Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 E 291/10

Tenor

Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. September 2010 – 5 N 580/10 – wird dem Vollstreckungsschuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro für den Fall angedroht, dass er bis zum 15. Februar 2011 keine Maßnahmen zur Erfüllung der ihm durch das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. September 2008 ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtungen gegenüber dem Beigeladenen ergreift.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Vollstreckungsschuldner und der Beigeladene je zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und unter entsprechender Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung in dem vorbezeichneten Beschluss von Amts wegen auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.9.2010 ist auch begründet.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Vollstreckungsgläubiger einen Anspruch darauf, dass der Vollstreckungsschuldner gemäß § 172 VwGO durch Androhung eines Zwangsgeldes zur Erfüllung der ihm durch Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtung angehalten wird. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind erfüllt. Das vorbezeichnete Senatsurteil, mit dem dem Vollstreckungsschuldner als Beklagtem des damaligen Rechtsstreits (wörtlich) aufgegeben wird:

„…, der Beigeladenen die Nutzung des auf dem Grundstück A-Straße in A-Stadt im Grenzbereich zum Anwesen C-Straße befindlichen Schornsteins zu untersagen“,

ist - versehen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung – dem Vollstreckungsschuldner am 31.10.2008 und den übrigen Beteiligten bereits am 23.10.2008 zugestellt worden und hat – nachdem keiner der Beteiligten innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde gegen die in ihm ausgesprochene Nichtzulassung der Revision erhoben hat - Rechtskraft erlangt. Ein Vollstreckungstitel im Verständnis von § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO liegt mithin vor, der den Beteiligten im Amtsbetrieb zugestellt worden ist. Mittlerweile – mit Schriftsatz vom 16.12.2010 – hat der Vollstreckungsgläubiger auch eine mit Vollstreckungsklausel versehene Kopie dieses Senatsurteils zu den Akten des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens gereicht, so dass auch von der Erfüllung der Anforderungen der §§ 167 Abs. 1 VwGO, 724, 725 ZPO auszugehen ist. Im Übrigen neigt der Senat zu der Ansicht, dass es in den Fällen des § 172 VwGO in entsprechender Anwendung von § 171 VwGO einer vollstreckbaren Ausfertigung des zu vollstreckenden Verpflichtungstitels nicht bedarf. Zwar weist der Beigeladene zutreffend darauf hin, dass die Regelung des § 171 VwGO nach ihrem Wortlaut für die Fälle der §§ 169 und 170 Abs. 1 bis 3 VwGO eine Vollstreckungsklausel für entbehrlich erklärt, die Fälle des anschließenden § 172 VwGO jedoch gerade nicht einbezieht, wobei das Gewicht dieses hieraus gegen die erweiternde Auslegung von § 171 VwGO abgeleiteten systematischen Arguments noch durch den Umstand verstärkt wird, dass der Gesetzgeber in – hier zu unterstellender – Kenntnis des Meinungsstreits über die Zulässigkeit einer solchen Auslegung bislang keine Veranlassung gesehen hat, die betreffende Vorschrift – zum Beispiel im Zuge einer der Novellen zur Verwaltungsgerichtsordnung – zu ändern. Auf der anderen Seite betreffen jedoch auch die Fälle der §§ 169 sowie 170 Abs. 1 bis 3 VwGO Konstellationen, in denen entweder der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs oder das Gericht des ersten Rechtszugs selbst Vollstreckungsbehörde ist. Von daher erscheint es in den Fällen des § 172 VwGO ebenso wenig wie in den in § 171 VwGO ausdrücklich angesprochenen Fällen sinnvoll, vom Vollstreckungsgläubiger zu verlangen, dem Gericht eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels vorzulegen, den ihm dieses Gericht selbst oder allenfalls noch die Rechtsmittelinstanz zuvor erteilt hat. Das dürfte es rechtfertigen, auch in den Fällen des § 172 VwGO die Bestimmung des § 171 VwGO entsprechend anzuwenden

so OVG Münster, Beschluss vom 10.7.2006 – 8 E 91/06 – NVwZ – RR 2007, 140 m.w.N; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 171 Rdnr. 12; anderer Ansicht freilich Bader u.a., VwGO, § 171 Rdnr. 2; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 171 Rdnr. 1.

Das bedarf indes aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner abschließenden Klärung, da – wie bereits angesprochen – dem Vollstreckungsgläubiger mittlerweile eine vollstreckbare Ausfertigung des Senatsurteils vom 18.9.2009 seitens des Verwaltungsgerichts erteilt worden ist, die er dann wiederum im vorliegenden Beschwerdeverfahren in beglaubigter Kopie vorgelegt hat.

Sind danach die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt, so ist ferner festzustellen, dass der Vollstreckungsschuldner der ihm im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtung nicht (vollständig) nachgekommen ist. Erforderlich ist insoweit eine grundlose Säumnis des Vollstreckungsschuldners, wobei es freilich nicht darauf ankommt, ob ihn ein Verschulden trifft. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Allerdings hat der Vollstreckungsschuldner vorliegend, nachdem er nach Rechtskräftigwerden des Urteils zunächst einmal rund ein Jahr untätig geblieben war, wenn auch auf Drängen des Vollstreckungsgläubigers entsprechend dem Tenor des zu vollstreckenden Senatsurteils mit Bescheid vom 11.1.2010 ein Nutzungsverbot betreffend den umstrittenen Schornstein auf dem Anwesen des Beigeladenen verfügt, außerdem für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung innerhalb der gesetzten Frist ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro angedroht und aufschiebend bedingt festgesetzt sowie ferner – nachdem der Beigeladene gegen die Verfügung vom 11.1.2010 Widerspruch erhoben hat – unter dem 9.6.2010 – wiederum auf Drängen des Vollstreckungsgläubigers – die sofortige Vollziehbarkeit dieses Nutzungsverbotes angeordnet. Auch entspricht es der den Beteiligten mit Verfügung vom 3.12.2010 mitgeteilten bisherigen Rechtsprechung des Senats

vgl. Beschluss vom 22.3.1985 – 2 W 419/85 – NVwZ 1986, 763,

dass in Fallgestaltungen, in denen sich die zu vollstreckende Entscheidung nach ihrem Wortlaut darauf beschränkt, der Behörde den Erlass einer bauaufsichtsbehördlichen Anordnung – einer Beseitigungsanordnung oder wie hier eines Nutzungsverbotes – aufzugeben, die behördliche Verpflichtung nicht auch die Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung dieser Verfügung einschließt. Zur Begründung ist in dem zitierten Beschluss vom 22.3.1985 ausgeführt, es entspreche einem vollstreckungsrechtlichen Grundsatz, dass im Wege der Zwangsvollstreckung nur solche Handlungen erzwungen werden könnten, die eindeutig Gegenstand des Verpflichtungsausspruches seien. Zum anderen wird die Ansicht vertreten, die Verbindung der Verpflichtung zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung mit der Verpflichtung zu ihrer Vollstreckung führte zu einem unzulässigen Entscheidungsinhalt, da die Durchsetzung der bauaufsichtlichen Maßnahme einen Verstoß des Verpflichteten gegen die ihm auferlegte Verhaltenspflicht voraussetze und der Behörde dann bei der Bestimmung des Zwangsmittels Ermessen zustehe.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung nicht mehr fest. Zum einen muss gesehen werden, dass die Verpflichtung der Behörde zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung im Baunachbarstreit voraussetzt, dass ein Verstoß gegen (auch) den Schutz des – rechtsmittelführenden – Nachbarn bezweckende Vorschriften des öffentlichen Rechts festgestellt wird und die bauaufsichtliche Anordnung, deren Erlass der Behörde im Verpflichtungsurteil aufgegeben wird, letztlich nur das Mittel bestimmt, mit dem der festgestellte Rechtsverstoß zu beseitigen ist. Geht es danach im Ergebnis um die Beseitigung einer festgestellten Rechtsverletzung beziehungsweise um die Herstellung eines nachbarrechtskonformen Zustandes, so kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass es mit dem Erlass der der Behörde aufgegebenen Maßnahme nicht sein Bewenden haben kann, wenn der Inanspruchgenommene der in Befolgung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung getroffenen Anordnung nicht Folge leistet. Dies lässt sich den Gründen der zu vollstreckenden Entscheidung entnehmen, auf die auch in anderen Fällen – zum Beispiel bei Bescheidungsurteilen – zurückgegriffen werden muss, um die Reichweite der behördlichen Verpflichtung zu bestimmen

vgl. zum Beispiel OVG Münster, Beschluss vom 20.2.1992 – 10 E 1357/91 – NVwZ-RR 1992, 518.

Im Übrigen hat dies offenbar auch der Vollstreckungsschuldner so gesehen, der das von ihm mit Bescheid vom 11.1.2010 ausgesprochene Nutzungsverbot mit der Androhung und aufschiebend bedingten Festsetzung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nichtbefolgung bewehrt und – nach Erhebung des Widerspruchs des Beigeladenen – den Sofortvollzug angeordnet hat. Dass der Verbindung von Verpflichtung zum Erlass einer Ordnungsverfügung mit der Verpflichtung zu ihrer zwangsweisen Durchsetzung im Falle der Nichtbefolgung nicht per se durchgreifende prozessuale Hindernisse entgegen stehen, wird auch von Vertretern der Literatur angenommen, die es ablehnen, in der Verpflichtung zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung zugleich die Verpflichtung ihrer Erzwingung zu sehen

vgl. zum Beispiel Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 113 Rdnr. 177, 189, zur Zulässigkeit einer Stufenklage analog § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO beziehungsweise § 113 Abs. 4 VwGO.

Der gerichtlichen Verpflichtung, die der Behörde bei der Anwendung von Verwaltungszwang zustehenden Ermessensspielräume zu respektieren, kann im Rahmen der Vollstreckung eines Verpflichtungsurteils nach § 172 VwGO bei der Beurteilung des Erfordernisses der – grundlosen – Säumigkeit der Behörde Rechnung getragen werden. Diese Notwendigkeit ergäbe sich im Übrigen in gleicher Weise, wenn es um die Vollstreckung eines – im Wege der Stufenklage erstrittenen - Urteils ginge, das im zweiten Schritt zur Durchsetzung der der Behörde aufgegebenen Anordnung verpflichtete, oder um die Vollstreckung einer Entscheidung in einem nach Nichtbefolgung der auf ein Verpflichtungsurteil hin ergangenen bauaufsichtsbehördlichen Anordnung durchgeführten weiteren - selbstständigen – Klageverfahren mit dem Ziel, die Behörde zur zwangsweisen Durchsetzung der im Erstprozess erstrittenen Anordnung anzuhalten

vgl. Kopp/Schenke, a.a.O, § 113 Rdnr. 189; sowie im Übrigen Beschluss des Senats vom 7.9.1988 – 2 R 422/86 – betreffend die Verpflichtung zur Anwendung der Ersatzvornahme zur Durchsetzung einer nach fruchtloser Zwangsgeldfestsetzung weiterhin nicht befolgten in einem früheren Verfahren (1982) erstrittenen Beseitigungsanordnung.

Der der letztgenannten Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt macht im Übrigen deutlich, dass die Verweisung des Nachbarn auf ein gesondertes Erkenntnisverfahren, um die Verpflichtung der Behörde zur zwangsweisen Durchsetzung einer zuvor in einem – unter Umständen mehrjährigen – Rechtsstreit erstrittenen, aber nicht befolgten bauaufsichtlichen Anordnung zu erlangen, mit dem Gebot der effektiven Rechtsschutzgewährung (Art. 19 Abs. 4 GG) allenfalls schwer zu vereinbaren sein dürfte.

Umfasst danach die durch das Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – begründete Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners nicht nur den Erlass des letztlich unter dem 11.1.2010 verfügten Nutzungsverbotes gegenüber dem Beigeladenen, sondern auch dessen zwangsweise Durchsetzung, so hat der Vollstreckungsschuldner diesen – zweiten – Teil seiner Verpflichtung ungeachtet des Umstandes, dass er das Nutzungsverbot für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb der gesetzten Frist mit der Androhung und – aufschiebend bedingten – Festsetzung eines Zwangsgeldes bewehrt und seine Anordnung – nach Widerspruchserhebung – für sofort vollziehbar erklärt hat, ohne hinreichende Rechtfertigung nicht vollständig erfüllt. Denn der Vollstreckungsschuldner hat vorliegend, nachdem der Beigeladene in Absprache mit ihm den umstrittenen, von dem Nutzungsverbot erfassten Schornstein mittels eines Edelstahlrohrs erhöht und Bescheinigungen des zuständigen Bezirksschornsteinfegermeisters vorgelegt hat, wonach die Schornsteinmündung nunmehr 40 cm über First des vorgelagerten Wohngebäudes liege und dem Betreiben der Feuerstätte zugestimmt werde (Bescheinigung über die sichere Benutzbarkeit der Feuerungsanlage sowie über die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit gemäß § 41 Abs. 6 und § 79 Abs. 2 LBO), von weiteren Maßnahmen zur Durchsetzung des Nutzungsverbotes Abstand genommen und dem Beigeladenen mitgeteilt, seine Verfügung vom 11.1.2010 und die Anordnung vom 9.6.2010 hätten sich erledigt (Schreiben vom 13.7.2010 an den Beigeladenen).

In der Erhöhung und Führung des umstrittenen Schornsteines über Fristhöhe liegt indes keine – im Verfahren nach § 172 VwGO freilich prinzipiell beachtliche - Erfüllung des Senatsurteils vom 18.9.2008. Denn die in diesem Urteil ausgesprochene Verpflichtung gibt als Mittel zur Beseitigung der festgestellten Verletzung von Rechten des Vollstreckungsgläubigers gerade den Erlass eines Nutzungsverbotes und – erforderlichenfalls – dessen zwangsweise Durchsetzung vor. Vorliegend wird der Schornstein – wenn auch in seiner geänderten Ausführung – gerade weiterbetrieben. Allenfalls handelt es sich bei der Erhöhung des Schornsteins um eine Beseitigung des Rechtsverstoßes „auf andere Weise“, nämlich durch Herstellung eines nunmehr nachbarrechtskonformen „aliud“. Die Herstellung eines „aliud“, das heißt die Änderung der beanstandeten baulichen Anlage kann zwar unter dem Gesichtspunkt eines zulässigen Austauschmittels einen dem Nutzungsverbot gleichwertigen Weg zur Beseitigung des Rechtsverstoßes darstellen. Bezogen auf den Zeitpunkt des Ergehens der zu vollstreckenden Entscheidung handelt es sich jedoch dann um eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die nach wohl überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht mit Erfolg im Verfahren nach § 172 VwGO eingewandt werden kann, sondern vom Vollstreckungsschuldner mittels einer Vollstreckungsgegenklage (§§ 167 Abs. 1 VwGO, 767 ZPO) geltend zu machen ist, die erforderlichenfalls mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 769 ZPO verbunden werden kann

vgl. zum Beispiel Kopp/Schenke a.a.O, § 172 Rdnr. 8; Bader u.a., VwGO, 4. Auflage 2007, § 172 Rdnr. 12; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2010, § 172 VwGO Rdnr. 54-58; BVerwG, Beschluss vom 21.12.2001 – 2 AV 3/01 – zitiert nach Juris; OVG Münster, Beschluss vom 15.6.2010 – 13 E 201/10 – NVwZ-RR 2010, 750; OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.12.1973 – I B 155/73 – NJW 1974, 918; anderer Ansicht möglicherweise OVG Münster, Beschluss vom 13.2.1997 – 10 E 45/97 – zitiert nach Juris, das sich mit der Frage befasst, ob nach – im entschiedenen Fall verneinter – Änderung der Identität der baulichen Anlage ein neuer Titel erforderlich wird.

Wäre der Einwand der gegenüber dem Titel erheblichen nachträglichen Veränderungen der Sach- und/oder Rechtslage im Verfahren nach § 172 VwGO beachtlich, würde ein etwaiger und auch hier entstandener Streit darüber, ob durch die Erhöhung des Schornsteins wirklich eine gegenüber der titulierten Verpflichtung durchgreifende Änderung der Sach- und/oder Rechtslage herbeigeführt wurde, das heißt vorliegend, ob die vorgenommene Schornsteinerhöhung ein gleichermaßen taugliches Mittel zur Behebung des der ausgesprochenen Verpflichtung zugrundeliegenden Nachbarrechtsverstoßes darstellt wie das dem Vollstreckungsschuldner aufgegebene Nutzungsverbot, von der Vollstreckungsgegenklage, mit deren Erhebung ein Erkenntnisverfahren zur Überprüfung der Berechtigung des Einwandes einer gegenüber dem Titel durchgreifenden nachträglichen Veränderung der Verhältnisse eingeleitet wird, auf ein hierfür allenfalls nur begrenzt taugliches Beschlussverfahren verlagert und letztlich dem Nachbarn, der nach der gerichtlichen Feststellung in den Entscheidungsgründen des Verpflichtungsurteils in seinen Rechten verletzt ist, angesonnen, von neuem gegen das geänderte Vorhaben vorzugehen, wenn er die Tauglichkeit des Austauschmittels bestreitet. Das wäre mit der prinzipiell vorgesehenen prozessualen Rollenverteilung nicht zu vereinbaren, nach der es Sache des Vollstreckungsschuldners ist, eine beachtliche Veränderung der Sach- und Rechtslage mittels der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen. Ob etwas anderes ausnahmsweise in Fallgestaltungen zu gelten hat, in denen die Tauglichkeit des Austauschmittels offenkundig ist – zum Beispiel wenn der mit dem Nutzungsverbot belegte Schornstein beseitigt worden wäre -, kann dahinstehen. Eine solche Situation ist hier nicht gegeben: Der Vollstreckungsgläubiger stellt sowohl die realisierte Schornsteinhöhe als auch – mit Blick auf den Standort des Schornsteins im Bereich eines Anbaus „hinter“ den Hauptgebäuden der privaten Beteiligten – auch die Eignung dieser Maßnahme in Frage. Auch wenn nach dem derzeitigen Erkenntnisstand wenig dafür spricht, dass ein solches pauschales Bestreiten gegenüber den Bestätigungen des sachkundigen Bezirksschornsteinfegermeisters zum Erfolg führen wird, kann nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Verfahrens nicht im Sinne von Offensichtlichkeit von der Tauglichkeit des Austauschmittels ausgegangen werden, und ist kein Raum für eine gegebenenfalls erforderliche weitere Sachaufklärung. Im Übrigen ist zu bemerken, dass die Feststellung eines Rechtsverstoßes zum Nachteil des Antragstellers im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das in § 34 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung erfolgt ist, in der die seinerzeit vorhandene – unzureichende – Schornsteinhöhe nur ein Element, wenn auch ein wesentliches, darstellte. Die nunmehr erfolgte Erhöhung des Schornsteines mit dem Ziel, unzumutbare Auswirkungen seines Betriebes auf das Anwesen des Vollstreckungsgläubigers zu verhindern, geht hier einher mit einer ebenfalls zu bewertenden Verstärkung des Eingriffes in die Abstandsflächenfunktionen, weil die unmittelbar an der Nachbargrenze stehende Anlage nunmehr deutlich höher ist. Auch das zeigt, dass für eine abschließende Beurteilung der Tauglichkeit des gewählten Austauschmittels im vorliegenden Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO kein Raum ist. Der Vollstreckungsschuldner ist daher darauf zu verweisen, den Einwand, in der Schornsteinerhöhung liege ein dem ihm aufgegebenen Nutzungsverbot entsprechendes Austauschmittel zur Behebung der im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – beanstandeten Rechtsverletzung zum Nachteil des Vollstreckungsgläubigers mit der Vollstreckungsgegenklage und – gegebenenfalls – einem damit verbundenen Anordnungsantrag nach den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 769 ZPO geltend zu machen. Bis zu einer auf diesem Weg ergehenden Entscheidung, unter Umständen einer Anordnung nach § 769 ZPO, bleibt er zur Durchsetzung des Nutzungsverbotes verpflichtet und bleibt das Senatsurteil vom 18.9.2008 prinzipiell vollstreckbar. Das bedeutet, dass der Vollstreckungsschuldner gehalten ist, Maßnahmen zur Durchsetzung des von ihm unter dem 11.1.2010 verfügten Nutzungsverbots zu ergreifen oder wenn er der Ansicht sein sollte, in seinem – nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen – Schreiben vom 13.7.2001 liege eine Aufhebung des Nutzungsverbotes vom 11.1.2010 und der dazu ergangenen Vollzugsanordnung oder eine verbindliche, der Bestandskraft fähige Zusicherung, dass diese Anordnung nicht mehr durchgesetzt werde, so bleibt er verpflichtet, das ihm aufgegebene Nutzungsverbot erneut zu erlassen und erforderlichenfalls durchzusetzen, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger die im Schreiben vom 13.7.2010 unter Umständen getroffene Regelung durch Widerspruchserhebung suspendiert.

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass der Beigeladene hierdurch nicht rechtsschutzlos gestellt wird. Ist der Vollstreckungsschuldner nach dem vorbezeichneten Senatsurteil verpflichtet, das Nutzungsverbot im Wege des Verwaltungszwanges durchzusetzen, so hat der Beigeladene grundsätzlich die Möglichkeit, gegen Maßnahmen des Verwaltungszwanges (auch) gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Im Falle einer auf diesem Wege erwirkten - gegebenenfalls auch vorläufigen – gerichtlichen Einstellung der Zwangsvollstreckung könnte dem Vollstreckungsschuldner keine grundlose Säumnis im Verständnis von § 172 VwGO angelastet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene, der ebenfalls einen Antrag gestellt hat und (mit-) unterlegen ist, ist an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Es besteht keine Veranlassung, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52, 63 Abs. 2 GKG, wobei es der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes entspricht, für das Vollstreckungsverfahren den Streitwert zum Ansatz zu bringen, der im Erkenntnisverfahren festgesetzt worden ist.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 21.2.2001 – 1 Y 5/01 -.

Der danach maßgebliche Streitwert von 5.000,-- Euro ist sowohl im Beschwerdeverfahren als auch in Anwendung von § 63 Abs. 3 GKG unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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