Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (7. Senat) - 7 B 11124/20

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 30. November 2020 wird aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers vom 3. November 2020 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Gründe

1

Die Erinnerung (Antrag auf gerichtliche Entscheidung) der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Senats vom 30. November 2020 ist gemäß § 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO zulässig und begründet.

2

Die mit Kostenfestsetzungsantrag vom 3. November 2020 geltend gemachten außergerichtlichen Kosten für das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO – eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV), eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV und die hierauf entfallende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV – sind entgegen der Annahme des Urkundsbeamten nicht notwendig im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO und deshalb nicht von der kostenpflichtigen Partei zu erstatten.

3

1. Das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO bilden nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz dieselbe Angelegenheit mit der Folge, dass diejenigen Kosten (Gebühren und Auslagen), die bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO angefallen sind, im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO von dem Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten nicht geltend gemacht werden können und daher auch dann nicht erstattungsfähig sind, wenn das Gericht dem Abänderungsantrag entspricht und der Antragsgegner die Kosten des Abänderungsverfahrens dem Grunde nach zu tragen hat (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 13 B 275/18.A –, juris; SächsOVG, Beschluss vom 12. Februar 2018 – 5 B 19/17.A –, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. August 2020 – 3 K 185/19 –, juris; VGH BW, Beschluss vom 8. November 2011 – 8 S 1247/11 –, juris; Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2010 – 7 E 11223/10.OVG –, n.v.; a.A. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2017 – 11 B 769/15.A – und vom 12. Oktober 2018 – 11 B 1482/15.A –, beide in juris).

4

Gemäß § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Dieselbe Angelegenheit im kostenrechtlichen Sinne sind nach § 16 Nr. 5 RVG das Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO und jedes Verfahren über dessen Abänderung oder Aufhebung nach § 80 Abs. 7 VwGO. Ist der Rechtsanwalt bereits im Ausgangsverfahren tätig geworden, können die Gebühren von ihm im Abänderungsverfahren nicht erneut geltend gemacht werden. Hintergrund der Regelung des § 16 Nr. 5 RVG ist die typisierende Erwägung des Gesetzgebers, dass der Rechtsanwalt, der bereits im Verfahren über einen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung tätig war, in einem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO in der Regel keine besondere Einarbeitungszeit benötigt, sondern vielmehr ohne weiteres auf seine frühere Arbeit zurückgreifen kann, mithin der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts bereits im früheren Verfahrensabschnitt entstanden und damit durch die bereits angefallene Gebühr abgegolten ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 13 B 275/18.A –, juris, Rn. 3 f. m.w.N.). Diese kostenrechtlichen Regelungen gelten auch dann, wenn nach einem vor dem Verwaltungsgericht geführten Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO das Oberverwaltungsgericht über den Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO entschieden hat. Denn das Oberverwaltungsgericht hat über den Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht als Rechtsmittelgericht i.S.v. § 17 Nr. 1 RVG, sondern erstinstanzlich als nach Stellung eines Antrags auf Zulassung der Berufung zuständiges Gericht der Hauptsache entschieden. Der Wechsel des für das Abänderungsverfahren zuständigen Gerichts der Hauptsache steht der Einlegung eines Rechtsmittels nicht gleich. Er ändert nichts daran, dass der Sach- und Streitstoff im Abänderungsverfahren mit demjenigen des vorausgegangenen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes im Regelfall eng zusammenhängt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 13 B 275/18.A –, juris, Rn. 5 f. m.w.N.).

5

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass einem Antragsteller im Falle eines erfolgreichen Abänderungsantrags nach § 80 Abs. 7 VwGO ein Kostenerstattungsanspruch für die Kosten des Abänderungsverfahrens gegenüber dem Antragsgegner erwachsen ist. Eine abweichende Entscheidung im Abänderungsverfahren führt nicht zu einer Aufhebung der im Ausgangsverfahren getroffenen Kostengrundentscheidung. Diese bleibt vielmehr mit der Folge bestehen, dass für das Ausgangsverfahren und das Abänderungsverfahren unterschiedliche Kostengrundentscheidungen zu beachten sind. Daher kann jeder Beteiligte aus der ihm günstigen Kostengrundentscheidung vom Prozessgegner die Erstattung der ihm für das jeweilige Verfahren entstandenen Kosten verlangen. Dies besagt aber für sich genommen nichts darüber, welche Kosten ihm für das jeweilige Verfahren entstanden sind und erst in Folge dessen auch Gegenstand eines prozessrechtlichen Erstattungsanspruchs sein können. Diese Frage ist allein kostenrechtlich nach den §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG zu beantworten (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 13 B 275/18.A –, juris, Rn. 7 ff.). Rechtsanwaltsgebühren, selbst wenn sie im Abänderungsverfahren erneut anfielen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2017 – 11 B 769/15.A –, juris, Rn. 10), können gemäß §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO vom Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten nicht geltend gemacht werden, wenn sie bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO angefallen sind. Der vertretenen Person entstehen deshalb im Abänderungsverfahren insoweit keine Kosten, die sie von dem dem Grunde nach kostenpflichtigen Antragsgegner erstattet bekommen könnte (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 12. Februar 2018 – 5 B 19/17.A –, juris, Rn. 7).

6

2. Wenn im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO verschiedene Rechtsanwälte tätig werden, so dürfte zwar einem Kostenerstattungsanspruch die Regelung der §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG nicht entgegenstehen. Die Rechtsanwaltskosten für das Abänderungsverfahren sind dann aber nur zu erstatten, wenn die Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts für das Abänderungsverfahren nach dem Maßstab des § 162 Abs. 1 VwGO notwendig war (vgl. VG Trier, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 5 L 1635/14.TR –, juris, Rn. 5 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. September 2019 – 15 L 1184/19.A –, juris, Rn. 26).

7

Grundsätzlich besteht nur ein Anspruch auf Erstattung der Kosten eines Rechtsanwalts. Nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Anwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Anwalts ein Wechsel eintreten musste. Das ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass die Beteiligten die Kosten des Prozesses rechtsschutzadäquat so niedrig wie möglich zu halten haben (vgl. Olbertz, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2021, § 162 Rn. 53 m.w.N.).

8

Der Erstattungsanspruch eines anderen (weiteren) Rechtsanwalts, der für das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO beauftragt wurde, ist daher ausgeschlossen, wenn kein Anwaltswechsel geboten war, weil die Gegenseite anderenfalls mit Kosten belastet würde, die sie ohne Anwaltswechsel – wie oben ausgeführt – nicht zu tragen hätte (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. September 2019 – 15 L 1184/19.A –, juris, Rn. 28 f. m.w.N.).

9

3. Von diesen Grundsätzen ausgehend sind die mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 3. November 2020 geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig, weil sie nicht in dem dargelegten Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO notwendig gewesen sind. Der Antragsteller, der im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO von einem Rechtsanwalt aus C. vertreten wurde, hat für das hier in Rede stehende Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO eine andere Rechtsanwältin als Prozessbevollmächtigte beauftragt. Gründe, die dafür sprechen könnten, dass dieser Anwaltswechsel geboten war, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

11

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen