätten keinen Bezug zu der besonderen Stellung des in dieser Vorschrift genannten Personenkreises.
23Änderungen des Besetzungsrechts bei internationalen Organisationen gebe es nicht nur bei Soldaten, sondern auch bei Beamten. Es gebe keinen Grund, die Lösung personeller Strukturprobleme, die darin bestünden, dass der Dienstposteninhaber infolge der Veränderung des Besetzungsrechts die Aufgaben seines bisherigen Dienstpostens nicht mehr wahrnehmen könne, beim Militär durch Versetzung des Dienstposteninhabers in den einstweiligen Ruhestand zu ermöglichen, während eine solche Maßnahme gegenüber Beamten nicht möglich sei. Bei einer Änderung des Besetzungsrechts stehe einer Umsetzung oder Versetzung des Betroffenen auf einen anderen Dienstposten nichts im Wege. Vorliegend sei die Versetzung des früheren Klägers in den einstweiligen Ruhestand nicht einmal eine Folge eines personellen Strukturproblems in der Phase der Neuordnung der NATO-Kommandostruktur, sondern der Personalplanung der Beklagten geschuldet, wonach die (ehemaligen) Generalleutnante C1. und T1. auf mit B 10 BBesO dotierte Dienstposten befördert werden sollten. Dies gehe aus einem internen Vermerk des Verteidigungsministeriums vom 24. März 2003 hervor. Dienstposten der Besoldungsgruppe B 10 BBesO seien jedoch vorrangig den Inhabern des statusrechtlichen Amtes dieser Besoldungsgruppe zu übertragen.
24Die vom Verwaltungsgericht angenommenen Erwägungen, dass die Beklagte bei einem Verbleib des früheren Klägers auf seinem Dienstposten erst ein Jahr später auf zwei Vier-Sterne-Dienstposten repräsentiert gewesen wäre und dass Offiziere aus den Geburtsjahrgängen 1944 und 1945 aus dem Kandidatenfeld herausgefallen wären, habe der Bundespräsident bei seiner Entscheidung überhaupt nicht angestellt, da er insofern nicht unterrichtet gewesen sei. Diesem gegenüber sei vielmehr der Eindruck erweckt worden, es gebe zur Versetzung des früheren Klägers in den einstweiligen Ruhestand keine Alternative. Über die Möglichkeit einer weiteren Verwendung des früheren Klägers über den 30. September 2004 hinaus auf dem Dienstposten DSACEUR sei er nicht informiert worden. Zusätzliche Erwägungen des Bundesministers der Verteidigung seien für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung des Bundespräsidenten irrelevant. Der Verteidigungsminister könne nicht durch organisatorische Entscheidungen die Entscheidungen des Bundespräsidenten nach § 50 Abs. 1 SG präjudizieren. Eine Verlängerung des deutschen Besetzungsrechts für den Dienstposten DSACEUR über den 30. September 2004 habe die Beklagte gegenüber den NATO-Partnern nicht mit Nachdruck vertreten.
25Hinsichtlich des Dienstpostens COS SHAPE sei zwar richtig, dass dieser innerhalb der Kommandohierarchie der NATO dem DSACEUR nachgeordnet sei; ob eine anschließende Verwendung eines DSACEUR auf diesem Posten jedoch international unüblich sei, entscheide allein der Entsendestaat. Soweit der Bundespräsident daher davon ausgegangen sei, es sei – wie vom Bundesverteidigungsminister unterbreitet – unüblich, liege ein Ermessensfehler vor.
26Die Klägerin beantragt,
27das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt zur Begründung vor, dass bei der Anwendung des § 50 Abs. 1 SG andere Gründe als eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Soldaten und der politischen Führung wie etwa Gesichtspunkte der Altersstruktur als Gründe für die Versetzung eines Generals oder Admirals in den einstweiligen Ruhestand nicht ausgeschlossen seien. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. Es seien alle Gründe, die auf sachlichen Erwägungen beruhten, zulässig, auch Gründe wie personelle Strukturprobleme, die nicht in der Person des Betroffenen lägen. Das Bundesverwaltungsgericht sei in einer früheren Entscheidung davon ausgegangen, dass das Soldatengesetz im Hinblick auf die Bedürfnisse der Bundeswehr in besonderem Maße eine flexible Personalpolitik ermöglichen wolle. Aus dieser Zweckbestimmung ergebe sich, dass die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand auch aus Gründen ausgesprochen werden könne, die vom Verhalten des hochrangigen Berufsoffiziers unabhängig seien, so dass auch besondere personelle Strukturprobleme die einstweilige Zurruhesetzung rechtfertigten. Im Übrigen handele es sich mittelbar um Gründe, die der Altersstruktur vergleichbar seien, wenn die Anzahl der Dienstposten der Besoldungsgruppe B 10 BBesO geringer sei als die Anzahl der entsprechend dotierten Generale und Admirale, da sich die Altersstruktur der Bundeswehr aus der Besetzung der vorhandenen Dienstposten mit dem vorhandenen Personal ergebe. Der Verbleib eines höchstdotierten Soldaten im Dienst trotz Wegfalls seines Dienstpostens habe Verdrängungseffekte auf anderen Positionen und damit Auswirkungen auf die Altersstruktur in den Spitzenämtern der Bundeswehr. Deshalb sei es nicht nur zulässig, sondern geboten, der Förderung eines Generalleutnants bzw. Vizeadmirals, der der Besoldungsgruppe B 9 BBesO angehöre, unmittelbar Vorrang vor der Weiterverwendung eines Admirals der Besoldungsgruppe B 10 BBesO zu geben und Letzteren somit in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.
31§ 50 SG sei insofern vergleichbar mit § 36a BBG, der die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand von Beamten, die ein Amt der Besoldung B innehaben, bei organisatorischen Veränderungen der Behörde regele. Der Norm des § 36a BBG hätte es bei politischen Beamten – wegen des für sie geltenden § 36 BBG – nicht bedurft, so dass bei Soldaten dem § 50 SG auch der dem § 36a BBG vergleichbare Regelungsgehalt zukomme.
32Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass – anders als bei Beamten nach § 36 BBG – eine vorzeitige Zurruhesetzung der Generalität aus anderen Gründen als dem Verlust des Vertrauensverhältnisses zur politischen Leitung wie beispielsweise aus Altersgründen deshalb zulässig sei, weil Generale und Admirale im Gegensatz zu sonstigen Offizieren keiner besonderen, sondern nur der allgemeinen Altersgrenze unterlägen. Die einstweilige Zurruhesetzung nach § 50 Abs. 1 SG sei daher für die Generale und Admirale Ersatz für die vorzeitige Zurruhesetzung aufgrund einer besonderen Altersgrenze bei sonstigen Offizieren.
33Eine Vergleichbarkeit mit den beamtenrechtlichen Regelungen komme nicht in Betracht, weil dabei die soldatischen Besonderheiten nicht berücksichtigt werden könnten. Für den früheren Kläger habe es keine Verwendungsmöglichkeiten mehr gegeben, weil er nicht nur den höchsten Dienstposten in der Bundeswehr erlangt habe, sondern bis zu seiner Zurruhesetzung auch den höchsten Dienstposten in der NATO, den ein Angehöriger der Bundeswehr nach damaliger internationaler Dienstpostenvergabe habe besetzen können. In der Bundeswehr sei der Dienstgrad General bzw. Admiral insgesamt normalerweise nur dreimal vergeben. Auch wenn es bei niedrigeren Dienstposten im Ausnahmefall vorkommen könne, dass bei Organisationsänderungen Dienstposten von Soldaten besetzt werden könnten, die zuvor in einflussreicheren Verwendungen tätig gewesen seien, so sei jedoch hier zu berücksichtigen, dass der frühere Kläger die Bundesrepublik Deutschland im militärischen Hierarchiegefüge an höchster Stelle repräsentiert habe.
34Der Bundespräsident habe deswegen bei seiner Entscheidung internationale Gepflogenheiten hinsichtlich der Besetzungsrechte für bestimmte Dienstposten in internationalen Organisationen und ihrer jeweiligen Wertigkeit innerhalb der militärischen Hierarchie berücksichtigen müssen. Ihm sei durch den Bundesverteidigungsminister ausführlich dargelegt worden, dass es für den früheren Kläger keine sinnvolle Anschlussverwendung gebe. Bei einer Übertragung des Dienstpostens COS SHAPE wäre der frühere Kläger aus einer höherwertigen in eine unmittelbar nachgeordnete Verwendung abgestiegen und hätte Aufträge von seinem Nachfolger im Amt zur Umsetzung erhalten, was allen militärischen Gepflogenheiten widersprochen hätte. Die Besetzung des Dienstpostens CINCNORTH mit einem ehemaligen DSACEUR hätte eine in der militärischen Historie noch nie praktizierte Vorgehensweise bedeutet. Der Dienstposten DSACEUR sei der Ebene "Strategic" zugeordnet, der Dienstposten CINCNORTH hingegen der darunter liegenden Ebene "Operational". Eine Anschlussverwendung als CINCNORTH hätten das Amt und den Amtsinhaber in der militärischen Wahrnehmung durch die Mitgliedstaaten beschädigt.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (9 Hefte) Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die rechtzeitig begründete und auch im übrigen zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
38Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO ist wegen der besoldungsrechtlichen Auswirkungen der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand (§§ 4, 3 Abs. 3 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002, BGBl I S. 3020) weiterhin zulässig. Sie ist insbesondere weder durch das Erreichen der allgemeinen Altersgrenze durch den früheren Kläger noch durch seinen Tod unzulässig geworden.
39Der angefochtene Verwaltungsakt hat sich nicht dadurch erledigt, dass der frühere Kläger im April 2006 mit Vollendung seines 61. Lebensjahres gemäß § 45 Abs. 1 SG in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung ohnehin in den Ruhestand getreten wäre, so dass vorliegend mangels einer Erledigung eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht in Betracht kommt. Zwar gilt der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Berufsoffizier mit Erreichen der Altersgrenze als dauernd in den Ruhestand versetzt (§ 50 Abs. 2 Satz 2 SG), so dass sich die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand als solche in jedem Fall erledigt hat. Darin liegt aber kein zur Erledigung führendes Ereignis im vorliegenden Klageverfahren, da die Regelungswirkung der einstweiligen Zurruhesetzung dadurch nicht weggefallen ist. Eine Erledigung liegt dann nicht vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt rechtlich noch irgendeine unmittelbar belastende Wirkung für den Betreffenden entfaltet. Eine solche Fortwirkung kann auch darin bestehen, dass der Verwaltungsakt noch die Grundlage für einen anderen Verwaltungsakt bildet oder als Rechtsgrund und Rechtfertigung eingetretener Rechtswirkungen fortwirkt, indem er z.B. Erstattungs- oder Beseitigungsverlangen entgegensteht bzw. sich sonst wie noch belastend auf den Betreffenden auswirkt, weil sein Regelungsgehalt nicht erschöpft ist.
40Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 2. Aufl. 2006, § 113 Rn. 250; s.a. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1982 – 8 C 101.81 –, BVerwGE 66, 75, wonach die vorzeitige Entlassung wegen Zivildienstunfähigkeit sich nicht infolge des Ablaufs der für den Zivildienst festgesetzten Zeit erledigt.
41So liegt der Fall hier. Die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bildet den Rechtsgrund zum einen für die Einstellung der Bezüge nach der Besoldungsgruppe B 10 BBesO ab dem 1. Oktober 2004. Zum anderen bildet sie auch den Rechtsgrund für die Festsetzung der Versorgungsbezüge des früheren Klägers bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem er noch nicht die allgemeine Altersgrenze für Berufssoldaten erreicht hatte. Würde der Klage gegen die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand rechtskräftig stattgegeben, würde der Besoldungsanspruch rückwirkend wieder aufleben; das ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, § 3 Abs. 3 BBesG a.F.. Darüber hinaus wäre mangels Eintritts in den Ruhestand der Festsetzung der Versorgungsbezüge ab dem 1. Oktober 2004 die Grundlage entzogen (§§ 15 ff SVG).
42Dass die Anfechtungsklage gegen die Zurruhesetzung nach wie vor die statthafte Klageart ist, ergibt sich darüber hinaus auch aus der Überlegung, dass beispielsweise eine Anfechtungsklage gegen die bereits ab dem 1. Oktober 2004 erfolgte Festsetzung der Versorgungsbezüge aussichtslos gewesen wäre, solange die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nicht beseitigt ist.
43Die Klage ist auch nicht durch den Tod des früheren Klägers im Mai 2007 unzulässig geworden. Wegen der besoldungsrechtlichen Auswirkungen seiner Versetzung kann das Verfahren nunmehr von seiner Ehefrau zulässigerweise weitergeführt werden. Diese hat ein Rechtsschutzinteresse. Denn sie ist dessen Erbin. Etwaige rückständige Besoldungsansprüche ihres früheren Ehemannes gegen seinen Dienstherrn, die abhängig sind vom Zeitpunkt dessen Zurruhesetzung, sind dementsprechend auf sie gemäß § 1922 Abs. 1 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen.
44Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 24. Oktober 1994 – 1 R 9/92 –, ZBR 1995, 112 = DÖD 1995, 116, dort in Abgrenzung zur – grundsätzlich fehlenden – Vererblichkeit von Beihilfeansprüchen; Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 – 1 A 282/07 –, juris (Rn. 34), dort zu Versorgungsansprüchen des verstorbenen Ehemannes.
45Der Gesamtrechtsnachfolger eines von dem Berechtigten wie hier bereits eingeleitet gewesenen Klageverfahrens, der das Verfahren weiterführt, hat nicht nur ein Rechtsschutzinteresse, unmittelbar auf ihn übergegangene vermögensrechtliche Ansprüche auf etwaige noch ausstehende Bezüge (weiter) einzuklagen. Er ist vielmehr auch schutzwürdig, im Zeitpunkt des Erbfalls streitig gewesene rechtliche Vorfragen mit Blick auf das Bestehen und/oder die Höhe des Anspruchs bzw. die Pflicht zur Auszahlung abschließend gerichtlich klären zu lassen, soweit von der Beantwortung dieser Vorfragen abhängt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Leistungs- oder Zahlungsansprüche des Erblassers, die dieser noch zu Lebzeiten erworben hatte, auf den Rechtsnachfolger übergegangen sind. Vorliegend stehen zwar keine Leistungs- oder Zahlungsansprüche des Erblassers gegen seinen Dienstherrn unmittelbar im Streit; die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Versetzung des früheren Klägers in den einstweiligen Ruhestand hat vielmehr primär ausschließlich Auswirkungen auf dessen Status. Da die begehrte Aufhebung der Versetzungsverfügung gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf den Zeitpunkt der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zurückwirkt, hängen von der Rechtmäßigkeit der Maßnahme jedoch – sekundär – Besoldungsansprüche ab, wie oben bereits aufgezeigt wurde: Erweist sich die hier angefochtene Versetzung als rechtswidrig, so hätten dem früheren Kläger – und nach seinem Tod dessen Rechtsnachfolgerin – über den 30. September 2004 hinaus bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze gemäß § 45 Abs. 1 SG in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung bis zur Vollendung des 61. Lebensjahres die Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe B 10 BBesO zugestanden. Die Frage nach den Bezügen betrifft die Witwe und Alleinerbin des früheren Klägers als unmittelbar Berechtigte; insofern kann sie eigene Ansprüche gegen den Dienstherrn ihres verstorbenen Ehemannes geltend machen. Aufgrund dessen ist sie auch befugt, die Klage ihres Mannes gegen die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand selbständig fortzuführen. Das gilt zumindest in Fällen wie hier, in denen der verstorbene Beamte, Richter oder Soldat das Verfahren noch zu seinen Lebzeiten eingeleitet hatte.
46Dem (potentiellen) Besoldungsanspruch steht das Haushaltsrecht nicht entgegen. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht aufgrund der Beförderung (beispielsweise) eines Generalleutnants zum General mit der Zuweisung der Planstelle des Besoldungsgruppe B 10 BBesO.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2001 2 C 39.00 , BVerwGE 115, 89 (92) = = DVBl 2002, 203 (204) = DÖV 2002, 299 = ZBR 2002, 178 (179) = NVwZ 2002, 604 (605) = RiA 2003, 33 (34); OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2000 – 6 B 1899/99 –, NVwZ-RR 2000, 804 (805).
48Zwar ist es haushaltsrechtlich verboten, einem aus seinem Amt abberufenen Soldaten (hier: dem früheren Kläger) bzw. seinen Erben ohne Zuweisung einer Planstelle Dienstbezüge zu zahlen und gleichzeitig die Planstelle mit einem anderen Soldaten (hier – unter Zuordnung eines anderen Dienstpostens – General T1. ) neu zu besetzen. Besoldung darf grundsätzlich nur gewährt werden, wenn der Haushaltsplan – einschließlich des Stellenplans – die Mittel zur Verfügung stellt. Die Anzahl der im Stellenplan für Berufsoffiziere ausgewiesenen Planstellen entspricht der Anzahl der für solche Offiziere eingerichteten Ämter. Aus jeder mit diesen Ämtern verbundenen Planstellen darf jeweils nur ein Soldat besoldet werden. Allerdings kann das Haushaltsrecht die gerichtliche Aufhebung einer angefochtenen rechtswidrigen Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nicht ausschließen. Das folgt aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Die Beklagte kann durch rechtswidriges Handeln keine vollendeten Tatsachen im Hinblick auf Besoldungsansprüche schaffen und dadurch den effektiven Rechtsschutz der Betroffenen vereiteln. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gebietet, irreparable behördliche Entscheidungen soweit als möglich auszuschließen. Gegebenenfalls muss die Beklagte zur Erfüllung des nach einem Erfolg der Anfechtungsklage bestehenden Besoldungsanspruchs über- und außerplanmäßige Mittel bereitstellen.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2001 2 C 39.00 –, BVerwGE 115, 89 (93 f) = DVBl 2002, 203 (204) = DÖV 2002, 299 (300) = ZBR 2002, 178 (179 f) = NVwZ 2002, 604 (605) = RiA 2003, 33 (34).
50Hingegen kann die Klägerin mit der vorliegenden Klage (indirekt) nicht auch ein höheres Ruhegehalt erstreiten. Ihr Ehemann hatte das zuletzt bekleidete Amt der Besoldungsgruppe B 10 BBesO genau zwei Jahre inne, nämlich vom 1. Oktober 2002 bis zum 30. September 2004. Die in diesem Amt erhaltenen Bezüge sind ruhegehaltfähig. Zwar hatte der frühere Kläger die Bezüge nach der Besoldungsgruppe B 10 BBesO nicht mindestens drei Jahre erhalten, so dass nach dem zum Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung geltenden Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 1 SVG nur die Bezüge seines vorletzten Dienstgrades ruhegehaltsfähig wären, somit die als Vizeadmiral erhaltenen Bezüge nach der Besoldungsgruppe B 9 BBesO. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch zur Parallelvorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 entschieden, dass die Verlängerung der Wartezeit auf drei Jahre bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge des Beamten, der aus einem Beförderungsamt in den Ruhestand tritt, wegen Unvereinbarkeit mit dem nach Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtenden Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt verfassungswidrig ist.
51Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 – 2 BvL 11/04 –, BVerfGE 117, 372 = ZBR 2007, 125 = NVwZ 2007, 679 = DRiZ 2007, 240 = BayVBl 2007, 528.
52Gesetzeskraft hat diese Entscheidung zwar nur im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG a.F.,
53vgl. BGBl I 2007 S 605,
54nicht hingegen hinsichtlich des hier maßgeblichen § 18 Abs. 1 Satz 1 SVG. Gemäß Art. 5 Nr. 6 Buchstabe a) aa) des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (DNeuG)
55– BGBl I S. 160 –
56hat der Gesetzgeber jedoch die Wartezeit für Soldaten mittlerweile von drei auf zwei Jahre verkürzt. Diese Neuregelung ist rückwirkend bereits mit Wirkung vom 13. April 2007 in Kraft getreten (Art. 17 Abs. 2 DNeuG). Im Übrigen haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass die verfassungsgerichtliche Entscheidung bereits vor Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes auch im Soldatenversorgungsrecht Beachtung gefunden hat mit der Folge, dass die Hinterbliebenenversorgungsbezüge der Klägerin sich nach der Besoldungsgruppe B 10 BBesO richten.
57Der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage bedurfte es nicht, da der Bundespräsident als oberste Bundesbehörde im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO handelte, indem er auf dem Gebiet des Soldatenrechts den hier angefochtenen Verwaltungsakt – die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand – erließ.
58Vgl. Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, Kommentar, 2006, § 50 Rn. 27.
59Die Klage ist jedoch nicht begründet.
60Die Versetzung des Ehemanns der Klägerin in den einstweiligen Ruhestand durch Verfügung des Bundespräsidenten vom 18. Juni 2004 nebst Begleitverfügung des Bundesministers der Verteidigung vom 23. Juni 2004 enthält keine Rechtsverletzung im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
61Formelle Fehler, die zu einer Rechtswidrigkeit der angefochtenen Maßnahme führen, sind weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Auch materiell-rechtlich ist die Zurruhesetzungsentscheidung fehlerfrei getroffen worden.
62Gemäß § 50 Abs. 1 SG kann der Bundespräsident die Berufsoffiziere vom Brigadegeneral und den entsprechenden Dienstgraden an aufwärts jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen.
63Als ehemaliger hochrangiger Berufsoffizier ist der frühere Kläger vom persönlichen Anwendungsbereich der Norm erfasst. Der einem Brigadegeneral entsprechende Dienstgrad in der Marine ist der eines Flottillenadmirals; als Admiral dem gemeinsam mit dem General höchsten Dienstgrad bei der Bundeswehr stand der Ehemann der Klägerin in der militärischen Hierarchie darüber.
64Das Ermessen war hier eröffnet.
65Die Ermächtigungsnorm des § 50 Abs. 1 SG nennt keine näheren tatbestandlichen Eingrenzungen für die Eröffnung des durch die Vorschrift eingeräumten Ermessens. Die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand kann vielmehr ausweislich des im Gesetzeswortlaut enthaltenen Adverbs "jederzeit" erfolgen. Das bedeutet bei am Wortsinn orientiertem Verständnis, dass keine Einschränkungen in zeitlicher oder inhaltlicher Hinsicht zu beachten sind. Insbesondere das Alter des betreffenden Berufsoffiziers hat keine ermessenslenkende Bedeutung.
66Dies berücksichtigend räumt – nach ihrem Wortlaut – die Vorschrift des § 50 Abs. 1 SG
67– ein Anwendungsfall der Kompetenznorm des Art. 60 Abs. 1 GG, auch wenn die Zurruhesetzung terminologisch nicht mit einer Entlassung gleichzusetzen ist, vgl. Eichen, in: Walz/Eichen/ Sohm, Soldatengesetz, Kommentar, 2006, § 50 Rn. 13 –
68dem Bundespräsidenten ein sehr weites Ermessen ein. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle ist lediglich darauf beschränkt zu prüfen, ob die Versetzung des Ehemanns der Klägerin in den einstweiligen Ruhestand die Grenzen zur Willkür überschritten hat.
69Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1993 – 2 BvR 1107/92 –, DVBl 1994, 103 (104) = NVwZ 1994, 477; Senatsbeschluss vom 19. September 2006 – 1 B 1141/06 –, juris.
70Hiervon ausgehend sind im Ergebnis für eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand auf der Grundlage von § 50 Abs. 1 SG grundsätzlich alle willkürfreien Gründe zulässig, die auf sachlichen Erwägungen beruhen.
71So auch Scherer u.a., Soldatengesetz, 8. Aufl. 2008, § 50 Rn. 3.
72Die am Zweck der gesetzlichen Ermächtigung orientierte Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. § 50 Abs. 1 SG findet – ähnlich wie die insoweit vergleichbare Regelung für "politische Beamte" in § 36 Abs. 1 BBG in der bis zum 11. Februar 2009 geltenden Fassung (jetzt: § 54 Abs. 1 BBG n.F.) – üblicherweise und unstreitig Anwendung, wenn die Amtsführung der betroffenen hohen Amtsträger nicht (mehr) in fortdauernder Übereinstimmung mit der Regierungspolitik steht.
73Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 1992 – 2 B 13.92 –, NVwZ-RR 1993, 116 = DÖV 1993, 34, m.w.N.; Senatsurteil vom 1. Oktober 1991 – 1 A 1619/90 –, NWVBl 1992, 132 = NZWehrR 1992, 123.
74In derartigen Fällen geht es darum, das volle Vertrauen der Regierung in die Bereitschaft und Fähigkeit dieser Berufsoffiziere zu ihrer Amtsausführung abzusichern. Dabei kann das Vertrauen nicht nur bei abweichenden politischen Ansichten, sondern schon dann gestört sein, wenn die Regierung Zweifel daran hegt, dass die fachliche und persönliche Eignung des Betroffenen, seine Amtstätigkeit oder auch nur sein außerdienstliches Verhalten den höchstmöglichen Grad einer zielstrebigen, wirkungsvollen Zusammenarbeit im Sinne der von ihr verfolgten Politik gewährleistet.
75Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1993 – 2 BvR 1107/92 –, DVBl 1994, 103; BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 1992, – 2 B 13.92 –, NVwZ-RR 1993, 116, m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 1998 – 12 A 7633/95 –, juris; Kugele, Die politischen Beamten in der Bundesrepublik Deutschland, ZBR 2007, 109 (115).
76Hierzu zählt auch das Vertrauen auf eine untadelige Amtsführung und ebensolches dienstliches wie außerdienstliches Verhalten. Solche Zweifel können auch durch Unwägbarkeiten, sog. "Imponderabilien", veranlasst sein, die nicht stets genau zu umreißen sind und deren Offenlegung im Einzelnen nicht immer im Sinne der gesetzlichen Regelung liegt. Der zugrundeliegende Sachverhalt muss also nicht aufgrund tatsächlicher Umstände feststehen. Ein schuldhaftes oder auch nur objektiv pflichtwidriges Verhalten wird ebenfalls nicht vorausgesetzt, ebenso wenig, dass dem Offizier schlechte Arbeit unterstellt wird. Die Maßnahme stellt keine Disqualifizierung des Soldaten dar, sie ist ausschließlich eine dienstrechtliche Maßnahme im Interesse der politischen Staatsführung. Ist dieses Vertrauen der Regierung im Einzelfall nicht mehr im erforderlichen Maße gegeben, so ist die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand möglich und in aller Regel gerechtfertigt, d.h. ermessensfehlerfrei.
77Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. September 1957 – II C 182.61 –, BVerwGE 19, 332 (336), und vom 17. September 1981 – 2 C 12.80 –, RiA 1982, 170, sowie Beschluss vom 26. Mai 1992 – 2 B 13.92 –, NVwZ-RR 1993, 116, m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 1998 – 12 A 7633/95 –, juris, m.w.N., und Senatsbeschluss vom 19. September 2006 – 1 B 1141/06 –, juris.
78Die genannten Fälle fehlender Übereinstimmung der hohen Amtsträger mit der Regierungspolitik bzw. des Vertrauensverlustes der Regierung mögen in quantitativer Hinsicht die gerichtliche Befassung mit § 50 Abs. 1 SG bestimmt haben. Der Anwendungsbereich der Norm erschöpft sich hierin jedoch keineswegs.
79So hat das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 1966 die Anwendung von § 50 Abs. 1 SG nicht auf derartige Fallgestaltungen begrenzt, sondern darüber hinaus etwa auch Gründe der (Verjüngung der) Altersstruktur einbezogen. Dies ist namentlich mit Blick darauf geschehen, dass das Soldatengesetz im Hinblick auf die Bedürfnisse gerade der Bundeswehr in besonderem Maße eine flexible Personalpolitik ermöglichen will.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1966 VIII C 115.64 , BVerwGE 23, 295.
81Das Soldatengesetz sieht in dem durch das Gesetz über die Altersgrenzen der Berufssoldaten eingeführten § 45 SG in der hier maßgeblichen und bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung neben der allgemeinen Altersgrenze von damals 61 Jahren besondere, nach Dienstgraden gestaffelte Altersgrenzen für bestimmte Offiziere bis zum Oberst einschließlich vor. Das sind die Offiziere unterhalb eines Brigadegenerals, mithin diejenigen Dienstgrade, welche von § 50 Abs. 1 SG nicht erfasst werden. Für Generale und Admirale wurde eine bestimmte Altersgrenze nicht festgesetzt. Dies hat der Gesetzgeber damit begründet, dass diese jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können.
82Vgl. BT-Drs. 3/2705, S. 3.
83Das Bundesverwaltungsgericht hat daraus den Schluss gezogen, dass die Versetzung eines Generals – und somit auch eines Admirals – in den einstweiligen Ruhestand mit Rücksicht auf eine den Verteidigungserfordernissen entsprechende Altersstruktur nicht gegen den Grundgedanken des Altersstrukturgesetzes verstoße, sondern mit diesem vereinbar sei.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1966 VIII C 115.64 , BVerwGE 23, 295 (303).
85Damit wurde bereits höchstrichterlich festgestellt, dass der Anwendungsbereich des § 50 Abs. 1 SG nicht so eng zu verstehen ist, dass er nur Fälle des Vertrauensverlustes bzw. der fehlenden Übereinstimmung der hohen Amtsträger mit der Regierungspolitik erfasst, sondern der Bundeswehr auch eine flexible Personalpolitik – in dem dort entschiedenen Fall aus Gründen der Altersstruktur – ermöglicht.
86Dem erwähnten Fallrecht folgend, wird in Rechtsprechung und Literatur vertreten, dass ein pflichtgemäßer Ermessensgebrauch in Anwendung des § 50 Abs. 1 SG sich an dem aufgezeigten Kanon von Zwecken der gesetzlichen, eine Ausnahme vom hergebrachten Lebenszeitgrundsatz und von Verfahrensgrundsätzen bildenden Regelungen zu orientieren habe und den dadurch gezogenen Ermessensrahmen in jedem Falle einhalten müsse.
87Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Oktober 1973 1 A 949/72 , DÖV 1974, 166; siehe auch zu § 36 BBG a.F. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Loseblattkommentar, Stand: Dezember 2008, § 36 BBG Rn. 17; Franke, in: Fürst, GKÖD, Loseblattkommentar, Stand: Dezember 2008, § 36 Rn. 8.
88Ein derart enges Verständnis hält der Senat nicht für angebracht, da es vom Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt ist und auch mit Hilfe weiterer Gesichtspunkte für die Gesetzesauslegung nicht überzeugend begründbar ist.
89Der Zweck (die erwähnten Zwecke) des § 50 Abs. 1 SG geht (gehen) aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht hervor. Der Entstehungsgeschichte ist zu entnehmen, dass die Regelung dem gleichen Gedanken entspricht, der § 36 BBG a.F. für die "politischen Beamten" zugrunde liegt. Im Gegensatz dazu ist hier der Kreis der Betroffenen nicht von der Dienststellung, sondern von dem Dienstgrad aus festgelegt worden, weil Gewicht und Einfluss eines Soldaten mit seinem Dienstgrad wachsen. Maßgeblich ist die leitende Stellung, die die Angehörigen der Generalsränge innehaben. Der Umfang ihrer Verantwortung entspricht der des "politischen Beamten".
90Vgl. BT-Drs. 2/1700, S. 33 sowie BT-Drs. 2/2140, S. 13.
91Der Zweck des § 36 Abs. 1 BBG a.F. wird im Allgemeinen im reibungslosen Funktionieren der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Spitzenbeamten ("Transformationsfunktion") gesehen; die hohen Amtsträger bedürften dazu des Vertrauens der Regierung; dies gelte auch bei § 50 Abs. 1 SG.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 1992 – 2 B 13.92 –, ZBR 1992, 284; s.a. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1977 – II C 77.70 –, BVerwGE 52, 33 (34 f.)
93Die Regierung müsse sich auf die führenden Militärs bedingungslos verlassen können, ansonsten sei die Verteidigungsfähigkeit gefährdet (z.B. bei Befehlsverweigerung, s.a. Art. 65a GG).
94Unbestritten ist dies ein gewichtiger Zweck, Berufsoffiziere im Generalsrang, welche die genannte Gewähr nicht bieten, vor Erreichen der allgemeinen Altersgrenze in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Man wird der Vorschrift des § 50 Abs. 1 SG jedoch angesichts ihres weiten Wortlauts nicht gerecht, wenn man ihren Anwendungsbereich ausschließlich auf diesen Zweck begrenzt. Denn in diesem Falle hätte es für den Gesetzgeber nahegelegen, den "Vertrauensverlust" zum Tatbestandsmerkmal zu erheben.
95Selbst § 36 Abs. 1 BBG a.F. als allgemeines Vorbild der entsprechenden Regelung im Soldatengesetz hat einen weitergehenden Regelungszweck als allgemein angenommen. In den Gesetzesmaterialien heißt es zu dieser Vorschrift: "Nach § 36 Abs. 1 können gewisse Gruppen von Beamten auf Lebenszeit jederzeit einstweilig in den Ruhestand versetzt werden. Es sind dies die Beamten, bei denen die Möglichkeit sofortiger Abberufung aus politischen Gründen sichergestellt sein muß."
96Vgl. BT-Drs. 1/2846, S. 40.
97Nach der Gesetzesbegründung müssen also politische Gründe ursächlich für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand sein. Wegen der oben geschilderten Bezugnahme auf die Vorschrift des § 36 Abs. 1 BBG a.F. in den Gesetzesmaterialien zu § 50 Abs. 1 SG kann für letztere Norm nichts anderes gelten.
98Politische Gründe umfassen aber mehr als nur fehlendes Vertrauen der Regierung in die betreffenden hohen Beamten bzw. Militärs. Gemeint sind damit alle das Staats- und Gemeinwesen betreffenden Gründe, z.B. wirtschaftliche Gründe, haushaltsrechtliche Gründe, strategische Gründe, Änderung der Heeresstruktur, Verkleinerung der Bundeswehr, Änderung des Regierungswillens, Förderung dienstjüngerer Offiziere, Besetzung der zur Verfügung stehenden Planstellen im Bereich der Generalität (Personalplanung). Es muss sich keineswegs ausschließlich um Gründe handeln, die in der Person des Betroffenen liegen.
99So auch Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, Kommentar, 2006, § 50 Rn. 4.
100Selbst wenn man also im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung auf den Zweck der Vorschrift als Ermessensgrenze Bezug nimmt, eröffnet die Vorschrift angesichts ihres geschilderten weiten Zwecks – "politische Gründe" – einen entsprechend weiten Anwendungsbereich. Abgesehen von den schon angeführten Gründen der Altersstruktur können deswegen (zumindest) auch damit im Wesentlichen vergleichbare, von politischen Vorentscheidungen beeinflusste Gründe personalorganisationsrechtlicher Art – auch wenn sie (nur) auf einzelne hochrangige Dienstposten für von § 50 Abs. 1 SG erfasste Dienstränge bezogen sind – die Versetzung eines Generals bzw. Admirals in den einstweiligen Ruhestand rechtfertigen.
101Zu berücksichtigen ist auch, dass eine auf der Grundlage von § 50 Abs. 1 SG durchgeführte Maßnahme nicht zur endgültigen, sondern lediglich zur einstweiligen Versetzung in den Ruhestand führt. Das bedeutet, dass bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze eine erneute Berufung in das aktive Soldatenverhältnis möglich ist (§ 50 Abs. 2 Satz 1 SG i.Vm. § 39 BBG in der bis zum 11. Februar 2009 geltenden Fassung, jetzt: § 50 Abs. 2 Satz 1 SG i.V.m. § 57 BBG). Auf diese Weise wird dem Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung in gewissem Maße weiterhin Rechnung getragen.
102Der Weite der für die Anwendung von § 50 Abs. 1 SG maßgebenden Gründe korrespondiert der in der Rechtsprechung anerkannte Umstand, dass ein General bzw. Admiral sogar ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann. Lediglich im anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren müssen die Gründe offengelegt werden, um überprüfen zu können, ob bei der Maßnahme die Grenzen zur Willkür überschritten worden sind.
103BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1957 1 BvL 1/57 , BVerfGE 7, 155 (166); BVerwG, Urteil vom 18. September 1957 – II C 182.61 –, BVerwGE 19, 332 (336); Verlage, Die Versetzung eines Generals in den einstweiligen Ruhestand, VR 2006, 232 (234); a.A. Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, Kommentar, 2006, § 50 Rn. 24.
104Im systematischen Vergleich mit den Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes ergibt sich aus dem Befund, dass der Gesetzgeber, dem die gleichlautenden Vorschriften des § 36 Abs. 1 BBG a.F. und § 50 Abs. 1 SG bekannt waren, gleichwohl aber von der Einfügung einer dem § 36a BBG in der bis zum 11. Februar 2009 geltenden Fassung (jetzt: § 55 BBG n.F.) vergleichbaren Vorschrift in das Soldatengesetz abgesehen hat, die Ermächtigungsgrundlage des § 50 Abs. 1 SG für die Versetzung von Spitzenoffizieren in den einstweiligen Ruhestand auch bei organisatorischen und strukturellen Veränderungen innerhalb der Bundeswehr für ausreichend erachtet hat. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nach § 36a BBG a.F. ausdrücklich das Vorliegen bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen angeordnet. Das indiziert, dass bei der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand auf der Grundlage von § 50 Abs. 1 SG, der keine Tatbestandsvoraussetzungen nennt, solche nicht gegen den weiten Wortlaut hineinzulesen sind.
105Schließlich zeigt Art. 64 Abs. 1 GG hinsichtlich der über den Generalen bzw. Admiralen und den "politischen Beamten" angesiedelten Hierarchie, dass auch die Bundesminister (auf Vorschlag des Bundeskanzlers) vom Bundespräsidenten jederzeit fristlos und ohne Angabe von Gründen entlassen werden können. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der auf § 50 Abs. 1 SG gestützten Maßnahme nicht um eine Entlassung, sondern – dem Lebenszeitprinzip der Berufssoldaten geschuldet – um eine Versetzung in den (einstweiligen) Ruhestand. Beiden Vorschriften liegt aber zugrunde, dass politische Ziele ausschlaggebend für die Beendigung des aktiven Dienstes sein können.
106Somit genügt auch in Beachtung des Zwecks (der Zwecke) der Vorschrift im Grunde jede nachvollziehbare, an sachlichen "politischen" Erwägungen ausgerichtete und damit willkürfreie Entscheidung über die Versetzung eines Generals bzw. Admirals in den einstweiligen Ruhestand den Anforderungen des § 50 Abs. 1 SG. Nur diese Auslegung entspricht dem weiten Wortlaut und dem ebenso weiten Zweck der Vorschrift.
107§ 50 Abs. 1 SG schränkt den auch für Spitzensoldaten grundsätzlich geltenden Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung in verfassungsgemäßer Weise
108– vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1993 2 BvR 1107/92 –, DVBl 1994, 103 = NVwZ 1994, 477; s.a. OVG NRW, Urteil vom 12. November 2003 – 6 A 404/02 –, OVGE MüLü 50, 19 (24 f) = NWVBl 2004, 145 (146) –
109ein. In Fällen der vorliegenden Art, in denen die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nicht in der Person des Generals/Admirals gründet, ist bei der Ausübung des von § 50 Abs. 1 SG eingeräumten weiten Ermessens deswegen keine gesonderte Abwägung zwischen dem Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung einerseits und dem Interesse des Dienstherrn an einer Versetzung des Betroffenen in den einstweiligen Ruhestand vorzunehmen. Diese Abwägung hat vielmehr generalisierend der Gesetzgeber vorgenommen, der mit der Ermächtigung zur jederzeitigen Versetzung in den einstweiligen Ruhestand – ähnlich der Festlegung von besonderen Altersgrenzen in § 45 SG – eine spezielle Ausgestaltung des Art. 33 Abs. 5 GG unter Durchbrechung des grundrechtlich bestehenden Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze normiert hat. Das schließt nicht aus, der im Einzelfall einer personellen Umstrukturierung wie hier sich stellenden Frage nach dem Vorliegen von Sachgründen nachzugehen, um Willkürmaßnahmen auszuschließen. Deswegen ist in Fällen geplanter personeller Umstrukturierungen auch die Frage einer etwa möglichen Anschlussverwendung zu klären. Vorliegend fehlte es nach dem Ende des deutschen Besetzungsrechts für den Dienstposten DSACEUR zum 1. Oktober 2004 nach der insoweit maßgebenden, rechtlich nachvollziehbaren Einschätzung des Ministeriums an einer (sinnvollen) Anschlussverwendung für den früheren Kläger. Zwar war der Posten COS SHAPE neu zu besetzen, nach den nachvollziehbaren Angaben des Bundesverteidigungsministeriums, die der Bundespräsident sich bei seiner Entscheidung zu eigen gemacht hat, ist es jedoch international unüblich, wenn der frühere Kläger auf diese Weise hinter seinen britischen Nachfolger hätte zurücktreten müssen. Insoweit liegt eine im Rahmen des § 50 Abs. 1 SG nicht zu beanstandende politische Entscheidung vor, worauf im Folgenden noch eingegangen wird.
110In Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist die Versetzung des früheren Klägers in den einstweiligen Ruhestand durch den Bundespräsidenten nicht zu beanstanden:
111Abzustellen ist allein auf die Erwägungen, die der Bundespräsident auf der Grundlage des ihm durch die initiierende Fachbehörde zur Verfügung gestellten Materials betreffend die Gründe und Ziele der geplanten Maßnahme angestellt hat.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1977 – II C 70.73 –, BVerwGE 52, 33 (40); OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 1998 – 12 A 7633/95 –, juris (Rn. 24).
113Danach wurde der Ehemann der Klägerin – wie bereits ausgeführt – aus personalpolitischen Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil mit dem Ende des deutschen Besetzungsrechts für den vom früheren Kläger zuletzt innegehabten Dienstposten DSACEUR für diesen keine sinnvolle Möglichkeit einer Anschlussverwendung mehr bestand. Nach den Vereinbarungen zur neuen NATO-Kommandostruktur sollte dieser Dienstposten künftig mit einem britischen General besetzt werden. Deutschland würde dafür im Gegenzug den Posten "Chef des Stabes" (COS SHAPE) dauerhaft besetzen. Hierfür hatte sich auch der frühere Kläger beworben. Er hätte dann aber hinter den britischen General zurücktreten müssen, was nach den nachvollziehbaren Angaben der Beklagten gerade im internationalen Umfeld unüblich war. Dies geht aus dem Vermerk des Bundespräsidialamtes vom 15. Juni 2004 hervor, welchen der Bundespräsident am 18. Juni 2004 abzeichnete; am selben Tag unterzeichnete er auch die Entlassungsurkunde. Damit schloss sich der Bundespräsident der Einschätzung des Bundesministers der Verteidigung an.
114Bei seiner Entscheidung stellte der Bundespräsident im Wesentlichen darauf ab, dass der Dienstposten DSACEUR nach der neuen NATO-Kommandostruktur künftig mit einem britischen General besetzt würde, so dass es für den Ehemann der Klägerin ab dem 1. Oktober 2004 keine sinnvolle Möglichkeit einer Anschlussverwendung mehr gebe. Demgegenüber machte dieser geltend, ihn auf den ebenfalls mit B 10 BBesO dotierten und ebenfalls der Bundesrepublik Deutschland zustehenden Posten COS SHAPE zu versetzen, auch wenn dieser in der militärischen Hierarchie unterhalb des DSACEUR angesiedelt sei und er somit hinter den britischen General zurücktreten müsse, was im internationalen Umfeld entgegen der Ansicht des Bundesverteidigungsministers üblich sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Einnahme nachgeordneter Dienstposten im internationalen Umfeld insofern "üblich" ist oder nicht, als auch andere NATO-Partnerstaaten sich daran orientierten. Wenn die Beklagte ihren zum damaligen Zeitpunkt höchsten Repräsentanten der Bundeswehr innerhalb der NATO (DSACEUR) anschließend nicht auf einem diesem Posten nachgeordneten Posten (COS SHAPE) einsetzen mochte, ist diese politisch motivierte Entscheidung jedenfalls bei statthafter Einbeziehung nationaler politischer Interessen nachvollziehbar, insbesondere willkürfrei, und im Hinblick auf die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand auf der Grundlage von § 50 Abs. 1 SG nicht zu beanstanden. Es ging hierbei darum, das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere der Bundeswehr innerhalb des NATO-Bündnisses nicht zu gefährden oder gar zu beeinträchtigen, indem man einen höchstrangigen Vier-Sterne-General/Admiral nach Beendigung seiner vorgesehenen Dienstzeit nicht in einer nachrangigen Position einsetzt. Letztlich wurden bei dieser Vorgehensweise nicht nur das Amt, sondern auch der frühere Kläger selber vor Ansehensverlust geschützt. Ausweislich des von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Organisationsschemas des SHAPE ist der COS SHAPE dem DSACEUR eindeutig untergeordnet. Eine solche Umsetzung hätte innerhalb des Bündnisses und darüber hinaus als faktische "Degradierung" des früheren Klägers aufgefasst werden können. Diese plausible politische Einschätzung, an welcher der Bundespräsident seine Ermessensentscheidung maßgeblich ausgerichtet hat, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der frühere Kläger sich mit dem Einsatz auf dem untergeordneten Dienstposten COS SHAPE einverstanden erklärt hatte. Insoweit ist der Wille des Betreffenden unerheblich. Es geht einzig und allein um die Entscheidung des Bundespräsidenten, die zwar von der des früheren Klägers abweicht, aber auch nachvollziehbar abweichen darf. Der Bundespräsident als formaler Entscheidungsträger hatte sich hierbei – ohne eigenen politischen Einschätzungsspielraum – die Entscheidung des Bundesverteidigungsministers unter Prüfung (allein) ihrer Plausibilität zu eigen zu machen und sie nach außen gegenüber dem Betroffenen zu vertreten.
115Soweit in dem für den Bundespräsidenten angefertigten Vermerk vom 15. Juni 2004 sowie in dem vorangegangenen Schreiben des Bundesverteidigungsministers an den Bundespräsidenten vom 30. April 2004 darüber hinaus eine theoretische Verwendungsmöglichkeit des Klägers auf dem Posten CINCNORTH keine Erwähnung findet, liegt das daran, dass dieser Dienstposten im Zeitpunkt des Ablaufs des deutschen Besetzungsrechts für den Posten DSACEUR gar nicht mehr zur Verfügung stand. Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung im Juni 2004 musste der Bundespräsident diese Option somit nicht mehr in Betracht ziehen. Daher ist die Nichtberücksichtigung dieser aus der Sicht des früheren Klägers ebenfalls möglichen Anschlussverwendung schon aus diesem Grund ermessensfehlerfrei. Eine vorausschauende Vorhaltepflicht entsprechender Dienstposten durch die Beklagte hat zumindest nicht im vorliegenden Fall bestanden, in dem der frühere Kläger den höchsten für einen deutschen Offizier erreichbaren Posten innehatte. Es hätten insoweit nämlich im Wesentlichen entsprechende politische Hinderungsgründe bestanden wie im Fall des Dienstposten COS SHAPE.
116Es spielt für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung des Bundespräsidenten keine Rolle, dass eine etwaige Verlängerung des deutschen Besetzungsrechts für den Dienstposten DSACEUR im Frühjahr 2003, als erste Überlegungen zur Zurruhesetzung des früheren Klägers angestellt wurden, noch im Bereich des Möglichen lag. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse und Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand. Zu diesem Zeitpunkt – im Juni 2004 – war jedenfalls klar, dass ab Oktober 2004 ein britischer General die Position des früheren Klägers einnehmen würde. Dass internationale Verhandlungen zwischen den Bündnispartnern und politische Entscheidungen auch hätten möglicherweise anders verlaufen können, ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich. Der Senat prüft allein die im Juni 2004 vollzogene (politische) Entscheidung auf ihre Willkürfreiheit.
117Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Bundespräsident habe (mangels entsprechender Information) unberücksichtigt gelassen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegenüber den NATO-Partnern, insbesondere gegenüber Großbritannien hinsichtlich der Frage einer Verlängerung des deutschen Besetzungsrechts für den Dienstposten DSACEUR nicht mit Entschlossenheit und Nachdruck verhandelt habe. Abgesehen davon, dass dieser Umstand wohl kaum geeignet war, die subjektive Rechtsstellung des Ehemannes der Klägerin zu betreffen, obliegt es allein der politischen Entscheidung der Bundesregierung, innerhalb eines internationalen Bündnisses Fragen des Besetzungsrechts mit den Bündnispartnern zu verhandeln, gegebenenfalls neu zu verhandeln oder eben auch davon abzusehen. Gleiches gilt für die von der Bundesrepublik Deutschland getroffene Entscheidung, innerhalb der NATO-Kommandostruktur künftig auf die Besetzung des Dienstpostens, den der frühere Kläger zuletzt innehatte, gänzlich zu verzichten und statt dessen zeitnah das Besetzungsrecht für zwei andere Vier-Sterne-Dienstposten (COS SHAPE und CINCNORTH) zu übernehmen. Die Beklagte hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass – nachdem ein weiteres Besetzungsrecht für den Dienstposten DSACEUR im Bündnis nicht durchsetzbar war – eine durchgängige Einflussnahme auf die Entscheidungsprozesse im NATO-Hauptquartier in Europa nur mit dem Recht einer dauerhaften Besetzung des Dienstpostens COS SHAPE erreicht werden konnte. Ansonsten hätte die Gefahr bestanden, dass es eine breite Rotation in der Spitzengliederung der NATO-Kommandostruktur mit mehreren, auch kleineren EU-Nationen gegeben hätte. In diese "politischen" Verflechtungen durfte sich der Bundespräsident nicht selbst einmischen, denn es ist nicht seine Aufgabe, die Regierungspolitik und darunter auch die Personalpolitik – (mit) zu bestimmen.
118Vgl. Senatsbeschluss vom 19. September 2006 1 B 1141/06 , juris m.w.N.; Verlage, Die Versetzung eines Generals in den einstweiligen Ruhestand, VR 2006, 232 (233).
119Der Bundesverteidigungsminister durfte die betreffende Situation daher als "unausweichlich" kennzeichnen, der Bundespräsident die eigene Entscheidung daran ausrichten.
120Dass der SACEUR sich für seinen – des früheren Klägers – Verbleib auf dem Dienstposten um ein weiteres Jahr eingesetzt hat, spielt für die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand keine Rolle. Dass es dafür auch sachliche Gründe gegeben haben mag (z.B. Kontinuität in der NATO-Kommandostruktur), wird nicht in Abrede gestellt. Indessen sind die Überlegungen des Bundespräsidenten – auf Vorschlag des Bundesverteidigungsministers – maßgebend und nicht andere durchaus ebenso mögliche politische und strategische Erwägungen.
121Der Bundespräsident hat die einstweilige Zurruhesetzung auf einer hinreichenden Grundlage sachlicher Informationen verfügt. Auch wenn das ersuchende Schreiben des Bundesverteidigungsministers sich nicht zu jedem Detail verhält, so enthält es doch den für die Ausübung des Ermessens wesentlichen Sachverhaltskern (fehlende sinnvolle Anschlussverwendung). Die Frage der Beförderung von Offizieren der Jahrgänge 1944 und 1945 auf Vier-Sterne-Dienstposten stand bei der Versetzungsentscheidung nicht im Vordergrund und musste demnach auch nicht gegenüber dem Bundespräsidenten dargelegt werden.
122Auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn für den früheren Kläger gebietet es nicht, alle erdenklichen Versuche auf internationaler Ebene unternehmen zu müssen, damit diesem noch ein weiteres Jahr auf dem Dienstposten DSACEUR ermöglicht werden könnte. Für die Berücksichtigung des Fürsorgegesichtspunktes bleibt ohnehin angesichts der (verfassungsmäßig) vom Gesetzgeber gewollten weiten Fassung des § 50 Abs. 1 SG wenig Raum. Der Gesetzgeber hat den Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Wesentlichen abschließend durch die abgestufte Regelung über die zeitweise Weitergewährung der bisherigen Dienstbezüge (§ 4 Abs. 1 BBesG) und daran anschließend eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehalts (§ 26 Abs. 9 SVG, s.a. § 14 Abs. 6 BeamtVG) Rechnung getragen.
123Vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Loseblattkommentar, Stand: Dezember 2008, § 36 BBG Rn. 21.
124Soweit der frühere Kläger geltend macht, die übliche Verwendungsdauer auf einem Dienstposten bei der NATO betrage drei Jahre, ist auch dieser Einwand unerheblich. Die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gemäß § 50 Abs. 1 SG kann "jederzeit" erfolgen. Diese vom Gesetzgeber bewusst weit gewählte Formulierung lässt keine Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht zu. Eine wie auch immer im Einzelnen geartete übliche Verwendungsdauer vermag ebenfalls mit Blick auf etwaige Ermessensbindungen, basierend auf der bisherigen Praxis in Vergleichsfällen, die Anwendung des § 50 Abs. 1 SG nicht in Frage zu stellen. Der frühere Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte unter Hinweis darauf berufen, dass bei Dienstantritt als DSACEUR als voraussichtliche Verwendungsdauer in der Versetzungsverfügung drei Jahre angegeben waren. Zunächst indiziert das Wort "voraussichtlich", dass insoweit noch nicht von einer letztgültigen Verbindlichkeit ausgegangen werden durfte; es bestand also von vornherein eine Unsicherheit hinsichtlich der Verwendungsdauer auf diesem Dienstposten. Darüber hinaus müssen Vertrauensschutzgesichtspunkte im Allgemeinen hinter § 50 Abs. 1 SG zurücktreten. Dieser Norm ist gerade immanent, dass die von ihrem Anwendungsbereich betroffenen Offiziere im Generals- bzw. Admiralsrang nicht damit rechnen können, bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze im aktiven Dienst verbleiben zu dürfen. Wer ein derartiges Amt übernimmt, muss sich bewusst sein, dass er jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann. Im Übrigen hätte der frühere Kläger davon ausgehen können, dass mit einer Verlängerung des dreijährigen deutschen Besetzungsrechts für den Dienstposten DSACEUR über den 30. September 2004 hinaus nicht zwangsläufig zu rechnen war, denn bevor er dieses Amt zum 1. Oktober 2002 antrat, hatte der deutsche General T. diesen Posten bereits ein Jahr lang inne.
125Die auf § 50 Abs. 1 SG gestützte Maßnahme muss nicht zwingend nur deshalb erfolgen, um dienstjüngeren Offizieren den Aufstieg in Spitzenpositionen zu ermöglichen. Wie bereits dargestellt, kann auf § 50 Abs. 1 SG nicht nur zum Zwecke der Verjüngung der Altersstruktur der Berufsoffiziere zurückgegriffen werden; vielmehr kann jede politisch nachvollziehbare Entscheidung – hier die fehlende seinem zuletzt innegehabten Amt entsprechende Anschlussverwendung des früheren Klägers – auf diese Norm gestützt werden. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass die im Jahr 2004 zu Generalen (Besoldungsgruppe B 10 BBesO) beförderten früheren Generalleutnante C1. und T1. mit dem früheren Kläger nahezu gleichaltrig waren. Auch insoweit obliegt es der mit diesem Verfahren nicht angreifbaren politischen Entscheidung der Beklagten, diese zu befördern und sogar noch Dienstzeitverlängerungen zu gewähren. Dass Generalleutnant T1. nach den Angaben des früheren Klägers vor seiner Beförderung zum Vier-Sterne-General sieben Monate praktisch ohne Planstelle beschäftigungslos gewesen sein soll, unterliegt der Entscheidungsprärogative der Beklagten, ohne dass der frühere Kläger daraus irgendwelche Ansprüche oder Abwehrrechte herleiten könnte.
126Selbst wenn das eigentliche Motiv für die Versetzung des früheren Klägers in den einstweiligen Ruhestand von vornherein die Beförderungen der beiden genannten früheren Generalleutnante gewesen sein sollte, mit der Folge, dass dann für den früheren Kläger keine Verwendungsmöglichkeit mehr auf einem mit B 10 BBesO dotierten Dienstposten bestand, wäre das nach der vom Senat vertretenen weiten Auslegung des § 50 Abs. 1 SG eine auf dieser Ermächtigungsgrundlage politisch zulässige und rechtlich beanstandungsfreie Entscheidung der Beklagten. Aus § 50 Abs. 1 SG folgt nämlich gerade eine Durchbrechung des Anspruchs darauf, dass freie Dienstposten vorrangig den Inhabern des statusrechtlichen Amtes dieser Besoldungsgruppe zu übertragen sind, um ihre weitere amtsangemessene Beschäftigung zu gewährleisten.
127Das Erfordernis einer Zustimmung des Betroffenen zur Versetzung in den einstweiligen Ruhestand sieht das Gesetz nicht vor. Ein Zustimmungserfordernis würde die weite Möglichkeit, die § 50 Abs. 1 SG dem Bundespräsidenten geben soll – nämlich die Führungselite der Bundeswehr aus politischen Gründen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen –, geradezu konterkarieren. § 50 Abs. 1 SG soll gerade ermöglichen, dass jemand gegen seinen Willen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann. Insbesondere, aber nicht nur in den Fällen, in denen die Regierung nach ihrer Einschätzung das Vertrauen in die hohen Amtsträger verloren hat, liegt es auf der Hand, dass eine Zustimmung der Betroffenen regelmäßig nicht vorliegt. Dem steht nicht entgegen, dass im Bereich der Generale und Admirale durchaus eine über Jahre geübte Praxis bestanden haben mag, deren Versetzung in den einstweiligen Ruhestand aus strukturellen Gründen zur Verbesserung der Altersstruktur der Bundeswehr ausschließlich mit Zustimmung des Betroffenen vorzunehmen. Das bedeutet aber nicht, dass daraus ein weiteres Tatbestandsmerkmal für die Versetzung erwachsen würde mit der Folge, dass bei fehlender Zustimmung ein Anspruch auf Nichtversetzung in den einstweiligen Ruhestand bestünde, der insoweit eindeutige Wortlaut der Ermächtigungsnorm somit eingeschränkt würde. Das Bundesverteidigungsministerium hat in der Vergangenheit bei aus (allgemein) strukturellen Gründen erfolgten Versetzungen in den einstweiligen Ruhestand in der Tat darauf geachtet, dass die Betroffenen sich mit der Maßnahme einverstanden erklärten. Damit hat man sich aber keineswegs der Möglichkeit begeben, Maßnahmen auf der Grundlage von § 50 Abs. 1 SG, bei denen sich – wie hier – die strukturellen Gründe auf einen bestimmten Posten beziehen, auch ohne entsprechende Zustimmung durchzuführen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den Fällen, in denen eine bestimmte Anzahl von Spitzenoffizieren aus (allgemein) strukturellen Gründen zur Verbesserung der Altersstruktur der Bundeswehr in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, dadurch, dass es hier um die nachvollziehbare Entscheidung der Beklagten geht, wonach gerade (personenbezogen) für den früheren Kläger keine sinnvolle Anschlussverwendung nach dem Ende des deutschen Besetzungsrechts für den Posten DSACEUR gesehen wurde. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Fallgestaltungen ist hier keine Abkehr von einer etwaigen bisherigen Selbstbindung des Ermessens zu sehen.
128Auch die vor vielen Jahren zwischen dem damaligen Bundespräsidenten E. . von X. und dem damaligen Bundesminister der Verteidigung S1. getroffenen Rahmenbedingungen, wonach das Einverständnis der Betroffenen mit der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zu berücksichtigen ist, sind lediglich eine interne Handlungsanleitung gewesen, um die Zurruhesetzungen so durchzuführen, dass jüngere Offiziere problemlos in die Spitzenpositionen der Bundeswehr nachrücken können. Hingegen wurde damit – soweit ersichtlich – keine allgemein und ausnahmslos verbindliche Ermessensdirektive begründet, an die auch spätere Bundespräsidenten antizipierend gebunden gewesen wären.
129Bedarf es keiner Zustimmung des Betroffenen zur Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, so bedarf es entgegen der Ansicht des früheren Klägers auch keiner Angabe von Gründen in den Akten, die dokumentieren, warum im vorliegenden Fall die Maßnahme nach § 50 Abs. 1 SG trotz fehlender Zustimmung durchgeführt worden ist. Im Übrigen ist der Bundespräsident unstreitig darüber informiert gewesen, dass der frühere Kläger mit seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nicht einverstanden war. Dass gleichwohl eine solche Maßnahme nach § 50 Abs. 1 SG ausgesprochen wurde, ist in dem Verwaltungsvorgang des Bundespräsidenten insofern dokumentiert, als der Vermerk des Referats Z 1 vom 15. Juni 2004 dies damit begründet, dass eine Weiterverwendung des Klägers auf den künftig von Deutschland zu besetzenden NATO-Dienstposten nicht gewünscht und eine weitere Einsatzmöglichkeit nicht gegeben sei.
130Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
131Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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