Urteil vom Verwaltungsgericht Arnsberg - 9 K 1008/20
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
2Die am 13. April 1926 geborene, seit dem 25. November 2005 verwitwete und am 18. Januar 2021 verstorbene vormalige Klägerin befand sich ab dem 9. Mai 2019 zunächst in dem Altenpflegeheim N1. in L. sowie anschließend seit dem 23. Mai 2019 bis zu ihrem Tod in vollstationärer Pflege in der Pflegeeinrichtung Deutscher Orden - Q. Haus in L. .
3Am 8. Mai 2019 beantragte der von der vormaligen Klägerin bevollmächtigte Sohn Herr G. fernmündlich bei dem Beklagten die Gewährung von Sozialhilfe und Pflegewohngeld.
4Am 21. Mai 2019 beantragte die vormalige Klägerin bei dem Beklagten förmlich Leistungen nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) und fügte dem Grundantrag eine Vermögenserklärung über ihre Einkünfte und ihr Vermögen bei.
5Auf das Schreiben vom 5. Juni 2019, mit dem der Beklagte u.a. um Angabe der Verwendung von Bargeldabhebungen des Girokontos sowie des Sparkontos der vormaligen Klägerin in den Jahren 2009 bis 2019 gebeten hat, teilte der Sohn der vormaligen Klägerin mit E-Mail vom gleichen Tage mit, dass es zu den Geldabbuchungen vermutlich diverse Rechnungen oder Quittungen gebe, die er vor Ort suchen und dann zur Verfügung stellen werde.
6Am 11. Juni 2019 beantragte die vormalige Klägerin bei dem Beklagten förmlich die Bewilligung von Pflegewohngeld und fügte ihrem Antrag eine Einkommenserklärung bei.
7Unter dem 1. Juli 2019 übersandte der Sohn der vormaligen Klägerin eine Umsatzübersicht ihres Girokontos betreffend den Zeitraum vom 2. Mai bis zum 3. Juni 2019 sowie die Bankauskunft der Sparkasse I. - Filiale X. vom 13. Juni 2019 zu ihren Giro- und Sparkonten.
8Mit Schreiben vom 2. Oktober 2019 teilte der Beklagte dem Sohn der vormaligen Klägerin mit, dass in dem Zeitraum vom 16. November 2018 bis zum 28. März 2019 Bargeldauszahlungen vom Girokonto der vormaligen Klägerin in einer Gesamthöhe von 4.200,00 EUR sowie im Zeitraum vom 9. Dezember 2009 bis zum 27. Dezember 2017 Barabhebungen vom Sparkonto der vormaligen Klägerin in einer Gesamthöhe von 37.000,00 EUR festgestellt worden seien. Der Beklagte forderte den Sohn der vormaligen Klägerin auf, bis zum 25. Oktober 2019 Angaben zu den im Einzelnen benannten Auszahlungen und Abhebungen zu machen sowie Nachweise/Belege hierzu vorzulegen. Zugleich wies der Beklagte den Sohn darauf hin, dass für den Fall der Nichtbeantwortung der Anfrage innerhalb der genannten Frist der Antrag auf Hilfe zur Pflege in Einrichtungen nach dem SGB XII sowie der Antrag auf Pflegewohngeld wegen Unaufklärbarkeit der Vermögensverhältnisse abgelehnt werde.
9Mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 teilte der Sohn der vormaligen Klägerin dem Beklagten u.a. mit, dass er die Bargeldauszahlungen nicht abschließend beurteilen könne. Seine Mutter habe in den letzten Jahren einige Anschaffungen getätigt (Fernseher, Möbel, Elektrogeräte). Aufgrund ihrer fortschreitenden Demenz sei eine Befragung hierzu eher uninformativ. In ihrer Wohnung seien auch keine Belege hierzu gefunden worden.
10Mit Bescheid vom 7. November 2019 lehnte der Beklagte den Antrag der vormaligen Klägerin auf Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe zur Pflege in Einrichtungen nach dem SGB XII wegen ungeklärter Vermögensverhältnisse ab.
11Mit weiterem Bescheid vom 8. November 2019 lehnte der Beklagte auch die Bewilligung von Pflegewohngeld für die vormalige Klägerin ab. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor: Voraussetzung für die Erbringung von Pflegewohngeldleistungen sei, dass die antragstellende Person neben ihrem Einkommen auch ihr gesamtes verwertbares Vermögen einzusetzen habe. Dass ein Antragsteller zum Kreis der Leistungsberechtigten gehöre, habe dieser darzulegen. Der Nachteil des nicht erbrachten Beweises gehe zu Lasten des Antragstellers. Aufgrund der eingereichten Unterlagen seien Abhebungen vom Girokonto der vormaligen Klägerin in Höhe von 4.760,00 EUR sowie vom Sparkonto in Höhe von 39.431,81 EUR erfolgt. Hierzu seien keine entsprechenden Belege und Nachweise eingereicht worden. Der Verbleib des Gesamtbetrages von 44.191,81 EUR sei nicht geklärt. Zum Nachweis der Bedürftigkeit der vormaligen Klägerin sei eine genaue Aufschlüsselung des Geldverbleibs zu verlangen gewesen. Nur wenn im Einzelnen substantiiert und nachvollziehbar dargelegt worden wäre, dass und weshalb die Geldbeträge nicht mehr vorhanden gewesen seien, wäre die Bewilligung von Pflegewohngeld in Betracht gekommen.
12Mit Schreiben vom 27. November 2019 erhob der zwischenzeitlich von der vormaligen Klägerin bevollmächtigte Rechtsanwalt N2. Widerspruch sowohl gegen den Ablehnungsbescheid betreffend Sozialhilfe vom 7. November 2019 als auch gegen den Ablehnungsbescheid betreffend Pflegewohngeld vom 8. November 2019. Zur Begründung gab er an: Die Bescheide seien an den Sohn der vormaligen Klägerin gerichtet, obwohl dieser nicht Antragsteller der beantragten Leistungen sei. Eine Zustellung nebst Rechtsmittelbelehrung an den Sohn der vormaligen Klägerin entfalte daher keine Rechtswirkungen. Unbesehen dessen habe die vormalige Klägerin zwischenzeitlich Kenntnis der beiden Bescheide erhalten. Sie verfüge nicht über Vermögenswerte in einer Größenordnung von 40.000,00 EUR. Sie sei vielmehr überschuldet und verfüge über keine weiteren Geldwerte oder Vermögenswerte, die sie verwenden könnte. Das wesentliche Vermögen habe nach dem Verkauf der Wohnung aus den Guthaben ihres Girokontos sowie ihrer beiden Sparbücher bestanden. Sämtliche in Rede stehenden Bargeldabhebungen habe die vormalige Klägerin getätigt. Zum Beispiel habe sie im Jahr 2016 Einrichtungsgegenstände für ihre Wohnung im Wert von 8.000,00 EUR erworben und mit einem nicht unerheblichen Kostenaufwand ihre Wohnung renovieren lassen. Einige Zuwendungen wie Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke habe sie vornehmlich an ihre Enkel gemacht. Das Vorhandensein von erheblichen Barvermögen werde ihr einfach unterstellt. Im Übrigen seien die kleineren Geldabhebungen in den lange zurückliegenden Zeiträumen der Jahre 2009 bis 2014 und auch kleinere Abhebungen im Jahr 2018 ausgegeben worden, weil die geringe Rente für den Lebensunterhalt nie ausgereicht habe. Irgendwelche Nachweise für die Verwendung der Gelder könne sie nicht mehr auffinden.
13Mit Bescheid vom 19. Februar 2020, dem Rechtsanwalt N3. zugestellt am 21. Februar 2020, wies der Beklagte den Widerspruch betreffend den Antrag auf Bewilligung von Pflegewohngeld zurück. Zur Begründung gab er an: Die Zustellung des Bescheides an den Sohn der vormaligen Klägerin sei aufgrund der im Verfahren vorgelegten Vollmacht erfolgt. Damit sei der Bescheid ordnungsgemäß bekannt gegeben und auch wirksam geworden. Die vormalige Klägerin habe ihre Bedürftigkeit nicht nachgewiesen. Die Vermögensfreigrenze von 10.000,00 EUR sei aufgrund der Barabhebungen überschritten. Der Verbleib und die Verwendung der abgehobenen Geldbeträge seien auch nach Ausschöpfung sämtlicher der Behörde zur Verfügung stehender Erkenntnisquellen ungeklärt. Belege zu angeblich erfolgten Anschaffungen seien nicht vorgelegt worden. Auch Angaben zu den Personen, denen Teile der Gelder zugewandt worden seien sollen, seien nicht benannt worden. Das Nichtvorhandensein eigener Mittel sei ein negatives Tatbestandsmerkmal für den Anspruch auf Bewilligung von Pflegewohngeld. Der Hilfesuchende müsse beweisen, dass er den geltend gemachten Bedarf nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen sicherstellen könne. Die Nichtaufklärbarkeit des Verbleibs seinerzeit vorhandenen Vermögens gehe regelmäßig zu Lasten desjenigen, der das Bestehen des Anspruchs behaupte. Die vormalige Klägerin könne sich auch nicht auf einen unverschuldeten Beweisnotstand berufen.
14Mit weiterem Bescheid vom 19. Februar 2020 wies der Beklagte auch den Widerspruch betreffend die Hilfe zur Pflege in Einrichtungen und Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zurück.
15Am 13. März 2020 hat die vormalige Klägerin beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben, mit der sie ihren Anspruch auf Gewährung von Pflegewohngeld weiterverfolgt.
16Mit Beschluss vom 30. März 2020 - 21 K 1300/20 - hat das Verwaltungsgericht Köln nach Anhörung der Beteiligten sich für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das hiesige Gericht verwiesen.
17Zur Begründung ihrer Klage trägt der Prozessbevollmächtigte vor: Die vormalige Klägerin habe bis zum 9. Mai 2019 in ihrer Wohnung völlig selbstständig und selbstbestimmt gelebt. Ihr Sohn sei bis dahin weitgehend nicht für sie tätig geworden. Im Mai 2019 habe der Sohn der vormaligen Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Leistungen gestellt, weil seine Mutter aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen sei, die mit der Unterbringung und Versorgung in einer Pflegeeinrichtung einhergehenden Kosten zu tragen. Die Wohnung, in der die vormalige Klägerin gelebt habe, sei nach dem Tod ihres Ehemannes im Rahmen der Erbschaft zu einem Viertel auf ihren Sohn und zu Dreiviertel auf sie übergegangen. Mit Vertrag vom 20. Juli 2016 habe der Sohn die Anteile seiner Mutter zu einem Kaufpreis von 20.000,00 EUR übernommen.
18Nach § 19 Abs. 6 SGB XII dürfte der Anspruch auf Leistungen nach dem Tod der vormaligen Klägerin nunmehr der Pflegeeinrichtungen zustehen. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten beruhe auf Unterstellungen und Mutmaßungen. Der Beklagte gehe davon aus, dass die Angaben der vormaligen Klägerin zur Finanzierung der Wohnungsausstattung im Jahr 2016 unzutreffend seien. Die vormalige Klägerin habe, wie dargelegt worden sei, die entsprechenden Gegenstände alleine erworben. Die Argumentation des Beklagten greife nicht durch, da er sich offensichtlich auf reine Unterstellungen stütze. Entsprechendes gelte für die Argumentation hinsichtlich der Zuwendungen an Familienmitglieder und bedachte Personen. Die vormalige Klägerin habe keine Angaben hierzu mehr machen können. Ihr Sohn sei bei den Zuwendungen nicht zugegen gewesen, sodass es nachvollziehbar sei, dass hierzu keine entsprechenden weiteren Informationen erteilt werden könnten. Für die Familie der vormaligen Klägerin seien die Barabhebungen nicht dezidiert erklärbar. Die Erkrankung der vormaligen Klägerin führe nunmehr dazu, dass letztlich verschiedene Vermögensverfügungen nicht mehr nachzuvollziehen seien. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes befände sie sich in einem unverschuldeten Beweisnotstand. Dem sei dadurch Rechnung zu tragen, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen auch aus dem bloßen Vorbringen desjenigen gewonnen werden könnten, der den entsprechenden Anspruch geltend mache.
19Die Kläger beantragen - schriftsätzlich und sinngemäß -,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2020 zu verpflichten, der früheren Klägerin für die Zeit ab Antragstellung Pflegewohngeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen,
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend trägt er vor: Konkrete Belege und schlüssige Nachweise seien im Hinblick auf die Bedürftigkeit der vormaligen Klägerin nicht erbracht worden. Es sei möglich, sowohl die Namen der Personen zu benennen, denen in zu benennender Höhe Geldzuwendungen zugekommen seien, als auch Rechnungszweitschriften bezüglich der angegebenen Anschaffungen zu erlangen. Solange jedoch nur ein rein substanzloser Vortrag erfolge und keinerlei Beweise erbracht würden, sei jede nur denkbare Art der Verwendung des Vermögens möglich. Die Darlegung- und materielle Beweislast trage die Person, die den Anspruch geltend mache.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen.
25Entscheidungsgründe:
26Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da sie in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
27Die Kammer ist trotz des Versterbens der früheren Klägerin nicht an einer Entscheidung im vorliegenden Verfahren gehindert, da infolge der Vertretung der verstorbenen Klägerin durch einen Prozessbevollmächtigten gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 246 Abs. 1 Halbsatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) keine Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 239 Abs. 1 ZPO eingetreten ist und es demnach keiner formalen Aufnahme des Prozesses durch die bisher unbekannten Rechtsnachfolger bedarf.
28Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, jedoch nicht begründet.
29Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Halbsatz 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
30Insbesondere fehlt den unbekannten Erben der verstorbenen Klägerin, gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger, für die Verpflichtungsklage nicht die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO.
31Der Anspruch auf Gewährung von Pflegewohngeld steht dem Heimbewohner nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Gesetz zur Weiterentwicklung des Landespflegerechtes und Sicherung einer unterstützenden Infrastruktur für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige (Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen - APG NRW) i.V.m. §§ 13 Abs. 1, 16 Abs. 1 und Abs. 4 der Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen und nach § 8a SGB XI (APG DVO NRW) selbst als subjektiv- öffentliches Recht zu. Dieser Anspruch, die Gewährung von Pflegewohngeld zur Finanzierung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen, die ansonsten dem Heimbewohner bzw. seinen Erben von der Pflegeeinrichtung in Rechnung gestellt werden, zu verlangen, ist als zwar nicht sozialhilferechtliche aber sozialrechtliche Position vererblich.
32Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 14. Dezember 2009 - 12 A 1814/09 -, juris, Rn. 32, und vom 9. Mai 2003 - 16 A 2789/02 -, juris, Rn. 6 ff.; Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2014 - 21 K 7069/13 -, juris, Rn. 13.
33Der Anspruch ist mit dem Tod des Berechtigten nicht erloschen. Die Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen gemäß § 21 Abs. 1 APG NRW i. V. m. § 59 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) mit dem Tod des Berechtigten nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Da die frühere Klägerin ihre Ansprüche auf Bewilligung von Pflegewohngeld in einem Verwaltungsverfahren geltend gemacht hat, das wegen der nach dem erfolglosen Widerspruchsverfahren erhobenen Klage noch nicht beendet ist, sind die Ansprüche auf Bewilligung von Pflegewohngeld für ihren Heimplatz mit ihrem Tod nicht erloschen, sondern von ihren Rechtsnachfolgern ererbt.
34Vgl. allgemein hierzu: OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2009 - 12 A 1814/09 -, juris, Rn. 34; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2014 - 21 K 7069/13 -, juris, Rn. 15.
35Aus § 19 Abs. 6 SGB XII folgt kein anderes Ergebnis. Hiernach steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Diese Norm ist hier nicht anwendbar. Bei § 19 Abs. 6 SGB XII handelt es sich nämlich um einen gesetzlichen Gläubigerwechsel (cessio legis), der vom Gesetzgeber speziell und beschränkt für das Sozialhilferecht als eine die §§ 56 ff. SGB I verdrängende Sonderregelung getroffen worden ist, weil dort eine Leistung für die Vergangenheit aus Gründen des Bedarfsdeckungsgrundsatzes in Gestalt des Individualisierungsgrundsatzes ausgeschlossen ist. Für andere Bereiche des Sozialgesetzbuches bleibt es bei den Grundregelungen der §§ 56 ff. SGB I, wonach fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tode des Berechtigten unter bestimmten Bedingungen auf Sonderrechtsnachfolger übergehen können (§ 56 Abs. 1 SGB I) und ansonsten - wie hier - gem. § 58 SGB I fällige Ansprüche auf Geldleistungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vererbt werden und nur nach Maßgabe des - vorliegend aus den vorstehenden Gründen nicht einschlägigen - § 59 SGB I erlöschen.
36Vgl. so allgemein: OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 12 A 2349/12 -, juris, Rn. 24; jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. (Stand. 30. Juli 2021), Coseriu/Filges, § 19 SGB XII, Rn. 70.
37Die Klage ist unbegründet.
38Die Kläger als Rechtsnachfolger der vormaligen Klägerin haben keinen Anspruch auf Bewilligung von Pflegewohngeld für den Pflegeplatz der früheren Klägerin für die Zeit ab Antragstellung am 24. Mai 2019 (für den Pflegeplatz Q1. Haus ab dem 23. Mai 2019) bzw. am 11. Juni 2019 (für den Pflegeplatz im Zeitraum vom 9. Mai 2019 bis zum 22. Mai 2019), sodass der Bescheid des Beklagten vom 8. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2020 rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Lediglich ergänzend ist, ohne dass es in der vorliegenden Verpflichtungssituation darauf ankäme, darauf hinzuweisen, dass der Ablehnungsbescheid sowie im Übrigen auch der Widerspruchsbescheid an die vormalige Klägerin als Inhaltsadressatin ergangen ist, da darin über den Antrag der vormaligen Klägerin auf Bewilligung von Pflegewohngeld entschieden worden ist. Der Sohn der vormaligen Klägerin ist dagegen aufgrund seiner im Sozialverwaltungsverfahren vorgelegten Vollmacht zu Recht gemäß § 21 Abs. 1 APG NRW i. V. m. §§ 37 Abs. 1 Satz 2, 13 Abs. 3 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) lediglich Bekanntgabeadressat des Ablehnungsbescheides vom 8. November 2019.
39Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Pflegewohngeld im Zeitraum ab Antragstellung ist § 14 Abs. 1 Satz 1 APG NRW. Hiernach wird Pflegewohngeld in vollstationären Dauerpflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen als Unterstützung der Personen (Anspruchsberechtigte) gewährt, die gemäß § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) pflegebedürftig und nach § 43 SGB XI oder im Rahmen einer privaten Pflegeversicherung anspruchsberechtigt sind und deren Einkommen und Vermögen unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens ihrer nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern oder der mit ihnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen zur Finanzierung der von ihnen ansonsten zu tragenden förderungsfähigen Aufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 APG NRW ganz oder teilweise nicht ausreicht. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 APG NRW wird Pflegewohngeld nicht gezahlt, wenn unter anderem durch Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens die Zahlung der Investitionskosten möglich ist. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 APG NRW erfolgt die Ermittlung des einzusetzenden monatlichen Einkommens und Vermögens entsprechend der Regelungen des Elften Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und dem §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach § 14 Abs. 3 Satz 3 APG NRW darf die Gewährung von Pflegewohngeld zudem nicht abhängig gemacht werden von dem Einsatz oder der Verwertung kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR beziehungsweise 15.000,00 EUR bei nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern sowie eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften.
40Nach diesen Vorschriften haben die Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegewohngeld für den hier nach § 16 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 der Verordnungzur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG DVO NRW) maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum ab Antragstellung, weil das Vermögen der früheren Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung und auch für den gesamten streitbefangenen Zeitraum mehr als 10.000,00 EUR betrug und damit die Vermögensschongrenze überschreitet.
41Das Überschreiten der hiermaßgeblichen Vermögensfreigrenze von 10.000,00 EUR ergibt sich unabhängig von der Frage, ob die Übertragung des Miteigentumsanteils der früheren Klägerin an dem Grundstück M. , N4. , an ihren Sohn voll- oder teilentgeltlich erfolgt ist und damit ein etwaiger Schenkungsrückforderungsanspruch als Teil des Vermögens der vormaligen Klägerin zu berücksichtigen wäre, bereits daraus, dass die frühere Klägerin zum einen ausweislich der vorgelegten Bankauskunft der Sparkasse I. - Filiale X. vom 13. Juli 2019 über ein Giro-/Sparkontovermögen in Höhe von insgesamt 7.405,40 EUR,
42- 3.128,51 EUR (Girokonto …….03),
43- 2.431,67 EUR (Sparkonto ……..19),
44- 1.845,22 EUR (Sparkonto ……..89),
45verfügte. Hinzu kommen zum anderen Bargeldabhebungen in zumindest folgender relevanter Höhe:
46- 3.000,00 EUR am 27. Februar 2019 (Girokonto …….03),
47- 1.000,00 EUR am 9. Dezember 2009 (Sparkonto ……..19),
48- 1.000,00 EUR am 8. Dezember 2011 (Sparkonto ……..19),
49- 1.000,00 EUR am 19. Dezember 2014 (Sparkonto ………..19),
50- 8.000,00 EUR am 24. März 2016 (Sparkonto …………19),
51- 4.000,00 EUR am 18. Oktober 2016 (Sparkonto ………..19),
52- 5.000,00 EUR am 23. Dezember 2016 (Sparkonto ………..19),
53- 5.000,00 EUR am 28. Februar 2017 (Sparkonto ………….19),
54- 5.000,00 EUR am 12. Juni 2017 (Sparkonto …….19) [Dieser Betrag fehlt in der Auflistung des Beklagten im Bescheid vom 8. November 2019 bzw. im Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2020],
55- 4.000,00 EUR am 27. Juli 2017 (Sparkonto ……..19),
56- 5.000,00 EUR am 24. Oktober 2017 (Sparkonto ………19),
57- 3.000,00 EUR am 27. Dezember 2017 (Sparkonto …………19),
58und damit in einer Gesamthöhe von 45.000,00 EUR, die im Zeitpunkt der jeweiligen Barabhebung als bloße Vermögensumschichtung weiterhin Bestandteil des Vermögens der früheren Klägerin geblieben sind.
59Nach der von dem Beklagten mit Schreiben vom 5. Juni 2019 und vom 2. Dezember 2019 erfolgten Amtsaufklärung in Bezug auf den Verbleib bzw. die Verwendung der bar abgehobenen Einzelbeträge sowie den hierauf bezogenen Angaben des die frühere Klägerin vertretenen Sohnes G. ist der Verbleib bzw. der Verbrauch der Barabhebungen von der vormaligen Klägerin nicht nachgewiesen. Das gesamte Vorbringen sowohl der früheren Klägerin als auch ihres Sohnes erschöpft sich in der bloßen Behauptung, dass die gesamten Barabhebungen verbraucht worden seien. Da die frühere Klägerin zudem keine Belege zu den Anschaffungen und Zuwendungen vorgelegt hat, ist der Verbrauch des Sparvermögens bisher nicht nachgewiesen und aufgeklärt.
60Lässt sich das nach § 14 Abs. 3 Satz 3 APG NRW anspruchsbegründende Merkmal des Nichtvorliegens von Geldwerten unterhalb des hier maßgebenden Freibetrags von bis zu 10.000,00 EUR nach Überzeugung des Gerichts nicht aufklären, ist eine Entscheidung nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast zu treffen, die der vormaligen Klägerin aufzuerlegen ist und zu ihrem Nachteil ergeht.
61In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allgemein geklärt, dass, sofern die besonderen Regelungen der im Einzelfall einschlägigen Normen nichts Gegenteiliges beinhalten, der allgemeine Rechtsgrundsatz greift, dass die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet, grundsätzlich zu ihren Lasten geht.
62Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 16. April 2009 - 8 B 86.08 -, juris, Rn. 6; Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 8.04 -, juris. Rn. 26; Urteil vom 29. Juni 1999 - 9 C 36.98 -, juris, Rn. 13; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 24. Aufl. 2018, § 108, Rn. 12-14; Eyermann, Kommentar zur VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86, Rn. 5, § 108, Rn. 50-52.
63In Anknüpfung hieran gilt auch in Rechtsstreitigkeiten, in denen - wie hier - um den bewohnerorientierten Aufwendungszuschuss für die Investitionskosten vollstationärer Pflegeeinrichtungen gestritten wird, dass die Darlegungs- und materielle Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegewohngeld an das Heim die Person trägt, für deren Heimplatz der Anspruch geltend gemacht wird. Daher obliegt es ihr, die anspruchsbegründenden Umstände substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Wenn das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht festgestellt werden kann, geht dies zu ihren Lasten. Die das Pflegewohngeld bewilligende Stelle darf den begehrten Investitionskostenzuschuss insoweit versagen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich nach den Angaben des Heimbewohners, den bekannten Umständen sowie dem Ergebnis einer mit vertretbarem Aufwand durchgeführten Sachaufklärung darstellen, begründete Zweifel daran auslösen, dass der Heimbewohner außer Stande war, die Investitionskosten seiner Heimunterbringung selbst zu tragen.
64Gehen somit im Pflegewohngeldrecht Unklarheiten hinsichtlich des Nichtvorhandenseins von Vermögen grundsätzlich zu Lasten des Heimbewohners, ist ein ab dem Tag seiner Heimaufnahme rechnerisch verbleibender Betrag auch dann als Vermögen zu berücksichtigen, wenn sein Verbleib ungeklärt ist. Dieser Ansatz folgt dem vorstehenden Grundprinzip, dass Unklarheiten hinsichtlich des Nichtvorhandenseins von Vermögen bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Pflegewohngeld zu Lasten des Anspruchstellers gehen.
65Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Juni 2016 - 12 A 1133/14 -, juris, Rn. 25, Beschlüsse vom 8. März 2016 - 12 A 201/15 -, juris, Rn. 3, vom 12. Juni 2014 - 12 A 169/13 -, juris, Rn. 5, vom 27. Januar 2014 - 12 B 1422/13-, juris, Rn. 10, vom 28. September 2012 - 12 A 2248/11 -, juris, Rn. 4, vom 17. November 2010 - 12 A 2648/09 -, juris, Rn. 4, und - 12 A 2146/10 -, juris, Rn. 2, und vom 26. Mai 2009 - 12 E 1498/08 -, juris, Rn. 13.
66Nichts anderes folgt aus dem Vorbringen der früheren Klägerin, sie könne aufgrund ihrer Demenzerkrankung zur Verwertung des Geldes keine Auskunft mehr geben. Für das Vorliegen einer solchen Erkrankung liegen bereits weder Anhaltspunkte vor noch hat die vormalige Klägerin dahingehende ärztliche Atteste vorgelegt. Eine gesetzliche Betreuung ist für sie nicht eingerichtet. Sie hat den Antrag als auch die Anlage „Vermögenserklärung zum Pflegewohngeldantrag“ vom 6. Juni 2019 sowie die weitere Anlage „Vermögen“ vom 16. Mai 2019 eigenhändig unterschrieben. Gleiches gilt auch in Bezug auf die dem Sozialverfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt N. am 19. November 2019 sowie dem Prozessbevollmächtigten am 4. März 2020 erteilten Vollmachten. Widersprüchlich ist dagegen, dass die frühere Klägerin einerseits sicheres Wissen darüber haben will, dass sämtliche Barabhebungen verbraucht worden seien sollen, andererseits aber keinerlei Kenntnis darüber mehr habe, wie diese Gelder verwendet worden seien. In diesem Zusammenhang erschließt sich auch nicht, warum die frühere Klägerin nach ihren eigenen Angaben bis zu ihrem Umzug in die Pflegeeinrichtung am 9. Mai 2019 völlig autark und selbstverantwortlich in ihrer Wohnung gelebt habe und sie insbesondere in den Jahren 2016 und 2017 in der Lage war, über ihre nahezu gesamten Ersparnisse zu verfügen, sie jedoch im Zeitpunkt der Antragstellung am 24. Mai 2019 bzw. 11. Juni 2019 aufgrund einer - nicht nachgewiesenen - dementiellen Symptomatik nicht mehr fähig gewesen sei, Angaben darüber zu machen, wer die Gelder abgehoben habe und zu welchem Zweck sie verwendet worden seien.
67Selbst wenn unabhängig davon zugunsten der vormaligen Klägerin unterstellt wird, dass ihr die Unmöglichkeit, den Verbleib ursprünglich vorhandener Vermögenswerte aufzuklären, nicht anzulasten ist, kommt es hierauf vorliegend nicht an. Denn ein solcher unverschuldeter Beweisnotstand zwingt nicht zu dem Schluss, es existiere kein verwertbares Vermögen mehr, sondern eröffnet im Rahmen der nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Würdigung der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen nur die Möglichkeit, von der Wahrheit substantiierter schlüssiger und plausibler Darlegungen im Sinne wohlwollender Beurteilung auszugehen. Die Beweisnot eines Beteiligten führt nicht dazu, dass an seine Behauptung ein geringerer Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen oder von einer deren Würdigung vorangehenden Sachaufklärung abzusehen ist. Auch bewirkt die Beweisnot weder eine Beweislastumkehr noch eine Verringerung des Beweismaßes.
68Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Juni 2016 - 12 A 1133/14 -, juris, Rn. 28; Beschluss vom 6. August 2015 - 12 A 1133/14 -, juris, Rn. 7, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 12 B 1422/13 -, juris, Rn. 15; vom 17. November 2010 - 12 A 2146/10 -, juris, Rn. 9.
69Nichts anderes ergibt sich aus dem von der früheren Klägerin angeführten Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 18. Januar 2010 - 6 K 1848/48 -. Denn in Übereinstimmung mit der vorstehend zitierten Rechtsprechung des OVG NRW geht das Verwaltungsgericht Münster (vgl. a.a.O., juris, Rn. 29) von keinen abweichenden rechtlichen Voraussetzungen aus und stellt dementsprechend ebenso auf die vorstehend ausgeführten rechtlichen Maßstäbe ab.
70Auf dieser Grundlage geht der Beklagte in dem angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2020 zutreffend davon aus, dass berechtigte Zweifel daran bestanden und nach wie vor bestehen, dass die frühere Klägerin gemessen an ihrem Vermögen außer Stande war, die Investitionskosten ihrer Heimunterbringung selbst zu zahlen. Die vormalige Klägerin hat insoweit den Verbleib des Vermögens nicht substantiiert, schlüssig und plausibel darlegen können. Sie hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass ihre Behauptung, dieses Geld sei insgesamt oder auch nur zu weiten Teilen für ihren eigenen Bedarf ausgegeben worden, zutrifft.
71Nach der allgemein gültigen Legaldefinition des § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine behauptete Tatsache dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Erforderlich und ausreichend ist, dass der Behörde bzw. dem Gericht vermittelt wird, dass das mit der Behauptung gezeichnete Bild von der Wirklichkeit, in Abgrenzung zu der mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für das Beweismaß der richterlichen Überzeugung von der Wahrheit, dieser Wirklichkeit überwiegend wahrscheinlich entspricht. Glaubhaftmachung bedeutet daher das Dartun einer guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel verbleiben können.
72Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. September 2012 - 12 A 2248/11 -, juris, Rn. 7; VG Arnsberg, Urteil vom 1. Februar 2016 - 9 K 1916/14 -, n.v., Seite 10 des Urteilsabdrucks.
73Nach diesem Maßstab ist gerade nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die vormalige Klägerin das Barvermögen - zumindest in einem Umfang, dass dadurch die Vermögensfreigrenze in Höhe von 10.000,00 EUR unterschritten worden wäre - verbraucht hat. Hierfür spricht in deutlichem Maße, dass über sämtliche erworbenen Einrichtungsgegenstände sowie über sämtliche nach eigenen Angaben mit nicht unerheblichem Kostenaufwand verbundenen Renovierungsarbeiten keinerlei Belege oder Rechnungen vorhanden sind bzw. eine erneute Beleg-/Rechnungsausstellung durch die betreffenden Unternehmen nicht möglich ist. Angesichts der hier in Rede stehenden Höhe der angeblich verbrauchten Geldbeträge ist dieser Befund deutlich lebensfremd. Insgesamt fehlt es an ausreichenden Angaben im Hinblick auf die Verwendung der bar abgehobenen Beträge in Höhe von insgesamt 45.000,00 EUR. Aus der Widerspruchs- und Klagebegründung ergibt sich insoweit lediglich, dass mit einem Teilbetrag von 8.000,00 EUR im Jahr 2016 Einrichtungsgegenstände (Couchgarnitur und weitere Wohnungseinrichtungsgegenstände) angeschafft worden sein sollen. Diese Angaben sind oberflächlich und werden nicht konkretisiert. Darüber hinaus fehlt es in Bezug auf die restlichen Gelder in Höhe von 37.000,00 EUR sowohl an einer betragsmäßigen als auch an einer in Bezug auf den Verwendungszweck inhaltlich schlüssigen und plausiblen Darlegung. Die bloße Behauptung, die Wohnung sei mit erheblichem Kostenaufwand renoviert worden, genügt dem bereits im Ansatz nicht.
74Zumindest ungewöhnlich bzw. nicht dargelegt ist schließlich, dass bzw. aus welchen besonderen Umständen sämtliche angebliche Anschaffungen, insbesondere diejenigen größeren Ausmaßes, bar bezahlt worden sind.
75Ebenso wenig ist substantiiert dargelegt worden, dass über etwaige kleinere Geldabhebung hinaus größere Beträge zur ergänzenden Deckung des Lebensunterhalts der vormaligen Klägerin verbraucht worden seien, weil nach ihren Angaben ihre geringe Rente für den Lebensunterhalt nie ausgereicht habe. Unter Berücksichtigung, dass der Ehemann der früheren Klägerin bereits am 25. November 2005 verstorben ist, wäre demzufolge zu erwarten gewesen, dass sie bereits in der Folgezeit zur Deckung eines ergänzenden Bedarfs sukzessive auf das Sparvermögen zugegriffen hätte. Dies lässt sich der Entwicklung insbesondere des Sparkontos ………19 ab dem Jahr 2005 jedoch nicht entnehmen. Zudem entfallen von den vorstehend aufgeführten Barabhebungen insgesamt 39.000,00 EUR allein auf die beiden Jahre 2016 und 2017.
76Soweit die vormalige Klägerin schließlich im Rahmen der Widerspruchsbegründung vorbringt, es habe auch einige Zuwendungen vornehmlich an ihre Enkel gegeben, bleibt bereits unklar, ob es sich hierbei um bloße Pflicht- und Anstandsschenkungen im Sinne des § 534 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) oder um der Rückforderung unterliegenden Schenkungen gemäß § 528 Abs. 1 BGB gehandelt hat. Auch liegen weder zu den einzelnen Beträgen noch zu den Personen der Beschenkten nachvollziehbare und plausible Angabe vor, auf deren Grundlage es als überwiegend wahrscheinlich zu erachten wäre, dass die Klägerin Gelder in einer bestimmten Höhe in diesem Sinne verwandt hat.
77Nach alledem lässt sich auch angesichts des Vorbringens der früheren Klägerin sowie ihres Sohnes mit nicht zu vernachlässigender Beachtlichkeit der Verdacht nicht ausschließen, dass mit den Barabhebungen Vermögenswerte verschleiert werden sollten. Für die Annahme, es sei davon auszugehen, dass die vormalige Klägerin die abgehobenen Beträge für die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen, für die Renovierung der Wohnung und für die eigene Lebensführung verbraucht habe, bieten die hierzu vorgetragenen Umstände auch nach wohlwollender Beurteilung nicht im Ansatz eine Grundlage, die geeignet wäre, von der Wahrheit dessen auszugehen.
78Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO.
79Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
80Die Kammer sieht von einer Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO ab, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
81Rechtsmittelbelehrung:
82Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
83Die Berufung ist nur zuzulassen,
841. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
852. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
863. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
874. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
885. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
89Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Zulassungsantrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) einzureichen.
90Der Antrag auf Zulassung der Berufung und dessen Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen.
91Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen.
92N.
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