Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 A 500/13
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 12.352,07 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat – nach teilweiser Einstellung des Verfahrens – den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 12.352,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Dezember 2010 zu zahlen. Der Verwaltungsrechtsweg sei nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handele. Das ergebe sich hier aus dem Sachzusammenhang. Das der streitigen Ausgleichszahlung zugrunde liegende Rechtsverhältnis sei öffentlich-rechtlicher Natur, weil diese in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vorzeitigen Eintritt des Beklagten in den Ruhestand gestanden habe. Die als Leistungsklage statthafte Klage sei auch begründet. Die Klägerin habe einen Rückerstattungsanspruch auf der Grundlage des gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Mit der Überweisung der Ausgleichszahlung auf das Konto des Beklagten am 31. März 2010 habe die Klägerin eine Vermögensverschiebung durch Leistung vorgenommen. Dies sei im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses geschehen. Die Auszahlung sei auch ohne Rechtsgrund erfolgt.
5Der Beschluss des Verwaltungsrats der Klägerin vom 22. Februar 2010 stelle keinen rechtlichen Grund mehr für das Behaltendürfen dar, weil er unter dem 12. Juli 2010 aufgehoben worden, der Rechtsgrund also weggefallen sei. Die Rückforderungsmöglichkeit ergebe sich demnach entsprechend § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB. Daher könne sich der Beklagte gegen die Rückforderung auch nicht auf den Rechtsgedanken des § 814 BGB berufen, weil diese Regelung bei späterem Wegfall des Rechtsgrundes keine Anwendung finde.
6Eine rechtliche Grundlage für die Zahlung finde sich auch nicht im Gesetz. Weder § 80 LBG NRW noch die Regelungen im BBesG oder BeamtVG sähen eine Ausgleichszahlung bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis vor. Auch § 46 BBesG biete keine Rechtsgrundlage, da die Ausgleichszahlung nicht der Abgeltung einer in dieser Vorschrift geregelten Zulage gedient habe. Ein Rechtsgrund liege schließlich nicht in einem zwischen den Beteiligten geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag bzw. einer sonstigen Vereinbarung, weil Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Besoldung bzw. Versorgung verschaffen sollen, bereits wegen ihres Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BBesG bzw. § 3 Abs. 2 BeamtVG zwingend unwirksam seien. Auch im Hinblick auf die fehlenden gesetzlichen und vertraglichen Rechtsgrundlagen für die Zahlung könne sich der Beklagte nicht auf den Rechtsgedanken des § 814 BGB berufen. Ungeachtet ihrer Anwendbarkeit im öffentlichen Recht lägen die Voraussetzungen der Regelung des § 814 Alt. 1 BGB nicht vor. Der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende, der die Auszahlung veranlasst habe, habe nicht in Kenntnis der Nichtschuld gehandelt, sondern aufgrund vermeintlicher Verpflichtung.
7Der Rückforderung stehe schließlich kein schutzwürdiges Vertrauen des Beklagten entgegen; denn er habe die Rechtsgrundlosigkeit grob fahrlässig nicht erkannt. Auch eine Reduzierung der Rückforderungssumme entsprechend der nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG vorgeschriebenen Billigkeitsentscheidung komme nicht in Betracht, da ein überwiegendes Mitverschulden der Klägerin am Zustandekommen der Ausgleichszahlung nicht gegeben sei.
8Die gegen diese näher begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen im Ergebnis nicht durch.
9Die Rüge der Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) muss bereits deswegen ohne Erfolg bleiben, weil nach § 17a Abs. 5 GVG das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet – wie hier der Senat über den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil –, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
10Keine Bedenken bestehen auch hinsichtlich der Feststellung des Verwaltungsgerichts, die streitige Vermögensverschiebung sei im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses vorgenommen worden. Das Verwaltungsgericht hat dies damit begründet, dass die Ausgleichszahlung im Hinblick auf das Ausscheiden des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erfolgt sei. Sie habe in unmittelbarem (Sach-)Zusammenhang mit dem vorzeitigen Eintritt des Beklagten in den Ruhestand gestanden und ihn nach den Vorstellungen der Beteiligten in erster Linie dazu bewegen sollen, einen Zurruhesetzungsantrag zu stellen. Zudem hätten ihm mit der Zahlung die durch den vorzeitigen Ruhestand entstehenden finanziellen Nachteile ausgeglichen werden sollen. Die Höhe der mit etwa 23.000,00 Euro berechneten finanziellen Nachteile sei Grundlage für die vom Verwaltungsrat beschlossene Ausgleichszahlung gewesen. Diese Annahmen werden – ungeachtet ihrer rechtlichen Tragfähigkeit im Übrigen – jedenfalls mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Der Umstand, dass die Klägerin ein „auf dem Markt tätiges Unternehmen“ ist und die Zahlung möglicherweise (auch) aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen geleistet worden ist, stellt den vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachzusammenhang mit der beamtenrechtlichen Zurruhesetzung nicht in Frage. Unabhängig davon sind wirtschaftliche Erwägungen auch der öffentlichen Verwaltung wie hier bei der Aufgabenbewältigung durch eine Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 der Satzung für die N. vom 13. Juni 2006, Amtsblatt für den Kreis N1. -M. vom 19. Juli 2012, S. 167) nicht von vornherein fremd, auch wenn sie selbstlos tätig ist und nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt (vgl. § 3 Abs. 2 der Satzung für die N. ). Dass sich die Parteien deswegen und wegen der im Vorfeld erfolgten „Verhandlungen“ über die Höhe der Ausgleichszahlung auf „die Ebene der Gleichordnung“ und in Folge dessen in den Bereich des Privatrechts begeben haben, ist nicht anzunehmen. Das zeigt sich schon darin, dass das öffentliche Recht in den §§ 54 ff. VwVfG NRW gerade auch die Möglichkeit vorsieht, öffentlich-rechtliche Verträge abzuschließen. Im Übrigen bestätigt der Beklagte in diesem Zusammenhang selbst die Verknüpfung der Ausgleichszahlung mit dem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand, weil dies einen „erheblichen finanziellen Vorteil für die Klägerin“ bedeutet habe (vgl. S. 6 des Zulassungsantrags).
11Soweit der Beklagte weiter einwendet, es liege keine Abordnungs-, Versetzungs- oder Zuweisungsverfügung für seine Tätigkeit bei der Klägerin vor, ist nicht erkennbar, unter welchem Gesichtspunkt dies geeignet sein könnte, den vom Verwaltungsgericht festgestellten Zusammenhang zwischen der Ausgleichszahlung und der beamtenrechtlichen Zurruhesetzung und damit die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses in Frage zu stellen. Entsprechendes gilt hinsichtlich der fehlenden Dienstherrnfähigkeit der Klägerin.
12Nichts Abweichendes folgt mit Blick auf die vom Beklagten angeführte „synallagmatische Verknüpfung der Hauptleistungspflichten“ sowie die „Freiwilligkeit der Leistung“. Ungeachtet dessen, dass hier kein Vertragsschluss zwischen den Beteiligten stattgefunden hat (vgl. dazu auch weiter unten), lässt auch das öffentliche Recht Austauschverträge ausdrücklich zu (vgl. § 56 VwVfG NRW). Ebenso wenig ist der Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge auf solche Konstellationen beschränkt, in denen auf die Leistung der Behörde ein Anspruch besteht, sie also im Sinne der Argumentation des Beklagten nicht „freiwillig“ ist (vgl. § 56 Abs. 2 VwVfG NRW).
13Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt auch kein Rechtsgrund für die von der Klägerin geleistete Ausgleichszahlung vor. Wie vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, stellt der Verwaltungsratsbeschluss vom 22. Februar 2010 keine rechtliche Grundlage für die streitige Vermögensverschiebung in Form der geleisteten Ausgleichszahlung dar. Allerdings fehlte es – anders als in dem angefochtenen Urteil angenommen – von Anfang an einem Rechtsgrund im (Außen-)Verhält-nis zum Beklagten. Ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen einer Leistung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen liegt von vornherein nur dann vor, wenn dieser eine Leistungsverpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger bzw. ein Anspruch des Leistungsempfängers zugrunde lag. Eine solche Rechtswirkung kommt dem Verwaltungsratsbeschluss vom 22. Februar 2010 aber nicht zu. Es handelt sich um einen rein internen Rechtsakt ohne korrespondierende Verpflichtung im (Außen-) Verhältnis zu dem Beklagten, die einen Anspruch begründen könnte. In Betracht kommt allenfalls eine Verpflichtung der zuständigen Organe der Klägerin im Innenverhältnis zur Umsetzung des Beschlusses.
14Auch sonst ist nichts für das Vorliegen eines Rechtsgrundes ersichtlich. Es wird weder geltend gemacht noch sind sonst Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten eine wirksame Zusicherung abgegeben hätte oder mit ihm einen wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen hätte. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, ein öffentlich-rechtlicher Vertrag komme schon deshalb als Rechtsgrund nicht in Betracht, weil eine Vereinbarung, die eine Abfindungszahlung zum Gegenstand habe, unwirksam sei, greift der Beklagte nicht an.
15Die Ausführungen des Beklagten zum Abschluss eines privatrechtlichen Vertrags gehen schon deswegen ins Leere, weil es sich – einen Vertragsabschluss durch übereinstimmende Willenserklärungen einmal unterstellt – mit Blick auf das vom Verwaltungsgericht festgestellte und mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellte – öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis nicht um einen privatrechtlichen Vertrag handelt. Ungeachtet dessen ist es auszuschließen, dass mit dem Beschluss des Verwaltungsrats vom 22. Februar 2010 – wie der Beklagte meint – die Genehmigung eines durch den Zeugen Q. (damaliger Leiter des Personalamtes des Kreises N1. -M. ) mit dem Beklagten zunächst schwebend unwirksam geschlossenen Vertrages erfolgt ist. Es mögen zwar Verhandlungen zwischen dem Zeugen Q. und dem Beklagten stattgefunden haben. Dem Verwaltungsratsbeschluss ist aber nichts dafür zu entnehmen, dass damit ein bereits erfolgter, schwebend unwirksamer Vertragsschluss des Zeugen Q. genehmigt werden sollte. Auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens ist nicht erkennbar, dass zwischen dem Zeugen Q. und dem Beklagten bereits Einigkeit bestand hinsichtlich einer Verpflichtung zu einer Ausgleichszahlung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Der Zeuge Q. hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17. Januar 2013 ausgesagt, er sei bei der Berechnung der finanziellen Nachteile auf eine Summe von etwa 23.000,00 Euro gekommen und habe darüber in einem Telefonat mit dem Beklagten gesprochen, der zu diesem Zeitpunkt zur Kur gewesen sei. Er meine, der Beklagte habe von einer höheren Summe gesprochen. Er sei aber mit der von ihm vorgeschlagenen Summe von 23.500,00 Euro in die Sitzung des Verwaltungsrats am 22. Februar 2010 gegangen und habe seinen Vorschlag dort dargelegt. Dem ist der Beklagte mit seinem Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen getreten. Insbesondere hat er keinen von der Schilderung des Zeugen Q. abweichenden Tatsachenverlauf geltend gemacht, der für einen über reine Vorverhandlungen hinausgehenden Vertragsschluss sprechen könnte.
16Die weiter erhobenen Zweifel des Beklagten hinsichtlich der Zulässigkeit der nachträglichen Aufhebung des Verwaltungsratsbeschlusses vom 22. Februar 2010 durch den späteren Beschluss vom 12. Juli 2010 sind für die Frage der „Rechtsgrundlosigkeit“ letztlich ohne von Bedeutung. Denn vorliegend bestand – wie oben festgestellt – von Anfang an kein Rechtsgrund für die streitige Vermögensverfügung.
17Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass einer Rückforderung der Ausgleichszahlung nicht (der Rechtsgedanke des) § 814 BGB entgegen steht. Nach der Auffassung des Senats folgt dies jedoch bereits daraus, dass die Vorschrift des § 814 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht (auch nicht entsprechend) anzuwenden ist. Denn die dem § 814 BGB zu Grunde liegende Interessenbewertung ist nicht in das öffentliche Recht übertragbar.
18Anders als im Zivilrecht werden die Interessen beider Seiten nicht gleich, sondern unterschiedlich bewertet. Das betrifft zunächst den Umstand, dass die öffentliche Hand dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet ist und ihr Interesse grundsätzlich darauf gerichtet sein muss, eine ohne Rechtsgrund eingetretene Vermögensverschiebung zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen. Das gegenläufige Interesse des Bürgers, einen rechtswidrig erhaltenen Vorteil entgegen diesem für die Rückgewähr streitenden öffentlichen Interesse gleichwohl zu behalten zu dürfen, setzt sich (daher) im öffentlichen Recht regelmäßig nur dann durch, wenn sein Vertrauen auf dessen Beständigkeit schutzwürdig ist.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1985 – 7 C 48.82 –, juris; OVG Thüringen, Urteil vom 17. Dezember 2002 – 2 KO 701/00 –, juris; Lorenz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Stand 2007, § 814 Rdnr. 3.
20Diese Interessenbewertung, die u.a. in den Regeln über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte in § 48 VwVfG NRW Niederschlag gefunden hat, hat z.B. zur Folge, dass sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Die Kenntnis der (leistenden) Behörde von der Rechtswidrigkeit schließt in einer solchen Situation die Rücknahme bzw. Rückforderung nicht von vornherein aus. Anders stellt sich die zivilrechtliche Interessenbewertung im Rahmen des § 814 BGB dar. Hier steht der Rückforderung des Geleisteten die positive Kenntnis des Leistenden, dass er zu dieser Leistung nicht verpflichtet war, entgegen. Auf einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand beim Empfänger kommt es in dieser Konstellation sogar überhaupt nicht an. Das Wissen des Leistungsempfängers um das Nichtbestehen der Verbindlichkeit schadet nicht, die Rückforderung ist – außer in besonderen Ausnahmefällen wie etwa Arglist – vielmehr ausgeschlossen.
21Vgl. Martinek, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/
22Werth, juris-PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 814 Rdnr. 23.
23Eine Anwendung des § 814 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch würde danach zu erheblichen Wertungswidersprüchen führen. So wäre etwa das Interesse an der Beständigkeit der Vermögenslage bei einer von vornherein rechtsgrundlosen Leistung durch § 814 BGB stärker geschützt als in Fällen, in denen die Leistung auf der Grundlage eines – besonderes Vertrauen begründenden – formalen Rechtsakts (Verwaltungsakts) erfolgt ist. Ein sachlicher Grund dafür besteht nicht.
24Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch kann aber gleichwohl begrenzt oder sogar auch ausgeschlossen sein. Soweit sich die rückfordernde Behörde in Widerspruch zu früherem Verhalten setzt, kann dies unter dem rechtlichen Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) einzelfallbezogen gewürdigt werden.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 – 2 C 2.01 –, juris (im Zusammenhang mit Rückforderung gemäß § 12 BBesG); OVG Thüringen, Urteil vom 17. Dezember 2002, a.a.O.; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Auflage 2013, § 15 Rdnr. 29; Lorenz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Stand 2007, § 814 Rdnr. 3; a.A. OVG NRW, Urteil vom 2. August 2001 – 1 A 3262/99 –, juris (Anwendbarkeit jedenfalls des Rechtsgedankens des § 814 BGB).
26Das ist hier insbesondere mit Blick auf die Leistung „unter Vorbehalt“ bzw. den Umstand, dass seitens der Klägerin Zweifel an der Leistungspflicht bestanden, nicht der Fall.
27Aber selbst bei Anwendung (des Rechtsgedankens des) § 814 BGB wäre dadurch eine Rückforderung der Ausgleichszahlung hier nicht ausgeschlossen. Die nach dieser Regelung für den Rückforderungsausschluss erforderliche positive Kenntnis von der Nichtschuld des Leistenden lässt sich nicht feststellen. Der als stellvertretender Vorstandsvorsitzender (vgl. §§ 6, 7 der Satzung für die N. ) für die Umsetzung des Verwaltungsratsbeschlusses bzw. die Auszahlung zuständige Dr. C. hat nicht in positiver Kenntnis der Nichtschuld gehandelt. Durch die Überweisung mit dem Vermerk „unter Vorbehalt“ hat er zum Ausdruck gebracht, dass er (lediglich) Zweifel an der Nichtschuld hatte. In einer solchen Leistung trotz bestehender Zweifel kann aber allenfalls dann ein Verzicht auf Bereicherungsansprüche zu sehen sein, wenn der Empfänger aus dem Verhalten des Leistenden nach Treu und Glauben den Schluss ziehen durfte, der Leistende wolle die Leistung unabhängig vom Bestehen der Schuld gegen sich gelten lassen.
28Vgl. Martinek, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/
29Werth, juris-PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 814 Rdnr. 13.
30Das ist hier mit Blick auf den ausdrücklichen Vorbehalt nicht der Fall.
31Entgegen der Auffassung des Beklagten führt es auch zu keinem anderen Ergebnis, dass Dr. C. ebenso wie die übrigen Mitgliedern des Verwaltungsrats Kenntnis davon hatte, dass unmittelbar aufgrund gesetzlicher Regelungen oder sonstiger besoldungsrechtlicher Vorschriften kein Anspruch des Beklagten auf eine Ausgleichszahlung bestanden hat. Dass dies offenbar der Fall war, ergibt sich aus dem Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung des Verwaltungsrats vom 22. Februar 2010. Daraus geht hervor, dass der Zeuge Q. den Anwesenden erläutert hat, dass ein „rechtlicher Anspruch“ nicht bestehe. Dieser Umstand gibt indes nichts für die maßgebliche Frage her, inwieweit Dr. C. oder die Mitglieder des Verwaltungsrats eine Zahlung gleichwohl für zulässig gehalten und sich deswegen möglicherweise auf Grund des Verwaltungsratsbeschlusses (fälschlicherweise) zur Leistung verpflichtet gesehen haben.
32Dem entsprechend bleibt auch der Einwand des Beklagten ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht bzgl. der Kenntnis der Nichtschuld auf Dr. C. und nicht den Verwaltungsrat abgestellt. Selbst wenn dem zu folgen wäre, lässt sich diesem Vorbringen nichts dafür entnehmen, dass der Verwaltungsrat von der fehlenden Leistungsverpflichtung (trotz seines Beschlusses) sichere Kenntnis hatte.
33Mit seinen Einwendungen zur „Billigkeitsentscheidung des § 12 Abs. 2 BBesG“ berücksichtigt der Beklagte nicht, dass das Verwaltungsgericht zu Recht von einer (allenfalls in Betracht kommenden) sinngemäßen Anwendung der in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsätze ausgegangen ist. Eine Übertragung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze hinsichtlich der Anforderungen an die behördlichen Billigkeitserwägungen im Rahmen einer Rückforderungsentscheidung scheidet hier schon deswegen aus, weil die Rückforderung nicht durch einen Leistungsbescheid erfolgt ist, in dem entsprechende Erwägungen hätten angestellt werden können.
34Weshalb der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise hinsichtlich der Ausgleichszahlung keine Steuern abgeführt hat, die Rückforderung (unter Billigkeitsgesichtspunkten) in Frage stellen soll, macht das Zulassungsvorbringen nicht deutlich. Ebenso wird nicht erkennbar, worin der angeführte Steuerschaden des Beklagten liegen soll, obwohl die Klägerin lediglich den Nettobetrag zurückfordert.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
36Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
37Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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