Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (2. Senat) - 2 A 11059/14


Tenor

Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße wird festgestellt, dass die Beklagte zur Übernahme der Versorgungsleistungen für den Beigeladenen nach dessen Versetzung in den Ruhestand gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 LBG (analog) verpflichtet ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Pflicht zur Übernahme von Versorgungsleistungen für den Beigeladenen im Fall seiner vorzeitigen Ruhestandsversetzung auf Antrag wegen Schwerbehinderung.

2

Die Klägerin ist als Gemeinde mit weniger als 50.000 Einwohnern gemäß § 63 Abs. 1 Gemeindeordnung – GemO – in Verbindung mit § 12 der Satzung der Pfälzischen Pensionsanstalt (im Folgenden: Satzung-PPA) Pflichtmitglied der Beklagten. Diese übernimmt gemäß § 28 Abs. 1 Satzung-PPA nach Maßgabe der Satzung unter anderem die von den Mitgliedern nach beamtenrechtlichen Bestimmungen zu gewährenden Versorgungsleistungen.

3

Der Beigeladene ist 1952 geboren und seit 1992 Bürgermeister der klagenden Verbandsgemeinde. Er wurde jeweils für die Dauer der Amtszeit in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen und von der Klägerin bei der Beklagten als Versorgungsberechtigter angemeldet. Eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Beigeladenen und der Beklagten besteht nicht (vgl. § 17 Satzung-PPA). Die aktuell laufende Amtszeit als Bürgermeister begann am 1. Januar 2010 und endet nach acht Jahren zum 31. Dezember 2017.

4

Der Beigeladene beantragte am 25. November 2013 bei der Klägerin die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Oktober 2014 wegen einer anerkannten Schwerbehinderung. In der vorgerichtlichen Korrespondenz vertrat die Beklagte die Auffassung, seit der Änderung des Landesbeamtengesetzes sei eine Versetzung in den Ruhestand wegen Schwerbehinderung ab 60 Jahren für kommunale Wahlbeamte auf Zeit nicht mehr möglich. Sie übernehme folglich die Versorgungsleistungen nicht, wenn diese durch die vorzeitige Ruhestandsversetzung des Beigeladenen unter Nichtbeachtung der beamtenrechtlichen Vorschriften entstünden. Der Verbandsgemeinderat der Klägerin stimmte dennoch dem Antrag des Beigeladenen auf Versetzung in den Ruhestand zum 31. Oktober 2014 zu. Dies allerdings mit der Maßgabe, dass zeitnah eine Entscheidung der Beklagten eingeholt und gegebenenfalls eine juristische Überprüfung der Entscheidung erfolgen solle. Trotz Gegenvorstellungen der Klägerin blieb die Beklagte – vorgerichtlich zuletzt in einem Schreiben vom 28. Februar 2014 – bei ihrer Rechtsauffassung.

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Die Klägerin hat am 28. März 2014 Feststellungsklage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass der Beigeladene nach beamtenrechtlichen Bestimmungen antragsgemäß in den Ruhestand versetzt werden könne und dementsprechend eine Kostenübernahmepflicht der Beklagten bestehe. § 39 Abs. 2 Landesbeamtengesetz – LBG –, der dem Wortlaut nach eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Schwerbehinderung nur für Lebenszeitbeamte vorsehe, sei in Verbindung mit § 6 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – auch auf Beamte auf Zeit entsprechend anzuwenden. Der Landesgesetzgeber habe für Beamte auf Zeit insoweit keine abweichende Regelung getroffen. Insbesondere enthalte § 119 Abs. 2 LBG keine abweichende Regelung zur Ruhestandsversetzung schwerbehinderter Kommunalbeamter auf Zeit, sondern lediglich eine spezielle Regelung zur allgemeinen Antragsaltersgrenze. Die Geltungsanordnung des § 6 BeamtStG sei nicht auf die Regelungen des Beamtenstatusgesetzes beschränkt, sondern wirke auch hinsichtlich der landesrechtlichen Vorschriften, wobei eine Verletzung der Gesetzgebungskompetenz vor dem Hintergrund der Abweichungsbefugnis der Länder nicht zu besorgen sei. Die Vorgängerregelung zu § 39 Abs. 2 LBG habe ausdrücklich auch Beamte auf Zeit erfasst, was nunmehr über § 6 BeamtStG gewährleistet sei. In der Gesetzesbegründung zur Änderung des Landesbeamtengesetzes sei mehrfach die materielle Kontinuität betont worden. Ferner forderten der Gleichbehandlungsgrundsatz sowie der Schutz Schwerbehinderter eine entsprechende Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 LBG auf Beamte auf Zeit.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

festzustellen, dass die Beklagte zur Übernahme der Versorgungsleistungen für den Bürgermeister der Klägerin, des Beigeladenen, nach dessen Versetzung in den Ruhestand gem. § 39 Abs. 2 LBG i.V.m. § 6 BeamtStG verpflichtet ist.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

10

Sie ist der Ansicht, dass die Feststellungsklage über erst zukünftig entstehende Leistungsansprüche unzulässig und die Klägerin vorrangig auf die Möglichkeit einer Leistungsklage nach Ruhestandsversetzung des Beigeladenen zu verweisen sei. In der Sache bestehe nach beamtenrechtlichen Bestimmungen keine Möglichkeit mehr, den Beigeladenen aufgrund einer Schwerbehinderung vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen. Die Gesetzessystematik des Landesgesetzgebers zeige, dass er zwischen Regelungen, die für alle Beamten übergreifend gelten, und solchen für bestimmte Arten von Beamten unterscheide. So treffe § 119 Abs. 2 LBG eine besondere, für alle Kommunalbeamten auf Zeit einheitliche Regelung zum Antragsruhestand. § 39 Abs. 2 LBG hingegen enthalte allein eine Regelung für Beamte auf Lebenszeit. Hieran ändere auch § 6 BeamtStG nichts, der allein eine entsprechende Anwendbarkeit für Regelungen des Beamtenstatusgesetzes treffe. Eine andere Auslegung widerspreche der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz, wonach Normen des Beamtenstatusgesetzes nicht die Geltung landesrechtlicher Bestimmungen regeln könnten. Auch die historische Entwicklung spreche gegen eine entsprechende Anwendbarkeit, da die Vorgängerregelung Beamte auf Zeit noch ausdrücklich erfasst habe. Die Nichtanwendbarkeit verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz, weil für Beamte auf Zeit nicht das Lebenszeitprinzip gelte, sondern diese nach Ablauf der Amtsperiode freiwillig entschieden, ob sie sich einer Wiederwahl stellten. Aus diesen Gründen sei eine Ungleichbehandlung in Bezug auf die Altersgrenzen zulässig.

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Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

12

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. September 2014 abgewiesen.

13

Die Klage sei als Feststellungsklage zwar zulässig, weil es der Klägerin angesichts des finanziellen Risikos nicht zumutbar sei, den Beigeladenen zunächst – nicht umkehrbar – in den Ruhestand zu versetzen und erst nachfolgend die Übernahme der Versorgungsbezüge durch die Beklagte gerichtlich klären zu lassen. Allerdings sei die Klage unbegründet, da die Beklagte nicht verpflichtet sei, im Falle einer Ruhestandsversetzung des Beigeladenen wegen Schwerbehinderung vor Vollendung des 65. Lebensjahres die Versorgungslasten der Klägerin zu übernehmen. Nach beamtenrechtlichen Bestimmungen könne der Beigeladene als kommunaler Wahlbeamter auf Zeit nicht aufgrund einer Schwerbehinderung in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden. § 39 Abs. 2 LBG, der diese Möglichkeit dem ausdrücklichen Wortlaut nach allein Lebenszeitbeamten eröffne, sei auf den Beigeladenen nicht anwendbar. Aus einer vergleichenden Betrachtung mit anderen Vorschriften des Landesbeamtengesetzes – § 37 Abs. 1 Satz 1 LBG einerseits sowie § 37 Abs. 1 Satz 3 und § 39 LBG andererseits – ergebe sich, dass der Gesetzgeber in § 39 Abs. 2 LBG bewusst eine allein Lebenszeitbeamte begünstigende Regelung getroffen habe. Andere Vorschriften enthielten Sonderregelungen für bestimmte Arten von Beamten, die konkret in Bezug auf Beamtenverhältnisse auf Zeit jedoch weder in § 8 LBG noch in § 119 Abs. 2 LBG die Möglichkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Schwerbehinderung vor Vollendung des 65. Lebensjahres eröffneten.

14

§ 39 Abs. 2 LBG finde auf den Beigeladenen auch nicht über § 6 BeamtStG Anwendung, da sich die Geltungsanordnung auf die im Beamtenstatusgesetz selbst getroffenen Regelungen beschränke. Umfang und Grenzen der Gesetzgebungskompetenz legten es nahe, dass der Bundesgesetzgeber in § 6 BeamtStG keine umfassende, für alle Länder und alle Fallgestaltungen verbindliche Gleichstellung mit Beamten auf Lebenszeit vorgeschrieben habe, sondern die Wirkung nur soweit reiche, wie der Bund seine Gesetzgebungskompetenz im Beamtenstatusgesetz ausgeübt habe.

15

Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 2 LBG auf Beamte auf Zeit scheide aufgrund des eindeutigen Wortlauts und des erkennbaren Willen des Gesetzgebers aus. Es sei insoweit nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen. Hätte ein entsprechender Wille des Gesetzgebers bestanden, hätte es nahe gelegen, dies in § 8, § 39 oder § 119 LBG zum Ausdruck zu bringen. Auch der Gesetzesbegründung lasse sich nicht entnehmen, dass die zuvor auch für Beamte auf Zeit geltende Regelung beibehalten werden sollte. Allein die – überdies im Zusammenhang mit anderen Normen stehenden – allgemeinen Hinweise auf die Kontinuität beamtenrechtlicher Vorschriften genügten hierzu nicht. Auch in den Begründungen zu § 39 und § 119 LBG fänden sich keine Hinweise darauf, dass Beamte auf Zeit mit Schwerbehinderung – wie bisher – in den vorzeitigen Ruhestand treten können.

16

Der Ausschluss von Beamten auf Zeit von einem vorzeitigen Ruhestand aufgrund einer Schwerbehinderung verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. In Bezug auf die Altersgrenzen und den Eintritt in den Ruhestand bestehe ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen Beamten auf Lebenszeit und Beamten auf Zeit. Da die streitgegenständliche Differenzierung an die Art des Beamtenverhältnisses anknüpfe und nicht an die Schwerbehinderung, liege keine fürsorgewidrige Benachteiligung schwerbehinderter Beamten vor. Aus diesem Grund verstoße die differenzierende Regelung auch nicht gegen die UN-Behindertenrechtskonvention.

17

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter. Die Versetzung des Beigeladenen in den vorzeitigen Ruhestand soll nunmehr zum 30. September 2015 erfolgen.

18

Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Bei systematischer Auslegung der Gesetzesbegründung liege es nahe, dass der Bundesgesetzgeber mit § 6 BeamtStG eine umfassende Gleichgeltungsanordnung von Beamten auf Zeit mit solchen auf Lebenszeit habe treffen wollen, dahingehend aber den Ländern eine explizite Abweichungsbefugnis eingeräumt habe. Die Gesetzesbegründung zu § 6 BeamtStG ziehe als konkretes Beispiel den Fall einer abweichenden Festsetzung der Altersgrenze von Beamten auf Zeit heran, die indes jedoch gerade nicht im Beamtenstatusgesetz geregelt worden sei. Dies zeige, dass die Geltungsanordnung in § 6 BeamtStG nicht nur auf die Regelungen des Beamtenstatusgesetzes ziele, sondern auch auf das Landesrecht einwirke. Die entgegengesetzte Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach die Festlegung der Altersgrenze nicht zu den Statusrechten zähle und das in der Gesetzesbegründung zu § 6 BeamtStG aufgeführte Beispiel irrtümlich herangezogen worden sei, könne nicht überzeugen. Eine Verletzung landesrechtlicher Kompetenzen sei jedenfalls nicht ersichtlich, da die Länder durch die in § 6 BeamtStG enthaltene Abweichungsbefugnis letztlich selbst über die in das Landesrecht hineinwirkende Reichweite der Gleichgeltungsanordnung bestimmen könnten. Für die Eröffnung einer Versetzung in den Ruhestand wegen Schwerbehinderung gemäß § 39 Abs. 2 i.V.m. § 6 BeamtStG spreche auch die Auslegung der Begründung zum Landesbeamtengesetz. Diese bestätige zum einen allgemein die Kontinuität der Regelungen für Beamte auf Zeit und führe zum anderen zu § 39 Abs. 2 LBG (in der bis zum 25. Juni 2015 geltenden Fassung) allgemein aus, dass Beamte bei Schwerbehinderung mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt werden könnten; eine Beschränkung auf Beamte auf Lebenszeit finde sich dort nicht. Schließlich sei das dargelegte Verständnis des § 6 BeamtStG i.V.m. § 39 Abs. 2 LBG auch im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung geboten. Ohne eine entsprechende Anwendung verstoße der Ausschluss schwerbehinderter Beamten auf Zeit von der Möglichkeit einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, begründe eine mittelbare Diskriminierung wegen Behinderung und sei unverhältnismäßig. Hinzu komme ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot. Eine (unechte) Rückwirkung sei zwar nicht generell unzulässig. Die vorzunehmende Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit an einer (rückwirkenden) Veränderung der Rechtslage und dem Vertrauen des Einzelnen auf den Normfortbestand begründe jedoch die Unverhältnismäßigkeit des angeordneten Wegfalls einer zu Beginn der Amtszeit noch bestehenden Begünstigung. Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten sei zumindest eine Übergangsregelung angezeigt gewesen.

19

Die Klägerin beantragt,

20

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. September 2014 festzustellen, dass die Beklagte zur Übernahme der Versorgungsleistungen für den Bürgermeister der Klägerin, des Beigeladenen, nach dessen Versetzung in den Ruhestand wegen Schwerbehinderung verpflichtet ist.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 LBG im Wesentlichen aus, dass der Landesgesetzgeber mit § 119 LBG für kommunale Wahlbeamte auf Zeit die ansonsten in § 37 bis § 39 LBG für Beamten auf Lebenszeit getroffenen Regelungen umfassend normiert habe, mithin § 119 Abs. 2 LBG gerade die Inkarnation derjenigen Regelung enthalte, die in § 6 BeamtStG durch die Abweichungsbefugnis der Länder festgehalten sei. Die Gleichbehandlungsüberlegungen der Klägerin verfingen nicht, da bei typisierender Betrachtungsweise das hinter der Regelung des § 39 Abs. 2 LBG bei Beamten auf Lebenszeit stehende Austauschverhältnis bei Beamten auf Zeit nicht gegeben sei. Weil die Differenzierung anhand der Art des Beamtenverhältnisses erfolge, fehle es an Anhaltspunkten für eine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung. Schließlich sei auch ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot nicht erkennbar. Es sei anerkannt, dass Vertrauensschutz nicht mehr bestehe, wenn der Betroffene zwingend mit einer Änderung des Rechts rechnen müsse. Dies sei hier spätestens mit Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes im Jahr 2008 und den dort zugunsten der Landesgesetzgeber eingeräumten Freiräume der Fall gewesen, mithin vor der Wiederwahl des Beigeladenen für die am 1. Januar 2010 beginnende Amtsperiode.

24

Der Beigeladene hat auch im Berufungsrechtszug keinen Antrag gestellt.

25

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Verwaltungsakten (1 Heft) Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die beantragte Feststellung treffen müssen. Die Beklagte ist zur Übernahme der Versorgungsleistungen für den Beigeladenen nach dessen Versetzung in den Ruhestand analog § 39 Abs. 2 Satz 1 Landesbeamtengesetz – LBG – in der Fassung vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juni 2015 (GVBl. S. 90) verpflichtet.

27

Die Beklagte ist gemäß § 28 Abs. 1 der Satzung der Pfälzischen Pensionsanstalt (im Folgenden: Satzung-PPA) vom 2. Dezember 1996 (StAnz., Nr. 1 vom 20. Januar 1997, S. 5) in der Fassung der Achten Änderungssatzung vom 8. Dezember 2010 (StAnz., Nr. 47 vom 20. Dezember 2010, S. 1974) nach Maßgabe der Satzung unter anderem verpflichtet, die durch ihre Mitglieder nach beamtenrechtlichen Bestimmungen gewährten Versorgungsleistungen zu übernehmen. Mit § 28 Abs. 4 Satzung-PPA wird eine Übernahme (nochmals) ausdrücklich ausgeschlossen, wenn die Versorgungsleistungen unter Nichtbeachtung beamtenrechtlicher Vorschriften gewährt werden.

28

Ausgehend davon hat die Beklagte gegenüber der Klägerin die Versorgungsbezüge des Beigeladenen für dessen beantragten vorzeitigen Ruhestand zu übernehmen, weil der Beigeladene nach beamtenrechtlichen Vorschriften gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 LBG analog in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden kann (1.) und andere Vorgaben der Satzung eine Übernahmepflicht der Beklagten nicht ausschließen (2.).

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1. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LBG können Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des 9. Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) sind, auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 61. Lebensjahr vollendet haben. In der vorherigen, bis zum 25. Juni 2015 geltenden Fassung des Absatzes 2 war noch das 60. Lebensjahr maßgeblich. Mit Absatz 3 hat der Gesetzgeber für Beamte auf Lebenszeit, die vor dem 1. Januar 1956 geboren sind, an der vorherigen Altersgrenze festgehalten (Satz 1) und für die Geburtsjahrgänge 1956 bis 1960 einen stufenweisen Anstieg um jeweils 2 Monate vorgesehen (Satz 2). Der Beigeladene, der bereits bei seiner erstmaligen Antragstellung das 61. Lebenslahr vollendet hatte und inzwischen 62 Jahre alt ist, bedarf indes keines Rückgriffs auf die Fortgeltungs- und Übergangsregelung des § 39 Abs. 3 LBG, da er auch die altersmäßigen Voraussetzungen des seit 25. Juni 2015 geltenden § 39 Abs. 2 Satz 1 LBG erfüllt. Hinsichtlich der genannten Voraussetzungen steht letztlich allein in Streit, ob die Vorschrift auf den Beigeladenen Anwendung findet, obschon er nicht – wie im Wortlaut benannt – Beamter auf Lebenszeit, sondern als gewählter Bürgermeister mit einer Amtsperiode von acht Jahren kommunaler Wahlbeamter auf Zeit ist (vgl. § 52 Abs. 1, § 53, § 54 Abs. 1 Gemeindeordnung und § 8, § 119 LBG).

30

Die Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 Satz 1 LBG zugunsten des Beigeladenen kann zwar weder auf § 6 des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG – vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) gestützt werden (a) noch auf eine verfassungskonforme Auslegung (b). Allerdings weist § 39 Abs. 2 LBG eine planwidrige Regelungslücke auf, die zugunsten von Beamten auf Zeit im Wege der Analogie zu schließen ist (c).

31

a) Gemäß § 6 BeamtStG gelten für die Rechtsverhältnisse der Beamten auf Zeit die Vorschriften für Beamte auf Lebenszeit entsprechend, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist. Diese Regelung bildet entgegen der klägerseits vertreten Ansicht nicht eine generelle, in die jeweiligen Landesbeamtengesetze hineinreichende Gleichgeltungsanordnung, sondern beschränkt sich auf die Regelungen des Beamtenstatusgesetzes (vgl. von Roetteken, BeamtStG, 10. Aktualisierung, November 2010, § 6 Rn. 3; Plog/Wiedow, BeamtStG, Stand: November 2011, § 6 Rn. 4; Baßlsperger, in: Weiß/Summer/Zängl, BayBeamtenR, 158. AL, Dezember 2009, § 6 BeamtStG, Rn. 12; wohl auch Reich, BeamtStG, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 2, der dort zwar noch allgemein von den Rechtsfolgen „des Gesetzes“ spricht, unter Rn. 3 jedoch ausführt, dass alle Aussagen des „Beamtenstatusgesetzes“ zum Beamtenverhältnis hinsichtlich des Beamtenverhältnisses auf Zeit zur Disposition des Landes stünden).

32

Dieses Verständnis der Reichweite des § 6 BeamtStG wird zwar nicht von Gesetzgebungskompetenzen vorgegeben (aa), folgt jedoch aus den Zielen des Beamtenstatusgesetzes und dem danach ersichtlichen Regelungswillen des Bundesgesetzgebers (bb).

33

aa) Gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 Grundgesetz – GG – steht dem Bund die konkurrierende Gesetzgebung im Hinblick auf die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern zu, mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung. Soweit danach inhaltlich „Statusrechte und -pflichten“ betroffen sind, wie sie in die Begründung zur Änderung des Grundgesetzes aufgenommen wurden (vgl. BT-Drucks. 16/813, S. 14) und in gleicher Weise in das Beamtenstatusgesetz Eingang gefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/4027, S. 20), ist der Bund kompetenziell grundsätzlich befugt, hierzu Regelungen zu treffen. Da der Bund – wie sich aus einem Umkehrschluss aus Art. 72 Abs. 1 GG („soweit“) ergibt – auch befugt ist, von seiner Gesetzgebungskompetenz nur in Teilen Gebrauch zu machen, bestehen im Ausgangspunkt keine Bedenken, in Bezug auf Statusrechte und -pflichten eine Gleichgeltungsanordnung zu treffen, die ihrerseits an eine inhaltliche Ausgestaltung durch den – dann insoweit zur Normsetzung befugten – Landesgesetzgeber anknüpfte (a.A. wohl von Roetteken, BeamtStG, 10. Aktualisierung, November 2010, § 6 Rn. 3). Wer dem Grunde nach die Kompetenz zur inhaltlichen Normsetzung besitzt, kann seine Gesetzgebungskompetenz letztlich auch im Wege einer (dynamischen) Verweisung in Anspruch nehmen.

34

bb) Allerdings legen es die formulierten Ziele des Beamtenstatusgesetzes und der konkrete Regelungszusammenhang nahe, der in § 6 BeamtStG getroffene Gleichgeltungsanordnung – trotz kompetenzieller Möglichkeit – keinen generellen, auf originäre landesrechtliche Statusnormen wirkenden Regelungsinhalt beizumessen, sondern diese lediglich auf die Normen des Beamtenstatusgesetzes zu beziehen. Dem steht insbesondere nicht die konkrete Gesetzesbegründung zu § 6 BeamtStG entgegen.

35

Die Zielrichtung des Beamtenstatusgesetzes ist nach der Gesetzesbegründung „die Festlegung der beamtenrechtlichen Grundstrukturen zur Gewährleistung der erforderlichen Einheitlichkeit des Dienstrechts insbesondere zur Sicherstellung von Mobilität der Beamtinnen und Beamten bei Dienstherrnwechsel“ (vgl. BT-Drucks. 16/4027, S. 1, Hervorhebung nur hier). Ausgehend davon erscheint es fernliegend, dass der Bundesgesetzgeber einerseits davon absieht, eine bestimmte statusrechtliche Frage (einheitlich) zu regeln und insoweit den Weg für unterschiedliche Regelungen durch die Länder öffnet (hier: Antragsruhestand vor Erreichen der Altersgrenze; zur insoweit verbleibenden Regelungskompetenz der Länder, vgl. BT-Drucks. 16/4027, S. 28), andererseits jedoch für diesen, von ihm nicht geregelten Bereich eine Gleichgeltungsanordnung trifft. Konkret auf § 6 BeamtStG bezogen wird dieser Befund weiter durch die dort zugunsten der Länder ausdrücklich vorgesehene Abweichungsbefugnis gestützt, da diese unter der klägerseits vertretenen Annahme einer generellen Gleichgeltungsanordnung zu der Konstruktion führte, dass der Bundesgesetzgeber zunächst auf die Regelung einer statusrechtlichen Frage verzichte, die anschließend durch die Länder getroffenen Ausgestaltungen allerdings dann auf einen anderen Beamtentypus erstreckt werde nur um im Anschluss daran wieder die Möglichkeit für eine landesrechtliche Abweichung von dieser Erstreckung zu eröffnen. Ein derartiger Regelungswille, bei dem sich das Zusammenwirken zwischen Bundes- und Landesgesetzgebungskompetenz mehrfach verschieben würde, lässt sich dem Bundesgesetzgeber – insbesondere unter Einbeziehung des formulierten Gesetzeszieles – nicht unterstellen.

36

In dieses am Gesetzesziel orientierte Normverständnis fügt sich auch das in der Gesetzesbegründung zu § 6 BeamtStG aufgenommene Anwendungsbeispiel zur Möglichkeit einer abweichenden Bestimmung der Altersgrenze für Beamte auf Zeit ein (BT-Drucks. 16/4027, S. 28, zu § 26 BeamtStG-E). Das Beispiel ist weder als irrtümlich anzusehen, noch kann es als Beleg für eine generelle, in das Landesrecht hineinwirkende Gleichgeltungsanordnung herangezogen werden. Nach § 25 BeamtStG treten Beamte auf Lebenszeit nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand. Diese dem Wortlaut nach allein für Beamte auf Lebenszeit geltende Statusregel ist gemäß § 6 BeamtStG auf Beamte auf Zeit entsprechend anwendbar, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist. Dabei ist es nicht von Relevanz, dass der Bundesgesetzgeber davon abgesehen hat, die ebenfalls zum Statusrecht gehörende Altersgrenze (vgl. Reich, BeamtStG, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 3) selbst festzulegen, sondern dies den Ländern überlassen hat. Denn auch ohne festgelegte Altersgrenze lautet die statusrechtliche Anordnung nach § 25 i.V.m. § 6 BeamtStG – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung durch das Landesrecht –, dass auch Beamte auf Zeit mit Erreichen der (festzulegenden) Altersgrenze in den Ruhestand treten. Wird nun im Landesrecht eine Altersgrenze festgelegt, ohne für Beamte auf Zeit eine abweichende Regelung zu treffen, gilt diese Altersgrenze über § 25 i.V.m. § 6 BeamtStG auch für Beamte auf Zeit. Das Beispiel zeigt, wie auch § 6 BeamtStG in das Landesrecht hineinwirken kann, indem die landesrechtlich festzulegende Altersgrenze mittelbar (über § 25 i.V.m. § 6 BeamtStG) auch für Beamte auf Zeit Geltung beansprucht. Diese Gleichgeltungsanordnung greift jedoch nicht losgelöst von den statusrechtlichen Regelungen des Beamtenstatusgesetzes, sondern nur in Verbindung mit diesen. Statusregelungen für den Ruhestand auf Antrag sind im Beamtenstatusgesetz nicht vorgesehen – auch nicht für Lebenszeitbeamte –, so dass es vorliegend an jeglichem Anknüpfungspunkt für die Gleichgeltungsanordnung des § 6 BeamtStG fehlt.

37

b) Eine Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 LBG auf den Beigeladenen lässt sich nicht auf eine verfassungskonforme Auslegung stützen.

38

Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 – 2 BvR 2302/11, u.a. –, BVerfGE 134, 33 [63], Rn. 77, m.w.N.). Eine verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze jedoch in dem eindeutigen Wortlaut der Norm sowie in dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers; sie darf Wortlaut und gesetzgeberischem Willen nicht widersprechen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2008 – 2 C 22/07 –, BVerwGE 131, 242 [251], Rn. 25, m.w.N.).

39

Nach diesen Maßgaben scheitert eine verfassungskonforme Auslegung des § 39 Abs. 2 LBG bereits am eindeutigen Wortlaut der Norm, der insoweit die äußere Grenze der möglichen Auslegung bestimmt. Soweit die Ausführungen der Klägerin auch dahingehend zu verstehen sein könnten, sie begehre eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 BeamtStG mit dem Inhalt, es sei geboten, der dort getroffenen Gleichgeltungsanordnung eine generelle, auch auf landesrechtliche Statusregelungen wirkende Bedeutung beizumessen, lässt sie außer Acht, dass in diesem Zusammenhang nicht die Verfassungsmäßigkeit des § 6 BeamtStG in Zweifel gezogen wird, sondern der dem Wortlaut nach in § 39 Abs. 2 LBG formulierte Begünstigungsausschluss von Beamten auf Zeit. Eine verfassungskonforme Auslegung einer selbst unverdächtigen Norm des Bundes zur Beseitigung verfassungsrechtlicher Zweifel am Regelungsgehalt einer Landesnorm scheidet indes schon aus Respekt vor dem Willen des Bundesgesetzgebers aus, der dieser Norm einen erkennbaren Regelungsgehalt beigemessen hat (s.o.) und dessen (mutmaßlicher) Wille gerade nicht unter Einbeziehung eines nicht in seinem Kompetenzbereich erlassenen Gesetzes ermittelt werden kann.

40

c) Allerdings ist § 39 Abs. 2 LBG auch unter Berücksichtigung der engen Grenzen, unter denen im Bereich der statusbezogenen Beendigungsgründe ausnahmsweise eine analoge Anwendung zulässig ist (aa), für Beamte auf Zeit entsprechend anwendbar (bb).

41

aa) Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 – 2 C 2/13 –, juris, Rn. 17, m.w.N.).

42

Ebenso wie im Bereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts sind jedoch einer analogen Anwendung auch im Bereich der Beendigung des Beamtenverhältnisses besonders enge Grenzen gesetzt, da beide Gebiete nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegen (zur Beendigung des Beamtenverhältnisses: vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1958 – 1 BvL 27/55 –, juris, Rn. 76, BVerfGE 8, 332 [352 f.], dort zu kommunalen Wahlbeamten; zum Besoldungs- und Versorgungsrecht: vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 – 2 C 2/13 –, juris, Rn. 18, m.w.N.) und die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen angesichts des detaillierten, differenzierenden und stark kasuistischen Inhalts regelmäßig abschließend sind, es mithin in der Regel an einer planwidrigen Lücke fehlt (zur Beendigung des Beamtenverhältnisses: vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2005 – 2 C 9/05 –, juris, Rn. 14; zum Besoldungs- und Versorgungsrecht: vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 – 2 C 2/13 –, juris, Rn. 21, m.w.N.).

43

Trotz dieser engen Grenzen ist eine analoge Anwendung nicht generell ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 – 2 C 2/13 –, juris, Rn. 19 ff.; a.A. [wohl] noch BVerwG, Urteil vom 3. November 2005 – 2 C 9/05 –, juris, Rn. 14), kommt jedoch nur in Betracht, wenn der erkennbare Wille des Gesetzgebers in den gesetzlichen Vorschriften nur unvollkommen Ausdruck gefunden hat, wie etwa im Falle eines Redaktionsversehens (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 – 2 C 2/13 –, juris, Rn. 23 unter Verweis auf BVerwG, Urteile vom 24. November 1960 – 2 C 6.58 –, BVerwGE 11, 263 [264 ff.] und vom 28. Dezember 1971 – 6 C 17.68 –, BVerwGE 39, 221 [227 f.]). Gerade bei einem erkennbaren Redaktionsversehen kann der ansonsten regelmäßig abschließende Charakter des gesetzlichen Normgefüges einer Analogie nicht entgegengehalten werden.

44

bb) Nach diesen Maßgaben ist vorliegend von einem Redaktionsversehen und damit von der Zulässigkeit einer analogen Anwendung auszugehen, da der erkennbare Wille des Gesetzgebers in den gesetzlichen Vorschriften nur unvollkommen Ausdruck gefunden hat. In Bezug auf einen Antragsruhestand vor Erreichen der Altersgrenze wegen Schwerbehinderung für Beamte auf Zeit enthält das Landesbeamtengesetz eine planwidrige Regelungslücke.

45

(1) § 119 Abs. 2 LBG enthält spezielle Ruhestandsregelungen für kommunale Wahlbeamte auf Zeit, die zum einen den Ruhestandseintritt mit Erreichen der Altersgrenze (§ 37 LBG i.V.m. § 25 BeamtStG) derogieren, indem insoweit ab Erreichen der Altersgrenze auf den Ablauf der darüber hinausgehenden Amtszeit abgestellt wird (§ 119 Abs. 2 Satz 1 LBG). Zum anderen erfährt der Ruhestand auf Antrag insoweit eine Modifikation, als dass es für den allein altersabhängigen vorzeitigen Ruhestand anders als bei Beamten auf Lebenszeit nicht auf die Vollendung des 63. Lebensjahres ankommt (§ 39 Abs. 1 LBG), sondern das Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 37 LBG) maßgeblich ist (§ 119 Abs. 2 Satz 2 LBG). Vorzeitiger Antragsruhestand für kommunale Wahlbeamten auf Zeit im Sinne des § 119 Abs. 2 LBG bedeutet demnach „vor Ablauf der Amtszeit“ und nicht „vor Erreichen der allgemeinen Altersgrenze“. Eine gesonderte Regelung für einen vorzeitigen Ruhestand auf Antrag wegen einer Schwerbehinderung, die damit erkennbar auch die hier in Streit stehende Regelung des § 39 Abs. 2 LBG verdrängen würde, enthält § 119 Abs. 2 LBG nicht. Da § 39 Abs. 2 LBG, der unmittelbar den vorzeitigen Ruhestand für schwerbehinderte Beamten auf Lebenszeit regelt, für Beamte auf Zeit – wie dargelegt – auch nicht im Wege der Auslegung oder einer gesetzlich angeordneten Analogie zur Anwendung kommt, liegt in Bezug auf einen vorzeitigen Ruhestand für schwerbehinderte Beamten auf Zeit eine Regelungslücke vor.

46

(2) Die Regelungslücke ist planwidrig. Der Landesgesetzgeber wollte weder mit § 119 Abs. 2 LBG (für kommunale Wahlbeamte) eine abschließende Regelung treffen noch mit § 39 Abs. 2 LBG – trotz des Wortlauts – schwerbehinderte Beamte auf Zeit bewusst von einem vorzeitigen Ruhestand auf Antrag ausschließen.

47

Soweit der Senat § 119 Abs. 2 LBG nicht als abschließende – für kommunale Wahlbeamte auf Zeit sämtliche Eintrittsgründe in den Ruhestand erfassende – Regelung einordnet, steht dem die korrespondierende Begründung des Gesetzentwurfs nicht entgegen. Zwar heißt es dort wörtlich: „Absatz 2 regelt den Eintritt in den Ruhestand für alle Kommunalbeamtinnen und Kommunalbeamten auf Zeit in einheitlicher Weise“ (LT-Drucks. 15/4465, S. 116). Die Formulierung begründet jedoch nicht die Annahme eines abschließenden Charakters, sondern ist – wie sich aus dem nächsten Absatz der Gesetzesbegründung ergibt (LT-Drucks. 15/4465, S. 116 f.) – darauf bezogen, dass bisher aufgrund auseinanderfallender Gesetzgebungskompetenzen zwischen unmittelbar und mittelbar gewählten Kommunalbeamten auf Zeit unterschieden werden musste. Nunmehr konnte indes eine für alle gewählten Kommunalbeamten auf Zeit einheitliche Regelung getroffenen werden. Die in der Gesetzesbegründung genannte Einheitlichkeit bezieht sich mithin auf die mittelbar und unmittelbar gewählten Kommunalbeamte auf Zeit und nicht auf eine Ausschließlichkeit der in § 119 Abs. 2 LBG genannten Gründe und Voraussetzungen für einen Eintritt in den Ruhestand.

48

Der allein Beamte auf Lebenszeit erfassende Wortlaut des § 39 Abs. 2 LBG trägt unter Einbeziehung der Gesetzesbegründung keinen bewussten, seitens des Gesetzgebers gewollten Ausschluss von Beamten auf Zeit und steht damit der Annahme der Planwidrigkeit der Lücke nicht entgegen.

49

Zwar ist im Ausgangspunkt mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht von der Hand zu weisen, dass die im Gesetzeswortlaut differenzierte Beschreibung der Normadressaten durchaus den Schluss zu begründen vermag, der Gesetzgeber habe in Abweichung zur früheren Rechtslage mit der Regelung des § 39 Abs. 2 LBG Beamte auf Zeit von dieser Begünstigung ausschließen wollen. Das Landesbeamtengesetz trifft Sonderregelungen für bestimmte Beamtengruppen und differenziert damit zwischen unterschiedlichen Geltungsbereichen der gesetzlichen Normen (vgl. §§ 7, 8, 19, 118, 119 LBG). Insbesondere zeigen § 37 und § 39 LBG, dass der Gesetzgeber – dem Wortlaut nach – auch in dem hier konkret zur Entscheidung stehenden Bereich detailliert unterscheidet, welche Regelungen für alle und welche nur für bestimmte Beamtengruppen gelten sollen. So erfasst dem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 Satz 1 LBG, der die Regelaltersgrenze festlegt, alle Beamten, während § 37 Abs. 1 Satz 3 und § 39 LBG ausdrücklich nur Beamte auf Lebenszeit benennen.

50

Unter Einbeziehung der Gesetzesbegründung ergibt sich indes, dass es sich dabei lediglich vordergründig um ein bis ins Detail ausdifferenziertes Regelungssystem handelt. Vielmehr kommt der Wille des Gesetzgebers im Gesetzeswortlaut nur unvollkommen zum Ausdruck, weshalb von einem redaktionellen Versehen auszugehen ist.

51

Der Senat geht – ebenso wie das Verwaltungsgericht – davon aus, dass allein die in der Gesetzesbegründung in Bezug auf Beamte auf Zeit allgemein formulierte Regelungskontinuität (vgl. LT-Drucks. 15/4465. S. 86: „[…] entsprechen den geltenden Regelungen.“) nicht genügt, um ein redaktionelles Versehen zu begründen, da insoweit der direkte Bezug zur hier maßgeblichen Regelung des § 39 Abs. 2 LBG fehlt. Allerdings ist die im Allgemeinen hinsichtlich Beamter auf Zeit benannte Kontinuität im Zusammenspiel mit der Begründung zu § 8 LBG (Beamtinnen und Beamte auf Zeit) von Interesse. Dort wird hinsichtlich der in § 8 LBG getroffenen Regelungen mehrfach betont, dass diese im Wesentlichen einzelnen Regelungen der bisherigen § 185 und § 186 des Landesbeamtengesetzes in der bis zum 30. Juni 2012 geltenden Fassung – LBG a.F. – entsprächen (vgl. LT-Drucks. 15/4465, S. 92). Auffällig ist insoweit, dass zwei zentrale Aussagen der bisherigen Regelungen, nämlich § 185 Abs. 1 und § 186 Satz 1 LBG a.F., die jeweils für Beamte auf Zeit eine (entsprechende) Anwendbarkeit der Regelungen für Beamte auf Lebenszeit anordneten, keinen Eingang in § 8 LBG gefunden haben. Bedeutsam ist dieser Befund, weil er – sollte nach dem Willen des Gesetzgebers tatsächlich von dem bisherigen System der Gleichgeltungsanordnung für Beamte auf Zeit Abstand genommen werden – mit der ausgesprochenen Regelungskontinuität in Widerspruch stünde. Es kann lediglich darüber spekuliert werden und im Ergebnis auch offen bleiben, ob der Gesetzgeber an dieser Stelle eine allgemeine Gleichgeltungsanordnung für Beamte auf Zeit vergessen, oder ob er – ausgehend von einer unzutreffenden Vorstellung zur Reichweite des § 6 BeamtStG – keinen (weiteren) Regelungsbedarf gesehen hat.

52

Auch die Gesetzesbegründung zu § 37 LBG, der dem Wortlaut nach in Absatz 1 zwischen allen Beamten (Satz 1) und Beamten auf Lebenszeit unterscheidet (Satz 3), legt den Schluss nahe, dass der Gesetzgeber – wie bisher – von einer Gleichgeltungsanordnung für Beamte auf Zeit ausgegangen ist. In § 37 Abs. 1 Satz 1 LBG wird die Regelaltersgrenze für alle Beamten bestimmt. § 37 Abs. 1 Satz 3 LBG legt für „Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit“ den genauen Zeitpunkt für den Eintritt in den Ruhestand fest. Zu Satz 3 heißt es in der Gesetzesbegründung, dieser entspreche dem bisherigen § 54 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. (LT-Drucks. 15/4465, S. 103), der im Wortlaut ebenfalls allein Beamte auf Lebenszeit erfasste, seinerzeit aufgrund der Gleichgeltungsanordnung in § 186 Satz 1 LBG a.F. jedoch auch für Beamte auf Zeit galt (vgl. dazu Grabendorff/Arend, Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz, 44. Erg. 7/2002, § 54 a.F. Erl. 1). Verbleibende Zweifel darüber, ob nun auch § 37 Abs. 1 Satz 3 LBG auf Beamte auf Zeit anwendbar sein soll, wie der vorgehende § 54 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. (i.V.m. § 186 Satz 1 LBG a.F.), räumt die Gesetzesbegründung selbst aus, indem es dort ausdrücklich heißt, Satz 3 lege den genauen Zeitpunkt fest, „zu welchem Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit und auf Zeit […] nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand treten“ (LT-Drucks. 15/4465, S. 103, Hervorhebung nur hier). Mithin verkehrt sich unter Einbeziehung der Gesetzesbegründung die noch nach einer reinen Wortlautanalyse des § 37 Abs. 1 LBG zu ziehende Schlussfolgerung bezüglich der Regelungsadressaten ins Gegenteil, weil die Beschränkung auf Beamte auf Lebenszeit für sich genommen gerade nicht als Ausschluss von Beamten auf Zeit herangezogen werden kann. Es zeigt sich hier im Konkreten, dass nach dem Verständnis des Gesetzgebers auch das aktuelle Landesbeamtengesetz (wohl) mit einer Gleichgeltungsanordnung für Beamte auf Zeit versehen sein sollte, die indessen im Gesetz keinen Niederschlag gefunden hat.

53

Dies berücksichtigend fügt es sich weiter ein, dass die Gesetzesbegründung zu § 39 Abs. 2 LBG zum Inhalt der Norm – trotz des Gesetzeswortlauts – ohne Differenzierung ausführt, „Beamtinnen und Beamte, die schwerbehindert sind, können […] bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt werden.“ (LT-Drucks. 15/4465, S. 103). Der nicht allein auf Beamte auf Lebenszeit bezogenen Passus vermag bei isolierter Betrachtung ein redaktionelles Versehen noch nicht begründen. Die Belastbarkeit allein der damaligen Wortwahl wird auch weiter dadurch relativiert, dass die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 39 Abs. 2 LBG (Altersgrenze, Fortgeltungs-/Übergangsregelung) nunmehr einleitend ausdrücklich von Beamtinnen und Beamten auf Lebenszeit spricht (LT-Drucks. 16/4505, S. 41). Allerdings steht die letztgenannte Formulierung der hier angenommen Planwidrigkeit der Regelungslücke nicht entgegen. Neben den bereits dargelegten Anhaltspunkten dafür, dass der Landesgesetzgeber von einer Gleichgeltungsanordnung – wie sie beispielsweise ausdrücklich in § 6 BeamtStG, § 6 Abs. 2 Satz 2 Bundesbeamtengesetz, § 6 Abs. 1 Hessisches Beamtengesetz, § 119 Abs. 1 Satz 1 Saarländisches Beamtengesetz oder noch in § 185 Abs. 1 Satz 1 und § 186 Satz 1 LBG a.F. enthalten ist bzw. war – ausgegangen ist, zeigt auch der schlichte Verweis auf die Vorgängernorm des § 59 Nr. 2 LBG a.F., dass mit dem Gesetzeswortlaut inhaltlich kein Ausschluss von Beamten auf Zeit angestrebt war. § 59 Nr. 2 LBG a.F. erfasste nach seinem Wortlaut noch Beamte auf Lebenszeit und auf Zeit ausdrücklich, so dass unter der Annahme einer Änderung des Adressatenkreises, wie sie das Verwaltungsgericht und die Beklagte zugrunde legen, sowohl der einschränkungslose Verweis auf die Vorgängernorm nicht zutreffend wäre als auch inhaltliche Ausführungen zu dieser Veränderung nahe gelegen hätten. Letzteres insbesondere auch deshalb, weil ein Begünstigungsausschluss von Beamten auf Zeit an dieser Stelle eine erläuterungswürdige Abweichung von der allgemein formulierten Regelungskontinuität dargestellt hätte.

54

Soweit auch das Verwaltungsgericht Überlegungen dazu anstellt, dass es bei einer gesetzgeberisch gewollten Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 LBG auch auf Zeitbeamte nahe gelegen hätte, dies in § 8, § 39 oder § 119 LBG ausdrücklich zu regeln oder zumindest an den entsprechenden Stellen in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck zu bringen, sind diese letztlich nicht belastbar. Denn die Überlegungen sind nur unter der Vorbedingung tragfähig, dass der Gesetzgeber überhaupt erkannt hat, dass er mit dem aktuellen Landesbeamtengesetz abweichend von der bisherigen Regelung einen Ausschluss von Beamten auf Zeit konstituieren könnte. Ohne diese Erkenntnis fehlte es nämlich an einem Anlass, die (angenommene) schlichte Fortgeltung der bisherigen Rechtslage mit einer ausdrücklichen Regelung oder einer gesonderten Begründung zu begleiten.

55

Im Zusammenhang mit der Erforschung des gesetzgeberischen Willens verweist das Verwaltungsgericht weiter auf § 132 LBG (in der bis zum 25. Juni 2015 geltenden Fassung; heute: § 132 Abs. 2 LBG), zieht hieraus indes nicht die richtigen Schlüsse. Der Gesetzgeber hat, um den Belangen des Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen, mit § 132 Abs. 2 LBG eine an der Amtsperiode orientierte Übergangsregelung für unmittelbar gewählte Kommunalbeamte auf Zeit dort vorgesehen, wo er in laufender Wahlperiode ändernd in die Ruhestandssystematik eingegriffen hat (vgl. LT-Drucks. 15/4465, S. 118, hier zugunsten der Vertretungskörperschaften). Daraus lässt sich mit dem Verwaltungsgericht ohne weiteres der Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber eintretende Veränderungen für kommunale Wahlbeamte vor Augen hatte. Gleichzeitig bringt der Gesetzgeber mit § 132 Abs. 2 LBG generell auch sein Problembewusstsein zum Themenkreis Vertrauensschutz zum Ausdruck, indem er den von ihm identifizierten Eingriff in die laufende Amtsperiode mit einer Übergangsregelung abfängt. Übertragen auf die Regelung des § 39 Abs. 2 LBG stellte sich danach die Frage, weshalb bei einem angenommenen Ausschluss von Beamten auf Zeit, wie ihn das Verwaltungsgericht und die Beklagte zugrunde legen, die damit zweifelsfrei einhergehende Vertrauensschutzproblematik weder Eingang in die Gesetzesbegründung (Stichwort: Abwägung der widerstreitenden Interessen) noch in das Gesetz selbst (Stichwort: Übergangsregelung) gefunden haben. Mit § 132 Abs. 1 LBG hat der Landesgesetzgeber aktuell erneut eine Vertrauensschutzproblematik aufgegriffen und diese unter Berücksichtigung laufender Amtsperioden und zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits erfolgter Wahlen einer Übergangsregelung zugeführt (LT-Drucks. 16/4505, S. 42, hier zugunsten der Beamten auf Zeit). Auch dies dient als Beleg, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 39 Abs. 2 LBG Beamte auf Zeit nicht aus dem Regelungsbereich ausnehmen wollte. Andernfalls gelangte man zu der wenig überzeugenden Situation, dass der Gesetzgeber zwar bei einer Veränderung der Altersgrenze zur verpflichtenden Amtsfortführung um bis zu 2 Jahre (§ 8 Abs. 2 Satz 1 LBG: früher 60. Lebensjahr, jetzt stufenweiser Anstieg bis zum 62. Lebensjahr) eine vertrauensschutzberücksichtigende Übergangsregelung vorsieht (§ 132 Abs. 1 LBG), den ersatzlosen Wegfall eines vorzeitigen Antragsruhestands wegen Schwerbehinderung für Beamte auf Zeit, der unter Umständen zu einer Ruhestandsverschiebung um bis zu 5 Jahre führte, indes ohne jeglichen Kommentar und ohne Übergangsregelung in der Neufassung des Landesbeamtengesetzes „verstecken“ wollte. Eine solche Intension kann dem Gesetzgeber kaum unterstellt werden.

56

Ungeachtet dessen – und ohne dies mangels Entscheidungserheblichkeit zu vertiefen – merkt der Senat an, dass bei einem Wegfall der Möglichkeit eines vorzeitigen Ruhestands wegen Schwerbehinderung in laufender Amtsperiode durchaus schutzwürdiges Vertrauen der Amtsinhaber betroffen ist, insbesondere nicht bereits mit dem Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes mit einer derartigen Veränderung hätte gerechnet werden müssen. Soweit in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung schutzwürdiges Vertrauen bereits ab dem Zeitpunkt einer vorangehenden Ermächtigung zum Normerlass abgelehnt wurde, war die Ermächtigung bereits mit konkret vorhersehbaren Inhalten verknüpft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 1977 – 2 BvR 499/74, u.a. – juris, Rn. 86 ff., BVerfGE 45, 142 [177 f.]). Hier war indes nicht absehbar, wie der Landesgesetzgeber von den durch das Beamtenstatusgesetz eröffneten Freiräumen Gebrauch machen würde. Auch wenn die neuere verfassungsgerichtliche Rechtsprechung ansonsten schutzwürdiges Vertrauens regelmäßig nur noch bis zur Einbringung des Gesetzesentwurfs durch ein initiativberechtigtes Organ gewährt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 – 1 BvL 6/07 –, BVerfGE 132, 302, Rn. 56, m.w.N.) und nicht mehr erst auf die spätere Beschlussfassung abstellt (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986 – 2 BvL 2/83 –, BVerfGE 72, 200 [260 ff.] m.w.N.), die das schutzwürdige Vertrauen in jedem Fall entfallen ließe, führte dies vorliegend nicht zu einem Wegfall des schutzwürdigen Vertrauens des Beigeladenen, da dessen aktuelle Amtszeit zum Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzesentwurfs am 15. April 2010 bereits begonnen hatte. Inhaltlich bedürfte es danach der Abwägung zwischen dem Allgemeininteresse an einer (sofortigen) Änderung der materiellen Rechtslage einerseits und dem über Art. 33 Abs. 5, Art. 20 Abs. 3 GG geschützten Vertrauen (zur Ausprägung des Vertrauensschutzes im Beamtenverhältnis, BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 1985 – 2 BvL 18/83 –, juris, Rn. 54 ff., BVerfGE 71, 255 [272 f.], m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 –, juris, Rn. 171) des Beigeladenen auf die Fortgeltung der bisherigen Reglungen andererseits, die unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten insbesondere auch zu berücksichtigen hätte, inwieweit der Eingriff in das schutzwürdige Vertrauen durch Übergangsregeln abzumildern wäre (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 1985 – 2 BvL 18/83 –, juris, Rn. 57 ff., BVerfGE 71, 255 [273 ff.], zur Erforderlichkeit einer Übergangsregelung bei Veränderung der Altersgrenze).

57

Das Fehlen einer Übergangsregelung spricht damit zur Überzeugung des Senats abermals deutlich dafür, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Möglichkeit eines Antragsruhestandes für schwerbehinderte Beamte auf Zeit von keiner materiell-rechtlichen Änderung ausgegangen ist, die (wohl) einer Übergangsregelung bedurft hätte.

58

cc) Es bedarf vorliegend – als weitere Voraussetzung einer analogen Anwendung – keiner weiteren Erörterung, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte. Auch insoweit ist es von besonderer Bedeutung, dass mit der Lückenfüllung die bisherige Rechtslage, die zur Überzeugung des Senats nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers lediglich fortgeschrieben werden sollte, aufrechterhalten wird, mithin Gegenstand der Wiederherstellung eine seit Jahrzehnten geltende, vom Willen des Gesetzgebers getragene Rechtslage ist und nicht die Erstreckung auf eine vom Gesetzgeber nicht bedachte Konstellation.

59

2. Andere Vorgaben der Satzung der Beklagten schließen deren Pflicht gegenüber der Klägerin zur Übernahme deren Versorgungsleistungen für den Beigeladenen nicht aus.

60

Soweit nach § 28 Abs. 3 Satzung-PPA Versorgungsleistungen auf Grund von „Kannbestimmungen“ nur dann übernommen werden, wenn die Beklagte vorher zugestimmt hat, steht dies der vorliegenden Übernahmepflicht nicht entgegen. Die Ruhestandsversetzung auf Antrag nach § 39 Abs. 2 LBG liegt zwar im Ermessen der Klägerin. Allerdings sind bei der Ermessensentscheidung die zugelassenen Erwägungen auf dienstliche Gründe beschränkt; liegen solche nicht vor, ist dem Antrag stattzugeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1963 – 2 C 157/60 –, juris, Rn. 19, BVerwGE 16, 194 [196 f.]). Dienstliche Gründe, die dem Antrag des Beigeladenen entgegenstehen könnten, werden von keinem der Beteiligten vorgetragen, so dass der Beigeladene, der die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, in der konkreten Situation trotz der „Kannbestimmung“ einen Anspruch auf die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand hat und deshalb keine vorherige Zustimmung der Beklagten erforderlich ist.

61

Auch der Ausschluss nach § 28 Abs. 5 Nr. 3 Satzung-PPA, demzufolge ein „Ausgleich bei besonderen Altersgrenzen“ nicht übernommen wird, ist hier nicht einschlägig, da dieser erkennbar mit dem versorgungsrechtlichen Ausgleich bei besonderen Altersgrenzen im Sinne des § 63 Landesbeamtenversorgungsgesetz in Zusammenhang steht, der hier jedoch nicht betroffen ist.

62

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Kosten des Beigeladenen waren gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht zu erstatten.

63

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

64

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO oder § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

65

Der Wert des Streitgegenstands wird, zugleich unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. September 2014, für beide Rechtszüge auf 20.970,18 € festgesetzt.

Gründe

66

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 4 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Ziffer 1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169). Nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG beträgt in Verfahren, die – außerhalb eines Dienst- oder Amtsverhältnisses auf Lebenszeit (dazu Nr. 1) – die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, der Streitwert die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge. Nach § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG ist die Hälfte des vorgenannten Streitwertes heranzuziehen, wenn das Verfahren – wie hier – den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand betrifft. Danach sind – auch im Rahmen der Feststellungsklage (vgl. Ziffer 1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt 2014 (vgl. § 40 GKG) im Ergebnis ein Viertel des jährlichen Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe B 3 (monatlich 6.990,06 €) zugrunde zu legen – dies entspricht 20.970,18 €. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber die Hälfte des jährlichen Endgrundgehalts herangezogen hat, wird die Festsetzung des Streitwerts gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert.

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