Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 K 3365/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00.0.1967 geborene Kläger, der bei dem Polizeipräsidium N. im Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes steht und das Amt des Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) innehat, begehrt eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung um den Dienstposten des Sachbearbeiters in der Direktion Kriminalität, Führungsstelle K, Asservatenverwalter, die der Beklagte unter anderem mit der Begründung ablehnt, der Kläger komme wegen seiner bestandskräftig festgestellten Polizeidienstunfähigkeit für diese Verwendung nicht in Betracht.
3Ausweislich eines Vermerks des Polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums N. (im Folgenden: PÄD) vom 15. Oktober 2003 sei der Kläger den besonderen psychischen Belastungen des Wach- und Wechseldienstes nicht mehr gewachsen. Die Gefahr von Fehlreaktionen sei nicht von der Hand zu weisen. In einem polizeiärztlichen Gutachten vom 26. Februar 2004 wurde festgestellt, dass der Kläger persönlichkeitsbedingt nur eingeschränkt in der Lage sei, in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Derartige Situationen würden ihn „auch bei aller Therapie“ weiterhin tief verunsichern und angstauslösend sein. Mit Bescheid vom 30. März 2004 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers sowie dessen allgemeine Dienstfähigkeit fest und führte aus, dass er die ihm gebotene Gelegenheit wahrzunehmen habe, die für die Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.
4Mit Schreiben vom 5. August 2004 teilte die Bezirksregierung E. dem Polizeipräsidium N. mit, dass der Kläger den schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens für den Laufbahnwechsel in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst nicht bestanden habe und deswegen für das weitere Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden könne. Den vom Kläger gegen die Entscheidung der Bezirksregierung E. , ihn nicht für das weitere Verfahren des Laufbahnwechsels in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst zu berücksichtigen, gerichteten Widerspruch wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2006 zurück.
5In dem vor der erkennenden Kammer geführten Klageverfahren 2 K 4726/06 haben der Kläger und die Bezirksregierung E. im Verhandlungstermin vom 13. Februar 2007 einen Vergleich des Inhalts geschlossen, dass eine erneute polizeiärztliche Untersuchung des Klägers zur Frage seiner eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit erfolgen soll (Ziffer 1 des Vergleichs) und dass sich der Beklagte – sollte eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit nicht innerhalb eines Jahres festgestellt werden – verpflichtet, den Kläger zu einem neuen Auswahlverfahren für die Unterweisungszeit zum gehobenen Dienst zuzulassen (Ziffer 2 des Vergleichs).
6In dem polizeiärztlichem Gutachten vom 12. September 2007 wurde festgestellt, dass sich die neurasthenische Persönlichkeitsstruktur des Klägers durch einen anhaltenden psycho-physischen Schwäche- und Erschöpfungszustand mit abnehmender Arbeitsleisung bei der Bewältigung täglicher Aufgaben - begleitet von funktionellen Symptomen wie Magenschmerzen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen in Folge kumulierender Defizite von Angststörungen - auszeichne. Hierdurch sei der Kläger nur eingeschränkt in der Lage in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Als unangenehm aufgefassten Situationen würde er sich immer wieder entziehen. Der Polizeidienst erfordere ein Höchstmaß an psychischer Belastbarkeit, insbesondere was die Bewältigung von extremen Konflikt- und Stresssituationen als auch die Belastung durch die Arbeitsorganisation anbelange. Eine Verwendung des Klägers sei daher im Wach- und Wechseldienst nicht mehr möglich. Der Kläger sei nicht geeignet, Waffen zu tragen und Fahrzeuge mit Sonderrechten zu führen. Er genüge den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht. Gegen eine Verwendung in einem Amt, das seiner verminderten Belastbarkeit Rechnung trage (etwa in der Sachbearbeitung) oder gegen einen Wechsel in die allgemeine innere Verwaltung sprächen aus medizinischen Gründen keine Bedenken.
7Mit Bescheid vom 11. April 2008 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit und allgemeine Dienstfähigkeit des Klägers fest. Es verwies zugleich darauf, dass insbesondere unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers von 40 Jahren eine den festgestellten Einschränkungen entsprechende Verwendung im Polizeibereich auf Dauer nicht zur Verfügung stehe. Da ihm die Befähigung für eine dauerhafte Verwendung im Verwaltungsbereich fehle, werde der Vorgang der Bezirksregierung E. zur Veranlassung des Laufbahnwechsels in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst vorgelegt. Im Hinblick auf die Unterweisungszeit für den Laufbahnwechsel werde er ab dem 14. April 2008 in der Zentralinspektion (ZI) 1 verwendet. Nach vollzogenem Laufbahnwechsel werde er in der „ZI 3.2“ (Waffen- und Geräteangelegenheiten) eingesetzt. Der Bescheid wurde dem Kläger am 15. Mai 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
8Wie sich aus einer Petition des Klägers vom 14. Januar 2009 ergibt, verfolgte dieser gleichwohl weiterhin das Ziel, beim Polizeipräsidium N. auf dem Dienstposten, den er seinerzeit bekleidete, im Status des Polizeikommissars verwendet zu werden, während das Polizeipräsidium N. den Laufbahnwechsel in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst anstrebt.
9Nachdem der Kläger seit dem 1. Oktober 2009 dienstunfähig erkrankt war und gegenüber dem Polizeipräsidium N. angegeben hatte, dass er Kontakt zu vielen Menschen brauche, nicht still sitzen könne, sich viel bewegen müsse und dass sich seine Erkrankung verschlimmere, wenn er einen „Schreibtischjob“ ausüben würde, veranlasste das Polizeipräsidium, ihn auf seine allgemeine Dienstfähigkeit zu untersuchen. Nach den Feststellungen in dem amtsärztlichen Gutachten vom 9. April 2010 sei es „in der Vorgeschichte“ beim Kläger zu einer Angststörung im Zusammenhang mit Vorgängen im Polizeidienst gekommen. In der Folgezeit hätten sich wiederholt depressive Symptome mit begleitenden körperlichen Beschwerden eingestellt. Aufgrund des bei der Untersuchung am 9. März 2010 gewonnenen Eindrucks werde der Kläger jedoch derzeit als dienstfähig angesehen, sowohl für den allgemeinen Verwaltungsdienst als auch für Einsatzgebiete im polizeilichen Bereich, mit Ausnahme des Gebrauchs von Schusswaffen und Fahrten mit Sonderrechten. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers trage es grundsätzlich zur Stabilisierung bei, wenn vorhandene Neigungen berücksichtigt werden könnten, in diesem Falle „eher kommunikationsorientierte Tätigkeiten“. Nach den im Gutachten weiter ausgeführten „Empfehlungen“ sollte ein Einsatz des Klägers „deutlich unterhalb der Qualifikation [vermieden werden], da dies ebenfalls destabilisierend sein könnte“.
10Mit Blick hierauf machte der Kläger mit Schreiben vom 1. Juli 2010 gegenüber dem Polizeipräsidium N. geltend, im Bereich ZI 3.2 (Waffen- und Geräteangelegenheiten) eingesetzt werden zu wollen.
11Nach einem Bericht des psychologischen Psychotherapeuten Dipl.-Psych. H. vom 25. Juni 2010 könne nach derzeitigem Stand davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei einer angemessenen Verwendung in den kommenden zwei Jahren seine volle Polizeidienstfähigkeit wieder erlange. Für eine vollständige Bearbeitung der „Symptomreste“ werde angeraten, dem Kläger bei der Dienstverrichtung „Publikumsverkehr“ und Kontakt zu Kollegen zu ermöglichen. Die Einschränkungen hinsichtlich des Schusswaffengebrauchs und der Fahrten mit Sonderrechten sollten vorerst bestehen bleiben. Ausweislich eines Attestes von Frau U. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 29. Juli 2010 werde der Kläger von ihr seit dem 1. April 2009 wegen einer rezidivierenden depressiven Störung behandelt. Zu dieser Erkrankung sei es durch im Dienst erlittene posttraumatische Erfahrungen gekommen. Es sei eine positive Entwicklung seines Gesundheitszustandes zu verzeichnen. Seine Polizeidienstfähigkeit werde in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich wieder hergestellt sein.
12Mit Wirkung vom 10. November 2010 wurde der Kläger zum KK 24, Bearbeitung von Vorgängen ohne Ermittlungsansatz, umgesetzt.
13Mit Schreiben vom 22. November 2010 machte der Kläger geltend, er werde im KK 24 polizeilich tätig. Obwohl er derzeit hauptsächlich Anzeigen zugeteilt bekomme, die augenscheinlich zunächst ohne Ermittlungsansatz eingestuft werden, würden sich bei der Bearbeitung der meisten Fälle gleichwohl solche Ansätze in Gestalt etwa von Beschuldigtenvernehmungen oder dem Sichten von Überwachungsvideos ergeben. Dies seien Tätigkeiten, die seiner Ausbildung und Qualifikation als Polizeivollzugsbeamter gerecht würden. Eine Verwendung im KK 24 als Verwaltungsbeamter schränkte dieses Tätigkeitsfeld derart ein, dass er nicht mehr zur Entlastung der Kollegen beitragen könne.
14Unter dem 26. März 2012 teilte das Polizeipräsidium N. dem Kläger mit, dass er bei der Besetzung der Stelle „Sachbearbeiter in der Verkehrsinspektion 2“ nicht berücksichtigt worden sei, weil dieser Dienstposten mit einem eingeschränkt verwendungsfähigen Polizeivollzugsbeamten besetzt werden solle. Bei dem Kläger sei indes die Polizeidienstuntauglichkeit festgestellt worden. Dagegen hat der Kläger am 11. Juni 2012 Klage (2 K 4427/12) erhoben. Zur Begründung trug er vor, es sei ermessensfehlerhaft, ihn unter Hinweis auf seine Polizeidienstunfähigkeit vom weiteren Auswahlverfahren auszuschließen, weil die Dienstpostenvergabe gerade dies voraussetze. Nachdem das Polizeipräsidium N. den Bescheid vom 26. März 2012 aufgehoben und erklärt hatte, über die Besetzung des fraglichen Dienstpostens erneut zu entscheiden, haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die beschließende Kammer stellte es mit Beschluss vom 12. November 2013 ein.
15Nachdem der Kläger die Unterweisungszeit für die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes erfolgreich abgeleistet hatte, teilte ihm die Bezirksregierung E. unter dem 21. September 2012 mit, dass er am 18. März 2011 die entsprechende Laufbahnbefähigung erworben habe.
16Der Kläger verweigerte die Annahme der unter dem 22. November 2012 ausgestellten Ernennungsurkunde zum Regierungsamtsinspektor. Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragte der Kläger festzustellen, dass er zur Annahme dieser Urkunde nicht verpflichtet sei (2 L 2162/12). Den Eilantrag lehnte Kammer mit Beschluss vom 31. Januar 2013 ab und führte zur Begründung aus, dass es dem Kläger an dem erforderlichen Anordnungsgrund mangele, weil er zur Entgegennahme der Ernennungsurkunde nicht verpflichtet sei und ihm auch für den Fall der Weigerung der Entgegennahme Rechtsbeeinträchtigungen nicht drohten. Die dagegen erhobene Beschwerde (6 B 213/13) blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies sie mit Beschluss vom 10. April 2013 zurück.
17Unter dem 15. Oktober 2013 führte das Polizeipräsidium N. eine „interne Interessenabfrage“ für den Dienstposten eines Sachbearbeiters (Asservatenverwalter) in der Direktion K, Führungsstelle, durch. In der Ausschreibung heißt es:
18„Diese Funktion ist prädestiniert für einen geeigneten, eingeschränkt verwendungsfähigen Polizeivollzugsbeamten. (…) Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um keine Stellenausschreibung, sondern um eine reine Inrteressenabfrage handelt. Der Auswahlentscheidung werden daher vorrangig arbeitsorganisatorische bzw. arbeitspolitische Gesichtspunkte zugrunde gelegt.“
19Auf die Interessenabfrage meldeten sich vier Polizeivollzugsbeamte. In einem Vermerk zur Stellenbesetzung vom 6. Dezember 2013 wird ausgeführt, dass die Stelle aus folgenden Gründen mit einem Polizeivollzugsbeamten besetzt werden solle:
20„- Die Anzahl der PVB wird sich absehbar in den Folgejahren spürbar verringern.
21- Zur Bewältigung besonderer polizeilicher Lagen (BAO, EK, MK, bes. Gefahrenlagen) werden daher zunehmend Unterstützungskräfte auch aus nicht operativen Dienststellen herangezogen werden müssen.
22- Ein in der Asservatenverwaltung eingesetzter PVB kann unter Berücksichtigung einer vorliegenden Verwendungsbeeinträchtigung zu solchen Unterstützungsleistungen herangezogen und mit vollzugspolizeilichen Aufgaben beauftragt werden.
23Auch in der Vergangenheit kam es immer wieder vor, dass der auf der Asservatenstelle eingesetzte PBV zu Sondereinsätzen, BAO herangezogen wurde. Diese Anlässe werden sich absehbar häufen.“
24Das Polizeipräsidium N. bat unter dem 6. Dezember 2013 den Personalrat gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG NRW um Zustimmung zu der beabsichtigten Umsetzungsmaßnahme. Es machte hierbei erläuternde Anmerkungen zu den Bewerbern. Bezüglich des Klägers ist ausgeführt: „PK S. darf aufgrund seiner gem. § 116 LBG festgestellten und rechtskräftigen Polizeidienstunfähigkeit nicht mehr mit der Wahrnehmung von Vollzugstätigkeiten betraut werden. Da er im Rahmen des Laufbahnwechsels die Befähigung für die Laufbahn der allgemeinen inneren Verwaltung erworben hat, soll nun der Vollzug des Laufbahnwechsels in Kürze erfolgen. Er kommt daher für die Funktion des Asservatenverwalters nicht in Betracht.“
25Die Gleichstellungsbeauftragte und der Personalrat waren mit der Maßnahme, eine Mitbewerberin auf den vorgenannten Dienstposten umzusetzen, einverstanden.
26Das Polizeipräsidium N. unterrichtete den Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2014 davon, dass er bei der Stellenbesetzung nicht berücksichtigt worden sei.
27Mit Bescheid vom 26. Februar 2014 versetzte das Polizeipräsidium N. den Kläger in die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes (Regierungsamtsinspektor) und wies ihn der Direktion K, KI 2, KK 24 zu. Der Kläger erwiderte hierauf mit Schreiben vom 31. März 2014, dass er die Ernennungsurkunde zum jetzigen Zeitpunkt nicht annehme. Gegen den Bescheid vom 26. Februar 2014 erhob der Kläger am 26. März 2014 Klage (2 K 2117/14).
28Der Kläger hat am 19. Mai 2015 die vorliegende Klage mit dem Begehren erhoben, in Bezug auf den Dienstposten des Sachbearbeiters (Asservatenverwalter) in der Direktion K, Führungsstelle K, eine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen. Zur Begründung der Klage macht er unter Verweis auf sein Vorbringen in dem Verfahren 2 K 4427/12 geltend: Seine Nichtberücksichtigung sei rechtswidrig, weil er zu dem in der Interessenabfrage angesprochenen Personenkreis zähle. Da diese sich an Polizeivollzugsbeamte „mit polizeiärztlich bestätigter eingeschränkter Verwendbarkeit“ gerichtet habe, habe sie gerade Beamte im Blick gehabt, die - wie er - polizeidienstunfähig seien. Denn Polizeidienstfähigkeit setze gerade voraus, dass der Beamte auf jedem seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Dienstposten eingesetzt werden könne. Darauf, ob die Polizeidienstunfähigkeit formal festgestellt worden sei, komme es nicht an. Der Beklagte sei folglich von einem falschen Verständnis der Polizeidienstunfähigkeit ausgegangen.
29Der Kläger beantragt,
30das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums N. vom 9. Januar 2014 zu verurteilen, über die Bewerbung des Klägers auf die Funktionsstelle „Sachbearbeiter in der Direktion Kriminalität, Führungsstelle K, Asservatenverwalter“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er führt aus: Der Kläger erfülle aufgrund der bei ihm festgestellten Polizeidienstunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht die Vorgabe einer dauerhaft (nur) eingeschränkten Verwendungsfähigkeit im Polizeivollzugsdienst. Davon abgesehen stünde die im Wege der Umsetzung vorzunehmende Stellenbesetzung im Ermessen des Dienstherrn. Im Rahmen der Auswahlentscheidung sei berücksichtigt worden, dass der Kläger dauerhaft die mit dem Dienstposten verbundenen Aufgaben nicht wahrnehmen könne. Anders als bei den Mitbewerbern hätten beim Kläger aufgrund der feststehenden Polizeidienstunfähigkeit gegenüber den Verwendungseinschränkungen der Mitbewerber weiterreichende gesundheitliche Defizite vorgelegen. Ferner sei berücksichtigt worden, dass der Kläger noch mindestens 17 Dienstjahre im Polizeivollzugsdienst abzuleisten hätte. Angesichts dieses Zeitrahmens sei zu erwarten, dass der Kläger noch verschiedene Funktionen aufgrund zukünftiger personalorganisatorischer Notwendigkeiten wahrnehmen müsse. Hieran sei er indes aufgrund der festgestellten Polizeidienstunfähigkeit gehindert. Schließlich seien auch fiskalische Erwägungen in die Auswahlentscheidung eingeflossen. Der Kläger wäre bei einem Verbleib im Polizeivollzugsdienst dauerhaft berechtigt, die Polizeizulage zu erhalten und hätte Ansprüche aus der Freien Heilfürsorge, obwohl er die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr erfülle.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 2 K 4427/12, 2 L 2162/12, 2 K 2117/14 und 2 K 3366/14 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe:
36Die Kammer konnte durch den Einzelrichter (§ 6 VwGO) entscheiden, weil sie ihm mit Beschluss vom 4. Mai 2015 den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat.
37Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Land verurteilt wird, über die Bewerbung des Klägers auf die Funktionsstelle „Sachbearbeiter in der Direktion Kriminalität, Führungsstelle K, Asservatenverwalter“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Denn die Auswahlentscheidung ist rechtsfehlerfrei getroffen worden.
38Die Auswahlentscheidung vom 9. Januar 2014 musste, das sie lediglich eine im Ermessen des Dienstherrn liegende Organisationsmaßnahme betraf, nicht nach den Grundsätzen der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) getroffen werden. Die Entscheidung ist daher nur daraufhin überprüfbar, ob die Bewerbung des Klägers aus einem sachlichen Grund und unter Wahrung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) unberücksichtigt geblieben ist. Das Polizeipräsidium N. hat ausweislich des Vermerks zur Stellenbesetzung vom 6. Dezember 2013 die Stelle mit einem Bewerber besetzen wollen, der lediglich Verwendungseinschränkungen im Sinne des § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW unterliegt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass ein in der Asservatenverwaltung eingesetzter Polizeivollzugsbeamter im Einzelfall noch zu vollzugspolizeilichen Aufgaben herangezogen werden könne.
39Angesichts dessen ist ein sachlicher Grund für die Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Klägers gegeben, weil der - mangels Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 58 Abs. 2 VwGO nach Ablauf eines Jahres bestandskräftig gewordene - Bescheid vom 11. April 2008 nicht nur eine verbindliche Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit und der allgemeinen Dienstfähigkeit des Klägers enthielt, sondern zugleich verbindlich regelt, dass der Kläger nicht mehr im Polizeivollzugsdienst zu belassen ist, insbesondere nicht mehr gemäß § 116 Abs. 1, Halbsatz 2 LBG NRW auf einem Dienstposten verwendet werden soll, der die besonderen Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert.
40Der Beklagte hat eine dahingehende Regelung zwar nicht ausdrücklich in einem Entscheidungssatz getroffen. Er hat im Begründungsteil des Bescheides vom 11. April 2008 im Anschluss an die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit aber ausgeführt:
41„Insbesondere unter Berücksichtigung Ihres Lebensalters (40 J.) steht der Behörde eine den vorliegenden Einschränkungen entsprechende Verwendung im Polizeibereich auf Dauer nicht zur Verfügung.“
42Im Hinblick darauf, dass nach Einschätzung des Polizeipräsidiums N. aus diesem Grund ein Verbleib des polizeidienstunfähigen, aber allgemein dienstfähigen Klägers im Polizeivollzugsdienst nicht in Betracht kam, kündigte das Polizeipräsidium N. zugleich an, den Vorgang der Bezirksregierung vorzulegen, um den für eine dauerhafte Verwendung des Klägers im Verwaltungsbereich erforderlichen Laufbahnwechsel einzuleiten. Die Durchführung der den Erwerb der Laufbahnbefähigung für den allgemeinen mittleren Verwaltungsdienst vorbereitenden Unterweisungszeit wird aber erkennbar nur dann in Betracht gezogen, wenn ein Verbleib im Polizeivollzugsdienst gerade nicht möglich ist bzw. vom Dienstvorgesetzten nicht vorgesehen wird. Zudem waren der Laufbahnwechsel und die vorherige Unterweisungszeit Gegenstand eines mit dem Kläger und dessen Verfahrensbevollmächtigten zuvor, am 31. März 2008, geführten Gesprächs. Ausweislich eines hierüber gefertigten Aktenvermerks des Polizeipräsidiums N. vom 11. April 2008 hatte der Kläger sich bei dieser Gelegenheit hiermit sogar einverstanden erklärt.
43Nach alledem regelte der Bescheid vom 11. April 2008 bereits abschließend, dass der Kläger den Laufbahnwechsel zu vollziehen hat und nicht im Polizeivollzugsdienst verbleiben wird.
44Das Polizeipräsidium N. hat seine Ermessenserwägungen darüber hinaus selbstständig tragend und rechtsfehlerfrei auf fiskalische Erwägungen gestützt. Auch den Gesichtspunkt, dass der Kläger im Polizeivollzugsdienst zulagenberechtigt ist, muss der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens mit in seine Entscheidung einfließen lassen dürfen. Er muss es im Einzelfall für geboten halten, einen Beamten, dauerhaft zulagenberechtigt im Polizeivollzugsdienst zu beschäftigen, obwohl keine besonderen Belastungen vorliegen, auf denen die Zulagengewährung beruht.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2003 - 6 A 1579/02 -, juris.
46Schließlich hat das Polizeipräsidium N. rechtsfehlerfrei berücksichtigt, dass der Kläger noch mindestens 17 Dienstjahre im Polizeivollzugsdienst zu verbringen hätte. Angesichts dieses Zeitraums lasse sich bei ihm nicht die Prognose rechtfertigen, er werde auf Dauer auch andere Funktion im Polizeivolldienst wahrnehmen können. Schließlich hat das Polizeipräsidium der angefochtenen Entscheidung ermessensfehlerfrei zugrunde gelegt, dass der Kläger (gegenüber den anderen Mitbewerbern) mittlerweile die Befähigung für die Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes erworben hat.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
- § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 6 1x
- 2 L 2162/12 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 58 1x
- Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 213/13 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- 6 A 1579/02 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 K 3366/14 1x
- Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 K 2117/14 2x
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 2 K 4726/06 1x (nicht zugeordnet)
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- VwGO § 167 1x
- § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG 1x (nicht zugeordnet)
- § 116 Abs. 1, Halbsatz 2 LBG 1x (nicht zugeordnet)