Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (4. Zivilsenat) - 4 W 87/08

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Tenor

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen.

Gründe

I.

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Der Antragsteller und die Antragsgegnerin waren Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. In dem vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der er die Antragsgegnerin auf Zahlung eines Geldbetrages wegen seiner Beiträge zu deren Erwerb einer Eigentumswohnung während der Zeit des Zusammenlebens in Anspruch nehmen will. Die Zivilkammer des Landgerichts hat durch den originären Einzelrichter Prozesskostenhilfe nur für einen Teilbetrag der Forderung bewilligt, deren sich der Antragsteller berühmt. Im Übrigen hat der Erstrichter das Gesuch abgelehnt, weil die beabsichtigte weitergehende Klage nicht erfolgversprechend sei. Gegen die teilweise Ablehnung von Prozesskostenhilfe wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II.

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1. Das Rechtsmittel ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft, wahrt die gesetzliche Frist und Form (§§ 569 Abs. 1 und Abs. 2, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) und ist auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei.

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Da der angefochtene Beschluss von dem Einzelrichter erlassen wurde, hat auch das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden (§ 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Dabei ist unerheblich, ob sich die angefochtene Entscheidung der Sache nach als richtig darstellt, insbesondere ob der Erstrichter zu Recht angenommen hat, dass über den Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe hinaus die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

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a) Der angefochtene Beschluss vom 16. September 2008 leidet an einem wesentlichen und nicht heilbaren Verfahrensmangel, da die Entscheidung nicht durch den zuständigen gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) getroffen wurde.

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Zwar war für die Bearbeitung des vorliegenden Verfahrens ursprünglich nach § 348 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein originärer Einzelrichter der Zivilkammer zuständig. Infolge der Ersetzung des zunächst amtierenden Einzelrichters durch den neu eingestellten Richter auf Probe, von dem die angefochtene Entscheidung herrührt, wurde jedoch im Streitfall kraft Gesetzes wieder die Kammer in voller Besetzung des Spruchkörpers für das Verfahren zuständig, weil der nunmehrige Dezernatsrichter – wie dem Senat bekannt ist - weniger als ein Jahr Zivilrichterpraxis hat und damit die Ausnahmeregelung des § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO eingreift (Musielak/Wittschier ZPO 6. Aufl. § 348 Rdnr. 5a; Zöller/Greger ZPO 26. Aufl. § 348 Rdnr. 6a; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 29. Aufl. § 348 Rdnr. 2; Hk–ZPO/Pukall § 348 Rdnr. 4; Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 24. August 2005 – 3 W 159/05 – = 6 O 664/04 Landgericht Frankenthal (Pfalz)).

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Eine – grundsätzlich mögliche – (Neu-)Übertragung des Verfahrens auf den Proberichter als obligatorischen Einzelrichter nach § 348 a Abs. 1 ZPO ist ausweislich der Akten nicht erfolgt, so dass über den Prozesskostenhilfeantrag das Kollegium der Zivilkammer hätte befinden müssen.

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b) Die Entscheidung einer Kammersache durch den funktionell unzuständigen Einzelrichter stellt, da es um den gesetzlichen Richter geht, einen nicht behebbaren Verfahrensfehler dar und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses auch insoweit, als dem Antragsteller die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zum Teil bewilligt worden ist. Das Verbot der reformatio in peius in der Beschwerdeinstanz verbietet dies nicht, weil es in dem Bereich der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Einzelrichter und Kammer nicht greift (OLG Celle MDR 2003, 8; Zöller/Gummer aaO. § 572 Rdnr. 42 m.w.N.).

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c) Einer eigenen Sachentscheidung gemäß § 572 ZPO über den Prozesskostenhilfeantrag durch den Einzelrichter des Senats steht entgegen, dass die Unzuständigkeit des Einzelrichters der Zivilkammer zum Erlass des angefochtenen Beschlusses zugleich Auswirkungen auf die Besetzung des Senats im Beschwerdeverfahren und damit auf den gesetzlichen Richter des Beschwerdegerichts hat. Wäre der Beschluss vom 16. September 2008 nämlich, wie gesetzlich geboten, durch das zu diesem Zeitpunkt zuständige Kollegium der Zivilkammer erlassen worden, so wäre im Beschwerdeverfahren ebenfalls der Senat in voller Besetzung des Spruchkörpers zuständig gewesen.

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3. Für den Fortgang des Verfahrens wird, sollte es darauf nach dem (weiteren) Vorbringen der Beteiligten ankommen, vorsorglich hingewiesen auf die Änderung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich eines möglichen Ausgleichs gemeinschaftsbezogener Zuwendungen nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (Urteile vom 9. Juli 2008, XII ZR 179/05 = WM 2008, 1801 = FPR 2008, 519 und XII ZR 39/06, jeweils veröffentlicht auch in Juris).

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