Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 C 10352/11

Tenor

Der Antrag, den am 19. August 2010 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan „Zwischen R...- und S...straße“ der Ortsgemeinde Schwabenheim für unwirksam zu erklären, wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan „Zwischen R...- und S...straße“ der Ortsgemeinde Schwabenheim, der am 19. August 2010 als Satzung beschlossen und am 09. September 2010 ortsüblich bekannt gemacht worden ist.

2

Der räumliche Geltungsbereich dieses Bebauungsplanes umfasst ein Straßenkarree, das von der R...straße, der P...straße, der ...S...straße und der D... Straße gebildet wird. Dieser überplante Bereich weist als Bestand eine straßenseitige Bebauung auf. Im Innern dieses Straßenkarrees befindet sich das ursprünglich als Spielplatz genutzte Grundstück Flur ..., Parzelle ..., welches durch eine schmale Zuwegung (in der Planurkunde als „Fußweg“ bezeichnet) zur S...straße hin erschlossen ist. Dieses Grundstück, welches Anfang des Jahrhunderts von der Ortsgemeinde verkauft worden war und seitdem nicht mehr von Kindern genutzt wird, ist nach den Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplanes als „WR-Gebiet“ bebaubar.

3

Der Antragsteller ist Eigentümer der mit einem Wohnhaus bebauten Parzelle ..., die entlang der nordöstlich gelegenen seitlichen Grundstücksgrenze an den „Fußweg“ angrenzt und deren hintere Grenze von dem ehemaligen Spielplatzgelände gebildet wird. Im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB erhob der Antragsteller Einwendungen, die sich insbesondere gegen die seiner Ansicht nach zu massive Bebauungsmöglichkeit im Hinterland des Straßenkarrees richteten und die durch Beschluss des Gemeinderates zurückgewiesen wurden.

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Mit seinem am 14. März 2011 bei Gericht eingegangen Normenkontrollantrag macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend:

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Der Antrag sei zulässig, da die Störung, die von der geplanten Bebauung ausgehe, abwägungserheblich und damit die Möglichkeit des Verstoßes gegen das Abwägungsgebot gegeben sei.

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Ferner sei der Bebauungsplan formell rechtswidrig. Zum einen habe die Antragsgegnerin bei der Trägerbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB die Monatsfrist zur Stellungnahme unzulässigerweise verkürzt. Zum anderen fehle es auch an der Anstoßfunktion der Auslegung. Denn das Auslegungsexemplar beinhalte die Planzeichen „Spielplatz“ und „Fußweg“, obwohl etwas anderes geplant gewesen sei. Hinzu komme, dass es auch an einem Hinweis nach § 3 Abs. 2 gefehlt habe, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar seien.

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Darüber hinaus lägen auch materiell-rechtliche Fehler vor.

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So lasse sich aufgrund des Planzeichens „Fußweg“ nicht die wahre planerische Zweckbestimmung erkennen. Denn in Wirklichkeit solle dieser Teil der Parzelle als Fußweg- und Fahrweg genutzt werden. Insoweit bestehe ein Auseinanderfallen von planerischem Willen einerseits und planerischer Aussage andererseits.

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Überdies fehlt es auch an der nötigen Planrechtfertigung, da der Bebauungsplan nicht erforderlich sei. Zum einen liege eine Verhinderungsplanung bezüglich des Bauvoranfrageobjekts „Mehrfamilienhaus“ vor. Zum anderen müsse der Bebauungsplan als reine Gefälligkeitsplanung für den Grundstückserwerber angesehen werden. Vor allem fehlten städtebauliche Gründe, da die Planung vor allem dazu diene, die Spielplatzfläche Eskapaden Jugendlicher zu entziehen und einen größtmöglichen Kaufgewinn zu erzielen. Außerdem ergebe sich aus der Historie eine „Verhinderungsplanung“. Denn die Planungsziele „Nachverdichtung“ und „Innerentwicklung“ stellten einen Etikettenschwindel dar, da der eigentliche Wille „Verhinderung der massiven Bebauung“ verdeckt werden solle. Im Übrigen handele es sich um eine Gefälligkeitsplanung für den Erwerber der Parzelle ...

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Auch liege ein Verstoß gegen § 8 BauGB vor, da der Flächennutzungsplan derzeit noch einen Spielplatz auf der Parzelle ... ausweise.

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Schließlich liege auch ein Abwägungsfehler vor. So stünden dem Interesse der Nachverdichtung, dem Vorrang der Innenentwicklung und dem Interesse an der Schaffung von Mietwohnungen zur Befriedigung sozialer Bedürfnisse die vorzugswürdigeren Belange der gesunden Wohnverhältnisse, der Erhaltung des Spielplatzes und des Umweltschutzes gegenüber.

12

In diesem Zusammenhang sei bereits abwägungsfehlerhaft, dass die Gemeinde argumentiere, die von ihr zugelassene Bebauung sei schon nach § 34 BauGB zu verwirklichen gewesen. Dagegen sprächen schon die abgelehnte Bauvoranfrage für dieses Grundstück und der Umstand, dass die bestehende faktische Baugrenze nach hinten bei einer Bebauung der Parzelle ... zu einer unzulässigen Hinterlandbebauung führe.

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Außerdem habe die Antragsgegnerin im Hinblick auf den Belang der Versorgung der Bevölkerung mit wohnortnahen Spielplätzen nicht berücksichtigt, dass zukünftig auch wieder jüngere Bewohner in dem Gebiet anzutreffen seien.

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Ferner habe die Antragsgegnerin abwägungsfehlerhaft das Ruhebedürfnis der Anwohner zurückgestellt. Allerdings halte die Gemeinde den Zu- und Abgangsverkehr zu den 12 möglichen Stellplätzen im Innenkern des Karrees mit dem Hinweis für zumutbar, dass auch andere Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes über Garagen im rückwärtigen Bereich verfügten. Zwar bestreite die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang, dass auf der Parzelle ... 12 Stellplätze zu erwarten seien. Nach deren Stellplatzsatzung seien aber zwei Stellplätze pro Wohneinheit erforderlich und bei Doppelhäusern seien bis zu drei Wohneinheiten je Doppelhaushälfte zulässig. Dabei stelle das Argument der „Vorbelastung“ des überplanten Gebiets mit Stellplätzen kein taugliches Kriterium dafür dar, dass keine bodenrechtlichen Spannungen im Hinterliegerbereich stehen könnten.

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Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin die Beschränkung der Anzahl der Stellplätze auf der Parzelle ..., die Möglichkeit der Festsetzung einer Tiefgarage und das Einholen eines Lärmgutachtens zur Ermittlung der Störungen in ihre Abwägung einbeziehen müssen. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass die Anzahl der Wohneinheiten von jetzt 33 auf nunmehr 51 Wohneinheiten und die Bewohnerzahl von jetzt 51 auf 100 Personen ansteigen könnten.

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Zudem habe berücksichtigt werden müssen, dass der Grundstückwert durch die Zulassung von Mehrfamilienhäusern mit Stellplätzen für die angrenzenden Grundstücke geringer werde.

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Auch führe die Festsetzung einer Mindestgröße von 457 m² im Hinblick auf die Verhinderung der Massierung der Bebauung nicht weiter, da man einer Massierung nur durch Beschränkung der Anzahl der zulässigen Wohneinheiten hätte verhindern können.

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Letztendlich seien auch die Belange des Natur- und Umweltschutzes unbeachtet geblieben. Die angebliche „UVP-Vorprüfung“ sei nicht in der Akte dokumentiert. Im Übrigen habe auch eine Umweltprüfung durchgeführt werden müssen, da der Geltungsbereich des Ende der 90-ziger Jahre aufgehobenen Bebauungsplans „Trockenmühl“ über 70.000 m² groß sei. Da der jetzt beschlossene Bebauungsplan in einem engen räumlichen, sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit später ebenfalls noch nachzuverdichtenden Bebauungsplänen in dem früheren Geltungsbereich des aufgehobenen Bebauungsplanes stehe, seien diese Flächen in die Betrachtung mit einzubeziehen, zumal die Antragsgegnerin selbst ausgeführt habe, dass sie auch für die übrigen Bauviertel des aufgehobenen Bebauungsplans ebenfalls Bebauungspläne aufstellen wolle.

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Der Antragsteller beantragt,

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den am 19. August 2010 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan „Zwischen R...- und S...straße“ der Ortsgemeinde Schwabenheim für unwirksam zu erklären.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Normenkontrollantrag abzulehnen.

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Sie führt insbesondere aus:

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Der Normenkontrollantrag sei wegen fehlender Antragsbefugnis unzulässig. Das Grundstück des Antragstellers sei durch planerische Festsetzungen nicht unmittelbar betroffen, sodass sein Grundeigentum nicht negativ belastet sein könne. Daher müsse der Antragsteller als nicht unmittelbar betroffener Dritter darlegen, in einem aus dem Abwägungsgebot folgenden Recht verletzt zu sein, wobei geringwertige oder nicht schutzwürdige Interessen unbeachtet bleiben könnten. Vorliegend genüge nicht, dass sich auf dem hinteren Grundstücksbereich eine verstärkte Einsichtnahmemöglichkeit eröffne. Auch der verstärkte Verkehrslärm auf der privaten Erschließungsstraße könne nicht zu nennenswerten Beeinträchtigungen führen, da dort ein kaum merklicher Erschließungsverkehr stattfinde und deshalb die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten werde.

25

Abgesehen davon sei der Normenkontrollantrag auch nicht begründet. Die vom Antragsteller gerügten formellen Mängel griffen nicht durch.

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Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 BauGB liege nicht vor. Denn gemäß § 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 3 BauGB habe die Kommune die Wahl, ob sie die Beteiligungsfrist verkürze oder eine Beteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB durchführe. Vorliegend habe sich die Antragsgegnerin entgegen der Behauptung des Antragstellers nicht für ein Verfahren nach § 4 Abs. 2 BauGB entschieden. Auf die etwaige Falschbezeichnung im Rahmen des Anschreibens komme es nicht an, da die Antragsgegnerin das Beteiligungsverfahren tatsächlich nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 BauGB durchgeführt habe.

27

Auch die Anstoßfunktion der Bekanntmachung sei gegeben, da die Grundstückseigentümer die Belegenheit ihrer Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes ohne weiteres hätten erkennen können. Die Bezeichnung „Fußweg“ und „Spielplatz“ habe nicht dazu führen können, dass Grundstückseigentümer ihr Interesse an Informationen und Beteiligung nicht hätten wahrnehmen können, zumal Einzelheiten der Planung nur durch konkrete Einsichtnahmen in Planungsunterlagen zu entnehmen seien.

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Ebenso wenig liege ein formeller Fehler wegen des fehlenden Hinweises nach § 3 Abs. 2 BauGB vor. Die Aufstellung des Bebauungsplanes sei nämlich nach § 13a BauGB im beschleunigten Verfahren erfolgt, in welchem aufgrund § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB die Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB gelte, wonach von der Angabe nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB abgesehen werden könne.

29

Ferner seien auch keine materiellen Mängel des Bebauungsplanes erkennbar.

30

So sei eine Unbestimmtheit des Bebauungsplanes nicht gegeben. Denn bei der Bezeichnung „Fußweg“ in der Planurkunde handele es sich nicht um ein Planzeichen im Sinne der Planzeichenverordnung. Somit könne es auch keine wirksame Festsetzung „Fußweg“ und damit kein Widerspruch zwischen Festsetzung und planerischem Willen geben.

31

Ebenfalls könne die Planrechtfertigung nicht verneint werden. Zum einen liege keine Verhinderungsplanung vor, da durch die getroffenen Festsetzungen eine Nachverdichtung ermöglicht werde und mit der Festsetzung einer Mindestgröße von 457 m² lediglich eine zu massive Bebauung auf dem Grundstück verhindern werden solle. Zum anderen könne nicht von einer Gefälligkeitsplanung ausgegangen werden. Eine Gemeinde dürfe durchaus hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass für die Aufstellung eines Bebauungsplanes nehmen und sich auch an den Wünschen der zukünftigen Vorhabensbetreiber orientieren, solange sie damit zugleich städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolge.

32

Zudem sei ein Verstoß gegen § 8 BauGB nicht zu erkennen. Der Bebauungsplan sei gemäß § 13a BauGB im beschleunigten Verfahren aufgestellt worden. Da könne gemäß § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB ein von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweichender Bebauungsplan auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan entsprechend geändert worden sei. Zwar dürfe dies nicht die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigen. Dies sei jedoch bei der Aufhebung der hier in Rede stehenden Spielfläche nicht anzunehmen, zumal die Vor-Ort-Versorgung mit Spielflächen im Radius von 250 m um das Plangebiet durch drei weitere öffentliche Spielplätze gewährleistet sei.

33

Aber auch eine Verletzung des Abwägungsgebots liege nicht vor. Insbesondere sei ein Abwägungsmangel nicht deshalb anzunehmen, weil die Antragsgegnerin die Zahl der auf der Parzelle ... gegebenenfalls errichteten Stellplätze sowie den Zu- und Abfahrtverkehr über eine Privaterschließungsstraße nicht gesehen habe. In diesem Zusammenhang bleibe zunächst festzustellen, dass der Bebauungsplan keine Festsetzung enthalte, dass 12 Stellplätze auf dem Grundstück zu errichten seien. Auch aus der Stellplatzsatzung ergebe sich nicht die Verpflichtung zur Errichtung von zwei Stellplätzen pro Wohneinheit. Die Anzahl der Stellplätze sei lediglich im Baugenehmigungsverfahren nachzuweisen. Zudem müssten gemäß § 47 Abs. 3 LBauO die Stellplätze auch nicht zwingend auf dem Grundstück liegen. Vielmehr sei im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens im Einzelfall zu prüfen, ob Auswirkungen nach § 15 BauNVO unzumutbar seien. Dies gelte auch für Auswirkungen durch eine freiberufliche Praxis gemäß § 13 BauNVO. Insoweit sei die Prüfung der Auswirkungen durch den Zu- und Abgangsverkehr auf die Einzelfallprüfung im Baugenehmigungsverfahren zu verlagern.

34

Darüber hinaus sei der Belang der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse mit dem erforderlichen Gewicht in die Abwägung eingestellt worden. Dabei habe man berücksichtigen dürfen, dass es sich bei dem in Rede stehenden Bereich angesichts der ursprünglichen Nutzung der Parzelle ... gerade nicht um eine Ruhezone gehandelt habe, da der dort ehemals ausgewiesene Spielplatz nach allgemeiner Lebenserfahrung keine Ruhezone darstelle. Zudem habe sie im Hinblick auf den zu erwartenden nicht erheblichen An- und Abfahrverkehr die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht für erforderlich gehalten, zumal auf dem Zufahrtsweg nur mit wenigen Fahrzeugbewegungen pro Tag zu rechnen sei. Insoweit zähle nicht jede zu erwartende Zunahme des Verkehrslärms zum notwendigen Abwägungsmaterial.

35

Ebenso wenig sei die Wertminderung der Grundstücke bei der Abwägung zu berücksichtigen gewesen. Denn solche nur mittelbare Auswirkungen gehörten nicht zum Abwägungsmaterial, weil die Abwägung nicht die potentiellen Wertveränderungen von Grundstücken einzustellen seien, sondern nur die Auswirkungen, die von den Anlagen ausgingen. Eine Grundstückswertminderung stelle daher keinen eigenständigen Abwägungsbelang dar.

36

Auch sei nicht zu erkennen, warum die Festsetzung einer Mindestgröße von 457 m² abwägungsfehlerhaft sein solle.

37

Schließlich habe man auch nicht die Belange des Natur- und Umweltschutzes verkannt. Auf eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB und einen Umweltbericht nach § 2a BauGB habe gemäß § 13a Abs. 1 und 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 BauGB verzichtet werden können, da die Aufstellung im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB erfolgt sei. Die Voraussetzungen hierfür lägen vor. Denn die Nachverdichtung und die Maßnahme der Innenentwicklung sei für ein Gebiet von weniger als 20.000 m² Grundfläche erfolgt. Die Gesamtfläche des angegriffenen Bebauungsplanes betrage 11.000 m². Hiervon sei jedoch nach der festgesetzten Grundflächenzahl von 0,3 lediglich 3.300 m² zu berücksichtigen. Zwar sei die versiegelte Fläche anderer Bebauungspläne mitzurechnen, wenn diese in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt würden. Dies gelte aber nicht, wenn – wie hier – der Plangeber eine abschnittsweise Planung beabsichtige, bei der die Aufstellung weiterer Pläne lediglich für die Zukunft vorgesehen sei.

38

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie aus den beigezogenen Planaufstellungsunterlagen (1 Aktenordner). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.

40

Er ist bereits wegen fehlender Antragsbefugnis unzulässig.

41

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nur derjenige antragsbefugt, der geltend macht, durch Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplanes oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dazu muss ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen der angegriffenen Satzung in einer eigenen Rechtsposition verletzt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. September 1998, BVerwGE 107, 215 und vom 11. Dezember 2003, BVerwGE 119, 312). Unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens können Rechte des Antragstellers im vorliegenden Fall nicht verletzt sein.

42

Da sich der Antragsteller nicht gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft – die Belegenheit eines Grundstücks im Geltungsbereich eines Bebauungsplans allein begründet die Antragsbefugnis nicht (BVerwG, Beschluss vom 22. August 2000, ZfBR 2000, 564 –, ließe sich eine Antragsbefugnis aufgrund der vom Antragsteller geltend gemachten (mittelbaren) Beeinträchtigungen durch die vom Bebauungsplan zugelassene Hinterlandbebauung allenfalls aus einer Verletzung des Rechts auf gerechte Abwägung der privaten Belange des Antragstellers ableiten. Bei diesen Beeinträchtigungen müsste es sich jedoch um eine abwägungsbeachtliche Betroffenheit handeln. Indes ist nicht jede denkbare Betroffenheit auch als privater Belang abwägungserheblich. Nicht abwägungserheblich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht (s. Beschluss des erkennenden Senats vom 16. März 2011 – 1 C 10832/10.OVG – unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 2010 – 4 BN 36.09 –, juris). Wann ein privater Belang so stark betroffen wird, dass er im Rahmen der Abwägung von der Gemeinde besonders beachtet werden muss, lässt sich indes nicht allgemeinverbindlich festlegen. Jedenfalls macht allein der Umstand, dass ein bisher unbebautes Grundstück künftig bebaut werden darf, das Interesse des benachbarten Grundstückseigentümers an der Erhaltung des bisherigen Zustands noch nicht zu einem abwägungserheblichen Belang (BVerwG, Beschluss vom 22. August 2000, a.a.O.). Vielmehr ist die Bewertung, wann die Schwelle zur Abwägungserheblichkeit überschritten wird und wann deshalb auf eine Verletzung des Abwägungsgebots zu Lasten des Nachbarn möglich ist, eine Frage des Einzelfalls (s. BVerwG, a.a.O.). In Anwendung dieser Grundsätze muss vorliegend die Antragsbefugnis verneint werden.

43

Soweit der Antragsteller sich in diesem Zusammenhang zunächst darauf beruft, dass durch die zugelassene „Hinterlandbebauung“ auf der Parzelle Nr. ... Einsichtmöglichkeiten auf sein Grundstück geschaffen würden, ist dieses nicht als abwägungserheblich anzusehen. Abgesehen davon, dass auch bisher Einsichtnahmemöglichkeiten von den rückwärtigen Seiten der Gebäude im betreffenden Straßenkarree aus – wenn auch in weiterer Entfernung – gegeben waren, so führt der Umstand, dass hier nunmehr die Bebauung näher an die rückseitige Grundstücksgrenze heranrücken kann, nicht zur Abwägungserheblichkeit. Denn grundsätzlich wird den diesbezüglichen Belangen des Nachbarn durch die Einhaltung der Abstandflächen des § 8 LBauO Genüge getan, deren Tiefe hier je nach Höhe der Gebäude jeweils 3 bis 4 m betragen muss. Daraus ergibt sich eine nach der Landesbauordnung insgesamt einzuhaltende Entfernung zwischen gegenüberliegendem Gebäude von insgesamt 6 bis 8 m im vorliegenden Fall. Da das Wohnhaus des Antragstellers sogar ca. 20 m von der festgesetzten Baugrenze der Parzelle Nr. ... entfernt liegt, vermag der Senat keine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung zu erkennen, zumal die Innenentwicklung und Nachverdichtung städtebaulich gewollt ist. Ebenso wenig lässt sich aus den in den Akten befindlichen Lichtbildern eine besonders schützenswerte Aussichtslage entnehmen.

44

Aber auch der geltend gemachte Lärm, der durch den Anliegerverkehr zu den auf der Parzelle Nr. ... im Zusammenhang mit der dort zu verwirklichenden Bebauung noch zu schaffenden Stellplätzen entstehen kann, vermag vorliegend eine abwägungserhebliche Betroffenheit nicht zu begründen. Hinsichtlich der hier gerügten Beeinträchtigung durch (Verkehrs-)Lärm ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dies nur dann einen abwägungserheblichen Belang darstellt, wenn die dadurch verursachten Immissionen mehr als nur geringfügig sind (so z.B. Beschluss des erkennenden Senats vom 16. März 2011, a.a.O., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1999, a.a.O.). Nach den Vorgaben des Bebauungsplans (GRZ 0,3; Baufenster von ca. 28 m x 12 m; Mindestgrundstücksgröße 457 m²; offene Bauweise; maximal drei Wohnungen pro Gebäude) ist auf der Parzelle Nr. ... allenfalls eine Bebauung mit zwei Wohngebäuden zu je drei Wohnungen zulässig. Der Zu- und Abgangsverkehr einer Bebauung mit höchsten sechs Wohneinheiten schlägt aber mit einem so geringen Gewicht zu Buche, dass dieser Verkehrslärm als planungsrechtlich vernachlässigbare Größe hinzunehmen ist, zumal der Lärm von und zu notwendigen Stellplätzen angesichts der Wertung des Verordnungsgebers in § 12 BauNVO als sozialadäquat anzusehen ist. Dies hat der Senat bereits in einem ähnlichen Fall entschieden, in dem es um die Planung von drei Baugrundstücken mit höchstens sechs Wohneinheiten ging (s. Beschluss vom 16. März 2011, a.a.O.). Dass bei einer vergleichbaren Konstellation selbst dann, wenn – wie hier – die Zuwegung unmittelbar entlang des Wohnhauses und des Außenwohnbereichs erfolgt, noch von keiner mehr als nur geringfügigen Beeinträchtigung der Wohnruhe auszugehen ist, wird auch vom VGH Baden-Württemberg vertreten (s. Beschluss vom 25. Juni 1997, NVwZ-RR 1998, 420). Allenfalls wenn Besonderheiten im Hinblick auf die Zufahrt (z.B. besonders steile Zufahrt entlang der Grundstücksgrenze) oder der Anordnung der Stellplätze (Massierung an der Grundstücksgrenze mit zusätzlichen Besonderheiten) gegeben wären, könnte die Verletzung abwägungsrelevanter Belange im Hinblick auf Lärmbelastungen für möglich erachtet werden. Solche Besonderheiten sind hier jedoch nicht ersichtlich. Im Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass die im Hinblick auf die Verwirklichung konkreter Bauvorhaben und die Anordnung von Stellplätzen auf der Parzelle Nr. ... möglicherweise sich ergebenden Lärmkonflikten unter Anwendung des § 15 BauNVO im Baugenehmigungsverfahren zu lösen sind.

45

Darüber hinaus ist der Normenkontrollantrag aber auch unbegründet.

46

Entgegen der Ansicht des Antragstellers weist der angegriffene Bebauungsplan keine beachtlichen formellen Fehler auf.

47

Mit seinem Vortrag, die Antragsgegnerin habe die in § 4 Abs. 2 BauGB vorgesehene Monatsfrist zur Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange unzulässigerweise verkürzt, vermag der Antragsteller nicht durchzudringen. Denn in dem diesbezüglichen Anschreiben vom 7. Mai 2009 ist darauf hingewiesen worden, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren gemäß § 13 a BauGB aufgestellt werde. Ein Hinweis auf § 13 Abs. 2 BauGB bedurfte es in diesem Zusammenhang nicht, da sich die Anwendung der zuletzt genannten Bestimmung aus dem Wortlaut des § 13 a Abs. 2 Nr. 1 BauGB ergibt und bei einem Träger öffentlicher Belange davon ausgegangen werden kann, dass ihm die Verweisung bekannt ist bzw. er sich diese aus dem Wortlaut des Gesetzes erschließen kann. Auch kann aus dem im Betreff und im letzten Satz des Anschreibens vom 7. Mai 2009 gegebenen Hinweis auf § 4 Abs. 2 BauGB nicht hergeleitet werden, dass die Antragsgegnerin von ihrem in § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BauGB eingeräumten Wahlrecht habe dergestalt Gebrauch machen wollen, dass es bei der Monatsfrist des § 4 Abs. 2 BauGB verbleibe. Zwar ist dem Antragsteller einzuräumen, dass die Nennung des § 4 Abs. 2 BauGB auf den ersten Blick darauf hindeuten könnte, dass man damit nicht nur das Verfahren als solches (Beteiligung der Träger öffentlicher Belange) bezeichnen, sondern dieses in Ausübung des durch § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BauGB normierten Wahlrechts auch unter Beachtung der in § 4 Abs. 2 BauGB geregelten Monatsfrist zur Stellungnahme durchführen wollte. Gegen eine solche Betrachtungsweise spricht aber der letzte Satz des in Rede stehenden Anschreibens. Dieser kann mit der darin enthaltenen, auf den 5. Juni 2009 verkürzten Frist zur Stellungnahme verständigerweise nur so verstanden werden, dass das in § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BauGB eingeräumte Wahlrecht dahingehend ausgeübt werden sollte, die Beteiligung unter Verkürzung der Monatsfrist durchzuführen.

48

Auch die Anstoßfunktion der Bekanntmachung der Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB kann nicht zweifelhaft sein. Hierzu genügt nämlich, dass der Bürger, der die Bekanntmachung liest, in die Lage versetzt wird, das Vorhaben einem bestimmten Raum zuzuordnen (s. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2008, ZfBR 2008, 806). Vorliegend ergab sich der Geltungsbereich des Bebauungsplans ohne weiteres aus der bekannt gemachten Karte mit den Umgrenzungsmarkierungen. Damit konnte der interessierte Bürger ohne weiteres die Belegenheit seines Grundstücks im Plangebiet erkennen. Durch den weiteren Hinweis auf Ort und Dauer der Auslegung wird sodann die Aufmerksamkeit auf die Planunterlagen gelenkt, die insoweit nähere Auskunft geben. Die Vermittlung von Details der Planung ist nicht Aufgabe der Bekanntmachung (vgl. BVerwG, a.a.O.). Der Umstand, dass der Antragsteller in die offengelegten Unterlagen Einblick genommen und Einwendungen hierzu vorgetragen hat, zeigt im Übrigen, dass die erforderliche Anstoßfunktion vorhanden war. Dem steht nicht entgegen, dass auf der Karte, die in der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vorhanden war, noch die Bezeichnungen „Spielplatz“ und „Fußweg“ vermerkt waren. Denn der in die Planunterlagen Einsicht nehmende Bürger kann am Auslegungsort von der Verwaltung hierzu Auskünfte verlangen (s. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 38). Dass mit dem „Spielplatz“ etwas anderes vorgesehen ist, lässt sich ohne weiteres aus den bereits im Planentwurf vorgesehenen Baufenster und der Planbegründung erkennen. Eventuelle Zweifel konnten durch Nachfrage bei der Auslegungsstelle behoben werden. Entsprechendes gilt auch für den „Fußweg“. Denn aus der Planbegründung ergibt sich, dass es insoweit um einen Erschließungsweg handelt. Dass ein solcher auch als Zufahrt für PKWs genutzt werden kann, hat auch der Antragsteller offensichtlich erkannt, da er sich mit seinem Einwendungsschreiben vom 26. Oktober 2009 dagegen gewendet hat.

49

Ebenso wenig kann der Antragsteller mit Erfolg rügen, es habe bei der Offenlage ein Hinweis gemäß § 3 Abs. 2 BauGB auf vorliegende umweltbezogene Informationen gefehlt. Eine solche Angabe war hier nicht erforderlich, da der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren nach § 13 a BauGB aufgestellt worden ist und daher nach § 13 Abs. 3 BauGB, der hier über § 13 a Abs. 2 Nr. 1 BauGB entsprechend Anwendung findet, von einem solchen Hinweis abgesehen werden konnte.

50

Ebenso sind die Voraussetzungen für die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens gemäß § 13 a BauGB entgegen der Ansicht des Antragstellers hier erfüllt. Denn es greift im vorliegenden Fall die Alternative des § 13 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB an, wonach ein Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden darf, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne von § 19 Abs. 2 BauNVO oder eine Größe der Grundfläche von insgesamt wenig als 20.000 m² festgesetzt wird, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne mitzurechnen sind, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden. Vorliegend beträgt die vom Bebauungsplan festgesetzte Grundfläche ausweislich der Planbegründung (s. S. 14 der Begründung) weniger als 20.000 m². Etwas anderes gilt auch nicht deswegen, weil nach Meinung des Antragstellers der Geltungsbereich des aufgehobenen Bebauungsplans „Trockenmühl“ eine Wohnbaufläche von mehr als 70.000 m² aufgewiesen habe und die Antragsgegnerin auch für die übrigen Karrees im Bereich des alten Bebauungsplans neue Bebauungspläne der Innenentwicklung aufstellen wolle. Die Flächen dieser zukünftigen Bebauungspläne sind nämlich bei der Bestimmung der Größe der Grundfläche nicht mitzurechnen, da es insoweit an dem notwendigen zeitlichen Zusammenhang im Sinne von § 13 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB fehlt. Allein der Umstand, dass nach der Planbegründung beabsichtigt ist, mittelfristig weitere Bebauungspläne im Bereich „Trockenmühl“ aufzustellen, reicht für die Annahme eines zeitlichen Zusammenhangs nicht aus. Denn die dort dokumentierte Planungsabsicht stellt lediglich eine für die Zukunft ins Auge gefasste abschnittsweise Planung dar, die in diesem Zusammenhang unschädlich ist (s. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 13 a Rn. 44), zumal keine sonstigen Indizien für ein „Unterlaufen“ des Schwellenwertes von 20.000 m² erkennbar sind. Im Übrigen wäre ein fehlender Hinweis auf die Verfügbarkeit umweltbezogener Informationen gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich.

51

Leidet der angegriffene Bebauungsplan mithin an keinen formellen Fehlern, so ist er auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

52

Soweit der Antragsteller geltend macht, dass laut Planbegründung der als Fuß- und Fahrweg zu nutzende flaschenhalsförmige Abschnitt der Parzelle Nr. ... in der Planurkunde als „Fußweg“ bezeichnet sei, was als Auseinanderfallen von planerischer Aussage und Satzungsgeberwillen gewertet werden und daher als Verstoß gegen den Grundsatz der Normklarheit zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führen müsse, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass es sich bei der in der Planurkunde im Bereich des vorgenannten Parzellenabschnitts aufgeführten Bezeichnung „Fußweg“ um kein Planzeichen oder sonstiges Zeichen handelt, welches in der Anlage der Planzeichenverordnung dargestellt ist. Auch in der Legende des Bebauungsplans ist diese Bezeichnung als Planzeichen nicht aufgeführt. Ebenso wenig lässt sich aus den textlichen Festsetzungen hierüber eine Aussage entnehmen. Daraus ist zu schließen, dass mit der Bezeichnung „Fußweg“ keine konstitutive Festsetzung getroffen werden sollte, was für eine private Zuwegung auch ungewöhnlich wäre. Die Festsetzung eines Fußwegs in diesem Bereich ist vom Plangeber auch offensichtlich nicht gewollt gewesen, da in der Planbegründung allgemein von einem Erschließungsweg die Rede ist (s. S. 8 der Begründung). Diese Sichtweise wird auch dadurch bestätigt, dass der Gemeinderat bereits in seinem Beschluss vom 24. August 2009 (Bl. 64 der Planaufstellungsakten) von einem befahrbaren Erschließungsweg ausgeht. Dies spricht aber alles dafür, dass es sich bei der in der Planurkunde vorhandenen Bezeichnung „Fußweg“ lediglich um eine fehlerhafte Übernahme bzw. Belassen dieses Begriffs aus dem früheren Bebauungsplan „Trockenmühl“ handelt. Insoweit liegt daher kein Widerspruch zwischen planerischer Festsetzung und Plangeberwillen vor.

53

Ferner fehlt es dem Bebauungsplan auch nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB. Bezüglich der Frage der städtebaulichen Erforderlichkeit steht der Gemeinde ein sehr weites planerisches Ermessen zu. Die Gemeinde soll gerade bewusst Städtebaupolitik betreiben können. Eine „Bedarfsanalyse“ bedarf es insoweit nicht (so bereits BVerwG, Beschluss vom 14. August 1995 – 4 NB 21.95 –, juris). Das Merkmal der Erforderlichkeit der daher nur bei groben und offensichtlichen Missgriffen eine Schranke der Planungsbefugnis dar (st. Rspr. des OVG RP; s. u.a. Urteil vom 1. Oktober 2008 – 8 C 10611/08.OVG –, ESOVGRP). An der Erforderlichkeit fehlt es unter anderem nur dann, wenn die Planung ausschließlich den privaten Interessen eines bestimmten Grundstückseigentümers dient – sogenannte Gefälligkeitsplanung – (s. BVerwG, Beschluss vom 24. August 1993 – 4 NB 12.93 –, juris) – oder diese das vorgeschobene Mittel ist, einen Bauwunsch zu durchkreuzen – sogenannte „Verhinderungs- oder Negativplanung“ – (s. u.a. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 – 4 NB 8.90 –, NVwZ 1991, 875). In diesem Zusammenhang bleibt hinsichtlich der vom Antragsteller gerügten „Gefälligkeitsplanung“ festzustellen, dass die Kommune durchaus Bauwünsche Dritter zum Anlass nehmen darf, entsprechende planerische Festsetzungen zu schaffen. Dies zeigt bereits die Vorschrift des § 12 BauGB, der im Rahmen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans davon ausgeht, dass sogar vertragliche Absprachen über die Durchführung des Vorhabens zwischen der Gemeinde und dem Vorhabenträger getroffen werden können. Allenfalls dann, wenn eine planerische Festsetzung allein den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen, kann von einer „Gefälligkeitsplanung“ ausgegangen werden. Letzterer Zweck darf aber durchaus ein (Mit-) Motiv für die Planung sein. Unter Bewertung der vorliegenden Umstände kann hier jedoch von einer „Gefälligkeitsplanung“ keine Rede sein. Denn einerseits wird der Bauwunsch des Investors durch eine Vielzahl von Festsetzungen des Bebauungsplanes eingeengt (so z.B. durch die vorgeschriebene Wohnungshöchstzahl, Mindestgröße des Grundstücks, Geschosshöhe, Baufenster, etc.). Andererseits werden mit der Planung nach der Planbegründung zusätzlich auch städtebauliche Ziele (Nachverdichtung, Innenentwicklung, Verhinderung einer Massierung der Bebauung im Bereich der Parzelle Nr. ...) verfolgt.

54

Des Weiteren vermag der Senat vorliegend auch keine „Verhinderungsplanung“ zu erkennen. Denn die von der Gemeinde getroffenen Festsetzungen entsprechend deren planerischen Willen und sind nicht lediglich vorgeschoben, um auf der Parzelle Nr. ... eine Bebauung zu verhindern. Vielmehr soll ausweislich der Planbegründung ein Ordnungsrahmen für die Bebauung im Bereich der Parzelle Nr. ... geschaffen werden, um trotz der gewollten Nachverdichtung für gesunde Wohnverhältnisse zu sorgen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus der Beschlussvorlage vom 7. März 2007 (Bl. 6 der Aufstellungsunterlagen), in welcher ausgeführt wird, dass ein Bebauungsplan aufgestellt werden solle, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten.

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Überdies liegt der gerügte Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB nicht vor. Zwar ist die anstelle des früheren Spielplatzes vorgesehene Baufläche nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Da der angegriffene Flächennutzungsplan, der vom derzeitigen Flächennutzungsplan abweicht, jedoch im beschleunigten Verfahren aufgestellt worden ist, durfte dieser gemäß § 13 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB bereits aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan entsprechend geändert wird. Die Anwendung der vorgenannten Bestimmung setzt zwar voraus, dass die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets nichts beeinträchtigt werden darf. Entgegen der Ansicht des Antragstellers, der das städtebauliche Konzept der wohnungsnahen Versorgung mit Spielflächen durch den Wegfall des Spielplatzes auf der Parzelle Nr. ... beeinträchtigt sieht, liegt eine solche Beeinträchtigung nicht vor, da nach unwidersprochen gebliebenen Aussagen der Antragsgegnerin in etwa 250 m Umkreis zur Parzelle Nr. ... sich noch drei weitere öffentliche Spielplätze befinden (an der katholischen Kirche, an der Grundschule und in der R...straße). Damit sind für das hier in Rede stehende Wohnviertel öffentliche Spielplätze in unzumutbarer Entfernung vorhanden (s. Urteil des erkennenden Senats vom 28. Januar 2008 – 1 C 10634/07.OVG – in ESOVGRP, wonach selbst 350 m noch zumutbar sind).

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Schließlich verstößt die Überplanung des früheren Spielplatzes mit einer als WR-Gebiet ausgewiesenen Wohnbaufläche nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB, wonach bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, das Abwägungsergebnis sei deshalb fehlerhaft, weil die Gemeinde bei der Überplanung der Parzelle Nr. ... unzutreffenderweise davon ausgegangen sei, die von ihr zugelassene Bebauung sei schon nach § 34 BauGB zu verwirklichen gewesen, vermag er auch damit nicht durchzudringen. Allerdings war dies offenbar die Vorstellung des Plangebers. Ob diese Einschätzung vorliegend zutrifft, kann aber dahinstehen, da selbst dann, wenn dies eine unzutreffende Bewertung gewesen sein sollte, diese etwaige Fehleinschätzung – soweit sie als Mangel im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB anzusehen ist – nicht auf das Ergebnis von Einfluss gewesen und somit unbeachtlich im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist. Das gleiche würde auch dann gelten, wenn diese Fehleinschätzung als Mangel im Abwägungsvorgang zu bewerten wäre (§ 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB). Dass der Plangeber in jedem Falle eine Nachverdichtung im Innern des Straßenviertels und ihre Beschränkung nach Art und Maß wollte, lässt sich unschwer der Planbegründung entnehmen (S. 3 der Begründung).

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Ebenso wenig kann die Rüge des Antragstellers Berücksichtigung finden, der Plangeber habe nicht hinreichend bei der Überplanung des Spielplatzes beachtet, dass in Zukunft auch wieder jüngere Bewohner in dem Gebiet anzutreffen sein würden. Dieser Belang wurde gesehen und im Hinblick auf die weiteren drei öffentlichen Spielplätze in der Umgebung als nicht durchschlagend erachtet (s. Sitzung vom 24. August 2009 unter TOP 7 – S. 63 der Aufstellungsunterlagen). Dies kann angesichts der oben im Rahmen des Entwicklungsgebots gemachten Ausführungen des Senats nicht als fehlerhaft angesehen werden.

58

Auch im Hinblick auf die durch die ausgewiesene Hinterlandbebauung zu erwartende Störungen durch den die Parzelle Nr. ... betreffenden Zu- und Abgangsverkehr ist ein Abwägungsmangel nicht zu erkennen. Der in diesem Zusammenhang zu erwartende Lärm ist vielmehr – wie bereits oben in der Zulässigkeitsstation ausgeführt wurde – als nicht abwägungsrelevant zu bewerten. Die von dem Antragsteller im Hinblick darauf angesprochenen Beschränkungen hinsichtlich der Stellplätze sind – je nachdem welches Vorhaben konkret zur Genehmigung gestellt wird – gegebenenfalls durch Auflagen im Baugenehmigungsverfahren zu regeln.

59

Soweit der Antragsteller durch die ausgewiesene Hinterlandbebauung eine Verminderung des Verkehrswertes seines Hausgrundstücks befürchtet, gehört eine solche nicht zum notwendigen Abwägungsmaterial des angegriffenen Bebauungsplans, da eine Grundstückswertminderung keinen eigenständigen Abwägungsposten im Rahmen der Abwägung darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1995, ZfBR 1995, 216 m.w.N.).

60

Letztendlich kann der Antragsteller nicht mit seinem Vorbringen gehört werden, bei der Abwägung seien die Umweltbelange des § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB unbeachtet geblieben. Dies trifft nämlich nicht zu. Vielmehr lassen die Ausführungen in der Planbegründung (S. 14 und 15 der Begründung) ohne weiteres erkennen, dass diese Gesichtspunkte beachtet worden sind. Der Umstand, dass der Antragsteller die dort getroffenen Feststellungen lediglich unsubstantiiert bestreitet, reicht nicht aus, um die Abwägung insoweit in Frage stellen zu können.

61

Abschließend bleibt noch anzumerken, dass der Antragsteller aus dem in der mündlichen Verhandlung nochmals wiederholten Hinweis, der Bürgermeister habe ihm vor Jahren eine andere Planung bezüglich der Bebauungsmöglichkeit der Parzelle Nr. ... schriftlich zugesagt, nicht zu seinen Gunsten für das vorliegende Normenkontrollverfahren herleiten kann, da der Bebauungsplan nicht vom Bürgermeister (der Verbandsgemeinde) sondern von der Ortsgemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen (§ 2 Abs. 1 BauGB) und als Satzung zu beschließen ist (§ 10 Abs. 1 BauGB). Die Satzungsbefugnis liegt dabei allein in den Händen des Gemeinderats (§ 24 Abs. 2 GemO) und nicht in denen des Bürgermeisters.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

63

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

64

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

65

Beschluss

66

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren auf 20.000,00 € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG).

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