Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (9. Senat) - 9 C 10455/19

Tenor

Das Verfahren wird hinsichtlich des Klägers zu 2) eingestellt, nachdem er seine Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Das Verfahren ist gebührenpflichtig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klage zielt auf eine Ergänzung des Flurbereinigungsplans um die Festsetzung einer Entschädigung für durch das Flurbereinigungsverfahren entgangene Zuwendungen aus Vertragsnaturschutzvereinbarungen.

2

Die Kläger sind Teilnehmer an der Unternehmensflurbereinigung „Umgehung K.“. Sie wurde durch Flurbereinigungsbeschluss vom 26. August 2005 nach § 87 und § 1 FlurbG angeordnet, „um Nachteile für die allgemeine Landeskultur durch die neugeplante Bundesstraße B 327 zu vermeiden, um den Landverlust auf einen größeren Teil von Eigentümern zu verteilen und um gleichzeitig zur Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft sowie zur Förderung der allgemeinen Landeskultur und der Landesentwicklung beizutragen“.

3

Die Kläger haben in das Verfahren zusammen eine Fläche von 24,2131 ha eingebracht, der Kläger zu 1) allein unter der Ordnungsnummer 184.11 eine Fläche von 13,7340 ha in 19 Flurstücken und beide Kläger unter der Ordnungsnummer 280.20 mit einem jeweils hälftigen Miteigentumsanteil eine Fläche von 10,4791 ha in 11 Flurstücken. Die Einwurfgrundstücke der Kläger wurden mit 75.731,66 Werteinheiten (WE) bewertet. Unter Berücksichtigung eines Landabzugs für das Unternehmen „Umgehungsstraße“ in Höhe von 3 % und für die gemeinschaftlichen Anlagen von 1,1 % ergab sich unter Berücksichtigung von Verzichtserklärungen ein Abfindungsanspruch in Höhe von 76.849,45 WE. Den Klägern wurde im Flurbereinigungsplan eine zusammen 24,7264 ha große und mit 76.284,83 WE bewertete Landabfindung zugewiesen, und zwar für den Kläger zu 1) unter der Ordnungsnummer 184.11 eine Fläche von 20,4700 ha in 6 Flurstücken und für den Kläger zu 2) unter der neu gebildeten Ordnungsnummer 280.01 eine Fläche von 4,2564 ha in einem Flurstück. Daneben wurde neben einem Geldausgleich für unvermeidbare Minderausweisungen (iHv 1.267,22 €) eine Geldentschädigung für den 3%-igen Landabzug in Höhe von 4.780,04 € festgesetzt.

4

Der Kläger zu 1) bewirtschaftet einen Vollerwerbsbetrieb mit ca. 45 ha in konventioneller Bewirtschaftungsweise (Marktfruchtbau), darunter auch die von ihm gepachteten Flächen des Klägers zu 2), seines Vaters. Der Betrieb nimmt seit 2005 an Programmen zur Förderung extensiver Erzeugungspraktiken im Agrarbereich teil. Am 20. Juli 2015 schloss er einen Bewirtschaftungsvertrag für eine Bewilligungsfläche von 31,9791 ha nach dem Programm EULLa – Entwicklung von Umwelt, Landwirtschaft und Landschaft –, Programmteil M „Vertragsnaturschutz Acker“, Variante „Anlage von Ackerrandstreifen zum Schutz von Ackerwildkräutern“. Nach diesem Programmteil wird für jeden Hektar Bewirtschaftungsfläche jährlich eine Zuwendung von 890,- € gewährt. Am 2. Februar 2016 schloss der Kläger zu 1) einen weiteren Bewirtschaftungsvertrag nach diesem Programmteil für eine Bewirtschaftungsfläche von 2,4197 ha.

5

Im Planwunschtermin am 1. Februar 2016 erklärte der Kläger zu 1), dass die im Miteigentum stehenden Grundstücksflächen aufgeteilt und der Kläger zu 2) möglichst mit einer Ackerfläche abgefunden werden solle. Er selbst wünsche eine Abfindung in drei näher genannten Blöcken, möglichst viel in Hausnähe. Ferner wies er darauf hin, dass er an einem Vertragsnaturschutzprogramm teilnehme und wegen der wegfallenden Flächen über eine Entschädigung für die Vertragsjahre 2017 bis 2019 entschieden werden müsse.

6

Die Flurbereinigungsbehörde lehnte eine dahingehende Ergänzung des Flurbereinigungsplans ab, nachdem dem Kläger zuvor bestätigt worden war, dass die Teilnahme eines Landwirts an dem EULLa-Programm zum ordnungsgemäßen Wirtschaftsbetrieb im Sinne von § 34 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG gehöre.

7

Mit Verfügung vom 9. August 2016 wurden die Teilnehmer des Verfahrens mit Wirkung zum 15. September 2016 vorläufig in den Besitz der neuen Grundstücke eingewiesen.

8

Zur Begründung des gegen den Flurbereinigungsplan erhobenen Widerspruchs trugen die Kläger im Wesentlichen vor: Mit der eigentlichen Landabfindung seien sie einverstanden. Darüber hinaus stünde ihnen aber eine Entschädigung für die entgangenen Zuwendungen aus den Vertragsnaturschutzvereinbarungen zu. Mit den neu zugeteilten Flächen nehme der Kläger zu 1) nur noch mit einem Drittel seines Besitzes an dem Vertragsnaturschutzprogramm teil, zwei Drittel werde herkömmlich bewirtschaftet. Vor der Besitzanweisung sei es umgekehrt gewesen. Mit dem Verlust der ursprünglich angemeldeten Bewilligungsflächen gingen ihm für die restliche Vertragslaufzeit in den Jahren 2017 bis 2019 bzw. 2020 die vereinbarten Zuwendungen verloren. Dieser Verlust beruhe auf dem Unternehmensflurbereinigungsverfahren, weshalb er gemäß § 88 Nr. 5 FlurbG einen entsprechenden Ausgleich beanspruchen könne. Die Forderung belaufe sich – ohne Zinsen – auf 44.900,15 €. Die ihm in den Verträgen zugesagten Zuwendungen glichen nicht nur den Ertragsausfall aus, sondern enthielten auch einen finanziellen Anreiz zur Durchführung der Naturschutzmaßnahmen.

9

Die Spruchstelle für Flurbereinigung wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2019 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Kläger seien wertgleich abgefunden. Einen Nachteilsausgleich nach § 88 Nr. 5 FlurbG könnten sie nicht beanspruchen. Es fehle bereits an einem entschädigungspflichtigen Eingriff in die EULLa-Verträge. So liege kein Eingriff in eine rechtlich geschützte Position der Kläger vor. Insbesondere ergebe sich eine solche Position nicht aus den vom Kläger zu 1) abgeschlossenen Bewirtschaftungsverträgen. Nach den vertraglichen Absprachen und den zugrundeliegenden normativen Regelungen entfalle der Förderanspruch, wenn die Bewilligungsflächen nicht vertragsgemäß bewirtschaftet würden. Beim Flächenverlust infolge einer Flurbereinigung sei der Landwirt allerdings von der Pflicht zur Rückzahlung bereits erhaltener Zuwendungen befreit. Jedenfalls fehle es an der notwendigen Unmittelbarkeit zwischen der Unternehmensflurbereinigung und dem vom Kläger zu 1) geltend gemachten Schaden. Denn der „Verlust“ an Zahlungsansprüchen sei Folge einer unter Berücksichtigung von § 44 FlurbG festgesetzten wertgleichen Abfindung. Es erscheine widersprüchlich, wenn der Kläger zu 1) einerseits im Planwunschtermin eine große Landabfindung fordere, andererseits aber weiterhin die sich aus der kleinteiligen Feldstruktur ergebenden Fördermöglichkeiten beanspruche. Im Übrigen sei zu fragen, ob der Kläger zu 1) die beiden Verträge überhaupt hätte abschließen dürfen, da er doch habe wissen müssen, dass er die fünfjährige Vertragslaufzeit nicht werde erfüllen können. Schließlich sei zweifelhaft, ob dem Kläger zu 1) überhaupt ein Schaden entstanden sei; denn die Zuwendungen dienten doch gerade dazu, die mit den Naturschutzmaßnahmen verbundenen Ertragseinbußen auszugleichen.

10

Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Der Verwaltungsrechtsweg sei gegeben, da nicht über die Höhe der Entschädigung gestritten werde. Die Abfindung im Flurbereinigungsplan sei rechtswidrig. Der Beklagte sei nicht berechtigt, entschädigungslos in bestehende Bewirtschaftungsverträge einzugreifen. Durch den Entzug der vertraglich festgelegten Bewilligungsflächen werde ihm die Erfüllung der Naturschutzmaßnahmen unmöglich gemacht. Der Planwunsch des Klägers zu 1) sei dahin gegangen, möglichst viel für Vertragsnaturschutz geeignete Flächen zu erhalten. Der Wunsch nach Zuteilung großer Flurstücke stehe hierzu nicht in Widerspruch. Es sei unstreitig, dass er grundsätzlich keinen Anspruch auf Abschluss von Bewirtschaftungsverträgen habe. Hier gehe es jedoch um einen Eingriff in bereits abgeschlossene Verträge. Dass die abgeschlossenen Verträge nach den Regelungen der dazu ergangenen Verwaltungsvorschrift infolge des Flächenverlustes beendet würden, bedeute nicht, dass er den Entzug der Förderung entschädigungslos hinnehmen müsse. Mit dem Eingriff in den Vertrag werde ihm ein Sonderopfer abverlangt. Die entschädigungslose Hinnahme dieses Opfers stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit und in das Eigentumsgrundrecht dar. Unabhängig von § 88 Nr. 5 FlurbG liege auch ein Verstoß gegen die Abfindungsvorgaben in § 44 Abs. 2 FlurbG vor. Denn die Behörde habe bei der Abfindungsgestaltung die spezifischen betriebswirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu 1) nicht hinreichend berücksichtigt. Der hier geltend gemachte Nachteilsausgleich entspreche der Entschädigungspflicht beim Wechsel von alternativer zu konventioneller Bewirtschaftung.

11

Der Kläger zu 2) hat seine Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

12

Der Kläger zu 1) beantragt,

13

unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2019 eine Entschädigung im Sinne des § 88 FlurbG festzusetzen,

14

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über die geltend gemachte Entschädigung in Höhe von 45.000,00 € zuzüglich gesetzlicher Zinsen jeweils ab Fälligkeit der einzelnen Teilbeträge, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden und die Regelung im Flurbereinigungsplan festzusetzen,

15

äußerst hilfsweise, eine wertgleiche Abfindung herzustellen.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Dem Kläger zu 1) stehe kein Anspruch auf Nachteilsausgleich im Sinne von § 88 Nr. 5 FlurbG zu. Aus den abgeschlossenen Bewirtschaftungsverträgen ergebe sich keine entschädigungspflichtige Rechtsposition. Der Kläger sei Verträge eingegangen, deren Verpflichtungen er erkennbar nicht habe einhalten können. Die Flurbereinigungsbehörde habe die Vertragsnaturschutzbeziehungen des Klägers zu 1) hinreichend berücksichtigt. Im Planwunschtermin sei eine Erklärung, möglichst viele der „Ackerwildkräuter“- Flächen behalten zu wollen, nicht erfolgt. Der Kläger verhalte sich widersprüchlich, im Planwunschtermin eine großzügige Zusammenlegung zu erbitten, jetzt aber eine Entschädigung wegen des Verlustes kleinteiliger Vertragsnaturschutzflächen zu beanspruchen. Insgesamt sei der Kläger wertgleich abgefunden. Dem Kläger zu 1) entstünden keine unternehmensbedingten Nachteile.

19

Die Beigeladene zu 1) tritt der Klage entgegen und weist darauf hin, dass die Teilnehmer der Flurbereinigung frühzeitig im Jahr 2015 auf die für den Sommer 2016 geplante vorläufige Besitzeinweisung hingewiesen worden seien.

20

Der Beigeladene zu 2) hält die Klage ebenfalls für nicht begründet. Insbesondere beruhe der geltend gemachte Nachteil nicht auf dem Straßenbauunternehmen und den hierauf bezogenen Regelungen im Flurbereinigungsplan.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

22

Das Verfahren war hinsichtlich des Klägers zu 2) gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem er die Klage zurückgenommen hat.

23

Die aufrechterhaltene Klage des Klägers zu 1) ist zulässig.

24

Insbesondere ist das Flurbereinigungsgericht gemäß § 140 und § 138 FlurbG i. V. m. § 40 VwGO für die Klage zuständig.

25

Der Kläger zu 1) begehrt eine Entscheidung darüber, dass im Flurbereinigungsplan ausgleichsbedürftige Nachteile im Sinne von § 88 Nr. 5 FlurbG noch nicht hinreichend erfasst und angemessen ausgeglichen sind. Der Streit hierüber obliegt den Flurbereinigungsgerichten. Lediglich der Streit über die Höhe der zu zahlenden Entgeltentschädigung ist nach § 88 Nr. 7 Satz 1 FlurbG den ordentlichen Gerichten vorbehalten (vgl. zum Vorstehenden: BayVGH, Urteil vom 25. November 2004 – 13 A 02.749 –, RDL 2005, 292 und RzF 51 zu § 87 Abs. 1 FlurbG; Urteil vom 28. Oktober 1993 – 13 A 91.1156 –, RzF 95 zu § 44 Abs. 2 FlurbG; Urteil vom 29. Oktober 1990 – 13 A 89.3132 –, RDL 1991, 68 und RzF 89 zu § 44 Abs. 1 FlurbG; Wingerter, in: Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 88, Rn. 41 f.).

26

Der Rechtsstreit beschränkt sich somit auf die Frage, ob der Beklagte dem Grunde nach verpflichtet war, in den Flurbereinigungsplan eine Festsetzung über die Gewährung einer Geldentschädigung für die entgangenen Förderungen nach den Vertragsnaturschutzvereinbarungen aufzunehmen. Ob der Kläger zu 1) die Höhe der entgangenen Zuwendungen zutreffend berechnet hat, insbesondere ob nicht ein aus den Abfindungsflurstücken erwirtschaftbarer Mehrertrag hätte gegengerechnet werden müssen, wäre bei Bejahung des Anspruchs dem Grunde nach von den ordentlichen Gerichten zu beantworten.

II.

27

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

28

Der Kläger zu 1) hat keinen Anspruch auf Abänderung des Flurbereinigungsplans. Denn er ist wertgleich abgefunden und hat keinen Anspruch auf Festsetzung einer Geldentschädigung für die von ihm im Hinblick auf die Vertragsnaturschutzvereinbarungen geltend gemachten Nachteile.

29

1. Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 88 Nr. 5 FlurbG.

30

§ 88 Nr. 5 FlurbG stellt eine Sondervorschrift für das Verfahren der Unternehmensflurbereinigung dar. Danach sind Nachteile, die einem Beteiligten durch das Unternehmen entstehen, in Geld zu entschädigen, sofern deren Behebung nicht möglich oder nach dem Ermessen der Flurbereinigungsbehörde nicht zweckmäßig erscheint. Dieser Anspruch gilt auch für Nebenbeteiligte, also auch hinsichtlich des Pachtbesitzes des Klägers zu 1) (vgl. Wingerter, a. a. O., § 88, Rn. 31).

31

§ 88 Nr. 5 FlurbG begründet eine Entschädigung für einen enteignenden Eingriff (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 1976 – III ZR 98/73 –, BGHZ 66, 173 und juris, Rn. 27). Der Nachteil muss mithin in der Beeinträchtigung von Eigentum oder einer eigentumsmäßig geschützten Rechtsposition bestehen; hierzu zählen auch verfestigte, weil rechtlich zulässige (ausgeübte oder ausübbare) Möglichkeiten der Nutzung eines Grundstücks, nicht aber bloße Aussichten und Erwartungen (vgl. BGH, ebenda, juris, Rn. 13 bis 15).

32

Durch das Straßenbauunternehmen „Umgehung K.“ ist dem Kläger zu 1) kein im Sinne von § 88 Nr. 5 FlurbG ausgleichspflichtiger Nachteil entstanden.

33

a) Es fehlt bereits an einem Eingriff in eine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition.

34

(1) Zunächst stand dem Kläger zu 1) ungeachtet der abgeschlossenen Bewirtschaftungsverträge aufgrund seines Altbesitzes kein verfestigter Anspruch auf Gewährung staatlicher Zuwendungen als Ausgleich für übernommene Naturschutzmaßnahmen zu.

35

Denn auf die Gewährung der Zuwendungen bestand nach dem staatlichen Förderprogramm kein Anspruch. Dies ergibt sich aus der Verwaltungsvorschrift (VV) des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 13. Juni 2017 „Programm zur Förderung extensiver Erzeugungspraktiken im Agrarbereich aus Gründen des Umweltschutzes und des Landschaftserhalts (Entwicklung von Umwelt, Landwirtschaft und Landschaft – EULLa), die nach Nr. 9.1 mit Wirkung vom 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist und auf der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) beruht. Mit diesem Programm soll ein wirksamer Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums geleistet werden; durch die Umwandlung von Ackerflächen in Grünland sollen Biotope mit dem Ziel eines vernetzten Biotopsystems geschaffen werden (Nr. 1.1 VV). Die Förderung erfolgt durch Gewährung von Zuwendungen, die den Einkommensausfall ausgleichen oder weitgehend vermindern sollen (Nr. 1.2 VV). Nach Nr. 1.4 VV besteht kein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendungen. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

36

Für den Kläger zu 1) eröffnete der Zuschnitt seines Altbesitzes daher zunächst nur eine Chance auf Abschluss eines Bewirtschaftungsvertrages und dies nur, sofern sichergestellt war, dass die Verpflichtungen des von ihm verfolgten Programmteils für die Dauer des Verpflichtungszeitraums erfüllt würden (Nr. 5.5 und 5.8.1 VV). Für den vom Kläger zu 1) gewählten Programmteil M „Vertragsnaturschutz Acker“, Variante „Anlage von Ackerrandstreifen zum Schutz von Ackerwildkräutern“ (Nr. 3.13.1 VV) sieht Nr. 6.2.4 VV die Möglichkeit einer Antragstellung auch bei kürzeren Laufzeiten nicht vor.

37

(2) Soweit der Kläger zu 1) einen Eingriff in die sich aus den beiden Bewirtschaftungsverträgen vom 20. Juli 2015 und vom 2. Juni 2016 ergebenden Rechtspositionen geltend macht, hat er ebenfalls einen eigentumskräftigen Anspruch auf Erhalt der Zuwendungen für die gesamte Vertragslaufzeit nicht dargetan.

38

Denn die vertraglich vereinbarten Zuwendungsansprüche standen von vorneherein unter dem Vorbehalt, dass der Vertragszweck (hier die Anlage und Bewirtschaftung von Ackerrandstreifen zum Schutz von Ackerwildkräutern gemäß Nr. 3.13.1 und Nr. 6.1.13 VV) über die gesamte Vertragslaufzeit erfüllt und nicht durch flurbereinigungsbedingten Flächenverlust vereitelt wird. Kann der Landwirt seine Pflicht, die Nutzungsberechtigung an den beantragten Flächen für die Dauer des Verpflichtungszeitraums sicherzustellen (Nr. 5.5 und Nr. 5.8.1 VV sowie Nr. 1 und Nr. 5.1 der abgeschlossenen Bewirtschaftungsverträge [vgl. hierzu das im Widerspruchseinzelheft – Bl. 81 ff. – enthaltene Muster des Vertrages]), nicht erfüllen, entfallen gemäß Nr. 5 VV die Zuwendungsvoraussetzungen (vgl. insbesondere Nr. 5.4 VV – Sicherstellung der Nutzungsberechtigung – und Nr. 5.8.1 VV – Einhaltung der Verpflichtungen des Programmteils für die gesamte Dauer des Verpflichtungszeitraums –). Beruht das Unvermögen des Zuwendungsempfängers auf Flächenverlusten infolge eines Bodenordnungsverfahrens nach dem Flurbereinigungsgesetz, wird er allerdings nach Nr. 8.6.3 VV und Nr. 6.3 des Bewirtschaftungsvertrages von der bei Flächenverlusten aus anderem Grund bestehenden Pflicht zur Rückzahlung auch bereits erhaltener Zuwendungen befreit. Damit stellen die Förderbestimmungen die Landwirte von dem Risiko frei, dass ihnen die in die Verträge eingebrachten Bewirtschaftungsflächen während des Bewirtschaftungszeitraums durch Maßnahmen der Flurbereinigung entzogen werden. Tritt dieser Fall ein, kann der Landwirt die auf der Grundlage des Altbesitzes erlangten Zuwendungen behalten und mit den neu zugeteilten Flurstücken neue Bewirtschaftungsverträge abschließen, so wie dies der Kläger zu 1) auch praktiziert hat.

39

Hieraus ergibt sich: Ebenso wie ein Landwirt vor Abschluss von Vertragsnaturschutzvereinbarungen keinen Anspruch auf Gewährung staatlicher Zuwendungen für übernommene Naturschutzmaßnahmen hat, ist ein solcher Anspruch auch nicht aufgrund der vom Kläger zu 1) abgeschlossenen Bewirtschaftungsverträge entstanden. Denn der darin für die Vertragslaufzeit vereinbarte Zuwendungsanspruch stand von vorneherein unter dem Vorbehalt, dass der Zuwendungsempfänger den Besitz an den vertraglichen Flurstücken nicht durch Maßnahmen der Flurbereinigung verliert. Wie in jedem Fall des durch die Bodenordnung ausgelösten Besitzwechsels verliert er die sich aus der spezifischen Lage und dem Zuschnitt des Altbesitzes ergebenden Nutzungsmöglichkeiten, um dafür die sich aus dem neuen Besitz ergebenden Chancen zu gewinnen.

40

b) Darüber hinaus und jedenfalls werden die von dem Kläger zu 1) geltend gemachten Nachteile nicht durch das dem Flurbereinigungsverfahren zugrundeliegende Unternehmen herbeigeführt.

41

Die fehlende Kausalität ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass es sich nach dem Flurbereinigungsbeschluss vom 26. August 2005 um ein sogenanntes kombiniertes Verfahren handelt, bei dem nicht nur der unternehmensbedingte Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilt, sondern auch die allgemeinen Produktions- und Arbeitsbedingungen der Landwirtschaft verbessert werden sollen (vgl. zum kombinierten Verfahren: Wingerter, a. a. O., § 87, Rn. 30). Der hier von dem Kläger zu 1) beklagte Verlust an einer Vielzahl von Einwurfgrundstücken mit entsprechend großem Umfang an Randflächen bzw. mit einer Flächengröße von jeweils unter 2 ha zur Inanspruchnahme der pauschalierten Förderung nach Nr. 6.1.13 Abs. 3 VV beruht nicht auf dem Ziel, dem Straßenbauunternehmen die benötigten Flächen zuzuteilen und den unternehmensbedingten Landverlust auf einen größeren Kreis Betroffener zu verteilen (§ 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Der Wegfall des kleinteiligen Besitzes des Klägers zu 1) wurde vielmehr zur Erreichung des mit dem Verfahren ebenfalls bezweckten allgemeinen flurbereinigungsrechtlichen Ziels angeordnet, die Produktions- und Arbeitsbedingungen der Landwirtschaft durch Bildung großer Bewirtschaftungsflächen zu erleichtern (§§ 1, 37 Abs. 1 und 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG).

42

Zwar war das Straßenbauunternehmen Anlass für das Flurbereinigungsverfahren. Der Verlust an kleinteiligem Besitz mit der sich daraus ergebenden Chance auf eine umfangreiche Ackerrandstreifenförderung und die Abfindung mit wenigen großen Grundstücken geschah jedoch aus allgemeinen agrarstrukturellen Zwecken. Mithin fehlt es an dem für § 88 Nr. 5 FlurbG erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang des geltend gemachten Nachteils mit dem Unternehmen.

43

c) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 1) ist die Versagung des geforderten Nachteilsausgleichs auch mit den Grundrechten vereinbar.

44

Soweit die oben wiedergegebenen Vorschriften des einfachen Rechts Regelungen der Berufsausübung darstellen, beruhen sie auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls, die angesichts der mit einer Flurbereinigung ohnehin verbundenen Umstellungen nicht zu übermäßig belastenden Nachteilen führen. Dies genügt den verfassungsrechtlichen Ansprüchen an den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit gem. Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. hierzu: BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 – 1 BvR 596/56 –, BVerfGE 7, 377 [405 f.]; Kammerbeschluss vom 20. Dezember 2017 – 1 BvR 2233/17-, BayVBl. 2018, 378 und juris, Rn. 11). Aus denselben Gründen scheidet eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus, da sich die getroffenen Regelungen als verhältnismäßige Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erweisen (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen: BVerfG, Beschluss vom 9. Januar 1991 – 1BvR 929/89 -, BVerfGE 83, 201 [212]; Beschluss vom 23. Mai 2018 – 1 BvR 97/14, 1 NBvR 2392/14 -, NJW 2018, 3007, Rn. 79).

45

2. Der Kläger zu 1) kann den geltend gemachten Ausgleich auch nicht aus dem Gebot wertgleicher Abfindung (§ 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) oder der Pflicht zum Ausgleich vorübergehender Nachteile (§ 51 FlurbG) herleiten.

46

a) Der Kläger zu 1) ist durch die Zuteilung mit den im Nachweis des neuen Bestandes näher bezeichneten sechs Flurstücken mit einer Flächengröße von 0,2128 ha, 0,5494 ha 0,8904 ha, 3,4607 ha, 7,3284 ha und 8,0283 ha (vgl. Bl. 15 des Widerspruchseinzelheftes) wertgleich in Land abgefunden.

47

Dies ergibt sich aus der ausführlichen Stellungnahme der Flurbereinigungsbehörde vom 18. Dezember 2017 (Bl. 102 ff. des Widerspruchseinzelhefts), der der Kläger zu 1) – vorbehaltlich der streitgegenständlichen Ausgleichsproblematik – nicht widersprochen hat.

48

Insbesondere ist auch die Gestaltung der Abfindung unter Berücksichtigung der Anforderungen gemäß § 44 Abs. 2 FlurbG wertgleich erfolgt. Nach dieser Vorschrift sind bei der Landabfindung die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander abzuwägen und alle Umstände zu berücksichtigen, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben.

49

Für die Wertgleichheit der Abfindung kommt es auf den objektiven Nutzungswert der Fläche für jedermann an; abzustellen ist auf die im Boden liegenden Ertragsbedingungen, unabhängig von der individuellen Wirtschaftsweise; auch alternativ (ökologisch) bewirtschaftete Flächen sind wie konventionell bewirtschaftete Flächen zu bewerten (vgl. OVG RP, Urteil vom 10. April 2019 – 9 C 10748/18.OVG – [Verlust humusreichen Bodens für einen Ökolandwirt], RdL 2019, 329 und juris, Rn. 18 f.; Mayr, in: Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 28, Rn. 3b). Umstellungsprobleme bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben sind gegebenenfalls als vorübergehende Nachteile gemäß § 51 FlurbG auszugleichen (vgl. OVG RP, Urteil vom 10. April 2019, ebenda, juris, Rn. 19 und 30 m. w. N.).

50

Mit der Abfindung des Klägers zu 1) mit teilweise sehr großen Flurstücken ist die Flurbereinigungsbehörde ihrer Verpflichtung aus § 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG nachgekommen. Danach müssen Landabfindungen in möglichst großen Grundstücken ausgewiesen werden. Der Kläger hat in dem dafür vorgesehenen Termin keinen qualifizierten Planwunsch dahingehend geäußert, nur mit solchen Flurstücken abgefunden zu werden, die ihm wegen der Länge der Randflächen und/oder der pauschalen Fördermöglichkeit für Kleinparzellen gemäß Nr. 6.1.13 Abs. 3 VV in möglichst großem Umfang die weitere Teilnahme am Ackerrandstreifenprogramm ermöglicht. Dies hat der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Im Übrigen begründet die Niederschrift über den Planwunschtermin am 1. Februar 2016 als öffentliche Urkunde vollen Beweis ihres Inhalts (vgl. § 417 ZPO).

51

b) Schließlich kann der Kläger zu 1) den geltend gemachten Nachteilsausgleich auch nicht aus der Bestimmung in § 51 FlurbG herleiten.

52

Danach sind ein vorübergehender Unterschied zwischen dem Wert der alten Grundstücke und dem Wert der Landabfindung sowie andere vorübergehende Nachteile einzelner Teilnehmer, die das Maß der den übrigen Teilnehmern entstehenden gleichartigen Nachteile erheblich übersteigen, durch Geld oder in anderer Art auszugleichen.

53

Dem Kläger zu 1) entsteht durch den Verlust von bislang für die Ackerrandstreifenförderung geeigneter Flurstücke kein vorübergehender, im Verhältnis zu anderen Teilnehmern besonderer Mehraufwand, wie etwa dem zur Humusanreicherung eines Abfindungsflurstücks gezwungenen ökologisch wirtschaftende Landwirt. Der Kläger zu 1) hat sich lediglich darauf einzustellen, dass ihm aufgrund der großteiligen Abfindung nicht mehr im selben Umfang wie bisher geeignete Flächen für den Ackerrandstreifenschutz zur Verfügung stehen. Hierbei handelt es sich jedoch um die zwangsläufige Folge aus der Erfüllung der flurbereinigungsrechtlichen Pflicht gemäß § 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG, Landabfindungen in möglichst großen Grundstücken auszuweisen.

54

In dem Verlust an einer Vielzahl kleinteiliger Flurstücke als zwangsläufige Folge einer gelungenen Arrondierung des Grundbesitzes liegt daher kein vorübergehender Nachteil, der durch einen zeitlich und gegenständlich begrenzten Aufwand zu beheben wäre. Vielmehr hat sich der Kläger zu 1) auf die neue Lage einzustellen und – wie geschehen – auf der Grundlage der ihm zugeteilten Flurstücke neue Bewirtschaftungsverträge abzuschließen. Würde zu dem durch Zusammenlegung vieler kleinteiliger zu wenigen großen Flurstücken eingetretenen flurbereinigungsrechtlichen Vorteil noch zusätzlich ein Ausgleich für Nutzungsoptionen aufgrund der Kleinteiligkeit des Altbesitzes gewährt, käme dies einer nicht gerechtfertigten Überkompensation gleich.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 2 VwGO. Für die zurückgenommene Klage fallen keine Gebühren an (§ 147 Abs. 3 FlurbG). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind deshalb nicht gem. § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig erklärt worden, weil sie mangels Antragstellung ihrerseits kein Kostenrisiko eingegangen sind (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

56

Die Höhe der Gebühren errechnet sich nach § 3 GKG.

57

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

58

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

59

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

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