Urteil vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 KN 19/19

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 31 „Kampen Süd“ der Antragsgegnerin vom 22. März 2010 (im Folgenden Bebauungsplan Nr. 31).

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks unter der Adresse … in … (Flurstück …, Flur …) im Gebiet der Antragsgegnerin. Das Grundstück ist mit einem Wohngebäude bebaut.

3

Am 22. März 2010 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Beschluss über den Bebauungsplan Nr. 31. Die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin fertigte den Bebauungsplan Nr. 31 am 14. Juni 2010 aus. Das Amt Landschaft Sylt machte die Beschlussfassung über den Bebauungsplan Nr. 31 in der Zeitung „Sylter Rundschau“ am 23. Juni 2010 bekannt. Dort hieß es auszugsweise: „Die Gemeindevertretung der Gemeinde Kampen (Sylt) hat in der Sitzung am 22. März 2010 den Bebauungsplan Nummer 31 […] als Satzung beschlossen. Dies wird hiermit bekanntgemacht. […]“ Nach Feststellung eines Schreibfehlers unter Nr. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen fertigte die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin den korrigierten Bebauungsplan Nr. 31 am 25. Juli 2011 erneut aus. Am 10. August 2011 veröffentlichte das Amt Landschaft Sylt in der Tageszeitung „Sylter Rundschau“ einen Text, der lautete: „Die Gemeindevertretung der Gemeinde Kampen (Sylt) hat in der Sitzung am 22. März 2010 den Bebauungsplan Nr. 31 […] als Satzung beschlossen. Der Plan wurde am 23. Juni 2010 bekannt gemacht. Aufgrund eines jetzt festgestellten Schreibfehlers unter Nr. 1.1.2 im Text Teil B des Bebauungsplanes, wird der berichtigte Plan erneut ausgefertigt und bekannt gemacht. Der Bebauungsplan tritt mit bewirkter Bekanntmachung rückwirkend zum 24. Juni 2010 in Kraft. […]“

4

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 31 umfasst das Grundstück der Antragstellerin. Unter Nr. 4 der textlichen Festsetzungen enthält der Bebauungsplan Nr. 31 Festsetzungen zur Überschreitung der überbaubaren Grundstücksfläche. Darin hieß es ursprünglich: „Die festgesetzten Baugrenzen können je Baugrundstück an einer Seite bis zu einer Tiefe von 5 m ausnahmsweise überschritten werden, sofern auf demselben Baugrundstück keine zweite Hauptanlage entsteht. Von der Ausnahme ist abzusehen, wenn hierdurch lediglich eine bauliche Anlage unterhalb der Geländeoberfläche begünstigt werden soll.“

5

Am 23. Juni 2011 stellte die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht (1 KN 7/11) und beantragte, den Bebauungsplan Nr. 31 für unwirksam zu erklären. Mit rechtskräftigem Urteil vom 16. Februar 2012 erklärte das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die textliche Festsetzung unter Nr. 4 Satz 2 des Bebauungsplans Nr. 31 für unwirksam und lehnte den Normenkontrollantrag im Übrigen ab.

6

Am 21. August 2019 veröffentlichte das Amt Landschaft Sylt unter der Überschrift „Bekanntmachung des Amtes Landschaft Sylt für die Gemeinde Kampen (Sylt) Beschluss der Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 31 „Kampen Süd““ den folgenden Text: „Die Gemeindevertretung der Gemeinde Kampen (Sylt) hat in der Sitzung am 22. März 2010 den Bebauungsplan Nr. 31 der Gemeinde Kampen (Sylt) als Satzung beschlossen. Der Plan wurde am 23. Juni 2010 bekannt gemacht. Aufgrund eines Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 wurde die textliche Festsetzung Nr. 4 Satz 2 des Bebauungsplanes Nr. 31 für unwirksam erklärt und in der Satzung gestrichen. Dies wird bekannt gemacht.

7

Der Bebauungsplan tritt mit bewirkter Bekanntmachung rückwirkend zum 24. Juni 2010 in Kraft. Alle Interessierten können den Bebauungsplan und die Begründung von diesem Tag an in der Inselverwaltung der Gemeinde Sylt und des Amtes Landschaft Sylt […] einsehen und über den Inhalt Auskunft erhalten. […]

8

Beachtliche Verletzungen der in § 214 Abs. 2 BauGB bezeichneten Vorschriften werden unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit dieser Bekanntmachung schriftlich gegenüber dem Amt/der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Dasselbe gilt für die nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlichen Mängel des Abwägungsvorgangs. […]“

9

Am 21. Oktober 2019 hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt.

10

Zur Begründung trägt sie vor: Der Antrag sei zulässig. Die Anzeige in der „Sylter Rundschau“ vom 21. August 2019 erfülle die Voraussetzungen einer Bekanntmachung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO selbst knüpfe für den Ablauf der für den Normenkontrollantrag maßgeblichen Antragsfrist an den Zeitpunkt der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift an. Das Bundesverwaltungsgericht sehe hierin den Zeitpunkt, zu dem der Bebauungsplan mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden sei. Im Hinblick auf die Titulierung der Bekanntmachung vom 21. August 2019 werde der Eindruck suggeriert, dass mit dieser die vollständige Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 31 durchgeführt werde. Der Zeitpunkt, zu dem der Bebauungsplan Nr. 31 nach dem Willen des Plangebers als Satzung entstehen solle, sei im Hinblick auf diesen Eindruck der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bekanntmachung vom 21. August 2019.

11

Die Auslegung der Bekanntmachung vom 21. August 2019, die vom objektiven Empfängerhorizont zu erfolgen habe, ergebe nicht, dass es sich insoweit lediglich um die Veröffentlichung der Entscheidungsformel gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO handele. Der Wortlaut dieser Vorschrift sehe vor, dass die Entscheidung zu veröffentlichen sei. Ausgehend davon hätte die Überschrift der Anzeige dann mit „Veröffentlichung“ überschrieben sein müssen. Der Passus „Dies wird bekannt gegeben“ beziehe sich schon rein räumlich betrachtet auf den gesamten ersten Absatz der Bekanntmachung. Ferner werde in der Anzeige auf den gesamten Inhalt des Bebauungsplans Bezug genommen. Dies werde aus der Belehrung nach § 215 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit dem Abdruck des § 214 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BauGB deutlich. Insoweit habe die Antragsgegnerin eine Bekanntmachung des vollständigen Inhalts der Satzung zum Ausdruck gebracht. Ansonsten hätte sie an dieser Stelle rein informatorisch erläutert, dass verschiedene nach § 214 BauGB beachtliche Mängel des Bebauungsplans unbeachtlich geworden seien, soweit der Plan bereits zu einem früheren Zeitpunkt bekannt gemacht worden sei.

12

Mit der Bekanntmachung vom 21. August 2019 sei eine zusätzliche Beschwer verbunden. Der Bekanntmachung liege eine erneute Betätigung des Willens der Antragsgegnerin zugrunde, in dem sie sich auf den vormaligen Abwägungsvorgang berufe und diesen – auch und gerade in Ansehung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts – positiv bestätigt habe. Indem die Antragsgegnerin in der Bekanntmachung ausgeführt habe, dass die Verletzung von nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlichen Mängeln des Abwägungsvorgangs unbeachtlich werde, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung vom 21. August 2019 geltend gemacht würden, habe sie den Abwägungsvorgang dokumentiert.

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Selbst wenn der Senat der Ansicht sei, dass es sich lediglich um eine Veröffentlichung nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO handele, dürfe ihr hieraus kein Nachteil erwachsen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sehe vor, dass der Bürger als Empfänger einer nach dem objektiven Erklärungsinhalt missverständlichen Willensäußerung der Verwaltung durch solche Unklarheit nicht benachteiligt werden dürfen. Dies gebiete Art. 19 Abs. 4 GG. Der Angreifbarkeit des Bebauungsplans läge in dieser Situation eine Rechtsunklarheit zugrunde, die durch das behördliche Handeln erzeugt worden sei und dem Bürger nicht zum Nachteil gereichen dürfe. Insofern sei sie mit der Situation eines Scheinverwaltungsakts vergleichbar.

14

Es handele sich bei der Anzeige vom 21. August 2019 um eine irreführende Titulierung, durch die der Plangeber gegen die gesetzlichen Anforderungen an die Plankennzeichnung verstoßen habe. Liege ein Verstoß gegen eine verfahrensrechtliche Bestimmung mit objektivem Bedeutungsgehalt vor, so könne die Verletzung des Verfahrensverstoßes geltend gemacht werden, wenn die Norm in die Freiheitssphäre des Bürgers eingreife.

15

Der Einwand der materiellen Rechtskraft stehe der Zulässigkeit des Antrags ebenfalls nicht entgegen. Durch die bewusste Entscheidung darüber, einen neuen Abwägungsvorgang durchzuführen, liege dem am 21. August 2019 bekanntgemachten Bebauungsplan ein veränderter tatsächlicher und rechtlicher Vorgang zugrunde. Damit sei der Streitgegenstand nicht identisch mit dem Streitgegenstand des Verfahrens 1 KN 7/11. Ferner könne auch die materielle Rechtskraft einer Entscheidung nur so weit reichen, wie über den Streitgegenstand entschieden worden sei. In seiner Entscheidung vom 16. Februar 2012 habe das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht sich beinahe ausschließlich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Festsetzung Nr. 4 und nur in zwei Randnummern mit dem übrigen Teil des Plans befasst. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Rechtskraft der Entscheidung in dem Verfahren 1 KN 7/11 über die Beurteilung der Frage der Rechtmäßigkeit der Festsetzung Nr. 4 sowie der Frage der Größe von Baufenstern hinaus erstrecke. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts diene das Normenkontrollverfahren nicht einer umfassenden Prüfung der Rechtslage unter jedem denkbaren Gesichtspunkt.

16

Im Übrigen sei der Normenkontrollantrag auch begründet. Nicht nur Nr. 4 Satz 2, sondern auch Nr. 4 Satz 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 31 sei unwirksam.

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Die Antragstellerin beantragt,

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den Bebauungsplan Nr. 31 der Antragsgegnerin, bekannt gemacht am 21. August 2019, für unwirksam zu erklären.

19

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

21

Zur Begründung trägt sie vor: Der Antrag sei unzulässig. Der streitgegenständliche Bebauungsplan sei bereits am 10. August 2011 bekannt gemacht worden und die Jahresfrist damit abgelaufen. Durch die Bekanntmachung in der „Sylter Rundschau“ vom 21. August 2019 sei die Frist auch nicht erneut in Gang gesetzt worden. Es handele sich insoweit nicht um eine Bekanntmachung der Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Vielmehr sei hierin lediglich die pflichtgemäße Veröffentlichung der Entscheidungsformel des Urteils des Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO zu sehen. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der Anzeige vom 21. August 2019 in der „Sylter Rundschau“, für die die allgemeinen Grundsätze der §§ 133, 157 BGB in entsprechender Anwendung heranzuziehen seien. Nach der Darstellung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts heiße es: „Dies wird bekannt gegeben“. Hieraus ergebe sich eindeutig der Wille der Antragsgegnerin, ihrer Pflicht zur Bekanntmachung der Entscheidungsformel aus § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO nachzukommen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Formulierung „Beschluss der Neuaufstellung des Bebauungsplans“ in der Überschrift der Anzeige, da mit dieser lediglich die schon vor der ursprünglichen Planaufstellung verwendete Formulierung wiedergegeben werde. Auf die Überschrift der Verlautbarung komme es auch nicht entscheidend an, maßgeblich sei vielmehr deren Inhalt. Soweit die Antragstellerin auf den Hinweis zu §§ 214 Abs. 2, 215 Abs. 1 BauGB abstelle, könne daraus nichts anderes hergeleitet werden. Der Hinweis sei ersichtlich allein deshalb in die Verlautbarung aufgenommen worden, da die Amtsverwaltung in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen sei, die Satzung ohne die Festsetzung Nr. 4 Satz 2 erneut in Kraft setzen zu müssen.

22

Wenn man unterstelle, dass die Verlautbarung vom 21. August 2019 nicht hinreichend deutlich als Veröffentlichung im Sinne von § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO zu erkennen sei, erwachse der Antragstellerin hieraus kein Nachteil. Auch bei ausdrücklicher Bezeichnung der Verlautbarung als Veröffentlichung im Sinne der genannten Norm hätte die Antragstellerin keinen Normenkontrollantrag stellen können. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG erfordere nicht die Möglichkeit zur verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle. Der Verlautbarung liege ferner keine neue Willensbetätigung ihrerseits zugrunde. Sie habe keinen neuen Satzungsbeschluss gefasst und damit auch keine neue Abwägung vorgenommen. Durch die Gemeindevertretung sei keinerlei Befassung erfolgt, sondern die Verlautbarung sei alleine durch die Amtsverwaltung veranlasst worden.

23

Selbst bei unterstellter erneuter Bekanntmachung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO würde die Jahresfrist vorliegend nicht erneut in Gang gesetzt werden. Auch nach der von der Antragstellerin angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beginne die Antragsfrist im Falle einer mehrfachen Bekanntmachung nicht mit jeder Bekanntmachung von neuem. Die Frist werde durch eine Änderung der Satzung nur in Gang gesetzt, wenn die geänderte Satzung neue Rechtsvorschriften oder eine zusätzliche Beschwer enthalte. Zwar könnten auch klarstellende Änderungen einer Vorschrift, die eine Rechtslage eindeutiger zum Ausdruck brächten und damit konkretisierten, die Antragsfrist neu beginnen lassen. Voraussetzung sei dann unter anderem, dass die Klarstellungen eine neue Beschwer enthielten. Mit der Streichung von Nr. 4 Satz 2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 31 aufgrund des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 sei jedoch keine neue Rechtsvorschrift oder weitere Beschwer entstanden. Die Festsetzung Nr. 4 Satz 2 sei von Anfang an unwirksam gewesen. Das Normenkontrollurteil habe insoweit lediglich eine feststellende Wirkung.

24

Soweit es in der Bekanntmachung heiße, „Der Bebauungsplan tritt mit bewirkter Bekanntmachung rückwirkend zum 24. Juni 2010 in Kraft“, sei darin zwar der Wille zu erkennen, die übrigen Teile des Bebauungsplans rückwirkend zum Zeitpunkt seiner ursprünglichen Inkraftsetzung in Kraft treten zu lassen, weil man erkennbar davon ausgegangen sei, dass es hierzu einer entsprechenden rückwirkenden Inkraftsetzung bedürfte. Dies sei jedoch nicht der Fall, da auch nach der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 die Festsetzung Nr. 4 Satz 2 isoliert aufhebbar gewesen sei und die übrigen Regelungen des Bebauungsplans weiterhin wirksam seien. Für die Geltung des Bebauungsplans habe es insoweit keiner rückwirkenden Inkraftsetzung bedurft.

25

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in der dieses sich mit den Auswirkungen einer erneuten Bekanntmachung nach Abschluss eines ergänzenden Verfahrens zur Behebung eines Ausfertigungsmangels beschäftigt habe. Eine solche Konstellation liege hier nicht vor. Eine entsprechende Anwendung der Grund-sätze für sogenannte Scheinverwaltungsakte scheide ebenfalls aus. Eine Anfechtungsmöglichkeit für diese Verwaltungsakte werde nur deshalb eingeräumt, weil der Adressat eines solchen Scheinverwaltungsaktes diesen bei objektiver Würdigung aller Umstände nur als echten, anfechtbaren Verwaltungsakt habe verstehen können. Die daraus entstandene Rechtsunklarheit sei der Grund für die Anfechtbarkeit. Eine solche Rechtsunklarheit sei hier jedoch nicht gegeben. Die Bekanntmachung gebe keinerlei Anhaltspunkte für die Neuaufstellung des Bebauungsplans und begründe damit auch keinen Rechtsschein.

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Daneben stehe schon das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 1 KN 7/11 vom 16. Februar 2012 aufgrund seiner materiellen Rechtskraft einer (erneuten) Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren entgegen, da es sich vorliegend um denselben Streitgegenstand wie in dem bereits 2012 rechtskräftig entschiedenen Verfahren zum Aktenzeichen 1 KN 7/11 handele. Das Begehren im vorliegenden Verfahren entspreche dem Begehren im Verfahren 1 KN 7/11 und ziele auf die Erklärung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 31 ab. Auch der Klagegrund sei identisch, da sich der Bebauungsplan Nr. 31 seit seiner ursprünglichen und einzigen Bekanntmachung am 10. August 2011 inhaltlich nicht verändert habe. Über den durch Klagegrund und Klagebegehren geprägten Streitgegenstand habe der erkennende Senat auch bereits entschieden, indem er in dem Verfahren 1 KN 7/11 den Normenkontrollantrag im Übrigen abgelehnt habe. Auch die Zurückweisung eines Normenkontrollantrags entfalte gemäß § 121 VwGO Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag ist unzulässig.

29

I. Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthafte Antrag ist nach Ablauf der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden.

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Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift einen Normenkontrollantrag stellen. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO stellt demnach für den Beginn der Antragsfrist maßgeblich auf die Bekanntmachung der zur Prüfung gestellten Rechtsvorschrift – hier des Bebauungsplans Nr. 31 „Kampen-Süd“ vom 22. März 2010 (im Folgenden Bebauungsplan Nr. 31) – ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 – 10 CN 1.14 –, Rn. 12, juris). Darunter ist, wie auch die Antragstellerin zutreffend ausführt, der Zeitpunkt zu verstehen, zu dem die Norm mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden ist, d.h. zu dem diese nach dem Willen des Normgebers als Satzung entstehen soll (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris; Urteil vom 10. Oktober 2019 – 4 CN 6.18 –, Rn. 13, juris). Ob die Bekanntmachung ordnungsgemäß ist, ist insoweit ohne Belang (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris).

31

1. Dies zugrunde gelegt, ist der Bebauungsplan Nr. 31 erstmals am 23. Juni 2010 im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bekanntgemacht worden. Innerhalb der durch diese Bekanntmachung ausgelösten Jahresfrist hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht zu dem Aktenzeichen 1 KN 7/11 gestellt. Die insoweit ausgelöste Antragsfrist im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist mittlerweile offensichtlich abgelaufen.

32

Ob es sich bei der auf die Korrektur eines Schreibfehlers unter Nr. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 31 folgenden Mitteilung in der „Sylter Rundschau“ vom 10. August 2011 um eine die Antragsfrist erneut auslösende Bekanntmachung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO handelt, kann hier dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre auch die insoweit ausgelöste Jahresfrist zwischenzeitlich offensichtlich abgelaufen.

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2. Die Mitteilung in der „Sylter Rundschau“ vom 21. August 2019 hat die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht erneut in Gang gesetzt.

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a) Dies ergibt sich nicht schon daraus, dass es sich bei der Mitteilung vom 21. August 2019 – wenn überhaupt – nicht um eine erstmalige, sondern um eine erneute oder wiederholte Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 31 handeln könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im Falle der Bekanntmachung einer Satzung, die inhaltsgleich zu einer bereits zuvor bekanntgemachten Satzung ist, die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO neu zu laufen beginnt. Der Plangeber kann den mit einer fristauslösenden Bekanntmachung erhobenen formellen Geltungsanspruch einer Satzung nach der Behebung eines vermeintlichen oder tatsächlichen Fehlers durch die Bekanntmachung einer inhaltlich unveränderten Satzung erneuern und so das Ziel verfolgen, eine tatsächlich oder vermeintlich unwirksame Satzung durch eine wirksame zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris). Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben.

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b) An einer solchen Bekanntmachung der – im Rahmen der Normenkontrolle zur Prüfung stehenden – Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fehlt es im vorliegenden Fall. In der Mitteilung in der „Sylter Rundschau“ vom 21. August 2019 ist keine erneute oder wiederholte Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 31 zu erkennen. Eine nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten an einer entsprechenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu orientierende objektive Auslegung der genannten Mitteilung ergibt, dass die Antragsgegnerin nicht den Bebauungsplan Nr. 31 mit formellen Geltungsanspruch (erneut) bekanntgemacht, sondern lediglich die Veröffentlichung nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO bewirkt hat. § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO regelt, dass, wenn das Oberverwaltungsgericht eine Rechtsvorschrift für unwirksam erklärt hat, die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen ist, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.

36

Im ersten Abschnitt der Mitteilung vom 21. August 2019 heißt es: „Aufgrund eines Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 wurde die textliche Festsetzung Nr. 4 Satz 2 des Bebauungsplanes Nr. 31 für unwirksam erklärt und in der Satzung gestrichen. Dies wird bekannt gemacht.“ Insoweit lässt sich der Mitteilung entnehmen, dass diese der „Bekanntmachung“ der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts dient. Anders als die Antragstellerin meint, bezieht sich der Satz „Dies wird bekannt gemacht.“ nicht auf den vorstehenden gesamten ersten Absatz, in dem auch Bezug auf die Beschlussfassung über den Bebauungsplan Nr. 31 genommen wird, sondern lediglich auf den unmittelbar vorstehenden Satz, der die Entscheidungsformel des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts wiedergibt. Dies ergibt sich schon daraus, dass in dem ersten Absatz der Mitteilung vom 21. August 2019 nicht lediglich die Beschlussfassung der Gemeindevertretung vom 22. März 2010 über den Bebauungsplan Nr. 31 in Bezug genommen, sondern dort im Anschluss an diese Bezugnahme auch ausgeführt wird, dass der Plan am 23. Juli 2010 bekanntgemacht worden sei. Dass mit der Mitteilung vom 21. August 2019 bekanntgemacht werden sollte, dass der Bebauungsplan Nr. 31 bereits in der Vergangenheit bekannt gemacht worden ist, erscheint fernliegend. Insoweit stellt sich die Bezugnahme auf die ursprüngliche Beschlussfassung der Gemeindevertretung vom 22. März 2010 ebenso wie die Angabe zur ersten Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 31 lediglich als Information über Teile des Verfahrens zur Inkraftsetzung des Bebauungsplans Nr. 31, d.h. als Darstellung des insoweit maßgeblichen Sachverhalts dar.

37

Hinzu kommt, dass es der Praxis des Amtes Landschaft Sylt entspricht, in den verschiedenen Mitteilungen zum Bebauungsplan Nr. 31 hervorzuheben, was genau bekanntgemacht werden soll. Bereits in der Bekanntmachung vom 23. Juni 2010 wurde ausgeführt, dass die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 22. März 2010 den Bebauungsplan Nr. 31 als Satzung beschlossen habe und dies bekanntgemacht werde. Ebenso wurde in der Bekanntmachung vom 10. August 2011 erläutert, dass der Bebauungsplan Nr. 31 aufgrund eines Schreibfehlers erneut ausgefertigt worden sei und bekannt gemacht werde. Insoweit hätte es der Praxis des Amtes Landschaft Sylt entsprochen, in die Mitteilung vom 21. August 2019 den Hinweis aufzunehmen, dass der Bebauungsplan aufgrund der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts erneut bekannt gemacht wird, hätte es tatsächlich die (erneute) Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 31 bewirken wollen.

38

Zuzugeben ist der Antragstellerin, dass die Überschrift der Mitteilung vom 21. August 2019 in der „Sylter Rundschau“ zunächst vermuten lässt, dass die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 31 bekanntgemacht werden soll, da es dort heißt „Bekanntmachung des Amtes Landschaft Sylt für die Gemeinde Kampen (Sylt) Beschlussfassung der Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 31 „Kampen Süd““. Dies lässt jedoch den Erklärungsinhalt des ersten Abschnitts der Mitteilung im Ergebnis unberührt. Dem unter der Überschrift folgenden Text lässt sich hinreichend konkret entnehmen, dass die Entscheidungsformel des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 „bekannt gemacht“ wird. Daher kann sich die Antragstellerin zur Bestimmung des Erklärungsinhaltes auch nicht ausschließlich oder vorrangig auf die Überschrift berufen. Es entspricht der allgemeinen Sorgfaltspflicht im Rechtsverkehr, sich nicht auf die Lektüre der Überschrift juristisch relevanter Texte zu beschränken, sondern vielmehr deren Inhalt sorgfältig zu studieren. Hinzu kommt, dass es sich bei der Überschrift der Mitteilung vom 21. August 2019 um eine Art Titel handelt, den die Antragsgegnerin bereits zuvor an verschiedenen Stellen genutzt hat, um den Bebauungsplan Nr. 31 zu bezeichnen. Bereits die Mitteilung vom 10. August 2011 in der „Sylter Rundschau“, die auf die nach Behebung eines Schreibfehlers erneute Ausfertigung folgte, trug diese Überschrift.

39

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass die Antragsgegnerin bzw. das Amt Landschaft Sylt, sofern die Veröffentlichung der Entscheidungsformel im Sinne des § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO beabsichtigt gewesen sei, das Wort „Veröffentlichung“ anstatt des Wortes „Bekanntmachung“ hätte nutzen müssen, findet diese Ansicht ihren Anknüpfungspunkt im Wortlaut des § 47 VwGO. So stellt § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hinsichtlich des Beginns der einjährigen Antragsfrist auf die Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ab, § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO spricht hingegen von der Veröffentlichung der Entscheidungsformel des Oberverwaltungsgerichts. Auch spricht einiges dafür, dass unabhängig vom Wortlaut des § 47 VwGO im Regelfall Rechtsvorschriften, nicht jedoch gerichtliche Entscheidungsformeln bekanntgemacht werden. Dass die Mitteilung vom 21. August 2019 dennoch den Ausdruck verwendet, dass „bekannt gemacht“ werde, dass die Festsetzung Nr. 4 Satz 2 des Bebauungsplans Nr. 31 aufgrund des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 für unwirksam erklärt wurde, mag insoweit unglücklich bzw. jedenfalls nicht am Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO orientiert sein. Die Bekanntmachung der zur gerichtlichen Prüfung gestellten Rechtsvorschrift, d. h. des Bebauungsplans Nr. 31 im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ergibt sich daraus jedoch objektiv betrachtet nicht. Gegenstand der nach der Wortwahl des Amtes mit der Mitteilung vom 21. August 2019 veranlassten „Bekanntmachung“ bleibt die Entscheidungsformel des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts.

40

Der für die Frage des Gegenstands der Bekanntmachung bzw. Veröffentlichung wesentliche Erklärungsinhalt wird durch die auf den ersten Abschnitt folgenden Abschnitte der Mitteilung vom 21. August 2019 nicht berührt. Der Satz „Dies wird bekannt gemacht.“ schafft erkennbar eine Zäsur im Text der Mitteilung, die verdeutlicht, dass der Inhalt der „Bekanntmachung“ jedenfalls nicht den nachfolgenden Ausführungen entnommen werden kann. Hinzu kommt, dass die folgenden Abschnitte lediglich Bezug auf die „Bekanntmachung“ nehmen („mit bewirkter Bekanntmachung“, „dieser Bekanntmachung“). Sie enthalten damit selbst jedoch keine Aussage dazu, was bekanntgemacht oder veröffentlicht werden soll. Insoweit ist es auch unerheblich, dass in der Mitteilung vom 21. August 2019 der Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 215 Abs. 1 BauGB unter Bezugnahme auf verschiedene Planerhaltungsvorschriften des § 214 BauGB enthalten ist. So heißt es im dritten Abschnitt der Mitteilung, dass beachtliche Verletzungen der in § 214 Abs. 2 BauGB bezeichneten Vorschriften unbeachtlich würden, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit „dieser Bekanntmachung“ schriftlich gegenüber dem Amt/der Gemeinde geltend gemacht würden. Damit suggeriert das Amt Landschaft Sylt in der Mitteilung (fälschlicherweise), dass Fehler des Bebauungsplans aktuell gegenüber der Antragsgegnerin gerügt werden können und Fehler des insoweit ausschließlich in Bezug genommenen § 214 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BauGB unbeachtlich werden, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit „dieser Bekanntmachung“, d. h. der Veröffentlichung der Entscheidungsformel des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts gegenüber der Antragsgegnerin gerügt werden. Dies macht jedoch nicht den Bebauungsplan Nr. 31 zum Gegenstand einer „Bekanntmachung“ im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

41

c) An dem insoweit gefundenen Ergebnis ändert auch der Umstand, dass ein Teil der Veröffentlichung vom 21. August 2019 darauf hindeutet, dass das Amt Landschaft Sylt dieser eine Geltungswirkung für den Bebauungsplan Nr. 31 beimisst, nichts. In der Veröffentlichung heißt es: „Der Bebauungsplan tritt mit bewirkter Bekanntmachung rückwirkend zum 24. Juni 2010 in Kraft.“ Damit suggeriert das Amt Landschaft Sylt zwar, dass die in der Mitteilung vom 21. August 2019 enthaltene Veröffentlichung im Sinne von § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO Auswirkungen auf die Geltung des Bebauungsplans Nr. 31 hat bzw. eine rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans bewirkt. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat eingeräumt, dass dem eine entsprechende (fehlerhafte) Rechtsauffassung des Amtes Landschaft Sylt zugrunde lag. Auch diese zum Ausdruck gekommene (fehlerhafte) Verknüpfung von Veröffentlichung nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO und Geltung des Bebauungsplans führt jedoch nicht dazu, dass in der Mitteilung vom 21. August 2019 eine die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auslösende Bekanntmachung der zur gerichtlichen Prüfung stehenden Rechtsvorschrift gesehen werden kann. Die vermeintliche Inkraftsetzung eines Bebauungsplans durch Veröffentlichung der Entscheidungsformel des Oberverwaltungsgerichts entspricht nicht der nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO maßgeblichen Bekanntmachung der Rechtsvorschrift, d. h. hier der Ersatzverkündung des Bebauungsplans durch Bekanntmachung der Beschlussfassung über den Plan, vgl. § 10 Abs. 3 BauGB.

42

d) Vor diesem Hintergrund stellt sich die von den Beteiligten sinngemäß aufgeworfene Frage, ob eine wiederholte Bekanntmachung einer Satzung den erneuten Lauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur dann auslöst, wenn sie eine (zusätzliche) Beschwer enthält bzw. ob bereits bloße Klarstellungen oder Präzisierungen für den erneuten Fristlauf ausreichend sind, hier ebenso wenig wie die Frage, ob hier mit der Mitteilung vom 21. August 2019 eine Klarstellung, Präzisierung, inhaltliche Änderung oder Beschwer verbunden ist. Es fehlt bereits an einer (wiederholten) Bekanntmachung der zur Prüfung stehenden Rechtsvorschrift, d. h. des Bebauungsplans Nr. 31.

43

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, soweit das Bundesverwaltungsgericht in der von den Beteiligten zitierten Rechtsprechung ausgeführt hat, dass Voraussetzung für den erneuten Beginn der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter anderem sei, dass die bekanntgemachte Rechtsnorm eine neue Beschwer enthalte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. März 2018 – 6 BN 3.17 –, Rn. 13, juris; Urteil vom 21. Januar 2015 – 10 CN 1.14 –, Rn. 12, juris; sinngemäß Urteil vom 30. September 2009 – 8 CN 1.08 –, Rn. 24, juris), den Entscheidungen Sachverhalte zugrunde lagen, in denen Änderungssatzungen bekanntgemacht wurden. In diesen Fällen stellte sich die Frage, ob die Bekanntmachung der Änderungssatzung den Lauf der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch hinsichtlich der nicht geänderten Teile der Ursprungssatzung erneut auslöst (BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 – 10 CN 1.14 –, Rn. 12, juris) bzw. ob der Fristlauf auch dann hinsichtlich der von der Änderungssatzung betroffenen Teile erneut beginnt, wenn die Änderungssatzung keinen materiell veränderten Inhalt hat, sondern bloße Klarstellungen enthält (BVerwG, Beschluss vom 14. März 2018 – 6 BN 3.17 –, Rn. 13, juris; Urteil vom 30. September 2009 – 8 CN 1.08 –, Rn. 24, juris). Für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit die Bekanntmachung einer Änderungssatzung den Lauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Normenkontrolle einer bereits bekanntgemachten Satzung in Gestalt der Änderungssatzung beginnen lässt, kommt es demnach auf die Reichweite der im Ergebnis beschwerenden Wirkung der Änderungssatzung an. Die Notwendigkeit einer (neuen zusätzlichen) Beschwer für den Beginn des Fristlaufes des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Fälle, in denen eine inhaltsgleiche Satzung – aufgrund vermeintlicher oder tatsächlicher Unwirksamkeit – erneut mit formellem Geltungsanspruch bekanntgemacht wird, ergibt sich daraus jedoch nicht unmittelbar. Vielmehr deutet die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Fallgruppen einer wiederholten Bekanntmachung mit Geltungsfunktion (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, juris) darauf hin, dass es Fälle geben kann, in denen die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erneut ausgelöst wird, ohne dass mit der wiederholten Bekanntmachung eine neue Rechtsvorschrift, eine Beschwer oder eine Klarstellung verbunden ist. Danach kann eine fristauslösende Bekanntmachung einer Satzung auch dann vorliegen, wenn der Satzungsgeber lediglich einen vermeintlichen Fehler einer inhaltlich unveränderten Satzung durch die erneute Bekanntmachung heilen will und damit das Ziel verfolgt, eine nur vermeintlich unwirksame Satzung durch eine wirksame zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris).

44

3. Die übrigen, von der Antragstellerin angeführten Gründe führen hier ebenfalls nicht zu einem erneuten Lauf bzw. einer Ausnahme von der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

45

a) Verfassungsrecht, insbesondere die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es nicht, hier eine Ausnahme von der Notwendigkeit der Antragstellung binnen der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuzulassen. Bereits die Normenkontrolle gegen Bebauungspläne als solche ist nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht zwingend geboten. Bebauungspläne greifen nicht unmittelbar in bestehende Rechtspositionen ein. Vielmehr bedarf es hierzu regelmäßig eines Umsetzungs- oder Vollzugsakts (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 1971 – 2 BvR 443/70 –, Rn. 10 f., juris). Aufgrund der gegen diese Umsetzungs- oder Vollzugsakte gegebenen primären Rechtsschutzmöglichkeiten hat das Bundesverfassungsgericht zu Normenkontrollverfahren nach § 47 der VwGO vom 21. Januar 1960 (BGBl. I, S. 17) – nach dem es den Bundesländern freigestellt war, Normenkontrollverfahren vorzusehen – entschieden, dass diese lediglich als ein zusätzlicher Rechtsbehelf anzusehen seien, der zwar im erweiterten Sinne Rechtswegqualität besitze, in Bezug auf die Anfechtung von Bebauungsplänen durch Art. 19 Abs. 4 GG jedoch nicht geboten sei (BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 1971 – 2 BvR 443/70 –, Rn. 12, juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2013 – 7 BN 1.13 –, Rn. 13, juris m. w. N.). Eine Notwendigkeit, die Normenkontrolle im vorliegenden Verfahren über die gesetzlich geregelte Antragsfrist hinaus zuzulassen, kann aus Art. 19 Abs. 4 GG damit nicht hergeleitet werden.

46

Soweit in der Rechtsprechung erwogen wird, in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht zu § 93 Abs. 3 BVerfGG angenommene Möglichkeit, von der Antragsfrist im Verfassungsbeschwerdeverfahren abzusehen, wenn die angegriffene Norm die mögliche Beeinträchtigung der Rechte des Betroffenen in keiner Weise erkennen lässt und Umsetzungsmaßnahmen nicht vor Gericht angegriffen werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – 2 BvR 624/83 –, Rn. 117, juris), eine Ausnahme von der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuzulassen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 17. November 2009 – 1 N 08.2796 –, Rn. 35, juris; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2019 – 2 D 36/18.NE –, Rn. 52, juris), kann hier offenbleiben, ob der Senat eine entsprechende Ausnahme grundsätzlich als möglich erachtet. Denn annähernd vergleichbare besondere Umstände wie jene, die das Bundesverfassungsgericht dazu bewogen haben, die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG ausnahmsweise als rechtlich nicht erheblich anzusehen, liegen hier nicht vor. Insbesondere bestand und besteht für die Antragstellerin die Möglichkeit, Maßnahmen zur Umsetzung oder Vollziehung des Bebauungsplans Nr. 31 (z. B. auf Grundlage der Festsetzungen des Bebauungsplans Dritten erteilte oder der Antragstellerin gegenüber versagte Baugenehmigungen) gerichtlich überprüfen zu lassen, was – sofern entscheidungserheblich – auch zu einer inzidenten Prüfung des Bebauungsplans führen kann. Es ist gerichtsbekannt, dass die Antragstellerin diese Möglichkeit in der Vergangenheit auch in Anspruch genommen hat, indem sie zuletzt gerichtlich gegen die Versagung der Baugenehmigung für die Erweiterung des in ihrem Eigentum stehenden Wohnhauses unter der Adresse …, … um ein Schwimmbad im Untergeschoss gerichtlich vorging. In diesem Verfahren wurde die Vereinbarkeit des Bauvorhabens der Antragstellerin mit dem Bebauungsplan Nr. 31 nach Rechtskraft des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – geprüft (Schl.-Holst. VG, Urteil vom 30. März 2017 – 8 A 135/12 –, Urteilsabdruck S. 7, nicht veröffentlicht; im Anschluss Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 10. September 2019 – 1 LA 34/17 –, Beschlussabdruck S. 5, nicht veröffentlicht).

47

b) Auch die Argumentation, der vorliegende Fall gleiche Fallkonstellationen, in denen „Scheinverwaltungsakte“ gerichtlich überprüft und aufgehoben würden, verfängt nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin insoweit auf Situationen abhebt, in denen Maßnahmen den Anschein erwecken, Verwaltungsaktqualität zu haben, bei objektiver Betrachtung die Voraussetzungen des § 35 VwVfG bzw. §106 LVwG jedoch nicht erfüllen und – unabhängig von der Frage, ob sie insoweit als „Scheinverwaltungsakt“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 – 9 C 2.11 –, Rn. 9, juris) oder als formeller Verwaltungsakt (vgl. hierzu Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 15 f.) zu qualifizieren sind –, gerichtlich wie materielle Verwaltungsakte aufgehoben werden (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 7. Juli 1999 – 2 L 264/98 –, Rn. 21, juris; BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 – 7 C 17.09 –, Rn. 32, juris). Der Grund, diese Maßnahmen als aufhebbare Verwaltungsakte im Sinne des § 42 Abs. 1, § 113 Abs.1 VwGO zu behandeln, liegt darin, dass durch sie der Rechtsschein gesetzt wird, der Adressat werde von einer konkret-individuellen und wirksamen Regelung betroffen. Der von den entsprechenden Maßnahmen ausgehende Rechtsschein verhilft insoweit den gegen sie ergriffenen Rechtsbehelfen wie der Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO zur Statthaftigkeit.

48

Dieser Gedanke ließe sich – wenn überhaupt – nur auf die (schwer vorstellbaren) Situationen übertragen, in denen durch eine veröffentlichte Mitteilung der Rechtsschein gesetzt wird, dass eine gemeindliche Maßnahme in Form einer im Rang unter Landesrecht stehenden Rechtsvorschrift inkraftgesetzt wird und verschiedene Personen dadurch in ihren Rechten betroffen werden, diese Maßnahme bei objektiver Betrachtung jedoch tatsächlich nicht als Rechtsvorschrift qualifiziert werden kann. Es könnte ein Beteiligter dann die Frage stellen, ob eine gemeindliche Maßnahme, die nur den Anschein erweckt, beispielsweise eine Satzung zu sein, aufgrund des durch sie gesetzten Rechtsscheins mit der Normenkontrolle angegriffen werden kann, d. h. ob eine Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 VwGO gegen eine „Nicht-Satzung“ ausnahmsweise statthaft sein kann.

49

Eine Positionierung des Senats zu dieser Fragestellung bedarf es hier nicht, wobei angemerkt sei, dass jedenfalls Art. 19 Abs. 4 GG die Angreifbarkeit solcher „Schein-Satzungen“, die der Umsetzung durch Vollzugakte bedürfen, vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich macht. Es fehlt hier schon an einer vergleichbaren Fallkonstellation. Die Antragstellerin richtet ihren Normenkontrollantrag vorliegend nicht gegen eine Maßnahme der Antragsgegnerin, die nicht die Qualität eines Bebauungsplans besitzt, sodass sich hier die Frage nach der Statthaftigkeit des Normenkontrollantrags stellen könnte. Ihre Argumentation zielt an dieser Stelle nicht darauf ab, Rechtsschutz gegen eine vermeintliche Rechtsvorschrift zu erhalten, sondern nach Ablauf der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegen eine tatsächliche Rechtsvorschrift – den Bebauungsplan Nr. 31 – im Rahmen des Normenkontrollverfahrens vorgehen zu können.

50

c) Soweit die Antragstellerin anführt, dass die Antragsgegnerin mit der Veröffentlichung vom 21. August 2019, da die Titulierung irreführend sei, gegen die gesetzlichen Anforderungen der „Plankennzeichnung“ verstoßen habe, kann sie hieraus nicht den (erneuten) Beginn der Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO herleiten. In der von der Antragstellerin insoweit in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 06. Juli 1984 – 4 C 22.80 –, juris) – die bei juris unter dem Schlagwort „Plankennzeichnung“ veröffentlicht ist –, hat das Bundesverwaltungsgericht sich mit der Frage der ordnungsgemäßen Bekanntmachung eines Bauleitplans nach § 12 BBauG und der in diesem Rahmen relevanten Kennzeichnung des Plangebiets befasst. Diese Frage stellt sich auch heute noch im Rahmen der Prüfung einer § 10 Abs. 3 BauGB entsprechenden Ersatzverkündung des Bebauungsplans bzw. des mit der Bekanntmachung der Beschlussfassung über den Bebauungsplan im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 2 bis 5 BauGB verfolgten Hinweiszwecks (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. August 2000 – 4 CN 2.99 –, Rn. 14, juris; dazu auch Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 27. August 2020, – 1 LB 17/17 –, Rn. 77, juris). Ob die Bekanntmachung einer Satzung ordnungsgemäß ist, ist jedoch eine Frage der Begründetheit der Normenkontrolle. Sie ist für den Beginn des Laufs der Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ohne Belang (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris).

51

d) Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Mitteilung vom 21. August 2019 sie dazu veranlasst habe, hier einen für sie nicht erkennbar verfristeten Normenkontrollantrag zu stellen, und dass der Antrag deshalb nicht wegen Ablaufs der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig sei. Die Mitteilung vom 21. August 2019 enthält schon keinerlei Angaben zu bei Gericht einzulegenden statthaften Rechtsbehelfen. Es ist auch nicht Aufgabe einer Bekanntmachung oder Veröffentlichung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO, Aufschluss über statthafte Rechtsbehelfe zu geben (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07. März 2019 – 2 D 36/18.NE –, Rn. 44, juris).

52

II. Der Zulässigkeit des vorliegenden Normenkontrollantrags steht darüber hinaus die mit der Rechtskraft der auf Antrag der Antragstellerin ergangenen Normenkontrollentscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – im Sinne des § 121 Nr. 1 VwGO eingetretene Bindungswirkung entgegen. In dem dieser rechtskräftigen Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht auf den Antrag der Antragstellerin, den Bebauungsplan Nr. 31 für unwirksam zu erklären, die textliche Festsetzung unter Nr. 4 Satz 2 des am 22. März 2010 beschlossenen Bebauungsplans für unwirksam erklärt und den Normenkontrollantrag im Übrigen abgelehnt.

53

a) Lehnt das Normenkontrollgericht einen Normenkontrollantrag ab, weil es die Norm für gültig hält, dann entfaltet diese Entscheidung gemäß § 121 Nr. 1 VwGO Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten, und die ablehnende Normenkontrollentscheidung bindet die Beteiligten bei unveränderter Sach- und Rechtslage in allen anderen von ihnen betriebenen Verfahren, insbesondere in einem neuen Normenkontrollverfahren. Das gilt nicht nur, soweit in dem neuen Normenkontrollverfahren dieselben Nichtigkeitsgründe wie im ersten Verfahren geltend gemacht werden, sondern auch im Hinblick auf die Gründe, die im späteren Verfahren erstmals vorgetragen werden und in der ersten Normenkontrollentscheidung nicht behandelt wurden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 1990 – 4 NB 20.90 –, Rn. 3, juris).

54

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin in dem Verfahren 1 KN 7/11 durch ihren Antrag, den Bebauungsplan Nr. 31 für unwirksam zu erklären, diesen vollständig zum Gegenstand des mit Urteil vom 16. Februar 2012 beendeten Verfahrens gemacht. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat diesen Antrag auch bereits dem Tenor der Entscheidung nach umfassend beschieden, in dem es Nr. 4 S. 2 der textlichen Festsetzungen für unwirksam erklärt und den Normenkontrollantrag im Übrigen abgelehnt hat. Auch die Entscheidungsgründe machen deutlich, dass das Gericht sich mit sämtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 31 befasst hat. So heißt es in Rn. 27 der Entscheidung vom 16. Februar 2012: „Die übrigen Regelungen des Bebauungsplans sind wirksam.“

55

Die insoweit maßgeblichen Ausführungen mag das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht knapp gehalten haben. Dies hat jedoch keine Auswirkung auf die Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidung vom 16. Februar 2012. Wenn dem Eintritt der Bindungswirkung des § 121 Nr. 1 VwGO entsprechend der oben genannten Rechtsprechung nicht entgegensteht, dass im ersten Verfahren nicht vorgetragene Nichtigkeitsgründe nicht behandelt wurden, kann es für den Eintritt dieser auch nicht von Belang sein, in welchem Umfang sich das Normenkontrollgericht bei der Abfassung des Urteils mit dem gültigen Teil der Norm befasst hat, sofern sich aus diesem ergibt, dass es die Norm insgesamt einer Prüfung unterzogen hat. Der Einwand der Antragstellerin, dem Eintritt der sie und die Antragsgegnerin bindenden Wirkung der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – stehe entgegen, dass das Gericht sich im Urteil überwiegend mit der textlichen Festsetzung zu Nr. 4 befasst und den übrigen Teil des Bebauungsplans nur in den Randnummern 26 und 27 behandelt habe, verfängt daher nicht.

56

Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – 4 BN 21.01 –, Rn. 11 ff., juris) darzulegen versucht, dass der Ablehnung eines Normenkontrollantrages keine umfassende rechtliche Prüfung der Norm zugrunde liegen müsse und die Bindungswirkung der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – schon aus diesem Grunde beschränkt sei, verfängt ihr Vortrag nicht. Die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt einen solchen Schluss nicht zu. In dieser Entscheidung hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein besonderes Interesse des Antragstellers im Normenkontrollverfahren daran bestehen kann, dass das Normenkontrollgericht den angegriffenen Bebauungsplan inhaltlich gerade aus denjenigen Gründen für rechtsfehlerhaft ansieht, die der Antragsteller im Normenkontrollverfahren geltend gemacht hat. In diesem Zusammenhang hat es ausgeführt, dass das Normenkontrollgericht bei der Prüfung der Gültigkeit einer angegriffenen Satzung nicht auf die vom Antragsteller geltend gemachten Mängel beschränkt sei. Seien objektiv mehrere Rechtsfehler vorhanden, so sei das Normenkontrollgericht insbesondere nicht verpflichtet, jeden dieser Rechtsfehler zu ermitteln und darauf seine Entscheidung zu stützen, da das Normenkontrollverfahren nicht einer umfassenden Prüfung der Rechtslage unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt diene (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – 4 BN 21.01 –, Rn. 12, juris). Diese von der Antragstellerin in Bezug genommene Aussage, dass das Normenkontrollverfahren nicht einer umfassenden Prüfung der Rechtslage diene, ist insoweit dahingehend zu verstehen, dass keine Verpflichtung des Normenkontrollgerichts besteht, jeden zur Unwirksamkeit einer Norm führenden Fehler herauszuarbeiten. Damit ist – wie die Antragstellerin jedoch suggeriert – keine Aussage getroffen, dass der Ablehnung eines Normenkontrollantrags eine unvollständige rechtliche Prüfung zugrunde gelegt werden darf. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht in der von der Antragstellerin in Bezug genommenen Entscheidung im folgenden Absatz weiter klargestellt, dass eine prozessuale Pflicht zu einer umfangreichen Prüfung insoweit bestehe, als das Normenkontrollgericht seine Kontrolle erst beenden dürfe, wenn es keine Möglichkeit gefunden habe, dem Antragsbegehren stattzugeben. Auch in diesem Falle stelle das Gericht nicht die „Gültigkeit” der angegriffenen Norm fest, sondern weise den Normenkontrollantrag lediglich mit der Wirkung formeller Rechtskraft für die Beteiligten als unbegründet ab (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – 4 BN 21.01 –, Rn. 14, juris).

57

In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – die gesamte Satzung einer Prüfung unterzogen, da der Mangel der textlichen Festsetzung zu Nr. 4 Satz 2 nur zu einer teilweisen Unwirksamkeit der Satzung geführt hat.

58

b) Es hat sich auch keine Veränderung der der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – zugrundeliegenden Sach- oder Rechtslage ergeben. Anhaltspunkte für eine erneute Beschlussfassung der Gemeindevertretung über den Bebauungsplan Nr. 31 existieren nicht. Insbesondere lässt die Mitteilung vom 21. August 2019 in der „Sylter Rundschau“ den Schluss auf eine erneute Befassung der Gemeindevertretung nicht zu. In der Mitteilung wird vielmehr ausdrücklich auf die ursprüngliche Beschlussfassung der Gemeindevertretung in der Sitzung vom 22. März 2010 Bezug genommen. Weitere Daten zu einer ggf. erneuten Beschlussfassung sind nicht enthalten. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeindevertretung die durch den Bebauungsplan betroffenen rechtlichen Interessen erneut abgewogen hat. Der Bezugnahme auf die Planerhaltungsvorschriften lässt sich eine erneute Befassung der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin mit dem Bebauungsplan Nr. 31 ebenfalls nicht entnehmen. Es erschließt sich auch nicht, inwieweit eine erneute Abwägung der Gemeindevertretung ohne anschließende Beschlussfassung vor dem Hintergrund des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu einer an dieser Stelle (relevanten) Änderung der Sach- oder Rechtslage führen sollte, da danach hinsichtlich der Prüfung der Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgeblich ist.

59

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 31 aufgrund eines Schreibfehlers nach Inkraftsetzung durch Bekanntmachung vom 23. Juni 2010 erneut ausgefertigt und am 10. August 2011 erneut bekanntgemacht hat, hat ebenfalls zu keiner an dieser Stelle relevanten Änderung der Sach- oder Rechtslage geführt. Die erneute Ausfertigung und Bekanntmachung lagen zeitlich vor der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts am 16. Februar 2012. Insoweit handelt es sich um einen Umstand aus der Zeit bis zum Erlass der ersten Normenkontrollentscheidung, dem für eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage nichts entnommen werden kann.

60

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

61

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

62

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

63

BESCHLUSS

64

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EURO festgesetzt.

65

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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