Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (3. Zivilsenat) - 3 W 15/14

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 148.546,10 €.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die beiden Beklagten im Ausgangspunkt als Gesamtschuldner auf Darlehensrückzahlung in Anspruch. Die ursprünglich vom Kläger getrennt geführten Mahnverfahren gegen jeweils einen der beiden Beklagten wurden nach Widerspruch gegen die jeweiligen Mahnbescheide durch das Mahngericht an das zuständige Landgericht Frankenthal (Pfalz) abgegeben und dort zunächst als getrennte Verfahren mit den Aktenzeichen 4 O 242/13 und 3 O 478/13 geführt. In letzterem Verfahren bestimmte die zunächst zuständige Einzelrichterin mit Verfügung vom 30. Oktober 2013 nach Eingang der Anspruchsbegründung vom 11. Oktober 2013, in der die beiden Beklagten gemeinsam als Streitgenossen aufgeführt werden, frühen ersten Termin auf den 13. Januar 2014. Mit Verfügungen vom 12. November 2013 wurde der Verhandlungstermin im Januar 2014 wieder aufgehoben, das Verfahren wegen Sachzusammenhangs an die 4. Zivilkammer abgegeben und dort unter dem Aktenzeichen 4 O 262/13 eingetragen. Mit Beschluss der abgelehnten Richterin vom 14. November 2013 wurden die Verfahren mit den Aktenzeichen 4 O 242/13 und 4 O 262/13 unter dem Aktenzeichen des führenden Verfahrens 4 O 242/13 verbunden und gleichzeitig Termin zur Durchführung eines frühen ersten Termins auf den 10. Dezember 2013 bestimmt. Ein Gesuch des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 19. November 2013 (noch zum früheren Aktenzeichen 3 O 478/13 auf die Verfügung vom 30. Oktober 2013) betreffend eine Fristverlängerung bis zum 12. Dezember 2013 wurde mit Beschluss vom 21. November 2013 unter Hinweis auf den anstehenden Verhandlungstermin (und die seit Zustellung des Mahnbescheides vergangene Zeit von mehreren Monaten) zurückgewiesen. Im Verhandlungstermin stellte der Beklagtenvertreter ausweislich des Protokolls sogleich einen Ablehnungsantrag gegen die Einzelrichterin unter Übergabe eines die Ablehnung begründenden Schriftsatzes vom 9. Dezember 2013. Eine Klageerwiderung ist erst am 24. Januar 2014 mit Schriftsatz vom gleichen Tage bei Gericht eingegangen.

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Den Ablehnungsantrag begründen die Beklagten in erster Linie damit, dass die Beschlüsse und Verfügungen des Gerichts jeweils erst einige Tage nach Erlass bei ihrem Prozessbevollmächtigten eingegangen seien und sich die einzelnen Mitteilungen betreffend die Aufhebung des ursprünglich für das Verfahren 3 O 478/13 bestimmten Termins einerseits und die Verbindung der Verfahren sowie die Bestimmung des Verhandlungstermins in dem Verfahren 4 O 242/13 überschnitten hätten, bzw. das Fristverlängerungsgesuch abschlägig beschieden worden sei.

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Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. Januar 2014 hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) den Ablehnungsantrag zurückgewiesen mit der Begründung, der Zeitpunkt des Zugangs gerichtlicher Schreiben liege nicht in den Händen des zuständigen Richters, sondern werde durch eine ganze Reihe von Faktoren beeinflusst, auf die der Richter regelmäßig keinen Einfluss habe. Dies könne keine Grundlage für eine Besorgnis der Befangenheit des Richters sein.

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Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 14. Februar 2014, die insbesondere damit begründet wird, dass es keinerlei Veranlassung gegeben habe, das Verfahren in der Weise, wie durch die abgelehnte Richterin geschehen, zu beschleunigen und dass die Nachricht von der Nichtgewährung der beantragten Fristverlängerung erst am 26. November 2013 bei dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten eingegangen sei.

II.

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Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig. In der Sache führt es nicht zum Erfolg. Die Kammer hat das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 9. und 10. Dezember 2013 mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. Januar 2014 zu Recht zurückgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses vollumfänglich Bezug genommen.

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Ergänzend gilt Folgendes:

7

Das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 9. und 10. Dezember 2013 ist bereits unzulässig gewesen, weil es sich als rechtsmissbräuchlich darstellt. Es fehlt insoweit an einem Rechtsschutzbedürfnis. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbräuchlichkeit einer Richterablehnung dann vor, wenn das Verfahren verschleppt oder die Ablehnung als taktisches Mittel für verfahrensfremde Ziele genutzt werden soll (vgl. BVerfG NJW-RR 2007, 3771). Hierauf kann nicht nur aus dem Inhalt des Ablehnungsgesuchs selbst, sondern auch indiziell aus dem übrigen prozessualen Verhalten des Ablehnenden geschlossen werden (OLG Köln, OLGR 2009, 362). Hier haben die Beklagten durch die Richterablehnung im Verhandlungstermin vom 10. Dezember 2013 verhindert, dass dieser Termin ordnungsgemäß durchgeführt werden konnte. Damit haben Sie auf dem Umweg der Richterablehnung das erreicht, was sie ursprünglich mit Ihrem Fristverlängerungsgesuch vom 19. November 2013 bezweckt hatten, nämlich eine Verzögerung des Verfahrens und ein Zeitgewinn zur Fertigung einer Klageerwiderung, die tatsächlich auch erst viel später, nämlich am 24. Januar 2014 bei Gericht eingereicht worden ist. Dass es den Beklagten mit ihrem Ablehnungsgesuch lediglich darum ging, die Durchführung des von der abgelehnten Richterin bestimmten Verhandlungstermins zu verhindern, ergibt sich auch aus der Begründung des Ablehnungsgesuchs und der sofortigen Beschwerde selbst, mit der die Beklagten sich insbesondere gegen die zügige Verfahrensförderung durch die Richterin wenden und diese als als unangemessen, „skandalös“ und „anwaltsfeindlich“ bezeichnen.

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Dessen ungeachtet sind auch die übrigen vorgetragenen Ablehnungsgründe offensichtlich unhaltbar und werden insoweit durch den Senat als vorgeschoben bewertet. Die abgelehnte Richterin hat sich im Rahmen der in ihr Ermessen gestellten Prozessleitung vollkommen korrekt verhalten und ist insbesondere ihrer Pflicht zur Förderung und Beschleunigung des Verfahrens in vorbildlicher Weise nachgekommen. Nachdem sie das Verfahren aus dem Referat 3 O (Aktenzeichen 3 O 478/13) übernommen und mit dem früher anhängig gewordenen Verfahren 4 O 242/13 verbunden hatte, hat sie mit dem Beschluss vom 14. November 2013 umgehend im Einklang mit § 272 Abs. 1 und 2 ZPO einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 275 ZPO) bestimmt, um in diesem umfassend vorbereiteten Termin - es wurden auch Zeugen hinzugeladen - den Rechtstreit nach Möglichkeit zu erledigen. Gemäß der Regelung in § 272 Abs. 3 ZPO hat sie insoweit so früh wie möglich, d.h., wie sich auch aus ihrer dienstlichen Stellungnahme ergibt, den nächsten freien Termin unter Einhaltung der Ladungsfrist (vgl. OLG Köln, OLGR 2005, 311; Geisler in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Auflage 2013, § 272 Rn. 6) ausgewählt und bestimmt. Eine Frist zur Klageerwiderung war den Beklagten bereits mit Verfügung vom 30. Oktober 2013 gesetzt worden, was bedeutet, dass den Beklagten insbesondere unter Berücksichtigung der Fristvorschriften in §§ 275 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbs., 277 Abs. 3, 129, 132 ZPO ausreichend Zeit, nämlich mindestens vier Wochen, zur Fertigung und Einreichung einer Klageerwiderung eingeräumt worden ist.

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Dies kommt letztlich auch in dem Beschluss der abgelehnten Richterin vom 21. November 2013 zum Ausdruck, mit dem Sie den Fristverlängerungsantrag der Beklagten vom 19. November 2013 - wenn auch mit teils angreifbarer Begründung - zurückgewiesen hat. Es handelt sich hierbei um einen Akt der Prozessleitung, der zum Kernbereich der richterlichen Entscheidungstätigkeit gehört und einer Nachprüfung im Ablehnungsverfahren nach § 42 ZPO grundsätzlich verschlossen bleibt. Ist ein Rechtsmittel gegen die Verfahrenshandlung nicht gegeben, soll ein solches nach dem Willen des Gesetzgebers auch nicht auf dem „Umweg“ der Richterablehnung geschaffen werden (BGH, NJW 2002, 3396; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 W 42/2011 - Juris, m. w. N.; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 30. Auflage 2013, § 42, Rn. 28 m. w. N.). Etwas anderes gilt nur, wenn das prozessuale Vorgehen des abgelehnten Richters so grob fehlerhaft ist, dass sich auch bei einer verständig urteilenden Partei der Anschein der Voreingenommenheit des Richters geradezu aufdrängen muss. Dies ist dann der Fall, wenn die Prozessführung des abgelehnten Richters einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und der Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken grob missachtet oder sich so weit von dem normalen geübten Verfahren entfernt, dass eine Prozessleitung den Anschein von Willkür erweckt und sich für die Beteiligten der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung geradezu aufdrängen muss (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Juni 2006, Aktenzeichen 3 W 89/12). So liegt der Fall hier nach dem oben Dargelegten erkennbar nicht.

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Soweit in Folge der gerichtsinternen Abgabe des Verfahrens mit dem ursprünglichen Aktenzeichen 3 O 478/13, dem Neueintrag in das Referat 4 O und der Verbindung dieses Verfahrens mit dem früher anhängigen Verfahren 4 O 242/13 über einen kurzen Zeitraum Schreiben beim Prozessbevollmächtigten der Beklagten eingegangen sein sollten, die ohne genaue Aktenkenntnis nicht ohne weiteres verständlich gewesen sein mögen, spielt dies im Rahmen der hier zu prüfenden Richterablehnung ersichtlich keine Rolle. Für die anwaltlich vertretenen Beklagten war insoweit spätestens mit Zugang des Beschlusses vom 14. November 2013 ohne weiteres Inhalt und Ursache dieser Schreiben nachzuvollziehen. Damit war für sie auch erkennbar, dass in der Prozessleitung durch die abgelehnte Richterin unter Zugrundelegung des Maßstabes der Wahrnehmung einer objektiven, verständig urteilenden Partei keine Benachteiligungsabsicht im Hinblick auf die Beklagten gelegen haben kann (vgl. etwa BGH NJW 1995, 1677; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 30. Auflage 2013, § 42 Rn. 9). Das gleiche gilt für die von den Beklagten beanstandeten Verzögerungen (von wenigen Tagen) bei der Übermittlung der verfahrensleitenden Entscheidungen der abgelehnten Richterin. Aus der Akte ergibt sich, dass sämtliche dieser Entscheidungen zeitnah durch die Richterin getroffen worden sind (etwa die Ablehnung des Fristverlängerungsantrages vom 19. November 2013 mit Beschluss vom 21. November 2013). Auf die möglicherweise zu geringfügigen Verzögerungen führenden Umstände wie Aktenlaufzeit oder Postlaufzeit hat die abgelehnte Richterin dagegen keinen Einfluss.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Wert des Beschwerdeverfahrens richtet sich gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO nach dem Streitwert der Hauptsache (BGH, Beschluss vom 6. April 2006 - V ZB 194/05 - Juris).

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