Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 O 73/18

Gründe

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Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 1. Kammer - vom 8. Januar 2018 über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren, mit dem der Kläger die Aufhebung des - seine erkennungsdienstliche Behandlung anordnenden - Bescheides der Beklagten vom 7. Juni 2017 erstrebt, hat keinen Erfolg.

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Der beabsichtigten Rechtsverfolgung kann bei der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO i. V. m. § 166 VwGO beigemessen werden. Denn das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der angegriffene Bescheid nach derzeitigem Sachstand rechtmäßig ist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt.

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Rechtsgrundlage für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen ist § 81b 2. Alt. StPO. Danach dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten gegen seinen Willen aufgenommen sowie Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm durchgeführt werden, wenn es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist.

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Voraussetzung für die Durchführung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach  § 81b Alt. 2 StPO ist die Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen. Dazu muss gegen ihn im Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ein Straf-  oder Ermittlungsverfahren geschwebt haben. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen grundsätzlich unberührt (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. November 2005 - 6 C 2.05 -, juris Rdnr. 20; OVG Nds, Beschluss vom 29. Juni 2016 - 11 ME 100/16 -, juris Rn. 12; Sächs. OVG, Beschluss vom 7. Oktober 2016 - 3 A 221/15 -, juris Rn. 4 ).

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Zwar hat das Verwaltungsgericht unzutreffend angenommen, dass der Kläger im Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung mit Bescheid vom 7. Juni 2017 Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls im besonders schweren Fall (§ 243 StGB) gewesen sei (vgl. Beschlussabdruck S. 2 [2. Absatz]), obgleich der Kläger in diesem Verfahren bereits mit Urteil des Amtsgerichtes Wernigerode vom 15. Mai 2017 wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit versuchter Nötigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen a 100,00 € verurteilt worden war (Az.: 832 Js 86244/16). Im Gegensatz dazu hat die Beklagte jedoch die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zutreffend darauf gestützt, dass der Kläger beschuldigt werde, am 1. Mai 2017 eine Straftat gemäß § 29 BtMG begangen zu haben. Zwar ist der Kläger mittlerweile auch insoweit durch Strafbefehl vom 21. Juni 2017 verurteilt worden. Im Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung war das Strafverfahren jedoch noch nicht abgeschlossen, so dass der Kläger noch Beschuldigter im Sinne des § 81b 2. Alt. war. Der in der Beschwerdeschrift erhobene Einwand des Klägers, die Beklagte stütze sich auf ein angeblich laufendes Ermittlungsverfahren wegen schweren Diebstahls trifft damit offensichtlich nicht zu.

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Dass die Anlasstat nach § 29 BtMG als Bagatellsache zu qualifizieren sei, steht der Anordnung nicht entgegen.

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Zwar mag die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen anknüpfend an ein Bagatelldelikt unverhältnismäßig sein, da die Schwere der vom Betroffenen zu erwartenden weiteren Straftaten den schwerwiegenden Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht nicht zu rechtfertigen vermag. Allerdings ist für eine solche Bewertung die Gesamtschau der gegen den Betroffenen geführten (Ermittlungs-/Straf-)Verfahren in den Blick zu nehmen. Überschreiten diese die Schwelle der Bagatelldelikte, kann daraus eine Unverhältnismäßigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht hergeleitet werden. Die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Maßnahme ist nicht nur anhand der Anlasstat zu überprüfen, sondern grundsätzlich danach zu beurteilen, ob der anlässlich des Ermittlungsverfahrens gegen den Betroffenen festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls - insbesondere angesichts Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit und wie er bisher strafrechtlich in Erscheinung getreten ist - Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend - fördern könnten (st. Rspr. OVG LSA, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 3 L 40/12 -, juris Rn. 7 [m. w. N.]; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 6. Juli 1988 - 1 B 61.88 -, juris). Die Begründung muss insoweit in nachvollziehbarer Weise zu erkennen geben, dass die Behörde von ihrem Beurteilungs- und Wertungsspielraum in sachgerechter und zweckentsprechender Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 25. Oktober 2012, a. a. O. und Urteil vom 18. August 2010 - 3 L 372/09 -, juris). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Prognose auf zutreffender Tatsachengrundlage beruht und ob sie nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage unter Einbeziehung des kriminalistischen Erfahrungswissens sachgerecht und vertretbar ist (vgl. Sächs. OVG, Beschl. v. 16. Dezember 2013 - 3 D 77/13 -, juris Rn. 5).

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Gemessen an diesen Grundsätzen ist Gefährdungsprognose der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat teilt die kriminalpolizeiliche Einschätzung der Beklagten im streitbefangenen Bescheid, dass anhand der vorliegenden Erkenntnisse dringend zu befürchten ist, dass der Kläger in ähnlicher oder anderer Art und Weise erneut straffällig werden, mithin auch künftig Anlass zu polizeilichen Ermittlungen geben könnte. Hierbei hat die Beklagte nicht nur auf die Anlasstat und ihre Begleitumstände abgestellt, sondern zu Recht auch berücksichtigt, dass der Kläger seit dem Jahr 2013 weitere fünfmal strafrechtlich in Erscheinung getreten, mithin ein sog. Wiederholungstäter ist. Dies begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

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In dem Verfahren 833 Js 79298/13 wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichtes Wernigerode vom 4. September 2014 wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung, bestraft. Hinsichtlich des daneben von der Beklagten mit dem gleichen Strafausspruch angegebenen zweiten aktenkundigen Verfahrens ist zwar das im Bescheid genannte Aktenzeichen (833 Js 7928/3) unrichtig wiedergegeben (vgl. Angabe des richtigen Aktenzeichens im Anhörungsverfahren [Verwaltungsvorgang Bl. 30]). In seiner Klägerbegründung räumt der Kläger jedoch selbst ein, dass der Sachverhalt gegebenenfalls von dem Urteil des Amtsgerichtes Wernigerode vom 4. September 2014 erfasst sei. Ausweislich des vom Kläger mit der Klagebegründung vorgelegten Auszuges aus dem Bundeszentralregister wird in der Eintragung nur das „Datum der (letzten) Tat“ bezeichnet, so dass die Beklagte zutreffend davon ausgehen durfte, dass der Kläger insoweit tatsächlich zweimal strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

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Dass das von der Beklagten im Bescheid an dritter Stelle genannte aktenkundige Verfahren 832 Js 81511/13, das einen Diebstahl von Kraftfahrzeugen betreffen soll, mittlerweile nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, schließt eine Berücksichtigung in der Prognoseentscheidung nicht aus. Bei der Prognose, ob eine Wiederholungsgefahr vorliegt, kann ein Tatvorwurf selbst dann berücksichtigt werden, wenn das Strafverfahren nach §§ 153 ff. StPO oder § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2005, a. a. O. [m. w. N.]). Aus der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens kann entgegen der Auffassung des Klägers gerade nicht ohne Weiteres gefolgert werden, dass hinsichtlich des in der Vergangenheit liegenden Tatvorwurfs ein Resttatverdacht entfallen ist (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 25. Oktober 2012 a. a. O., Rn. 9), wenn der Kläger sich - wie hier - zu der ihm in der Vergangenheit vorgeworfenen Tat enthält.

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Richtigerweise hat die Beklagte auch die als viertes und fünftes aktenkundiges Verfahren bezeichneten Sachverhalte in ihre Würdigung der Gesamtumstände eingestellt. Der Kläger trägt selbst vor, dass beide Verfahren miteinander verbunden worden seien und zu einer Verurteilung wegen (einfachen) Diebstahls in Tatmehrheit mit versuchter Nötigung durch Urteil des Amtsgerichtes Wernigerode vom 15. Mai 2017 geführt hätten. Dass der von der Beklagten in Bezug genommene Tatvorwurf des räuberischen Diebstahls nicht angeklagt, sondern die Tat lediglich als einfacher Diebstahl verfolgt worden sei, kann letztlich dahinstehen. Denn der Kläger ist zwei weitere Male strafrechtlich in Erscheinung getreten und mittlerweile verurteilt worden. Soweit er in diesem Zusammenhang geltend macht, mit der Strafzumessung (Gesamtgeldstrafe von „nur“ 75 Tagessätze), insbesondere der positiven Sozialprognose, komme trotz seiner vorangegangenen Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe zum Ausdruck, dass die Art, Schwere und Begehungsweise der Diebstahlshandlung gerade nicht so gravierend gewesen seien, verkennt er, dass die insoweit anzulegenden Maßstäbe unterschiedlich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 -, juris; Saarl. OVG, Beschluss vom 13. März 2009 - 3 B 34/09 -, juris Rn 45). Die strafrichterliche Prognose und die präventiv-polizeiliche Gesamtbetrachtung dienen unterschiedlichen Zwecken und unterliegen dementsprechend verschiedenen Rechtmäßigkeitsmaßstäben. Eine positive Sozialprognose bedeutet nicht, dass eine Gewähr für ein künftiges straffreies Leben besteht, wie die mittlerweile nach § 29 BtMG abgeurteilte Anlasstat des Klägers bestätigt. Zudem behauptet der Kläger auch nicht, dass das Amtsgericht Wernigerode bei seiner Strafzumessung berücksichtigt hatte, dass der Kläger am 1. Mai 2017 erneut straffällig geworden ist.

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Entgegen der Annahme des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die erkennungsdienstlichen Unterlagen für die Aufklärung von Straftaten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Anlasstat) oder vergleichbaren Straftaten geeignet und notwendig seien. Vielmehr genügt es, dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beschuldigte künftig in ähnlicher oder anderer Weise erneut straffällig werden könnte (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 4. Oktober 2012 - 3 O 26/12 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 16. Dezember 2013 - 3 D 77/13 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 23. März 2011  - 10 CS 10.3068 -, juris).

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Dass der Kläger im Gegensatz zur Anlasstat mehrfach durch Diebstahlshandlungen strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, führt entgegen seiner Auffassung nicht etwa dazu, dass von vornherein die Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen ausscheidet. Erkennungsdienstliche Maßnahmen kommen typischer Weise bei sog. Rückfalltätern in Betracht (vgl. BayVGH, Beschluss vom 12. Juli 2004 - 24 CS 04.1016 -, juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO Kommentar, 60. Aufl. 2017, § 81b Rn. 12). Zu diesem Personenkreis zählt der Kläger. Für die Prognose der Wiederholungsgefahr genügt es, dass bei ihm mit erneuten kriminellen Aktivitäten zu rechnen ist. Auf das Straftatenspektrum der Anlasstat kommt es nicht allein an. Vorliegend besteht bei dem Kläger insbesondere die Gefahr der Begehung weiterer Diebstahlsdelikte, wie sein wiederholtes strafrechtliches Inerscheinungtreten offenbart. Abgesehen davon setzt die Anordnung zu präventiven Zwecken nicht schwere oder schwerste Straftaten voraus. Auch die wiederholte Begehung minderschwerer Delikte kann dazu führen, dass diese in ihrer Gesamtheit nicht mehr als Bagatelldelikte eingestuft werden können und damit ein öffentliches Interesse an der Aufklärung künftiger Straftaten besteht, das die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen rechtfertigt (vgl. OVG Nds., Urteil vom 20. November 2014 - 11 LB 15/14 -, juris Rn. 58). Ungeachtet dessen ist festzustellen, dass der Kläger auch wegen einer schweren Straftat (vgl. Urteil vom 4. September 2014, s. o.) rechtskräftig verurteilt wurde, er mithin nicht nur in minderschweren Fällen strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

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Entgegen der Auffassung der Beklagten dürfte zwar die Anlasstat „kein besonders gesteigertes Maß an krimineller Energie, Skrupellosigkeit und strafrechtliche Härte“ offenbaren. Dies steht jedoch der dem Kläger attestierten Wiederholungsgefahr nicht entgegen. Abgesehen davon weisen die - vom Kläger nicht in Abrede gestellten - Begleitumstände der Anlasstat jedenfalls auch auf einen gewissen Zusammenhang zu den in der Gefahrenprognose berücksichtigten (Ermittlungs-/Straf-)Verfahren wegen Diebstahls hin. In der angefochtenen Anordnung führt die Beklagte unter Bezugnahme auf die Strafanzeige wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln unwidersprochen aus, dass der Kläger am 1. Mai 2017 um 23.43 Uhr einer Personenkontrolle unterzogen worden sei, weil er mit zwei Begleitpersonen witterungsuntypisch mit langer dunkler Kleidung und dunklen Handschuhen im Stadtgebiet von A-Stadt unterwegs gewesen sei. Ausweislich der Strafanzeige sei die Polizeistreife wegen des Kleidungsstils und der in der Vergangenheit aufgetretenen Einbruchsdiebstähle in Wohnhäusern davon ausgegangen, dass die drei unbekannten Personen auf „Diebestour“ seien. Da der Kläger sich nicht habe ausweisen können, sei er durchsucht worden, wobei sein strafrechtliches Vergehen nach § 29 BtMG - bei Gelegenheit - zu Tage getreten sei. Die Beklagte hat unter Würdigung dieser näheren Tatumstände der Anlasstat und der weiteren gegen den Antragsteller in der Vergangenheit geführten Ermittlungs-/Strafverfahren in zutreffender Weise eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Annahme bejaht, dass der Antragsteller als potentiell Verdächtiger in weitere Ermittlungsverfahren einzubeziehen sei. Die kriminelle Energie, die die Beklagte dem Kläger zurechnet, zeigt sich zum einen darin, dass der Kläger wiederkehrend strafrechtlich in Erscheinung trat. Zum anderen offenbart sie sich dadurch, dass obgleich die mündliche Verhandlung in der Strafsache 7 Ds 843 Js 86244/16, die zur einer Verurteilung wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit versuchter Nötigung führte, unmittelbar bevorstand (15. Mai 2017), der Kläger erneut straffällig geworden ist. Dass es sich dabei um einen für ihn untypischen Deliktstyp gehandelt hat, kann ihm nicht zum Vorteil gereichen. Vielmehr unterstreicht dies die mangelhafte Bereitschaft des Klägers, künftig ein straffreies Leben zu führen, und deutet auf eine ungefestigte Persönlichkeitsstruktur sowie eine herabgesetzte Hemmschwelle strafrechtskonformen Verhaltens hin.

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Der Einwand des Klägers, die Beklagte habe seine persönlichen Lebensumstände nicht berücksichtigt, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Denn offensichtlich haben die gefestigte Partnerschaft zu seiner Freundin, die Geburt seines dritten Kindes am (…). Februar 2016 sowie seine selbstständige Erwerbstätigkeit seit Mai 2016 ihn nicht davon abgehalten, in den Jahren 2016 und 2017 strafrechtlich in Erscheinung zu treten. Eine Änderung in den persönlichen Verhältnissen allein kann, aber muss nicht zu einer stabilen Verhaltensänderung führen (vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 18. Oktober 2016 - 3 A 325/15 -, juris Rn. 14).

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Die angeordnete Maßnahme ist auch im Übrigen verhältnismäßig, insbesondere geeignet, künftige polizeiliche Ermittlungen - beispielsweise durch Vorlagen von Lichtbildern sowie Finger-, Handflächen- und Handrückenabdrücken - zu erleichtern. Nichts anderes ergibt sich aus der Tatsache, dass bereits in der Vergangenheit erkennungsdienstliche Maßnahmen beim Kläger durchgeführt worden sind. Die letzte erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers fand am 4. Januar 2012, mithin vor mehr als fünfeinhalb Jahren statt. In der Rechtsprechung wird davon ausgegangen, dass jedenfalls nach Ablauf von fünf Jahren die Abnahme neuer Abdrücke erforderlich ist, weil sich die Struktur von Händen und Fingern bereits innerhalb weniger Jahre durch Verletzungen oder Erkrankungen wesentlich ändern kann (vgl. OVG Nds., Urteile vom 21. Februar 2008 - 11 LB 417/07 -, juris Rdnr. 30 ff.; und vom 28. Juni 2007 - 11 LC 372/06 -, juris Rdnr. 40 ff.; OVG LSA, Beschluss vom 18. August 2010 - 3 L 372/09 -, juris Rn 67). Der Zeitabstand von fünf Jahren ist auch in Ansehung der Grundrechte des Betroffenen nicht zu kurz bemessen, da Verletzungen der Finger und Handinnenflächen auch bei alltäglichen Verrichtungen eintreten können und jeder Mensch dem natürlichen Alterungsprozess unterliegt (vgl. OVG Nds., Urteil vom 21. Februar 2008, a. a. O., Rn. 31). Auch das äußere Erscheinungsbild eines Menschen kann jedenfalls innerhalb von fünf Jahren so deutlichen Veränderungen unterliegen, dass eine Neuanfertigung von Lichtbildern und eine erneute Beschreibung der Person notwendig werden. Die Beklagte verweist im Bescheid vom 7. Juni 2017 ausdrücklich darauf, dass sich den Ermittlungen zufolge wesentliche Veränderungen der Handflächen und Finger des Klägers ergeben hätten und die wesentliche äußere Erscheinung des Klägers mit den aus dem Jahr 2012 vorhandenen Lichtbildern nicht mehr überstimme. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er beschränkt sich darauf, Verbrennungen und Verletzungen zu verneinen und übersieht hierbei, dass auch er dem natürlichen Alterungsprozess unterliegt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Außergerichtliche Kosten werden gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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