Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 K 2117/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00. April 1967 geborene Kläger bekleidet das Statusamt eines Polizeikommissars.
3Ausweislich eines Vermerks des Polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums N. (im Folgenden: PÄD) vom 15. Oktober 2003 sei der Kläger den besonderen psychischen Belastungen des Wach- und Wechseldienstes nicht mehr gewachsen. Die Gefahr von Fehlreaktionen sei nicht von der Hand zu weisen. Im Rahmen eines am 3. November 2003 geführten Dienstgesprächs befürwortete der Kläger einen Laufbahnwechsel (Vermerk vom 12. November 2003).
4In einem polizeiärztlichen Gutachten vom 26. Februar 2004 wurde festgestellt, dass der Kläger persönlichkeitsbedingt nur eingeschränkt in der Lage sei, in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Derartige Situationen würden ihn „auch bei aller Therapie“ weiterhin tief verunsichern und angstauslösend sein. Mit Bescheid vom 30. März 2004 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers sowie dessen allgemeine Dienstfähigkeit fest und führte aus, dass er die ihm gebotene Gelegenheit wahrzunehmen habe, die für die Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.
5Mit Schreiben vom 5. August 2004 teilte die Bezirksregierung E. dem Polizeipräsidium N. mit, dass der Kläger den schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens für den Laufbahnwechsel in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst nicht bestanden habe und deswegen für das weitere Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden könne. Den vom Kläger gegen die Entscheidung der Bezirksregierung E., ihn nicht für das weitere Verfahren des Laufbahnwechsels in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst zu berücksichtigen, gerichteten Widerspruch wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2006 zurück.
6In dem vor der erkennenden Kammer geführten Klageverfahren 2 K 4726/06 haben der Kläger und die Bezirksregierung E. im Verhandlungstermin vom 13. Februar 2007 einen Vergleich des Inhalts geschlossen, dass eine erneute polizeiärztliche Untersuchung des Klägers zur Frage seiner eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit erfolgen soll (Ziffer 1 des Vergleichs) und dass sich der Beklagte – sollte eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit nicht innerhalb eines Jahres festgestellt werden – verpflichtet, den Kläger zu einem neuen Auswahlverfahren für die Unterweisungszeit zum gehobenen Dienst zuzulassen (Ziffer 2 des Vergleichs).
7In dem polizeiärztlichem Gutachten vom 12. September 2007 wurde festgestellt, dass sich die neurasthenische Persönlichkeitsstruktur des Klägers durch einen anhaltenden psycho-physischen Schwäche- und Erschöpfungszustand mit abnehmender Arbeitsleisung bei der Bewältigung täglicher Aufgaben - begleitet von funktionellen Symptomen wie Magenschmerzen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen in Folge kumulierender Defizite von Angststörungen - auszeichne. Hierdurch sei der Kläger nur eingeschränkt in der Lage in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Unangenehm empfundenen Situationen werde er sich immer wieder entziehen. Der Polizeidienst erfordere ein Höchstmaß an psychischer Belastbarkeit, insbesondere was die Bewältigung von extremen Konflikt- und Stresssituationen als auch die Belastung durch die Arbeitsorganisation anbelange. Eine Verwendung des Klägers sei daher im Wach- und Wechseldienst nicht mehr möglich. Der Kläger sei nicht geeignet, Waffen zu tragen und Fahrzeuge mit Sonderrechten zu führen. Er genüge den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht. Gegen eine Verwendung in einem Amt, das seiner verminderten Belastbarkeit Rechnung trage (etwa in der Sachbearbeitung) oder gegen einen Wechsel in die allgemeine innere Verwaltung sprächen aus medizinischen Gründen keine Bedenken.
8In einem mit dem Kläger am 31. März 2008 geführten Personalgespräch erklärte dieser seine Bereitschaft, nach dem angestrebten Laufbahnwechsel in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst seinen Dienst im Bereich ZI 3.2 (Waffen- und Geräteangelegenheiten) zu versehen.
9Mit Bescheid vom 11. April 2008 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit und allgemeine Dienstfähigkeit des Klägers fest.
10Mit Verfügung vom 14. Oktober 2009 wurde der Kläger aufgrund mangelnden Personalbedarfs im Bereich ZI 3.2 mit Wirkung vom 19. Oktober 2009 für die Dauer von sechs Wochen zum Zwecke der Hospitation in den Bereich ZI 1.1 (Liegenschaftsverwaltung) umgesetzt.
11Nachdem der Kläger seit dem 1. Oktober 2009 dienstunfähig erkrankt war und gegenüber dem Polizeipräsidium N. angegeben hatte, dass er Kontakt zu vielen Menschen brauche, nicht still sitzen könne, sich viel bewegen müsse und dass sich seine Erkrankung verschlimmere, wenn er einen „Schreibtischjob“ ausüben würde, veranlasste das Polizeipräsidium, den Kläger auf seine allgemeine Dienstfähigkeit zu untersuchen. Nach den Feststellungen in dem amtsärztlichen Gutachten vom 9. April 2010 sei es „in der Vorgeschichte“ beim Kläger zu einer Angststörung im Zusammenhang mit Vorgängen im Polizeidienst gekommen. In der Folgezeit hätten sich wiederholt depressive Symptome mit begleitenden körperlichen Beschwerden eingestellt. Aufgrund des bei der Untersuchung am 9. März 2010 gewonnenen Eindrucks werde der Kläger jedoch derzeit als dienstfähig angesehen, sowohl für den allgemeinen Verwaltungsdienst als auch für Einsatzgebiete im polizeilichen Bereich, mit Ausnahme des Gebrauchs von Schusswaffen und Fahrten mit Sonderrechten. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers trage es grundsätzlich zur Stabilisierung bei, wenn vorhandene Neigungen berücksichtigt werden könnten, in diesem Falle „eher kommunikationsorientierte Tätigkeiten“. Nach den im Gutachten ausgeführten Empfehlungen sollte ein Einsatz des Klägers „deutlich unterhalb der Qualifikation [vermieden werden], da dies ebenfalls destabilisierend sein könnte“.
12Nach einem Bericht des psychologischen Psychotherapeuten Dipl.-Psych. H. vom 25. Juni 2010 könne nach derzeitigem Stand davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei einer angemessenen Verwendung in den kommenden zwei Jahren seine volle Polizeidienstfähigkeit wieder erlange. Für eine vollständige Bearbeitung der „Symptomreste“ werde angeraten, dem Kläger bei der Dienstverrichtung „Publikumsverkehr“ und Kontakt zu Kollegen zu ermöglichen. Die Einschränkungen hinsichtlich des Schusswaffengebrauchs und der Fahrten mit Sonderrechten sollten vorerst bestehen bleiben. Ausweislich eines Attestes von Frau U. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 29. Juli 2010 werde der Kläger von ihr seit dem 1. April 2009 wegen einer rezidivierenden depressiven Störung behandelt. Zu dieser Erkrankung sei es durch im Dienst erlittene posttraumatische Erfahrungen gekommen. Es sei eine positive Entwicklung seines Gesundheitszustandes zu verzeichnen. Seine Polizeidienstfähigkeit werde in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich wieder hergestellt sein.
13Mit Wirkung vom 10. November 2010 wurde der Kläger zur Bearbeitung von Vorgängen ohne Ermittlungsansatz zum KK 24 umgesetzt.
14Mit Schreiben vom 22. November 2010 machte der Kläger geltend, er werde im KK 24 polizeilich tätig. Obwohl er derzeit hauptsächlich Anzeigen zugeteilt bekomme, die augenscheinlich zunächst ohne Ermittlungsansatz eingestuft werden, würden sich bei der Bearbeitung der meisten Fälle gleichwohl solche Ansätze in Gestalt etwa von Beschuldigtenvernehmungen oder dem Sichten von Überwachungsvideos ergeben. Dies seien Tätigkeiten, die seiner Ausbildung und Qualifikation als Polizeivollzugsbeamter gerecht würden. Eine Verwendung im KK 24 als Verwaltungsbeamter schränkte dieses Tätigkeitsfeld derart ein, dass er nicht mehr zur Entlastung der Kollegen beitragen könne.
15Unter dem 26. März 2012 teilte das Polizeipräsidium N. dem Kläger mit, dass er bei der Besetzung der Stelle „Sachbearbeiter in der Verkehrsinspektion 2“ nicht berücksichtigt worden sei, weil dieser Dienstposten mit einem eingeschränkt verwendungsfähigen Polizeivollzugsbeamten besetzt werden solle. Bei dem Kläger sei indes die Polizeidienstuntauglichkeit festgestellt worden. Dagegen hat der Kläger am 11. Juni 2012 Klage (2 K 4427/12) erhoben. Zur Begründung trug er vor, es sei ermessensfehlerhaft, ihn unter Hinweis auf seine Polizeidienstunfähigkeit vom weiteren Auswahlverfahren auszuschließen, weil die Dienstpostenvergabe gerade dies voraussetze. Nachdem das Polizeipräsidium N. den Bescheid vom 26. März 2012 aufgehoben und erklärt hatte, über die Besetzung des fraglichen Dienstpostens erneut zu entscheiden, haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die beschließende Kammer stellte es mit Beschluss vom 12. November 2013 ein.
16Nachdem der Kläger die Unterweisungszeit für die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes erfolgreich abgeleistet hatte, teilte ihm die Bezirksregierung E. unter dem 21. September 2012 mit, dass er am 18. März 2011 die entsprechende Laufbahnbefähigung erworben habe.
17Der Kläger verweigerte die Annahme der unter dem 22. November 2012 ausgestellten Ernennungsurkunde zum Regierungsamtsinspektor. Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragte der Kläger festzustellen, dass er zur Annahme dieser Urkunde nicht verpflichtet sei (2 L 2162/12). Den Eilantrag lehnte Kammer mit Beschluss vom 31. Januar 2013 ab und führte zur Begründung aus, dass es dem Kläger an dem erforderlichen Anordnungsgrund mangele, weil er zur Entgegennahme der Ernennungsurkunde nicht verpflichtet sei und ihm auch für den Fall der Weigerung der Entgegennahme Rechtsbeeinträchtigungen nicht drohten. Die dagegen erhobene Beschwerde (6 B 213/13) blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies sie mit Beschluss vom 10. April 2013 zurück.
18Mit Bescheid vom 26. Februar 2014 versetzte das Polizeipräsidium N. den Kläger in die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes (Regierungsamtsinspektor) und wies ihn der Direktion K, KI 2, KK 24, zu. Der Kläger erwiderte hierauf mit Schreiben vom 31. März 2014, dass er die Ernennungsurkunde zum jetzigen Zeitpunkt nicht annehme.
19Der Kläger hat am 26. März 2014 Klage erhoben.
20Zur Begründung macht er geltend: Zwar sei die Polizeidienstunfähigkeit formal mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. April 2008 festgestellt worden. Zu berücksichtigen sei allerdings, dass es sich hierbei um einen Dauerverwaltungsakt handele. Für die Rechtmäßigkeit des Laufbahnwechsels müsse demnach „aktuell“ feststehen, dass der Beamte polizeidienstunfähig sei. Dies sei bei ihm gerade nicht der Fall. Er habe sich in fachärztlicher psychiatrischer Behandlung befunden, die dazu geführt habe, dass er wieder sämtliche Tätigkeiten eines Polizeivollzugsbeamten wahrnehmen könne. Der angegriffene Bescheid sei auch ermessensfehlerhaft, weil das Polizeipräsidium N. nicht geprüft habe, ob er in einer Funktion eingesetzt werden könne, die die volle Polizeidienstfähigkeit nicht erfordere.
21Der Kläger beantragt,
22den Bescheid des Polizeipräsidiums N. vom 26. Februar 2014 aufzuheben.
23Das beklagte Land beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Das Polizeipräsidium N. trägt zur Begründung des Klageabweisungsantrages vor, dass es bereits angesichts der Bestandskraft des Bescheides über die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers vom 11. April 2008 nicht mehr darauf ankäme, ob der Kläger im Polizeivollzugsdienst eine Funktion wahrnehmen könne, die seine volle Polizeidienstfähigkeit nicht erfordere. Davon abgesehen sei eine derartige Verwendung vor dem Hintergrund des Lebensalters des Klägers im Zeitpunkt des zuvor genannten Feststellungsbescheides bereits aus fiskalischen Gründen nicht in Betracht gekommen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 2 K 4427/12, 2 L 2162/12, 2 K 3365/14 und 2 K 3366/14 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Kammer konnte durch den Einzelrichter (§ 6 VwGO) entscheiden, weil sie ihm mit Beschluss vom 4. Mai 2015 den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat.
29Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Polizeipräsidiums N. vom 26. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
30Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die nach §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LPVG NRW erforderliche Zustimmung des Personalrats ist am 21. Februar 2014 erteilt worden. Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragen hat am 17. Februar 2014 stattgefunden (vgl. §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 2 Satz 1 LGG NRW). Auch ist der Kläger vor Erlass des angegriffenen Bescheides nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört worden (Schreiben vom 10. Dezember 2013).
31Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Gemäß § 116 Abs. 3 LBG NRW soll ein Polizeivollzugsbeamter, wenn er polizeidienstunfähig wird – falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen – in ein Amt einer anderen Laufbahn versetzt werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 25 LBG NRW erfüllt sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW kann ein Beamter in ein anderes Amt einer Laufbahn, für die er die Befähigung besitzt, versetzt werden, wenn er es beantragt oder ein dienstliches Bedürfnis besteht. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann ein Beamter aus dienstlichen Gründen ohne seine Zustimmung in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt auch einer gleichwertigen oder anderen Laufbahn, auch im Bereich eines anderen Dienstherrn, versetzt werden.
32Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers ist mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. April 2008 festgestellt worden. Für die Rechtmäßigkeit der Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2015 - 6 A 371/12 -, juris, Rn. 79 (zur Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit); Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Stand Januar 2013, § 116 LBG NRW Rn. 21.
34Maßgeblicher Zeitpunkt ist hiernach der 11. April 2008. Mit bestandskräftigem Bescheid hat das Polizeipräsidium N. an diesem Tag festgestellt, dass der Kläger polizeidienstunfähig ist. Auch hat das Polizeipräsidium im vorgenannten Bescheid ausgeführt, dass eine Verwendung des Klägers in anderen Funktionen des Polizeivollzugsdienstes (im Sinne des § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW) angesichts der „vorliegenden Einschränkungen“ nicht möglich sei, weil ein entsprechender Dienstposten „auf Dauer nicht zur Verfügung“ stünde.
35Vgl. zur Suchpflicht des Dienstherrn: BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, juris, Rn. 10 ff.
36Tritt bei einem Polizeivollzugsbeamten - wie hier - Polizeidienstunfähigkeit ein, so muss der Dienstherr zunächst prüfen, ob bei dem Beamten die Voraussetzungen für eine Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst vorliegen. Dies erfordert eine Prognose über dessen dienstliche Verwendung bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand. Entscheidend ist dabei, ob die von dem Beamten auszuübende Funktion dessen Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert. Der Dienstherr darf in die Prognose weitreichende organisatorische und personalpolitische Erwägungen einstellen. Prüfungsmaßstab für die Fähigkeit eines Polizeibeamten, seine Dienstpflichten zu erfüllen, ist dabei nur im Ausgangspunkt sein abstrakt- funktionelles Amt; ergänzend treten dienstliche Gegebenheiten und Erfordernisse der jeweiligen Dienstbehörde, die einzelfallbezogene Einschätzung der Verwendungsbreite des Beamten im polizeilichen Innendienst, grundsätzliche Erwägungen personalwirtschaftlicher Art für den gesamten Polizeidienst sowie personalpolitische Prioritäten hinzu, die der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens setzen kann. Zulässig ist beispielsweise die Handhabung, dass von den Beamten mit Verwendungseinschränkungen in Bezug auf den Polizeivollzugsdienst nur solche auf den Innendienstposten eingesetzt werden, bei denen nur vorübergehende Verwendungseinschränkungen bestehen oder für die wegen der unmittelbaren zeitlichen Nähe zum Eintritt in den Ruhestand ein Laufbahnwechsel weder zweckmäßig noch zumutbar wäre.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2015 - 6 B 1022/14 -, juris, Rn. 14 ff.
38Im vorliegenden Fall hat das Polizeipräsidium N. sein Organisationsermessen dahin ausgeübt, dass angesichts des Lebensalters des Klägers und der vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen eine dauerhafte Verwendung im Polizeivollzugsdienst nicht in Betracht kommt. Überdies hat es in dem angegriffenen Bescheid ausgeführt, dass der Kläger mit einem Laufbahnwechsel einverstanden ist. Eine solche Verwaltungspraxis, die für die Frage, welchen Polizeivollzugsbeamten ein Laufbahnwechsel angesonnen wird, auch auf das Lebensalter abstellt, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn mit zunehmenden Lebensalter wird es zum einen für den Beamten schwieriger, sich auf eine Verwendung in einer anderen Laufbahn umzustellen, zum anderen ist der Laufbahnwechsel für den Dienstherrn weniger vorteilhaft, da dem Umschulungsaufwand eine immer kürzer werdende Dienstzeit, in der der Beamte in der neuen Laufbahn verwendet werden kann, gegenübersteht. Bliebe umgekehrt ein jüngerer Beamter trotz seiner Verwendungseinschränkungen auf einem Dienstposten des Polizeivollzugsdienstes, würde er diesen Dienstposten voraussichtlich für viele Jahre in Anspruch nehmen und damit für andere Beamte mit ähnlichen Einschränkungen "blockieren".
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2015 - 6 B 1022/14 -, juris, Rn. 18.
40Auch die weiteren Voraussetzungen für den verfügten Laufbahnwechsel liegen vor: Der Kläger soll im Sinne der §§ 116 Abs. 3, 25 Abs. 2 LBG NRW in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) versetzt werden. Schließlich stehen der Versetzung auch keine zwingenden dienstlichen Gründe im Sinne des § 116 Abs. 3 LBG NRW entgegen. Bei dem Begriff der „zwingenden dienstlichen Gründe“ handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der eng auszulegen ist. Er geht hinsichtlich des Schweregrades der Anforderungen über den Begriff „dringende dienstliche Gründe“ hinaus. Der Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn, die nach § 116 Abs. 3 LBG NRW erfolgen „soll“, stehen nur solche Gründe entgegen, die - würden sie nicht beachtet - dienstliche Belange erheblich beeinträchtigen würden. Die normalerweise mit einer Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn verbundenen Erschwernisse wie die Notwendigkeit der Einarbeitung in die neuen Aufgaben stellen noch keine zwingenden dienstlichen Gründe dar. Ein zwingender dienstlicher Grund liegt dagegen vor, wenn der Beamte nicht nur polizeidienstunfähig, sondern auch allgemein dienstunfähig ist.
41Vgl. Schütz/Maiwald, a.a.O., § 116 LBG NRW, Rn. 52.
42Solche Gründe liegen hier nicht vor.
43Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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