Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 M 106/19
Gründe
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I. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Antragsteller vorläufig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren für die Lehrveranstaltung „Kursus und Poliklinik der Zahnersatzkunde I“ zum nächstmöglichen Termin zuzulassen, zu Unrecht abgelehnt.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis er-lassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache - wie hier - ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 1 M 1/07 -, juris m.w.N.).
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1. Gemessen an diesen Anforderungen hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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a) Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 26. November 2018 festgestellt, dass der Antragsteller die leistungspflichtige Lehrveranstaltung „Kursus und Poliklinik der Zahnersatzkunde I“ endgültig nicht bestanden habe (Ziffer 1. des Bescheides) und eine erneute Teilnahme an dieser Lehrveranstaltung nicht zulässig sei (Ziffer 2. des Bescheides). Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Antragsteller habe an dieser Pflichtveranstaltung zweimal erfolglos teilgenommen, nämlich im Sommersemester 2018 und im Wintersemester 2018/2019. Eine weitere Wiederholungsmöglichkeit sehe die einschlägige Studien- und Prüfungsordnung der Antragsgegnerin nicht vor.
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Zur Begründung der erfolglosen Teilnahme des Antragstellers an dem betreffenden Kurs im Wintersemester 2018/2019 beruft sich die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 26. November 2018 auf die Regelung in § 19 Abs. 7 ihrer Studien- und Prüfungsordnung. Danach könnten Studierende, die zum wiederholten Male Anweisungen des zugeordneten Kursassistenten nicht befolgt hätten, von der weiteren Teilnahme an der Lehrveranstaltung ausgeschlossen werden. In diesem Fall gelte die Lehrveranstaltung als nicht bestanden. Diese Voraussetzungen seien erfüllt, weil der Antragsteller wiederholt - nämlich am 19. November 2018 und am 20. November 2018 - Anweisungen des Kursleiters nicht befolgt habe. Darüber hinaus sei in der „einschlägigen Kursordnung“ geregelt, dass bei grob fahrlässigen Behandlungsfehlern, in deren Folge die weitere Behandlung eines Patienten zur unmittelbaren Schadensabwehr abgebrochen werden müsse, die Bewertung des Falles mit der Note 5 erfolge. Einen derartigen grob fahrlässigen Behandlungsfehler habe der Antragsteller am 20. November 2018 begangen. Auch aus diesem Grund gelte der in Rede stehende Kurs als nicht bestanden.
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Die erfolglose Teilnahme des Antragstellers an der betreffenden Lehrveranstaltung während des Sommersemesters 2018 hat die Antragsgegnerin mit Schriftsätzen vom 27. März 2019 (Bl. 37 ff. der Gerichtsakte) sowie vom 17. April 2019 (Bl. 105 ff. der Gerichtsakte) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - und damit in nach § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG grundsätzlich berücksichtigungsfähiger Weise (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 45 Rn. 47) - wie folgt begründet: Der Antragsteller habe innerhalb dieser Lehrveranstaltung lediglich 4.000 Punkte erreicht und die von der „einschlägigen Kursordnung“ für die Scheinerteilung geforderte Mindestpunktzahl von 8.000 Punkten damit weit verfehlt. Die erforderlichen Punkte könnten die Studierenden mit der Behandlung von Patienten erreichen, wobei die Höhe der im Einzelfall erreichbaren Punkte von der Schwierigkeit der jeweiligen Behandlung abhänge.
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Der Antragsteller könne sich - so die Antragsgegnerin in ihren Schriftsätzen vom 27. März 2019 sowie vom 17. April 2019 weiter - auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er die erforderliche Punktzahl nur deshalb nicht habe erreichen können, weil ihm während des Semesters nicht genügend behandlungsbereite Patienten zur Verfügung gestanden hätten. Tatsächlich seien ihm durch die Antragsgegnerin insgesamt drei Patienten zugewiesen worden (nämlich am 17. und 19. April 2018 sowie am 10. Juli 2018). Fünf weitere Patienten habe er selbst akquiriert. Damit hätten ihm während des Sommersemesters 2018 insgesamt acht Patienten zur Verfügung gestanden, was zur Erreichung der erforderlichen Punktzahl grundsätzlich ausgereicht hätte. Dass die Mehrzahl der ihm zugewiesenen Patienten die Behandlung abgebrochen habe, weshalb er nicht in der Lage gewesen sei, die erforderliche Mindestpunktzahl zu erreichen, habe er selbst zu vertreten. Grund für eine derart hohe Abbruchquote sei das mangelnde Vertrauen der Patienten in die Fähigkeiten des Antragstellers. Sein Auftreten wirke fahrig und unsicher. Er könne auf Fragen des Patienten nicht antworten und vermeide Blickkontakt. Damit habe er den Umstand, dass ihm nicht genügend Patienten zur Verfügung gestanden hätten, selbst verursacht. Aus diesem Grund sei seine Teilnahme an der betreffenden Lehrveranstaltung im Sommersemester 2018 als „nicht bestanden“ anzusehen. Hierüber sei er durch den Kursleiter mündlich in Kenntnis gesetzt worden; ein schriftlicher Bescheid über das Nichtbestehen sei nicht ergangen.
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Das Verwaltungsgericht hat den hiergegen gerichteten Eilantrag des Antragstellers abgelehnt und den Vortrag der Antragsgegnerin zur erfolglosen Teilnahme des Antragstellers an der betreffenden Lehrveranstaltung im Sommersemester 2018 im Wesentlichen bestätigt. Danach dürfe der Abbruch der Behandlung durch die Patienten in der Mehrzahl der Fälle maßgeblich darauf zurückzuführen sein, dass diese mit der zahnärztlichen Behandlung durch den Antragsteller nicht zufrieden gewesen seien. Hierfür spreche auch, dass zu Beginn des Wintersemesters 2018/2019 weitere Behandlungsabbrüche durch Patienten des Antragstellers erfolgt seien. Ob der Antragsteller im Wintersemester 2018/2019 sodann zum wiederholten Male Anweisungen des Kursleiters nicht befolgt habe, könne im Ergebnis dahinstehen. Denn die Antragsgegnerin sei jedenfalls deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller die Lehrveranstaltung auch im Wintersemester 2018/2019 nicht bestanden habe, weil er am 20. November 2018 einen grob fahrlässigen Behandlungsfehler begangen habe.
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b) Die hiergegen mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände, auf deren Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung der Entscheidung. Jedenfalls das auf das Sommersemester 2018 bezogene Vorbringen des Antragstellers ist stichhaltig.
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Gemäß § 36 Abs. 1 Buchst. c) der Approbationsordnung für Zahnärzte (ZAppO) vom 26. Januar 1955 (BGBl. I S. 37) in der zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966) geänderten Fassung ist der Meldung zur zahnärztlichen Prüfung unter anderem der Nachweis beizufügen, dass der Kandidat nach vollständig bestandener zahnärztlicher Vorprüfung je zwei Semester als Praktikant den Kursus und die Poliklinik der Zahnersatzkunde regelmäßig und mit Erfolg besucht hat. Nach § 36 Abs. 2 Satz 2 ZAppO wird dieser Nachweis durch besondere von den Kursusleitern bzw. den Leitern der Polikliniken und Kliniken nach Muster 4 auszustellende Zeugnisse geführt (vgl. Anlage 4 zu § 36 Abs. 2 ZAppO „Praktikantenschein“). Eine Bescheinigung des Inhalts, dass der Kandidat an dieser Veranstaltung nicht regelmäßig und mit Erfolg teilgenommen hat, er also „durchgefallen“ ist, sieht die Approbationsordnung nicht vor (hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 8. April 2010 - 14 A 2412/08 -, juris Rn. 4 f.).
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Regelungen über das Nichtbestehen derartiger Lehrveranstaltungen enthält allerdings die Studien- und Prüfungsordnung für den Studiengang Zahnmedizin bei der Antragsgegnerin vom 21. November 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 2 vom 27. Februar 2018; im Folgenden: StO). Danach setzt die erfolgreiche Teilnahme an der Lehrveranstaltung „Kursus und Poliklinik Zahnersatzkunde I“, die Teil des Regelstudienplans ist (vgl. § 5 Abs. 1 StO in Verbindung mit Ziffer 25.2 der Anlage zur StO) und bei der es sich um einen sog. „Kurs mit Patientenbehandlung“ handelt (vgl. § 4 Nr. 5 StO), voraus, dass sowohl die praktischen Leistungsanforderungen erfolgreich absolviert als auch die theoretische Erfolgskontrolle am Kursende (Ausgangsklausur) bestanden wurde (§ 14 Abs. 5 Satz 1 StO). Besondere Regelungen zu leistungsnachweispflichtigen Lehrveranstaltungen mit Patientenbehandlung enthält § 19 StO. Nach Absatz 3 dieser Bestimmung setzt die erfolgreiche Teilnahme an einer leistungsnachweispflichtigen Lehrveranstaltung mit Patientenbehandlung neben dem Bestehen einer schriftlichen Erfolgskontrolle auch die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln (z. B. Hygienevorschriften, Arbeitsschutzvorschriften, Regeln im Umgang mit Patientinnen oder Patienten usw.) sowie das Bestehen der zu erbringenden praktischen Leistungen, die in einer entsprechenden Kursordnung verbindlich vorgeschrieben sind, voraus (Satz 1). Diese Kursordnung wird den Studierenden zu Beginn der Lehrveranstaltung zur Kenntnis gebracht (Satz 2).
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In dieser hier einschlägigen „Kursordnung der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik“, die Prof. Dr. Setz, der Direktor der Abteilung für Zahnärztliche Prothetik, im September 2016 erlassen hat, sind in Nr. 14 die „Voraussetzungen für die Scheinerteilung“ geregelt. Danach setzt der „SCHEIN 1 (Kursus und Poliklinik der Zahnersatzkunde I)“ u.a. das Erreichen einer Mindestpunktzahl von 8.000 Punkten voraus, was die „Erfüllung der quantitativen Mindestanforderungen entsprechend der bekannt gegebenen Punktwerttabelle“ und die Erbringung bestimmter, in der Kursordnung aufgelisteter obligatorischer Leistungen erfordert. Diese Mindestpunktzahl von 8.000 Punkten hat der Antragsteller im Sommersemester 2018 unstreitig nicht erreicht.
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Der Senat lässt offen, ob das Ausweisen einer Mindestpunktzahl für das Bestehen eines bestimmten Lehrgangs in Form einer (jederzeit abänderbaren) Verwaltungsvorschrift - wie hier durch Ziffer 14 der Kursordnung - den Anforderungen der Rechtsprechung zum parlamentarischen Gesetzesvorbehalt gerecht wird (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 - 1 BvR 1033/82 - und Beschluss vom 20. Oktober 1981
- 1 BvR 640/80 -, beide juris; zum Vorbehalt des Gesetzes im Prüfungswesen auch Niehues / Fischer / Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage 2018, Rn. 19 ff.; zur [als zulässig angesehenen] Verlagerung der näheren Ausgestaltung einer Prüfung in eine Kursordnung etwa: VG Aachen, Urteil vom 18. August 2008 - 5 K 1545/06 -, juris Rn. 27). Denn der Antragsteller stellt mit seiner Beschwerde nicht grundsätzlich in Frage, dass sich die Antragsgegnerin für die Feststellung des Nichtbestehens der betreffenden Lehrveranstaltung auf das in Nr. 14 der Kursordnung geregelte Erfordernis des Erreichens einer Mindestpunktzahl von 8.000 Punkten berufen kann. Er macht unter Hinweis auf den Vorbehalt des Gesetzes lediglich geltend, dass diese Bestimmung, die „obligatorisch und ohne Rücksicht auf besondere Vorkommnisse im Behandlungsbetrieb (zum Beispiel dem Absprung von Patienten nach begonnener Behandlung)“ eine Mindestpunktzahl von 8.000 Punkten vorgebe, „rechtsungültig [sei], wenn ohne weitere Voraussetzungen an das Bestehen der Veranstaltung angeknüpft [werde]“. Der Antragsteller bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Regelung in Nr. 7 der Kursordnung, in der es u.a. heißt:
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„Die Universität ist bemüht, aber nicht verpflichtet, Patienten für den Kursus zu stellen. Im Bedarfsfalle müssen sich die Studierenden auch selbst um geeignete Patienten bemühen.
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Erscheinen Patienten trotz nachweislich dreimaliger schriftlicher Aufforderung nicht oder nicht mehr zur Behandlung, kann nach Überprüfung durch den Lehrassistenten ein neuer Patient zugewiesen werden.“
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Der Antragsteller hält diese Bestimmung für rechtsungültig, weil sie weder mit dem das Prüfungsrecht besonders prägenden Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch mit dem Gebot der Fairness und mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei. Es könne nicht die Aufgabe des Studierenden sein, sich Patienten für leistungsnachweispflichtige Lehrveranstaltungen mit Patientenbehandlung selbst zu beschaffen.
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Dieser Einwand überzeugt. Dabei mag dahinstehen, wie die zitierten Passagen in Nr. 7 der Kursordnung zu verstehen sind und welche Pflichten danach die Antragsgegnerin hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Patienten einerseits und die Studierenden zur eigenverantwortlichen Gewinnung weiterer Patienten andererseits treffen.
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Denn zum einen ist diese Kursordnung keine normative Regelung, sondern eine reine Verwaltungsbestimmung, weshalb sich die Antragsgegnerin hierauf nicht zu stützen vermag (hierzu bereits OVG LSA, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 2 M 881/03 -, juris). Einzelne Bestandteile der Prüfung, der Bewertungsmaßstäbe und der Bestehensvoraussetzungen können der untergesetzlichen Rechtssetzung durch Verordnungs- oder Satzungsgeber überlassen werden (zum Ganzen etwa Thüringer OVG, Beschluss vom 2. April 2019 - 4 ZKO 331/17 -, juris Rn. 7 [m. w. N.]). Bloße Verwaltungsvorschriften genügen hierfür nicht (BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 6 C 46.15 -, juris; im Übrigen auch Niehues / Fischer / Jeremias, a. a. O., Rn. 19 ff.).
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Zum anderen widerspricht es den sich aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Chancengleichheit, wenn ein Studierender der Zahnmedizin die erforderliche Mindestpunktzahl für eine (Pflicht-)Lehrveranstaltung nur deshalb nicht erreichen kann, weil ihm nicht die erforderliche Zahl von Patienten zur Verfügung steht. In diesem Fall beruht der Ausschluss eines Studierenden von der Fortführung des zahnärztlichen Studiums nicht auf der fehlenden Geeignetheit und Leistungsfähigkeit des Studierenden, sondern auf äußeren, in der Sphäre der Antragsgegnerin liegenden und von dem Studierenden nicht oder - mit Blick auf die eigenverantwortliche „Beschaffung“ von Patienten - nur schwer beeinflussbaren Umständen, die im Einzelfall zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen können (siehe auch VG Ansbach, Beschluss vom 7. Mai 2012 - AN 2 E 12.00463 -, juris Rn. 19, dort zur Frage der Wiederholbarkeit einer Leistungskontrolle im Phantomkurs der Zahnersatzkunde). Deshalb ist es vorliegend ohne rechtliche Relevanz, dass dem Antragsteller während des Sommersemesters 2018 insgesamt acht Patienten zur Verfügung gestanden haben, was - wie die Antragsgegnerin geltend macht - zur Erreichung der erforderlichen Punktzahl regelmäßig ausgereicht hätte. Denn die meisten der dem Antragsteller zugewiesenen Patienten haben die Behandlung während des laufenden Semesters abgebrochen. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten war es ihm schon deshalb unmöglich, die geforderte Punktzahl zu erreichen.
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Ob anderes für Fallgestaltungen anzunehmen ist, in denen der Behandlungsabbruch der Patienten (nachweisbar) auf einem bestimmten Verhalten des Studierenden beruht und dieses Verhalten zugleich auf die fehlende (Berufs-)Eignung des Studierenden schließen lässt, mag dahinstehen. Denn die Antragsgegnerin hat jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt, dass eine solche Fallgestaltung vorliegend gegeben ist. Sie behauptet zwar, dass die hohe Abbruchquote ihren Grund allein in der Person und in dem Verhalten des Antragstellers habe. Auf welche konkreten Tatsachen sie diese Behauptung allerdings stützt, ist nicht erkennbar und lässt sich insbesondere nicht ihrem (nicht paginierten) Verwaltungsvorgang entnehmen.
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In der in den Akten befindlichen „Patientenaufstellung Kurs 1“ finden sich hinsichtlich der durch den Antragsteller im Sommersemester 2018 behandelten Patienten lediglich folgende Feststellungen: „keine weiteren Termine“ (Patienten A. und E.); „keine weitere Behandlung“ (Patienten J., K. und O.); „12.11. Pat. wünscht KEINE weitere Versorgung“ (Patient A.); „Student entscheidet, dass keine weitere Behandlung“ (Patient H.); „soll Behandlung im Oktober 2018“ (Patient L.). Auf Basis dieser Übersicht lässt sich nicht feststellen, ob diejenigen Patienten, die im Sommersemester 2018 eine (weitere) Behandlung abgebrochen haben, dies tatsächlich aus in der Sphäre des Antragstellers herrührenden Umständen oder aus hiervon unabhängigen Gründen getan haben. Denn eine Rückfrage bei den durch den Antragsteller behandelten Patienten zu den konkreten Beweggründen ihres Behandlungsabbruchs hat ausweislich der Akten nicht stattgefunden. Der Antragsteller weist mit der Beschwerde nachvollziehbar darauf hin, dass die Entscheidung eines Patienten, eine Behandlung abzubrechen, aus ganz unterschiedlichen Gründen erfolgen könne. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber behauptet, die Behandlungsabbrüche stünden in kausalem Zusammenhang zu einem bestimmten Verhalten des Antragstellers, handelt es sich letztlich um durch nichts untersetzte Mutmaßungen. Auch die dienstliche Erklärung des Kursleiters vom 28. März 2019 (Bl. 50 ff. der Gerichtsakte), auf die sich die Antragsgegnerin beruft, erschöpft sich letztlich in der schlichten Behauptung, die Ursache für die gehäuften Behandlungsabbrüche liege in dem fehlenden Vertrauen der Patienten in die Fähigkeiten des Antragstellers. Bei welchen (konkreten) Gelegenheiten der Behandlung welcher Patienten dem Kursleiter dies während des Sommersemesters 2018 aufgefallen sein will, lässt sich seiner (pauschalen) Erklärung vom 28. März 2019 nicht entnehmen.
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Abgesehen davon lässt der Vortrag der Antragsgegnerin nicht erkennen, in welcher Weise das von ihr beanstandete Fehlverhalten des Antragstellers, das Ursache für die Behandlungsabbrüche durch die Patienten gewesen sein soll (fahriges und unsicheres Auftreten; Vermeidung des Blickkontaktes; Unvermögen, auf Fragen des Patienten antworten zu können), geeignet sein könnte, die „erfolgreiche Teilnahme“ an der in Rede stehenden Lehrveranstaltung in Zweifel zu ziehen. Denn § 19 Abs. 3 Satz 1 StO macht die „erfolgreiche Teilnahme“ an Lehrveranstaltungen mit Patientenbehandlung lediglich von drei Voraussetzungen abhängig, nämlich (1.) dem Bestehen einer schriftlichen Erfolgskontrolle, (2.) der Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln sowie (3.) dem Bestehen der zu erbringenden praktischen Leistungen, wobei Letztere in einer verbindlichen Kursordnung vorgeschrieben sind. Für welche dieser Voraussetzungen das beanstandete Verhalten des Antragstellers von Bedeutung sein soll, lässt die Begründung des angegriffenen Bescheides nicht erkennen. In Betracht kommt zunächst die „Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln“, die in § 19 Abs. 3 Satz 1 StO als „Regeln im Umgang mit Patientinnen oder Patienten“ bezeichnet werden. Ebenso gut könnte das beanstandete Verhalten von Relevanz sein für das Erfordernis des Bestehens der zu erbringenden „praktischen Leistungen“ unter Berücksichtigung der Regelungen in der hierzu ergangenen Kursordnung. Denn nach Nr. 14 Punkt 5) dieser Kursordnung hat der Kursleiter auch eine „Gesamtbewertung“ vorzunehmen und hierbei u.a. ein „korrektes ärztliches Verhalten“ und das „ärztliche Verständnis und Handeln“ zu berücksichtigen. Eine derartige Gesamtbewertung, bei der - etwa in Form einer auf das Berufsbild des Zahnarztes abzielenden „Verhaltensbeurteilung“ - auch die „Praxistauglichkeit“ des Antragstellers einer Bewertung unterzogen werden könnte, findet sich im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin indes nicht.
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Der Senat verkennt hierbei nicht, dass es der Antragsgegnerin möglich sein muss, Studierende der Zahnmedizin, denen es an der erforderlichen Berufseignung fehlt, von einer Fortführung des Studiums auszuschließen. Mit Blick auf die einschneidenden Folgen, die hiermit für den Betroffenen verbunden sind, muss dies allerdings auf Basis und unter Beachtung der Vorgaben der einschlägigen Studien- und Prüfungsordnung und in einer Weise geschehen, die den sich aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Chancengleichheit gerecht wird.
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Vermag sich die Antragsgegnerin nach dem Vorstehenden mithin nicht mit Erfolg darauf zu berufen, dass der Antragsteller im Sommersemester 2018 erfolglos an der Lehrveranstaltung „Kursus und Poliklinik der Zahnersatzkunde I“ teilgenommen hat, hat dieser auf der Grundlage seines prüfungsrechtlichen Rechtsverhältnisses einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Folgenbeseitigung (vgl. Niehues / Fischer / Jeremias, a. a. O., Rn. 758 ff.), der vorliegend die Zulassung zu der entsprechenden Lehrveranstaltung zum nächstmöglichen Zeitpunkt und die Wiederholung der in diesem Rahmen zu erbringenden praktischen Leistungen und Erfolgskontrollen umfasst.
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c) Hat die Beschwerde des Antragstellers schon aus diesem Grunde Erfolg, kommt es auf dessen weiteres Vorbringen hinsichtlich der Geschehnisse im Wintersemester 2018/2019 und zum Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage nicht mehr entscheidungserheblich an. Der Senat merkt gleichwohl an:
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Ob die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Antragstellers auf der Grundlage des § 19 Abs. 7 StO vorgelegen haben, weil der Antragsteller - wie die Antragsgegnerin geltend macht - wiederholt Anweisungen des Kursleiters nicht befolgt habe, erscheint zweifelhaft. Denn nach dieser Regelung sind Studierende, sofern sie gegen bestimmte in Satz 1 näher bezeichnete Vorschriften, Pflichten oder Regeln verstoßen haben, auf dieses Fehlverhalten hinzuweisen (vgl. § 19 Abs. 7 Satz 1 StO). Dies gilt auch, wenn die Studierenden die Anweisungen der zugeordneten Kursassistenten nicht befolgen (§ 19 Abs. 7 Satz 2 StO). Die Belehrung ist von der verantwortlichen Lehrkraft schriftlich zu dokumentieren(§ 19 Abs. 7 Satz 3 StO). Im Wiederholungsfalle können die Studierenden von der weiteren Teilnahme an der leistungsnachweispflichtigen Lehrveranstaltung ausgeschlossen werden (§ 19 Abs. 7 Satz 3 StO). Der mögliche Ausschluss eines Studierenden von der weiteren Teilnahme an einer leistungsnachweispflichtigen Lehrveranstaltung setzt mithin einen zweimaligen Verstoß gegen eine der bezeichneten Vorschriften, Pflichten oder Regeln voraus. Dabei hat bereits nach dem ersten Verstoß eine Belehrung zu erfolgen (Warnfunktion), die von der verantwortlichen Lehrkraft schriftlich zu dokumentieren ist (Nachweisfunktion). Diesen Anforderungen dürfte die im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin befindliche Aktennotiz der verantwortlichen Lehrkraft vom 21. November 2018, die die aufeinander aufbauenden Geschehnisse vom 19. und 20. November 2018 lediglich zusammenfassend würdigt, nicht gerecht werden.
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Ob die Antragsgegnerin im Übrigen zu Recht von einem grob fahrlässigen Behandlungsfehler im Sinne des § 19 Abs. 8 StO ausgegangen ist, den der Antragsteller am 20. November 2018 begangen haben soll, kann bei der im vorliegenden Fall nur möglichen summarischen Prüfung nicht festgestellt werden und ließe sich lediglich in einem sich ggf. anschließenden Hauptsacheverfahren abschließend klären. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren substantiiert zum Nichtvorliegen eines Behandlungsfehlers und unter Hinweis auf die Stellungnahme eines weiteren Zahnarztes vom 26. April 2019 zudem vorgetragen, dass der in Rede stehende „Zahn 15“ des von ihm am 20. November 2018 behandelten Patienten als Brückenpfeiler einer einspannigen Brücke (Zähne 13 bis 15) fungieren könne. Die Antragsgegnerin hat hierauf zwar mit Stellungnahme vom 14. Juni 2019 reagiert. Die hierbei angesprochenen Fragenstellungen lassen sich allerdings ohne Zuhilfenahme sachverständiger Stellen nicht ohne weiteres beantworten.
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Was schließlich die durch den Antragsteller vorgetragene Kritik anbelangt, die in § 19 Abs. 7 und 8 StO enthaltenen Regelungen seien unter Beachtung des Grundrechts der Berufsfreiheit hinsichtlich der Festlegung der Bestehensvoraussetzungen nicht von einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt, ist darauf hinzuweisen, dass dem Gesetzgeber in Bezug auf die Prüfungsanforderungen ein Einschätzungsspielraum zusteht, der bei der Beurteilung ihrer Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Er ist grundsätzlich berechtigt, einen gewissen, sich in vernünftigen Grenzen haltenden Überschuss an Prüfungsanforderungen festzulegen (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2015 - 1 BvR 2218/13 -, juris Rn. 24; im Übrigen auch BVerwG, Beschluss vom 9. Januar 2018 - 6 B 63.17 -, juris Rn. 10 sowie Urteil vom 15. März 2017 - 6 C 46.15 -, juris Rn. 12). So gehört etwa bei staatlichen Prüfungen zu dem, was der Gesetzgeber im Hinblick auf den Parlamentsvorbehalt selbst bestimmen muss, nicht der Prüfungsstoff, nicht die Bestehensvoraussetzungen und nicht die Art der Prüfung und die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens (so bereits Beschluss des Senates vom 21. März 2014 - 3 L 128/12 -, n. v.; im Übrigen auch Niehues / Fischer / Jeremias, a. a. O., Rn. 22 [m. w. N.]).
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In § 13 Abs. 1 HSG LSA ist geregelt, dass Hochschulprüfungen aufgrund von Prüfungsordnungen abgelegt werden, die als Satzungen der Hochschule beschlossen werden und der Genehmigung des Rektors, der Rektorin oder des nach der Grundordnung zuständigen Organs bedürfen (Satz 1). Das Ministerium wird ermächtigt, zur Wahrung der Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit von Hochschulprüfungen durch Verordnung allgemeine Bestimmungen, die das Prüfungsverfahren regeln, zu erlassen (Satz 4). Diese Vorschriften sollen insbesondere Regelungen über die Verleihung und Führung von Graden und Titeln, die Regelstudienzeit, den Freiversuch, die Befugnis zur Abnahme von Prüfungen, die Bewertung von Prüfungsleistungen und die Einstufungsprüfung enthalten (Satz 5).
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Zwar enthält die Verordnungsermächtigung keine ins Einzelne gehenden Angaben, insbesondere zur Möglichkeit des Ausschlusses eines Studierenden von Lehrveranstaltungen wegen eines bestimmten Verhaltens. Zum einen ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Prüfungsrecht durch Grundsätze beherrscht wird, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben, weshalb der Gestaltungsraum des Verordnungsgebers insoweit hinreichend begrenzt ist. Deshalb dürfen genauere Festlegungen des Prüfungsverfahrens weitgehend einer Verordnung vorbehalten bleiben (vgl. OVG LSA, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 2 L 265/02 -, juris Rn. 64). Wegen der Entwicklung der Zahnmedizin und der sich stetig wandelnden Vorstellungen über die Mindestkenntnisse eines Zahnarztes können genauere Festlegungen des Prüfungsverfahrens auch nur auf dieser Ebene sinnvoll geregelt werden; es ist daher ein Gebot der Praktikabilität, die Aufstellung von Prüfungsstoffkatalogen dem Verordnungsgeber zu überlassen (vgl. VGH BW, Urteil vom 24. April 1995 - 9 S 2226/93 -, juris Rn. 18). Zum anderen ist in Fallgestaltungen, in denen die Prüfungsordnung - wie hier - durch eine Hochschule in Form einer Satzung erlassen wird, zu beachten, dass sich Hochschulen auf ihre auf Art. 5 Abs. 3 GG beruhende Satzungsautonomie berufen können, die ihnen bei der konkreten Ausgestaltung einen relativ großen Gestaltungsspielraum einräumen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2015 - 1 BvR 2218/13 -, juris Rn. 23?ff, dort zur Satzungsautonomie der Universitäten bezüglich der Ausgestaltung der Universitätsprüfung im Rahmen der Ersten Juristischen Prüfung).
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Erhöht eine Hochschule deshalb - wie hier durch die Regelungen in § 19 Abs. 7 und 8 StO - die Risiken für Studierende, ein Studium nicht erfolgreich abschließen zu können, ist dies grundsätzlich Teil ihrer Entscheidung in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten, wenn diese sachlich nachvollziehbar auf den Zweck ausgerichtet sind, die für den zahnärztlichen Beruf ungeeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zu ermitteln. In diesem Zusammenhang gewinnt der Zweck der Approbationsordnung für Zahnärzte an Gewicht, auf die die hier einschlägige Studien- und Prüfungsordnung der Antragsgegnerin einleitend Bezug nimmt. Der Zweck dieser Verordnung ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 und Abs. 3 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG), auf das sich diese Verordnung stützt. Danach bedarf einer Approbation als Zahnarzt, wer die Zahnheilkunde dauernd ausüben und die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung als „Zahnarzt“ oder „Zahnärztin“ erwerben will. Ausbildung und Prüfung müssen dementsprechend sicherstellen, dass der Zahnarzt die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erwirbt, die für den zahnärztlichen Beruf erforderlich sind. Damit ist zugleich die wesentliche Entscheidung des Gesetzgebers darüber getroffen, wie einerseits das wichtige Gemeinschaftsgut der Zahngesundheit der Bevölkerung geschützt und gefördert werden soll und andererseits das Grundrecht der Berufsfreiheit im Bereich der zahnärztlichen Ausbildung auszugestalten und einzuschränken ist (so bereits VGH BW, Urteil vom 24. April 1995, a. a. O.). Die hier durch den Antragsteller beanstandeten Regelungen in § 19 Abs. 7 und 8 StO dienen - jedenfalls soweit sich die Antragsgegnerin vorliegend inhaltlich auf diese Regelungen stützt - dem Zweck des Schutzes und der Förderung der Zahngesundheit der Bevölkerung. Denn ein (angehender) Zahnarzt, der grob fahrlässige Behandlungsfehler begeht oder wiederholt oder in besonders schwerwiegender Weise die Anweisungen der zugeordneten Kursassistenten nicht befolgt, gefährdet die durch ihn behandelten Patienten und lässt damit Zweifel an seiner Berufseignung aufkommen.
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Soweit der Antragsteller im Übrigen geltend macht, dass die nach § 13 Abs. 1 HSG LSA zu beschließende Prüfungsordnung nach der Verordnungsermächtigung insbesondere auch Regelungen über die Bewertung von Prüfungsleistungen enthalten soll, eine derartige Verordnung jedoch schon nicht ergangen sei, ist diesem Einwand mit Blick auf die hier interessierenden Regelungen in § 19 Abs. 7 und 8 StO Folgendes entgegenzuhalten: Die durch § 13 Abs. 1 Satz 5 HSG LSA angesprochene „Bewertung von Prüfungsleistungen“ umfasst auch die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Prüfung. § 19 Abs. 7 und 8 StO beinhalten Regelungen über den Ausschluss von Studierenden von bestimmten Lehrveranstaltungen; unter den dort genannten Voraussetzungen gelten diese Lehrveranstaltungen als „nicht bestanden“. Insoweit handelt es sich um Regelungen zur Bewertung von Prüfungsleistungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 5 HSG LSA.
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Selbst unterstellt, die Regelungen in § 19 Abs. 7 und 8 StO seien aus den vom Antragsteller benannten Gründen unwirksam, führte dies im Übrigen zu keinem weiteren Prüfungsversuch des Antragstellers. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass es unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar ist, Regelungen, die einem bereichsspezifischen Gesetzesvorbehalt nicht genügen, für einen Übergangszeitraum anzuwenden. Dies ist der Fall, wenn und soweit die Anwendung unerlässlich ist, um grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu wahren oder die Funktionsfähigkeit der staatlichen Verwaltung sicherzustellen. Die vorübergehende Fortgeltung der Regelungen wird dann trotz ihrer Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht in Kauf genommen, um noch verfassungsfernere Zustände zu vermeiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 6 C 46.15 -, juris Rn. 23 [m. w. N.]). Ohne die Fortgeltung der Regelungen in § 19 Abs. 7 und 8 StO - soweit sie vorliegend von Relevanz sind - könnten Studierende nicht von einer leistungsnachweispflichtigen Lehrveranstaltung mit Patientenbehandlung ausgeschlossen werden, obwohl sie wiederholt oder in besonders schwerwiegender Weise die Anweisungen der zugeordneten Kursassistenten nicht befolgt oder grob fahrlässige Behandlungsfehler begangen haben. Dass ein derartiger Zustand weder mit den durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten Interessen der bei diesen Lehrveranstaltungen behandelten Patienten noch mit dem wichtigen Gemeinschaftsgut der Zahngesundheit der Bevölkerung zu vereinbaren wäre, liegt auf der Hand.
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2. Es ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da es dem Antragsteller, deren endgültiges Nichtbestehen einer Pflichtveranstaltung bereits verfügt ist, nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten und solange sein Wissen präsent zu halten. Denn mit Blick auf die zu erwartende Dauer des Hauptsacheverfahrens ist mit einem Verlust des bislang erworbenen Prüfungswissens und einem Hinausschieben einer etwaigen späteren Berufstätigkeit auf unabsehbare Zeit zu rechnen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2017 - 14 B 1341/17 -, juris Rn. 7 [m. w. N.]).
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3. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung scheitert auch nicht etwa am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis. Zwar entfaltet der gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2018 erhobene Widerspruch gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Die vom Antragsteller begehrte vorläufige Zulassung zur Lehrveranstaltung „Kursus und Poliklinik der Zahnersatzkunde I“ tritt hierdurch allerdings nicht gleichsam „automatisch“ ein. Allein aufgrund des Widerspruchs und einer sich ggf. anschließenden Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2018 ist nicht vom erfolgreichen Bestehen der Lehrveranstaltung oder von einer zusätzlichen Wiederholungsmöglichkeit auszugehen (siehe auch OVG Bremen, Beschluss vom 21. Februar 2014 - 2 B 313/13 -, juris Rn. 14 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 3. Juli 2013 - 7 ZB 13.888 -, juris Rn. 10). Aus §§ 15, Abs. 2, 18 Abs. 2 StO ergibt sich vielmehr, dass Kurse mit Patientenbehandlung höchstens einmal wiederholt werden können, und zwar unabhängig davon, ob keine regelmäßige und / oder keine erfolgreiche Teilnahme erfolgt ist. Nachdem der Antragsteller an dem in Rede stehenden Lehrgang bereits zweimal teilgenommen hat, ist der von der Studien- und Prüfungsordnung der Antragsgegnerin vorgesehene und durch die Zulassung zu diesem Lehrgang begründete Prüfungsanspruch verbraucht. Die Antragsgegnerin hat unter Ziffer 2. ihres Bescheides vom 26. November 2018 deshalb festgestellt, dass eine erneute Teilnahme an dieser Lehrveranstaltung nicht zulässig sei. Entsprechend begehrt der Antragsteller die Erweiterung seiner gegenwärtigen Rechtsposition, die sich nur durch eine Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, nicht aber durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erreichen lässt (vgl. auch Niehues / Fischer / Jeremias, a. a. O., Rn. 904 sowie Finkelnburg / Dombert / Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 1416, jeweils m. w. N.).
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II. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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III. Die Höhe des Streitwertes folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG, wobei der Senat den erstinstanzlichen Ausführungen folgt und sich ebenfalls an Ziff. 36.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert. Auf die allgemein das Hochschulrecht betreffenden Regelungen des 18. Abschnitts des Streitwertkatalogs, insbesondere Ziff. 18.2 (Zulassung zu einzelnen Lehrveranstaltungen bzw. Modulen), ist angesichts dessen, dass der Antragsteller an dem in Rede stehenden Lehrgang bereits zweimal teilgenommen hat und sein Prüfungsanspruch damit - wie dargelegt - verbraucht ist, nicht abzustellen. Denn der Rechtsstreit betrifft insoweit in erster Linie prüfungsrechtliche Bewertungen, weshalb die Regelungen des 36. Abschnitts vorgehen (vgl. auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 25. Oktober 2016 - 3 So 87/16 -, juris Rn. 8 ff.).
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IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
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- § 19 Abs. 7 Satz 1 StO 1x (nicht zugeordnet)
- § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG 1x (nicht zugeordnet)
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- 1 BvR 640/80 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 123 4x
- § 19 Abs. 7 StO 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2218/13 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 146 1x
- §§ 15, Abs. 2, 18 Abs. 2 StO 2x (nicht zugeordnet)
- § 36 Abs. 2 ZAppO 1x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 So 87/16 1x
- § 19 Abs. 3 Satz 1 StO 2x (nicht zugeordnet)
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