Urteil vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 LB 28/14

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts - Einzelrichter - vom 16.10.2014 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ihres verstorbenen leiblichen Vaters.

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Am 27.03.2009 verstarb in ... der am ... geborene .... Mit Schreiben vom 09.04.2009 wandte sich die Beklagte an das Bestattungshaus ... und erteilte unter Hinweis auf ein zuvor geführtes Telefonat den Auftrag, den Leichnam im Rahmen eines Schlichtbegräbnisses (ohne Trauerfeier) zu bestatten. Es solle die Feuerbestattung mit nachfolgender anonymer Beisetzung der Urne vorgenommen werden. Zur Bestattung verpflichtete Personen seien nicht ermittelbar.

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In einem internen Schreiben vom 14.04.2009 findet sich die Mitteilung des Standesamtes der Beklagten, dass eine Tochter des Verstorbenen - die Klägerin - gefunden worden sei.

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Mit Schreiben vom 15.04.2009 setzte die Beklagte die Klägerin von dem Sterbefall und über die bestehende Bestattungspflicht in Kenntnis. Sie habe die Möglichkeit in den bereits erteilten Bestattungsauftrag einzutreten und die Bestattung selbst zu regeln. Die Kosten einer im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Bestattung wären in einem gesonderten Leistungsbescheid mit zusätzlichen Gebühren anzufordern. Sollte die Tragung der Bestattungskosten nicht zumutbar sein, werde anheimgestellt, die Übernahme der Bestattungskosten gem. § 74 SGB XII zu beantragen.

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Mit Rechnung vom 22.05.2009 bezifferte das Bestattungshaus die Bestattungskosten auf insgesamt 2.336,52 €. Abzüglich des Geldbörsenachlasses i.H.v. 22,50 € wurden 2.314,02 € in Rechnung gestellt.

6

Mit Schreiben vom 27.04.2010 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, sie zur Erstattung der Bestattungskosten i.H.v. 2.453,61 € zzgl. einer Verwaltungsgebühr i.H.v. 184,00 € heranzuziehen. Hierauf reagierte die Klägerin mit einem am 23.05.2010 eingegangenen Schreiben. Sie werde einen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten demnächst einreichen, dies aus finanziellen Gründen, vor allem aber, weil der Verstorbene nicht ihr Vater, sondern nur ihr Erzeuger gewesen sei. Er habe nie Unterhalt gezahlt. Als zehnjähriges Mädchen habe sie versucht, mit ihm telefonisch Kontakt aufzunehmen. Da habe er knallhart gesagt, dass er sie nicht haben und nicht sehen wolle. Sie, die Klägerin, wolle mit dem Verstorbenen nichts zu tun haben. Sie habe für Sterbeurkunde, Erbausschlagung und Notarkosten schon mehr Geld für ihn ausgegeben als er jemals für sie.

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Am 03.09.2010 erließ die Beklagte den streitbefangenen Leistungsbescheid und forderte von der Klägerin die Zahlung i.H.v. 2.545,61 €. Hiergegen legte die Klägerin am 29.09.2010 Widerspruch ein. Der gem. § 74 SGB XII gestellte Antrag sei vom Bereich Soziale Sicherung zwar abgelehnt worden, hiergegen sei jedoch Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden sei. Bis zur endgültigen Entscheidung sehe sie sich nicht in der Lage, die Summe aufzubringen.

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Am 08.03.2013 teilte der Bereich Soziale Sicherung mit, dass der Widerspruch gegen die Ablehnung der Bestattungskostenübernahme mit Bescheid vom 10.03.2011 zurückgewiesen worden sei.

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Nach nochmaliger Anhörung am 12.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 08.08.2013 zurück. Aufgrund weitergeführter Korrespondenz wurden die Gründe für die Zurückweisung des Widerspruchs mit Schreiben vom 12.08.2013 erläutert. Sowohl dem Widerspruchsbescheid vom 08.08.2013 wie auch dem Schreiben vom 31.10.2013 ist eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Beide Schreiben wurden mit einfacher Post versandt.

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Die Klägerin hat am 28.11.2013 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Ihre Inanspruchnahme sei grob unbillig. Der Verstorbene sei zwar ihr Erzeuger, er habe sich jedoch zu keinem Zeitpunkt als ihr Vater zu erkennen gegeben bzw. eine Vaterrolle ausgeübt. Der Verstorbene habe nie Unterhalt gezahlt, mit Ausnahme des im Widerspruch angesprochenen missglückten Kontaktaufnahmeversuchs habe es nie einen Kontakt gegeben. Es sei unbillig, dass sie - die Klägerin - nunmehr in Anspruch genommen werde, um die Beerdigungskosten für einen Mann zu bezahlen, der nie Kontakt mit ihr hätte haben wollen.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Leistungsbescheid der Beklagten vom 03. September 2010 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 08. August 2013 aufzuheben.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Einzelrichterurteil vom 16.10.2014 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Bescheide seien rechtswidrig, weil die Heranziehung der Klägerin eine unbillige Härte i.S.d. § 21 Abs. 2 VVKVO darstelle.

16

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und von der Beklagten eingelegte Berufung. Eine unbillige Härte liege nicht vor. Allein das Fehlen einer persönlichen Beziehung stelle keinen Umstand dar, der geeignet wäre, eine solche Härte darzustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie tritt dem angefochtenen Urteil bei. Es habe zu keinem Zeitpunkt ein Vater-Tochter-Verhältnis gegeben. Zudem sei das Zurückweisen des Kontaktversuchs ein entscheidender Vorfall gewesen, der sie bis heute belaste.

22

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvortrags im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

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Die Klage ist in zulässiger Weise erhoben worden. Sie war insbesondere nicht verfristet. Zwar war seit der Zusendung des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2013 bis zur Klagerhebung am 28.11.2013 ein deutlich längerer als einen Monat dauernder Zeitraum verstrichen. Da der Widerspruchsbescheid jedoch lediglich mit einfacher Post versandt worden war, hatte die einmonatige Klagefrist des § 74 VwGO nicht zu laufen begonnen.

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Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 03.09.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 08.08.2013 erweisen sich als rechtmäßig. Die Beklagte zieht die Klägerin zu Recht zu den Kosten für die Bestattung ihres leiblichen Vaters heran.

26

Rechtsgrundlage des Kostenbescheides ist § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG i.V.m. §§ 230, 238, 249 LVwG i.V.m. der Landesverordnung über die Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren (VVKVO). Gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG hat bei Nichtvorhandensein oder Säumigkeit eines Bestattungspflichtigen die für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständige Gemeinde entsprechend §§ 230 und 238 LVwG für die Bestattung zu sorgen.

27

Mit § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG wollte der Landesgesetzgeber die im Senatsurteil vom 17.03.2008 - 2 LB 35/07 - gerügte Lücke im Gesetzeswerk schließen und für die bestattende Gemeinde die bisher nicht vorhandene Ermächtigung dafür schaffen, die Erstattung der Bestattungskosten vom säumigen Bestattungspflichtigen zu verlangen. Das Bestattungsgesetz sieht die gemeindliche Pflicht zur Vornahme der Bestattung gem. § 27 BestattG als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe an und bestimmt durch den Rechtsfolgenverweis auf die §§ 230 und 238 LVwG, dass die Gemeinde die Bestattung ohne vorherigen (Grund-)Verwaltungsakt als Ersatzvornahme im sofortigen Vollzug vorzunehmen und den Kostenersatz auf dem damit vorgezeichneten Wege nach § 249 LVwG zu erreichen hat. Dies führt gem. § 249 Abs. 3 bis 5 LVwG zur Anwendung der VVKVO (vgl. Senatsbeschl. v. 04.03.2014 - 2 O 21/13 -).

28

Zwar bestimmt § 27 Abs. 3 BestattG, dass für Amtshandlungen nach diesem Gesetz von den Gemeinden Kosten (Gebühren und Auslagen) nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben werden, was zur Folge hätte, dass die Auslagen im Rahmen des § 5 Abs. 5 KAG zu erstatten wären. § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG weist jedoch den Weg zur Ersatzvornahme im sofortigen Vollzug und damit zum vollstreckungsrechtlichen Regime und formuliert damit eine Ausnahme von der allgemeinen Regel.

29

Die Beklagte hat die Bestattung in rechtlich bedenkenfreier Form vorgenommen. Die Klägerin war als Tochter des Verstorbenen gem. § 2 Nr. 12 lit. c BestattG bestattungspflichtig und konnte erst am 14.04.2009 ermittelt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlungsbemühungen der Beklagten nachlässig betrieben worden wären oder dass weitere vor- oder gleichrangige Bestattungspflichtige vorhanden wären, sind nicht erkennbar. Angesichts der neuntägigen Bestattungsfrist des § 16 Abs. 1 2.HS BestattG ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass der Bestattungsauftrag für den am 27.03.2009 Verstorbenen bereits erteilt worden war. Der Klägerin wurde darüber hinaus mit Schreiben vom 15.04.2009 angeboten, in den bestehenden Bestattungsauftrag einzutreten und die Urne beizusetzen.

30

Steht die Bestattungspflicht eines Angehörigen fest, wird die Gemeinde ermächtigt, die erstattungsfähigen Kosten für die von ihr veranlasste Bestattung gegenüber dem Pflichtigen geltend zu machen. Bei der Entscheidung hierüber handelt sich um einen Fall des intendierten Ermessens, d.h. in der Regel ist nur die Entscheidung für die Inanspruchnahme des Pflichtigen ermessensfehlerfrei (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -, BayVBl 2009. 537 m.w.N.). Die Angehörigen eines Verstorbenen stehen diesem im Sinne einer Solidargemeinschaft ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit regelmäßig näher als die Allgemeinheit, so dass es vorrangig ihnen obliegen muss, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht geht es vor allem darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen.

31

Eine vorgenommene Erbausschlagung entbindet den Kostenpflichtigen weder von seiner allein ordnungsrechtlich begründeten Bestattungs- noch von der Kostenpflicht. Auch soweit § 1968 BGB regelt, dass den Erben die Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten trifft, hindert dies die Inanspruchnahme eines Bestattungspflichtigen für die aus der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht resultierenden Kosten nicht. Es ist deshalb unerheblich, ob der Bestattungspflichtige die Erbschaft gem. § 1942 ff BGB ausgeschlagen hat. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u. a. für die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht, welche auf einem vom Zivilrecht unabhängigen Rechtsgrund beruhen (Verwaltungsgericht Dessau, Urt. v. 26.04.2006 - 1 A 34/06 -; Verwaltungsgericht Stade, Urt. v. 27.07.2006- 1 A 539/05 - ; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2005 - 1 S 681/04 -; Verwaltungsgericht Bremen, Urt. v. 20.08.2009 - S 5 K 3522/08 -).

32

Die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die gem. § 1968 BGB aus der Erbenstellung erwachsende zivilrechtliche Pflicht, die Beerdigungskosten zu tragen, sind vielmehr streng voneinander zu unterscheiden. Zwar geht für den Fall der Erbausschlagung die Vorschrift des § 1953 Abs. 1 BGB davon aus, dass der Ausschlagende so behandelt wird, als sei er nie Erbe gewesen, so dass ihn zivilrechtlich keine Kostenpflichten treffen. Dieser Umstand hat jedoch keine Auswirkungen auf das öffentlich-rechtliche Verhältnis (OVG Saarlouis, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 VBlBW 2005, 141; OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.12.2002 - 8 LA 158/02 -; Verwaltungsgericht Chemnitz, Beschl. v. 22.06.2000 - 3 K 810/00 -; Verwaltungsgericht Dresden, Urt. v. 24.02.2010 - 4 K 1946/06 -; Verwaltungsgericht Braunschweig, Urt. v. 01.09.2005 - 5 A 208/05 -; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urt. v. 18.02.2009 - 23 K 1676/08 -; Verwaltungsgericht Gießen, Urt. v. 05.04.2000, NVwZ-RR 2000, 795; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urt. v. 12.12.2003 - 3 K 1991/03 -; VG Koblenz, Urt. v. 14.06.2005 - 6 K 93/05.Ko -; Stelkens/Seifert, DVBl. 2008, 1537 [1539] m. w. N.; Repkewitz, VBlBW 2010, 228).

33

Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus einem anderen Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft weiterhin bestehen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. vom 14.12.2011 - 4 C 11.1910 -). Dies gilt u.a. für die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht (Verwaltungsgericht des Saarlandes, Beschl. v. 08.12.2010- 11 L 2288/10 -, NVwZ-RR 2011, 392 = KKZ2012, 161).

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Der nach den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen Bestattungspflichtige hat jedoch die Möglichkeit, in einem zivilgerichtlichen Verfahren Ersatzansprüche gegen den Erben oder einen anderen zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichteten geltend zu machen, da diese nach § 1968 BGB bzw. nach den anderen rechtlichen Bestimmungen zivilrechtlich zur Tragung der Beerdigungskosten verpflichtet sind (Verwaltungsgericht Münster, Urt. v. 12.11.2010- 7 K 1240/10-, FamRZ 2011, 927 und ZEV2011, 604).

35

Anders als in den Bestattungsgesetzen anderer Bundesländer (vgl. Verwaltungsgericht Oldenburg, Urt. v. 05.09.2012 - 5 A 1368/11 -, BTPrax 2012, 257; ebenso OVG Niedersachsen, Beschl. v. 19.12.2012-8 LA 150/12-, FamRZ 2013, 1251; anders dann Beschl. v. 09.07.2013 - 8 ME 86/13 -, NJW 2013, 2983) berührt nach schleswig-holsteinischem Landesrecht eine bestehende unbillige Härte eine nach dem Bestattungsgesetz bestehende Bestattungspflicht nicht (mit der Folge, dass ein evtl. vorhandener Nachrangiger nachrückte), sondern ist bei der Frage der der Bestattung nachfolgenden Heranziehung zu den aufgewandten Kosten zu erörtern.

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Der bestehenden Bestattungspflicht kann deshalb das familiäre Verhältnis zum Verstorbenen nicht erfolgreich entgegen halten. Denn die unbeschränkte öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht verstößt nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung auch in Härtefällen, in denen die Durchführung der Bestattung für den Pflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint, weder gegen die allgemeine Handlungsfreiheit des Bestattungspflichtigen nach Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsgebot. Da die Bestattungspflicht vor allem der Gefahrenabwehr dient, können innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen und über dessen etwaige Verfehlungen angestellt werden, sondern müssen möglichst schnell und eindeutig festzustellende objektive Maßstäbe eingreifen. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht von der schon gewohnheitsrechtlich den nächsten Angehörigen obliegenden Totenfürsorge bei gestörten Familienverhältnissen abzusehen und stattdessen die Kosten der Bestattung auf die Allgemeinheit zu verlagern.

37

Anders als in anderen Bundesländern ist in Schleswig-Holstein auch nicht auf den verfassungsrechtlich aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zurückzugreifen, um Härtefällen zu begegnen. Schleswig-Holstein hat mit dem Verweis auf die §§ 230, 238 LVwG den Weg gewählt, gem. § 249 Abs. 3 bis 5 LVwG die Zumutbarkeit der Kostentragung im Rahmen des § 21 Abs. 2 VVKVO prüfen zu lassen. Nach dieser Vorschrift kann von einer Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen teilweise oder ganz abgesehen werden, wenn die Beitreibung der Kosten für die Schuldnerin oder den Schuldner eine unbillige Härte bedeutete.

38

Mit dem Verweis auf die VVKVO und damit auch auf deren § 21 Abs. 2 ist indes auch bestimmt, dass das Vorliegen einer unbilligen Härte bereits im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist und nicht erst in einer der Festsetzung nachgelagerten Entscheidung über Billigkeitsmaßnahmen. Deshalb ist der Gesichtspunkt einer eventuell vorliegenden unbilligen Härte schon im Anfechtungsverfahren gegen den Kostenheranziehungsbescheid zu behandeln. Anders als auf dem Gebiet des Abgabenrechts ist der Kostenschuldner nicht auf ein gesondertes Verpflichtungsverfahren auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme verwiesen.

39

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenschuldners spielen bei der Heranziehung zu den Kosten einer behördlich vorgenommenen Bestattung und deshalb auch bei der Erörterung einer unbilligen Härte keine Rolle. Ist der Bestattungspflichtige aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die Bestattungskosten zu tragen, so hat er einen Kostenerstattungsanspruch gem. § 74 SGB XII. Dieser geht einem Anspruch auf ein Absehen von der Heranziehung aus Billigkeitsgründen vor.

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Der bloße Vortrag, man sei finanziell nicht in der Lage, die Kosten für die Bestattung aufzubringen, ist deshalb unerheblich (OVG des Saarlandes, Beschl. v. 11.06.2010 - 1 A 8/10 -). Soweit die Bestattungskosten nicht anderweitig, etwa durch zivilrechtliche Ausgleichsansprüche, gedeckt werden können, verbleibt dem Bestattungspflichtigen die Möglichkeit, beim zuständigen Sozialhilfeträger einen Antrag auf Kostenerstattung nach § 74 SGB XII zu stellen (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 13.7.2005 - 8 PA 37/05 -). Allein der Bezug von Sozialhilfe bzw. bescheidene finanzielle Verhältnisse können die Annahme einer unbilligen Härte i.S.d. § 21 Abs. 2 VVKVO somit nicht begründen.

41

Ein Entfallen der Kostenerstattungspflicht aus Billigkeitsgründen kommt daher nur in besonderen Ausnahmesituationen in Betracht, in denen einem Angehörigen schlichtweg unzumutbar ist, für die Bestattung des Verstorbenen endgültig oder auch nur vorläufig Sorge zu tragen. Entgegen der insbesondere von den Verwaltungsgerichten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen vertretenen Ansicht sind die zivilrechtlichen Bestimmungen, nach denen die Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten (§ 1579 BGB) oder Verwandter in gerader Linie (§ 1611 BGB) wegen grober Unbilligkeit eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, als Maßstab für die Unzumutbarkeit nicht geeignet. Anders als die Unterhaltspflicht stellt die Bestattungspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen Verstorbenem und bestattungspflichtigem Angehörigen dar. Bei der Pflicht zum Bestatten des Verstorbenen handelt es sich vielmehr nur um eine einmalige, mit von vornherein begrenzten Kosten verbundene. Aus diesem Grunde darf und muss die Schwelle, ab derer von einer Unzumutbarkeit auszugehen ist und die Kostentragungspflicht auf die Allgemeinheit übergeht, eine erheblich höhere sein.

42

Dennoch ist ein Absehen von der Kostenheranziehung nicht völlig ausgeschlossen. Die Heranziehung eines öffentlich-rechtlich Bestattungspflichtigen zu den Bestattungskosten kann in dem Falle eine unbillige Härte bilden, in dem die Familienverhältnisse so nachhaltig gestört sind, dass die Übernahme der Bestattungskosten für den Pflichtigen als grob unbillig anzusehen ist (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.07.2009 - 19 A 448/07 -, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 Z.B. 07.2815 -, BayVBl 2009, 537; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; Verwaltungsgericht Halle, Urt. v. 20.11.2009 - 4 A 318/09 -; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urt. v. 16.01.2007- 11 K 1326/06 -).

43

Der Begriff der unbilligen Härte ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in § 21 Abs. 2 VVKVO mit einer Ermessensentscheidung gekoppelt ist. Diese in der Gesetzestechnik sehr oft aufzufindende Konstruktion bedeutet, dass der Behörde auf der Tatbestandsseite bei der Bewertung des Sachverhaltes ein Beurteilungsspielraum zusteht, der vom Verwaltungsgericht jedoch sehr weitgehend überprüfbar ist. Auf der Rechtsfolgenseite darf diese im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung, ob die Heranziehung des Bestattungspflichtigen zur Kostenerstattung nach Lage des Einzelfalles unbillig ist, von den Verwaltungsgerichten zwar nur nach den für die Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen geprüft werden, also nach dem in § 114 VwGO festgeschriebenen Prüfungsschema. Gleichwohl kommt es aber in diesem Fall dennoch auch auf der Rechtsfolgenseite zu einer weitgehenden Nachprüfbarkeit und dies deshalb, weil der Maßstab der Billigkeit Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens bestimmt (vgl. zu der Regelung in § 14 Abs. 2 KostO NRW: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 02.021996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 = Städte und Gemeinderat 1997, 26).

44

Die Heranziehung eines öffentlich-rechtlich Bestattungspflichtigen zu den Bestattungskosten kann insbesondere unverhältnismäßig sein in den Fällen, in denen die Familienverhältnisse so nachhaltig gestört sind, dass die Übernahme der Bestattungskosten für den Pflichtigen als grob unbillig anzusehen ist (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.07.2009 - 19 A 448/07 -, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 Z.B. 07.2815 -, BayVBl 2009, 537; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; Verwaltungsgericht Halle, Urt. v. 20.11.2009 - 4 A 318/09 -; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urt. v. 16.01.2007 - 11 K 1326/06 -).

45

So wird in der Rechtsprechung einheitlich vertreten, dass dies bei schweren Straftaten des Verstorbenen zu Lasten des an sich Bestattungspflichtigen der Fall sein kann (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschlüsse vom 19.12.2011 - 4 C 11.2581 -, und vom 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.07.2005 - 8 PA 37/05 - und vom 19.05.2003 - 8 ME 76/03 -).

46

Bei der Frage, ob die familiären Verhältnisse als derart gestört anzusehen sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Denn das Gesetz bestimmt die nahen Angehörigen zu Bestattungspflichtigen, ohne darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang diese nach zivilrechtlichen Grundsätzen dem Verstorbenen gegenüber unterhaltspflichtig gewesen und ob die Familienverhältnisse intakt gewesen sind. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung der Reihenfolge beruht auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Gesetzgeber hierbei an die den nächsten Angehörigen gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge anknüpft und diese auch bei gestörten Familienverhältnissen vorgesehen hat, anstatt die Kosten der Bestattung auf die Allgemeinheit zu verlagern (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -, BayVBl 2009, 537 m.w.N.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.07.2005-8 PA 37/05 -).

47

Dass sich ein Elternteil um sein Kind nicht gekümmert hat oder sich nicht kümmern konnte, führt für sich deshalb noch nicht dazu, dass die dem Kind obliegende Bestattungspflicht auf die Allgemeinheit übergehen müsste (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 19.12.2011 - 4 C 11.2581 -). Denn Grundlage für die Bestattungspflicht ist gerade nicht die Solidargemeinschaft der Familie, die sich durch ein gegenseitiges Geben und Nehmen auszeichnet. Der Vortrag, es habe in der Beziehung zum Verstorbenen eine vollständige Aufgabe der familiären Bande vorgelegen, es gebe gar kein familiäres Verhältnis mehr, das zerrüttet sein könnte, ist vor dem Hintergrund der obergerichtlichen Rechtsprechung unbehelflich (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 12.09.2013 - 4 ZB 12.2526 -).

48

Besteht ein rechtliches Näheverhältnis in Form enger Verwandtschaft, so kommt eine Unzumutbarkeit der Tragung der Beerdigungskosten allein aufgrund der näheren Umstände der persönlichen Beziehung zwischen Pflichtigem und Verstorbenem, d.h. unabhängig von den finanziellen Verhältnissen des Pflichtigen, nur dann in Betracht, wenn diese Umstände der persönlichen Beziehung so schwer wiegen, dass die rechtliche Nähebeziehung dahinter vollständig zurücktritt. Das setzt voraus, dass ein schweres vorwerfbares Fehlverhalten des Verstorbenen gegenüber dem Pflichtigen vorliegt.

49

Der bloße Umstand, dass sich Familienmitglieder räumlich und emotional voneinander entfernt haben und die traditionellen familiären Beziehungen nicht mehr unterhalten worden sind, führt deshalb nicht bereits zur Anerkennung einer besonderen Härte, aufgrund derer von der Heranziehung zur Kostenerstattung abgesehen werden kann. Nicht ausreichend sind Unterhaltspflichtverletzungen (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 01.08.2008 - 8 LB 55/07 -; Verwaltungsgericht Köln, Urt. v. 20.03.2009 - 27 K 5617/07 -) oder ein zerrüttetes Verhältnis des Verstorbenen zu dessen nahen Angehörigen, das zu einem über Jahrzehnte ausbleibendem Kontakt führt (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 01.08.2008 - 8 LB 55/07 -). Hat ein bestattungspflichtiges leibliches Kind seinen verstorbenen Vater nicht gekannt und auch keinen persönlichen Kontakt mit ihm gehabt, so reicht dies nicht aus, um eine unbillige Härte i.S.d. der Verschonungsregelungen anzunehmen (Verwaltungsgericht Köln, Urt. v. 30.05.2012 - 9 K 1361/11 -). Kein Härtefall ist nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts z.B. in einem Fall gegeben, in dem die Hinterbliebene erst nach 45 Jahren ihren später verstorbenen Vater ausfindig gemacht hat, der zuvor ihre Mutter im Säuglingsalter der Tochter verlassen hatte und der weder Unterhalt gezahlt noch eine persönliche Beziehung unterhalten hatte (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 13.07.2005 - 8 PA 37/05 -, NdsRpfl 2005, 382 = NordÖR 2005, 434 = FEVS 57, 228).

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Hat ein bestattungspflichtiges leibliches Kind seinen verstorbenen Vater nicht gekannt und auch keinen persönlichen Kontakt mit ihm gehabt, so reicht dies nicht aus, um eine unbillige Härte i.S.d. der Verschonungsregelungen anzunehmen (Verwaltungsgericht Köln, Urt. v. 30.05.2012 - 9 K 1361/11 -). Zu fordern ist vielmehr die nachhaltige Störung der Familienverhältnisse.

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Auch die ausschließlich zivilrechtliche Frage danach, ob der Verstorbene in der Vergangenheit einer bestehenden Unterhaltspflicht nicht nachgekommen ist, spielt in diesem Zusammenhang keine ausschlaggebende Rolle (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008, BayVBl. 2009, 537; OVG Saarlouis, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 21.11.2006 - 8 PA 118/06 -; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2004, VBlBW 2005, 141; Verwaltungsgericht Chemnitz, Urt. v. 30.07.2008 - 1 K 1629/04 -; Verwaltungsgericht Gießen, Urt. v. 05.04.2000, NVwZ-RR 2000, 795; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urt. v. 10.07.2001 - 11 K 2827/00-; Repkewitz, VBlBW 2010, 228 ; BVerwG, Beschl. v. 19.08.1994, NVwZ-RR 1995, 283), denn dies ist kein so gravierendes Erlebnis, dass die Bestattung von dem Betroffenen emotional nicht geleistet werden könnte. So wird die Verletzung der Kindesunterhaltspflicht von einem Kind als nicht so gravierend wahrgenommen werden wie eine massive Verletzung der körperlichen Integrität.

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Dies gilt auch und gerade vor dem Hintergrund, dass der Betroffene möglicherweise einen Anspruch auf Übernahme der Kosten durch das Sozialamt nach § 74 SGB XII hat. Denn diese Vorschrift erfasst nicht nur den Fall, dass der Betreffende finanziell nicht in der Lage ist, die Kosten zu tragen. Vielmehr kann sich die Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen dem Bestattungspflichtigen und dem Verstorbenen ergeben (vgl. dazu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -; OVG des Saarlandes, Urteil vom 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 - 1 S 681/04 -; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.07.2005 - 8 PA 37/05 -).

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Besteht aber diese Möglichkeit, so besteht ein Bedürfnis nach Ausnahmen nur in eingeschränktem Maße. Es erscheint deshalb sachgerecht, diese auf die genannten gravierenden Eingriffe in die körperliche Integrität zu beschränken. Da das Gesetz selbst keine Ausnahmen vorsieht, ist insoweit eine restriktive Anwendung geboten. Nur wenn die Bestattung die Menschenwürde des an sich Bestattungspflichtigen verletzt, ist er hiervon entbunden. Dies kann aber nur bei einem Ereignis der Fall sein, das so gravierend ist, dass es für den Betroffenen eine enorme Belastung darstellt, also eine traumatische Wirkung entfaltet. Bei einem Kind wird dies wohl regelmäßig nur ein Ereignis sein können, das sich gravierend auf sein körperliches Wohlbefinden auswirkt. Denn etwa finanzielle Einschränkungen (die auf einem Fehlverhalten anderer beruhen) wird ein Kind nur eingeschränkt als negativ wahrnehmen und sie deshalb als nicht derart gravierend empfinden.

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Nach diesen Maßstäben führen die von der Klägerin vorgetragenen Umstände nicht zu einem Entfallen der Kostentragungspflicht. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf ihren Vortrag, der Verstorbene habe zu ihr seit ihrer Geburt keinen Kontakt gehalten, es habe nie ein Vater-Tochter-Verhältnis bestanden, der Verstorbene habe für sie nie Unterhalt gezahlt und sogar eine von ihr versuchte Kontaktaufnahme schroff und in einer sie verletzenden Weise zurückgewiesen.

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Da das Gesetz bei der Zuweisung der Bestattungspflicht allein auf den Angehörigenstatus abstellt, nicht jedoch auf das tatsächliche Bestehen eines verwandtschaftlichen Näheverhältnisses, kann aus der Intensität der familienrechtlichen Bande nicht darauf geschlossen werden, ob eine vom Gesetzgeber nicht in Betracht gezogene Härte vorliegt. Von Bedeutung darf allein sein, ob über das Nichtbestehen familiärer Beziehungen hinaus Vorkommnisse vorliegen, die das Verhältnis des Bestattungspflichtigen zum Verstorbenen derart schwer belastet haben, dass es den Betroffenen unerträglich träfe, nun für die Kosten der Bestattung aufzukommen. Dies ist für den vorliegenden Fall im Ergebnis zu verneinen.

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Dass zwischen der Klägerin und ihrem leiblichen Vater nie eine Vater-Kind-Beziehung bestanden hatte, führt nach den oben dargelegten Maßstäben der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht zu einer unbilligen Härte, die die Pflicht zur Kostenerstattung beeinflussen könnte. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht in § 12 Abs. 2 Satz 1 BestattG den Hinterbliebenen zugewiesen und in § 2 Nr. 12 BestattG bestimmt, dass die Hinterbliebeneneigenschaft allein an den Angehörigenstatus bis zum zweiten Grad in auf- oder absteigender Linie oder an die Verwandtschaft in der Seitenlinie anknüpft. Wenn aber der Gesetzgeber ein rein formales Zuweisungskriterium anspricht, können inhaltliche Kriterien wie das Intaktsein dieser Beziehung im Rahmen der Hinterbliebeneneigenschaft und der daran anknüpfenden Kostenerstattungspflicht keine Rolle spielen. Gründe, eine unbillige Härte anzunehmen, sind deshalb außerhalb dieses Bereiches zu suchen.

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Hier käme als Anknüpfungspunkt für die Annahme einer unbilligen Härte in Betracht, dass der Verstorbene einen telefonischen Kontaktversuch, den die Klägerin im Alter von zehn Jahren unternommen hatte, schroff zurückgewiesen hatte. Die Erinnerung an diesen Vorfall mag für die Klägerin schmerzhaft und unangenehm sein. Gleichwohl gerät das damalige Fehlverhalten des Verstorbenen bei weitem nicht an den Grad der Intensität, bei dem die Rechtsprechung eine Verschonung von der Kostentragungspflicht anerkannt hat (schwere Straftaten des Verstorbenen gegenüber dem Hinterbliebenen wie Tötungsversuch, sexueller Missbrauch o.ä.).

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Auf die Berufung war die Klage mit der gesetzlichen Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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Die Revision war nicht zuzulassen, da die streitigen Fragen allein das nichtrevisible Landesrecht betreffen.


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