Urteil vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (4. Senat) - 4 L 88/16

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung der Ungültigkeit der Wiederholungswahl des Stadtrates der Hansestadt C. vom 21. Juni 2015. Er macht geltend, dass durch Zulassung des Wahlvorschlags der Partei FDP in mandatsrelevanter Weise gegen Wahlrechtsgrundsätze verstoßen worden sei.

2

Am 21. Juni 2015 fand die Wiederholung der Stadtratswahl der Hansestadt C. statt. Das endgültige Wahlergebnis wurde am 8. Juli 2015 im Amtsblatt für den Landkreis A-Stadt bekannt gemacht (Amtsblatt Nr. 18, S. 101-103). Danach entfielen auf die CDU 11.223 Stimmen, DIE LINKE 8.191 Stimmen, die SPD 6.327 Stimmen, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 688 Stimmen, die FDP 983 Stimmen, die Piratenpartei 573 Stimmen, die AfD 612 Stimmen, den Einzelwahlvorschlag AA. 1.033 Stimmen, den Einzelwahlvorschlag S. 432 Stimmen und den Einzelwahlvorschlag AK. 775 Stimmen. Dies ergab folgende Sitzverteilung: CDU 14, DIE LINKE 11, SPD 8, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1, FDP 1, Piratenpartei 1, AfD 1, Einzelwahlvorschlag AA. 1, Einzelwahlvorschlag S. 1, Einzelwahlvorschlag AK. 1 Sitz(e).

3

Der der Partei FDP zustehende Sitz entfiel auf den Beigeladenen zu 6. Der Wahlvorschlag der Partei FDP beruhte auf einer innerparteilichen Wahl der Kandidaten, die am 9. April 2015 im Rahmen einer Mitgliederversammlung im „Jägerzimmer“ des „Hotels (...)“ in A-Stadt stattfand und an der 13 Personen teilnahmen. In dem ca. 34 m2 großen Raum befanden sich mehrere Tische mit Stühlen sowie zwei Bänke. Die Teilnehmer trugen sich bei ihrer Ankunft in eine Anwesenheitsliste ein. Die Wahl der einzelnen Bewerber erfolgte in der Weise, dass die Versammlungsleiterin, Frau AR., für die einzelnen Plätze der Wahlliste jeweils eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorschlug - Gegenkandidaten für einzelne Listenplätze gab es nicht - und die Teilnehmer hierüber handschriftlich auf einem unbedruckten Wahlzettel unter Nennung des Namens des Bewerbers sowie der Angabe „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ abstimmten. Dabei waren die Teilnehmer um einen großen Tisch in der Mitte des Raumes versammelt; eine Wahlkabine war nicht vorhanden. Unmittelbar nach der jeweiligen Abstimmung wurden die Stimmzettel in einer Wahlurne gesammelt und von der Stimmkommission ausgezählt. Das Ergebnis der jeweiligen Auszählung wurde sogleich bekanntgegeben. Die Versammlungsteilnehmer wählten 18 Bewerber. Die Versammlungsleiterin verwahrte die Stimmzettel in einem verklebten Briefumschlag und entsorgte sie später.

4

Am 21. April 2015 reichte die FDP einen Wahlvorschlag mit 19 Bewerbern beim Stadtwahlleiter ein. Dem Wahlvorschlag waren zwei eidesstattliche Versicherungen beigefügt. Nach Ablauf der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge am 27. April 2015 gingen mehrere Anzeigen beim Wahlleiter ein, die auf die Fehlerhaftigkeit des Wahlvorschlags der FDP hinwiesen. Am 4. Mai 2015 und am 5. Mai 2015 gaben Frau AR. und Herr AQ. - ein weiterer Teilnehmer der Wahlversammlung - neue eidesstattliche Versicherungen ab, in denen sie erklärten, dass bei der Mitgliederversammlung der Bewerber Nr. 18 (Herr W.) nicht gewählt worden sei. Die Bewerberin Nr. 19 (Frau F.) sei auf Platz 18 des Wahlvorschlags gewählt worden. Am 5. Mai 2015 entschied der Stadtwahlausschuss, den Wahlvorschlag der FDP mit den Bewerbern Nr. 1 bis 17 zur Stadtratswahl am 21. Juni 2015 zuzulassen; die Bewerber Nr. 18 und 19 wurden nicht zur Wahl zugelassen.

5

Gegen die Gültigkeit der Wiederholungswahl am 21. Juni 2015 erhob der Kläger am 10. Juli 2015 Einspruch. Zur Begründung machte er geltend, die Kandidatenaufstellung der FDP habe gegen den Grundsatz der Geheimheit der Wahl verstoßen. Die Anwesenheitslisten sowie die Stimmzettel seien handschriftlich ausgefüllt worden, wodurch das Wahlverhalten der Versammlungsteilnehmer erkennbar gewesen sei. Mangels Wahlkabinen hätten die Teilnehmer das Stimmverhalten ihrer jeweiligen Sitznachbarn erkennen können. Der Wahlvorschlag der FDP sei aufgrund der nachträglichen Ergänzung um den nicht gewählten Bewerber Nr. 18 ungültig und hätte insgesamt zurückgewiesen werden müssen. Der in den Stadtrat gewählte Beigeladene zu 6 habe seinen Lebensmittelpunkt nicht in A-Stadt und sei daher weder aktiv noch passiv wahlberechtigt gewesen.

6

Am 31. August 2015 beschloss der Beklagte, dass der Wahleinspruch des Klägers unbegründet sei und erklärte das Ergebnis der Wiederholungswahl vom 21. Juni 2015 für gültig. Mit Bescheid vom 1. September 2015 teilte der Oberbürgermeister der Hansestadt C. dem Kläger die Entscheidung des Beklagten mit und führte zur Begründung aus: Der Wahlausschuss habe zu Recht den Wahlvorschlag der FDP mit den Bewerbern 1 bis 17 zugelassen. Fehler im Aufstellungsverfahren habe es lediglich bei den Bewerbern der Listenplätze 18 und 19 gegeben, die daher nicht zur Wahl zugelassen worden seien. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Wahlausschusses hätten zwei berichtigte Versicherungen an Eides statt vorgelegen, die auch nach dem Ablauf der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen noch hätten berücksichtigt werden dürfen. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Geheimheit der Wahl liege nicht vor. Soweit der Kläger das handschriftliche Ausfüllen der Anwesenheitsliste und der Wahlzettel rüge, sei zu berücksichtigen, dass Anwesenheitslisten in der Regel in Druckschrift, mit einer Unterschrift oder einem Kürzel ausgefüllt würden. Diese Unterschriften oder Kürzel unterschieden sich in der Regel vom normalen Schriftbild, sodass daraus noch nicht abgeleitet werden könne, dass das Abstimmungsverhalten anhand des Schriftbildes nachvollziehbar sei. Die Vertrauensperson der FDP habe glaubhaft mitgeteilt, dass die Abstimmung verdeckt erfolgt sei. Angesichts des relativ kleinen Teilnehmerkreises von 13 Personen sei die Benutzung von Wahlkabinen nicht erforderlich gewesen, weil zwischen den um den Tisch sitzenden Teilnehmern ausreichend Abstand bestanden habe. Aufgrund des Einsammelns und Aufbewahrens der Stimmzettel durch die Versammlungsleiterin sei das Abstimmungsverhalten auch nachträglich nicht rekonstruierbar gewesen. Der zum Mitglied des Stadtrates gewählte Beigeladene zu 6 habe gegenüber dem Stadtwahlleiter glaubhaft dargelegt, dass er seinen Lebensmittelpunkt in A-Stadt habe.

7

Hiergegen hat der Kläger am 23. September 2015 Klage erhoben.

8

Zur Begründung hat er sein Einspruchsvorbringen vertieft und ergänzend ausgeführt: Es sei davon auszugehen, dass die Teilnehmer der Wahlversammlung sehr dicht beieinandergesessen hätten und mit großer Wahrscheinlichkeit hätten sehen können, was der Sitznachbar angekreuzt habe. Aufgrund des sozialen Drucks habe kein Teilnehmer den Raum verlassen, um verdeckt zu wählen. Auch sei durch die Versammlungsleiterin der Eindruck erweckt worden, dass Nein-Stimmen bei der Abstimmung nicht erwünscht seien. Sie habe eine Gegenstimme zu dem Bewerber Nr. 8 mit den Worten kommentiert habe, da habe sich wohl einer vertan. Der Beigeladene zu 6 habe lediglich eine Meldeadresse im Haus seiner Eltern in A-Stadt, tatsächlich lebe er in B-Stadt mit seiner Ehefrau (damals Verlobten) in einer gemeinsamen Wohnung. Auch sei sein Arbeitsort B-Stadt. Der Stadtwahlleiter Herr (K.) habe durch seine Einlassungen zum Wahlvorschlag der Partei FDP und zu dessen rechtlicher Bewertung auf der Sitzung des Stadtwahlausschusses am 5. Mai 2015 sowie auf der Stadtratssitzung am 31. August 2015 seine Neutralitätspflicht verletzt.

9

Der Kläger hat beantragt,

10

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 1. September 2015 sowie in Abänderung seines Beschlusses vom 31. August 2015 zu verpflichten, festzustellen, dass die Einwendungen des Klägers gegen die Wiederholungswahl der Stadtratswahl der Stadt A. sämtlich oder zum Teil begründet sind und die den begründeten Einwänden zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er hat seine Entscheidung vom 31. August 2015 verteidigt.

14

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 1. September 2015 verpflichtet festzustellen, dass die Einwendungen des Klägers gegen die Wiederholungswahl der Stadtratswahl der Hansestadt C. am 21. Juni 2015 zum Teil begründet sind und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Ergebnis zustande gekommen wäre. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die Wahl der Bewerber der FDP für die Wiederholung der Stadtratswahl habe gegen das Gebot der geheimen Abstimmung (§ 24 Abs. 1 Satz 1 KWG LSA) verstoßen. Die Sicherung des Geheimhaltungsgebotes fordere von den Parteien und Wählergruppen eine technische Gestaltung des Abstimmungsvorganges, die es unmöglich mache, die Entscheidung eines Abstimmenden zu erkennen oder zu rekonstruieren. Der Abstimmende müsse sich bei objektiver Betrachtung der Umstände unbeobachtet fühlen können, wobei die Anforderungen nicht zu überspannen seien. Maßgeblich seien die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die örtlichen Verhältnisse während der Abstimmung sowie das Abstimmungsverfahren. Zwar ergebe sich allein aus der Verwendung leerer, nicht vorgefertigter Stimmzettel kein Verstoß gegen den Grundsatz der geheimen Abstimmung. Dessen Anforderungen werde der Abstimmungsvorgang der FDP am 9. April 2015 jedoch nicht gerecht. Die Teilnehmer hätten bei der Abstimmung nebeneinander um einen Tisch gesessen, ohne dass hinreichende Vorkehrungen zur Abschirmung des individuellen Abstimmungsverhaltens getroffen worden wären. Aufgrund der räumlichen Verhältnisse sei es nicht auszuschließen, dass die Teilnehmer das Abstimmungsverhalten ihres Sitznachbarn oder des gegenübersitzenden Teilnehmers hätten wahrnehmen können. Zwischen den einzelnen Sitzplätzen sei kein Stuhl frei gewesen und auch die Entfernung zum gegenübersitzenden Teilnehmer sei nicht so groß gewesen, dass eine Einsicht in dessen Entscheidung unmöglich gewesen wäre. Auch wenn eine Abschirmung mittels Hand möglich gewesen sein mag, sei dies nur in eine Richtung möglich, so dass von anderer, nicht verdeckter Seite weiterhin die Möglichkeit der Einsichtnahme bestanden habe. Darüber hinaus hätten die Teilnehmer nach der Zeugenaussage der Versammlungsleiterin Frau AR. keine Veranlassung gehabt, aus der Abstimmung ein Geheimnis zu machen. Auch dies spreche dafür, dass sie den Schutz ihrer Abstimmung nicht hinreichend bedacht und somit entsprechende Abschirmungsmaßnahmen nicht getroffen hätten. Die fehlerhafte Abstimmung über die Vorschlagsliste der FDP führe zur Ungültigkeit der Wiederholungswahl, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung der Abstimmung ein anderes Ergebnis bei der Wiederholungswahl zustande gekommen wäre. Ob weitere Wahlfehler vorlägen, bedürfe keiner Entscheidung, weil bereits der festgestellte Verstoß gegen die Geheimheit der Wahl deren Ungültigkeit begründe.

15

Mit Beschluss vom 16. August 2016 hat der Senat die Berufung des Beklagten zugelassen.

16

Zu deren Begründung trägt der Beklagte vor: Die Stimmzettel seien auf der Mitgliederversammlung der FDP verdeckt ausgefüllt worden. Kein Teilnehmer habe vom Stimmverhalten eines anderen Teilnehmers Kenntnis erlangt. Die Teilnehmer hätten in einem etwa 34 m2 großen Raum in lockerer Runde um Tische herum gesessen. Pro Wahlgang habe jeweils ein Kandidat bzw. eine Kandidatin zur Abstimmung gestanden. In den meisten Fällen sei die Wahl einhellig ausgefallen; lediglich in wenigen Fällen habe es eine Enthaltung bzw. eine „Nein“-Stimme gegeben. Eine Kampfabstimmung habe nicht stattgefunden. Die Korrektur des zunächst eingereichten unrichtigen Wahlvorschlags der FDP sowie der unrichtigen eidesstattlichen Versicherungen sei noch vor der Entscheidung des Wahlausschusses über die Zulassung der Wahlvorschläge und damit rechtzeitig erfolgt. Der Beigeladene zu 6 sei zum Wahltag seit mindestens 3 Monaten mit alleiniger Wohnung in der Hansestadt C. gemeldet gewesen. Berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Meldung seien nicht erkennbar. Der Beigeladene zu 6 habe seinen Lebensmittelpunkt in der Hansestadt C.. Er halte sich hier regelmäßig auf, sei hier zur Schule gegangen und habe hier seinen Freundeskreis. Zum Zeitpunkt der Wahl sei der Beigeladene zu 6 noch nicht verheiratet gewesen. Die beruflichen Tätigkeiten des Beigeladenen zu 6 in B-Stadt und P-Stadt sprächen nicht gegen einen Wohnsitz in A-Stadt. Die Arbeitsverhältnisse seien befristet gewesen und der Beigeladene zu 6 habe Dienstreisen im gesamten Bundesgebiet unternommen. Zu Rechtsverstößen des Stadtwahlleiters, die dessen Befangenheit begründen könnten, sei es nicht gekommen.

17

Der Beklagte beantragt,

18

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - vom 20. April 2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Er trägt vor, die Zeugin Frau AR. habe nicht bekundet, dass das Ausfüllen der Stimmzettel verdeckt erfolgt sei. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Auch habe sie nicht bekundet, dass die Zettel immer gefaltet worden seien. Es wäre auffällig gewesen, wenn ein Wähler einen anderen Bereich des Raumes aufgesucht hätte, um sein Abstimmungsvotum zu notieren. Aufgrund des zunächst eingereichten unrichtigen Wahlvorschlags und der unrichtigen eidesstattlichen Versicherungen von Frau AR. und Herrn AQ. hätten deren eidesstattliche Versicherungen vom 4. bzw. 5. Mai 2015 nicht zur Grundlage der Entscheidung des Wahlvorstandes gemacht werden können. Ihren widersprüchlichen Erklärungen sei kein Beweiswert beizumessen. Der Mangel einer falschen eidesstattlichen Versicherung sei nicht zu beheben. Auch die Einreichung einer unzutreffenden Niederschrift könne nicht beliebig im Nachhinein korrigiert werden, sondern stelle einen unheilbaren Mangel im Wahlverfahren dar, der zur Zurückweisung der gesamten Liste hätte führen müssen. Der Hauptwohnsitz des Beigeladenen zu 6 sei nicht in der Hansestadt C. gewesen; die entsprechende Melderegisterauskunft sei unrichtig. Bei mehreren genutzten Wohnungen bestimme sich der Hauptwohnsitz nach dem Schwerpunkt der Lebensbeziehungen. Der Beigeladene zu 6 habe in der Zeit vor der Wahl bei seiner damaligen Verlobten - heutigen Ehefrau - in B-Stadt gewohnt und in B-Stadt bzw. in P-Stadt gearbeitet. Er habe die Voraussetzungen für die Wählbarkeit zum Mitglied des Stadtrates der Hansestadt C. daher nicht erfüllt.

22

Mit Beschluss vom 14. Juni 2017 hat der Senat die am 21. Juni 2015 gewählten Mitglieder des Beklagten beigeladen. Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

24

Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen zu 1 bis 5 und 7 bis 40 in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Beigeladenen rechtzeitig und unter Hinweis auf § 102 Abs. 2 VwGO geladen worden sind.

25

Die Berufung ist zulässig und auch begründet.

I.

26

Die Klage ist als verwaltungsgerichtliche Wahlprüfungsklage nach § 53 Abs. 2 Satz 1 Kommunalwahlgesetz für das Land Sachsen-Anhalt (KWG LSA) zulässig. Sie ist mit dem kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft. Die gerichtliche Anfechtung von Kommunalwahlen erfolgt nicht in einem Klageverfahren eigener Art, sondern ist auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet, nämlich auf eine verbindliche Feststellung der (Un-)Gültigkeit der Wahl. Dies setzt die Aufhebung der die (Un-)Gültigkeit der Wahl feststellenden Wahlprüfungsentscheidung voraus (vgl. OVG LSA, Urteil vom 20. November 1996 - 2 L 375/95 -, juris, Rn. 15; Urteil vom 16. Oktober 2003 - 2 L 291/00 -, juris, Rn. 31; Beschluss vom 14. Juni 2005 - 4 L 125/05 -, juris, Rn. 5). Richtiger Klagegegner ist gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 53 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA die Vertretung (vgl. OVG LSA, Urteil vom 20. November 1996 – 2 L 375/95 -, juris, Rn. 16; Urteil vom 6. März 2007 - 4 L 138/05 -, juris, Rn. 28). Aufgrund seiner Einspruchsberechtigung gemäß § 50 Abs. 1 KWG LSA ist der Kläger auch klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt - vor.

II.

27

Die Wahlprüfungsklage ist jedoch unbegründet.

28

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 Buchst. b KWG LSA auf die Feststellung, dass seine Einwendungen gegen die Wiederholungswahl des Stadtrates der Hansestadt C. vom 21. Juni 2015 sämtlich oder zum Teil begründet sind, die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre, und dass die Wahl deshalb ganz oder teilweise ungültig ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

29

1. Gemäß § 50 Abs. 1 KWG LSA kann die Gültigkeit der Wahl mit der Begründung angefochten werden, dass die Wahl nicht den Wahlrechtsvorschriften entsprechend vorbereitet oder durchgeführt worden ist oder in anderer unzulässiger Weise in ihrem Ergebnis beeinflusst worden ist. Wahlfehler können nicht nur von den amtlichen Wahlorganen (§ 8a Abs. 1 KWG LSA) begangen werden, sondern auch von Dritten, soweit sie unter Bindung an wahlgesetzliche Anforderungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der Organisation einer Wahl erfüllen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1993 - 2 BvC 2/91 -, BVerfGE 89, 243 <251>; BayVerfGH, Entscheidung vom 8. Dezember 2009 - Vf. 47-III-09 -, NVwZ-RR 2010, S. 213 <213>; SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 - Lv 4/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 169 <172>).

30

a) Die Aufgabe, im Rahmen der Wahlvorbereitung Wahlvorschläge für die Wahlen zu den Vertretungen einzureichen, hat das Kommunalwahlgesetz den Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerbern zugewiesen (§ 3 Abs. 2, § 21 Abs. 1 KWG LSA). Amtliche Wahlorgane werden gemäß §§ 27, 28 KWG LSA nur im Rahmen der Zulassung der Wahlvorschläge tätig. Die Aufstellung von Bewerbern durch die Parteien und Wählergruppen ist damit ein wesentlicher Bereich der Wahlvorbereitung. Hierdurch wird eine notwendige Voraussetzung für die Wahl selbst geschaffen und das aktive und passive Wahlrecht unmittelbar berührt. Die Kandidatenaufstellung bildet die Nahtstelle zwischen den von den Parteien und Wählergruppen weitgehend autonom zu gestaltenden Angelegenheiten ihrer inneren Ordnung und dem auf die Bürger bezogenen Wahlrecht (vgl. BVerfGE 89, 243 <251 f.>, zur Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl; für die Kandidatenaufstellung zur Landtagswahl ebenso BayVerfGH, Entscheidung vom 8. Dezember 2009 - Vf. 47-III-09 -, NVwZ-RR 2010, S. 213 <213>; SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 - Lv 4/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 169 <172 f.>). Dementsprechend sind die Parteien bei der Auswahl ihrer Kandidaten nicht nur den Anforderungen unterworfen, die sie sich kraft ihrer Autonomie und im Rahmen ihrer - an demokratische Grundsätze gebundenen - inneren Ordnung selbst gesetzt haben. Wahlrechtlich unterliegen sie auch Bindungen, die der Gesetzgeber zur Sicherung eines freien Wahlvorschlagsrechts der Stimmberechtigten normiert hat und für deren Einhaltung er eine Kontrolle vorsieht.

31

b) An das Verfahren der parteiinternen Kandidatenaufstellung können freilich nicht jene Maßstäbe angelegt werden, die von Verfassungs wegen an den staatlichen Wahlakt zu stellen sind. Zwar handelt es sich bei der Aufstellung der Kandidaten um eine unverzichtbare Voraussetzung für einen demokratischen Wahlvorgang. Sie ist aber von der eigentlichen staatlichen Wahl zu unterscheiden. An der Kandidatenaufstellung selbst sind noch keine amtlichen Wahlorgane i. S. d. § 8a KWG LSA beteiligt. Die innerparteiliche Kandidatenaufstellung dient vielmehr lediglich der Vorbereitung der Wahl der Vertretungen und ist zugleich ein Akt der innerparteilichen Autonomie, die es zu wahren gilt (vgl. BVerfGE 89, 243, 253). Den Parteien muss daher bei der Gestaltung des Aufstellungsverfahrens ein eigenverantwortlich auszufüllender Freiraum verbleiben, da sie nur so vor unverhältnismäßiger staatlicher Einflussnahme auf den Ablauf innerparteilicher Willensbildungsprozesse bewahrt werden können. Dies schließt ein, dass die für das staatliche Wahlverfahren maßgeblichen Gebote nur in ihrem Kerngehalt auf das Verfahren zur Bestimmung der Wahlbewerber einwirken (vgl. Morlok, NVwZ 2012, S. 913 <914>). Solange diese elementaren Standards nicht unterschritten werden, gebührt der verfassungsrechtlich gewährleisteten Parteienautonomie selbst dann der Vorrang vor konkurrierenden verfassungsrechtlichen Prinzipien des staatlichen Wahlverfahrens, wenn - wie bei der Bestimmung der Bewerber auf Wahlvorschlägen - der Übergangsbereich vom rein innerparteilichen in den staatlichen Bereich betroffen ist (vgl. SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 - Lv 4/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 169 <173>).

32

Die Parteien müssen bei der Wahl ihrer Kandidaten daher nicht alle organisatorischen Maßnahmen ergreifen, die in den Wahlordnungen für staatliche Wahlakte geregelt und zu beachten sind. Nicht jeder Wahlrechtsverstoß bei innerparteilichen Wahlen ist erheblich. Da die einmal durch Wahl hervorgebrachten Volksvertretungen wegen der diesen zukommenden Funktionen größtmöglichen Bestandschutz verlangen, ist es geboten, die Erheblichkeit von Wahlfehlern, die Dritte verwirklichen können, eng und strikt zu begrenzen (vgl. BVerfGE 89, 243 <253>). Ein in diesem Sinne erheblicher Wahlfehler ist grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn die Parteien rechtlich mögliche und ihnen zumutbare organisatorische Maßnahmen unterlassen haben, um Wahlrechtsverstöße zu verhindern (vgl. BVerfGE 89, 243 <257>). Verstößt das parteiinterne Wahlbewerberauswahlverfahren in einer in diesem Sinne erheblichen Weise gegen demokratische Mindestregeln, macht allein dieser Verstoß die Zulassungsentscheidung fehlerhaft (vgl. BVerfGE 89, 243 <253 f.>).

33

2. Daran gemessen verstieß die Kandidatenaufstellung der Partei FDP am 9. April 2015 nicht gegen den Grundsatz der Geheimheit der Wahl gemäß § 17 Parteiengesetz (PartG), § 24 Abs. 1 Satz 1 KWG LSA.

34

a) Zu den Kernregelungen des demokratischen Wahlrechts und der innerparteilichen Demokratie zählt der Grundsatz der Geheimheit der Wahl. § 17 PartG schreibt den Parteien bei der Aufstellung von Bewerbern für Wahlen zu Volksvertretungen geheime Abstimmungen vor und überträgt die weitere Regelung an erster Stelle den Wahlgesetzen (vgl. BVerfGE 89, 243 <251 f.>). § 24 Abs. 1 Satz 1 KWG LSA bestimmt, dass die Bewerber auf Wahlvorschlägen von Parteien und ihre Reihenfolge von den im Zeitpunkt ihres Zusammentreffens wahlberechtigten Mitgliedern der Partei in geheimer Abstimmung bestimmt werden müssen. Durch das gesetzlich festgelegte Erfordernis der geheimen Abstimmung bei der Kandidatenaufstellung soll das freie Wahlvorschlagsrecht der Wahlberechtigten gewährleistet werden (vgl. BVerfGE 89, 243 <251 f.>). Auf die geheime Abstimmung kann nicht von Seiten der Partei verzichtet werden (vgl. SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 - Lv 4/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 169 <175>; Hahlen, in: AH., BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 21 Rn. 27). Eine Verletzung der Vorschriften über die Kandidatenaufstellung ist in allen Phasen des Wahlverfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2 KWG LSA). Sie ist auch Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens.

35

b) Eine Wahl ist geheim i. S. d. § 17 Satz 1 PartG, § 24 Abs. 1 Satz 1 KWG LSA, wenn der Wähler abstimmen kann, ohne dass andere Personen von der von ihm getroffenen Wahl Kenntnis erlangen. Dies erfordert eine schriftliche Abstimmung mit Stimmzetteln, die verdeckt gekennzeichnet und ohne Einsichtnahme anderer abgegeben werden können. Die für staatliche Wahlen zur Sicherung des Wahlgeheimnisses vorgeschriebenen besonderen Schutzvorrichtungen wie Wahlkabinen und Wahlurnen (vgl. § 34 KWG LSA, §§ 41, 42 Kommunalwahlordnung für das Land Sachsen-Anhalt – KWO LSA) sind nicht notwendig (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 8. Dezember 2009 - Vf. 47-III-09 -, NVwZ-RR 2010, S. 213 <213 f.>; SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 - Lv 4/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 169 <175>; Hahlen, in: AH., BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 21 Rn. 27). Damit kommt es lediglich auf die tatsächliche Möglichkeit einer Stimmabgabe an, die von anderen nicht eingesehen werden kann (vgl. Morlok, NVwZ 2012, S. 913 <915>). Die Differenzierung zwischen der innerparteilichen Aufstellung der Kandidaten und der Wahl der Bewerber trägt der Autonomie der Parteien und dem jeweiligen Charakter der Abstimmungen und deren Verhältnis zueinander Rechnung. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 8. Dezember 2009 - Vf. 47-III-09 -, NVwZ-RR 2010, S. 213 <213 f.>).

36

c) Diesen Anforderungen wurde bei der Kandidatenaufstellung durch die Partei FDP Genüge getan. Die Abstimmung erfolgte schriftlich auf dafür vorgesehenen Stimmzetteln. Soweit der Kläger geltend macht, die Teilnehmer hätten so nahe beieinander gesessen, dass eine Einsichtnahme in das Stimmverhalten des Sitznachbarn oder des gegenübersitzenden Teilnehmers möglich gewesen sei, so handelt es sich um eine nicht näher spezifizierte Behauptung, aus der nicht geschlossen werden kann, dass eine verdeckte Kennzeichnung der Stimmzettel beispielsweise durch eine entsprechende Körperhaltung bzw. durch das Abdecken des Geschriebenen mit der Hand oder mit einem Blatt Papier unmöglich gewesen wäre. Die bloße Möglichkeit, dass ein Teilnehmer Einblick in das Abstimmungsverhalten seines Sitznachbarn genommen haben könnte, genügt für einen Geheimheitsverstoß nicht. Es ist im Übrigen auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass es tatsächlich zu Einsichtnahmen gekommen ist. Überdies befanden sich im „Jägerzimmer“ des „Hotels (...)“, in dem die Wahl stattfand, unstreitig noch weitere Tische und Bänke, so dass die Teilnehmer die Möglichkeit hatten, ihre Stimme jedenfalls dort unbeobachtet abzugeben. Die Geheimheit der Wahl war damit gesichert (vgl. SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 - Lv 4/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 169 <175>). Soweit der Kläger geltend macht, der soziale Druck habe die Teilnehmer abgehalten, sich an einen der weiteren Tische oder an eine einzeln stehende Bank zu setzen, so gibt es hierfür keinerlei Anhaltspunkte.

37

d) Die Geheimheit der Wahl wurde auch nicht durch das handschriftliche Ausfüllen der Stimmzettel verletzt. Insoweit zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass bei der Bestimmung der Wahlbewerber besondere gesetzliche Vorgaben für die Gestaltung und das Ausfüllen der Stimmzettel im Gegensatz zur staatlichen Wahl (vgl. § 29 KWG LSA; § 46 Abs. 2 u. 3 KWO LSA) nicht bestehen. Soweit der Kläger geltend macht, durch einen Schriftvergleich mit dem Teilnehmerverzeichnis lasse sich auf Abstimmungsverhalten schließen, ist schon nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass ein derartiger Schriftvergleich hier durchgeführt wurde. Darüber hinaus lässt sich eine solche Rückschlussmöglichkeit auch bei handschriftlich auszufüllenden Stimmzetteln umgehen, indem der Teilnehmer seine Handschrift verstellt oder in Druckbuchstaben schreibt (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 10. Juli 1978 - 7 A 75/78 -, DÖV 1980, S. 61 <61>). Dies war hier auch ohne weiteres möglich, da auf den Stimmzetteln jeweils nur „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ anzugeben war. Dahinstehen kann, ob die Teilnehmer ihre Stimmzettel gefaltet haben, denn auch dies ist für die Bestimmung der Wahlbewerber - im Gegensatz zum staatlichen Wahlakt (vgl. § 46 Abs. 3 KWO LSA) - nicht vorgeschrieben.

38

3. Auch ein Verstoß gegen die Freiheit der Wahl liegt nicht vor.

39

a) § 24 Abs. 1 Satz 1 KWG LSA fordert in Anknüpfung an § 17 PartG ausdrücklich nur eine geheime Abstimmung. Aus dem Zweck der Bestimmung der Wahlbewerber, die personale Grundlage einer demokratischen Wahl zu schaffen, ergibt sich jedoch, dass § 24 Abs. 1 Satz 1 KWG LSA nicht allein die geheime Abstimmung verlangt, sondern darüber hinaus die Einhaltung eines Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann (vgl. BVerfGE 89, 243 <252 f.>). Die Grundsätze der Allgemeinheit, Gleichheit und Freiheit der Wahl beziehen sich deshalb auch auf das Wahlvorschlagsrecht (vgl. BVerfGE 89, 243 <251>).

40

b) Die Freiheit der Wahl bedeutet, dass jeder Wähler sein Wahlrecht frei, das heißt ohne Zwang oder sonstige unzulässige Beeinflussung von außen ausüben kann. Er soll sein Urteil in einem freien, offenen Prozess der Meinungsbildung gewinnen können. Ein „unzulässiger Druck“ von Seiten anderer Bürger oder gesellschaftlicher Gruppen ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Bürger mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel, durch Missbrauch eines beruflichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses oder durch sonstigen wirtschaftlichen Druck genötigt oder gehindert wird zu wählen oder sein Wahlrecht in einem bestimmten Sinne auszuüben. Unter welchen Voraussetzungen ein derartiger Druck unzulässig ist, ist im Tatbestand des § 108 StGB verfassungsmäßig näher umschrieben. Außer der Anwendung von Gewalt und der Drohung mit einem empfindlichen Übel kommen der Missbrauch eines beruflichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses oder sonstiger wirtschaftlicher Druck in Betracht. Ist das im Einzelfall eingesetzte Mittel aber objektiv untauglich, den Wähler zu dem angesonnenen Verhalten zu nötigen, liegt eine Verletzung der Freiheit der Wahl und damit ein Wahlfehler nicht vor (vgl. BVerfGE 66, 369 <380>).

41

c) Eine Verletzung des Kerngebots der Freiheit der Wahl bei der Kandidatenaufstellung der Partei FDP lässt sich nicht feststellen. Soweit der Kläger geltend macht, die Versammlungsleiterin habe erkennen lassen, dass Nein-Stimmen bei der Abstimmung nicht erwünscht seien, indem sie eine Gegenstimme zu dem Bewerber Nr. 8 mit den Worten kommentiert habe, da habe sich wohl einer vertan, überschreitet dies offensichtlich nicht die Grenze unzulässigen Drucks, der eine freie Stimmabgabe ausschließt. Es fehlt insoweit bereits an der Inaussichtstellung eines Übels für den Fall der abweichenden Stimmabgabe. Dass sich die Teilnehmer in ihrem Stimmverhalten von der Äußerung der Versammlungsleiterin tatsächlich nicht beeinflussen ließen, zeigt sich im Übrigen daran, dass die Wahl mehrerer Bewerber nicht einstimmig ausgefallen ist.

42

4. Auch in der Zulassung des Wahlvorschlags der Partei FDP durch den Wahlausschuss ist kein Wahlfehler zu erkennen.

43

a) Gemäß § 28 Abs. 2 KWG LSA sind Wahlvorschläge, die den Vorschriften des KWG LSA oder der KWO LSA nicht entsprechen, unbeschadet der Vorschriften in § 28 Abs. 3 bis 5 KWG LSA nicht zuzulassen. Betreffen die Mängel eines Wahlvorschlages, der mehrere Bewerber enthält, nur einen oder mehrere, so ist die Zulassung nur hinsichtlich des einen oder der mehreren Bewerber zu versagen (§ 28 Abs. 3 KWG LSA). So lag es hier. Die Bewerber auf den Listenplätzen 1 bis 17 auf dem Wahlvorschlag der Partei FDP wurden unstreitig in der genannten Reihenfolge gewählt. Falsch war der Wahlvorschlag im Hinblick auf den Bewerber auf Listenplatz 18 (Herr W.), der nicht gewählt wurde, sowie im Hinblick auf die Bewerberin auf Listenplatz 19 (Frau F.), die auf Listenplatz 18 gewählt wurde. Da nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge Mängel in der Zahl und Reihenfolge der Bewerber gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA nicht mehr beseitigt werden können, waren die Bewerber auf den Listenplätzen 18 und 19 nicht zur Wahl zuzulassen (§ 28 Abs. 3 KWG LSA). Dies hat der Wahlausschuss beachtet.

44

b) Entgegen der Ansicht des Klägers war der Wahlvorschlag der Partei FDP dagegen nicht insgesamt, d. h. auch bezüglich der Bewerber auf den Listenplätzen 1 bis 17, zurückzuweisen. Dies wäre nur geboten, wenn die FDP die ihr in § 24 Abs. 1 u. 3 KWG LSA abverlangten elementaren demokratischen Mindestregeln bei der parteiinternen Kandidatenaufstellung nicht eingehalten und die entsprechenden Nachweise nicht erbracht hätte. Schwere Fehler bei der parteiinternen Aufstellung von Wahlbewerbern stellen die demokratische Legitimationswirkung staatlicher Wahlen in Frage und müssen deshalb im Wahlprüfungsverfahren zur Beanstandung und ggf. zur Zurückweisung des Wahlvorschlags führen. Die Zulassung eines Wahlvorschlags, bei dem eine der Mindestanforderungen für die Kandidatenaufstellung missachtet wurde, ist rechtswidrig (vgl. Hahlen, in: AH., BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 26 Rn. 16).

45

c) Der Wahlvorschlag der Partei FDP litt an keinem schweren Mangel, der zu dessen Ungültigkeit im Ganzen hätte führen müssen. Zwar entsprach die ursprünglich eingereichte Niederschrift im Hinblick auf die Bewerber auf den Listenplätzen 18 und 19 nicht den tatsächlichen Vorgängen und waren die ursprünglich eingereichten eidestattlichen Versicherungen unrichtig, sofern sie den Eindruck erweckten, der - nicht gewählte - Bewerber W. sei auf Listenplatz 18 gewählt worden und die Bewerberin Frau F. auf Listenplatz 19 (statt auf Platz 18). Insoweit war der Wahlvorschlag fehlerhaft und - wie ausgeführt - zurückzuweisen. Demgegenüber wurde die überwiegende Mehrheit der Bewerber auf dem Wahlvorschlag der Partei FDP (Listenplatz 1 bis 17) frei und geheim, d. h. nach demokratischen Grundsätzen, gewählt. Insoweit war der Wahlvorschlag der Partei FDP nicht fehlerbehaftet und dementsprechend zur Wahl zuzulassen.

46

Daraus ergibt sich zugleich, dass die vom Kläger gerügte Unrichtigkeit der mit dem Wahlvorschlag der Partei FDP eingereichten eidesstattlichen Versicherungen sowie der Niederschrift nicht zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags im Ganzen führen konnte. Denn bezüglich der Bewerber auf den Listenplätzen 1 bis 17 waren die zunächst abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen, dass die Aufstellung der Bewerber in geheimer Abstimmung und nach demokratischen Grundsätzen erfolgt sei (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 3 KWG LSA), und die entsprechende Niederschrift schon nicht unrichtig. Das Fehlen oder die Unrichtigkeit einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 KWG LSA ist im Übrigen kein Mangel, der gemäß § 27 Abs. 2 KWG LSA nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge nicht mehr geheilt werden kann. Es handelt sich hierbei um einen sonstigen Mangel, der gemäß § 27 Abs. 3 KWG LSA bis zur Entscheidung über die Zulassung der Wahlvorschläge (§ 28 KWG LSA) beseitigt werden kann. Dies ist hier erfolgt. Mit eidesstattlichen Versicherungen vom 4. Mai 2015 und 5. Mai 2015 haben Frau AR. und Herr AQ. erklärt, dass der Bewerber auf Listenplatz 18 nicht gewählt worden sei und die Bewerberin auf Listenplatz Nr. 19 tatsächlich auf Platz Listenplatz Nr. 18 gewählt worden sei. Die Zulassung der Bewerberin auf Listenplatz 18 war jedoch - wie ausgeführt - gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA ausgeschlossen.

47

5. Schließlich ist auch davon auszugehen, dass der in den Stadtrat gewählte Beigeladene zu 6 passiv wahlberechtigt war.

48

a) Die Wahlberechtigung für Kommunalwahlen ergibt sich aus § 23 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KVG LSA). Wahlberechtigt sind danach die Bürger, die seit mindestens drei Monaten in der jeweiligen Kommune wohnen. Unter Rückgriff auf die melderechtliche Begriffsbestimmung bezeichnet „Wohnen“ einen tatsächlichen Vorgang und keine Rechtshandlung (vgl. Reich, in: Schmid/Reich/Schmid/Trommer, KVG LSA, Band 1, 2. Aufl. 2015, § 21 Rn. 5). Wohnen beinhaltet den Willensentschluss, sich an einem bestimmten Ort niederzulassen und das auf eine gewisse Dauer angelegte reale Beziehen einer Wohnung. Wohnung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Bundesmeldegesetz – BMG). Wohnen ist geprägt von einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit, die die selbstbestimmte Gestaltung des häuslichen Wirkungskreises einschließt. Das Wohnen in diesem Sinne wird u. a. durch die Merkmale des Ausruhens, der Feierabend- und Wochenendbeschäftigung, aber auch des aktiven Kräftesammelns ausgefüllt (vgl. OVG LSA, Urteil vom 23. März 2006 - 4 L 281/05 -, juris, Rn. 27). Die Wohnung muss als „Bleibe“ dienen, sie muss zum Wohnen, sei es auch nur gelegentlich, zur Verfügung stehen und tatsächlich mit gewisser Regelmäßigkeit und Gewohnheit auch benutzt werden. Räumlichkeiten für lediglich gelegentliche Übernachtungen erfüllen den Begriff des Wohnens nicht. Die melderechtliche Anmeldung ist lediglich ein (widerlegbares) Indiz für das Innehaben einer Wohnung (eingehend zum Begriff des Wohnens Strelen, in: AH., BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 12 Rn. 16; vgl. auch VG Magdeburg, Urteil vom 6. Mai 2015 - 9 A 498/15 -, Rn. 32).

49

Einwohner, die in verschiedenen Kommunen wohnen, sind nur in der Kommune wahlberechtigt (Bürger), in der sie ihre Hauptwohnung haben (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 2 KVG LSA). Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners (§ 21 Abs. 2 BMG). Dies bestimmt sich danach, wo sich der Einwohner am häufigsten aufhält. Dazu sind eine rein quantitative Berechnung und ein Vergleich der jeweiligen Aufenthaltszeiten erforderlich. Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner (§ 22 Abs. 1 BMG). Für unverheiratete volljährige Personen fehlt eine entsprechende Regelung. In der Regel befindet sich die Hauptwohnung an dem Ort, von dem der Alleinstehende der Erwerbstätigkeit nachgeht. In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung gemäß § 22 Abs. 3 BMG dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt (vgl. Strelen, in: AH., BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 12 Rn. 17; Reich, in: Schmid/Reich/Schmid/Trommer, KVG LSA, Band 1, 2. Aufl. 2015, § 21 Rn. 9 f.).

50

b) Der Senat hat den Beigeladenen zu 6 in der mündlichen Verhandlung informatorisch zu seinen Lebensumständen im ersten Halbjahr 2015 befragt. Der Beigeladene zu 6 hat insoweit ausgeführt, er habe in diesem Zeitraum unter der gemeldeten Adresse im Wohnhaus seiner Mutter in A-Stadt gewohnt. Er habe dort ein eigenes Zimmer bewohnt; Küche und Bad und weitere Räume seien von ihm, seiner Mutter und seiner ebenfalls in dem Haus wohnenden Schwester gemeinsam genutzt worden. Er wohne seit seiner Geburt in A-Stadt und fühle sich der Stadt verbunden. Dort befinde sich sein Freundeskreis, und dort verbringe er seine Freizeit. In A-Stadt liege auch der Schwerpunkt seiner politischen Tätigkeit u.a. als Stadtrat (seit 2009); als stellvertretender Landesvorsitzender der Partei FDP (seit 2011) habe er aber auch Termine in ganz Sachsen-Anhalt und im übrigen Bundesgebiet wahrzunehmen. Seit dem 1. Januar 2015 sei er als Referent für Hotelimmobilien für den Zentralen (…) e.V. (…) mit Sitz in B-Stadt tätig. Das Arbeitsverhältnis sei zunächst auf 24 Monate befristet gewesen, die Probezeit habe 6 Monate betragen. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit sei er im gesamten Bundesgebiet unterwegs gewesen, der Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit habe jedoch am Sitz des (…) B-Stadt gelegen. Dorthin sei er regelmäßig mit der Bahn von A-Stadt gependelt. Seine Arbeitszeit habe er relativ flexibel gestalten können. Durchschnittlich 1 bis 2 Nächte pro Woche habe er in B-Stadt in der Wohnung seiner damaligen Verlobten Frau (M.) übernachtet, insbesondere, wenn er abends noch politische Termine in B-Stadt wahrzunehmen gehabt habe. Er habe über einen Schlüssel für die Wohnung von Frau (M.) verfügt und dort auch persönliche Sachen verwahrt, vor allem Kleidung. Die Wochenenden habe er mit Frau (M.) in B-Stadt und A-Stadt verbracht.

51

c) Nach den Ausführungen des Beigeladenen zu 6, an denen zu Zweifeln der Senat keinen Anlass hat, ist davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 6 im maßgeblichen Zeitraum von mindestens drei Monaten vor der Wahl sowohl im Haus seiner Mutter in A-Stadt als auch in der Wohnung seiner damaligen Verlobten in B-Stadt gewohnt hat. Er hat an beiden Orten regelmäßig übernachtet und dort auch Feierabende und Wochenenden verbracht. Er hatte Zugang zu beiden Wohnungen und dort jeweils persönliche Gegenstände deponiert. Für die Wählbarkeit zum Stadtrat der Hansestadt C. kommt es mithin darauf an, wo er seine Hauptwohnung hatte (§ 21 Abs. 2 Satz 2 KVG LSA). Nach Überzeugung des Senats befand sich die Hauptwohnung des Beigeladenen zu 6 in der Hansestadt C.. Ein - wenn auch widerlegbares - Indiz hierfür war die Meldung des Beigeladenen zu 6 im Wohnhaus seiner Mutter in A-Stadt; hiermit hat der Beigeladene zu 6 zum Ausdruck gebracht hat, dass er selbst A-Stadt als seinen Lebensmittelpunkt ansehe. Für die intensive Bindung des Beigeladenen zu 6 an die Hansestadt C. sprechen des Weiteren seine dort wohnende Familie, sein dort befindlicher Freundeskreis und die vom ihm dort wahrgenommenen Freizeitaktivitäten (z. B. im Fußballverein) sowie sein zeitlich aufwändiges politisches Engagement als Stadtrat und stellvertretener Landesvorsitzender der Partei FDP. Die Ausführungen des Beigeladenen zu 6 zum berufsbedingten Pendeln nach B-Stadt sowie zur durchschnittlichen Anzahl der Übernachtungen in der B-Stadter Wohnung seiner damaligen Verlobten (1 bis 2 Nächte pro Woche) waren in sich schlüssig und nachvollziehbar. Sie erscheinen insbesondere im Hinblick auf das politische Engagement des Beigeladenen zu 6 entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht lebensfremd. Sowohl nach den subjektiven Vorstellungen als auch nach objektiven Merkmalen (Aufenthaltsdauer, wesentlicher Bezugspunkt des beruflichen, politisch-öffentlichen und privaten Lebens) lag der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Beigeladenen zu 6 im ersten Halbjahr 2015 nach alldem in der Hansestadt C..

52

6. Soweit sich der Kläger gegen die Äußerungen des Wahlleiters in der Sitzung des Wahlausschusses am 5. Mai 2015 sowie in der Stadtratssitzung am 31. August 2015 wendet, zeigt er keinen Wahlfehler auf. Gemäß § 51 Abs. 2 KWG LSA ist vor der Entscheidung über die Wahleinsprüche und über die Gültigkeit der Wahl u. a. der Wahlleiter auf Antrag zu hören. Wenn der Wahlleiter in diesem Zusammenhang den Sachverhalt erläutert und seine Rechtsansicht zu geltend gemachten Wahlrechtsverstößen darlegt, ist dies nicht zu beanstanden. Selbst wenn - wie der Kläger meint - die entsprechenden Äußerungen des Wahlleiters verkürzend und einseitig gewesen sein sollten, wäre dies unerheblich, weil die Gültigkeit der Wahl hiervon nicht betroffen sein könnte (vgl. hierzu auch SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 - Lv 4/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 169 <172>).

53

7. Da bereits kein Wahlfehler vorliegt, kann dahinstehen, ob sich dieser ggf. auf die Zusammensetzung der gewählten Vertretung ausgewirkt hätte (sog. Mandatsrelevanz). Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. Satz 2 KWG LSA ist die Wahl nur dann für ungültig zu erklären, wenn die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre. Hiervon ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats bereits dann auszugehen, wenn nach hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die geltend gemachte Rechtsverletzung die gesetzmäßige Zusammensetzung der zu wählenden Körperschaft bzw. das Ergebnis einer Einzelwahl berührt sein kann. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt grundsätzlich vor, wenn eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende, also nicht nur theoretische, Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt haben kann (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 26. Februar 2009 - 4 L 364/08 -, juris, Rn. 11 m.w.N.). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Verfassungs- und Obergerichte zur Erheblichkeit von Wahlfehlern (vgl. BVerfGE 89, 243 <254>; SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 - Lv 4/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 169 <170>; BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 1997 - 8 B 92/97 -, juris, Rn. 4; eingehend Hahlen, in: AH., BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 49 Rn. 14).

54

Nach diesem Maßstab erscheint allerdings die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der von ihm festgestellte Verstoß gegen die Geheimheit der Wahl bei der Bestimmung der Wahlbewerber der Partei FDP habe sich auf die Zusammensetzung des Stadtrates der Hansestadt C. ausgewirkt, zweifelhaft. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es für jeden Listenplatz jeweils nur eine Bewerberin bzw. einen Bewerber und mithin keine Gegenkandidaten gab. Es ist kein Grund dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich und erscheint daher lediglich als theoretische Möglichkeit, dass bei weiteren Vorkehrungen zur Sicherung der Möglichkeit einer geheimen Stimmabgabe - wie Wahlkabinen oder Sichtblenden - die Teilnehmer der Wahlversammlung den anschließend in den Stadtrat gewählten Bewerber zu 6 abgelehnt hätten. Denn in diesem Fall wäre die Partei FDP mit einem Bewerber - zumal demjenigen mit den besten Aussichten, gewählt zu werden - weniger zur Stadtratswahl angetreten und hätte dadurch ihre Wahlchancen verschlechtert. Entsprechendes gilt im Grundsatz auch hinsichtlich der übrigen Bewerber. Dem muss hier jedoch nicht weiter nachgegangen werden, denn die (Mindest-)Anforderungen der Geheimheit der Wahl waren bei der Bestimmung der Wahlbewerber der Partei FDP - wie ausgeführt - erfüllt.

55

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Den Beigeladenen können keine Kosten auferlegt werden, da sie keinen Antrag gestellt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO). Da die Beigeladenen sich am Kostenrisiko nicht beteiligt haben, entspricht es der Billigkeit, von der Anordnung der Erstattungsfähigkeit ihrer außergerichtlichen Kosten abzusehen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

56

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

57

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen