Beschluss vom Sächsisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 O 149/18

Gründe

I.

1

Am 20. August 2018 hat die Klägerin Klage gegen den Beklagten erhoben, mit der sie „die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 26. Juli 2018“ begehrt.

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Bei dem vorgenannten „Bescheid des Beklagten“ handelt es sich um einen Beschluss der 3. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt in dem Nachprüfungsverfahren zwischen der Klägerin als (tatsächlich oder vermeintlich) antragstellenden Bieterin und der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt als Antragsgegnerin (Vergabestelle bzw. öffentlicher Auftraggeber) wegen eines gerügten Vergabeverstoßes (Az.: ). In Ziff. 1 des Beschlusses wurde ein Antrag der Antragstellerin (und Klägerin) zurückgewiesen. Gemäß Ziff. 2 wurden der Antragstellerin (Klägerin) die Kosten des Verfahrens auferlegt und gemäß Ziff. 3 die Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen) auf 631,18 € festgesetzt.

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Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, sie wende sich gegen den Kostenfestsetzungsbescheid. Die der Kostenentscheidung zu Grunde liegenden rechtlichen Bewertungen seien falsch. Zwischen ihr und der Landesstraßenbaubehörde bestehe Streit, ob es im Vergabeverfahren zu einer wirksamen Auftragserteilung gekommen sei, weshalb sie mit Schriftsatz vom 12. Juni 2018 Klage beim Landgericht Magdeburg erhoben habe. Einen Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens vor der (vorliegend) beklagten Vergabekammer habe sie nicht gestellt; der Beklagte sei ohne Rechtsgrund tätig geworden, weshalb sowohl die Kosten(last)entscheidung als auch eine Kostenfestsetzung nicht gerechtfertigt gewesen seien. Im Übrigen sei der Beschluss des Beklagten auch in der Sache fehlerhaft, weil die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig gewesen sei.

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Die Klägerin hält den Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO für eröffnet; der Beklagte ist der Auffassung, dass allenfalls der Zivilrechtsweg vor das OLG Naumburg eröffnet sei.

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Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 14. November 2018 festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben sei.

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Zur Begründung hat es unter Verweis auf § 17a Abs. 3 S. 1 GVG ausgeführt, es handle sich bei dem in Rede stehenden vergaberechtlichen Verfahren um ein solches im so genannten unterschwelligen Bereich im Sinne des § 106 GWB. Der Beklagte habe als Nachprüfungsbehörde im Sinne des § 19 Abs. 3 LVG LSA eine hoheitliche Entscheidung in einem Vergabeverfahren im Über- und Unterordnungsverhältnis getroffen. Bei der Kostenentscheidung (einschließlich Kostenfestsetzung) der Vergabekammer handle es sich um einen Verwaltungsakt, gegen den regelmäßig der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Zu unterscheiden sei der vorliegende Fall von derjenigen Konstellation, in der sich der Bieter direkt - ohne vorherige Befassung des Falles durch eine behördliche Vergabekammer - mit einer Klage gegen die Vergabestelle wende, um anstelle des vergabewidrig ausgewählten Bieters selbst den Zuschlag zu erhalten und für die - obgleich umstritten - der Zivilrechtsweg eröffnet sei. Vorliegend richte sich das Rechtsschutzbegehren nicht gegen die den Zuschlag vergebende Stelle, sondern gegen die Vergabekammer selbst. Gegen die vergaberechtliche Sachentscheidung sei bereits vor dem Landgericht Magdeburg Klage erhoben worden. Eine analoge Anwendung der Rechtswegregelung für den oberschwelligen Bereich in § 171 GWB komme nicht in Betracht, weil diese Spezialregelung eng auszulegen sei. Der Auffassung des Beklagten, dass der Landesgesetzgeber mangels Rechtswegverweisung im Landesvergabegesetz davon ausgegangen sei, dass allenfalls der Zivilrechtsweg vor das Oberlandesgericht eröffnet sei, sei nicht zu folgen. Das Landesrecht als nachgeordnetes Recht vermöge die bundesrechtliche Vorschrift im GWB zur Begrenzung der Zuständigkeit des speziellen Vergabesenats nur bei oberschwelligen Vergabeverfahren nicht abzuändern und auf unterschwellige Verfahren zu erweitern.

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Gegen den ihm am 28. November 2018 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. November 2018 hat der Beklagte am 10. Dezember 2018 beim Verwaltungsgericht Beschwerde eingelegt mit der Begründung, auch bei so genannten unterschwelligen Vergaben sei der Rechtsweg zum OLG Naumburg eröffnet; einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedürfe es nicht.

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Der Beklagte beantragt,

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unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht gegeben sei.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, dass die Kostenentscheidung als belastender Verwaltungsakt vor den Verwaltungsgerichten anzugreifen sei, weil das Landesvergabegesetz keine zweite Instanz vorsehe, mit der Sachentscheidungen der Vergabekammer in materieller Hinsicht angefochten werden könnten. Die Sonderzuweisung nach § 171 Abs. 3 GWB sei nicht anwendbar, weil sie nur für oberschwellige Verfahren gelte, das LVG LSA keine Sonderzuweisung vorsehe und eine analoge Anwendung des § 171 Abs. 3 GWB nicht in Betracht komme. Die Kostenentscheidung sei keine Annexentscheidung, weil auch die Frage, ob der Beschluss überhaupt habe ergehen dürfen, nicht vor dem Vergabesenat anhängig zu machen sei. Das Landesvergaberecht sehe für Bieter eines unterschwelligen Vergabeverfahrens keinen weitergehenden Rechtsschutz als in § 19 Abs. 2 i. V. m. § 19 Abs. 4 LVG LSA geregelt vor, also gegebenenfalls die Überprüfung durch die Nachprüfungsbehörde, d.h. durch die beim Beklagten eingerichteten Vergabekammern gemäß § 19 Abs. 3 LVG LSA.

II.

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1. Die nach § 17a Abs. 4 S. 3 GVG i. V. m. den §§ 173 S. 1, 146 Abs. 1, 147 VwGO zulässige Beschwerde ist begründet. Für die Klage ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben. Es handelt sich nicht um eine der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unterliegende öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Vielmehr liegt eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit vor, für die nach § 13 GVG der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist.

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1.1 Der Rechtsstreit unterfällt nicht der Sonderzuweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit gemäß §§ 156 Abs. 2, 171 Abs. 1 und 3 GWB, denn diese Regelungen gelten gemäß § 106 Abs. 1 GWB nur für Aufträge, welche die sich aus § 106 Abs. 2 GWB ergebenden, jeweils festgelegten Schwellenwerte erreichen oder überschreiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 - 6 B 10.07 -, juris Rn. 3 zu den Vorgängerregelungen der §§ 104 Abs. 2 S. 1, [116 Abs. 1 und 3],100 Abs. 1 GWB a. F.). Dies ist für das vorliegend unstreitig im unterschwelligen Bereich liegende vergaberechtliche Verfahren nicht der Fall (Angebotssumme d. Klägerin für Bauleistungen in Höhe von …€ gemäß Bl. 4, 6 d. Beiakte A; seit 1. Januar 2016 geltender Schwellenwert bei öffentlichen Bauaufträgen gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB: ...€, vgl. Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 4. Aufl. 2018, - juris -, § 106 GWB Rn. 15 1. Spiegelstrich).

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1.2 Es ergibt sich vorliegend allerdings auch kein Anhalt für die Annahme, dass eine analoge Anwendung des § 171 Abs. 1 und 3 GWB und damit eine Beschwerdemöglichkeit gegen die Entscheidung der Vergabekammer beim Oberlandesgericht Naumburg in Betracht zu ziehen wäre. Dies würde eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des (Landesvergabe-)Gesetzes voraussetzen. Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen. Ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2018 - 5 C 14.16 -, juris Rn. 24 m. w. N.). In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben kann nicht mit der gebotenen Gewissheit festgestellt werden, dass es der Landesgesetzgeber planwidrig unterlassen hat, eine Beschwerdemöglichkeit beim Oberlandesgericht gegen Entscheidungen der Vergabekammer im unterschwelligen Bereich vorzusehen.

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Mit der Regelung des § 19 LVG LSA sollte Unternehmen erstmals auch im Unterschwellenbereich (allerdings ebenfalls erst ab Überschreiten der in § 19 Abs. 4 LVG LSA festgelegten Wertgrenze) effektiver Rechtsschutz gewährleistet und die Durchsetzung rechtlich begründeter individueller Interessen eröffnet werden. Ein solcher Primärrechtsschutz im Unterschwellenbereich war nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 -, juris Rn. 49, 74, 79 bis 81) nicht zwingend geboten, sondern oblag dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum. Mit der Bestimmung in § 19 Abs. 3 LVG LSA, wonach die Vergabekammern beim Landesverwaltungsamt Nachprüfungsbehörde sind, wurde der Regelung im EU-Oberschwellenbereich entsprochen (vgl. LT-Drs. 6/644 vom 8. Dezember 2011, S. 3 Pkt. A Abs. 3, S. 18 letzter Absatz, S. 28 zu § 19 Abs. 2 und 4). Die Gesetzesbegründung lässt hiernach erkennen, dass der Landesgesetzgeber zwar einen bis dahin (vor allem in faktischer Hinsicht mangels rechtzeitiger Information über die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung) nicht gegebenen Primärrechtsschutz für unterschwellige Vergabeverfahren schaffen wollte, jedoch nicht, dass er auch von dessen Ausgestaltung mit mehr als einer „Instanz“ bzw. von einer gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit speziell durch den Vergabesenat bei dem Oberlandesgericht (im Sinne des § 171 Abs. 3 S. 2 GWB) ausgegangen ist. Hierfür bestand auch keine Notwendigkeit, da der Klägerin - wie die Verweisung zeigt - die in der allgemeinen Rechtsordnung vorgesehenen gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen und ihr, soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, gemäß Art. 19 Abs. 4 S. 2 GG jedenfalls der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist.

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1.3 Die vorliegende Streitigkeit ist bürgerlich-rechtlicher Natur im Sinne des § 13 GVG, weil der den streitgegenständlichen Kostenentscheidungen (Kostenlast und Kostenfestsetzung) zu Grunde liegende Sachverhalt ein privatrechtlich ausgestaltetes vergaberechtliches Verfahren betrifft und die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Kostenentscheidungen nicht losgelöst von der zu Grunde liegenden Sachentscheidung beurteilt werden kann.

18

1.3.1 Wie bei einer gerichtlichen Entscheidung spiegelt die Kostentragungsentscheidung wider, wer in dem kontradiktorischen Verfahren zwischen der Klägerin und der Vergabestelle keinen Erfolg hatte. Zudem dürfen gemäß § 19 Abs. 5 S. 4 LVG LSA keine Kosten zulasten des Bieters erhoben werden, wenn die Nachprüfung ergibt, dass er zu Recht das Vergabeverfahren beanstandet hat. Die vorliegend festgesetzten Verfahrenskosten entsprechen den Gebühren und Auslagen einer Gerichtsentscheidung, wobei die Bemessung der Gebührenhöhe - neben dem in § 19 Abs. 5 S. 2 LVG LSA zum Ausdruck kommenden Kostendeckungsprinzip - zwecks Gewährleistung des Äquivalenzprinzips unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes der Nachprüfung zu erfolgen hat. Sie wirkt sich wirtschaftlich für den betroffenen Beteiligten wie eine Streitwertfestsetzung aus (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - X ZB 5/10 -, juris Rn. 23, 24 zu der vergleichbaren Kostenregelung des Verfahrens vor der Vergabekammer bei oberschwelligen Verfahren gemäß § 128 GWB a. F., jetzt: § 182 GWB).

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1.3.2 Vorliegend bestimmt sich der maßgebliche Rechtsweg aufgrund des Sachzusammenhangs der angefochtenen Kostenentscheidungen mit der eigentlichen Sachentscheidung in Ziff. 1 des angefochtenen Beschlusses, d.h. der Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Wirksamkeit des (zwischen der Klägerin und der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt als Vergabestelle möglicherweise zustande gekommenen) Vertrages und auf Rücknahme der Aufhebung der Ausschreibung. Zwingender Bestandteil dieser Sachentscheidung ist auch die Frage, ob insoweit ein unterschwelliges Nachprüfungsverfahren im Sinne des § 19 Abs. 2 LVG LSA überhaupt statthaft, d.h. die Vergabekammer zu einer Entscheidung berufen und diese damit zulässig war. Letzteres wird von der Klägerin gerade in Abrede gestellt, weil sie davon ausgeht, dass das Verfahren vor der Vergabekammer antragsabhängig sei und sie keinen Antrag gestellt habe.

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1.3.3 Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht (mit Beschluss vom 2. Mai 2007 - 6 B 10.07 -, juris Rn. 5) in Bezug auf Streitigkeiten in Vergabeverfahren, die nicht in den Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB fallen, weil sie - wie im vorliegenden Fall - Aufträge unterhalb der Schwellenwerte betreffen, festgestellt, dass grundsätzlich der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gemäß § 13 GVG eröffnet ist, weil bei der Vergabe öffentlicher Aufträge der Staat als Nachfrager am Markt tätig wird, um einen Bedarf an bestimmten Gütern und Dienstleistungen zu decken und sich in dieser Rolle als Nachfrager nicht grundsätzlich von anderen Marktteilnehmern unterscheidet. Die von der öffentlichen Hand abgeschlossenen Werk- und Dienstverträge gehörten ausschließlich dem Privatrecht an. Das Gleiche gelte für das dem Abschluss des Vertrages vorausgehende Vergabeverfahren, das der Auswahl der öffentlichen Hand zwischen mehreren Bietern diene. Mit der Aufnahme der Vertragsverhandlungen entstehe zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den Bietern ein privatrechtliches Rechtsverhältnis, welches bis zur Auftragsvergabe an einen der Bieter andauere. Die öffentliche Hand treffe in diesen Vergabeverfahren eine Entscheidung über die Abgabe einer privatrechtlichen Willenserklärung, die die Rechtsnatur des beabsichtigten bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts teile. Die Vergabe öffentlicher Aufträge sei als einheitlicher Vorgang insgesamt dem Privatrecht zuzuordnen (BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007, a. a. O., Rn. 6).

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Der Bundesgerichtshof hat sich hinsichtlich der Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem die Schwellenwerte der Vergabeverordnung unterschreitenden Volumen bei Vergabe durch privatrechtlichen Vertrag der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ausdrücklich angeschlossen (Beschluss vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11 -, juris Rn. 19, 20).

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Soweit sich die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 5. Juni 2019 zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes auf den Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 29. Oktober 2018 (- 10 ME 363/18 -, juris) beruft, betreffen die dortigen Erwägungen die Vergabe einer unterschwelligen Konzession und deren rechtliche Abgrenzung zu den vom Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 2. Mai 2007 (a. a. O) getroffenen Feststellungen in Bezug auf die Vergabe eines öffentlichen Auftrags im Sinne von §§ 103 ff. GWB in privatrechtlicher Form bzw. die vom BGH im Beschluss vom 23. Januar 2012 (a. a. O.) ebenfalls in Bezug auf die Vergabe einer Dienstleistungskonzession getroffene grundsätzliche Unterscheidung zwischen privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Rechtsform staatlichen Handelns (vgl. Rn. 19 bis 22). Vorliegend geht es im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes - mangels anderweitiger entgegenstehender Anhaltspunkte - um eine privatrechtlich ausgestaltete Vergabe eines öffentlichen Auftrages und nicht um eine Konzessionsvergabe. So hat die Klägerin in ihrer Klageschrift (Seite 4) selbst angegeben, mit Schriftsatz vom 12. Juni 2018 Klage beim Landgericht Magdeburg erhoben zu haben zwecks Klärung, ob im Rahmen des Vergabeverfahrens zwischen ihr und der Vergabestelle bzw. der „BRD“ ein wirksamer Vertrag zustande gekommen sei.

23

Besteht mithin ein Sachzusammenhang der streitigen Kostenentscheidungen mit einem durch privatrechtliche Vertragsgestaltung gekennzeichneten unterschwelligen Vergabeverfahren, teilen diese Kostenentscheidungen den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, wie er für das unterschwellige Vergabeverfahren vorgesehen ist.

24

1.3.4 Daran ändert nichts der Umstand, dass sich die anhängige Klage - unter Aufgabe der bisherigen Konstellation der Verfahrensbeteiligten - gegen die Vergabekammer selbst richtet. Die Frage der Passivlegitimation des Beklagten ist für die Rechtswegzuständigkeit ohne Belang (vgl. BayVGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 - 4 C 14.449 -, juris Rn. 15 m. w. N.). Aus ihr kann in Bezug auf den zulässigen Rechtsweg nichts Entscheidungserhebliches hergeleitet werden; sie ist regelmäßig Gegenstand der Begründetheit der Klage.

25

1.3.5 Es kommt vorliegend auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Beschluss der Vergabekammer vom 26. Juli 2018 in entsprechender Anwendung des § 168 Abs. 3 S. 1 GWB oder im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht auf Seite 3 Abs. 3, Seite 4 Abs. 1 des Beschlusses vom 14. November 2018 vorgenommene rechtliche Bewertung der Kostenlast- und Kostenfestsetzungsentscheidung als Verwaltungsakt ergeht.

26

Die Fokussierung auf die Rechtsnatur des Beschlusses der Vergabekammer und die grundsätzlich - aber eben nicht in jedem Fall (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 1976 – GSZ 2/75 -, juris Rn. 30) - zutreffende Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass die Anfechtung eines Verwaltungsaktes für die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges spricht, hilft vorliegend bei der Bestimmung des zutreffenden Rechtsweges nicht weiter, weil insoweit nur ein Teilaspekt des streitgegenständlichen Beschlusses der Vergabekammer in den Blick genommen wird, die „Besonderheit“ der Vergabekammer als Nachprüfungsbehörde sowie der - sich hier als maßgeblich erweisende - Sachzusammenhang, in dem die Kostenentscheidungen ergangen sind, nicht gebührend Berücksichtigung finden. Die ergänzenden Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 4. Juni 2019 geben aus den nachfolgenden Gründen keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung.

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So sind die besondere Besetzung und die Entscheidungsbefugnisse der Vergabekammer zu beachten. Diese entscheidet - unbeschadet der Frage, ob dies im ober- oder unterschwelligen Bereich erfolgt (vgl. § 19 Abs. 3 LVG LSA, wonach Nachprüfungsbehörde die beim Landesverwaltungsamt nach § 2 Abs. 1 der Richtlinie über die Einrichtung von Vergabekammern in Sachsen-Anhalt vom 4. März 1999 [MBl. LSA S. 441], zuletzt geändert durch die Verwaltungsvorschrift vom 8. Dezember 2003 [MBl. LSA S. 942], in der jeweils geltenden Fassung eingerichtete Vergabekammer ist [wobei sich die vorgenannte Richtlinie selbst auf oberschwellige Verfahren bezieht]) - wie ein erstinstanzlich tätig werdendes Gericht. Auch wenn die Vergabekammer kein Gericht im Sinne von Art. 92 GG ist, erlässt sie in grundsätzlich kontradiktorisch ausgetragenen Verfahren streitentscheidende Verwaltungsakte, die funktional gerichtlichen Entscheidungen entsprechen und jedenfalls für den oberschwelligen Bereich auch wie solche vor einem Rechtsmittelgericht anzufechten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – X ZB 5/10 -, juris Rn. 23, 24). Es erscheint nicht gerechtfertigt, von einer vergleichbaren funktionalen Betrachtungsweise des Charakters der Entscheidung der Vergabekammer im unterschwelligen Bereich abzusehen.

28

Die Vergabekammer kann auch nicht Verfahrensbeteiligte eines vergaberechtlichen Verfahrens sein. Das kontradiktorische Verfahren findet vorliegend zwischen der Klägerin als Bieterin und der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt als öffentliche Auftraggeberin und Vergabestelle statt. Die Vergabekammer entscheidet über deren sich widersprechende Rechtsstandpunkte - einem Gericht vergleichbar - ohne damit selbst Verfahrensbeteiligter zu sein. Bei Anfechtung eines durch eine Behörde erlassenen Verwaltungsaktes ist aber, gleich ob der Rechtsschutz durch den Adressaten des Verwaltungsaktes oder einen Dritten nachgesucht wird, stets die Behörde bzw. ihr Rechtsträger Verfahrensbeteiligter. Dies trifft auf ein vergaberechtliches Verfahren nicht zu. Ebenso wenig vermag die Anfechtung einer Gerichtsentscheidung über die Kostenlast, den Streitwert, die Gerichtsgebühren und Auslagen an der Konstellation der Verfahrensbeteiligten etwas zu ändern. Auch die Beschwerdemöglichkeit in oberschwelligen Verfahren gemäß § 171 GWB (vormals § 116 GWB a. F.), die auch isoliert gegen die Kostenlast- und Kostenfestsetzungsentscheidung für statthaft erachtet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - X ZB 5/10 -, juris Rn. 9), ändert nichts an der Konstellation der Verfahrensbeteiligten (vgl. § 174 GWB, § 119 GWB a. F.). Danach sind an dem Verfahren vor dem Beschwerdegericht die an dem Verfahren vor der Vergabekammer Beteiligten (§ 162 GWB, § 109 GWB a. F.) beteiligt, also der Antragsteller, sprich Bieter im Sinne des § 160 Abs. 2 S. 1 GWB (§ 107 Abs. 2 S. 1 GWB a. F.), der Auftraggeber, sprich die Vergabestelle sowie Unternehmen, deren Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden und die deswegen von der Vergabekammer beigeladen worden sind.

29

2. Nach alldem ist der Rechtsstreit - auch ohne expliziten Verweisungsantrag eines Verfahrensbeteiligten - von Amts wegen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., Anh. § 41 Rn. 31) an das im Zivilrechtsweg sachlich und örtlich zuständige Landgericht Magdeburg zu verweisen (§§ 17a Abs. 2 S. 1, 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG i. V. m. §§ 18, 29 ZPO). Die Verfahrensbeteiligten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sind hierzu angehört worden.

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2.1 Dabei geht der Senat davon aus, dass für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit auf die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstandes der Vergabeprüfung abzustellen ist. Zum einen hat die Klägerin den Beschluss der Vergabekammer in Gänze angefochten (vgl. Klageantrag in d. Klageschrift v. 20. August 2018 unter Berücksichtigung des Klagevorbringens, das sich nicht nur auf die festgesetzten Verfahrenskosten, sondern auch auf die Rechtswidrigkeit der Sach- und Kostenlastentscheidung bezieht); außerdem ist eine Rechtmäßigkeitsprüfung der Kostenentscheidungen, insbesondere hinsichtlich der Kostenlast, nur im Zusammenhang mit der Sachentscheidung möglich. Hiervon ausgehend beträgt die Wertungssumme des Angebots für Bauleistungen …€ Selbst, wenn in entsprechender Anwendung von § 50 Abs. 2 GKG das wirtschaftliche Interesse pauschal mit 5 % der Bruttoauftragssumme anzusetzen wäre, läge der Streitwert mit …€ über der Wertgrenze für das Amtsgericht von … € (§ 23 Nr. 1 GVG) und würde deshalb die Zuständigkeit des Landgerichtes begründen (§ 71 Abs. 1 GVG).

31

Eine sachliche Zuständigkeit nach § 71 Abs. 3 GVG i. V. m. § 6 AGGVG LSA - wie die Klägerin hilfsweise in ihrem Schriftsatz vom 4. Juni 2019 ausführt - hält der Senat angesichts des von ihm als maßgeblich erachteten kontradiktorischen Vergabeverhältnisses nicht für einschlägig. Die vorgenannte ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte knüpft u. a. an (dem Zivilrechtsweg unterfallende) Ansprüche gegen den Staat wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden an, wobei der geltend gemachte Anspruch unmittelbar aus der behördlichen Verfügung resultieren muss (vgl. BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, Stand 1. Januar 2018, § 6 AGGVG LSA, Rn. 3, 4, 5). Dies ist hier nicht der Fall. Mit der Anfechtung der streitgegenständlichen Entscheidung der Vergabekammer 26. Juli 2018 wird kein zivilrechtlicher Anspruch gegen die Vergabekammer geltend gemacht. Im Übrigen stellen die Kostenlast- und Kostenfestsetzungsentscheidung nur Nebenentscheidungen zu der Sachentscheidung im angefochtenen Beschluss dar, die das Rechtsverhältnis der Klägerin zu der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt betrifft.

32

2.2 In örtlicher Hinsicht ist ebenfalls das bisherige kontradiktorische Rechtsverhältnis mit seinen Beteiligten, d.h. vorliegend die Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt als Vergabestelle in den Blick zu nehmen. Ob vorliegend neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Fiskus für die privatrechtlich handelnde staatliche Vergabestelle gemäß § 18 ZPO (Sonderregelung zu § 17 ZPO, vgl. Zöller, ZPO 32. Aufl., § 17 ZPO Rn. 2, 3; Münchner Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 17 ZPO Rn. 3; BeckOK ZPO, Stand 1. März 2019, § 17 ZPO Rn. 6) auch der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO gegeben wäre und der Klägerin ein Wahlrecht gemäß § 35 ZPO zukommt, kann auf sich beruhen, weil sowohl der Sitz der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt in Magdeburg (vgl. Teil 1 Kap. 4 Abschn. 2 Abs. 2 Nr. 36 d. Erl d. MP, Beschl. d. LReg., Gem. RdErl. d. StK und der Ministerien vom 9. April 2013 - 5002-202.4, MBl. LSA S. 204, zuletzt geändert durch RdErl. d. MJ vom 27.Februar 2017 - 5002-202.4, MBl. LSA S. 146 i. V. m. Ziff. 1.3 d. RdErl. d. MLV vom 20. März 2012 - 11-01622, MBl. LSA S. 142) wie auch der Erfüllungsort in 39439 Güsten als Ort der Bauausführung (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 4. Januar 2001 - 1 AR 54/00 -, juris Rn. 7 zum Erfüllungsort bei gegenseitigen Vertragspflichten im Zusammenhang mit einem Bauwerk; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - VII ZR 404/99 -, juris Rn. 29) in den Zuständigkeitsbereich des Landgerichtes Magdeburg fallen.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. § 17b Abs. 2 GVG ist nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur die Kosten in Verfahren vor dem „angegangenen“, also dem erstinstanzlichen Gericht erfasst und keine Regelung zu den Kosten des zwischengeschalteten Beschwerdeverfahrens trifft (vgl. BayVGH, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - 4 C 15.2471 -, juris Rn. 9 m. w. N; BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 1 B 1.10 -, juris Rn. 13). Da das Rechtswegbeschwerdeverfahren erfolgreich war, ist es gerichtsgebührenfrei (vgl. Nr. 5502 Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG); Auslagen werden für diesen Fall nicht erhoben (vgl. Vorbemerkung 9 Abs. 1 1. HS zu Nr. 9000 Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

34

4. Die Festsetzung eines Streitwertes scheidet ebenfalls wegen der Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens aus.

35

5. Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 17a Abs. 4 S. 5 GVG nicht vorliegen.

36

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 4 S. 4 GVG).


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