Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 C 10843/13

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Tenor

Der Antrag, die Rechtsverordnung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Verbandsgemeinde Bad Breisig), Kreis Ahrweiler vom 9. November 2011 zugunsten der beigeladenen Stadt Sinzig für unwirksam zu erklären, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung seitens des Antragsgegners und der Beigeladenen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord über die Festsetzung des Wasserschutzgebiets „Goldene Meile“ zugunsten der beigeladenen Stadt Sinzig in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Stadt Bad Breisig).

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Im nördlichen Bereich der Rheinaue zwischen Sinzig und Bad Breisig lag das 1977 festgesetzte Wasserschutzgebiet „Goldene Meile (alt)“, dessen Regelungen 2007 außer Kraft traten. Durch eine vorläufige Anordnung des Antragsgegners wurde das Trinkwasseraufkommen auch für die Zeit danach geschützt. Unmittelbar südlich schloss sich das 1984 festgesetzte und von seiner Geltungsdauer bis 2014 befristete Wasserschutzgebiet „Am Maar“ zugunsten der Verbandsgemeinde Bad Breisig an. Die Vorplanungen für eine Neuausweisung begannen 2006. Dabei stellte sich insbesondere heraus, dass die bestehenden Anlagen in Bad Breisig umfangreich saniert werden mussten. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde entschieden, zukünftig eine gemeinsame Trinkwassergewinnung sowohl für Sinzig als auch für Bad Breisig und die übrigen Orte der vorgenannten Verbandsgemeide aus den im Gemarkungsgebiet der Beigeladenen gelegenen Brunnen „Niederau“ der Stadtwerke Sinzig vorzunehmen. Zu diesem Zweck wurde neben den bereits vorhandenen drei Wasserquellen ein weiterer Brunnen gebohrt. Im Juni 2009 schloss die Beigeladene mit der Verbandsgemeinde Bad Breisig einen Wasser-lieferungsvertrag. Seit Februar 2011 wird Bad Breisig durch die Stadtwerke Sinzig aus den neuen Brunnen versorgt. Insgesamt hatte man zu diesem Zeitpunkt laut einer Presseinformation der rheinland-pfälzischen Landesregierung rund 3,3 Millionen Euro in die erforderlichen Anlagen investiert, wobei Fördermittel in Form eines zinslosen Darlehens in Höhe von 1,65 Millionen Euro gewährt worden waren.

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Die am 21. November 2011 durch Veröffentlichung im Staatsanzeiger Rheinland-Pfalz in Kraft getretene Rechtsverordnung vom 9. November 2011 führte zu einer erheblichen räumlichen Erweiterung des unter Schutz gestellten Gebiets, das nunmehr erstmals auch das gesamte Stadtgebiet von Niederbreisig umfasst und eine Größe von 1023,33 ha hat. Es ist in die Schutzzonen I (Fassungsbereich), II (engere Schutzzone), III A, III B und III S (weitere Schutzzone) gegliedert und wird im Osten durch das Rheinufer begrenzt.

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Der Festsetzung des Wasserschutzgebiets liegt maßgeblich die Grundwasser-modelluntersuchung der Firma H... Ingenieurgesellschaft mbH (H...) vom Februar 2010 sowie die „Fachtechnische Begründung der Wasserschutzzonen II und III und Beschreibung der Zone I“ des Büros W… und B… GmbH vom März 2010 zugrunde. Weiterhin holte der Antragsgegner mehrere Stellungnahmen des Landesamts für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz ein und erläuterte im Juni 2011 bzw. Oktober 2011 in einem „Verbotskatalog“ die einzelnen Schutz-anordnungen

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Dem Erlass der angegriffenen Rechtsverordnung ging ferner ein Verfahren gemäß § 122 Landeswassergesetz – LWG – in der hier maßgebenden Fassung vom 22. Januar 2004 voraus: Die Beigeladene und die Verbandsgemeinde Bad Breisig legten den Entwurf der Rechtsverordnung mit den dazu gehörenden Plänen vom 4. April bis zum 3. Mai 2011 aus. Bei der ortsüblichen Bekanntmachung und Auslegung wurde auf die am 17. Mai 2011 ablaufende Einwendungsfrist und auf den damit verbundenen Einwendungsausschluss hingewiesen. Außerdem erfolgte ein gesondertes Behördenbeteiligungsverfahren. Die Antragstellerin erhob vor Ablauf der Frist Anregungen und Bedenken. Am 6. September 2011 fand in Sinzig ein Erörterungstermin statt, den die Antragstellerin durch ihren Stadtbürgermeister und ihre Verfahrensbevollmächtigten wahrnahm. Die Einwendungen konnten dort nicht ausgeräumt werden. Unter dem 7. November 2011 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihre vorgetragenen Anregungen und Bedenken der Ausweisung des Wasserschutzgebiets nicht entgegenstünden.

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Ihren am 19. November 2012 gestellten Antrag auf gerichtliche Normenkontrolle begründet die Antragstellerin wie folgt:

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Vorliegend könne nicht von einer Schutzfähigkeit des Grundwasservorkommens ausgegangen werden. Der Antragsgegner verkenne bereits den Prüfungsrahmen, weil er den Gesichtspunkt einer verhältnismäßigen Belastung Dritter von vorn-herein ausgeblendet habe. Darüber hinaus sei das Wasserschutzgebiet fehlerhaft abgegrenzt worden. Dies gelte zunächst im Hinblick auf die Zone II. Gerügt werde, dass der Antragsgegner zu hohe Entnahmemengen zugrunde gelegt habe. Sein Vorgehen und die von ihm getroffenen Feststellungen seien zudem konstruiert, um auf diese Weise zu einem gewünschten Ergebnis zu gelangen. Weiterhin habe das Rheinufer – ebenso wie bei der Begrenzung der Zone III − nicht als östliche Abgrenzung gewählt werden dürfen, da dies den Mindestanforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101 widerspreche. Sowohl eine Verlegung der Gewinnungsanlagen als auch eine mögliche Versorgung des Gebiets der Verbands-gemeinde Bad Breisig durch Anschluss an den benachbarten Wasserversor-gungszweckverband Maifeld-Eifel sei zu Unrecht nicht geprüft worden, obwohl so unverhältnismäßige Belastungen hätten vermieden werden können. Auch die Vergrößerung der südlichen Abgrenzung über 260 Meter hinaus widerspreche den einschlägigen Richtlinien. Vor allem habe der Antragsgegner die Schutzzone III durch die Einbeziehung des gesamten Stadtgebiets von Niederbreisig zu weit in südlicher Richtung ausgedehnt. Die hierzu gegebene fachtechnische Begründung des Büros Wasser und Boden halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu beanstanden seien des Weiteren die in der Rechtsverordnung enthaltenen Schutzanordnungen. Belastbare Gefahrenanalysen und vertretbare Risikobewertungen seien nicht vorgenommen worden. Hier hätte insbesondere näher untersucht werden müssen, ob sich das abstrakte Gefährdungspotenzial zu einer „mehr oder weniger“ konkreten Gefahr verdichtet habe und eine Beschränkung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes notwendig sei. Einzelne Verbote seien zudem nicht hinreichend bestimmt, nicht nachvollziehbar und willkürlich. Insgesamt würden die Regelungen in unangemessener Weise in das Eigentum und die Berufsfreiheit der im Wasserschutzgebiet ansässigen Betriebe und Privatpersonen sowie in ihr Selbstverwaltungsrecht und in ihre Planungshoheit eingreifen. So falle ins Gewicht, dass die drei größten Gewerbebetriebe in der Zone III A faktisch mit einem Bauverbot belegt würden und keine neuen Gewerbegebiete mehr ausgewiesen werden könnten. Aus den Schutzanordnungen des Wasserschutzgebiets „Koblenz-Urmitz“ (Rechtsverordnung vom 12. Dezember 2013) folge, dass differenzierte Verbote auch für diese Zone ausreichend seien. Schließlich habe der Antragsgegner Vorgaben des Regionalen Raumordnungsplans Mittelrhein-Westerwald ignoriert.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die Rechtsverordnung über die Festsetzung eines Wasserschutz-gebietes in den Gemarkungen Sinzig (Stadt Sinzig), Niederbreisig, Oberbreisig und Rheineck (Verbandsgemeinde Bad Breisig), Kreis Ahrweiler, für die Brunnen I – IV Niederau, Sinzig, Wasserschutz-gebiet „Goldene Meile“, zugunsten der Stadt Sinzig, Kirchplatz 5, 53489 Sinzig, für unwirksam zu erklären.

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Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

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den Normenkontrollantrag abzulehnen.

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Sie treten den Darlegungen der Antragstellerin mit eigenen Ausführungen ent-gegen.

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Der Antragsgegner verweist darauf, dass das Wasserschutzgebiet ein bedeutendes und ergiebiges Grundwasservorkommen im nördlichen Bereich des Landes Rheinland-Pfalz schütze. Ausgehend von der Annahme, dass die Antragstellerin im Normenkontrollverfahren nur diejenigen Verbote zur Überprüfung stellen dürfe, von denen sie auch tatsächlich betroffen sei, könne sie sich hier nur auf eine Beschränkung ihrer kommunalen Planungshoheit berufen. Dabei sei der Umfang der gerichtlichen Kontrolle auf diejenigen Teile beschränkt, von denen der jeweilige Antragsteller auch tatsächlich betroffen und in eigenen Rechten verletzt werde. Der Vorwurf, er – der Antragsgegner − habe eine alternative Versorgungsmöglichkeit nicht hinreichend in Betracht gezogen, gehe schon deshalb ins Leere, weil durch die geschützten Brunnen auch das Stadtgebiet der Beigeladenen versorgt werde. Die Abgrenzung der einzelnen Schutzzone sei fehlerfrei erfolgt und entspreche den Regelungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101. Eine Einbeziehung von Teilen des Einzugsgebiets des Rheins sei weder praktikabel noch geboten. Die Ausdehnung der Schutzzone III im Zustrombereich beruhe darauf, dass es sich bei der Niederterrasse um einen zusammenhängenden Grundwasserleiter handele, der bis südlich von Bad Breisig reiche und instationäre Verhältnisse aufweise. Unterlegt werde diese Annahme durch einen Schadensfall innerhalb der Ortslage von Bad Breisig, der wahrscheinlich ursächlich für die Ausbreitung von Schadstoffen bis in die Fassungsanlagen „Niederau“ gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei für die Rechtmäßigkeit der in die Rechtsverordnung aufgenommenen Verbote ausschließlich das Vorliegen eines abstrakten Gefährdungspotenzials maßgebend. Die einzelnen Verbotstatbestände enthielten zwar Eingriffe in Grundrechte und in die kommunale Planungshoheit, sie seien jedoch zum Schutz des Trinkwasservorkommens zulässig und insbesondere nicht unverhältnismäßig.

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Die Beigeladene teilt die Ansicht des Antragsgegners und trägt vor, die fest-gesetzte Gebietsabgrenzung sei rechtlich nicht in Zweifel zu ziehen. Zwar müsse ein Normgeber unter Berücksichtigung der Eigentumsgarantie sowie weiterer rechtlicher Interessen möglicherweise Betroffener die örtlichen Gegebenheiten in Rechnung stellen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen, dies sei vorliegend jedoch geschehen. Gerade die Ausdehnung des Einzugsgebiets eines Trinkwasservorkommens zeichne sich in der Regel nicht auf der Erdoberfläche ab. Deshalb begegne es keinen Bedenken, dass sich der Antragsgegner mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt habe.

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Der Senat hat mit Beschluss vom 10. April 2014 Beweis erhoben zu der Frage, ob der Antragsgegner die Schutzzone III des Wasserschutzgebiets im Hinblick auf den südlich der Brunnen I bis IV Niederau gelegenen Bereich der Niederterrasse unter Beachtung der hydrogeologischen Gegebenheiten und der fachlichen Grundsätze für die Ausweisung von Wasserschutzgebieten zutreffend festgelegt hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C… T…, B…. und P…, Beratende Ingenieure GmbH, vom 14. Januar 2015, die ergänzende Stellungnahme vom 16. April 2015 sowie die mündlichen Erläuterungen des Gutachters im Verhandlungstermin vom 8. Oktober 2015.

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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergeben sich aus dem Inhalt der Gerichtsakte mit den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen, aus den Akten des Antragsgegners (3 Hefte und 14 Ordner) betreffend den Erlass der angegriffenen Wassergebietsschutzverordnung sowie aus der Gerichtsakte des Verfahrens 1 C 10845/13.OVG. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Normenkontrolle hat keinen Erfolg.

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I. Gegen seine Zulässigkeit bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

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Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 4 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung − AGVwGO – ist der Normenkontrollantrag statthaft; die angegriffene Rechts-verordnung unterfällt nicht der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO. Ins-besondere kann die Antragstellerin geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit als Teilaspekt des der Antragstellerin zustehenden Rechts auf kommunale Selbstverwaltung im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG – erscheint jedenfalls mit Rücksicht auf die beträchtliche Ausdehnung des festgesetzten Wasserschutzgebiets nicht von vornherein ausgeschlossen; dieses umfasst überschlägig betrachtet zwischen 40 und 50 Prozent des Gemeindegebiets und die Hälfte der bebauten Ortslage von Niederbreisig, sodass negative Auswirkungen auf planerische Gesichtspunkte nicht von der Hand zu weisen sind. Vor allem berühren das Verbot, in den Schutzzonen – zum Teil beschränkt auf bestimmte Nutzungsarten – neue Baugebiete im Rahmen der Bauleitplanung auszuweisen, sowie die Beschränkungen für die Errichtung und Erweiterung baulicher Anlagen die Belange der Antragstellerin negativ, weil sie für die ortsplanerische und bauliche Entwicklung einschränkende Vorgaben beinhalten (zur Ableitung der Antragsbefugnis aus der gemeindlichen Planungshoheit vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 − 1 C 12087/98.OVG –, ESOVGRP).

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II. In der Sache ist das Begehren der Antragstellerin jedoch unbegründet. Hinsichtlich des Prüfungsumfangs ist dabei dem Charakter eines Normenkontrollantrages als objektives Beanstandungsverfahren Rechnung zu tragen. Anders als bei sogenannten Individualklagen in Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO genügt bereits das Bestehen einer Antragsbefugnis gegenüber einer in der Norm getroffenen Regelung unter einem bestimmten Aspekt, wie hier, um – im Rahmen des Streitgegenstandes − eine umfassende Überprüfung der Rechtmäßigkeit auch in Bezug auf solche Bestimmungen herbeizuführen, bezüglich derer subjektive Rechte des jeweiligen Antragstellers nicht beeinträchtigt sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 47 Rn. 50).

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Allerdings sind von der Rechtskontrolle solche Aspekte auszuklammern, die einer Präklusion gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 2 Landeswassergesetz – LWG – in der hier maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 2004 (GVBl. 2004, S. 54) unterliegen. Das bedeutet, dass wegen Umständen, für die der Einwendungsausschluss zur Anwendung kommt, nicht mehr im Wege der gerichtlichen Normenkontrolle die Unwirksamkeit der Verordnung festgestellt werden kann. Das Landesrecht schränkt insoweit den Prüfungsmaßstab des Oberverwaltungsgerichts ein (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2005 – 1 C 10258/04.OVG –, ESOVGRP). Hieran hält der Senat auch weiterhin fest.

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Zwar ist im Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Urteils noch nicht abschließend geklärt, welche Auswirkungen das beim Europäischen Gerichtshof anhängige Vertragsverletzungsverfahren C-137/14 auf die Beibehaltung von Präklusionsvorschriften hat (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH vom 21. Mai 2015). Für den vorliegenden Fall ist sein Ausgang jedoch nicht relevant. Gegenstand des von der Europäischen Kommission eingeleiteten Verfahrens ist die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland durch die Einführung einer Präklusion nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten – UmwRG – und § 73 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten – UVP-Richtlinie −) sowie gegen Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) – IED-Richtlinie – verstoßen hat. Die UVP-Pflicht gilt jedoch nur für Projekte (vgl. hierzu die Legaldefinition in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a UVP-RL: Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen, sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen). Im Übrigen beinhaltet die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets wegen des damit verbundenen Schutzzwecks keinen Eingriff in Natur- und Landschaft. Darüber hinaus ist vorliegend auch keine industrielle Tätigkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 IED-Richtlinie gegeben.

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Dies vorausgeschickt hält die Verordnung einer rechtlichen Nachprüfung stand.

25

Formelle Fehler sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Die von der Antragstellerin erhobenen materiell-rechtlichen Einwendungen unterfallen teilweise einem Einwendungsausschluss und liegen darüber hinaus insgesamt nicht vor.

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Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) – WHG – i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2585) können Wasserschutzgebiete unter anderem festgesetzt werden, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, ein Gewässer – wozu gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG auch das Grundwasser gehört – im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Das Wohl der Allgemeinheit erfordert die Festsetzung dann, wenn das Wasservorkommen schutzbedürftig, schutzwürdig und schutzfähig ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2005 – 1 C 10358/04. OVG – m.w.N., ESOVGRP). Wasserschutzgebiete werden von der oberen Wasserbehörde festgesetzt, wobei nach Schutzzonen gestaffelte Verbote, Beschränkungen und Duldungspflichten angeordnet werden können (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 LWG).

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Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze sind hier erhebliche Rechtsfehler des Antragsgegners bei der Festsetzung des Wasserschutzgebiets „Goldene Meile“ nicht ersichtlich.

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1. Die Schutzbedürftigkeit des in Rede stehenden Grundwasservorkommens zum Zweck der Trinkwasserversorgung ist gegeben. Hierfür reicht es aus, dass das Wasservorkommen aus qualitativen Gründen für die Trinkwasserversorgung überhaupt brauchbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 –1 C 12087/98.OVG –, ESOVGRP). Davon ist auszugehen, da drei der Brunnen schon seit Jahrzehnten Teil der öffentlichen Wasserversorgung der Beigeladenen gewesen sind und Wasser geliefert haben, das nach seiner Menge und Qualität für die öffentliche Trinkwasserversorgung geeignet ist (siehe hierzu Stellungnahme des Landesamts für Geologie und Bergbau vom 20. April 2010). Da auch die Antragstellerin selbst die Schutzwürdigkeit sowohl quantitativ als auch qualitativ bejaht, sieht der Senat von weiteren Darlegungen ab.

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2. Auch die Schutzbedürftigkeit steht nicht in Frage. Es ist vernünftigerweise geboten, abstrakte Gefährdungen für das Trinkwasser vorsorglich auszuschließen. Ein konkreter Nachweis eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts ist nicht notwendig. Vielmehr genügt ein Anlass, um typischerweise gefährdende Situationen zu begegnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1980 − 4 C 89.77 –, BayVBl. 1980, 759). Das unter Schutz gestellte Gebiet liegt in einem Areal mit teilweise intensiven Nutzungen und lediglich sehr gering bis gering ausgebildeten Deckschichten in der Niederterrasse des Rheins. Es bedarf daher grundsätzlich der Inschutznahme des quellennahen Teils des Einzugsgebiets, um abstrakte Gefährdungen vorsorglich auszuschließen, wie sie etwa durch die Neuerrichtung baulicher Anlagen oder durch die großräumige Verletzung der schützenden Deckschichten entstünden. Die Antragstellerin zieht die Schutzbedürftigkeit ebenfalls nicht in Zweifel.

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3. Ferner ist die Schutzf8;higkeit des festgesetzten Wasserschutzgebiets gegeben. Davon ist auszugehen, wenn das Grundwasservorkommen ohne unverhältnismäßige Belastungen Dritter vor störenden Einwirkungen geschützt werden kann. Eingriffe in der Form von Schutzgebietsverordnungen müssen demnach geeignet sein, das angestrebte Schutzziel zu erreichen, sie müssen erforderlich im Sinne des geringsten Eingriffs sein, und sie müssen dem Grundsatz der Ver-hältnismäßigkeit im engeren Sinn entsprechen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. März 2000, a.a.O.; siehe auch Kerkmann in Jeromin/Prinz, Kommentar zum LWG/WHG, § 13 LWG/§ 19 WHG Rn. 42).

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a) Soweit die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner habe den Prüfungsumfang verkannt, weil er den einschränkenden Zusatz „ohne verhältnismäßige Belastung Dritter“ ausgeblendet habe, trifft dies nicht zu, weil dieser sich mit den zahlreichen Einwendungen inhaltlich auseinandergesetzt und in eine konkrete Güterabwägung eintreten ist. Namentlich erfolgte eine ausführliche Würdigung der Anregungen und Bedenken der Betroffenen, wie sich den an sie ergangenen Mitteilungen vom 7. November 2011 entnehmen lässt.

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b) Anders als die Antragstellerin meint, steht der Erforderlichkeit der Schutzgebietsausweisung nicht entgegen, dass eine Verlegung der Gewinnungsanlagen sowie ein Anschluss an den Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel nicht in Erwägung gezogen worden sei. Ungeachtet dessen, dass dieser Vortrag dem Einwendungsausschluss unterliegt, durfte der Antragsgegner bei der Festsetzung des Wasserschutzgebiets von den vorhandenen, in Betrieb befindlichen Brunnen Niederau ausgehen. Dies ergibt sich schon aus der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG enthaltenen Formulierung, wonach gerade auch die „bestehende“ öffentliche Wasserversorgung zu schützen ist. Die bei einer Ausweisung vorgefundene und in Kenntnis der Wasserbehörde genutzte Anlage der öffentlichen Wasserversorgung kann deshalb im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in der Regel nicht in Frage gestellt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Dezember 2009 – 3 S 170/07 –, NuR 2010, 659).

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Selbst wenn man aber der Auffassung ist, dass wegen des Eigentumsschutzes Betroffener nach Art. 14 GG nicht ohne weiteres von den vorhandenen Brunnenstandorten ausgegangen und auf eine alternative Prüfung nicht verzichtet werden kann, gilt dies nur dann, wenn eine sich aufdrängende alternative Trinkwassererschließung mit zumutbarem Aufwand hätte ernsthaft in Betracht gezogen werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 29. Dezember 2011 – 22 N 08.190 –, BayVBl. 2012, 500). Das ist hier nicht der Fall.

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Eine räumliche Verlegung der Brunnen innerhalb des nunmehr bestehenden Erschließungsgebiets scheitert daran, dass eine solche Verschiebung zum einen die Gefahr einer deutlichen Reduzierung der Zuflussmengen entsprechend der in Bad Breisig zwischenzeitlich aufgegebenen Brunnen „Am Maar“, zum anderen den Zufluss verst8;rkt nitrat- und sulfatbelasteter Grundwässer aus den Festgesteinsbereichen mit sich gebracht hätte (vgl. Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

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Aber auch die Prüfung eines Zusammengehens mit dem Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel musste sich dem Antragsgegner angesichts von drei funktionsfähigen Brunnen mit einem ausgebauten Leitungsnetz nicht aufdrängen. Ungeachtet dessen fällt insoweit entscheidend ins Gewicht, dass die Beigeladene und die Verbandsgemeinde Bad Breisig 2009 einen Wasserlieferungsvertrag geschlossen haben und der Antragsgegner laut unwidersprochen gebliebener Angabe des Bürgermeisters der vorgenannten Verbandsgemeinde im Termin zur mündlichen Verhandlung die Leistung von Zuwendungen in Millionenhöhe von einem gemeinsamen Versorgungssystem zwischen seiner Gebietskörperschaft und der Beigeladenen abhängig gemacht hat. Ohne diese Zuschüsse wäre die Sicherung der Trinkwasserversorgung für die beteiligten Träger dieser Aufgabe aber kaum finanzierbar gewesen. Die der Ausweisung zugrunde liegende Standortfrage sowie das Versorgungskonzept waren damit vor Erlass der Rechtsverordnung bereits abschließend geklärt, ohne dass vonseiten der Antragstellerin oder der Verbandsgemeinde Bad Breisig auch nur geltend gemacht wurde, dagegen rechtzeitig Bedenken erhoben zu haben.

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c) Die Festlegung der Grenzen der einzelnen Schutzzonen genügt den an die Erforderlichkeit zu stellenden Anforderungen. Der hierzu erfolgte Vortrag der Antragstellerin ist deshalb – unbeschadet eines teilweise gegebenen Rügeverlustes − schon aus sachlichen Erwägungen unbeachtlich. Bezüglich dieser Bewertung geht der Senat von folgenden allgemeinen Kriterien aus:

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Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG die flächenmäßige Ausdehnung eines Wasserschutzgebiets als erforderlich angesehen werden kann, müssen für jede darin einbezogene Teilfläche gegeben sein (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1984 – 4 B 157/83 und 4 B 158/83 –, BayVBl. 1984, 371). In ein Wasserschutzgebiet dürfen nur solche Grundstücke einbezogen werden, die im Einzugsbereich der zu sch52;tzenden Trinkwasserbrunnen und -quellen liegen und von denen nach den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten aufgrund eingehender Prüfung der örtlichen Verhältnisse Einwirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen können. Der örtliche Normgeber muss die örtlichen Gegebenheiten prüfen und sich hierbei auf wasserwirtschaftliche und hydrogeologische Erkenntnisse stützen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die genauen Grenzen des erforderlichen Wasserschutzgebiets bzw. der einzelnen Schutzzonen oft selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur annähernd umreißen lassen. Solche Erkenntnislücken betreffen die Verhältnisse im Untergrund und sind mit verhältnismäßigen, dem konkreten Konflikt angemessenen, zumutbaren Aufwand nicht zu schließen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die zuständige Behörde bzw. der Verordnungsgeber bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügt, soweit diese auf wasserwirtschaftlichen und hydrogeologischen Fakten beruhen, und sich bei der Grenzziehung an in der Natur äußerlich erkennbaren Linien und an topografischen Gegebenheiten orientiert (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Mai 2008 − 1 C 10511/06.OVG –, juris).

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Bei der Abgrenzung kommen den durch Runderlass des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten vom 12. Juni 1963 (MinBl., S. 657) für verbindlich erklärten „Richtlinien für die Einrichtung von Schutzgebieten für Trinkwassergewinnungsanlagen (Trinkwasserschutzgebieten)“ von 1953 (jetzt: die als Arbeitsblatt W 101 veröffentlichten „Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete“ von 2006) des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) e.V. – DVGW-Arbeitsblatt W 101 – eine wesentliche Bedeutung zu. Diese Richtlinien weisen keine Rechtsnormqualität auf. Sie stellen lediglich technische Regeln dar, die jedoch kraft eines qualifizierten Erfahrungsschatzes als „antizipierte Sachverständigengutachten“ bei der Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe zugrunde gelegt werden können (siehe OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. September 1989 − 10 C 42/88.OVG –, NVwZ-RR 1990, 126 m.w.N.). Danach sind Wasserschutzgebiete grundsätzlich in drei Zonen einzuteilen: den Fassungsbereich zum unmittelbaren Schutz der Fassungsanlage (Zone I), die engere Schutzzone (Zone II) zur Abhaltung vor allem von Verunreinigungen durch pathogene Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Viren, Parasiten und Wurmeier) und die weitere Schutzzone (Zone III) zur Vermeidung weitreichender Beeinträchtigungen, insbesondere von nicht oder nur schwer abbaubaren chemischen oder radioaktiven Verunreinigungen. Vor diesem Hintergrund wird der mit der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets verfolgte Zweck grundsätzlich dann in geeigneter Weise erreicht, wenn die Maßnahme den Richtlinien entspricht oder aber eine Abweichung durch erkennbare, sachlich gebotene Gründe angezeigt erscheint.

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Die Antragstellerin kann weder mit Erfolg geltend machen, der Antragsgegner habe zu Unrecht das östliche Rheinufer als Grenze des Wasserschutzgebiets festgesetzt, noch sich darauf berufen, bei der Abgrenzung der beiden Schutzzonen II und III seien im Übrigen hier relevante Rechtsfehler begangen worden.

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aa) Der Umstand, dass das Schutzgebiet an den Rhein grenzt, stellt seine Schutzfähigkeit nicht in Frage. Dies folgt zweifelsfrei nicht nur aus den fachbehördlichen Stellungnahmen des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 17. Oktober 2011 und vom 30. April 2013, sondern auch aus den beiden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. T... vom 14. Januar und vom 16. April 2015 sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin vor dem Senat.

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Demzufolge sind die Brunnen im Wasserwerk „Goldene Meile“ in den wasserdurchlässigen, ca. 20 m mächtigen Kiesen und Sanden der Niederterrasse des Rheins verfiltert. Der größte Teil des nutzbaren Dargebotes stammt an diesem Standort südlich der Ahrmündung aus dem Uferfiltrat des Rheins. Die klimatisch und fördertechnisch erzeugten Höhenunterschiede zwischen den Wasserspiegeln im Rhein und im Niederterrassengrundwasserleiter lösen im Fall des Wassergewinnungsgebietes Niederau eine Influenz aus, deren Ausmaß durch die hydraulische Durchlässigkeit der Sohl- und Böschungsschichten des Flusses und der angrenzenden Terrassenablagerungen gesteuert wird. Im Nachgang zu einem Unfall in der Chemieanlage der Firma Sandoz im Jahr 1986 wurde ein Verbund-forschungsvorhaben zur Sicherheit der Trinkwassergewinnung aus Rheinuferfiltrat durchgeführt, dessen Ergebnisse von H. Sontheimer 1991 publiziert wurden. Daraus ergeben sich auch auf die Brunnen im Wasserwerk Niederau übertragbare Resultate:

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Die Infiltration des Rheinwassers erfolgt meist in einem breiten Infiltrationsbereich im Bereich des Hauptstromstriches; der geringste Anteil fließt über die Uferböschung in den Grundwasserleiter. Dadurch wird bei der Vermischung unterschiedlich alter Infiltratanteile bereits in unmittelbarer Flussnähe ein Konzentrations-ausgleich ausgelöst. Durch die geologisch bedingten Schichtungsunterschiede in einem pleistozänen Terrassenaquifer kommt es darüber hinaus zu unterschied-lichen Fließzeiten zu den Brunnen. Die Ankunft verschiedener alter und beschaffener Wässer am Brunnen erhöht die Effizienz des Konzentrationsausgleichs. Aufgrund der unterschiedlichen standörtlichen und räumlichen Durchlässigkeiten der geologischen Schichten unterstützt die Dispersion außerdem diesen Ausgleich. Ferner wirken in der Bodenpassage Adsorptions- und Assimilationsvor-gänge auf den Prozess des biologischen Abbaus von gut eliminierbaren Stoffen ein. Die unmittelbare Infiltrationszone im Flussland stellt sich insgesamt als laufend selbstreinigender „Langsamfilter“ dar, in dem Feststoffe und Kolloide sowie Mikroorganismen festgehalten, organische Wasserinhaltsstoffe mikrobiell oxidiert und schließlich eliminiert werden. Diese Abbauprozesse sind nach wenigen Metern Fließstrecke für die überwiegende Anzahl der organischen Stoffe abgeschlossen. Ein weiterer Faktor für den Konzentrationsausgleich ist die Mischung von Uferfiltrat und landseitigem Grundwasser, das aus der Grundwasserneubildung und aus Zuflüssen tributärer Einzugsgebiete stammt. Hierbei ist häufig die Belastung des landseitigen Grundwassers mit bestimmten Wasserinhaltsstoffen, wie z. B. Nitrat oder Sulfat (Härte), aufgrund vielfältiger Einflüsse durch die Landnutzung und Besiedlung größer als im Uferfiltrat.

43

Belegt wurden diese Ergebnisse durch Untersuchungen an Grundwasser-messstellen und Brunnen rheinnaher Wasserwerke in Nordrhein-Westfalen, im Labor des DVGW-Technologiezentrums Wasser in Karlsruhe sowie durch Modellrechnungen der dortigen Universität. Hinzu kommen noch Langzeitmessungen des Chloridgehalts im Rhein, der durch den werktäglichen Rhythmus der Ein-leitung kalisalzhaltiger Wässer hervorgerufen wird. In diesem Kontext stellte Sontheimer fest, dass in rheinnahen Grundwassermessstellen der typische FünfTagewoche-Gang der Chloridgehalte, der im Rhein noch eindeutig identifizierbar ist, im Uferfiltrat nicht mehr nachgewiesen werden kann. Da Chlorid als konservativer Tracer nicht abgebaut, sondern nur verdünnt werden kann, eignet sich dieser Wasserinhaltsstoff typischerweise für eine verallgemeinerungsfähige Betrachtung von Konzentrationsausgleichsprozessen.

44

Die starke Dämpfung dieser Konzentrationssignale bestätigt auch die Beobachtungen, die bei der Stoßbelastung in Folge des Chemieunfalls bei der Firma Sandoz gemacht wurden. Es wurde, unterstützt durch Modellrechnungen mit Worst-Case-Szenarien, abgeleitet, dass bei zeitlich begrenzten Stoßbelastungen, wie Chemieunfällen oder Tankerunglücken auf dem Rhein, die Misch- und Ausgleichsvorgänge nicht nachhaltig gestört oder ausgesetzt werden. Zum Durchbruch von Anteilen einer Störstoffkonzentration aus dem Fluss in den brunnennahen Grundwasserleiter kann es nur bei Dauerbelastungen und bei Belastungen mit Chemikalien kommen, die in der Bodenpassage nicht vollständig abgebaut werden (z. B. organische Sporenstoffe, sog. Xenobiotika, wie Arzneimittelrückstände etc., etwa aus undichten Kanälen oder Kläranlagenabläufen). Daher liegt das Hauptaugenmerk beim Wasserschutz von Uferfiltratwasserwerken und bei der Wasseraufbereitung dort auf den schwer oder langsam abbaubaren organischen Stoffen.

45

Für den Wasserschutz am Wasserwerk Niederau bedeutet dies nach den einleuchtenden und vom Senat geteilten Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen, dass hier durch die Nähe zum Rhein und den damit verbundenen Prozess der Uferfiltration keine besonderen Gefährdungen des Trinkwassers zu besorgen sind, was durch die vorliegenden Wasseranalysen aus den Brunnen bestätigt wird.

46

Die gegen diese fachliche Bewertung gerichteten Rügen greifen nicht durch.

47

Soweit die Antragstellerin im Hinblick auf die östliche Abgrenzung der Zone II beanstandet, es werde die nach Nr. 4.3.1 DGVW-Arbeitsblatt W 101 als äußeres Bemessungskriterium zugrunde zu legende 50-Tages-Linie nicht eingehalten, ist sie mit diesem Vorbringen bereits präkludiert.

48

Davon abgesehen wird insoweit nicht hinreichend in Rechnung gestellt, dass bei komplexen hydrogeologischen Verhältnissen Ersatzkriterien herangezogen werden können (vgl. Nr. 4.1 DVGW-Arbeitsblatt W 101). Solche Ersatzkriterien sind zum Beispiel mächtige Überdeckungen oder geologische Schichten mit einem bestimmten Retentionspotential für mikrobiologische Partikel. Im vorliegenden Fall der Wassergewinnungsanlage Niederau ist dies gerade – wie der gerichtliche Sachverständige plausibel dargelegt hat − die Uferfiltratzone des Rheins, in der nach Sontheimer der wesentliche Abbau von Stoffen und die Zurückhaltung von Partikeln stattfinden. Die Grenzziehung der Zone II bis an den Rhein widerspricht deshalb in keiner Weise den Vorgaben des technischen Regelwerks und ist dementsprechend als regelkonform zu bezeichnen. Schon aus diesen Gründen überzeugt die Argumentation der Antragstellerin mithin nicht. Jedenfalls rechtfertigen die im Gutachten angeführten Erwägungen eine Abweichung von den Grundsätzen des Arbeitsblatts.

49

Der vorstehenden Einschätzung steht weiterhin nicht entgegen, dass die das Grundwasser überdeckenden Schichten der Niederterrasse eine geringe Mächtigkeit und eine hohe Durchlässigkeit haben. Insofern hat der Sachverständige überzeugend erläutert, dass die sog. Deckschichten – als geologische Ablagerungen über dem Terrassengrundwasserleiter – nur dann als Abgrenzungskriterium für die Zonen II und III herangezogen werden können, wenn sie eine reduzierte Durchlässigkeit gegenüber dem Grundwasserleiter aufweisen, wovon hier aber nicht auszugehen ist. Insofern besteht ein Unterschied zwischen dem Prozess der Uferfiltration und der Schutzwirkung der Kolmationsschicht auf der einen und der Funktion der Deckschichten auf der anderen Seite. Beim erstgenannten Fall handelt es sich, wie angesprochen, um einen langsamen Filterprozess, der stetig abläuft, während der zuletzt genannte Tatbestand durch eine periodische Sickerwasserbildung gekennzeichnet ist, die durch den Niederschlag und die Durchlässigkeit der Böden gesteuert wird (unstetiger Prozess). Ein Wasseraustausch findet primär über die Gewässersohle in der Fahrrinne bzw. über die Uferpassage statt. Die Filtrationswirkung der Kolmationsschicht am Flussufer darf deshalb nicht verwechselt werden mit der Barrierewirkung grundwasserüberdeckender Schichten oberhalb des Terrassengrundwasserleiters.

50

Vor allem musste die Schutzgebietsgrenze aus fachlicher Sicht nicht auf der rechten Uferseite angesetzt werden. Allerdings existiert nach den Erläuterungen des Gutachters Prof. Dr. T… am Niederrhein eine Praxis, auch die Uferbereiche oder Teile des Flusses mit in eine Schutzzone einzubeziehen. Hierbei gehe es in der Regel um eine 50 m breite Zone bezogen auf die Mittelwasserlinie, die mit Ankerverboten belegt sei. Begründet werde dies mit der Vorsorge zur Vermeidung einer Beschädigung der Kolmationsschicht durch Schiffsschrauben oder Schiffsbewegungen (Wellengang). Die Ausweisung einer solchen „Sonderzone Rhein“ basiere auf den besonderen schifffahrtstechnischen Randbedingungen und den Mäanderschleifen in der Industriezone Rhein-Ruhr (Warteposition von Schiffen). Eine vergleichbare Situation besteht im vorliegend zu beurteilenden Rheinuferbereich mangels möglicher Ankerplätze indes nicht.

51

bb) Die mit der Antragsbegründung gegen die räumliche Abgrenzung der Schutzzonen II und III weiterhin vorgebrachten Argumente sind ebenfalls nicht stichhaltig.

52

(1) Soweit die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren die Ausdehnung der Schutzzone II in Frage stellt, ist sie mit ihrem Vortrag präkludiert. Aber auch in der Sache sind ihre Rügen unberechtigt.

53

Dass der Antragsgegner bei der Modellierung der Schutzzone und der Errechnung des Wasserbedarfs mit mehr als 7 Millionen m³ pro Jahr eine zu hohe Ent-nahmemenge angenommen haben soll, ist nicht richtig. Interne Berechnungen im Vorfeld weisen lediglich im Hinblick auf eine nachhaltige wasserwirtschaftliche Vorsorge für die gesamte umliegende Region unter Einbeziehung der Bedürfnisse der umliegenden Gebietskörperschaften Remagen, Grafschaft, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Zweckverband Eifel-Ahr und Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel einen derartigen Bedarf aus (vgl. E-Mail des Referenten für Grundwasser und Wasserversorgung bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 26. Februar 2008). Die Bedürfnisse der benachbarten Körperschaften wurden jedoch nicht realisiert und flossen damit auch nicht in die Überlegungen des Antragsgegners ein (vgl. dazu auch die negativen Antworten der zuletzt genannten Träger der Wasserversorgung auf die Abfrage eines möglichen Bedarfs aus der zweiten Jahreshälfte 2008). In Ansatz gebracht wurde tatsächlich ein zukünftiger Wasserbedarf für das geplante Versorgungsgebiet in Höhe von maximal 2,3 Millionen m³ pro Jahr. Dieser errechnet sich im Wesentlichen aus einer angestrebten Entnahme von 1,92 Millionen m³ pro Jahr und einem Zuschlag von 20 Prozent, um höhere Spitzenentnahmen im Sommer zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen die fachtechnische Begründung vom März 2010 in Anlehnung an die Grundlagendaten des Modells der Firma H... (H...); siehe auch die Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

54

Dass der Antragsgegner versucht haben könnte, unter Anwendung von Worst-Case-Annahmen eine zu groß bemessene Schutzzone II zu rechtfertigen, lässt sich nicht feststellen. Die Abbildung verschiedener, auch ungünstiger hydraulischer Zustände wurde nicht zur Herleitung einer überdimensionierten Ausdehnung dieser Zone verwandt, sondern diente vielmehr der notwendigen Abbildung und vollständigen Erfassung der wechselhaften Strömungszustände. Zu diesem Zweck mussten namentlich auch die Pegelstände des Rheins und der Ahr mitbetrachtet werden, da sie als Modellränder benötigt wurden. Vor allem sind die Einflüsse der Wasserstände des Rheins auf die hydraulischen Zustände prägend und durften daher nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich lagen aus dem Untersuchungsgebiet Porösitätswerte anhand ungestörter Bodenproben kaum vor und konnten deshalb, wie die sog. Leakage-Werte, vielfach lediglich abgeschätzt werden (vgl. zu allem Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

55

Im Einzelnen plausibel und nach den Vorgaben des DVGW-Arbeitsblatt W 101 begründet ist auch die südliche Ausdehnung der Zone II. Ausgangspunkt der Grenzziehung war insoweit eine geohydrauliche Betrachtung, die eine berechnete theoretische Abstandsgeschwindigkeit von 260 m pro 50 Tage ergab. Nach der sog. Zylinderformel wurde die 50-Tages-Linie sodann in einem mittleren Abstand von 224 m angesetzt (vgl. fachtechnische Begründung, S. 33, 35). Jedoch waren neben den theoretischen Bemessungen durch die Modellsimulation (Einhüllende) und der überschlägigen Plausibilitätsprüfung mit der Zylinderformel die geologischen Verhältnisse mit Rinnenstrukturen und ähnlichen Heterogenitäten des Untergrundes zu berücksichtigen. Allen vorangegangenen rechnerischen Ermittlungen des Antragsgegners lag nämlich denknotwendig die Annahme zugrunde, dass flächendeckend gleichmäßige Untergrundverhältnisse vorherrschen. Die Auswertung von ca. 80 vorhandenen Bohraufschlüssen hat jedoch eindeutig belegt, dass im Untersuchungsgebiet eine Rinnenstruktur im Untergrund besteht, die den früher direkt nach Norden gerichteten Flussverlauf nachzeichnet (vgl. S. 13 der fachtechnischen Begründung).

56

Weiter ist davon auszugehen, dass diese Rinnen, die nicht genau lokalisierbar sind, erhöhte Durchlässigkeiten aufweisen (vgl. Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013 und des Antragsgegners vom 17. Juli 2013). Gemäß Nr. 4.3.1 Abs. 6 DVGW-Arbeitsblatt W 101 ist eine Vergrößerung der Zone II zur Erreichung des hygienischen Schutzschilds bei Hinweisen auf heterogene Strukturen im Grundwasserleiter mit besonders hochduchlässigen Fließwegen, wie hier, indes notwendig. Dass eine Vergrößerung der Zone II nur bei einer Bestimmung der 50-Tage-Linie durch Markierungsversuche in Betracht kommt, ist den Richtlinien nicht zu entnehmen. Die Vergrößerung einer abgeschätzten bzw. errechneten oder nummerisch modellierten 50-Tage-Linie ist, wenn erforderlich, nicht allein auf der Grundlage von Tracer-Versuchen möglich. Das technische Regelwerk bestimmt nur für den Fall einer solchen Ermittlung die weitere Vorgehensweise (vgl. Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013). Andere Methoden, wie wissenschaftlich begründete Modellsimulationen, werden dadurch nicht ausgeschlossen.

57

Entscheidend ist regelmäßig die Erreichung des Schutzziels. Weist der Untergrund aufgrund in sich stimmiger fachbehördlicher Aussagen eine erhöhte Durchlässigkeit auf, so ist es sachlich geboten, diesem Umstand durch eine größere Ausdehnung der Zone II Rechnung zu tragen. Nach allem ist die Annahme der Antragstellerin, die Schutzzone reiche über die 50-Tage-Linie hinaus, irrig, da nicht die Schutzzone II über diese Linie vergrößert wurde, sondern die lediglich modelltechnisch ermittelte 50-Tage-Linie selbst aufgrund der hydrogeologischen Gegebenheiten (modelltechnisch nicht abbildbare Heterogenitäten) vergrößert werden musste (vgl. Landesamt für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

58

(2) Die Bestimmung der weiteren Grenzen der Zone III des Wasserschutzgebiets genügt ebenfalls den fachlichen Anforderungen. Dies gilt namentlich für die Erweiterung nach Süden.

59

Nach dem technischen Regelwerk (DVGW-Arbeitsblatt W 101 Nr. 4.4) reicht die Zone III in der Regel bis zur Grenze des unterirdischen Einzugsgebiets der Wassergewinnungsanlage. Oberirdisch dort hinein entwässernde Flächen können zusätzlich einbezogen werden. Der Abgrenzung sind grundsätzlich die wasserrechtlich genehmigte Jahresentnahme und die langfristig mittleren hydrologischen Ver-hältnisse zugrunde zu legen. Kann das unterirdische Einzugsgebiet bei komplexen hydrogeologischen und hydraulischen Verhältnissen nicht sicher abgegrenzt werden, sind bei der Abgrenzung des Einzugsgebiets der Fassungsanlage begründete Näherungslösungen heranzuziehen. Bei stark schwankenden Grundwasserständen ist zur Bemessung des Grundwasserschutzgebiets zu untersuchen, ob statistische Werte für niedrige und hohe Grundwasserstände Berücksichtigung finden müssen. Dabei sind hydrologisch extreme Verhältnisse nur dann bei der Einzugsgebietsabgrenzung in Ansatz zu bringen, wenn das Grundwasser aus zum Beispiel nur temporär in das Einzugsgebiet entwässernden Bereichen die Fassungsanlage tatsächlich erreicht.

60

In der Regel nimmt die Gefährdung des zu fördernden Grundwassers bei zu-nehmender Verweilzeit ab, weshalb je nach Standortbedingungen eine Unter-teilung der Schutzzone III in die Zonen III A und III B vorgenommen werden kann. Ggf. kommen auch weitere Unterteilungen in Betracht. Nach dem technischen Regelwerk ist die Unterteilung der Zone III in einer bestimmten Entfernung von der Fassungsanlage vor allem für Fassungen mit einem schmalen, langestreckten Einzugsgebiet mit gut bestimmbarer Einströmrichtung geeignet. Bei einer starken Variation der Fließzeiten von Punkten mit gleichem Abstand zur Fassung kann die Orientierung der Grenze der Zone III A/B anhand von Isochronen (Linien gleicher Fließgeschwindigkeit des Grundwassers im Untergrund; vgl. auch die vorgenannten 50-Tage-Linien) erfolgen. Welche Isochrone der Abgrenzung der Zone III A zugrunde gelegt wird, ist hier allerdings – anders als bei der Abgrenzung der Zone II – nicht durch das Regelwerk vorgegeben, sondern muss im Einzelfall begründet entschieden werden (so zusammenfassend Gutachten Prof. Dr. T… vom 14. Januar 2015).

61

Davon ausgehend ist vorliegend in Rechnung zu stellen, dass das unterirdische Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlage Niederau durch den zusammen-hängenden und flächig verbreiteten Porengrundwasserleiter der Niederterrasse dominiert wird. Nach Norden erfolgte die Abgrenzung anhand der 10-Jahres-Isochronen für mittlere und hydraulisch trockene Verhältnisse, da hier gemäß den Modellrechnungen keine räumliche Varianz der Isochronen auftrat (Ausbildung einer quasi-stationären Trennstromlinie). Nach Westen erweiterte man die Zone um das oberirdische Einzugsgebiet, soweit es durch kanalisierte Ableitungen in den Rhein hydraulisch nicht von der Niederterrasse entkoppelt ist. Nach Süden dehnte der Antragsgegner die Zone schließlich bis zum Südrand der Nieder-terrasse südlich von Bad Breisig über die im Norden angesetzte 10-Jahres-Isochrone des instationären Modells der Firma H… aus (siehe Gutachten Prof. Dr. T… vom 14. Januar 2015).

62

Die zwischen den Beteiligten umstrittene Vergrößerung des unterirdischen Einzugsgebiets in südlicher Richtung ist nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme von fachlichen Grundsätzen gedeckt und hält sich daher ebenfalls im Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden Gestaltungsspielraums.

63

Dass der Antragsgegner nicht alle einschlägigen Regelungen des DVGW-Arbeitsblattes W 101 konsequent umgesetzt und zutreffend angewendet hat, ist unschädlich.

64

Der gerichtliche Sachverständige weist insofern darauf hin, dass die Verwendung einer angenommenen 10-Jahres-Isochrone, die eine zeitlich definierte Abfolge extremer Trockenwettersituationen, wie im Jahr 2003 real gemessen, simulieren sollte, als Grundlage für die Abgrenzung des unterirdischen Einzugsgebiets aus wissenschaftlicher Sicht nicht konsistent sei. Denn die Wahl eines 10-Jahres-Zeitraums sei wissenschaftlich weder durch die Daten der vergangenen Niederschlagsjahre noch durch die Modellprognosen der aktuellen Klimaforschung abgesichert. Hinzu komme, dass die in der fachtechnischen Begründung der Firma W… und B… und im Schreiben des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013 angeführten LHKW- und Chloridnachweise im inzwischen aufgelassenen Wasserwerk „Am Maar“ keine wissenschaftlich verwertbaren Datengrundlagen für eine tatsachenorientierte Abgrenzung der südlichen Schutzzone III darstellten. Es handle sich um qualitative Hinweise, die lediglich eine Süd-Nord-Verlagerung im sich nach Norden erweiternden Talaquifer indizierten. Eine tatsächliche Ankunft dieser Stoffe in den Brunnen Niederau sei damit nicht vorhersehbar oder ableitbar.

65

Hierauf kommt es jedoch nicht an, da die Ausweisung der Schutzzone III im Ergebnis keine Rechtsverletzung beinhaltet. Denn es besteht gleichwohl eine empirische, hydrogeologisch begründbare Möglichkeit, dass das Grundwasser bei bestimmten Rheinwasserständen und Neubildungsverhältnissen, die nicht vorhersehbar sind, die Fassung der Wassergewinnungsanlage erreicht. Wegen der angesprochenen großmächtigen Überdeckung des Einzugsgebiets der Brunnen Niederau mit gering durchlässigen, retardierend wirkenden Deckschichten dringt bei einem Hochwasserereignis nämlich breitflächig Uferfiltrat in den Terrassenkörper von Süden nach Norden ein, das je nach Ereignis den gesamten Terrassenkörper des Rheins bis zum Festgebirgsrand im Westen ausfüllen kann. In den dadurch bedingten instationären Verhältnissen ist es unmöglich, dass sich ein stabiler Trennstromfaden im Terrassenkörper ausbildet. Dies hat zur Folge, dass der gesamte Terrassenkörper potentiell als Einzugsgebiet fungiert. Die Uferfiltratschicht wird im Hochwasserfall indes durch die Überflutung der Rheinaue problemlos überwunden. Da dadurch die Schutzfunktion der Uferfiltratschicht unwirksam wird, muss der Grundwasserschutz in der Fläche des Terrassenkörpers realisiert werden. Der Hochwasserfall stellt somit für den Terrassenaquifer diejenige Randbedingung dar, die für die Abgrenzung der Zone III maßgeblich ist. Da der Rheinhochwasserfall statistisch gesehen häufiger vorkommt als extreme Trockenperioden, ist eine Wahrscheinlichkeit gegeben, dass ein einmal in den Aquifer eingespeistes Wasserteilchen aus dem Süden im Norden an den Brunnen der Wassergewinnungsanlage Niederau ankommen kann. Ein Rückfluss in den Rhein ist vor allem aus den talrandparallelen Strömungen in den rheinferneren Rinnenstrukturen innerhalb der Terrassenablagerungen im Gegensatz zu den rheinnahen Aquiferbereichen nicht zwangsläufig zu erwarten (so im Einzelnen überzeugend Gutachten Prof. Dr. T… vom 15. Januar und 16. April 2015).

66

Der Vorwurf der Antragstellerin, der Sachverständige habe in der Stellungnahme vom 16. April 2015 einen kompletten Begründungsaustausch vorgenommen, wenn er nunmehr im Gegensatz zu seinen Ausführungen im Gutachten vom Januar 2015 behaupte, dass nicht Trockenperioden, sondern Hochwasserfälle das eigentliche Problem seien, ist unzutreffend (vgl. Gutachten vom 15. Januar 2015, S. 41, 42).

67

Auch bedurfte es keiner näheren Untersuchung des Gutachters zum Vorliegen eines Hochwasserfalls, da dieser über eine ausreichendes Erfahrungswissen verfügt, um zum Beispiel die Zahl der Hochwasserereignisse abzuschätzen. Weshalb hier eine Überarbeitung der Grundwassermodelluntersuchung notwendig gewesen sein soll, erschließt sich dem Senat ebenfalls nicht. Davon abgesehen würde der von weitergehenden Untersuchungen ausgehende Erkenntnisgewinn in keinem angemessenen Verhältnis zu den anfallenden Kosten stehen.

68

Die Behauptung, dass der nördlich des Wasserwerks „Am Maar“ in Ost-West-Richtung verlaufende und im Bereich der Niederterrasse versickernde sog. Simmerbach (andere Bezeichnungen: „Tiefpfad“ bzw. „Im Teufelsteingraben“; vgl. fachtechnische Begründung, S. 51) eine Sperrwirkung auf voller Breite der Niederterrasse entfalten soll, ist zu unsubstantiiert, um diesem Einwand näher nachzugehen. Darüber hinaus hat der Sachverständige im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass der Bach zwar die Grundwasserfließrichtungen im Terrassengrundwasserleiter beeinflusse, der Einfluss aber gegenüber dem Rhein, der aufgrund seiner größeren Wassermenge und Fließdynamik einen höheren hydrostatischen Druck auf den Grundwasserleiter ausübe, gering sei.

69

Soweit die Antragstellerin ferner anführt, der Sachverständige sehe die getroffene Abgrenzung keineswegs als zwingend an, wird übersehen, dass allein maßgebend ist, ob insofern fachliche Grundsätze beachtet worden sind, wovon hier gerade auszugehen ist.

70

Die Einbeziehung oberirdischer in das Einzugsgebiet entwässernder Flächen erfolgte ebenfalls rechtfehlerfrei (vgl. fachtechnische Begründung, S. 46 ff.). Für die in diesem Zusammenhang von der Antragstellerin erhobene Rüge, es hätte auch der Rhein nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, da dieser Wechselwirkungen entfalte und von der Niederterrasse hydraulisch nicht abgekoppelt werden könne, besteht kein Raum. Aus den im Einzelnen aufgezeigten Gründen sind solche Wirkungen nicht festzustellen.

71

Präkludiert und darüber hinaus unerheblich sind die von der Antragstellerin vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der Festsetzung der nördlichen Grenze der Schutzzone III, die der Antragsgegner ebenfalls in Übereinstimmung mit fachtechnischen Grundsätzen definiert hat. Dass diese im Vergleich zur bisherigen Ausdehnung des Schutzgebiets nicht mehr bis zur Ahr reicht, beruht auf neueren hydrogeologischen Erkenntnissen, die in der Modellierung der 50-Tages-Linie durch das Abgrenzungsgutachten ihren Niederschlag gefunden haben (siehe S. 32 der fachtechnischen Begründung; vgl. auch die mündlichen Erklärungen des Sachverständigen Prof. Dr. T… in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat).

72

c) Des Weiteren sind die in der Rechtsverordnung enthaltenen Schutzanordnungen rechtmäßig.

73

aa) Vorweg ist auch insoweit klarzustellen, dass die Ermächtigung zu einer Normsetzung gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG keine konkreten, sondern typische Gefährdungssachverhalte erfasst, die erfahrungsgemäß zu Schäden führen können. Beschrieben wird also ausschließlich ein abstrakter Gefährdungstatbestand. Zwar kann nicht pauschal auf die Hinweise im DVGW-Arbeitsblatt. W 101 zurückgegriffen werden, eine Einzelfallprüfung, ob die darin aufgestellten Kriterien auch auf das Untersuchungsgebiet zutreffen, bleibt deshalb notwendig (vgl. auch OVG Saarland, Beschluss vom 22. April 1993 – 8 N 2/92 –, juris; gleichlautend Beschluss vom selben Tag – 8 N 3/92 –, ZfW 1994, 297). Diese Prüfung erfolgt aber wiederum nicht unter der Fragestellung, ob eine konkrete Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt anzunehmen ist, sondern anhand des vorbeschriebenen abstrakten Gefahrenbegriffs.

74

Überlegungen der Antragstellerin, das Vorliegen eines abstrakten Gefährdungspotentials im Rahmen eines von ihr sogenannten Drei-Stufen-Modells (vgl. Schriftsatz vom 9. Juli 2013) lediglich als Ausgangspunkt anzusehen (1. Stufe) und anschließend zu untersuchen, ob dieses sich zu einer „mehr oder weniger“ konkreten Gefahr verdichtet hat (2. Stufe) bzw. unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Beschränkung notwendig ist (3. Stufe), sind demgegenüber nicht tragfähig. Die Antragstellerin übersieht, dass eine Rechtsverordnung ihrem Rechtscharakter gemäß lediglich generelle Regelungen treffen kann, so dass der Normgeber gezwungen und berechtigt ist, sich verallgemeinernd am Regelfall zu orientieren. Die Verallgemeinerungen müssen in diesem Zusammenhang auf einer möglichst weiten Beobachtung, die alle betroffenen Regelungstatbestände einschließt, aufbauen. Nur auf diese Weise kann ein möglichst lückenloser Schutz des Grundwassers überhaupt gewährleistet werden. Fehlende konkrete Gefährdungspotentiale sind ggf. im Rahmen der Prüfung einer Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG zu berücksichtigen.

75

An die sich daraus ergebenden Voraussetzungen hat sich der Antragsgegner gehalten, da die Festlegung der im Einzelnen untersagten Einrichtungen, Handlungen und Vorgänge auf der Grundlage der fachlichen Beurteilung der örtlichen Verhältnisse vorgenommen wurde (vgl. S. 1 des Verbotskatalogs vom Oktober 2011). Nur diese sind hier maßgebend. Ob die in anderen Wasserschutzgebieten ausgesprochenen Verbote differenzierter oder weniger belastend ausgestaltet sind, ist unerheblich.

76

bb) Der Antragsgegner hat ferner nicht dadurch inkonsequent oder sachwidrig gehandelt, dass bestehende und abstrakt gefährliche Anlagen von den Verboten ausgenommen worden sind (vgl. § 4 der Rechtsverordnung – RVO −). Eine bereits vorhandene Ortsbebauung oder Nutzung durch abstrakt gefährdende Anlagen schließt es nicht aus, weitere Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserversorgung durch zusätzliche Verbote zu verhüten (vgl. BayVGH, Urteil vom 25. Januar 2008 − 22 N 04.3471 –, juris). So verhält es sich hier.

77

In der wasserwirtschaftlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2011 wurde abschließend eine zusammenfassende Bewertung mit dem Ergebnis vorgenommen, dass die bestehenden störenden Anlagen der Festsetzung des Wasserschutzgebiets nicht entgegenstehen. Zu diesem Zweck hat der Antragsgegner namentlich die im Wasserschutzgebiet ansässigen Betriebe nach der Landesverordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe – VAwS-Anlagen − vom 1. Februar 1996, soweit möglich, ermittelt und im Rahmen der Gefährdungsabschätzung nach abstrakt-generellen Kriterien rechtsfehlerfrei bewertet (vgl. Ordner I, Texte, IU.7).

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Deswegen ist es nicht willkürlich, wenn die Rechtsverordnung etwa die Errichtung von neuen Abwassersammelgruben selbst in der Schutzzone III verbietet (vgl. Nr. III.21 RVO), für die vorhandene Grube eines Wassersportvereins in der Schutzzone II aber zumindest bis auf weiteres einen Bestandsschutz (vgl. § 4 RVO) vorsieht. Die in Nr. II.7 RVO aufgenommene Ausnahme von der Untersagung des Transports und der Lagerung wassergefährdender Stoffe im Fall der Andienung rechtmäßig bestehender Anlagen, darunter vor allem solche zum Zweck der Heizöllagerung (vgl. die Begründung im Verbotskatalog vom Oktober 2011), enthält nach allem ebenfalls keinen Rechtsverstoß. Darüber hinaus bewegt sich der Antragsgegner im Bereich einer zulässigen typisierenden Betrachtung, wenn er vom Verbot des Umgangs mit wassergefährdenden Stoffen im Sinne der Nr. III.22 RVO unter anderem eine Ausnahme im Hinblick auf Dieselkraftstoffe für land- und forstwirtschaftliche Betriebe macht und von einer gleichgelagerten Vergünstigung für (jegliche) gewerbliche Unternehmen absieht. Der Grad einer abstrakten Gefährdung des Grundwassers durch die in den Schutzzonen tätigen Betriebsinhaber von landwirtschaftlichen Hofstellen ist aufgrund ihrer überschaubaren Anzahl wesentlich geringer als sie wäre, wenn man generell sämtliche Gewerbebetriebe einbeziehen würde.

79

cc) Das gegen die rechtliche Wirksamkeit einzelner Schutzanordnungen gerichtete sonstige Vorbringen der Antragstellerin führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Namentlich ist auch keine Teilunwirksamkeit der betreffenden Regelungen gegeben.

80

(1) Die Planungshoheit der Antragstellerin aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG wird durch die in der angefochtenen Verordnung getroffenen Regelungen des § 3 RVO, darunter vor allem die Verbote zur Ausweisung und Erweiterung von Baugebieten (vgl. z. B. Nrn. III.2, III.16, III.35, die über Nrn. I.1 und II.1 auch in den Zonen I und II Anwendung finden), nicht unverhältnismäßig betroffen.

81

Die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets beschränkt die Möglichkeiten der Gemeinde, für dieses nach eigenen Vorstellungen Nutzungen bauplanungsrechtlich vorzusehen. Jedoch ist die gemeindliche Planungshoheit nicht schlechthin dagegen geschützt, dass andere Träger hoheitlicher Aufgaben Teile des Gemeindegebiets für insbesondere überörtliche Zwecke in Anspruch nehmen und dadurch einer Planung der Gemeinde entziehen. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit liegt nur dann vor, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht; das ist nicht schon der Fall, wenn die Gemeinde lediglich bestimmte Nutzungsarten und Baugebiete nicht mehr festsetzen kann. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 –4 A 12.99 –, NVwZ 2001, 1160; Beschluss vom 15. April 2003 – 7 BN 4.02 –, NVwZ 2003, 1116; Urteil vom 9. Februar 2005 − 9 A 62.03 –, NVwZ 2005, 813; Urteil vom 15. Dezember 2006 – 7 C 1.06 –, BVerwGE 127, 259; Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 7 BN 4.08 –, UPR 2009, 236).

82

Auch bei der Ausweisung von mehr als der Hälfte der Fläche des Gebiets einer Gemeinde als Wasserschutzgebiet kann deshalb die kommunale Planungshoheit noch zutreffend in die bei der Festsetzung vorangegangene Abwägung der Festsetzungsbehörde eingestellt sein (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2000 – 1 C 12087/98.OVG –, ZfW 2000, 243). Im Übrigen sind kommunale Planungsentscheidungen und Vorstellungen der Gemeinde über die künftige Entwicklung ihres Gemeindegebiets nicht losgelöst von den natürlichen Gegebenheiten möglich, sondern haben ihnen zu folgen (BVerwG, Urteil vom 22. Juli 2004 − 7 CN 1.04 –, BVerwGE 121, 283). Zu diesen natürlichen Gegebenheiten kann auch das Vorhandensein eines Grundwasservorrats gehören, der für die öffentliche Trinkwasserversorgung nutzbar ist. Trinkwasservorkommen zählen zu den natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang genießt (Art. 20a GG; vgl. zur Trinkwasserversorgung: BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 –, BVerfGE 58, 300). Die Gemeinde kann insoweit einer Situationsgebundenheit unterliegen, mit der Folge, dass ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01 –, BVerwGE 118, 181; siehe VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 2014 − 3 S 280/10 –, juris).

83

Davon ausgehend ist zunächst festzuhalten, dass der Antragstellerin in dem außerhalb des Wasserschutzgebiets gelegenen Teil ihres 19,94 km² großen Gemeindegebiets die ortsplanerischen Möglichkeiten erhalten bleiben. Unabhängig davon wird ihr aber auch innerhalb des Geltungsbereichs der Rechtsverordnung nicht jede Planungsmöglichkeit genommen. So gilt ein Verbot der Ausweisung und Erweiterung von jeglichen Baugebieten nur in den Zonen I, II und III A, während in der weiträumigen Zone III B nur eine auf Gewerbegebiete bezogene Untersagung gilt. Dort können also bei Beachtung der sonstigen Vorgaben der Rechtsverordnung durchaus Wohn- und Mischgebiete entstehen und hierzu erforderliche Planungen stattfinden. In diesem Zusammenhang ist weiterhin, ohne dass es allerdings noch darauf ankommt, die Möglichkeit von Bedeutung, nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG, § 6 Abs. 1 RVO Befreiungen von den Verboten zuzulassen.

84

Der Einwand, es handele sich hierbei um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, dessen Voraussetzungen nie vorliegen würden, weil die konkrete Ungefährlichkeit nichts am abstrakten Gefährdungspotential ändere, überzeugt nicht. Ob eine Befreiung von dem Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete hier tatsächlich erfolgen kann, ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls und hängt ggf. auch von der konkreten Ausgestaltung eines Bebauungsplans ab. So hat der Antragsgegner in der Vergangenheit etwa seine Zustimmung zum Bebauungsplan „Katharinenhof“ der Antragstellerin erteilt, wie diese an anderer Stelle selbst einräumt.

85

(2) Das in Nr. III.29 RVO ausgesprochene Verbot der Gewinnung von Steinen, Erden und anderen oberflächennahen Rohstoffen ist rechtmäßig. Die Formulierung basiert auf Kapitel 7 Tabelle 1 Nrn. 5.1 und 5.2 DVGW-Arbeitsblatt W 101.

86

Vor allem Nassauskiesungen, d. h. die Freilegung von Grundwasser, bergen ein typisches Gefährdungspotential in sich, weil Schadstoffe in den Grundwasserkörper gelangen können. Dass von den derzeit vorhandenen Gruben und Abbauten keine erkennbare Gefahr für die Wassergewinnungsanlagen Niederau (vgl. Wasser und Boden, Bewertungsmatrix, Stand Januar 2011, IU.4, Steine und Erden) ausgehen, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Damit ist allein gemeint, dass bei bestandsgeschützten Anlagen derzeit keine konkrete Gefahr besteht, worauf hier jedoch nicht ankommt. Davon abgesehen stellt der Antragsgegner zutreffend fest, dass eine Befreiung denkbar sei, wenn unter anderem ein ausreichender Mindestflurabstand zwischen der Abbausohle und der Druckoberfläche des Grundwassers vorliege sowie der oberen Wasserbehörde die mittlere Schutzfunktion der das Grundwasser überdeckenden Schichten unterhalb der Abbausohle nachgewiesen werde. Auch der „Gemeinsame Standpunkt zur Kies- und Sandgewinnung in Trinkwasserschutzgebieten (Stand: März 2007)“ der Rohstoffindustrie, des DVGW und der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) geht davon aus, dass eine Nassauskiesung allenfalls in der Schutzzone III B im Weg einer Befreiung im Einzelfall zugelassen werden kann.

87

(3) Des Weiteren stehen die in Nr. III.44 RVO enthaltenen Untersagungstatbestände, welche die landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstwirtschaftliche Betriebsführung und Nutzung einschränken, sofern sie nicht grundwasserschonend unter Vorsorgegesichtspunkten betrieben werden, mit höherrangigem Recht in Einklang.

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Den auf Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6 DVGW-Arbeitsblatt W 101 beruhenden Regelungen vermag die Antragstellerin aus den dargestellten Gründen nicht mit dem Vorhalt zu begegnen, das konkrete Gefahrenpotential sei nicht untersucht worden. Die abstrakte Gefahrensituation vor dem Hintergrund der Deckschichtenverhältnisse in der Niederterrasse wurde vielmehr auch hier genügend begründet. Danach rechtfertigen sich die Verbote in der Hauptsache durch die Abwehr von unsachgemäßem Dünger- und Schadstoffeintrag, insbesondere von Nitrat und Pflanzenbehandlungsmitteln, in den Untergrund und damit letztendlich in das Grundwasser. Ergänzend ist festzustellen, dass ein Zufluss pathogener Organismen aus der Schutzzone III nicht auszuschließen ist, da nicht alle Mikroorganismen (z. B. manche Viren) innerhalb von 50 Tagen abgetötet werden. Die Minimierung solcher Gefahren wird durch die entsprechenden Schutzanordnungen innerhalb der weiteren Schutzzone gleichfalls unterstützt (Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergbau vom 30. April 2013).

89

Die Schutzanordnungen sind außerdem inhaltlich nicht deshalb zu unbestimmt, weil – so der Vortrag der Antragstellerin − unklar bleibe, wie die Formulierung „grundwasserschonend unter Vorsorgegesichtspunkten“ zu verstehen sei.

90

Gesetzliche Tatbestände sind zwar so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können; welche Anforderungen an die Bestimmtheit gestellt werden müssen, lässt sich aber nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt von der Eigenart des Regelungsgegenstandes und dem Zweck der betroffenen Norm sowie davon ab, in welchem Ausmaß Grundrechte betroffen sind. Der verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG steht der Verwendung unbestimmter (Rechts-)Begriffe nicht von vornherein entgegen, sondern ist erst dann verletzt, wenn es wegen der Unbestimmtheit nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen (vgl. z. B. zusammenfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. August 2012 − OVG 2 B 13.09 –, juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

91

Nr. III.44 RVO enthält eine hinreichend klare Generalklausel, die durch die mit der Einleitung „insbesondere“ versehenen Nrn. III.44.1 bis 44.8 RVO näher umschrieben wird. Diese Unterziffern definieren negativ, unter welchen Voraussetzungen jedenfalls keine grundwasserschonende Nutzung betrieben werden darf. Im Wege einer systematischen und an Sinn und Zweck der Norm orientierten Auslegung lassen sich darüber hinausgehende weitere Fälle einer verbotenen Nutzung, die einen vergleichbaren Schweregrad haben müssen, ohne weiteres ermitteln.

92

Bei der Festlegung von Nutzungsauflagen für die Land- und Forstwirtschaft ist der Antragsgegner ferner nicht von pauschalen Vorgaben für Anbau- oder Bewirtschaftungsverfahren im Hinblick auf die Erreichung eines bestmöglichen Gewässerschutzes ausgegangen; stattdessen wurden standortbezogene Anforderungen unter Beachtung der Kriterien des DVGW-Arbeitsblattes W 104 (Grundsätze und Maßnahmen einer gewässerschützenden Landbewirtschaftung) zugrunde gelegt. Diese finden gerade in der Tabelle 1 DGVW-Arbeitsblatt W 101 ihren Niederschlag. Weiterhin enthält der Hinweis auf einen „bestmöglichen Gewässerschutz“ ohnehin nur eine Zielbestimmung, deren Ausfüllung auf der Grundlage des zuletzt genannten Regelwerks erfolgt.

93

Der Umstand einer fehlenden Kontamination des Erdreichs in den vergangenen Jahren unter Geltung der bisherigen Schutzverordnung verbietet auch keine Verschärfung bestehender Regelungen aufgrund neuer fachlicher Erkenntnisse oder einer neuen fachlichen Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Antragsgegner beanstandungsfrei vorgenommen.

94

Soweit die Antragstellerin bemängelt, dass bei der Ermittlung der Schutzfunktion der Deckschicht der erste Meter fehlerhaft nicht berücksichtigt worden sei, ist dieses Vorbringen ebenfalls unbeachtlich. Eine Bewertung des obersten Meters darf nicht erfolgen, da makroskopische Störungen des Bodens, zum Beispiel durch Grabgänge oder Wurzeln, bevorzugte Wasserwegsamkeiten bilden und damit keine Schutzwirkung entfalten. Die Verwendung eines abstrakten Punktebewertungsverfahrens ist gleichfalls keinen Zweifeln ausgesetzt. Eine Erhöhung dieses Punktwerts bis auf eine mittlere Schutzfunktion aufgrund des mächtigkeitsbedingt (1 m) vergleichsweise geringen Einflusses des Schutzfunktionswertes des Bodens ist flächendeckend nicht gegeben. Dies gilt umso mehr, als die Deckschichten der Niederterrasse bereits zum Teil zerstört oder beseitigt worden sind (vgl. die überzeugenden Darlegungen des Landesamtes für Bergbau und Geologie vom 30. April 2013).

95

Aus dem Vorhalt der Antragstellerin, dass gemäß Nr. III.44.1 RVO ein Aufbringen von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft nach Maßgabe der Düngeverordnung zulässig, das Lagern dieses Düngers hingegen gemäß Nr. III.44.2 RVO verboten sei und damit ein Aufbringen unmöglich gemacht werde, folgt kein Normwiderspruch. Gegenstand der Nr. III.44.2 RVO ist die Lagerung von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft (Gülle, Jauche, Festmist) sowie von Gärsubstraten, fließfähigen Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln außerhalb dauerhaft dichter Anlagen. Dünger nichttierischer Herkunft kann mithin ohne weiteres im Wasserschutzgebiet gelagert werden, Dünger tierischer Herkunft in dauerhaft dichten Anlagen ebenso. Im Übrigen ist das Aufbringen von tierischem Dünger nicht unmöglich, da dieser ggf. auch außerhalb des Schutzgebiets gelagert werden kann.

96

Notwendig ist auch dieses Verbot wegen der hier vorhandenen Bodenverhältnisse und des damit verbundenen abstrakten Gefährdungspotentials (vgl. auch Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6.2 DVGW-Arbeitsblatt W 101). Lagerstellen, die auf Dauer eingerichtet werden, m52;ssen generell als dauerhaft dichte Anlagen gebaut werden, da tierische Ausscheidungen Keime und wasserlösliche Stoffe enthalten, die geeignet sind, die Qualität von Grundwasser zu beeinträchtigen (siehe die Begründung im Verbotskatalog vom Oktober 2011). Dass der Antragsgegner die Verwendung tierischen Düngers in den einzelnen Schutzzonen zudem durchaus differenziert und je nach Gefährdungsgrad abgewogen hat, zeigt die Regelung in Nr. II.8 RVO (Anwendung von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft, Gärsubstrate, Komposte und Silagesickersaft), das nur für die Zonen I und II Geltung beansprucht. Die hier gegebene Begründung (vgl. auch Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 6.1 DVGW-Arbeitsblatt W 101), insofern bestehe das Risiko, dass Krankheitserreger aus den tierischen Ausscheidungen bis zur Gewinnungsanlage gelangen können, lässt Rechtsfehler ebenfalls nicht erkennen (vgl. Verbotskatalog vom Oktober 2011).

97

Ein über die Untersagungen nach Nr. III.4.4 RVO hinausgehendes Verbot der baulichen Veränderung der Hofstellen landwirtschaftlicher Betriebe in der Zone III A gemäß Nr. III.3 RVO scheitert entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin nicht an der Erforderlichkeit. In der Zone III A besteht zwar ein weniger hohes Gefährdungspotential (vgl. Kapitel 7 Nr. 4.2 DVGW-Ab. W 101), ein Verbot ist jedoch wegen der nicht ausreichenden Schutzfunktion der Deckschichten notwendig, weil auch insoweit weitere Bauten diese Schutzfunktion beeinträchtigen können. Das verständliche Anliegen der landwirtschaftlichen Betriebsinhaber, die Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Hofstellen zu sichern, muss demgegenüber zurücktreten.

98

Nach allem bedarf es keiner näheren Erläuterung, dass namentlich die Verbotstatbestände aus Nrn. II.2 (Errichten und Erweitern baulicher Anlagen einschließlich deren Nutzungsänderung), II.10 (Lagerung von Mineraldünger und Pflanzenschutzmitteln), II.12 (Kompostplätze, auch häusliche Eigenkompostierung), III.6 (Tierbesatz, insbesondere Beweidung, ausgenommen im Zeitpunkt der Hauptvegetation von Mai bis Oktober), III.7 (Biogasanlagen) sowie III.26 (Waldrodung, Kahlschlag, Erstaufforstungen, Grünlandumbruch) RVO rechtlich unbedenklich erscheinen und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen.

99

(4) Schließlich ist für die von den Verbotsregelungen betroffenen Gewerbebetriebe keine günstigere Beurteilung angezeigt. Die vor allem auch insoweit gegen die Bauverbote (vgl. Nrn. II.2, III.3 RVO) vorgebrachten ergänzenden Kritikpunkte zielen im Wesentlichen darauf ab, dem Antragsgegner ein willkürliches und unverhältnismäßiges Handeln zu unterstellen, weil von einzelnen Betrieben oder Betriebssparten keine Gefahren ausgingen und deshalb generelle Errichtungs- bzw. Erweiterungsverbote unstatthaft seien. So sei beispielsweise nicht verständlich, warum Einzelhandelsbetriebe untersagt sein müssten, obwohl von ihnen nach der Liste störender Anlagen auch in der Schutzzone III A keine Gefährdungen befürchtet werden müssten. Anderen Unternehmen würde dagegen ein hohes Gefährdungspotential unterstellt, obwohl nicht nachvollziehbar sei, welche Stoffe überhaupt in welchem Umfang ins Grundwasser gelangen könnten. Dieser Argumentation ist indes zu entgegnen, dass damit erneut ein dem Normzweck von Rechtsverordnungen zuwiderlaufendes Eingehen auf die Gegebenheiten des konkreten Sachverhalts verbunden wäre, welches letztlich zu unübersichtlichen und kaum vollziehbaren Regelungen führen würde. Dass der Antragsgegner die Grenzen einer typisierenden Betrachtung der Verbote überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich.

100

Das von der Antragstellerin angegriffene und in Nr. III.10 RVO mitenthaltene Verbot der Aufstellung oder des Parkens von Wohnwagen und Wohnmobilen außerhalb dafür zugelassener oder dafür seitens der Gemeindeverwaltung bestimmter Flächen mit geordneter Schmutzwasser- und Abfallbeseitigung findet seine Rechtfertigung in Kapitel 7 Tabelle 1 Nr. 7.8 DVGW-Arbeitsblatt W 101. Aus der vorerwähnten Zustimmung des Antragsgegners zum Bebauungsplan „Katharinenhof“ können keine Rückschlüsse auf eine fehlende Erforderlichkeit des in Nr. III.10 RVO geregelten Untersagungstatbestandes gezogen werden, da es sich um einen anderen Verfahrensgegenstand handelt. Die Zustimmung wurde überdies nur unter der Maßgabe erteilt, dass die darin enthaltenen Flächen zum Abstellen von Fahrzeugen entsprechend befestigt und entwässert werden.

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ee) Ferner ist auch im Übrigen eine unverhältnismäßige oder rechtswidrige Beschränkung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nicht festzustellen.

102

(1) Dass der gerichtliche Sachverständige die südliche Ausdehnung der Schutzzone III, wie gezeigt, teilweise mit einer anderen Begründung gerechtfertigt hat als der Antragsgegner, bedeutet nicht, dass an die Verhältnismäßigkeit zumindest der hierfür geltenden Schutzanordnungen nunmehr zugunsten des von den Regelungen betroffenen Adressatenkreises geringere Ma&#223;stäbe angelegt werden müssen oder eine erneute „Abwägung“ zu erfolgen habe, wie die Antragstellerin meint. Dafür spricht, dass sich die Abgrenzung und somit das Vorhandensein einer abstrakten Gefährdung des Trinkwasservorkommens innerhalb der gesamten Schutzzone III im Ergebnis uneingeschränkt bestätigt hat und dieser Umstand als solcher unter gleichzeitiger Berücksichtigung der individuellen örtlichen Bodenverhältnisse, mit denen der Antragsgegner die einzelnen Verbote im Wesentlichen begründet hat, die Anordnungen im Interesse eines präventiven Grundwasserschutzes trägt.

103

(2) Ein erheblicher Eingriff in bestehende und bestandsgeschützte Betriebe ist nicht deshalb gegeben, weil § 4 RVO nach Auffassung der Antragstellerin rechtsfehlerhaft ist. Danach müssen für Anlagen, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung rechtmäßig bestehen und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben betrieben werden, die sich aus dieser Verordnung ergebenden strengeren Anforderungen erst nach Anordnung durch die zuständige Wasserbehörde beachtet werden.

104

Eine unzulässige Verlagerung auf den Vollzug der Verordnung (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 22. April 1993, a.a.O.) liegt darin nicht. Der vorstehend zitierten Entscheidung, auf die sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang beruft, lag eine Konstellation zugrunde, die mit dem vorliegend zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar ist. Gegenstand des dortigen Verfahrens war unter anderem ein Verbot baulicher und gewerblicher Anlagen in der Schutzzone II in Ortskernen, obwohl mehrere sachverständige Stellen dies nicht für erforderlich gehalten hatten. Ein Verbot mit Dispens genügte ausweislich der Entscheidungsgründe nicht dem Übermaßverbot, weil die wasserschutzrechtliche Befreiung nur die Berücksichtigung von Sonderinteressen einzelner Eigentümer zulasse, deren Lage verschieden sei von derjenigen anderer Eigentümer (vgl. hierzu die Neufassung des § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG). Dabei war eine Übergangsbestimmung zu überprüfen, die für bestehende Einrichtungen deren Beseitigung oder Änderung auf Anordnung vorsah, wohingegen vorliegend nur die Beachtung von strengeren Anforderungen ermöglicht wird. Eine solche Regelung ist jedoch im Hinblick auf das wasserhaushaltsrechtliche Vorsorgeprinzip nicht unangemessen und darüber hinaus auch sachgerecht, da es nicht Aufgabe einer Verordnung sein kann, jeden einzelnen Bestandsschutzfall individuell-konkret zu regeln.

105

(3) Zu Unrecht behauptet die Antragstellerin, der Antragsgegner habe den Regionalen Raumordnungsplan Mittelrhein-Westerwald – RROP – ignoriert, der eine Weiterentwicklung des Rheintals nach dem Leitbild „Wohnen und Arbeiten in einer zukunftsträchtigen Technologie-, Dienstleistungs- und Tourismusregion“ (vgl. S. 67 RROP, G1) ebenso wie das DVGW-Arbeitsblatt W 101 fordere. Eine Berücksichtigung derartiger Gesichtspunkte war entbehrlich, nachdem bereits die Obere Landesplanungsbehörde keine Bedenken erhoben und zutreffend darauf hingewiesen hatte, dass die Flächen in einem Vorrang- und Vorbehaltsgebiet für Hochwasserschutz liegen (vgl. Schreiben vom 19. April 2011). Demzufolge ist in Nr. 4.2.1 RROP (Wasser- und Hochwasserschutz) als Ziel definiert, dass entsprechende Vorranggebiete von jeglicher Bebauung freizuhalten und in den Vorbehaltsgebieten dem vorbeugenden Hochwasserschutz ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Ferner fällt ins Gewicht, dass die Sicherung und Verbesserung der Freiraumqualität unter der Vorbedingung der wasserwirtschaftlichen Verträglichkeit steht (vgl. Nr. 5.7 G6 RROP).

106

(4) Schließlich sind keine Grundrechte von privaten Dritten verletzt.

107

Die einzelnen Regelungen beinhalten grundsätzlich keine Enteignungen zu Lasten der Grundstückseigentümer im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern stellen Be-stimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass das jeweilige Grundstück durch seine Lage und Beschaffenheit sowie die Einbettung in seine Umwelt geprägt wird. Diese „Situationsgebundenheit“ kann den Gesetzgeber zu einer Beschränkung der Eigentumsposition berechtigen, die hier wegen der überragenden Bedeutung des Gemeinwohlinteresses an einer gesicherten Trinkwasserversorgung nicht unangemessen ist (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 –, BVerfGE 58, 300). Keine anderen Kriterien gelten, soweit im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb in Rede steht. Dessen Schutz geht nicht weiter als derjenige, den seine wirtschaftliche Grundlage − das Grundeigentum – genießt (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981, a.a.O.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 13. April 1983 – 4 C 76.80 –, BVerwGE 67, 93).

108

Des Weiteren scheidet ein Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG aus. Die getroffenen Festsetzungen stellen allenfalls mittelbare Berufsausübungsregelungen dar, die durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 2000 − 1 BvR 1538/98 –, juris).

109

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO entsprach es der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, nachdem diese sich durch die Stellung eines Sachantrages einem eigenen Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.

110

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

111

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

112

Beschluss

113

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.3 analog des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [LKRZ 2014, 169]).

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