Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 8 K 5649/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer eines am linken Rheinufer gelegenen Grundstücks in der Gemeinde L. (Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 648; Teil der landwirtschaftlichen Nutzungsfläche „E. “). Stromauf- und stromabwärts unterteilen vorgelagerte, in den Rhein hineinragende Buhnen die Uferbereiche in Buhnenfelder. Der Kläger macht geltend, wegen mangelnder Unterhaltung des Rheinufers einen erheblichen Verlust an Grundstücksfläche erlitten zu haben, und begehrt von der Beklagten die Befestigung des betreffenden Uferabschnitts.
3Das streitbefangene Grundstück hat nach Aufmaß vom 10. November 2011 eine Gesamtfläche von 14.470 qm, die sich zusammensetzt aus 8.297 qm Weide/Grünland, 953 qm Übergangsbereich mit Bäumen und Sträuchern und 5.220 qm Böschung/Kies/Ufer. Die Böschung verläuft parallel zum Flussverlauf; die Böschungskante hat eine Höhe von ca. 3 m.
4Der Kläger machte bereits vorprozessual einen Landverlust durch Uferabbrüche gegenüber der Beklagten geltend. Das Rheinufer sei früher nicht auf seinem Grundstück, sondern jenseits der Grundstücksgrenze verlaufen. Ursprünglich habe es sich um 14.470 qm Nutzfläche gehandelt, von der nun bereits mehr als 1/3 (5.520 qm) verloren gegangen sei. Zurückzuführen sei der Landverlust auf den Sog und Wellenschlag vorbeifahrender Schiffe. Hierzu legte der Kläger eine gutachterliche Stellungnahme des von ihm beauftragten, öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Landwirtschaftskammer NRW, Dr. I. I1. , vor, der auf der Grundlage einer Ortsbegehung am 29. Juni 2010 folgende Feststellungen getroffen hatte: Die Fläche liege offensichtlich nicht mehr in den ursprünglichen Senken; die natürliche, zum Rhein ablaufende Böschung sei nicht mehr vorhanden; es habe sich ein Steilhang gebildet, von dem große Einzelaggregate abbrechen würden und durch den Rhein weggespült worden seien; die vorhandene Vegetation lasse darauf schließen, dass dies insbesondere in den vergangenen Monaten geschehen sein müsse; diese Abspülungen seien Folge des Sog und Wellenschlages; in den vergangenen Monaten habe kein Hochwasserereignis in diesem Bereich stattgefunden; bei der Begehung sei festgestellt worden, dass durch – insbesondere flussaufwärts – vorbeifahrende Schiffe starker Wellenschlag verursacht werde.
5Hierauf beauftragte die Beklagte ihrerseits die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) mit der Klärung der Kausalitätsfrage. In ihrer Stellungnahme vom 15. März 2011 befand die BAW, dass die Schifffahrt mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ursache für die geltend gemachten Schäden ausscheide bzw. offensichtlich nicht relevant sei.
6Nachdem die Beklagte jede Verantwortung für etwaige Uferabbrüche von sich wies, hat der Kläger unter dem 24. Februar 2012 beim Landgericht Kleve Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zur Befestigung des Ufers sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 20.880 Euro und außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 930,94 Euro zu verurteilen.
7Das Landgericht Kleve hat am 20. Juli 2012 den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen, soweit der Kläger die Befestigung des Rheinufers begehrt. Im Übrigen hat es das dortige Verfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren ausgesetzt.
8Zur Klagebegründung trägt der Kläger ergänzend vor, den Landverlust von über 5.000 qm in den vergangenen Jahren könnten sowohl der Pächter der Flächen als auch der Inhaber des Nießbrauchrechts und Vater des Klägers bezeugen. Anders als mit der heutigen Böschungskante von 3 m Höhe sei die Böschung ursprünglich landwirtschaftlich nutzbar gewesen, da sie sanft zum Ufer abgefallen sei. Zum Beleg der ursprünglichen Grundstücksgröße hat der Kläger einen notariellen Kaufvertrag aus dem Jahre 1974 vorgelegt, in dem die im Grundbuch verzeichnete Größe der Fläche mit 144,60 Ar (= 14.460 qm) benannt wird. In Ziffer 1 der weiteren Vereinbarungen zum Kaufvertrag heißt es ausdrücklich: „Der Grundbesitz wird verkauft ohne Gewähr für eine bestimmte Flächengröße.“ Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe ihre Unterhaltungspflicht gemäß § 8 Abs. 4 WaStrG verletzt, indem sie das Ufer nicht durch große Steinblöcke o.ä. befestigt habe. In den befestigten Bereichen des Ufers, wie z.B. am gegenüberliegenden Ufer, gebe es keine entsprechenden Abbrüche oder Abspülungen.
9Die Kammer hat die Angelegenheit bereits am 21. November 2013 mit den Beteiligten erörtert und zugleich die Örtlichkeit in Augenschein genommen.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte zu verurteilen, sein Grundstück Grünfläche Gemarkung C. , Grundbuchblatt 0016, Flurstück 648 „E. “ im Uferbereich links und rechts der Buhne so zu befestigen, dass Uferabbrüche nicht mehr eintreten.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hält dem Kläger im Wesentlichen entgegen: Aus Archivunterlagen sei zu ersehen, dass sich bereits im Jahr 1960 Ufer- und Böschungsbereiche in einer Größenordnung von 4.300 qm auf dem betreffenden Grundstück befunden hätten, so dass es in den letzten Jahren nicht annähernd zu einem Landverlust in dem behaupteten Umfang gekommen sein könne. Lediglich in einem Umfang von 730 qm seien weitere Ufer- und Böschungsflächen hinzugetreten, wobei jedoch völlig offen sei, wann dies geschehen sei. Der Kläger liefere selbst keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für die Annahme, die behaupteten Schäden seien auf die Schifffahrt zurückzuführen. Die gutachterliche Stellungnahme des Dr. I1. sei unbrauchbar, weil die getroffenen Feststellungen in keiner Weise begründet würden. Insbesondere aus einem fehlenden Hochwasserereignis in den letzten Monaten könne nicht darauf geschlossen werden, dass das Grundstück keiner erosionsfördernden Wasserwirkung durch den Rhein ausgesetzt gewesen sei. Bezogen auf den Pegel Emmerich sei ein Hochwasserereignis bei einem Wasserstand von etwa 7,00 m erreicht. Pegelstände unter Hochwasserniveau, aber von mehr als 4,0 m, die den Rhein an die Böschung des klägerischen Grundstücks herantreten ließen, würden im Laufe des Jahres dagegen verschiedentlich erreicht. Andere potentielle Ursachen für entsprechende erosionsbedingte Abbrüche (geologische Beschaffenheit und konkrete Nutzung der Grundstücke, kräftigere Niederschlagsereignisse) seien nicht einmal in Betracht gezogen worden. Darüber hinaus habe die von ihr – der Beklagten – mit der Kausalitätsklärung beauftragte Bundesanstalt für Wasserbau festgestellt, dass die behaupteten Abbruchereignisse nicht ursächlich auf den Sog und Wellenschlag vorbeifahrender Schiffe zurückzuführen sein könnten. Für diese Annahme gebe es gleich mehrere belastbare Anhaltspunkte. Wie eine Fotodokumentation zeige, sei der Wellenschlag vorbeifahrender Schiffe so gering, dass er optisch kaum wahrnehmbar sei. Die Fahrrinne verlaufe am rechten Ufer, so dass vorbeifahrende Schiffe in der Regel mindestens einen Abstand von 100 m zu dem linken Rheinufer einhielten – dies bestreitet der Kläger, der meint, die Schiffe führen deutlich näher am linken Rheinufer vorbei, auch weil dort die Strömung nicht so stark sei. Auf den Böschungsbereich des klägerischen Grundstücks wirke sich der Wellenschlag überhaupt nur bei entsprechend hohem Wasserstand aus; ansonsten werde nicht einmal der vorgelagerte Uferbereich überschwemmt. Vor allem aber zeige der Vergleich mit den unmittelbar vor und nach dem klägerischen Grundstück am linken Rheinufer gelegenen Grundstücken, dass die Schifffahrt als Schadensursache ausscheide. Wenn die Schifffahrt einen signifikanten Einfluss auf die behaupteten Uferabbrüche hätte, müssten solche auch in den benachbarten Buhnenfeldern auftreten. Denn die Uferbereiche seien identischen Belastungen durch den Schifffahrtsverkehr ausgesetzt. Weder liege in diesem Bereich eine Wechselstelle zum anderen Rheinufer noch gebe es irgendwelche Besonderheiten wie wechselnde Querschnitte bei schifffahrtsrelevanten Abflusszuständen. Entsprechende Uferabbrüche seien jedoch – was der Kläger bestreitet – nur an dem klägerischen Grundstück zu verzeichnen. An den unmittelbar angrenzenden Grundstücken flussauf- und flussabwärts seien keine Uferabbrüche zu verzeichnen. Dass entsprechende Uferabbrüche trotz identischer Bedingungen nur an dem klägerischen Grundstück aufträten, lenke den Blick auf eine andere mögliche Schadensursache. Das klägerische Grundstück weise im Vergleich zu den angrenzenden Grundstücken gerade im Bereich der Schadensstelle eine hydraulische Besonderheit auf. Der im Inland liegende Hochwasserschutzdeich weise gerade in Höhe der Schadensstelle einen deutlichen Knick in Richtung Vorland auf. Ab dieser Knickstelle weite sich der Querschnitt des Hochwasserbettes zunehmend auf. In diese Erweiterung drücke die Hochwasserströmung hinein. Der Knick führe damit zu einer verstärkten Hochwassereinwirkung auf das klägerische Grundstück.
15Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den bei der BAW beschäftigten Sachverständigen Prof. Dr. T. gehört.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der – auch beigezogenen – Gerichtsakten Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
19Gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Kleve hinsichtlich des Rechtsweges für das erkennende Gericht bindend. Unbeschadet dessen folgt die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs aus § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit der Kläger Befestigungsmaßnahmen an seinem Grundstück begehrt, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Der Kläger macht mit seinem Begehren einen Folgenbeseitigungsanspruch geltend, für dessen Rechtscharakter die Rechtsqualität des behaupteten Eingriffs maßgeblich ist. Als schadensursächlich und damit als Eingriff sieht der Kläger eine fehlerhafte Unterhaltung der Bundeswasserstraße „Rhein“ durch die Beklagte an. Die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen ist gemäß § 7 Abs. 1 WaStrG eine Hoheitsaufgabe des Bundes und der geltend gemachte Abwehranspruch damit öffentlich-rechtlicher Natur.
20Der Kläger ist auch klagebefugt. Er kann sein Begehren zwar nicht schon unter bloßer Berufung auf die öffentlich-rechtlichen Pflichten durchsetzen, die der Beklagten nach dem Bundeswasserstraßengesetz obliegen (hier: erweiterte Unterhaltungspflicht gemäß § 8 Abs. 4 WaStrG). Die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen ist gemäß § 7 Abs. 1 WaStrG eine Hoheitsaufgabe und dient als solche ausschließlich dem Allgemeinwohl. Sie geschieht nicht in Erfüllung einer (auch) Dritten gegenüber bestehenden Rechtspflicht, sondern allein in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe des Trägers der Unterhaltungslast. Ein klagbarer Rechtsanspruch Dritter auf die Erfüllung der Unterhaltungspflicht folgt demnach hieraus nicht. Dem Betroffenen steht aber ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Abwehr oder (Folgen-)Beseitigung zu, soweit die Verletzung der Unterhaltungspflicht zu einem Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht Dritter führt. Rechtliche Grundlage des Anspruchs ist das verfassungsrechtlich gesicherte Eigentumsrecht selbst.
21Vgl. zum Wasserrecht BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 – IV C 50.71 –, BVerwGE 44, 235 ff., juris Rn.17 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 1993 – 8 S 2834/92 –, juris Rn. 15.
22Einen solchen Eingriff in sein Eigentum macht der Kläger geltend, nämlich einen Landverlust infolge von Uferabbrüchen.
23Den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Beseitigung des rechtswidrigen Zustands gegenüber dem Unterhaltungspflichtigen
24- so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 – IV C 50.71 –, BVerwGE 44, 235 ff., juris Rn.17 f.; vgl. auch VGH Kassel, Urteil vom 23. September 1985 – VIII OE 77/82 –, NuR 1987, 134 -; Friesecke, Kommentar zum Bundeswasserstraßengesetz, 2009, § 8 Rn. 3 -
25kann der Kläger im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgen. Die Feststellungsklage ist demgegenüber subsidiär (§ 43 Abs. 2 VwGO).
26Anders OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Februar 1985 – 3 OVG A 48/82 –, aU S. 10/11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 1993 – 8 S 2834/92 –.
27Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht kein Folgenbeseitigungsanspruch gegenüber der Beklagten zu. Er hat keinen Anspruch auf die begehrte Uferbefestigung.
28Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte die ihr gemäß §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 4 WaStrG obliegende wasserstraßenrechtliche Unterhaltungspflicht verletzt hat und dadurch das Eigentum des Klägers beeinträchtigt worden ist. Ein derartiger Ursachenzusammenhang lässt sich jedoch nicht feststellen.
29Gemäß § 8 Abs. 4 WaStrG gehören zur Unterhaltung auch Arbeiten zur Beseitigung oder Verhütung von Schäden an Ufergrundstücken, die durch die Schifffahrt entstanden sind oder entstehen können, soweit die Schäden den Bestand der Ufergrundstücke gefährden. Eine Bestandsgefährdung liegt dann vor, wenn zu erwarten ist, dass das Landgrundstück ganz oder teilweise durch die Einwirkung des Wassers zum Wassergrundstück wird, z.B. bei Unterspülungen oder Uferabbrüchen.
30Vgl. Friesecke, Kommentar zum Bundeswasserstraßengesetz, 2009, § 8 Rn. 17; Wirth/Schulze, Handkommentar zum Bundeswasserstraßengesetz, 1998, Anm. zu § 8 Abs. 4.
31Dass auf dem Grundstück des Klägers, welches zweifellos ein Ufergrundstück ist, Uferabbrüche aufgetreten sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, wird durch die im Verfahren vorgelegte Fotodokumentation der Beklagten belegt (vgl. Bl. 123 GA) und war auch ohne Weiteres bei Inaugenscheinnahme durch das Gericht für dieses erkennbar. Ein Vergleich von Archivunterlagen (Planunterlage des Deichverbandes H. -H1. aus dem Jahre 1960, Beiakte Heft 1 Bl. 89) mit der von der Beklagten bearbeiteten Luftbildaufnahme neueren Datums (Beiakte Heft 1 Bl. 91) zeigt zudem, dass hinsichtlich des klägerischen Grundstücks ein Landverlust eingetreten ist. Ausweislich der Karte im Jahre 1960 hat sich jenseits der klägerischen Grundstücksgrenze Richtung Rhein noch Wiesenfläche mit angrenzendem Sandstreifen befunden (Zustand bei Mittelwasser). Diese Fläche ist auf dem Luftbild nicht mehr als Land zu erkennen. Vielmehr ist nach dieser Aufnahme, die den Zustand deutlich unterhalb von Mittelwasserstand wiedergibt, der Rhein an die früher bereits vorhandene, aber weiter im Landesinneren gelegene Böschung auf dem Grundstück des Klägers „herangerückt“. Der auf dem Luftbild lila schraffierte – heute zu Böschung und Ufer zählende – Bereich ist nach den Unterlagen als abgängiges Gelände im Hinblick auf die Weide- und Wiesennutzung des klägerischen Grundstücks anzusehen.
32Wann und in welchem konkreten Umfang die besagten Schäden an dem Grundstück des Klägers entstanden sind, ist im vorliegenden Verfahren nicht rechtserheblich.
33Entscheidungserheblich ist hier allein die Frage, ob – und gegebenenfalls inwieweit – die Schäden auf die Schifffahrt zurückzuführen sind. Nur durch die Schifffahrt verursachte Schäden sind im Rahmen der erweiterten Unterhaltungspflicht nach § 8 Abs. 4 WaStrG zu beseitigen oder zu verhüten. Die Beseitigung von durch andere Einflüsse verursachten Schäden zu Lasten des Bundes lässt das Gesetz nicht zu. Soweit andere Ursachen wie natürliche Einflüsse (Wind, natürlicher Wellenschlag, Strömung, Gezeiten) bestehen, ist die Verhütung oder Beseitigung der darauf beruhenden Schäden in erster Linie Sache des Grundstückseigentümers und fällt jedenfalls nicht in den Aufgabenkreis des Unterhaltungspflichtigen der Wasserstraße. Diese Einschränkung zwingt dazu, vor der Durchführung von Arbeiten an Ufergrundstücken den Schadensursachen und ihren Wirkungen nachzugehen. Für das Zusammenwirken mehrerer Ursachen gilt: Eine Beseitigung der Schäden zu Lasten des Bundes kommt grundsätzlich nur in dem Umfang in Betracht, der dem Anteil der Schifffahrt entspricht; dasselbe gilt für die Verhütung von zukünftigen Schäden. Soweit Schäden auch auf andere Ursachen als die Schifffahrt zurückzuführen sind, kommt eine vollständige Beseitigung der Schäden durch den Bund nur dann in Frage, wenn die Eigentümer der Ufergrundstücke sich entsprechend beteiligen.
34Vgl. Wirth/Schulze, a.a.O., Anm. zu § 8 Abs. 4; Friesecke, a.a.O., § 8 Rn. 17.
35Durch die Schifffahrt verursachte Schäden sind solche, die auf dem Sog und/oder Wellenschlag beruhen, der von fahrenden Wasserfahrzeugen ausgeht.
36Vgl. Friesecke, a.a.O., § 8 Rn. 17.
37Für das Vorliegen des erforderlichen Ursachenzusammenhangs ist nach allgemeinen Grundsätzen der anspruchstellende Kläger darlegungs- und beweispflichtig.
38Auf der Grundlage der im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse lässt sich nicht feststellen, dass die Schäden an dem Grundstück des Klägers maßgeblich auf den Sog und/oder Wellenschlag vorüberfahrender Schiffe zurückzuführen sind. Mit dem in der mündlichen Verhandlung angehörten Sachverständigen der BAW, Prof. Dr. T. , ist vielmehr davon auszugehen, dass die Schifffahrt nur einen unbedeutenden Einfluss auf die Uferstruktur des klägerischen Grundstücks genommen hat und für die geltend gemachten Uferabbrüche und Abspülungen am Grundstück nicht bedeutsam verantwortlich ist. Der Sachverständige hat auf Anforderung des Gerichts sehr anschaulich und überzeugend ausgeführt, wie er und seine vor Ort gewesenen Kollegen auf Grund einer Gesamtbetrachtung anhand der verfügbaren Unterlagen sowie der unmittelbaren und mittelbaren Eindrücke von den örtlichen Gegebenheiten zu der fachlichen Einschätzung gelangt sind, dass vorliegend die morphologischen Prozesse maßgebend für die in Rede stehenden Uferstrukturen sind, während der Schifffahrt nur eine untergeordnete Bedeutung beizumessen ist. Die Fragen, die auch unter Berücksichtigung der schriftlichen Stellungnahme der BAW vom 15. März 2011 aus Sicht der Kammer nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit noch offen waren, hat der Sachverständige erschöpfend beantwortet und dabei mögliche Ungereimtheiten vollständig ausgeräumt.
39Der Sachverständige hat grundlegend erläutert, dass die Uferstruktur in Buhnenfeldern Besonderheiten unterliegt, die Buhnenfelder daher Ausgangspunkt für die vorzunehmende Bewertung sein müssen und jedes Buhnenfeld gesondert zu betrachten ist. Er hat auch deutlich gemacht, dass als Ursache für die Erosion bzw. Verlandung von Buhnenfeldern Zufallseffekte nicht ausgeschlossen werden können und es unter Umständen schwierig sein kann, Erklärungen für bestehende örtliche Verhältnisse zu finden. Schon dies spricht für seine Neutralität in der Bewertung, an der das Gericht nicht den geringsten Zweifel hat.
40Auf dem klägerischen Grundstück befinden sich zwei Buhnenfelder. In diesen beiden Buhnenfeldern sind – anders als in den benachbarten Buhnenfeldern stromauf- und stromabwärts und anders als grundsätzlich in Innenuferlage zu erwarten – ausweislich der im Termin überreichten Kartenausschnitte und Satellitenbilder (Anlage 1 zum Protokoll) keine bzw. kaum Anlandungen zu verzeichnen. Der Sachverständige hat hierzu nachvollziehbar erläutert, dass die Ursache für diese nachweislich unterschiedlichen Strukturen nicht maßgeblich in der Schifffahrt zu finden sein dürfte. Zwar – so der Sachverständige – bestehe in Buhnenfeldern mit – wie hier – verhältnismäßig großen Buhnenabständen grundsätzlich eine Neigung zu geringerer Sedimentation, angesichts der nahezu identischen schifffahrtlichen Verhältnisse stromauf- und stromabwärts – in etwa konstanter Fahrrinnenabstand, keine Wechselstelle zum anderen Rheinufer – sollte der Einfluss der Schifffahrt jedoch in allen Buhnenfeldern in etwa gleich sein. Der Umstand, dass sich die Uferstruktur in den Buhnenfeldern auf dem klägerischen Grundstück von derjenigen in den benachbarten Buhnenfeldern gleichwohl deutlich unterscheidet, legt den Schluss nahe, dass die Ursache hierfür an anderer Stelle liegt.
41Wenngleich es im vorliegenden Verfahren nicht darum geht, die tatsächliche Ursache zu klären, untermauert die von dem Sachverständigen aufgezeigte Erklärung für die örtlichen Verhältnisse die Plausibilität seiner fachlichen Einschätzung. Bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme hat der Sachverständige als Alleinstellungsmerkmal in Bezug auf das klägerische Grundstück dessen Lage zu dem im Inland verlaufenden und etwa in Höhe von Stromkilometer 000 abknickenden Deich angeführt. Hierzu hat er in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, dass das Grundstück des Klägers einen vergleichsweise deutlich geringeren Vorlandabstand zum Deich aufweise als die benachbarten Grundstücke. Bei Hochwasser sei der Abstand von Ufer zu Ufer daher in diesem Bereich schmaler, so dass hier und insbesondere vor der Querschnittserweiterung durch den Deichknick größere Strömungskräfte wirkten. Unterstützt wird diese Aussage durch das im Termin vorgelegte Strömungsmodell, dem ein stark gekrümmtes Strömungsfeld im Bereich der beiden Buhnenfelder auf dem klägerischen Grundstück zu entnehmen ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich gerade an der Stelle, an der auch im Ortstermin der Kammer die deutlichsten Abbrüche zu sehen waren (am Rande des klägerischen Grundstücks zu Rheinkilometer 000), die stärkeren Strömungskräfte auswirken. Diese Erklärung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es – wie der Kläger meint – Hochwasserereignisse bezogen auf den Pegel F. mit einem Wasserstand ab 7 m nur vergleichsweise selten gegeben habe. Wie der Sachverständige anhand einer graphischen Auswertung der Wasserstände im Zeitraum von 2005 bis 2013 (Anlage 2 zum Protokoll) belegt hat, sind höhere Wasserstände, die zwar unter Hochwasserniveau liegen, aber gleichwohl zu Überschwemmungen des Vorlandes geführt haben, regelmäßig aufgetreten.
42Bei alledem hat der Sachverständige betont, dass die Ermittlung der Ursachen für Schäden an Ufergrundstücken ausgesprochen schwierig sei und er einen Einfluss der Schifffahrt auf die Ufergestaltung nicht grundsätzlich ausschließen könne. Vielmehr liege es in der Natur der Sache, dass ein Einfluss bestehe. Dieser sei in Bezug auf den hier zu bewertenden Sachverhalt aus seiner Sicht jedoch von untergeordneter Bedeutung und nicht ohne Weiteres bezifferbar. Seine Einschätzung führt der Sachverständige nachvollziehbar auf die Breite des Flusses und darauf zurück, dass es vorliegend eine Erklärung für die bestehenden örtlichen Verhältnisse gebe, nämlich die beschriebenen morphologischen Prozesse, d.h. die bettformenden Prozesse des Flusses. Dass der Sachverständige selbst nicht vor Ort war, schmälert nicht die Überzeugungskraft seiner Aussagen. Die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die unterschiedliche Uferstruktur in den – auch benachbarten – Buhnenfeldern ergeben sich schon aus den als Anlage 1 zum Protokoll überreichten Unterlagen. Zu dem Wellenschlag vorüberfahrender Schiffe wurde nach Angaben des Sachverständigen von den vor Ort gewesenen Kollegen eine Videosequenz angefertigt, so dass sich seine Einschätzung, selbst im ungünstigsten Belastungsfall würden keine signifikanten Wellenhöhen induziert, nicht allein an dem gefertigten Bildmaterial orientierte.
43Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, der Sachverständige der Landwirtschaftskammer NRW, Dr. I. I1. , sei in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. August 2010 zu einem anderen Ergebnis gelangt. Die dort getroffenen Feststellungen sind – wie die Beklagte zu Recht eingewendet hat – in keiner Weise erläutert worden. Auch unter Berücksichtigung seiner Erläuterungen im Erörterungstermin vom 21. November 2013 und der dort ausgehändigten Lichtbildausdrucke vermag die Schlussfolgerung des Dr. I1. , die Böschungsabbrüche müssten durch die Schifffahrt verursacht sein und ließen sich nicht auf Hochwasserereignisse zurückführen, nicht zu überzeugen. Er stützt seine Annahme im Wesentlichen auf das Fehlen eines vorangegangenen Hochwasserereignisses und die Trockenheit der damals vorgefundenen frischen Abbrüche. Da jedoch – wie ausgeführt – nachweislich auch Pegelstände unter Hochwasserniveau den Rhein an die Böschung des klägerischen Grundstücks herantreten lassen konnten und können, lässt sich eine erosionsfördernde natürliche Wasserwirkung durch den Rhein nicht von vorneherein ausschließen. Sie liegt vielmehr durchaus nahe.
44Auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel, die das Gericht für ausreichend hält, ist nach alledem davon auszugehen, dass die Schifffahrt nur einen untergeordneten Beitrag zu den geltend gemachten Uferabbrüchen und Abspülungen am Grundstück des Klägers leistet. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, wie seitens des Klägers beantragt, bedurfte es im Hinblick auf die auf den vorliegenden Erkenntnissen beruhende eigene Sachkunde des Gerichts nicht. Nach § 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO kann das Gericht eine neue Begutachtung durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. Dies ist mit Blick auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung nicht der Fall. Die Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens folgt im Übrigen nicht schon daraus, dass ein Beteiligter das vorliegende Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält.
45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. März 2013 – 10 B 34/12 –, juris Rn. 4; Beschluss vom 3. Februar 2010 – 2 B 73/09 –, juris Rn. 9
46Eine Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass der Sachverständige Prof. Dr. T. aus Sicht des Klägers im Lager der Beklagten steht. Die Bundesanstalt für Wasserbau, bei der der Sachverständige beschäftigt ist, ist zwar eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Die Annahme, der Sachverständige könnte bei seinen Ausführungen auf Weisung gehandelt oder sich von behördlichen Vorgaben leiten lassen haben, liegt jedoch völlig fern. Der Sachverständige hat sich nicht gescheut, seine fachlichen Einschätzungen, die mitunter auch wenig vorteilhaft für die Beklagte waren, frei zu äußern. Nicht zuletzt die offene Bekundung, dass die Schifffahrt einen gewissen, in der Natur der Sache liegenden Einfluss auf die Ufergestaltung hat, untermauert seine wissenschaftliche Unabhängigkeit.
47Die geringe Bedeutung, die der Sachverständige Prof. Dr. T. den Auswirkungen der Schifffahrt auf die Ufergestaltung am Grundstück des Klägers beimisst, reicht in rechtlicher Hinsicht nicht dafür aus, dass der Kläger weitere Unterhaltungsmaßnahmen der Beklagten einfordern könnte. Die Schäden am Grundstück des Klägers sind nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht in erster Linie oder zumindest zu einem signifikanten Anteil durch die Schifffahrt entstanden. Nur dann aber kann der Aufgabenkreis der Beklagten als Unterhaltungspflichtiger der Wasserstraße eröffnet sein und eine Beteiligung des Grundstückseigentümers an den Kosten im Hinblick auf anderweitige zusätzliche Ursachen in Betracht kommen. Dagegen kann der Kläger nicht von der Beklagten verlangen, sein Grundstück durch kostenintensive Maßnahmen vor weiteren, ganz überwiegend nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallenden Beeinträchtigungen zu schützen.
48Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
49Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
50Beschluss:
51Der Streitwert wird auf 100.000,- Euro festgesetzt.
52Gründe:
53Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt und berücksichtigt die voraussichtlichen Kosten der begehrten Befestigungsmaßnahmen, die der Kläger selbst in der Klageschrift auf 50.000,- bis 100.000,- Euro beziffert hat, die aus Sicht der Beklagten jedoch viel höher liegen. Nach deren Einschätzung würde der Kostenrahmen bis 100.000,‑ Euro bereits durch weniger geeignete Maßnahmen in Form von bloßen Steinaufschüttungen entlang des Ufers ausgefüllt. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer einen Streitwert von 100.000,- Euro für angemessen.
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Referenzen
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