Urteil vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (Senat für Landwirtschaftssachen) - 4 U 111/17 Lw


Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Alzey vom 20. Juli 2017 - Az.: Lw 9/17 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1 der amtsgerichtlichen Urteilsformel wie folgt lautet:

Der Beklagte wird verurteilt, 29,80 Zahlungsansprüche (ZA) auf Herrn S. B., ..., mit der Unternehmensnummer ... zu übertragen und die Übertragung an die zuständige Kreisverwaltung ... zu melden.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil und das angefochtene Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Alzey sind im Kostenpunkt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor Beginn der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten u. a. um die Übertragung von Zahlungsansprüchen nach Beendigung eines Pachtverhältnisses über Landwirtschaftsflächen.

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Der Beklagte pachtete mit schriftlichem Vertrag vom 22. Juni 2007 (in Kopie Bl. 5-11 d.A.) für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2016 von den Klägern landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 29,7871 ha sowie 29,80 Zahlungsansprüche. Nach § 3 Abs. 3 des Vertrages verlängert sich die Pachtzeit auf unbestimmte Dauer, wenn er nicht spätestens am dritten Werktag des vorletzten Jahres vor Pachtende schriftlich gekündigt wird. In § 2 des Vertrages ist bestimmt, dass das Pachtverhältnis über die Zahlungsansprüche mit dem Pachtverhältnis der Fläche endet.

3

Der Pachtvertrag endete nach ordnungsgemäßer Kündigung durch die Kläger am 31. Dezember 2016. Der Beklagte gab die landwirtschaftlichen Flächen zum 31. Dezember 2016 an die Kläger heraus, verweigerte aber die Übertragung von 29,8 Zahlungsansprüchen, die ihm im Jahre 2015 gemäß Art. 24 Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 für die von den Klägern gepachteten Flächen neu zugeteilt worden waren. Die Kläger haben die Flächen ohne Zahlungsansprüche an den Landwirt S. B. weiterverpachtet und diesem eine Option auf die von dem Beklagten zurückgehaltenen Zahlungsansprüche eingeräumt.

4

Die Kläger nehmen den Standpunkt ein,
dass der Beklagte aufgrund der pachtvertraglichen Regelungen auch zur Übertragung der ihm an Stelle der Ende 2014 verfallenen „alten“ Zahlungsansprüche im Jahr 2015 neu zugeteilten Zahlungsansprüche verpflichtet sei.

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Die Kläger haben beantragt,

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1. den Beklagten zu verurteilen, 29,80 Zahlungsansprüche (ZA) auf Herrn S. B., ..., mit der Unternehmensnummer ... zu übertragen und sämtliche hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber der zuständigen Kreisverwaltung ..., abzugeben

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und

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2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der den Klägern entsteht, wenn bis zum Stichtag (15. Mai 2017) die 29,80 Zahlungsansprüche nicht gemäß dem Antrag zu Ziffer 1 übertragen werden.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er vertritt die Rechtsmeinung,
dass ihm die Rückgabe der von ihm ursprünglich gepachteten 29,8 Zahlungsansprüche rechtlich unmöglich sei, da diese durch Art. 21 Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 mit Ablauf des Jahres 2014 in Wegfall geraten seien. Die ihm neu zugeteilten Zahlungsansprüche seien an ihn als Bewirtschafter der verpachteten Fläche vergeben worden und nicht an die Eigentümer. Der mit den Klägern abgeschlossene Vertrag enthalte keine Regelung dahin, dass nach Pachtende auch während der Pachtzeit neu zugeteilte Zahlungsansprüche an die Verpächter zu übertragen seien. Er sei auch nicht verpflichtet, die Zahlungsansprüche an Dritte herauszugeben.

12

Das Erstgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es ist der Ansicht, dass aufgrund ergänzender Vertragsauslegung der Beklagte verpflichtet sei, die für die verpachtete Fläche neu zugeteilten Zahlungsansprüche an die Kläger zu übertragen. Der wirtschaftliche Sinn des Pachtvertrages gebiete eine Übertragung der neu begründeten Zahlungsansprüche an die Kläger bzw. an eine von diesen benannte Person nach Beendigung des Pachtverhältnisses.

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Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Berufung des Beklagten, mit der er sein Ziel einer Klageabweisung in vollem Umfang weiterverfolgt.

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Er vertritt weiterhin die Ansicht,
dass keine Anspruchsgrundlage für eine Übertragung der neuen Zahlungsansprüche an die Kläger bzw. an den von ihnen benannten neuen Pächter bestehe.

15

Der Beklagte beantragt,

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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

17

Die Kläger beantragen,

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die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass in Ziffer 1 der Formel des amtsgerichtlichen Urteils anstelle der Abgabe einer Willenserklärung die Verpflichtung des Beklagten zur Meldung der Übertragung von Zahlungsansprüchen an die zuständige Prämienstelle des Landes Rheinland-Pfalz ausgesprochen werden soll.

19

Sie verteidigen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

20

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze und beigefügten Anlagen Bezug genommen.

II.

21

Die Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

22

Die Kläger haben nach Beendigung des Pachtvertrages gegen den Beklagten einen Anspruch auf Übertragung der diesem als Betriebsinhaber im Jahr 2015 für die von den Klägern gepachteten landwirtschaftlichen Flächen neu zugeteilten 29,80 Zahlungsansprüche gemäß der vertraglichen Vereinbarung vom 22. Juni 2007 in Verbindung mit § 285 BGB. Verlangt werden kann dabei auch die direkte Übertragung der Zahlungsansprüche an einen von den Klägern benannten Dritten (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2009, LwZR 11/08, zitiert nach juris). Von dem Anspruch erfasst ist auch - wie in der Sitzung des Senats vom 18. Januar 2018 von den Klägern klarstellend beantragt (§ 264 ZPO) - die Verpflichtung des Beklagten, die Übertragung der Zahlungsansprüche an die zuständige Landwirtschaftsbehörde zu melden.

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Nach § 2 des Pachtvertrages i.V.m. der beigefügten „Anlage zur ZA-Übergabe“ wurden dem Beklagten 29,8 Zahlungsansprüche übertragen. Die Übertragung war befristet bis zum 31. Dezember 2016. Aufgrund der ordnungsgemäßen Kündigung der Kläger kam eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit gemäß § 3 Abs. 3 des Pachtvertrages nicht in Betracht. Ohne die erneute Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wäre der Beklagte nach Beendigung des Pachtverhältnisses verpflichtet gewesen, die ihm verpachteten Zahlungsansprüche wieder an die Kläger zu übertragen. Die ursprünglichen Zahlungsansprüche sind indes aufgrund Art. 21 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 mit Ablauf des 31. Dezember 2014 in Wegfall geraten. Damit wurde dem Beklagten als Rückgewährschuldner die Leistung durch Rückübertragung der von ihm gepachteten Zahlungsansprüche rechtlich unmöglich und er wurde von seiner darauf gerichteten Leistungsverpflichtung frei (§ 275 Abs. 1 BGB). An die Stelle der „alten“ Zahlungsansprüche traten aber eine gleich hohe Anzahl „neuer“ Zahlungsansprüche, die sich von den durch die gesetzliche Neuregelung des EU-Förderrechts untergegangenen Zahlungsansprüchen in der Sache nicht unterscheiden. Diese als Ersatz neu zugeteilten Zahlungsansprüche (stellvertretendes Commodum) muss der Beklagte an die Kläger nach § 285 Abs. 1 BGB herausgeben.

24

§ 285 Abs. 1 BGB bestimmt hierzu Folgendes:

25

„Erlangt der Schuldner infolge des Umstandes, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.“

26

Die Vorschrift beruht auf dem Gedanken, dass dem Gläubiger, der den Anspruch auf die Leistung verloren hat, als Ausgleich das stellvertretende Commodum gebührt, das im Vermögen des Schuldners an die Stelle der nicht mehr zu erbringenden Leistung getreten ist. Sie hat den Zweck, eine in der Sache unrichtige Verteilung von Vermögenswerten auszugleichen (BGH NJW 1988, 2345; NJW-RR 2005, 241). Konstruktiv handelt es sich um einen Fall schuldrechtlicher Surrogation. Die angeordnete Rechtsfolge entspricht in der Regel dem mutmaßlichen Parteiwillen, so dass § 285 BGB ein gesetzlich geregelter Fall ergänzender Vertragsauslegung ist. Zwischen dem Ereignis, das zum Erlöschen der Leistungspflicht geführt hat, und der Erlangung des Surrogats muss ein adäquater Ursachenzusammenhang bestehen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 285 Rdnr. 7). Ferner muss Identität zwischen verlorenem und gewonnenem Gegenstand bestehen (vgl. BGH NJW-RR 1988, 903; BGHZ 25, 9; BGH NJW 2006, 2323).

27

Dies ist vorliegend der Fall.

28

Die grundlegende Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe diente der Einführung des Systems einer einheitlichen Betriebsprämie zum 1. Januar 2005; die Direktzahlungsregelungen sind zudem mit einem integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem verknüpft. Im Zuge der damaligen Agrarreform wurden die bisherigen Einzelprämien, die Landwirten für die pflanzliche und tierische Erzeugung gewährt wurden, von der Produktion entkoppelt. Die landwirtschaftliche Erzeugung sollte nicht (mehr) produktbezogen gefördert werden, sondern das landwirtschaftliche Einkommen wurde durch eine einheitliche Betriebsprämie gestützt. Neben dem Betriebsmodell (Art. 33 ff Verordnung (EG) Nr. 1782/2003) bestand die Möglichkeit, die Reform in einem Alternativmodell (Art. 58 ff Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, sogenanntes Regionalmodell) bzw. in mehreren Mischmodellen umzusetzen. In Deutschland wurde eine Kombination aus Betriebsprämien- und Regionalmodell (sogenanntes Kombimodell) angewandt, das bis zum Jahr 2013 in ein reines Regionalmodell umgewandelt wurde (vgl. § 6 Betriebsprämiendurchführungsgesetz a. F.: Anpassung des Zahlungsanspruchs eines Betriebsinhabers in den Jahren 2003 bis 2013 zu einem für jede Region einheitlichen Zahlungsanspruch). Die „Zahlungsansprüche“ bildeten den zentralen Begriff des neuen Fördersystems (Art. 43 ff Verordnung (EG) Nr. 1782/2003). Die Betriebsprämienregelung bestand in ihrem Kern aus diesen sogenannten Zahlungsansprüchen, die den Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe zu Beginn der Regelung (einmalig) neu zugeteilt wurden und auf deren Grundlage die Betriebsinhaber - soweit sie weitere Voraussetzungen erfüllten - jährlich die Gewährung der Betriebsprämien beantragen konnten. Die Anzahl der einem Betrieb zugewiesenen Zahlungsansprüche richtete sich im Grundsatz nach der bewirtschafteten Fläche des Betriebsinhabers am Antragsstichtag (ein Zahlungsanspruch je ha); auf diese auf die Fläche bezogenen Beträge konnten dann betriebsindividuelle Beträge aufgeschlagen werden. Diese richteten sich nach dem durchschnittlichen Prämienaufkommen im Referenzzeitraum 2000 bis 2002 (§ 5 Abs. 2 Betriebsprämiendurchführungsgesetz a. F.) bzw. der verfügbaren Milchquote (Art. 37, 38 und 62 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003); sie konnten in Härtefällen sowie für Betriebsinhaber in besonderer Lage erhöht bzw. durch besondere zusätzliche Referenzbeträge ergänzt werden.

29

Durch die ab dem 1. Januar 2009 geltende Verordnung (EG) Nr. 73/2009 wurde u.a. die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 ersetzt (Art. 146 Abs. 1 der Verordnung). Das System der Zahlungsansprüche wurde aber beibehalten (Art. 33 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009).

30

Alsdann wurde die (aktuelle) Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates erlassen, die ab dem 1. Januar 2015 gilt.

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In der EU-Agrarreform 2015 liegt indes kein grundsätzlicher Systemwechsel. Auch nach dieser Neuregelung werden den Betriebsinhabern, die landwirtschaftliche Flächen bewirtschaften, Zahlungsansprüche zugewiesen (vgl. Art. 24 Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).

32

Nach Art. 24 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013 entspricht die Zahl der je Betriebsinhaber 2015 zuzuweisenden Zahlungsansprüche der Zahl der beihilfefähigen Hektarflächen, die der Betriebsinhaber in seinem Beihilfeantrag für 2015 angemeldet hat. Diese bilden die Grundlage für die einem Betriebsinhaber zu gewährende Basisprämie, sofern er im jeweiligen Antragsjahr die übrigen Voraussetzungen erfüllt. Die jeweiligen Zahlungsansprüche müssen aktiviert werden. Darunter ist die Anmeldung von Zahlungsansprüchen in Verbindung mit einer entsprechenden Anzahl beihilfefähiger Flächen durch den Betriebsinhaber im Rahmen eines jährlich zu stellenden Sammelantrags zu verstehen. Ein Zahlungsanspruch ist mit jeweils einem Hektar beihilfefähiger Fläche zu aktivieren.

33

Auch die „neuen“ Zahlungsansprüche auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 sind handelbar und können auch ohne eine entsprechende Fläche rechtsgeschäftlich übertragen werden.

34

Dies belegt, dass im Vergleich zu den Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 und Nr. 73/2009 der europäische Verordnungsgeber nicht etwas grundlegend Neues konzipiert, sondern nur eine Modifizierung bzw. geänderte Gewichtung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik vorgenommen hat. Nunmehr können Landwirte neben der auf den Zahlungsansprüchen beruhenden Basisprämie auch noch Prämien für Junglandwirte oder für die Einrichtung von Greeningflächen geltend machen. Ein Paradigmenwechsel im EU-Förderrecht ergibt sich hieraus jedoch gerade nicht. Insofern sind die nach der bewirtschafteten Fläche zugeteilten Zahlungsansprüche nichts anderes als die früher zugeteilten Zahlungsansprüche. Die Reform zum Jahreswechsel 2014/2015 ist mit der grundlegenden Subventionsreform aus dem Jahre 2003 nicht vergleichbar.

35

Der von den Klägern geltend gemachte Übertragungsanspruch scheitert auch nicht daran, dass die Kläger selbst keinen landwirtschaftlichen Betrieb mehr betreiben. Denn die „Rückgabe“ kann wegen der Verkehrsfähigkeit der Zahlungsansprüche von dem Berechtigten auch an einen Dritten verlangt werden.

2.

36

Selbst wenn die Bestimmung des § 285 Abs. 1 BGB auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sein sollte, hätten die Kläger jedenfalls im Wege ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) den erstinstanzlich ausgeurteilten Anspruch auf Übertragung der dem Beklagten während der Pachtzeit „neu“ zugeteilten Zahlungsansprüche.

37

Dies setzt voraus, dass der Pachtvertrag der Parteien eine unbewußte Regelungslücke enthält. Dies ist dann der Fall, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen läßt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen. Ohne die Vervollständigung des Vertrages muss eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen sein. Dabei ist es gleichgültig, ob die Lücke von Anfang an bestanden hat oder nachträglich entsteht (BGH NJW-RR 2008, 562 Tz 14). Die Regelungslücke ist in der Regel darauf zurückzuführen, dass die Parteien an einen bestimmten regelungsbedürftigen Punkt nicht gedacht haben, dass sie eine Regelung für nicht erforderlich hielten oder dass sich die bei Vertragsschluss bestehenden wirtschaftlichen oder rechtlichen Verhältnisse nachträglich geändert haben.

38

So verhält es sich hier.

39

Bei Abschluss des Pachtvertrages der Parteien am 22. Juni 2007 war nicht voraussehbar, dass eine erneute Reform des EU-Förderrechts erfolgen würde, welche die alten Zahlungsansprüche während der Pachtzeit wegfallen lässt, aber zugleich die Beantragung neuer Zahlungsansprüche durch den Bewirtschafter der Pachtflächen vorsieht. Es besteht für den Senat kein Zweifel daran, dass die Parteien, wenn sie diese Möglichkeit bedacht hätten, nach Treu und Glauben und unter angemessener Abwägung ihrer jeweiligen Interessen auch eine Übertragung von während der Pachtzeit „neu“ zugeteilter Zahlungsansprüche anstelle der mitverpachteten Zahlungsansprüche an die Verpächter nach Ablauf der Pachtzeit verabredet hätten (im Ergebnis so auch AG Papenburg, Urteil vom 22. Dezember 2016, -16 Lw 39/16 -, zitiert nach juris).

40

Eine andere Bewertung widerspräche Sinn und Zweck der vertraglichen Regelung der Parteien und würde zu einem nicht gerechtfertigten Zufallsgewinn des Beklagten führen (vgl. auch BGH, Urteil vom 24. April 2009, - LwZR 11/08, zitiert nach juris, Rdnr. 28).

41

3. Da sich der Beklagte mit der Übertragung der Zahlungsansprüche im Verzug befindet, hat das Erstgericht auch mit Recht der Feststellungsklage über die Schadensersatzpflicht stattgegeben. Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass zu einer von der Bewertung des Erstgerichts abweichenden tatsächlichen oder rechtlichen Beurteilung.

III.

42

Die Kostenentscheidung und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

43

Der Senat lässt die Revision zu, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Rechtsfrage, ob bei der ursprünglichen Verpachtung „alter“ Zahlungsansprüche nach dem Pachtende die zwischenzeitlich auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 „neu“ begründeten Zahlungsansprüche auf den Verpächter übertragen werden müssen, hat über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die landwirtschaftlichen Verkehrskreise und kann sich auch weiterhin in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen. Ober- und höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu liegt, soweit für den Senat ersichtlich, noch nicht vor.

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