Gerichtsbescheid vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 14 K 6859/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung von Verwaltungsgebühren nach einer durchgeführten Sicherstellung seines Kraftfahrzeuges.
3Der Kläger war Halter des Kraftfahrzeuges T. B. mit dem amtlichen Kennzeichen XXX-X 0000. Dieses Fahrzeug wurde am 07.02.2013 im Bereich C.----straße /Am H. (Parkplatz der M. schule) in H1. vorgefunden. Die Seitenscheiben der vorderen Fahrzeugtüren waren heruntergelassen. Im Fahrzeuginneren befanden sich verschiedene Dokumente (u.a. Sparverträge und Mobilfunkverträge). Da ein Verschließen der Seitenscheiben nicht möglich war, wurde das Fahrzeug auf Veranlassung von Polizeibeamten des Beklagten durch ein Abschleppunternehmen zum Zwecke der Eigentumssicherung sichergestellt. Der Kläger holte das Fahrzeug am 08.02.2013 bei dem Abschleppunternehmen ab und entrichtete dort die Sicherstellungs- und Unterstellkosten in Höhe von 138,04 Euro.
4Mit Kostenbescheid vom 04.04.2013, am gleichen Tag zur Post aufgegeben, setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger nach vorheriger Anhörung für die Sicherstellung des Kraftfahrzeuges eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 100,90 Euro fest.
5Nachdem eine Zahlung nicht erfolgte wurde der Kläger durch Mahnung der Kreiskasse des Kreises L. als Vollstreckungsbehörde vom 06.06.2013 erneut zur Zahlung der Verwaltungsgebühr in Höhe von 100,90 Euro aufgefordert. Zugleich wurde eine Mahngebühr in Höhe von 6,00 Euro ausgewiesen.
6Der Kläger hat am 27.08.2013 Klage erhoben.
7Eine Begründung der Klage erfolgte nicht.
8Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung führt er aus, die Klage sei verfristet.
12Mit Verfügung vom 28.10.2013 sind die Beteiligten zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid angehört worden.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Aufgrund der Anhörung der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
16Die Klage bleibt ohne Erfolg.
17Der Kläger begehrt bei verständiger Auslegung seines Klagebegehrens (vgl. § 88 VwGO) die Aufhebung des Kostenbescheides vom 04.04.2013 und der Mahnung bzw. Zahlungsaufforderung vom 06.06.2013.
181.)
19Soweit sich die Klage gegen den Kostenbescheid vom 04.04.2013 richtet, ist sie unzulässig.
20Zwar ist die Klage insoweit als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Der Kläger hat jedoch die für Anfechtungsklagen geltende einmonatige Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO versäumt. Hiernach muss die Anfechtungsklage einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Die Bekanntgabe des Kostenbescheides vom 04.04.2013 erfolgte durch Übermittlung mit einfacher Post. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ausweislich des auf dem Kostenbescheid befindlichen Ab-Vermerks erfolgte die Aufgabe zur Post am Donnerstag, den 04.04.2013. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid galt mithin gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW am Sonntag, den 07.04.2013 als bekannt gegeben. Die einmonatige Klagefrist endete folglich gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am Dienstag, den 07.05.2013 um 24:00 Uhr. Die Klage ging jedoch erst am Dienstag, den 27.08.2013 und damit ersichtlich nach Ablauf der in § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO bezeichneten Frist bei Gericht ein.
21Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt gestellt. Darüber hinaus sind keine Gründe ersichtlich, die eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO rechtfertigen würden. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist grundsätzlich nur dann geboten, wenn die einen Wiedereinsetzungsanspruch begründenden Tatsachen offensichtlich sind und daher von einem erkennbar berechtigten Wiedereinsetzungsanspruch ausgegangen werden muss.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 – 3 C 25.06 –, Rn. 13, juris; BVerwG, Beschluss vom 27.03.2000 – 3 B 41.00 –, Rn. 8, juris.
23Dies kommt jedoch regelmäßig nur dann in Betracht, wenn innerhalb der Antragsfrist die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen erkennbar (gemacht worden) sind.
24Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.03.2000 – 3 B 41.00 –, Rn. 8, juris.
25Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Denn weder aus der Klageschrift noch aus den sonstigen Umständen lässt sich ein offenkundiger Wiedereinsetzungsanspruch ableiten.
262.)
27Soweit die Klage zudem auf die Aufhebung der Mahnung bzw. Zahlungsaufforderung vom 06.06.2013 nebst der darin neben der Hauptforderung ausgewiesenen Mahngebühr gerichtet ist, ist sie ebenfalls unzulässig.
28Hinsichtlich einer Aufhebung der Mahnung bzw. Zahlungsaufforderung fehlt es bereits an der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, weil es sich bei der auf Grundlage von § 19 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) erlassenen Mahnung als unselbständiger Vorbereitungshandlung zu einer zukünftigen Vollstreckungsanordnung oder zu zukünftigen – hier nicht in Rede stehenden – Vollstreckungshandlungen nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG NRW handelt.
29Vgl. BSG, Beschluss vom 07.06.1999 – B 7 AL 264/98 B –, Rn. 7, juris; BSG, Beschluss vom 05.08.1997 – 11 BAr 95/97 –, Rn. 6, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.10.2003– 3 A 3417/99 –, Rn. 24, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.1981 – 1 B 60/81 –, NJW 1982, 2276 (2277); VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.07.2004 – 17 L 2055/04 –, Rn. 4, juris; Sodan, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2010, § 42 VwGO, Rn. 310; ebenso für eine Vollstreckungsankündigung VG Düsseldorf, Urteil vom 04.02.2013 – 23 K 3189/11 –, Rn. 55, juris.
30Der Mahnung fehlt es an dem für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 35 VwVfG NRW konstitutiven Regelungscharakter, weil der Kläger hiermit lediglich zur Zahlung einer bestehenden Gebührenschuld aufgefordert wird. Die Mahnung ist mithin nicht darauf gerichtet unmittelbar eine Rechtsfolge zu bewirken. Es handelt sich vielmehr um eine besondere Voraussetzung für den Beginn der Vollstreckung, die mangels Verwaltungsaktqualität nicht mit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann.
31Vgl. BSG, Beschluss vom 07.06.1999 – B 7 AL 264/98 B –, Rn. 7, juris; BSG, Beschluss vom 05.08.1997 – 11 BAr 95/97 –, Rn. 6, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.1981– 1 B 60/81 –, NJW 1982, 2276 (2277); VG Köln, Urteil vom 04.10.2005 – 25 K 8739/04 –, Rn. 13, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 30.03.2011 – 4 L 227/11.NW –, Rn. 8, juris; Sodan, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2010, § 42 VwGO, Rn. 310.
32Auch hinsichtlich der in der Mahnung bzw. Zahlungsaufforderung ausgewiesenen Mahngebühr in Höhe von 6,00 Euro fehlt es am Vorliegen eines für die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage erforderlichen Verwaltungsakts. Das streitgegenständliche Mahnschreiben vom 06.06.2013 beinhaltet als solches keine Festsetzung einer Mahngebühr, weshalb ihm auch insoweit keine Verwaltungsaktqualität zukommt und es nicht angefochten werden kann. Denn die Mahnung enthält vorliegend nur eine behördliche Erinnerung des Gebührenpflichtigen an seine Pflicht, fällige Geldbeträge – hier die mit Kostenbescheid vom 04.04.2013 festgesetzte Verwaltungsgebühr – zu leisten, wobei lediglich nachrichtlich mitgeteilt wird, dass hierdurch Mahngebühren zur Entstehung gelangen. Dies hat zur Folge, dass die Mahngebühr im Falle einer zukünftigen Vollstreckung gemäß § 20 Abs. 1 VwVG NRW – sofern alle Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen – mit der Hauptforderung beigetrieben werden kann, ohne dass es einer gesonderten Festsetzung bedarf.
33Vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 30.10.2013 – 9 A 244/12 –, Rn. 37, juris.
34Dessen ungeachtet weist das Gericht darauf hin, dass die Ausweisung der Mahngebühr auch in der Sache nicht zu beanstanden ist.
35Der die Pflicht zur Gebührenzahlung begründende Kostenbescheid vom 04.04.2013 ist– wie unter Ziffer 1.) ausgeführt – wegen Versäumung der Klagefrist in Bestandskraft erwachsen. Folglich kann die darin festgesetzte Verwaltungsgebühr – ungeachtet der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides – bei Vorliegen der allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen (vgl. §§ 6 ff. VwVG NRW) als Hauptforderung im Wege der Verwaltungsvollstreckung beigetrieben werden. Die Mahngebühren als Nebenforderung fallen als Kosten der Mahnung gemäß § 20 Abs. 1 VwVG NRW dem Kläger als Vollstreckungsschuldner zur Last und können, ohne dass es einer gesonderten Festsetzung bedarf, mit der Hauptforderung beigetrieben werden. Die Ausweisung von Mahngebühren in Höhe von 6,00 Euro neben der Hauptforderung gemäß § 77 Abs. 1, § 19 VwVG NRW i.V.m. § 9 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VO VwVG NRW) begegnet daher weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtlichen Bedenken.
36Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Referenzen
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- VwGO § 42 4x
- §§ 6 ff. VwVG 1x (nicht zugeordnet)
- 11 BAr 95/97 2x (nicht zugeordnet)
- 17 L 2055/04 1x (nicht zugeordnet)
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- Urteil vom Verwaltungsgericht Magdeburg (9. Kammer) - 9 A 244/12 1x
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