Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 B 143/20

Tenor

Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragstellerinnen vorläufig abweichend von der einschränkenden Regelung im § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV als privilegierte Einzelhandelsgeschäfte im Sinne des § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV zu behandeln.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen betreiben drei Möbeleinrichtungshäuser in N. (Antragstellerin zu 1) sowie in E. und A-Stadt (beide Antragstellerin zu 2). Sie wenden sich gegen die im Zuge der sogenannten „Corona-Krise“ durch Rechtsverordnung des Antragsgegners vom 30.3.2020,(vgl. die Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 30.3.2020, Amtsblatt 2020 I, 196 B vom 31.3.2020, geändert durch die Änderungsverordnung vom 7.4.2020, Amtsblatt I 2020 I 206 B vom 8.4.2020) zuletzt geändert durch die Verordnung vom 16.4.2020,(vgl. die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 16.4.2020, Amtsblatt 2020 I, 258 vom 17.4.2020) verfügten grundrechtsbeschränkenden Maßnahmen „zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ im Saarland (im Weiteren: CPV).

Die zu deren Eindämmung beziehungsweise zu einer Verlangsamung des durch das neuartige Corona-Virus SARS-CoV-2 hervorgerufenen Infektionsgeschehens der auf der Grundlage der §§ 32, 28 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)(vgl. das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) vom 20.7.2000, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 27.3.2020, BGBl. I Seiten 587 ff.) ergangene Verordnung normiert – allgemein – in § 1 CPV den Grundsatz der Reduzierung der physischen und „sozialen“ Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Haushalts „auf ein absolut nötiges Minimum“. Der § 2 CPV enthält eine Einschränkung des Aufenthalts im öffentlichen Raum (§ 2 Abs. 1 CPV), verbietet unter anderem „Versammlungen und Ansammlungen“ (§ 2 Abs. 2 CPV) und erlaubt ein „Verlassen der eigenen Wohnung“ nur bei Vorliegen „triftiger Gründe“ (§ 2 Abs. 3 CPV). In den folgenden Regelungen finden sich weitere Vorgaben, unter anderem auch eine Untersagung des Betriebs von Gaststätten (§ 5 Abs. 1 CPV), des Betriebs von Hotels, Beherbergungsbetrieben und Campingplätzen (§ 5 Abs. 2 CPV), von einer Vielzahl weiterer in dem § 5 Abs. 3 CPV aufgeführter, nicht notwendigen „Verrichtungen des täglichen Lebens dienender“ Einrichtungen sowie der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art mit mehr als 800 m2 Verkaufsfläche, sofern diese nicht in einer nachfolgenden Liste als insofern privilegiert aufgeführt sind (§ 5 Abs. 4 und 5 CPV). Gemäß dem § 14 Abs. 1 und 2 CPV können vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die einzelnen Ge- oder Verbote der §§ 2 bis 13 CPV als Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen bis zu 25.000,- EUR geahndet werden.

Die Antragstellerinnen haben mit Eingang am 23.4.2020 einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes gestellt (Aktenzeichen 2 C 142/20) und beantragen im vorliegenden Verfahren, durch Erlass einer einstweiligen Anordnung auf der Grundlage des § 47 Abs. 6 VwGO die Schließungsanordnung in § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV vorläufig bis zu einer rechtkräftigen Entscheidung über diesen Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen. Diese Vorschrift lautet in der durch die zweite Änderungsverordnung modifizierten aktuellen, seit dem 17.4.2020 maßgebenden Fassung:

„Untersagt ist die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art mit mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche, soweit nicht Absatz 5 etwas anderes bestimmt. (...)“

Der in Bezug genommene § 5 Abs. 5 CPV führt in seinem Satz 1 unter den Nrn. 1. bis 17. zahlreiche Einzelhandelsbetriebe, beispielsweise den Lebensmittelhandel (Nr. 1), Garten- und Baumärkte (Nr. 3), Kraftfahrzeughändler (Nr. 13) oder den Großhandel (Nr. 17) auf. Möbelgeschäfte werden von der Aufzählung nicht erfasst.

Zur Begründung ihres Antrags machen die Antragstellerinnen geltend, die der Verordnung der Landesregierung zugrunde liegende, in der Art einer Generalklausel formulierte Ermächtigung in den §§ 32, 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG zum Erlass von mit weit reichenden Grundrechtseingriffen verbundenen Geboten und Verboten zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten sei unbestimmt und verstoße insoweit gegen Verfassungsrecht. Die wesentlichen Entscheidungen habe der parlamentarische Gesetzgeber selbst zu treffen. Demgegenüber sei dem Antragsgegner ohne vorgeschaltete parlamentarische Kontrolle eine „Blankettermächtigung“ erteilt worden. Des Weiteren liege ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG vor, wonach im Einzelfall eingeschränkte Grundrechte zur zur Information für den Bürger ausdrücklich zu benennen seien. Die in ihrem Fall betroffenen Grundrechte der Berufsfreiheit und des Eigentums (Art. 12, 14 GG) würden nicht erwähnt. Bei der in § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV enthaltenen Differenzierung zwischen Einzelhandelsbetrieben bis zu beziehungsweise mit mehr als einer Verkaufsfläche von 800 qm handele es nicht um eine im Hinblick auf den Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus „notwendige Schutzmaßnahme“ im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG. Sie sei sachlich nicht gerechtfertigt und daher unverhältnismäßig. Das zeige auch der Umstand, dass beispielsweise Nordrhein-Westfalen auf eine entsprechende einschränkende Regelung für Möbelhäuser verzichtet habe. Der aus dem Bauplanungsrecht übernommene Schwellenwert zur Großflächigkeit von Einzelhandelsgeschäften im Verständnis des § 11 Abs. 3 BauNVO sei kein geeignetes Differenzierungskriterium hinsichtlich einer „Infektionsschutzeignung“. Die Verwendung im vorliegenden Zusammenhang sei daher willkürlich. Ohne jede Begründung werde unterstellt, dass Geschäfte mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche, die sich aufgrund der Größe der Räumlichkeiten mit Blick auf die gebotene Einhaltung von Abständen zwischen den einzelnen Kunden und auch den Mitarbeitern dazu sogar besser eigneten, nicht denselben Schutz gewährleisten könnten wie kleinere Betriebe. Einem „überbordenden Kundenandrang“ könne durch ordnende Maßnahmen und Zugangsbeschränkungen und Zugangskontrollen Rechnung getragen werden, zumal alle Betreiber nach dem § 5 Abs. 10 CPV ohnehin verpflichtet seien, entsprechende Hygienemaßnahmen nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zu ergreifen. Ihr – der Antragstellerinnen – eigenes Hygienekonzept enthalte sogar strengere Anforderungen, mit denen konstant eine Personendichte von lediglich einer Person pro 50 qm gewährleistet werde. Ein sachlicher Differenzierungsgrund, warum die in dem § 5 Abs. 5 CPV privilegierten Einzelhandelseinrichtungen, etwa Tierbedarfsmärkte, Fahrradmärkte oder Autohäuser ungeachtet einer Überschreitung der Verkaufsfläche von 800 qm möglich seien, könne nicht erkannt werden. Eine Reduzierung ihrer Verkaufsfläche auf diese Größe sei in Anbetracht des Platzbedarfs nicht möglich. Zudem sei für die Kundenfrequenz eines Einzelhandelsbetriebs dessen Lage sowie die Nähe zu anderen Betrieben mit entsprechenden Synergieeffekten entscheidend. Entsprechend werde auch die räumliche Agglomeration mehrerer Einzelhandelsgeschäfte in Einkaufszentren mit jeweils maximal 800 qm im Verbotstatbestand berücksichtigt. Demgemäß eigne sich die betriebsbezogene Verkaufsfläche nicht als alleiniges Merkmal, um die Magnetwirkung des Betriebs für die Kunden einzuschätzen. Auch das Argument, die Regelung im § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV diene dazu, die Attraktivität der Innenstädte zu mindern, könne aus mehreren Gründen angesichts der zahlreichen Ausnahmen im § 5 Abs. 5 CPV nicht überzeugen. Konsequent wäre es im Umkehrschluss, eine Öffnung von großen Märkten zu gestatten, die sich wie alle ihre Häuser nicht in Innenstädten befänden. Auch die zahlreichen Geschäfte in Innenstädten, die nun wieder öffnen dürften, könnten eine Anziehungskraft erzeugen. Insgesamt sei daher allein die Größe der Verkaufsfläche kein sachlicher Grund um aus den grundsätzlich berechtigten Gründen des Infektionsschutzes die Öffnung des Einzelhandels zu steuern. Die Diskussion über die Rückkehr zur Normalität in dem Bereich sei nicht geführt, vielmehr sogar unterdrückt worden. Eine Steuerung des Einzelhandels zur Bremsung der Ausbreitung des Coronavirus bedürfe eines strukturierten und differenzierten Konzepts, nicht dagegen kurzfristiger vermeintlich einfacher, dafür aber ungeeigneter Differenzierungskriterien. Nach den bisherigen Erfahrungen sei eher ungewiss, ob die Befürchtungen des Antragsgegners, dass Kunden nun „hungrig“ in die Läden strömten, überhaupt berechtigt seien. Auch sei es gelungen, die Infektionsrate auf unter 1 zu senken, obwohl in der Vergangenheit eine Reihe von Einzelhandelsgeschäften unabhängig von der Größe geöffnet geblieben sei. Allein die Schließung bis zum 4.5.2020 bedeute Umsatzverluste vom 20.000.000,- EUR, die für sie existenzgefährdend seien. Beim prognostizierten Ergebnis vor Steuern ergebe sich insoweit ein Verlust von 5.143.000,- EUR. Das sei angesichts der Anlaufverluste von etwa 3.000.000,- EUR bei dem neu errichteten Einrichtungshaus in A-Stadt besonders dramatisch. Die differenzierte Behandlung von den Einschränkungen nicht betroffener Märkt mit teilweise vergleichbaren Sortimenten führe zu einer Verzerrung des Wettbewerbs und schwäche ihre Marktposition nachhaltig. Die zum Schutz von Leben und Gesundheit vorgenommenen weitreichenden Grundrechtsbeschränkungen erforderten diskriminierungsfreie und verhältnismäßige Regelungen. Diese seien hier nicht gegeben.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 27.4.2020 Stellung genommen, die angegriffene Regelung verteidigt und geltend gemacht, die Regelungen seien ausreichend bestimmt, entgegen der Ansicht der Antragstellerin vom Vorbehalt des Gesetzes gedeckt und auch ein Verstoß gegen die Wesentlichkeitstheorie liege nicht vor. Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes bezogen auf den Einzelhandel sei nicht zu erkennen. Es liege in der Natur der Sache, dass bei einer stufenweisen Lockerung einzelner Betriebsbeschränkungen eine Differenzierung nach der Betriebsart und nach der Betriebsgröße erfolgen müsse. Bei einer Aufhebung sämtlicher Beschränkungen könne dem Gesundheitsschutz nicht mehr Rechnung getragen werden. Die verfolgten Regelungsziele ließen sich mit der Begrenzung von 800 qm erreichen. Das sei inzwischen auch mehrfach durch die Rechtsprechung bestätigt worden. Es liege auf der Hand, dass größere Kaufhäuser mehr Kunden anzögen als kleinere Einheiten. Dabei komme es nicht darauf an, inwieweit vorbeugende Hygienemaßnahmen ergriffen werden könnten. Die Einschränkungen der Verordnung seien auch weiterhin verhältnismäßig.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 47 Abs. 6 VwGO) ist zulässig (A.) und begründet (B.). Er richtet sich – was die Hauptsache und die begehrte Vorabentscheidung anbelangt – gegen die Rechtsverordnung mit dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Inhalt, hier konkret in der zuletzt am 17.4.2020 geänderten, mit diesem Inhalt neu bekannt gemachten und nun bis 3.5.2020 befristeten Fassung.(vgl. die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 16.4.2020, Amtsblatt 2020 I, 258 vom 17.4.2020, und die Bekanntmachung der Neufassung der Verordnung vom 17.4.2020, Amtsblatt I 2020, 262 B vom 20.4.2020) Die inhaltliche Begrenzung des Normenkontrollantrags auf die die wirtschaftliche Betätigung der Antragstellerinnen untersagende Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV unterliegt auch unter dem Aspekt einer Teilbarkeit der auf ganz unterschiedliche Lebensbereiche mit einer jeweils eigenen Betroffenheit zielenden Vorschriften der Verordnung keinen Bedenken.(vgl. entsprechend zu § 5 Abs. 1 CPV OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 22.4.2020 – 2 B 128/20 und 2 B 130/20 –)

A.

Der nach den §§ 47 Abs. 6 und Abs. 1 Nr. 2 VwGO, 18 AGVwGO Saar auf teilweise vorläufige Außervollzugsetzung der Verordnung im Vorgriff auf eine Entscheidung in dem seit dem 23.4.2020 anhängigen Normenkontrollverfahren (Az. 2 C 142/20) gerichtete Antrag der Antragstellerinnen ist zulässig.

Die Antragstellerinnen sind insbesondere antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1, Abs. 6 VwGO. Sie sind als Betreiberinnen mehrerer großflächiger Einrichtungs- und Möbelhäuser in E., N. und A-Stadt durch die Betriebsuntersagung im § 5 Abs. Abs. 4 Satz 1 CPV nach eigenem Vortrag in existenzgefährdender Weise in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG beziehungsweise in der Freiheit zur unternehmerischen Betätigung (Art. 12 GG) betroffen. Ihr Rechtsschutzinteresse wie auch das darüber hinausgehende besondere Regelungsinteresse des § 47 Abs. 6 VwGO(vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 17.11.2016 – 2 B 283/16 –, SKZ 2017, 70, Leitsatz Nr. 33, wonach die Anforderungen an eine vorläufige Regelung auf der Grundlage des § 47 Abs. 6 VwGO mit Blick auf die grundsätzlich Legitimation des staatlichen Normgebers allgemein deutlich über das hinausgehen, was der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO voraussetzt) im Sinne erheblich gesteigerter „Dringlichkeit“ ergibt sich aus diesem Vorbringen.

B.

Dem Antrag auf Erlass der begehrten Vorabregelung ist in der Sache zu entsprechen. Die von den Antragstellerinnen beantragte vorläufige Außervollzugsetzung des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV in ihrem Fall ist im Rechtssinne zur Abwendung schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen „dringend geboten“ (§ 47 Abs. 6 VwGO). Anordnungen auf dieser Grundlage dienen nach der Rechtsprechung des Senats ungeachtet des objektiven Charakters des Normenkontrollverfahrens vor allem dem Individualrechtsschutz beziehungsweise einer Sicherstellung seiner Effektivität (Art. 19 Abs. 4 GG). Daher kann das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO sich nur aus einer negativen Betroffenheit eigener Interessen – konkret des jeweiligen Antragstellers oder der jeweiligen Antragstellerin – ergeben, hingegen nicht aus der Beeinträchtigung sonstiger Belange oder von Interessen Dritter mit Blick auf deren mögliche Betroffenheit durch die Rechtsverordnung hergeleitet werden.(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.10.2012 – 2 B 217/12 –, Juris) Diese Voraussetzungen für eine vorläufige Anordnung sind im konkreten Fall erfüllt.

Bei der Entscheidung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie bei sonstigen verwaltungsprozessualen Eilrechtsschutzersuchen (§§ 80 Abs. 5, 80a oder 123 Abs. 1 VwGO) in erster Linie auf die prognostische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, hier des Normenkontrollantrags, abzustellen.(vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 25.2.2015 – 4 VR 5.14 –, BRS 83 Nr. 190, wonach Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO jedenfalls bei Bebauungsplänen zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags sind, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes absehen lassen) Lassen sie sich nicht abschätzen, so ist wegen der wortlautmäßigen Anlehnung an § 32 BVerfGG wie bei verfassungsgerichtlichen Vorabentscheidungen eine Folgenbetrachtung(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 5.2.2014 – 2 B 468/13 –, SKZ 2014, 200, Leitsatz Nr. 28, und vom 11.10.2012 – 2 B 272/12 -, SKZ 2013, 44, wonach insoweit für die gebotene Abwägung der beteiligten Interessen auf die Vor- und Nachteile abzustellen ist, die eintreten, wenn die Anordnung antragsgemäß ergeht, die Norm sich später aber als gültig erweist, denen die Folgen gegenüberzustellen sind, die sich ergeben, wenn die Norm vollzogen wird, sich später jedoch deren Ungültigkeit herausstellt) vorzunehmen. Vorliegend spricht bei der im zur Verfügung stehenden Zeitfenster allein möglichen überschlägigen Abschätzung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der auf die Überprüfung der Wirksamkeit des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV beschränkte Normenkontrollantrag der Antragstellerinnen in der Hauptsache erfolgreich sein wird. Eine abschließende Beurteilung kann nur in dem von den Antragstellerinnen betriebenen Hauptsacheverfahren erfolgen (§ 47 Abs. 5 VwGO).

1.

Die hinsichtlich ihres Zustandekommens einschließlich ihrer Inkraftsetzung durch die Verkündung im Amtsblatt des Saarlandes am 31.3.2020 beziehungsweise am 17.4.2020 (§ 1 Abs. 2 AmtsblG)(vgl. das Gesetz über das Amtsblatt des Saarlandes (Amtsblattgesetz - AmtsblG) vom 11.2.2009, geändert durch das Gesetz vom 1.12.2015 (Amtsblatt I Seite 932)) keinen Bedenken unterliegende Rechtsverordnung findet aus gegenwärtiger Sicht eine ausreichende Grundlage in dem § 32 Satz 1 IfSG.(vgl. das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – Infektionsschutzgesetz –, vom 20.7.2000, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 27.3.2020, BGBl. I, Seite 587) Danach werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für „Maßnahmen“ nach den §§ 28 bis 31 IfSG „maßgebend“ sind, durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen.(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 22.4.2020 – 2 B 128/20 und 2 B 130/20 –, insbesondere auch zu den sich aus dem Gesetzesvorbehalt und dem damit verbundenen Wesentlichkeitsvorbehalts zugunsten des Gesetzgebers ergebenden – auch formellen – Anforderungen an die Eingriffe in die Schutzbereiche verschiedenster Grundrechte)

Dem Verweis der Antragstellerinnen auf das Vorliegen einer darin zu erblickenden verfassungsrechtlich unzulässigen „Blankettermächtigung“ (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG), die aus ihrer Sicht gegen den das Verhältnis zwischen der Gesetzgebung (Legislative) und der Exekutive näher ausgestaltenden Vorbehalt des Gesetzes und die daraus herzuleitende Pflicht des Gesetzgebers, die bezogen auf den jeweiligen Regelungsgegenstand(vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, NVwZ 2017, 1111, Rn 182, zu den Übergangsbestimmungen im saarländischen Spielhallenrecht) wesentlichen, für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen und sie nicht anderen Normgebern aus dem Bereich der Exekutive zu überlassen,(vgl. zum Beispiel etwa BVerfG, Beschluss vom 19.12.2017 – 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14 –, NVwZ 2018, 233 u.a. zu Art. 12 GG) berührt, muss vorliegend nicht weiter nachgegangen werden. Eine Verletzung des Zitiergebots durch die §§ 28 Satz 4, 32 Satz 3 IfSG, weil der Verordnungsgeber nicht ausdrücklich zu einer Einschränkung auch der Grundrechte aus Art. 12 und Art. 14 GG ermächtigt wurde, wird sich entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen voraussichtlich ebenfalls nicht feststellen lassen. Das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 3 GG gilt nur für so genannte echte „Eingriffsvorbehalte“, nicht jedoch für grundrechtlich besonders eröffnete Befugnisse des Normgebers zur Inhaltsbestimmung in Form so genannter Schranken- oder Ausgestaltungsvorbehalte.(vgl. zur Abgrenzung etwa Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG 14. Auflage 2018, Art. 19 Rn 14)

2.

Bei der allein möglichen summarischen Überprüfung lässt sich jedoch unter materiell-rechtlich inhaltlichen Gesichtspunkten ein voraussichtlicher Verstoß der angegriffenen Bestimmung des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV der Verordnung gegen höherrangiges Recht feststellen.

a.

Die Anwendung des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV unterliegt im Fall der Antragstellerinnen ernsthaften und im Rahmen der vorliegenden Entscheidung letztlich durchgreifenden Bedenken hinsichtlich einer Nichtbeachtung des nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG auf die Antragstellerinnen anwendbaren allgemeinen Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die im Grundgesetz gewährleisteten allgemeinen und besonderen Gleichheitsrechte, die in besonderer Weise mit dem „Gerechtigkeitsgefühl“ in Verbindung stehen, dienen anders als die Freiheitsgrundrechte nicht primär dem Ziel, den von der Anwendung von – hier – Rechtsnormen betroffenen Bürgerinnen und Bürgern einen „Freiraum“ gegenüber staatlichen Maßnahmen in die spezifischen Schutzbereiche, bei den Antragstellerinnen konkret des durch Artikel 14 GG gewährleisteten Eigentums in der Gestalt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs und/oder der Freiheit zu unternehmerischer Betätigung (Art. 12 GG) zu gewährleisten. Bei den Gleichheitsrechten, insbesondere auch beim allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG soll vielmehr verhindert werden, dass einzelne oder auch ganze Gruppen von Grundrechtsinhabern im Vergleich zu anderen „ungleich“ behandelt werden. Nach diesen theoretischen Ansatz kommt es in dem Rahmen nicht primär auf die – bei der Anordnung zur Betriebsschließung sicher hoch anzusiedelnde – Intensität des der Auswirkungen für die Betroffenen an, sondern darauf, wie andere, sich in der „gleichen“ Situation befindende im konkreten normativen Kontext oder mit „gleichem“ Lebenssachverhalt im Vergleich dazu behandelt werden. Insoweit bestimmt im Ergebnis der Normgeber in gewisser Weise den Beurteilungsrahmen. Die Gewichtigkeit der Beeinträchtigung im Einzelfall erlangt in dem Zusammenhang erst Bedeutung bei der Interpretation der Anordnungsvoraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wenn die Frage zu beantworten ist, ob ein den Antragstellerinnen drohender „schwerer“ Nachteil bei Unterbleiben einer nach dieser Vorschrift begehrten Anordnung festgestellt werden kann.

In seiner Ausprägung als Willkürverbot gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz indes nicht, dass der auch insoweit mit einem gewissen Beurteilungsspielraum versehen Normgeber, hier der Antragsgegner, im konkreten Zusammenhang von mehreren möglichen Lösungen die zweckmäßigste oder gar die – sofern sich das überhaupt objektiv bestimmen lässt – „vernünftigste“ wählt. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ist aber dann anzunehmen, wenn offenkundig ist, dass sich für die angegriffene normative Regelung und eine durch sie bewirkte Ungleichbehandlung gegenüber anderen in vergleichbarer Situation kein sachlicher Grund finden lässt.(vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03 –, BauR 2007, 98, m.w.N. insbesondere zur sog. „Elementelehre“ beim Vergleich zu betrachtender Sachverhalte ) Das ist hier voraussichtlich der Fall.

Die der Neufassung des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV zum 17.4.2020 zugrunde liegende Vorlage an den Ministerrat nennt als Grund für die Übernahme des dem Bauplanungsrecht entnommenen, dort von der Rechtsprechung „gegriffenen“ und in der Sinnhaftigkeit umstrittenen Schwellenwerts von 800 qm für die Großflächigkeit von Einzelhandelsgeschäften,(vgl. dazu grundlegend BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 – 4 C 10.04 –, BRS 69 Nr. 71) dass damit Betriebe, „in denen ein großer Besucherstrom zu erwarten“ sei, aus hygienerechtlichen Gründen weiter geschlossen gehalten werden sollten.(vgl. die Vorlage an den Ministerrat betreffend den „Entwurf einer zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ vom 15.4.2020, Seite 3 der Begründung zu 2c))

Im konkreten Fall der Antragstellerinnen lässt sich ein solcher tragfähiger Grund für die sie nach § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV treffende Betriebsuntersagung im Vergleich zu anderen in dem Katalog des § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV davon generell ausgenommenen Geschäften daraus nicht herleiten. Das gilt beispielsweise konkret für die in der dortigen Nr. 3 generell nicht mit Einschränkungen belegten Garten- und Baumärkte, zumal diese anders als die Einrichtungshäuser der Antragstellerinnen im Saarland viel eher mit einem „Vollsortimenter“ mit entsprechender „Sogwirkung“ für die potentielle Kundschaft vergleichbar sind.(vgl. dazu ausführlich OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.4.2020 – 2 B 122/20 –) Auch der seit dem 17.4.2020 wieder uneingeschränkt zulässige Kraftfahrzeughandel, der jedenfalls bei größeren Autohäusern ebenfalls in vergleichbarer Weise auf eine große Ausstellungs- und damit „Verkaufsfläche“ angewiesen ist, ist ohne Bindung an die Größenlimitierung in § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV zulässig. Gerade wegen dieser detaillierten und zahlreichen Ausnahmen im § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV kann auch der Hinweis nicht überzeugen, der Normgeber habe in dem Zusammenhang eine über eine Einzelfallbetrachtung der betroffenen Sortimente hinausgehende Pauschalierung vornehmen müssen oder sich auf die zur Aufrechterhaltung der „Grundversorgungsstruktur“ der Bevölkerung auch in „Corona-Zeiten“ erforderlichen Handelssortimente beschränkt. Das mag für den Lebensmitteleinzelhandel und andere hier aufgeführte Sortimente gelten, aber nicht für alle. Es erschließt sich beispielsweise nicht, weshalb die Beschaffung oder Ersetzung von Einrichtungsgegenständen für die gerade nach dem Verständnis der §§ 1 und 2 CPV zum zentralen Aufenthaltsbereich gewordenen Wohnung der Bürgerinnen und Bürger „infrastrukturell“ weniger bedeutsam sein sollte als ein Gartenmarkt oder die Öffnung eines „Wertstoffzentrums“ oder einer Fahrradhandlung.

Über diese allgemeinen objektiv geschäftsbezogenen Kriterien hinaus lässt sich auch unter dem Aspekt des mit der Verordnung verfolgten Ziels eines Seuchenschutzes im konkreten Fall kein taugliches sachliches Differenzierungskriterium feststellen. Eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zweier „vergleichbarer“ Sachverhalte setzt voraus, dass das genutzte Differenzierungskriterium, an das die zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels vorgenommene Ungleichbehandlung anknüpft, eine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung bietet und sich ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Differenzierungsziel und Differenzierungskriterium feststellen lässt. Daher müssen die Gründe für die Differenzierung, hier also für einen Handel mit Möbeln und Einrichtungsgütern einerseits – sofern es das überhaupt geben sollte – mit Ausstellungs- und Verkaufsflächen unter 800 qm und solchen mit einer größeren Flächeninanspruchnahme, von solchem Gewicht sein, dass das Interesse der von den nachteiligen Folgen der Ungleichbehandlung Betroffenen hinter diesen Gründen zurückzustehen hat.(vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 27.5.2019 – 4 C 10/17 –, SächsVBl 2019, 289) Das ist jedenfalls nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilverfahrens nicht ersichtlich. Das in dem Beschluss des Senats vom 24.4.2020 im Verfahren 2 B 122/20 für großflächigen Einzelhandel mit „Vollsortimenten“, also große Kauf- und Warenhäuser, als dort taugliche Differenzierungsgrundlage angesehene Anliegen des Verordnungsgebers, mit dem Fortschreiben des Verbots einer unter dem seuchenrechtlichen Aspekt der Eindämmung des Infektionsgeschehens „von Mensch zu Mensch“ die wegen des Einkaufverhaltens und der Attraktivität solcher Märkte zu erwartenden größeren Menschenansammlungen in Innenstädten mit dort nur schwer zu kontrollierender Einhaltung der Hygiene- und Abstandsvorgaben möglichst zu unterbinden, trifft auf die Einrichtungshäuser der Antragstellerinnen, bei denen sich die Anforderung an die Großflächigkeit aus dem Raumbedarf des ausgestellten Sortiments ergibt, wahrscheinlich nicht zu. Solche Einrichtungen laden in aller Regel nicht primär zum – so die erwähnte Entscheidung des Senats – zum „Bummeln“ oder „Shoppen“ ein und werden in der Regel von Kundinnen und Kunden aufgesucht, die von vorneherein ein auf das spezielle Warenangebot des Möbel- und Einrichtungshauses bezogenes Kauf- oder zumindest Informationsinteresse hegen. Wegen der Ausgestaltung des Sortiments, das sich im Falle eines Kaufs meist nicht „in der Tasche“ abtransportieren lässt, ist ferner davon auszugehen, dass viele Kundinnen und Kunden die Geschäfte der Antragstellerinnen mit dem Kraftfahrzeug aufsuchen werden; deswegen – und das ist vorgetragen und nicht bestritten worden – befinden sich die drei Geschäftshäuser der Antragstellerinnen, anders als die Kauf- und Warenhäuser der Antragstellerin im Verfahren 2 B 122/20, auch gerade nicht in zentraler Innenstadtlage, sondern an deren Peripherie, was einen vergleichbaren „Menschenauflauf“ nicht besorgen lässt. Gerade im Fall der Antragstellerinnen kann bei diesen Rahmenbedingungen auch davon ausgegangen werden, dass die Größe der Verkaufs- und Ausstellungsräume durchaus einen Vorteil gegenüber anderen, auch geöffneten kleineren Geschäften mit Blick auf die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsvorgaben bietet und wegen der erwähnten Kundefrequenz auch eine verglichen mit den zentralen Versorgungseinrichtungen deutlich leichtere Kontrollierbarkeit ermöglicht. Der Verordnungsgeber hat sich – auch – im Saarland mit Wirkung zum 17.4.2020 zu ersten Lockerungen der weit reichenden Grundrechtseinschränkungen vor allem im Bereich der dadurch besonders stark betroffenen Wirtschaft entschlossen. Sollte das, da niemand die Zukunft voraussagen kann, im Sinne eines Wiederaufflammens des Infektionsgeschehens „schief gehen“ und sollte vor dem Hintergrund eine erneute deutlich konsequentere Einschränkung erforderlich werden, ließe sich jedenfalls ersichtlich kein spezifischer struktureller Zusammenhang mit der Wiedereröffnung auch der Möbelhäuser der Antragstellerinnen herstellen. Dass sie im Gegensatz zu anderen durch § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV privilegierten Geschäften und im Satz 2 der Vorschrift beschriebener „Mischformen“ von dem Verbot der Öffnung nicht (mehr) betroffenen Einrichtungen generell dem Verbot in § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV unterworfen sind, lässt sich daher voraussichtlich am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht rechtfertigen.

Abschließend ist unter Gleichbehandlungsaspekten – lediglich – zu ergänzen, dass größere Einzelhandelsunternehmen wie die Einrichtungs- und Möbelhäuser der Antragstellerinnen – bezogen auf ihr Sortiment – in der Regel über die Grenzen des Saarlands hinaus auch mit Mitbewerbern aus dem sonstigen Bundesgebiet konkurrieren. Mit Blick darauf ist es bedenklich, dass es den über den § 32 Satz 1 IfSG für zuständig erklärten Landesregierungen der deutschen Bundesländer nicht gelungen ist, eine einheitliche „harmonisierte“ Regelung für den Einzelhandel in Deutschland in ihren Verordnungen festzulegen. Da die Überprüfung der Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Rechtsnorm indes auf den räumlichen Geltungsbereich der jeweiligen Vorschriften beschränkt ist, können die Antragstellerinnen nicht – zusätzlich – eine Verletzung dieses Grundrechts aus dem Umstand herleiten, dass nach ihrem Vorbringen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen keine einschränkenden Regelungen für Einrichtungs- und Möbelhäuser getroffen wurden. Das könnte aber Anlass zum Nachdenken darüber bieten, ob Regelungen für derartige Sachverhalte mit erkennbar überörtlicher Bedeutung in Zukunft durch eine Bundesnorm – in welcher Form auch immer – einheitlich vorgegeben werden sollten.

b.

Nach dem zuvor Gesagten ist naheliegend, auf den Normenkotrollantrag hin in der Hauptsache im konkreten Fall auch eine Verletzung der nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG auch auf die Antragstellerinnen anwendbaren Freiheitsgrundrechte aus Art. 12 und 14 GG anzunehmen. Beide Grundrechte unterliegen zwar einem Schranken- beziehungsweise Ausgestaltungsvorbehalt, bei dessen Aktivierung dem Gesetzgeber – ebenfalls – ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich des beim Erlass einschränkender Normen in erster Linie zu beachtenden Übermaßverbots zukommt. Das gilt zwar auch in Bezug auf die Vorausbeurteilung der die Ziel-Mittel Relation kennzeichnende Erforderlichkeit der Betriebsuntersagung im § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV zu Lasten der Antragstellerinnen als auch hinsichtlich der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, bei dem das Ziel des Normgebers, hier die Bekämpfung der Corona-Pandemie durch eine weitgehende Reduzierung zwischenmenschlicher Kontakte mit entsprechenden Infektionsrisiken, mit dem Ergebnis, also dem Gewicht der Betriebsuntersagung für den Normadressaten, hier die Antragstellerinnen, in Bezug zu setzen wären. Dabei wäre zunächst die nach der Interpretation des § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV durch den Antragsgegner im Verfahren 2 B 122/20 bestehende Möglichkeit, wonach die Vorschrift auch den dort erfassten großflächigen Einzelhandel die Eröffnung einer begrenzten und entsprechend abzugrenzenden Ausstellungs- und Verkaufsfläche von 800 qm gestattet, angesichts des Sortiments und des Raumbedarfs bei der Präsentation von Möbeln keine wirkliche Option.

Ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei den vom Antragsgegner verfolgten Anliegen des Gesundheitsschutzes um sehr gewichtige, beispielsweise nach der Rechtsprechung des Senats mit Blick auf die Aspekte des Übermaßverbots eine vorübergehende Betriebsuntersagung von Gaststätten und Gastronomiebetrieben durch § 5 Abs. 1 CPV rechtfertige Belange handelt,(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 22.4.2020 – 2 B 128/20 und 2 B 130/20 –, beide bei Juris) erscheint es vor dem Hintergrund des hier zur Rede stehenden Betriebstyps (Möbel- und Einrichtungshaus) mit den beschriebenen Konsequenzen und Rahmenbedingungen für die Aufsuchung durch die Kundschaft durchaus zweifelhaft, ob es sich bei der Betriebsuntersagung noch um eine – mit Blick auf den vom Normgeber gestalteten Regelungshintergrund – insgesamt erforderliche und verhältnismäßige Maßnahme handelt. Da das Konzept des Antragsgegners seit der zweiten Änderung der Verordnung nicht mehr im Erlass umfassender konsequenter Verbote besteht, unterliegt die „Herausnahme“ der Antragstellerinnen aus den damit normierten „Lockerungen“ unter diesen Aspekten zumindest nicht unerheblichen Bedenken. Ohne dass hier auf das Argument der einerseits vom Konzept her möglicherweise zu hinterfragenden, für die betroffenen Gewerbetreibenden aber oft existenziellen Wiederöffnungsmöglichkeit bei „zahlreichen Geschäften in Innenstädten“ und deren Bedeutung für die Gelegenheit zu „Menschenansammlungen“ und die Unmöglichkeit einer Einhaltung von Abstandsregelungen gerade in kleinen Läden und den Innenstädten insgesamt eingegangen werden soll, wurde bereits ausgeführt, dass zum einen die Rahmenbedingungen gerade bei den Einrichtungshäusern der Antragstellerinnen vergleichsweise sehr günstig erscheinen, und dass diese zum anderen ausführlich vorgetragen haben, dass sie durch sogar über die Standards des § 5 Abs. 10 CPV hinausgehende eigene Konzepte die Einhaltung von notwendigen Abständen zwischen Kunden untereinander aber auch zu ihrem Personal und damit die Gefahren einer Infektionsweitergabe wesentlich minimieren können und auch wollen. Insoweit kann auf das in der Antragsschrift angesprochene betriebseigene Hygienekonzept verwiesen werden.

C.

Die Voraussetzungen für einen Anordnungsgrund im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO in Form eines den Antragstellerinnen drohenden „schweren Nachteils“ unterliegt nach dem Sachvortrag zu den wirtschaftlichen Folgen der Schließung ihrer Märkte für sie keinen Bedenken. Der bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt festzustellende jedenfalls nach der aktuellen Fassung der Verordnung nur noch verbleibende vergleichsweise kurze Restzeitraum der Geltung der Verordnung bis 3.5.2020 rechtfertigt es nicht, einen den Antragstellrinnen ansonsten zustehenden und in der Antragsschrift vom 23.4.2020 dargelegten Anordnungsanspruch im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO zu verneinen. Allein die Existenz des § 5 Abs. 9 Satz 1 CPV, wonach die Ortspolizeibehörden auf Antrag Ausnahmegenehmigungen für andere als die in § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV genannten Betriebe erteilen können, soweit dies zur Versorgung der Bevölkerung mit Gegenständen des täglichen Bedarfs erforderlich und im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist, rechtfertigt ebenfalls keine andere Entscheidung. Durch die Nichtberücksichtigung in § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV hat der Verordnungsgeber bei bekannter Problematik selbst – im Umkehrschluss – klargestellt, dass er den Einrichtungshäusern offenbar keine wesentliche Bedeutung bei der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung beimisst, sie also bei der Zusammenstellung des Katalogs nicht „vergessen“ wurden.(vgl. dazu die ohne Datierung übermittelte Vorlage an den Ministerrat betreffend den „Entwurf einer Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“, Seite 4 der Begründung zu § 5 (Betriebsuntersagungen und Schließungen)) Hinsichtlich der Praktikabilität wäre – zusätzlich – auch mit Blick auf das Zeitfenster festzuhalten, dass für das vorliegende Anliegen der Antragstellerinnen drei verschiedene Ortspolizeibehörden zuständig wären. Daher war ihren Anträgen insgesamt zu entsprechen.

Bei der Formulierung der aus Sicht der Antragstellerinnen im Verständnis des § 47 Abs. 6 VwGO rechtswahrenden Anordnung bestehen – ähnlich wie bei dem § 123 Abs. 1 VwGO – keine gesetzlichen Vorgaben an den Inhalt. Vielmehr liegt es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, zu bestimmen, welche Anordnung inhaltlich geeignet ist, den das Antragsbegehren tragenden Interessen des jeweiligen Antragstellers oder der jeweiligen Antragstellerin Rechnung zu tragen.

Zum Abwehr der „schweren Nachteile“ im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO erscheint es daher in dem vorliegenden Fall sachgerecht, durch die im Tenor getroffene einstweilige Anordnung eine Gleichbehandlung der Antragstellerinnen mit den zahlreichen sonstigen in § 5 Abs. 5 Satz 1 CPV aufgeführten und insoweit von der größenmäßigen Einschränkung des von ihr angegriffenen § 5 Abs. 4 Satz 1 CPV befreiten Einzelhandelseinrichtungen in gleicher Weise vorläufig freizustellen. Ob der Antragsgegner dies durch eine bloße Duldung der Öffnung der drei Möbelmärkte oder durch förmliche Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 5 Abs. 9 CPK umsetzt, bleibt ihm überlassen.

Der Senat weist die Antragstellerinnen in diesem Zusammenhang allerdings ausdrücklich darauf hin, dass die Wiederaufnahme und Führung der Möbeleinzelhandelsgeschäfte in E., A-Stadt und N. angesichts der nach wie vor erheblichen Bedrohungen von Leib und Leben der Saarländerinnen und Saarländer durch die nach wie vor zu konstatierende, wenngleich deutlich verlangsamte Ausbreitung von Infektionen mit dem Coronavirus(vgl. etwa den täglichen Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019(COVID-19) vom 23.04.2020– aktualisierter Stand/Deutschland –, im Internet zu finden unter www.RKI.de.) mit einer strikten Einhaltung der in der Antragsschrift zugesicherten und nach dem mitgeteilten eigenen Hygienekonzept die im § 5 Abs. 10 CPV angesprochenen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sogar übersteigenden Hygienemaßnahmen verbunden sein müssen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Festsetzung orientiert sich an einer grob geschätzten Flächenproduktivität der drei Märkte der Antragstellerinnen im Saarland und an der bei Antragstellung (23.4.2020) verbliebenden Laufzeit der Verordnung bis 3.5.2020. Da der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt, ist die Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit hier nicht angebracht.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen