Urteil vom Sozialgericht Stralsund (3. Kammer) - S 3 KR 24/10

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2010 dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin vom 15. Januar 2010 bis zum 10. September 2010 Krankengeld zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Krankengeld.

2

Die Klägerin ist hauptberuflich als selbstständige Rechtsanwältin tätig und bei der Beklagten seit 1998 freiwillig krankenversichert. Mit der am 25. November 2009 bei der Beklagten eingegangenen Wahlrechtserklärung beantragte sie den Einschluss eines Anspruchs auf Krankengeld vom 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Sie versicherte, dass ihr aktueller Einkommenssteuerbescheid positives Arbeitseinkommen aufweisen würde, welches bei Arbeitsunfähigkeit entfallen würde.

3

Mit der am 4. Dezember 2009 ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigte die die Klägerin behandelnde FÄ für Allgemeinmedizin den erstmals am gleichen Tag festgestellten Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit seit dem 4. Dezember 2009 bis voraussichtlich 3. Januar 2010.

4

Die Beklagte befragte daraufhin die behandelnden Ärztin, die mitteilte, dass aufgrund eines „Mamma Ca links“ ab dem 4. Dezember 2009 eine Arbeitsunfähigkeit bestehen würde. Der ebenfalls beigefügten Kurzepikrise der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Greifswald ist u.a. zu entnehmen, dass sich die Klägerin seit dem 24. November 2009 wiederholt aufgrund eines Mammakarzinoms links in der dortigen ambulanten Behandlung befunden habe. Zum Verlauf ist dort zu entnehmen, dass die erste Kur der Chemotherapie am 8. Dezember 2009 komplikationslos appliziert und von der Klägerin gut toleriert worden sei.

5

Außerdem holte die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Der Gutachter Dr. med. Pfl. teilte auf die dem Gutachten zugrunde liegende Nachfrage mit, dass am 25. November 2009, dem Zeitpunkt der Beantragung der Änderung der freiwilligen Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld bereits die Mamma-Ca-Erkrankung bekannt gewesen sei. Diese Erkrankung sei bereits im November 2009 in einer Stanzbiopsie vom 6. November 2009 nachgewiesen worden. Eine Portimplantation zur geplanten Chemotherapie sei ebenfalls im November 2009 erfolgt. Eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Diagnose Mamma-Ca links sei jedoch erst am 4. Dezember 2009 ausgestellt worden, obwohl aufgrund dieser Erkrankung bereits (medizinisch nachvollziehbar) am 23. November 2009 vom Steuerberater im Auftrage der Patientin die Herabsetzung der Beiträge zur Krankenversicherung beantragt worden sei, da keinerlei Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zu erzielen seien. Aus medizinischer Sicht habe im November bereits derselbe Gesundheitszustand bestanden wie zum Zeitpunkt der attestierten Arbeitsunfähigkeit am 4. Dezember 2009. Es sei somit davon auszugehen, dass die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Diagnose Mamma-Ca nicht erst am 4. Dezember 2009, sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt im November 2009 eingetreten sei.

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Mit Bescheid vom 5. Januar 2010 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld mit der Begründung ab, weil davon auszugehen sei, dass die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Diagnose Mamma-Ca nicht erst am 4. Dezember 2009, sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt im November 2009 eingetreten sei. Sei ein Mitglied zum Zeitpunkt der Abgabe der Wahlerklärung für das gesetzliche Krankengeld bereits arbeitsunfähig gewesen, dann wirke die Wahlerklärung erst zum dem Tag, der auf das Ende dieser Arbeitsunfähigkeit folge. Für eine Arbeitsunfähigkeit, die bei Beginn der Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld bereist bestehen würde, sei der Krankengeldanspruch somit ausgeschlossen.

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Mit dem hiergegen am 19. Januar 2010 erhobenen Widerspruch beanspruchte die Klägerin nach wie vor die Gewährung von Krankengeld unter Bezugnahme auf die von ihr abgegebene Wahlerklärung und die schriftlich erteilte Bestätigung zur Ergänzung ihres Versicherungsschutzes ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit zum 1. Dezember 2009. Der Beklagten sei zum damaligen Zeitpunkt ihre Erkrankung bekannt gewesen. Ihr sei ausdrücklich bestätigt worden, dass diese für den Wechsel in den Wahltarif zum 1. Dezember 2009 keine Rolle spielen würde. Weiterhin machte sie geltend, dass zum 1. Dezember 2009 bei ihr noch keine Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Sie habe im Monat November und auch Anfang Dezember 2009 noch ihre berufliche Tätigkeit als Rechtsanwältin ausgeübt, soweit sie sich nicht diagnostischen Maßnahmen habe unterziehen müssen. Insoweit bezog sie sich auf eine entsprechende Bestätigung ihrer Sozietätspartnerin. Der Inhalt des angeführten Schreibens des Steuerberaters würde hierzu nicht im Widerspruch stehen, da dort eine zukünftige Reduzierung des Einkommens angegeben worden sei. Bis zum 31. Dezember 2009 sei tatsächlich auch keine Einkommensreduzierung eingetreten. Am 24. November 2009 habe nur eine Vorstellung, keine Behandlung in der Universitätsfrauenklinik stattgefunden. Ein Befundbericht über eine Stanzbiopsie könne nur das Ergebnis der durchgeführten Untersuchung dokumentieren, nicht aber den Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie wiederholt unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK, dass bereits im November 2009 eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Die Klägerin könne daher aus Anlass der ab 4. Dezember 2009 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit keinen Krankengeldanspruch geltend machen, weil ihre Mitgliedschaft den Anspruch nicht umfassen würde. Die Klägerin könne auch keinen Schadenersatzanspruch aus ggf. fehlerhafter bzw. unvollständiger Beratung ableiten. Das Bestehen eines Krankengeldanspruchs sei ihr auch nicht im Rahmen der Beratung zugesichert worden, weil eine etwaige Zusicherung zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form bedurft habe.

9

Mit der am 12. März 2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Anspruch weiter. Sie wiederholt und vertieft ihre Widerspruchsbegründung. Die Beklagte differenziere nicht ausreichend zwischen dem Beginn der Erkrankung und dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Es mag sein, dass die Erkrankung bereits im November 2009 vorgelegen habe. Diese Erkrankung habe aber nicht zur Arbeitsunfähigkeit geführt. Sie behauptet erneut, dass sie bis zum Beginn der Chemotherapie ihrer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin nachgegangen sei. Erst die Aufnahme der Chemotherapie habe zur Arbeitsunfähigkeit geführt, da diese mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden gewesen sei, wie das ärztliche Attest von Frau Dr. med. B. vom 4. April 2010 bestätigen würde. Die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bereits am 4. Dezember 2009 würde aus der Tatsache resultieren, dass der 4. Dezember 2009 ein Freitag gewesen sei, und am 7. Dezember (Montag) die Voruntersuchungen stattgefunden hätten, die Voraussetzung gewesen seien, um die Chemotherapie am 8. Dezember 2009 aufnehmen zu können. Soweit die Beklagte auf den Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente Bezug nehmen würde, habe zu diesem noch keine Erwerbsminderung vorgelegen. Vielmehr sei dieser Antrag nur vorsorglich gestellt worden.

10

Ergänzend meint sie, die Entstehung des Krankengeldanspruchs würde lediglich von der Abgabe der Wahlerklärung abhängig sein. Die Rechtauffassung der Beklagten, dass ein Mitglied, das zum Zeitpunkt der Abgabe der Wahlerklärung arbeitsunfähig sei oder bei dem die Arbeitsunfähigkeit zwischen dem Tag der Abgabe und dem Tag des Wirksamwerden der Wahlerklärung eintrete, die Wahlerklärung erst zu dem Tag wirken würde, der auf das Ende dieser Arbeitsunfähigkeit folgen würde, würde in der Gesetzesfassung auch nicht ansatzweise eine Stütze finden. Vielmehr habe der Gesetzgeber bezüglich des Entstehens des Krankengeldanspruchs keine Einschränkungen vorgenommen. Hinzu komme noch, dass in § 319 Abs. 3 SGB V vorgesehen sei, dass bis zum 30. September 2009 sogar eine Wahlerklärung abgegeben werden konnte, die auf den 1. August 2009 zurückwirke. Auch bei Pflichtmitgliedern dürfte unstreitig sein, dass auch dann, wenn ein Arbeitsverhältnis begründet werde, das sozialversicherungspflichtig sei, und bei dem der Arbeitnehmer krank sei, Leistungen der Krankenkasse erfolgen müssten. Es seien keine Gründe ersichtlich, dass etwas anderes für freiwillige Mitglieder gelten solle. Auf die Verhältnisse in der privaten Krankenversicherung käme es hier nicht an.

11

Darüber hinaus macht sie eine Verletzung der Informationspflichten der Beklagten über die Möglichkeit der Abgabe einer Wahlerklärung und einen hieraus folgenden Anspruch auf Zahlung von Krankengeld aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend. Es werde bestritten, dass eine entsprechende Information in der Mitgliederzeitschrift erfolgt sei. Die Information in der Ausgabe 6/08 habe den Zeitraum bis zum 31. Juli 2009 betroffen. Eine individuelle Information der freiwillig Versicherten sei ebenfalls nicht erfolgt. Von den Versicherten hätte nicht verlangt werden können, dass sie die unübersichtliche Rechtslage im Jahre 2009 gekannt haben. Dies gelte auch für sie als Angehörige eines rechtsberatenden Berufes. Sie behauptet, hätte sie eine entsprechende Information erhalten, hätte sie rückwirkend zum 1. August 2009 innerhalb der Frist bis zum 20. September 2009 die Wahlerklärung abgegeben.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid vom 5. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie ab dem 15. Januar 2010 ein Krankengeld in Höhe von 87,50 € kalendertäglich fortlaufend zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

16

Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend meint sie, die von der Klägerin vertretene Auffassung, dass bei ihr frühestens ab dem 4. Dezember 2009 bzw. ab dem 8. Dezember 2009 Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei, sei nicht nachvollziehbar. Die letztlich erst am 4. Dezember 2009 attestierte Arbeitsunfähigkeit habe sowohl aus der subjektiven Wahrnehmung der Klägerin als auch objektiv betrachtet bereits bei der von der Klägerin am 25. November 2009 vorgenommenen Ausübung des Wahlrechts hinsichtlich einer freiwilligen Krankenversicherung mit Krankengeldanspruch bestanden. Im Einzelnen trägt die Beklagte hierzu vor, dass das Attest der Universitätsklinik Greifswald vom 3. April 2010 die Arbeitsunfähigkeit für die Dauer der Chemotherapie aufgrund der eingetretenen Nebenwirkungen ab dem 8. Dezember 2009 bestätigen würde. Tatsächlich sei aber bereits ab dem 4. Dezember 2009 Arbeitsunfähigkeit attestiert worden, also bereits vor Beginn und insoweit unabhängig von den Folgewirkungen der Chemotherapie. Die Arbeitsunfähigkeit habe dementsprechend nicht erst mit dem Beginn der Chemotherapie vorgelegen. Zudem habe sich die Klägerin mit dem Wissen um ihre schwerwiegende Erkrankung bei ihr erstmalig bereits am 23. November 2009 zu den Möglichkeiten eines Krankengeldanspruchs informiert. Dazu würde passen, dass sie aufgrund der anstehenden Chemo- und Strahlentherapie zur Behandlung des Brustkrebses schon im November 2009 einen Fahrausweis für bereits anstehende Termine beantragt habe, der auch genehmigt worden sei. Es sei also bereits hier absehbar gewesen, dass aufgrund der Erkrankungen Arbeitsunfähigkeit vorliegen würde. Auch die durch den Steuerberater beantragte Herabsetzung der Beiträge zur Krankenversicherung und der am 24. November 2009 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund gestellte Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung lege die Annahme nahe, dass Klägerin selbst von einem Gesundheitszustand mit einhergehender Erwerbsminderungsqualität ausgegangen sei, und sie bei Abgabe der Wahlerklärung bereits Arbeitsunfähig gewesen sei. Der Umstand, dass die Klägerin vor der Chemotherapie noch in der Kanzlei tätig gewesen sei, würde hieran nichts ändern. Eine Tätigkeit könne man auch trotz objektiv bestehender Arbeitsunfähigkeit aufnehmen bzw. fortsetzen. Es sei insoweit ausreichend, dass die Klägerin hierzu nicht mehr in dem Umfang wie vorher in der Lage gewesen sei.

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Weiter macht die Beklagte geltend, dass sie ihren Informationspflichten bezüglich der Änderungen bei den Krankengeldansprüchen von freiwillig versicherten Selbstständigen ab dem 1. August 2009 in ausreichendem Umfang nachgekommen sei. Neben Informationen in ihrer Mitgliederzeitung (Ausgabe 6/2008) zum Wegfall des gesetzlichen Krankengeldanspruchs ab dem 1. Januar 2009 sowie der Möglichkeit des Abschlusses von Krankengeld-Wahltarifen habe sie all diejenigen Versicherten über die kurzfristig verabschiedete gesetzliche Änderung zum 1., August 2009 persönlich oder schriftlich informiert und insoweit auch nur informieren müssen, die entweder zuvor bis zum 31. Dezember 20098 mit Anspruch auf Krankengfeld versichert gewesen seien und/oder danach einen Krankengeld-Wahltarif abgeschlossen hatten. Die seit dem 1. Juni 1998 bei ihr als freiwilliges Mitglied versicherte Klägerin gehöre nicht zu diesem Personenkreis.

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Schließlich meint sie, dass bei zu unterstellender Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Abgabe der Wahlerklärung nach wie vor davon auszugehen sei, dass die Wahlerklärung erst zu dem Tag wirken würde, der auf das Ende der Arbeitsunfähigkeit folgen würde. Insoweit bezieht sie sich auf die in dem gemeinsamen Rundschreiben des Spitzenverbandes Bund vom 25. August 2009 vertretene Rechtsauffassung. Die von der Klägerin vertreten Rechtsauffassung widerspreche dem Prinzip einer solidarischen Risikoversicherung wie der Krankenversicherung, und würde dazu führen, dass der Versicherte immer solang warten könne, bis der Versicherungsfall eintritt, um bei sich in Grenzen haltender zusätzlicher Beitragszahlung in erster Linie nur die Leistung (gleichsam zum Nulltarif) in Anspruch zu nehmen. Es sei nebenbei jeder Versicherungsoption fremd, dass sie auch dann noch in Anspruch genommen werden könne, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten sei. Von maßgeblicher Bedeutung dürfte hier sein, inwieweit sich das Verhalten der Klägerin seinerzeit als möglicherweise manipulatorisch und rechtsmissbräuchlich dargestellt habe. Sie sei stets ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen und sei erst vor dem Hintergrund einer schweren Erkrankung und des damit einhergehenden Einkommensverlustes bei ihr vorstellig geworden, um entsprechende Ansprüche zu erhalten. Der Versicherungsfall sei schon eingetreten gewesen und habe nachträglich eine Absicherung erfahren.

19

Die Kammer hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen sowie Beweis erhoben durch einen Befundbericht der FÄ für Allgemeinmedizin D. med. L. vom 26. Mai 2011. Darüber hinaus hat sie eine Auskunft der Beklagten sowie des Prozessbevollmächtigten der Klägerin über die Dauer der bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeiten eingeholt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf sowie auf die Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

21

Der mit der hier statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG) angefochtene Bescheid vom 5. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat nämlich einen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld ab dem 15. Januar 2010 bis zum 10. September 2010. Die Kammer hat deshalb antragsgemäß den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG dem Grunde nach verurteilt, an sie ab dem vorgenannten Zeitpunkt Krankengeld zu zahlen.

1.

22

Rechtsgrundlage für die Verurteilung der Beklagte ist hier § 44 Abs. 1 1. Alternative des 5. Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht.

23

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 25. November 2009 als freiwilliges Mitglied mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert, und es unterliegt nach Auffassung der Kammer nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung der in den beigezogenen Verwaltungsakten befindlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Frau Dr. med. L. vom 4. Dezember 2009 sowie der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung der Frau Dr. med. B. vom 4. April 2010 und dem von der Kammer im Verfahren eingeholten Befundbericht der Frau Dr. med. L. keinen Zweifeln (und wird im Übrigen auch von der Beklagten jedenfalls ab diesem Zeitpunkt nicht in Zweifel gezogen), dass die Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seit dem 4. Dezember 2009 fortlaufend arbeitsunfähig im Sinne des Gesetzes ist. Die Auskunft der Beklagten vom 18. November 2011 sowie die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergänzend übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bestätigen im Übrigen die unveränderte Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bis zum 10. September 2010. Die Zahlung des Krankengeldes beginnt somit entsprechend der Satzung der Beklagten mit dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit und endet gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V aufgrund der ab dem 11. September 2010 bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Ablauf des 10. September 2010.

24

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch auf Krankengeld hier nicht gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (in der am dem 1. August 2009 geltenden Fassung des Art 46 Abs. 10 des GKV-WettbewerbsstärkungsG vom 26. März 2007, BGBl I S. 378) ausgeschlossen, sondern das Versicherungsverhältnis umfasste zum hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am 4. Dezember 2009 auch einen Anspruch auf Krankengeld. Die Klägerin zählt zwar als selbstständige Rechtsanwältin zu dem dort genannten Personenkreis der hauptberuflich selbstständigen Erwerbspersonen, bei denen ein Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich ausgeschlossen ist. Sie hat jedoch ausweislich des am 25. November 2009 bei der Beklagten eingegangenen Schreibens erklärt, dass ihre freiwillige Mitgliedschaft auch den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Die Wahlerklärung ist von der Klägerin rechtswirksam vor dem Eintritt des Versicherungsfalles erklärt worden und hat zur Folge, dass sich das bestehende Versicherungsverhältnis mit Wirkung vom Zeitpunkt ihres Zugangs um den Anspruch auf Krankengeld erweitert.

a)

25

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestimmt das bei Entstehung des Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als "Versicherter" einen Anspruch auf Krankengeld hat. Entscheidend ist damit nicht das Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Eintritts der Krankheit, sondern der Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 46 Satz 1 SGB V. Denn für den Krankengeldanspruch ist nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des BSG für die Prüfung des Versicherungsfalles „Zahlung von Krankengeld“ weder auf den Beginn der Krankheit noch auf den "wirklichen" Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern grundsätzlich auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 9/06 R -SozR 4-2500 § 47 Nr. 6, Rn. 11 unter Hinweis auf die bereits zuvor ergangenen Urteile des erkennenden Senats: SozR 3-2500 § 44 Nr. 10 S. 32; SozR 4-2500 § 44 Nr. 6 Rn. 5, 24; Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 21/05 R; Urteil vom 30. Mai 2006 - B 1 KR 19/05 R - Rn. 12; ausführlich hierzu z.B. Brandts in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 70. Ergänzungslieferung 2011, § 44 SGB V, Rn. 6 – 9; Schmidt in: Handbuch der Krankenversicherung, Teil II – SGB V, Stand März 2011, § 44, Rn. 33 – 35a; Gerlach in: Hauck/Noftz, Gesamtkommentar Sozialgesetzbuch, SGB V, Stand, K § 44 Rn. 35, 40).

26

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen kommt es deshalb nicht darauf an, dass die Krebserkrankung bereits im Rahmen einer Stanzbiopsie am 6. November 2009 nachgewiesen worden war und sich die Klägerin u.a. seit dem 24. November 2009 im interdisziplinären Brustzentrum der Universitätsfrauenklinik Greifswald in ambulanter Behandlung befunden hat. Entscheidend ist hier demzufolge alleine der Umfang des Krankenversicherungsverhältnisses zum Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit am 4. Dezember 2009 mit Wirkung von diesem Tag.

b)

27

Das Krankenversicherungsverhältnis umfasste zu diesem Zeitpunkt auch einen Anspruch auf Krankengeld. Die Klägerin zählt ohne Zweifel zu dem Personenkreis, welcher gemäß §§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 53 Abs. 6 Satz 1 SGB V berechtigt war, die bereits bestehende Mitgliedschaft um einen Anspruch auf Krankengeld zu erweitern. Die Beitrittserklärung ist eine empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, die hinsichtlich ihrer Gültigkeit den allgemeinem Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über Willenserklärungen (§§ 104 ff BGB) unterliegt (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Mai 2005 – L 1 KR 54/04 – Rn. 25, zitiert nach juris; vgl. auch Brandts, a.a.O., Rn. 68; Schmidt, a.a.O., Rn. 28b). Sie wird mit ihrem Zugang bei der Krankenkasse ohne ein Ablehnungsrecht derselben wirksam und wirkt daher konstitutiv für das ab diesem Zeitpunkt um einen Anspruch auf Krankengeld erweiterte Versicherungsverhältnis (Schmidt, a.a.O., Rn. 28b; vgl. auch Schlegel in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 1. Aufl. 2010, § 11 Wahltarife, Seite 276, Rn. 17). Die Wahlerklärung der Klägerin ist der Beklagten am 25. November 2009 und damit unzweifelhaft vor Eintritt des maßgeblichen Versicherungsfalles zugegangen. Zwar vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Wahlerklärung ihre Wirkung erst zu Beginn des auf den Eingang der Wahlerklärung folgenden Monats entfalten würde (ebenso Gerlach, a.a.O., K § 44 Rn. 341 unter Bezugnahme auf eine entsprechende Verständigung der Spitzenverbände der Krankenkassen). An dieser Rechtsauffassung bestehen allerdings deshalb Zweifel, weil eine derartige Regelung zum Eintritt der Wirksamkeit im SGB V nicht enthalten ist. Ob diese Rechtsauffassung ggf. in dem Inhalt der Satzung der Beklagten oder ggf. in dem Inhalt der Formerklärung: „Der Antrag wirkt frühestens vom 1. des Monats an, der auf den Eingang des Antrags folgt“ eine hinreichende gesetzliche oder vertragliche Grundlage findet, brauchte von der Kammer nicht abschließend entschieden werden, weil auch unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Beklagten die Wahlerklärung ab dem 1. Dezember 2009 und damit ebenfalls vor der Feststellung des Versicherungsfalles wirksam geworden wäre.

c)

28

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Erweiterung des Versicherungsverhältnisses rechtswirksam. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens konnten von der Kammer insbesondere keine Tatsachen für eine rechtsmissbräuchliche oder sittenwidrige Ausübung des Gestaltungsrechts durch die Klägerin festgestellt werden.

29

Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit der Klägerin bestehen hier ebenso wenig wie für die Annahme eines Scheingeschäfts im Sinne des § 177 BGB oder eines Mangels der Ernstlichkeit (§ 118 BGB). Die Beitrittserklärung verstieß auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Die Abgabe der Wahlerklärung unterliegt ebenso wie die Begründung der freiwilligen Mitgliedschaft der freien Entscheidung des Versicherungsberechtigten (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Mai 2005 – L 1 KR 54/04 – Rn. 25). Da Gesetz sieht keine weiteren Beschränkungen der Entscheidung des Versicherungsberechtigten vor. Insoweit teilt die Kammer die Rechtsauffassung des vorgenannten Urteils des 1. Senats des LSG Rheinland-Pfalz (a.a.O.), welcher zutreffend darauf hingewiesen hat, dass es dem Versicherungsberechtigten – wie das BSG bereits entschieden hat (BSG, Urteil vom 19.12.1991 - 12 RK 24/90, SozR 3-5910 § 91 a Nr. 1) - grundsätzlich auch überlassen ist, Entscheidungen zu treffen, die sich für ihn oder andere als „unwirtschaftlich" herausstellen. Auch das BSG hat im Rahmen der Verwerfung der gegen das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 8. Februar 2006 (Az. B 1 KR 65/05 B, Rn. 4, zitiert nach juris) bestätigt, dass das Gesetz keine anderen als die vom LSG aufgeführten Schranken der Freiheit, unter den Voraussetzungen des § 9 SGB V den Beitritt zur freiwilligen Versicherung zu erklären, kennen würde.

30

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des von der Beklagten ausdrücklich angeführten Versicherungs- bzw. Solidarprinzips. Insoweit verkennt die Beklagte, dass das SGB V im Gegensatz zum früheren Recht für den Beitritt freiwillig Versicherter keine Wartezeiten oder Leistungsausschlüsse bei Vorerkrankungen vorsieht; so ist der Eintritt der Versicherungspflicht auch nicht von bestimmten gesundheitlichen Voraussetzungen oder von der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten abhängig (BSG, Urteil vom 4. Dezember 1997 – 12 RK 3/97 – SozR 3-2500 § 5 Nr. 37, Rn. 24; Urteil vom 29. Januar 1998 – B 1 KR 10/96 R – SozR 3-2500 § 5 Nr. 40, Rn. 15). Es entspricht ferner nicht dem Solidaritätsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung, Personen die Versicherung zu verwehren, weil sie hohe Leistungsaufwendungen verursachen, aber nur geringe Beiträge entrichten. Dieses Prinzip, das neben der finanziellen Leistungsfähigkeit, dem Alter und dem Geschlecht auch das gesundheitliche Risiko des Versicherten einbezieht (vgl. Begründung des Entwurfs eines GRG, Teil A Abschn. I Nr. 1, BT-Drucks 11/2237 S. 46), ist für die gesetzliche Krankenversicherung als bewusste Erweiterung und Durchbrechung des versicherungstechnischen Äquivalenzprinzips allgemein anerkannt (BSG, Urteil vom 4. Dezember 1997, a.a.O., Rn. 26).

31

Die Abgabe der Wahlerklärung erweist sich auch aus anderen Gründen nicht als Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und damit nichtig.

32

Insoweit hat die Beklagte zwar durchaus zutreffend darauf hingewiesen, dass die zur Feststellung des Versicherungsumfangs vorgenommene Anknüpfung an den Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit dem Grunde nach Missbrauchsmöglichkeiten ermöglicht. Denn die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist u.a. in der Regel davon abhängig, dass sich der Versicherte von einem Arzt begibt und untersuchen lässt. Es ist deshalb im Grundsatz nicht ausgeschlossen, dass ein freiwillig Versicherter, der bislang die Wahlerklärung nicht abgegeben hatte und der bereits objektiv Arbeitsunfähig im Sinne des § 44 SGB V ist, in diesem Bewusstsein die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit solange hinauszögert, bis die Wahlerklärung wirksam der Krankenkasse zugegangen ist. Die Kammer geht davon aus, dass ein solches Verhalten des Versicherten gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 BGB verstoßen würde und die gleichwohl abgegebene Wahlerklärung nichtig machen würde. Im Vergleich zum Bestehen einer etwaigen Vorerkrankung unterscheidet sich nämlich die vorgenannten Fallgruppe entscheidungserheblich dadurch, dass bei der letztgenannten Fallvariante die den Anspruch auf Krankengeld rechtfertigende Arbeitsunfähigkeit dem Grunde nach bereits eingetreten ist, während der Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit im Falle des Bestehens einer Vorerkrankung nur möglich erscheint. Insoweit würde bei einem solchen Verhalten eine Vergleichbarkeit mit den Urteilen des BSG zur sog. „Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs“ erwähnten Fallgestaltungen vorliegen, wonach eine die Krankenversicherungspflicht begründende Beschäftigung nicht vorliegen würde, wenn ein Arbeitsverhältnis nur zum Schein oder in der Absicht begründet wird, die Tätigkeit unter Berufung auf die bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht anzutreten oder alsbald wieder aufzugeben (BSG, Urteil vom 29. September 1998 – B 1 KR 10/96 R – SozR 3-2500 § 5 Nr. 40, Leitsatz und unter Rn. 19).

33

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens kann der Klägerin jedoch hier ein solcher Vorwurf mit der erforderlichen – an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit - nicht gemacht werden. Die nach Auffassung der Kammer bestehenden erheblichen Zweifel gehen zu Lasten der Beklagten. Soweit sich die Tatsachengrundlage für den Manipulationsvorwurf objektiv nicht aufklären lässt, trägt nämlich derjenige den rechtlichen Nachteil, der sich auf sie beruft (BSG, Urteil vom 4. Dezember 1997, - 12 RK 3/97 – SozR 3-2500 § 5 Nr. 37, Rn. 35; Urteil vom 29. September 1998 – B 1 KR 10/96 R – SozR 3-2500 § 5 Nr. 40, Rn. 19).

34

Die Klägerin hat von Anfang an mit Erhebung des Widerspruchs widerspruchsfrei und glaubhaft vorgetragen, dass sie sowohl im November als auch Anfang Dezember 2009 noch in ihrer Rechtsanwaltskanzlei gearbeitet habe. Dies bestätigt auch die schriftliche Erklärung ihrer Sozietätspartnerin, der Rechtsanwältin G., vom 12. Januar 2010, die erklärt hat, dass die Klägerin im Monat November 2009 und Anfang Dezember 2009 ihre berufliche Tätigkeit als Rechtsanwältin ausgeübt habe, soweit sie sich nicht medizinisch diagnostischen Maßnahmen unterziehen musste. Auch die behandelnde Ärztin Dr. med. L. , welche die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat, hat in ihrem Befundbericht für die Kammer ausdrücklich ausgeführt, dass die Klägerin bis zum Therapiebeginn am 8. Dezember 2009 von der körperlichen und psychischen Seite her unverändert belastbar gewesen sei. Der Beginn der von ihr am 4. Dezember 2009 (einem Freitag) festgestellten Arbeitsunfähigkeit korreliert schlüssig mit dem Beginn der Chemotherapie ab dem 8. Dezember 2009 (einem Dienstag).

35

Soweit sich die Beklagte auf die entgegenstehende Einschätzung des MDK vom 21. Dezember 2009 beruft, hält die Kammer die dortige – nach Aktenlage getroffene – Einschätzung für nicht überzeugend. Sie beruht auf reinen Vermutungen der Ärztin, denn den ihr zur Begutachtung vorliegenden Unterlagen – insbesondere der Kurzepikrise der Onkologischen Tagesklinik – können belastbare Tatsachen dafür, dass die Klägerin bereits vor dem 4. Dezember 2009 krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre bisherige Arbeit als Rechtsanwältin zu verrichten, nicht entnommen werden. Zwar kann der genannten Kurzepikrise entnommen werden, dass bislang diagnostische Maßnahmen sowie eine Portimplantation durchgeführt worden sind. Ein Arztbesuch bzw. die Teilnahme an einer Therapiemaßnahme führt jedoch nur zu einer vorübergehenden Arbeitsverhinderung, regelmäßig aber nicht zum Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit (Gerlach, a.a.O., § 44 Rn. 53; Schmidt, a.a.O., § 44 Rn. 72).

36

Auch der von der Ärztin ebenso wie von der Beklagten herangezogene Tatsache, dass ihr Steuerberater in ihrem Auftrag mit Schreiben vom 23. November 2009 eine Herabsetzung der Beiträge aufgrund des zu erwartenden Wegfalls von Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit beantragt hat, kann nicht mit der erforderlichen – an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit – entnommen werden, dass die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre Tätigkeit auszuüben. Die Erklärung ist ersichtlich auf die Zukunft gerichtet („in den nächsten Monaten“) und korreliert ebenfalls eindeutig (wie der MDK ausführt: „medizinisch nachvollziehbar“) mit dem zu diesem Zeitpunkt vereinbarten Beginn der Chemotherapie. Dies gilt auch für die von der Beklagten im Klageverfahren vorgetragene Tatsache, dass die Klägerin bereits am 24. November 2009 bei dem Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gestellt hatte. Insoweit ist noch einmal an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin nicht bereits deshalb rechtsmissbräuchlich im Sinne der §§ 134, 138 BGB verhält, wenn sie im Wissen einer Erkrankung und einem demnächst möglichen Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit nunmehr unverzüglich eine Wahlerklärung zur Erweiterung des Krankenversicherungsverhältnisses abgibt.

2.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie entspricht dem Ergebnis der Hauptsache. Das Urteil ist mit dem Rechtsmittel der Berufung anfechtbar (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG)

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