Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (10. Senat) - 10 A 10339/21
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 13. Januar 2021 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm schulische und berufliche Förderung gemäß § 5 Soldatenversorgungsgesetz – SVG – für den Zeitraum von 36 Monaten anstatt der bewilligten 18 Monate zu gewähren.
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Der Kläger leistete vom 1. September 2000 bis zum 30. Juni 2001 Grundwehrdienst und im Anschluss daran vom 1. Juli 2001 bis zum 31. Juli 2002 freiwilligen Wehrdienst (insgesamt 1 Jahr, 11 Monate). Zwischen dem 10. Februar 2003 und dem 31. März 2017 war er in insgesamt 22 Fällen Reservedienstleistender, wobei die Übungen von wenigen Tagen über mehrere Wochen bis zu mehreren Monaten dauerten. Vom 1. Dezember 2017 bis zum 21. Mai 2021 stand der Kläger als Soldat auf Zeit – SaZ – im Dienst der Beklagten (3 Jahre, 5 Monate und 21 Tage).
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In der Mitteilung über die Dauer des Dienstverhältnisses vom 16. Mai 2018 wurde die Dienstzeit des Klägers bei einem Dienstzeitende am 21. Mai 2021 unter Einbeziehung der Zeiten als Reservedienstleistender auf 8 Jahre festgesetzt.
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Mit Bescheid vom 25. März 2019 wurde der Anspruch des Klägers auf schulische und berufliche Bildung nach § 5 Abs. 4 Nr. 2 SVG auf 18 Monate festgesetzt.
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Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers wurde mit Beschwerdebescheid vom 19. Juni 2019 zurückgewiesen, da bei der Berechnung des Förderanspruchs nach der gemäß § 13a SVG maßgeblichen „Gesamtdienstzeit“ die Zeiten als Reservedienstleistender nicht zu berücksichtigen seien und die diesbezügliche Dienstzeit des Klägers deswegen (nur) 5 Jahre, 4 Monate und 21 Tage betrage.
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Der Kläger hat seine hiergegen erhobene Klage im Wesentlichen damit begründet, er habe gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 5 SVG einen Anspruch auf schulische und berufliche Förderung für 36 Monate – statt der bewilligten 18 Monate –, da bei der Berechnung der Wehrdienstzeit die Zeiten als Reservedienstleistender zu Unrecht außeracht gelassen worden seien. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 SVG gehöre zur Wehrdienstzeit der geleistete Dienst als Reservist, der gemäß § 4 des Wehrpflichtgesetzes – WPflG – eine Form des Wehrdienstes darstelle. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck oder Gesetzeshistorie des § 13a SVG sei zu entnehmen, dass Reservedienstzeiten aus der „Gesamtdienstzeit“ herauszurechnen wären. Hierfür sei auch kein sachlicher Grund erkennbar. Anderenfalls entstünde unter Berücksichtigung des § 13b SVG eine inkohärente Rechtslage. Außerdem sei das Dienstverhältnis des Klägers als SaZ 8 auf der Grundlage des § 40 Soldatengesetz – SG – unter Einberechnung der Zeiten als Reservist begründet worden. Die Wiedereinstellung habe er unter der Prämisse vorgenommen, dass er mit einer Verpflichtungszeit von 8 Jahren eingestellt werde. Würden die Reservedienstzeiten aber nur bei der Festlegung der Dienstzeit berücksichtigt, nicht aber auch bei der Berechnung der Förderansprüche, hätte der Kläger keine Chance, den Anspruch auf Berufsförderung für 36 Monate zu erlangen.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25. März 2019 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 19. Juni 2019 zu verpflichten, ihm schulische und berufliche Förderung für einen Zeitraum von 36 Monaten zu gewähren.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat die Ansicht vertreten, die Förderungsdauer sei zutreffend berechnet worden. Der Gesetzgeber habe in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG festgelegt, dass bei Wiedereinstellern wie dem Kläger die Gesamtdienstzeit der in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Zeiten als Soldat maßgeblich sei. Nach dem eindeutigen Wortlaut seien Zeiten der Reservedienstleistung davon nicht erfasst. Hierfür spreche auch, dass § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG – im Gegensatz zu § 13b SVG – gerade nicht auf § 2 SVG verweise. Diese Auslegung stimme mit der Gesetzeshistorie überein. Die Vorgängerregelung habe ebenfalls nur die Berücksichtigung früherer Dienstzeiten als Soldat auf Zeit vorgesehen. Die Vorschrift sei geschaffen worden, um eine Doppelversorgung von Soldaten auf Zeit im Falle ihrer Wiederverwendung zu verhindern. Später sollten daneben auch der Grundwehrdienst und der freiwillige zusätzliche Wehrdienst bei den Ansprüchen auf Berufsförderung berücksichtigt werden. Eine insoweit systemwidrige Privilegierung von Reservedienstzeiten habe der Gesetzgeber hingegen nicht herbeiführen wollen.
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Mit Urteil vom 13. Januar 2021 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25. März 2019 in Gestalt des Beschwerdebescheids vom 19. Juni 2019 verpflichtet, dem Kläger schulische und berufliche Förderung für einen Zeitraum von 36 Monaten zu gewähren. Der Höhe nach richte sich der Anspruch gemäß § 5 Abs. 4 SVG nach der in § 2 SVG legaldefinierten Wehrdienstzeit. Diese umfasse – insoweit unstreitig – auch die Zeiten des Klägers als Reservedienstleistender, mithin insgesamt 8 Jahre und 95 Tage. Aus § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG ergebe sich für Wiedereinsteller nichts anderes. In die dort genannte „Gesamtdienstzeit“ seien ebenfalls die Reservedienstzeiten – und nicht abweichend von § 5 Abs. 4, § 2 Abs. 1 SVG nur die in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG ausdrücklich genannten Zeiten – einzurechnen. So regele die Vorschrift (lediglich), aus welchen Wehrdienstverhältnissen eine Wiedereinstellung möglich sei und wann in diesen Fällen Anrechnungsbestimmungen zur Vermeidung von Doppelversorgungen erforderlich seien. Auch ein Vergleich mit § 13b Abs. 1 Satz 1 SVG, der ausdrücklich auf § 2 SVG verweise, spreche für die Einbeziehung der Reservedienstzeiten. Da der Begriff der „Gesamtdienstzeit“ in beiden Vorschriften wortlautidentisch verwendet werde, sei der Begriff auch gleich anzuwenden, zumal es sich sowohl bei § 13a SVG als auch bei § 13b SVG nach dem jeweiligen Regelungsgehalt in erster Linie um Kürzungsvorschriften handele. Anderenfalls drohe eine erhebliche Rechtsunsicherheit, gerade in Fällen, in denen beide Vorschriften kumulativ anzuwenden seien. Bei dem fehlenden Verweis auf § 2 SVG in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG handele es sich um ein redaktionelles Versehen. Schließlich sei mit Blick auf den im Soldatenversorgungsrecht geltenden Grundsatz der Gesetzesakzessorietät für einen restriktiven, hinter dem Wortlaut der anzuwendenden gesetzlichen Regelungen zu Lasten des Soldaten zurückbleibenden Gesetzesvollzug kein Raum. Weiter spreche der Sinn und Zweck des § 13a SVG gegen die Annahme, Reservedienstzeiten seien von dem Begriff der Gesamtdienstzeit im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG nicht erfasst. Die Vorschrift diene seit ihrer Einführung dem Zweck, unerwünschte Doppelversorgungen von Wiedereinstellern zu vermeiden. Dies werde erreicht, indem erstens bei der Berechnung der Förderungsdauer die Gesamtdienstzeit maßgeblich sei und zweitens vorher bereits erbrachte Förderungsleistungen anzurechnen seien. Die ausdrückliche Benennung der Reservedienstzeiten sei dabei entbehrlich gewesen, weil hieraus keine anrechnungsfähigen Ansprüche auf Dienstzeitversorgung oder Entlassungsgeld erwachsen würden und deshalb die Gefahr einer Doppelversorgung nicht bestehe. Weiter spreche die systematische Beziehung zwischen den Grundnormen der §§ 5, 11 und 12 SVG einerseits und der ergänzenden Sonderregelung des § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG andererseits für die Annahme, dass mit dem Begriff der Gesamtdienstzeit nichts anderes als die Wehrdienstzeit im Sinne des § 2 Abs. 1 SVG gemeint sein könne. Es sei auch kein sachlicher Grund erkennbar, aus dem die Zeiten des Reservedienstes zwar bei der Berechnung der Dienstzeit des Klägers als SaZ 8 berücksichtigt würden, aber bei der Bestimmung des Umfangs der aus diesem Status resultierenden Ansprüche auf schulische und berufliche Förderung außer Betracht zu bleiben hätten. Weiter lasse sich aus der historischen Entwicklung des § 13a SVG nicht zwingend herleiten, dass der Begriff der Gesamtdienstzeit nur die in dieser Vorschrift explizit genannten Dienstzeiten umfasse. Schließlich liege keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Reservedienstleistenden vor, die später nicht in ein Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit einträten. Es handele sich um zwei unterschiedliche Fallgruppen, wobei ein („Nur-“)Reservist nicht dieselben Ansprüche geltend machen könne wie ein Soldat auf Zeit, der sich über einen längeren Zeitraum an den Dienstherrn binde.
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Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vertiefend und ergänzend vor, bei der Berechnung der in § 13a SVG genannten Gesamtdienstzeit seien Reservedienstzeiten nicht zu berücksichtigen. Zunächst sei die Verpflichtungszeit nach dem Soldatengesetz strikt von der berücksichtigungsfähigen Dienstzeit für Berufsförderungsansprüche nach dem Soldatenversorgungsgesetz zu trennen. Insoweit handele es sich bei § 13a SVG sowohl im Verhältnis zu § 40 Abs. 6 SG als auch im Verhältnis zu § 2 SVG um eine spezielle Anrechnungsvorschrift mit eigener Begrifflichkeit. § 13a SVG regele in einem abschließenden Katalog, welche früheren Dienstzeiten bei Wiedereinstellern in die Ermittlung der für die Förderungsdauer maßgeblichen Gesamtdienstzeit einflössen. Da Reservedienstzeiten dort nicht genannt seien, würden diese nicht erfasst. Anderenfalls ergebe die enumerative Aufzählung der Dienstarten in § 13a SVG keinen Sinn, da dann ein Verweis auf § 2 SVG oder § 40 Abs. 6 SG ausreichend gewesen wäre. Demgegenüber sei § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG nicht lediglich darauf gerichtet festzustellen, aus welchen Wehrdienstverhältnissen eine Wiedereinstellung möglich sei. Fehl gehe auch die Annahme, andere als die in § 13a SVG aufgeführten Wehrdienstverhältnisse hätten einer ausdrücklichen Nennung nicht bedurft, da nur in den genannten Fällen eine Anrechnung zur Vermeidung von Doppelversorgungen überhaupt Sinn ergebe. Die Anrechnung sei nämlich nicht in Satz 1, sondern in Satz 2 und 4 ff. des § 13a Abs. 1 SVG geregelt. Für die Anrechnungsregelung selbst sei die Auflistung einzelner Wehrdienstarten aber weder erforderlich noch erfolgt, da ohnehin lediglich die Zeiten als Soldat auf Zeit Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung auslösten und damit Doppelabfindungen schafften. So entstünden beispielsweise auch während der ausdrücklich in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG genannten Eignungsübungen keine Ansprüche auf Berufsförderung oder Dienstzeitversorgung. Der Zweck des § 13a SVG, die maßgebliche Dienstzeit enger als nach § 2 SVG zu fassen, ergebe sich auch aus dessen Verortung im speziellen Unterabschnitt 4 „Berufsförderung und Dienstzeitversorgung der Soldaten auf Zeit in besonderen Fällen“. Weiter spreche vor dem Hintergrund der Gesetzeshistorie auch der Sinn und Zweck des § 13a SVG gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts. Mit der Einführung des § 13a SVG im Jahr 1961 seien einzig die Ansprüche eines ehemaligen Soldaten auf Zeit, der erneut in ein Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit berufen werde, geregelt worden. Insoweit sei festgelegt worden, dass Berechnungsgrundlage für die „gesamte“ zugrunde zu legende Dienstzeit (nur) die Dienstzeiten als Soldat auf Zeit sein sollten. Dagegen sei eine Einbeziehung weiterer Dienstzeiten – insbesondere von Zeiten einer Wehrübung – nicht beabsichtigt gewesen, wie aus dem eindeutigen Wortlaut und der Gesetzesbegründung sowie der ursprünglichen Gesetzesintention, wonach Wehrpflichtige von den Ansprüchen auf Dienstzeitversorgung und Berufsförderung ausgenommen sein sollten, folge. Die mit § 13a SVG beabsichtigte Vermeidung einer Doppelversorgung sei auch nur denkbar, wenn aus mehreren Dienstzeiten Versorgungsansprüche erwüchsen, was bei Wehrpflichtigen gerade nicht der Fall gewesen sei. Erst mit den Wehrrechtsänderungsgesetzen in den Jahren 1995 und 2011 seien die Zeiten des Grundwehrdienstes und des freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes in § 13a SVG aufgenommen worden und erst ab diesem Zeitpunkt seien diese deshalb auch für die Berechnung der Gesamtdienstzeit im Sinne des § 13a SVG zu berücksichtigen. Die Begründungen zu den genannten Gesetzesänderungen zeigten dabei, dass der Gesetzgeber mit § 13a SVG eine Anrechnungsregelung geschaffen habe und für diesen Zweck einen enumerativen Katalog von anrechenbaren – und spiegelbildlich bei der Gesamtdienstzeit berücksichtigungsfähigen – Vordienstfällen beschrieben habe. Obwohl später auch noch Eignungsübungen ergänzt worden seien, habe der Gesetzgeber von einer Aufnahme von Wehrübungen bzw. Reservedienstleistungen in den Katalog des § 13a Abs. 1 SVG weiterhin abgesehen. Schon dies spreche für dessen abschließenden Charakter. Weiter seien bei einem Vergleich des § 13a SVG mit § 13b SVG die unterschiedlichen Regelungsgegenstände beider Vorschriften zu berücksichtigen, weshalb dem Begriff der Gesamtdienstzeit – selbst bei einer kumulativen Anwendung beider Regelungen auf denselben Fall – durchaus unterschiedliche Bedeutungen beigemessen werden könne. Hinzu komme, dass der Gesetzgeber in § 13a SVG gerade auf einen ausdrücklichen Verweis auf § 2 SVG verzichtet habe. Weiter verkenne das Verwaltungsgericht den Sinn und Zweck der Berufsförderung, der gemäß § 3 SVG in der angemessenen Eingliederung in das zivile Berufsleben liege. Soldaten auf Zeit, die sich für eine nicht unerhebliche, zusammenhängende Zeit von mindestens vier Jahren mit ihrer vollen Arbeitskraft in den Dienst des Staates stellten und für diese Zeit der zivilberuflichen Arbeitswelt entzogen seien, solle Unterstützung gewährt werden, um nach der Dienstzeit wieder angemessen in das Arbeitsleben integriert zu werden. Demgegenüber bestehe aus versorgungsrechtlicher Sicht unter Berücksichtigung des Zwecks der Berufsförderung und der befristeten Dienstzeitversorgung kein Grund für eine Berücksichtigung von Reservedienstzeiten. So seien Reservedienstleistende regelmäßig bereits zivilberuflich eingegliedert, so dass sie für diesen Zeitraum keine weitere Förderung der schulischen oder beruflichen Bildung benötigten. Dabei liege der Anteil der arbeitssuchenden Reservedienstleistenden nur im geringen einstelligen Prozentbereich. Schließlich verstoße es gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn Soldaten auf Zeit aus zuvor geleisteten Reservedienstzeiten einen höheren Anspruch auf Berufsförderung erhalten würden als Reservedienstleistende, die sich nicht als Soldaten auf Zeit verpflichtet hätten.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 13. Januar 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er trägt ergänzend vor, aus dem Wortlaut des § 13a SVG folge, dass bei Vorliegen einer der genannten Vordienstzeiten (hier: Grundwehrdienst), die Ansprüche auf Dienstzeitversorgung und Berufsförderung nach der „Gesamtdienstzeit“ zu berechnen seien. Dieser Begriff sei ebenso zu verstehen wie in § 13b SVG, wo explizit auf § 2 SVG verwiesen werde. Die Wortlautauslegung der Beklagten sei konstruiert und nicht tragfähig. Die Beklagte verkenne zudem, dass die Aufzählung in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG durchaus Sinn ergebe und eine eigenständige Bedeutung habe. So seien Fälle denkbar, in denen ein Soldat auf Zeit über keine der genannten Vordienstzeiten verfüge und deshalb seine Vorzeit als Reservist von § 13a SVG nicht erfasst würde. Außerdem sei die Nennung von Reservedienstleistenden in § 13a SVG auch deswegen entbehrlich, da diese keine den genannten Fallgruppen vergleichbaren Leistungen erhielten, die auf spätere Versorgungsansprüche anzurechnen wären. Der Wortlaut des § 13a SVG gebe weiter nichts dafür her, dass die Norm eine engere Definition des Begriffs der Wehrdienstzeit beinhalte als § 2 SVG. So werde mit dem Begriff „Gesamtdienstzeit“ gerade verdeutlicht, dass es darum gehe, „alles“ zu erfassen. Eine Beschränkung auf nur einige wenige Zeiten werde sprachlich nicht zum Ausdruck gebracht. Soweit die Beklagte auf Gesetzesbegründungen des Jahres 1956 verweise, könne aufgrund der geänderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse daraus nichts hergeleitet werden. So habe es etwa 1956 Reservisten der erst 1955 aufgestellten Bundeswehr noch nicht gegeben. Auch der Verweis auf den Gesetzeszweck des Jahres 1961 führe nicht weiter, wobei aber aus der damaligen Gesetzesbegründung folge, dass die Berechnung der Dienstzeit nach der Gesamtverpflichtung erfolgen solle und der Anspruch lediglich um bereits erhaltene Leistungen zu kürzen sei. Die in Bezug genommene „Verpflichtungszeit“ schließe die Dienstzeiten des Klägers als Reservist gerade ein. Weiter sei die Rechtsprechung zu § 13b SVG auf § 13a SVG übertragbar, da beide Vorschriften denselben Regelungsgegenstand beträfen, nämlich die Frage, in welcher Höhe Versorgungs- und Berufsförderungsansprüche zu gewähren seien. Außerdem müsse vor dem Hintergrund einer möglichen kumulativen Anwendung beider Vorschriften verhindert werden, dass der Begriff der Gesamtdienstzeit innerhalb eines Lebenssachverhaltes mit zweierlei Bedeutung versehen werde. Weiter dürften zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und aus Gründen der Verwaltungsklarheit die Verpflichtungszeit und die für Versorgungs- und Förderungsansprüche maßgebliche Gesamtdienstzeit nicht auseinanderfallen. Dabei könne es für die Berechnung der Ansprüche nicht darauf ankommen, ob der Dienst weit überwiegend zusammenhängend geleistet worden sei. Auch treffe es nicht zu, dass Reservedienstleistende in die zivilberufliche Arbeitswelt integriert seien. Vielmehr sei es heute üblich, dass Reservedienstleistende langfristig übten und in den Unterbrechungen allenfalls Sozialleistungen bezögen. Reservisten stünden häufig in einem engen Verhältnis zu ihrer Beorderungsstelle und seien unerlässlich zur Deckung des Personalbedarfs des Dienstherrn.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Beschwerdeakten der Beklagten Bezug genommen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Beklagten – über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann – hat keinen Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht unter Abänderung des Bescheids vom 25. März 2019 in Gestalt des Beschwerdebescheids vom 19. Juni 2019 verpflichtet, dem Kläger schulische und berufliche Förderung für einen Zeitraum von 36 Monaten zu gewähren. Der Kläger hat einen dahingehenden Anspruch aus § 5 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 5 des Gesetzes über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen – Soldatenversorgungsgesetz, SVG. Die genannten Bescheide sind deshalb rechtswidrig, soweit dem Kläger darin schulische und berufliche Förderung im Sinne des § 5 Abs. 1, Abs. 4 SVG nur für eine Dauer von 18 Monaten anstatt von 36 Monaten gewährt wird.
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Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Förderung der schulischen und beruflichen Bildung der Soldaten auf Zeit nach § 5 SVG. Nach § 5 Abs. 1 SVG haben Soldaten auf Zeit, die nicht Inhaber eines Eingliederungsscheins sind, auf Antrag Anspruch auf Förderung ihrer schulischen und beruflichen Bildung nach der Wehrdienstzeit, wenn sie für die Dauer von mindestens vier Jahren in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden sind. Diese Voraussetzungen liegen für den Kläger, der für eine Dauer von acht Jahren in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden ist, unstreitig vor.
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Die – allein streitige – Förderungsdauer ergibt sich vorliegend aus § 5 Abs. 4 Nr. 5 SVG und beträgt bis zu 36 Monate, da gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG für den Kläger eine Wehrdienstzeit von 8 und weniger als 9 Jahren zu berücksichtigen war. Die Beklagte durfte bei der Berechnung der Wehrdienstzeit die Zeiten des Klägers als Reservedienstleistender nämlich nicht außer Acht lassen.
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I. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 5 Abs. 4 SVG berechnet sich die Förderungsdauer gestaffelt nach der geleisteten Wehrdienstzeit (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Januar 1996 – 2 C 13/95 –, juris, Rn. 25). Der Begriff der Wehrdienstzeit wird für den Geltungsbereich des Soldatenversorgungsgesetzes – und damit auch für § 5 Abs. 4 SVG, der jedenfalls im Ausgangspunkt insoweit keine Sonderregelung enthält – in § 2 SVG legaldefiniert. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SVG ist Wehrdienstzeit nach diesem Gesetz die Zeit vom Tage des tatsächlichen Diensteintritts in die Bundeswehr bis zum Ablauf des Tages, an dem das Dienstverhältnis endet. Dabei wird gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 SVG der Grundwehrdienst mit seiner gesetzlich festgesetzten Dauer und die Probezeit des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes mit sechs Monaten angerechnet.
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Demnach wird die Wehrdienstzeit grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des tatsächlichen Diensteintritts bis zum Ende des Dienstverhältnisses bestimmt, wobei als Ausnahme hiervon für den Grundwehrdienst und die Probezeit des freiwilligen Wehrdienstes nicht auf den tatsächlichen Diensteintritt abgestellt wird, sondern die gesetzlich festgesetzte Dauer bzw. sechs Monate anzusetzen sind. Unter die Wehrdienstzeit fällt dabei die gesamte Zeit des Wehrdienstes in der Bundeswehr, d.h. jedenfalls die Zeit als wehrpflichtiger Soldat, als Soldat auf Zeit, als Berufssoldat, im Dienstverhältnis eines freiwilligen Soldaten und im Rahmen einer Eignungsübung (vgl. Bayer, in: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 2 SVG, Rn. 2). Der nach dem Wehrpflichtgesetz – WPflG – zu leistende Wehrdienst umfasst dabei gemäß § 4 Abs. 1 WPflG den Grundwehrdienst (§ 5 WPflG), die Wehrübungen (§ 6 WPflG), die besondere Auslandsverwendung (§ 6a WPflG), den freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst im Anschluss an den Grundwehrdienst (§ 6b WPflG), die Hilfeleistung im Innern (§ 6c WPflG), die Hilfeleistung im Ausland (§ 6d WPflG) und den unbefristeten Wehrdienst im Spannungs- oder Verteidigungsfall. Wehrdienst leisten aber auch Reservisten für die Dauer der Aktivierung für eine Dienstleistung nach § 60 SG (vgl. auch § 8 Abs. 4 des seit dem 26. Juli 2012 geltenden Gesetzes über die Rechtsstellung der Reservisten – Reservistengesetz, ResG).
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Demnach setzt sich die Wehrdienstzeit des Klägers im Sinne des § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 SVG aus den Zeiten seines Grundwehrdienstes und freiwilligen Wehrdienstes (1 Jahr, 11 Monate), den von ihm im Rahmen von Übungen etc. abgeleisteten Zeiten als Reservedienstleistender und seiner Dienstzeit als Soldat auf Zeit (3 Jahre, 5 Monate) zusammen und beträgt insgesamt 8 Jahre und 95 Tage.
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II. Etwas anderes, wonach insbesondere die Zeiten des Klägers als Reservedienstleistender bei der Ermittlung der Förderungsdauer nach § 5 Abs. 4 SVG entgegen § 2 SVG nicht zu berücksichtigen wären, ergibt sich nicht aus § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG (so auch VG Würzburg, Urteil vom 23. Juli 2019 – W 1 K 19.281 –, juris; VG Wiesbaden, Urteil vom 2. Juni 2020 – 2 K 1534/19.WI – n.V.; beachte aber BayVGH, Beschluss vom 15. September 2020 – 14 ZB 19.1812 –, n.V., mit dem die Berufung gegen das genannte Urteil des VG Würzburg wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zugelassen wurde), der eine Sondervorschrift zur Berücksichtigung früherer Dienstverhältnisse im Rahmen der Berufsförderung und Dienstzeitversorgung nach den §§ 5, 11 und 12 SVG enthält. Hat danach ein Soldat auf Zeit vor seiner Berufung in das Dienstverhältnis bereits Grundwehrdienst (§ 5 WPflG), freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst im Anschluss an den Grundwehrdienst nach § 6b WPflG, freiwilligen Wehrdienst nach § 58b SG, eine Eignungsübung nach dem Eignungsübungsgesetz oder Dienst als Soldat auf Zeit geleistet, bestimmen sich seine Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung nach den §§ 5, 11 und 12 SVG nach der Gesamtdienstzeit.
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Durch den hier verwendeten Begriff der „Gesamtdienstzeit“ wird für den Fall, dass bereits frühere Wehrdienstverhältnisse bestanden haben, nicht der Begriff der Wehrdienstzeit abweichend von § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG in dem Sinne definiert, dass bei Wiedereinstellern (nur) die Summe der Zeiten der dort ausdrücklich genannten Wehrdienstverhältnisse zu berücksichtigen wäre. Vielmehr stellt § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG insoweit lediglich klar, dass auch im Falle früherer Wehrdienstverhältnisse die gesamte Wehrdienstzeit (i.S.d. § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG) maßgeblich ist. Einer entsprechenden Klarstellung bedarf es insoweit, da ein Wiedereinsteller potentiell bereits aus den früheren, in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG aufgezählten, Dienstverhältnissen Leistungen der Berufsförderung und Dienstzeitversorgung oder andere vergleichbare Leistungen in Anspruch genommen hat. Vor diesem Hintergrund bestehen im Ausgangspunkt gesetzestechnisch zwei Möglichkeiten, eine drohende Doppelversorgung des Soldaten zu verhindern. So wäre zunächst eine Aufteilung der Wehrdienstzeit für die Zwecke der Berechnung der Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung denkbar, wonach bei Wiedereinstellern die sich aus dem erneuten Dienstverhältnisse ergebenden Förderansprüche nur aus der Dauer dieses Dienstverhältnisses zu ermitteln wären; einer Anrechnung früherer Leistungen bedürfte es dann nicht. Dies könnte vor dem Hintergrund der Staffelung und Höchstbegrenzung der Ansprüche etwa des § 5 SVG aber zu dem Ergebnis führen, dass Wiedereinsteller in bestimmten Fällen Förderungen in einem größeren Umfang beanspruchen könnten als Soldaten, die sich sogleich für eine längere Zeit verpflichtet haben. So ergäbe sich beispielsweise bei einer zweimaligen Verpflichtungszeit von acht Jahren ein Anspruch auf insgesamt bis zu 72 Monate Berufsförderung (vgl. § 5 Abs. 4 Nr. 5 SVG), bei einer ununterbrochenen Verpflichtungszeit von 16 Jahren aber nur ein Förderanspruch für bis zu 60 Monate (vgl. § 5 Abs. 4 Nr. 9 SVG). Vor diesem Hintergrund wird für die Berechnung der Ansprüche des Wiedereinstellers in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG – dem insoweit gerade diese eigenständige Bedeutung zukommt – klargestellt, dass keine Aufteilung der Dienstzeit erfolgt, sondern als zu berücksichtigende Wehrdienstzeit auch hier die Gesamtdienstzeit (i.S.d. § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG) zugrunde zu legen ist. Um gleichwohl eine Doppelversorgung des Wiedereinstellers zu verhindern, ordnet § 13a Abs. 1 Sätze 2 bis 7 SVG im zweiten Schritt die Anrechnung verschiedener Leistungen an, die dem Soldaten auf Zeit aufgrund der früheren, in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG genannten, Dienstverhältnisse gewährt wurden. Demnach handelt es sich bei § 13a Abs. 1 SVG im Kern um eine Anrechnungsvorschrift, die in Satz 1 im Hinblick auf die der Berechnung der Ansprüche zugrunde zu legende Dienstzeit eine Klarstellung enthält, diese aber nicht abweichend von § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG regelt. Außerdem wird in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG der Anwendungsbereich der Anrechnungsvorschrift festgelegt.
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Dies ergibt sich – auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Vorschriften des Besoldungs- und Versorgungsrechts nach ständiger Rechtsprechung einer erweiternden Auslegung über den eindeutigen Wortlaut und Zusammenhang hinaus oder einer analogen Anwendung nicht zugänglich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 – 2 C 42/10 –, juris, Rn. 10) – aus einer Auslegung der Vorschrift nach deren Wortlaut (1.), Systematik (2.), Sinn und Zweck (3.) und Entstehungsgeschichte (4.).
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1. Bereits der Wortlaut des § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG spricht für die hier vertretene Auslegung, soweit darin geregelt ist, dass sich die Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung bei Wiedereinstellern nach der „Gesamtdienstzeit“ bestimmen.
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a) Zwar lässt sich aus dem allgemeinen, natürlichen Wortsinn des Begriffs „Gesamtdienstzeit“ kein eindeutiges Auslegungsergebnis ermitteln. Davon ausgehend, könnte der Begriff – wie es die Beklagte vertritt – auch die Summe der Dienstzeiten bezeichnen, die sich aus den in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG (abschließend) aufgezählten Wehrdienstverhältnissen ergibt, und damit die maßgebliche Dienstzeit für die Berechnung der Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung von Wiedereinstellern abweichend von § 2 SVG regeln. Zeiten als Reservedienstleistender wären dann nicht erfasst. Der natürliche Wortsinn lässt aber gleichermaßen das hier vertretene Verständnis zu, wonach „Gesamtdienstzeit“ letztlich nichts anderes als die „gesamte Wehrdienstzeit“ meint, wobei sich die Wehrdienstzeit folgerichtig nach § 2 SVG bestimmen würde. Dem steht auch die Verwendung zweier unterschiedlicher Begriffe in § 13a SVG und § 2 SVG nicht entgegen, da gerade durch den Begriff der „Gesamtdienstzeit“ zum Ausdruck gebracht wird, dass auch bei Wiedereinstellern eine Aufteilung der Wehrdienstzeit auf die einzelnen Wehrdienstverhältnisse zur Berechnung der Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung nicht erfolgen soll.
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b) Weiter spricht vor allem der besondere Sprachgebrauch des Wortes „Gesamtdienstzeit“ im Regelungszusammenhang des Soldatenversorgungsgesetzes dafür, dass § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG für die Ansprüche von Wiedereinstellern keine Abweichung von der Maßgeblichkeit der Wehrdienstzeit im Sinne des § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG normiert. So wird der Begriff der Gesamtdienstzeit im Soldatenversorgungsgesetz außer in § 13a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, Satz 2 SVG in 14 weiteren Fällen verwendet, zum Teil ohne (§ 5 Abs. 5 Satz 2, Abs. 11 Satz 3, § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 2, Abs. 9 Satz 1, § 11 Abs. 4 Satz 3, § 13b Abs. 3 Satz 2, § 13e Satz 1 SVG) und zum Teil mit (§ 13b Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 13c Abs. 3 Satz 1) ausdrücklicher Bezugnahme auf § 2 SVG.
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Dabei ist zunächst jedenfalls in den Vorschriften, in denen – wie etwa in § 13b Abs. 1 Satz 1 SVG – durch einen Klammerzusatz ausdrücklich auf § 2 SVG verwiesen wird, davon auszugehen, dass mit dem Begriff der Gesamtdienstzeit im Ergebnis nichts anderes gemeint ist als mit dem in § 2 SVG legaldefinierten Begriff der Wehrdienstzeit (vgl. HambOVG, Beschluss vom 27. November 2015 – 5 Bf 201/14.Z –, juris, Rn. 9). Die Verwendung des Begriffs der Gesamtdienstzeit – statt der Wehrdienstzeit – dient hier lediglich der Verdeutlichung, dass ein Teil der (Wehr-)Dienstzeit (die Beurlaubung ohne Dienstbezüge) in ein Verhältnis gesetzt werden soll zu der gesamten Wehrdienstzeit (einschließlich der Beurlaubung).
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Es ist aber auch nichts dafür ersichtlich, dass in den Fällen, in denen wie in § 13a SVG eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 2 SVG fehlt, dem Begriff der Gesamtdienstzeit abweichend hiervon eine eigenständige Bedeutung zukäme. Dies kann nicht allein daraus geschlossen werden, dass in einigen der genannten Vorschriften ausdrücklich auf § 2 SVG verwiesen wird, in den übrigen jedoch nicht. Gegen einen solchen Umkehrschluss spricht bereits, dass in § 13b SVG der Begriff der Gesamtdienstzeit dreimal verwendet wird, wobei in Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 auf § 2 SVG verwiesen wird, in Abs. 3 Satz 2 hingegen nicht, obwohl in allen drei Fällen offensichtlich dasselbe Verständnis zugrunde zu legen ist.
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Demgegenüber ist – insbesondere aus Gründen der Rechtsklarheit und unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung – davon auszugehen, dass seit dem Wegfall der Übergangsvorschriften in den §§ 73, 74 SVG für Soldaten auf Zeit, die bereits in der ehemaligen Wehrmacht Wehrdienst geleistet haben, von einem einheitlichen Verständnis des Begriffs der Gesamtdienstzeit im Soldatenversorgungsgesetz auszugehen ist. Dies zeigt etwa ein Blick auf die – erst mit dem Gesetz vom 8. August 2019 eingeführte – Verwendung des Begriffs der Gesamtdienstzeit in den Unterabschnitten 1 bis 3 des zweiten Teils des Soldatenversorgungsgesetzes. So wird etwa in § 5 Abs. 5 Satz 2 SVG auf eine Gesamtdienstzeit von mindestens 20 Jahren abgestellt, ohne dass insoweit zwischen Wiedereinstellern und solchen Soldaten auf Zeit unterschieden würde, die ohne Unterbrechung Wehrdienst geleistet haben. Für letztere kann hier aber nichts anderes als die Wehrdienstzeit im Sinne des § 2 SVG gemeint sein. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff hier einerseits die Wehrdienstzeit im Sinne des § 2 SVG bezeichnen soll und andererseits für Wiedereinsteller zugleich eine hiervon abweichende Dienstzeit, die durch Addition nur einzelner in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG ausdrücklich und abschließend aufgezählter Wehrdienstzeiten zu ermitteln wäre. Ebenso widersprüchlich wäre es aber, wenn für die Berechnung der Dauer der Förderung der schulischen und beruflichen Bildung bei Wiedereinstellern die Gesamtdienstzeit nach § 5 Abs. 5 Satz 2 SVG als Wehrdienstzeit im Sinne des § 2 SVG verstanden würde, für die gleiche Berechnung der Förderungsdauer die Gesamtdienstzeit nach § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG aber hiervon abweichend nur als die Summe der dort ausdrücklich aufgezählten Dienstzeiten. Erst Recht ist im Übrigen von einer einheitlichen Auslegung auszugehen, wenn der Begriff Gesamtdienstzeit wie in den §§ 13a und 13b SVG im selben Unterabschnitt des Soldatenversorgungsgesetzes verwendet wird. Aus den partiell unterschiedlichen Regelungsgegenständen der Vorschriften drängt sich – wie anhand der Verwendung des Begriffs nach dem natürlichen Sprachgebrauch dargestellt – nichts Gegenteiliges auf.
- 36
Schließlich wird in diesem Zusammenhang lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass bereits in den Gesetzgebungsmaterialien zu der Ausgangsfassung des Soldatenversorgungsgesetzes vom 26. Juli 1957 (BGBl. I, S. 785) der Begriff der Gesamtdienstzeit in den Erläuterungen zu § 2 als Synonym für die dort definierte Wehrdienstzeit verwendet wird.
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2. Auch systematische Erwägungen sprechen dafür, dass dem Begriff der Gesamtdienstzeit kein von dem in § 2 SVG legaldefinierten Begriff der Wehrdienstzeit abweichender Bedeutungsgehalt zukommt.
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Nichts herleiten lässt sich insoweit zwar zunächst aus der Verortung des § 13a SVG in Teil 2 Unterabschnitt 4 des Soldatenversorgungsgesetzes „Berufsförderung und Dienstzeitversorgung der Soldaten auf Zeit in besonderen Fällen“. Daraus ergibt sich lediglich, dass § 13a SVG einen – im Verhältnis zu den allgemeinen Regelungen der Berufsförderung und Dienstzeitversorgung der Unterabschnitte 1 bis 3 – besonderen Fall der entsprechenden Ansprüche von Soldaten auf Zeit regelt, § 13a SVG also eine Spezialvorschrift ist. Es ergibt sich daraus aber nicht, in welcher Hinsicht die allgemeinen Regelungen spezifiziert werden sollen. Demnach folgt daraus auch nicht, dass § 13a Abs. 1 SVG als abweichende Spezialvorschrift zu § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG zu verstehen wäre, soweit darin der vom Begriff der Wehrdienstzeit abweichende Begriff der Gesamtdienstzeit verwendet wird. Gesetzessystematisch kann dies vielmehr ebenso der aufgezeigten Klarstellungsfunktion dienen.
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Nichts anderes gilt auch für die amtliche Überschrift des § 13a SVG „Berücksichtigung früherer Dienstverhältnisse“. Inwiefern die Berücksichtigung früherer Dienstverhältnisse darin geregelt werden soll, ergibt sich daraus nicht. Einerseits könnte die Überschrift darauf hindeuten, dass – wovon die Beklagte ausgeht – § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG eine (abschließende) Aufzählung berücksichtigungsfähiger Dienstverhältnisse und daraus resultierender Dienstzeiten enthält, aus denen sodann eine Summe oder eben „Gesamtdienstzeit“ zu bilden wäre. Auch das Wort „Berücksichtigung“ kann aber gleichermaßen im Sinne einer „Anrechnung“ verstanden werden, so dass § 13a SVG also die Dienstverhältnisse aufzählt, für die der Anrechnungstatbestand eröffnet ist.
- 40
Allerdings spricht schon das Verhältnis des § 13a SVG als (nur) ergänzende Sondernorm zu den allgemeinen Anspruchsnormen der §§ 5, 11 und 12 SVG in Verbindung mit dem Ergebnis der Wortlautauslegung dafür, dass § 13a SVG die zu berücksichtigende Wehrdienstzeit hier nicht abweichend von § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG regelt. So handelt es sich bei § 13a SVG zunächst nicht um eine Spezialvorschrift in dem Sinne, dass darin die Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung abweichend von den §§ 5, 11 und 12 SVG abschließend – d.h. hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen und/oder Rechtsfolgen – selbst geregelt würden. Vielmehr hat § 13a SVG offensichtlich einen begrenzten Regelungsbereich; soweit § 13a SVG nicht ausdrücklich etwas Abweichendes oder Ergänzendes normiert, ergeben sich die Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechender Ansprüche auch für Wiedereinsteller demnach aus den §§ 5, 11 und 12 SVG. Der Wortlaut des § 13a Abs. 1 SVG bringt vor diesem Hintergrund aber – wie gezeigt – nicht hinreichend zum Ausdruck, dass sich die Ansprüche von Wiedereinstellern abweichend von § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG nicht nach ihrer (gesamten) Wehrdienstzeit berechnen sollen, sondern nur nach den (zusammengerechneten) Zeiten, die auf die in § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG ausdrücklich genannten Wehrdienstverhältnisse entfallen. Demnach ist § 13a Abs. 1 SVG insoweit auch kein spezieller, von der Grundnorm abweichender Regelungsgehalt beizumessen.
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3. Schließlich folgt auch aus dem Sinn und Zweck des § 13a Abs. 1 SVG, dass dieser die im Falle von Wiedereinstellern für die Berechnung ihrer Ansprüche zu berücksichtigende Dienstzeit nicht abweichend von § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG bestimmt. Im Kern handelt es sich bei § 13a Abs. 1 SVG nämlich (lediglich) um die Regelung einer Anrechnung von Leistungen, die dem Wiedereinsteller aufgrund früherer – in Satz 1 näher bezeichneter – Wehrdienstverhältnisse gewährt wurden, auf die Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung nach den §§ 5, 11 und 12 SVG, um in den dort genannten Fällen eine Doppelversorgung zu verhindern. In diesem Zusammenhang dient § 13a Abs. 1 Satz 1 SVG der Klarstellung, dass für die Berechnung der Ansprüche nicht eine Aufteilung nach den einzelnen Wehrdienstabschnitten erfolgt, sondern auch hier die Gesamtdienstzeit im Sinne der Wehrdienstzeit nach § 2 SVG zugrunde zu legen ist (s.o.). Zugleich werden in § 13a SVG die Dienstverhältnisse aufgezählt, aus denen sich im Hinblick auf entweder die Berufsförderung oder die Dienstzeitversorgung die Notwendigkeit einer Anrechnung früherer Leistungen ergibt. Diese Dienstverhältnisse werden in Satz 1 der Vorschrift konsequenterweise für die Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung einheitlich benannt, da Berufsförderung und Dienstzeitversorgung als der beruflichen Förderung dienend miteinander verknüpft und als Ganzes anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 1978 – VI C 26.77 –, BVerwGE 56, 343 = juris, Rn. 20; BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 – 2 C 42/10 –, juris, Rn. 9). Eine Notwendigkeit für eine Anrechnung besteht vor diesem Hintergrund entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch für Eignungsübende nach dem Eignungsübungsgesetz, da insoweit eine Anrechnung der diesen zustehenden Übergangsbeihilfe (vgl. § 13 Satz 1 Nr. 2 SVG) erfolgt (§ 13a Abs. 1 Satz 7 SVG). Demgegenüber hat der Gesetzgeber eine solche Notwendigkeit für die den Reservedienstleistenden gewährten Leistungen – die weder Entlassungsgeld noch Übergangsbeihilfe o.ä. erhalten – bislang nicht gesehen, weshalb auch die Auflistung von Reservedienstzeiten nicht erfolgt ist; die Gefahr einer Doppelversorgung besteht insoweit nicht. Ob und welche Wehrdienstzeiten in § 13a SVG genannt werden, ist dagegen für die Frage unerheblich, ob diese für die Bemessung des Anspruchsumfangs der Berufsförderung zu berücksichtigen sind, da sich die maßgebliche (Gesamt-) Dienstzeit auch bei Wiedereinstellern nicht nach § 13a SVG und der dortigen Auflistung, sondern nach § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG bemisst.
- 42
4. Auch die Entstehungsgeschichte deutet auf die dargestellte Zweckrichtung des § 13a SVG als (bloße) Anrechnungsvorschrift hin. § 13a SVG wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes vom 28. Juli 1961 (BGBl. I S. 1085) mit folgendem Wortlaut in das Soldatenversorgungsgesetz eingefügt:
- 44
Wird ein ehemaliger Soldat auf Zeit erneut in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen, so ist bei Beendigung dieses Dienstverhältnisses der Berechnung der Versorgungsbezüge nach den §§ 11 und 12 die Gesamtdienstzeit zugrunde zu legen; Beträge, die auf Grund eines früheren Dienstverhältnisses nach den §§ 11 bis 13 gezahlt worden sind, sind anzurechnen. Der Umfang einer Berufsförderung richtet sich nach der Gesamtdienstzeit; Zeiten einer auf Grund eines früheren Dienstverhältnisses gewährten Ausbildung oder Weiterbildung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 sind auf die nunmehr zustehende Ausbildung oder Weiterbildung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 anzurechnen.
- 45
In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es hierzu:
- 46
„Nr. 4 verhindert eine Doppelversorgung bei Soldaten auf Zeit im Falle ihrer Wiederverwendung. Die Vorschrift ist notwendig, weil bei der Wiederverwendung eines Soldaten auf Zeit die bereits abgeleistete Dienstzeit in die Gesamtverpflichtung eingerechnet wird. Der Versorgungsanspruch entsteht mithin auf der Grundlage der Gesamtverpflichtung, obwohl für die frühere Dienstzeit bereits Versorgungsbezüge gezahlt worden sind. Die Verrechnung bereits gezahlter Versorgungsbezüge wird hierbei den bei Soldaten auf Zeit bestehenden Verhältnissen im Rahmen des Grundsatzes des Verbots der Doppelrechnung am besten gerecht. In gleicher Weise bestimmt Satz 2, daß eine bereits gewährte Fachausbildung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 auf den Umfang der Berufsförderung anzurechnen ist.“ (BTDrucks. 03/1910, S. 5)
- 47
Dabei wurde im Ausgangspunkt noch zwischen der Berechnung der Versorgungsbezüge (Satz 1) und des Umfangs einer Berufsförderung unterschieden (Satz 2), wobei in beiden Fällen die Gesamtdienstzeit maßgeblich sein und – wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt – das gleiche Anrechnungsprinzip angewendet werden sollte. Insgesamt wird deutlich, dass § 13a SVG – auch nicht in den jeweiligen ersten Halbsätzen der Sätze 1 und 2 – nicht eine Regelung zur (abweichenden) Bestimmung der Dienstzeit enthält, sondern deren Berechnung gleichsam voraussetzt und davon ausgeht, dass sich bei Soldaten auf Zeit auch im Falle ihrer Wiederverwendung die Versorgungs- und Berufsförderungsansprüche entsprechend der allgemeinen Regelung des § 5 i.V.m. § 2 SVG auf Grundlage der Gesamtverpflichtung unter Einbeziehung der bereits zuvor abgeleisteten Dienstzeit berechnet. Ausgehend von dieser Prämisse, die in den jeweiligen ersten Halbsätzen nochmals klargestellt wird, regelt § 13a SVG zur Verhinderung einer Doppelversorgung einen Anrechnungstatbestand.
- 48
Insoweit lässt sich auch weder § 13a SVG 1961 noch den seinerzeitigen Anspruchsnormen entnehmen, dass für die Dienstzeit zum Zwecke der Bestimmung der Ansprüche auf Berufsförderung – abweichend von dem auch damals für die Berechnung der für die Förderansprüche maßgeblichen Wehrdienstzeit geltenden § 2 SVG – die Zeiten des Grundwehrdienstes oder sonstige als Wehrpflichtiger abgeleistete Zeiten herauszurechnen und für Wiedereinsteller lediglich die jeweiligen als Soldat auf Zeit abgeleisteten Dienstzeiten zu berücksichtigen gewesen wären. Der Anrechnungsnorm des § 13a SVG 1961 lässt sich – wie gezeigt – eine derartige Beschränkung nicht entnehmen. Eine solche folgt aber auch nicht aus dem Umstand, dass Wehrpflichtige zum Zeitpunkt der Einführung der Berufsförderung im Jahr 1957 – ebenso wie auch zum Zeitpunkt der Einführung des § 13a SVG – ausdrücklich von den Ansprüchen auf Dienstzeitversorgung und Berufsförderung ausgeschlossen waren, wie aus den grundsätzlichen Bemerkungen hierzu in der Begründung zum Entwurf für Soldatenversorgungsgesetz vom 26. Juli 1957 (BGBl. I, S. 785) folgt (vgl. BTDrucks. 2/2504, S. 30). Die Frage, wer einen Anspruch auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung hat, ist nämlich von der Frage zu unterscheiden, welche Dienstzeit der Bemessung des Anspruchsumfangs zugrunde zu legen ist, wenn die anspruchsbegründenden Voraussetzungen vorliegen. Beide Fragen sind unabhängig voneinander nach den jeweils einschlägigen Vorschriften zu beantworten. Wer einen Anspruch auf Berufsförderung hat, richtete sich – wie heute noch – nach den §§ 4 und 5 SVG 1957; Wehrpflichtige waren hier nicht genannt und deshalb nicht anspruchsberechtigt. Dies wird in der Gesetzesbegründung klargestellt. Welche Dienstzeit für die Festlegung des Anspruchsumfangs der Anspruchsberechtigten zugrunde zu legen ist, bestimmte sich demgegenüber auch schon 1957 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 SVG 1957 nach der Länge der Wehrdienstzeit, die – ebenso wie heute – in § 2 SVG legaldefiniert war und den Grundwehrdienst umfasste. Eine Einschränkung hinsichtlich der Bestimmung der maßgeblichen Wehrdienstzeit allein aufgrund des Ausschlusses eines eigenständigen Anspruchs für Wehrpflichtige ließ – und lässt – sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen. Dies folgt auch nicht aus § 13a SVG 1961, wobei durch die Berechnung der Ansprüche der Wiedereinsteller anhand der Gesamtdienstzeit bei gleichzeitiger Anrechnung bereits gewährter Berufsförderung automatisch auch eine sonst drohende doppelte Berücksichtigung der Zeiten des Grundwehrdienstes (im Rahmen der Ansprüche des Soldaten auf Zeit) ausgeschlossen wurde.
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Der Sinn und Zweck des § 13a SVG als Anrechnungsvorschrift zur Vermeidung einer Doppelversorgung wurde auch mit der Umgestaltung des § 13a mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz) vom 15. Dezember 1995 (BGBl. 1995 I, S. 1726) nicht aufgegeben oder um weitere Zwecke – etwa eine anspruchsbegründende Funktion – erweitert. Bis zu dieser Gesetzesänderung wurde in § 13a SVG – wie in seiner ursprünglichen Fassung – ausdrücklich nur die erneute Berufung eines ehemaligen Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit für die Maßgeblichkeit der Gesamtdienstzeit in Bezug genommen. Nunmehr lautete die Vorschrift unter Einbeziehung auch eines zuvor abgeleisteten Grundwehrdienstes und freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes in den die Versorgungsbezüge betreffenden Satz 1:
- 50
„Hat ein Soldat auf Zeit vor seiner Berufung in das Dienstverhältnis bereits Grundwehrdienst (§ 5 des Wehrpflichtgesetzes), freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst (§ 6b des Wehrpflichtgesetzes) oder Dienst als Soldat auf Zeit geleistet, so berechnen sich seine Versorgungsbezüge nach den §§ 11 und 12 nach der Gesamtdienstzeit. Beträge, die ihm auf Grund des früheren Dienstverhältnisses nach § 9 des Wehrsoldgesetzes oder den §§ 11 bis 13 und 47 Abs. 1 Satz 2 dieses Gesetzes zugestanden haben, sind anzurechnen. Der Umfang einer Berufsförderung richtet sich nach der Gesamtdienstzeit. Ein Anspruch auf Erteilung eines Eingliederungsscheins besteht nur, wenn nach Beendigung des früheren Dienstverhältnisses Übergangsgebührnisse nach § 11 nicht zugestanden haben oder das letzte Dienstverhältnis nach einer ununterbrochenen Dienstzeit von zwölf oder mehr Jahren geendet hat. Zeiten einer auf Grund eines früheren Dienstverhältnisses gewährten Berufsförderung sind auf die nunmehr zustehende Berufsförderung anzurechnen; in diesen Fällen gilt § 13b Abs. 3 sinngemäß.“
- 51
An dem Regelungsgehalt und Sinn und Zweck des § 13a SVG als (bloße) Anrechnungsvorschrift hat sich durch diese Ergänzung um den Grundwehrdienst und den freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst jedoch nichts geändert. Vielmehr wird in der Begründung des Gesetzentwurfs verdeutlicht, dass die Nennung der Wehrdienstverhältnisse nach dem Wehrpflichtgesetz lediglich erfolgt, um auch auf dieser Grundlage gezahltes Entlassungsgeld in die „Anrechnungsregelung“ – zunächst nur bezogen auf die Dienstzeitversorgung – einzubeziehen. In der Begründung heißt es insoweit:
- 52
„In die Anrechnungsregelung soll künftig auch das Entlassungsgeld nach einem vorausgegangenen Wehrdienstverhältnis auf Grund des Wehrpflichtgesetzes einbezogen werden, da diese Leistung nach bis zu 23 Monaten Wehrdienst einen Betrag erreicht, der bei der Bemessung der unter Einbeziehung der früheren Wehrdienstzeit zu gewährenden Versorgungsleistungen nicht vernachlässigt werden kann.“ (BTDrucks. 13/1801, S. 19)
- 53
Mit der Ergänzung um den Grundwehrdienst und den freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst war vor diesem Hintergrund nicht eine anspruchsbegründende Wirkung in dem Sinne verbunden, dass diese Zeiten künftig auch als Wehrdienstzeit zu berücksichtigen sein sollten. Nach Vorstehendem war dies auch gar nicht notwendig, da sich deren Berücksichtigung ohnehin bereits aus der jeweiligen Anspruchsgrundnorm in Verbindung mit § 2 SVG ergab. Die Einbeziehung sollte demnach vielmehr eine Beachtung der genannten Dienstverhältnisse auch bei der Anrechnung entsprechender Leistungen bewirken.
- 54
Der dargestellte Zweck des § 13a Abs. 1 SVG als Anrechnungsregelung findet auch einen erkennbaren Ausdruck in dem Gesetzestext, der im Wesentlichen verschiedene Anrechnungstatbestände auflistet.
- 55
Wollte man demgegenüber aus den Gesetzesmaterialien zu dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz, WehrRÄndG 2011) vom 28. April 2011 (BGBl. I, S. 678) und dem Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr (Bundeswehr-Einsatzbereitschaftsstärkungsgesetz – BwEinsatzBerStG) vom 4. August 2019 (BGBl. I S. 1147) den Willen des Gesetzgebers ableiten, dem § 13a Abs. 1 SVG künftig auch eine anspruchsbegründende Wirkung bzw. eine von § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 SVG abweichende Definition der für die Berechnung der Ansprüche auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung maßgeblichen Wehrdienstzeit beizumessen (vgl. BTDrucks. 17/4821, S. 22, BTDrucks. 19/9491, S. 136), hat dies keinen hinreichenden Niederschlag im Gesetzestext (allgemein hierzu BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2013 – 5 C 9/12 –, BVerwGE 146, 89 = juris, Rn. 16) gefunden, wie aus den Ausführungen zu Wortlaut und Systematik folgt.
- 56
III. Schließlich verstößt die hier vertretene Auffassung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weshalb auch eine verfassungskonforme Auslegung nicht zu einem anderen Auslegungsergebnis zwingt.
- 57
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Er verletzt aber das Gleichheitsgrundrecht, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2018 – 1 BvR 3042/14 – juris, Rn. 18 m.w.N.). Dabei ergeben sich hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für Einzelne verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 2021 – 1 BvR 2237/14 –, juris, Rn. 110 f.)
- 58
Daran gemessen war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert, Reservedienstleistende, die später ein Dienstverhältnis als Soldaten auf Zeit eingehen, anders zu behandeln, als Reservedienstleistende, die sich nicht entsprechend verpflichten. Zwischen beiden Gruppen bestehen im Hinblick auf die Verpflichtung als Soldat auf Zeit und die damit einhergehende längerfristige Bindung an den Dienstherrn Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung in versorgungsrechtlicher Hinsicht rechtfertigen.
- 59
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
- 60
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung – ZPO.
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Die Revision war nach § 132 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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Beschluss
- 63
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 i.V.m. 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz).
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