Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 3 L 59/21
Tenor
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, in dem Verfahren für die Übertragung des Rechts zur Veranstaltung eines Wochenmarktes dienstags, donnerstags und samstags von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem „O.--markt “ in T. -N. , mittwochs und freitags von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem „X. Marktplatz“ in T. -X1. sowie dienstags und samstags von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem Marktplatz B. Straße Ecke E. Straße in T. -P. ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt und für die Dauer von fünf Jahren auf einen Antrag oder ein Angebot der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen und einen entsprechenden Konzessionsvertrag oder eine sonstige Vereinbarung abzuschließen, bis über das Angebot der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden und eine Frist von zwei Wochen seit Bekanntgabe des Ergebnisses des erneuten Auswahlverfahrens abgelaufen ist.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche ihre Kosten selber trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag,
31. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorläufig zu untersagen, in dem Verfahren für die Übertragung des Rechts zur Veranstaltung eines Wochenmarktes dienstags, donnerstags und samstags von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem „O.--markt “ in T. -N. , mittwochs und freitags von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem „ X. Marktplatz“ in T. -X1. sowie dienstags und samstags von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem Marktplatz B. Straße Ecke E. Straße in T. -P. ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt und für die Dauer von fünf Jahren auf einen Antrag oder ein Angebot der Beigeladenen oder eines anderen Bewerbers den Zuschlag zu erteilen und einen entsprechenden Konzessionsvertrag oder eine sonstige Vereinbarung abzuschließen, bis über das Angebot der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden und eine Frist von zwei Wochen seit Bekanntgabe des Ergebnisses der erneuten Auswahlverfahrens abgelaufen ist,
42. im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorläufig und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren der Beteiligten mit dem Az.: 3 K 7310/20 festzustellen, dass die von Antragstellerin unter dem 13. August 2020 beantragte Festsetzung eines Wochenmarktes jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem „O.--markt “ in T. -N. , jeden Mittwoch und Freitag von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem „ X. Marktplatz“ in T. -X1. und jeden Dienstag und Samstag von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem Marktplatz B. Straße/Ecke E. Straße in T. -P. ab dem nächstmöglichen Zeitraum und für die Dauer von fünf Jahren als erteilt gilt,
53. hilfsweise
6die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, zugunsten der Antragstellerin vorläufig und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Festsetzungsantrag der Antragstellerin vom 13. August 2020 einen Wochenmarkt jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem „O.--markt “ in T. -N. , jeden Mittwoch und Freitag von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem „ X. Marktplatz“ in T. -X1. und jeden Dienstag und Samstag von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem Marktplatz B. Straße/Ecke E. Straße in T. -P. festzusetzen,
74. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig aufzugeben, der Antragstellerin den „O.--markt “ in T. -N. , den „X. Marktplatz“ in T. -X1. und den Marktplatz B. Straße/Ecke E. Straße in T. -P. als Marktflächen für die Durchführung des Wochenmarktes an den im obigen Verfügungsantrag angegebenen Tagen und Uhrzeiten (zuzüglich der erforderlichen Zeiten für Auf- und Abbau) sowie die auf den Marktplätzen installierten Stromversorgungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen,
8hat nur mit dem Antrag zu 1. Erfolg.
9Der dem stattgebenden Tenor entsprechende Antrag hat insoweit Erfolg, da die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass die Vergabe der Durchführung des Rechts zur Veranstaltung von Wochenmärkten in T. -N. (O.--markt ), T. X1. (X. Marktplatz) und T. P. (Marktplatz B. Straße Ecke E. Straße) an die Beigeladene ihre subjektiven Rechte vereiteln könnte und eine Regelung nötig erscheint.
10Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag und bereits vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint. Derjenige, der vorläufigen Rechtsschutz begehrt, muss gemäß § 123 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft machen, dass ihm der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dass ein Grund für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht (Anordnungsgrund). Maßgebend sind hierbei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
11Die Antragstellerin hat zunächst einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
12Dafür ist zunächst Voraussetzung, dass die Bewerbung der Antragstellerin um die Marktfestsetzung nach § 69 GewO den im Ausschreibungstext genannten Mindestanforderungen entspricht,
13vgl. insoweit Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.07.2016 – 4 B 691/16 -, juris.
14Dies ist hier ersichtlich der Fall und wird auch von den übrigen Beteiligten nicht bestritten.
15Umgekehrt teilt das Gericht aber nicht die Einschätzung der Antragstellerin, dass im Hinblick auf die bindenden Vorgaben der Ausschreibung die Bewerbung der Beigeladenen nicht berücksichtigungsfähig sei, weil diese den im Ausschreibungstext genannten Mindestanforderungen nicht entsprach und zumindest das geforderte Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 BZRG für einen der beiden Gesellschafter der Beigeladenen, Herrn Ferres, nicht fristgerecht vorgelegt worden sei. Diesbezüglich hat die Antragsgegnerin in ihrer Auftragsbekanntmachung vom 17.07.2020 zwar eine „Teilnahme- oder Angebotsfrist“ bis zum 14.08.2020, 10.00 Uhr, bestimmt. Daraus wird aber nicht ersichtlich, dass es sich hier um eine Ausschlussfrist handeln soll. Vielmehr dürfte es sich insoweit um eine sog. behördliche Frist handeln, die der Behörde zwar die Möglichkeit gibt, nach Ablauf der Frist zu entscheiden, den späteren Eingang von Unterlagen aber nicht ausschließt.
16Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 GewO hat die zuständige Behörde auf Antrag des Veranstalters, der die Voraussetzungen der §§ 64, 65, 66, 67 oder 68 GewO erfüllt, nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz für jeden Fall der Durchführung festzusetzen. Auf diese Festsetzung besteht für den Veranstalter ein Rechtsanspruch. Wenn mehrere Veranstalter zeitgleich konkurrierende Veranstaltungen am gleichen Ort durchführen wollen, wandelt sich der Anspruch auf Festsetzung in eine Recht auf eine nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Auswahlentscheidung
17Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 07.03.2008 – 7 ME 24/08 -, juris, m.w.N.
18Vorliegend kann dahinstehen, ob die öffentlich-rechtliche Befugnis zur Veranstaltung des Wochenmarktes eine Dienstleistungskonzession gemäß Art. 17 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1251/2011 der Kommission vom 30. November 2011 (ABl. L 319 vom 2.12.2011, S. 43), ist und ob sie der Vergaberichtlinie unterfällt. Denn aus nationalem Recht ergeben sich insoweit dieselben Anforderungen wie aus dem Europarecht.
19Vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 20.09.2012 – 11 E 1658/12 – juris, m.w.N.
20Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist in Art. 3 Abs. 1 GG verankert und das Gebot eines transparenten und vorhersehbaren Verfahrensablaufs folgt aus dem rechtsstaatlichen Gebot eines fairen (Verwaltungs-)Verfahrens. Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren,
21vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.10.1974, BVerfGE 38, 105, 111
22Letztendlich beanspruchen nach den Regelungen der Gewerbeordnung bei der Auswahl unter mehreren Veranstaltern dieselben Kriterien Geltung wie bei der Vergabe von Standplätzen,
23vgl. dazu Wagner, in Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, Stand Dezember 2019, § 69 Rn. 34.1 ff., m.w.N.
24Vorliegend dürfte es den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin verletzen, dass die Antragsgegnerin der Bewerbung der Beigeladenen den Vorzug gegeben hat. Dies ergibt sich jedenfalls aus folgenden Umständen:
25Die Kammer hat bereits in ihrem Beschluss vom 25.06.2018 gerügt, dass die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zwischen den Beteiligten auch deshalb ermessensfehlerhaft sein dürfte, weil sie sich nicht zu der Frage verhält, ob es die Eignung der Beigeladenen nicht zumindest herabsetzt, dass ihre Gesellschafter selbst Beschicker der in Rede stehenden Märkte sind, und der Antragsgegnerin aufgegeben, sich das aus dieser Doppelrolle ergebende Konfliktpotential im Hinblick auf die Grundsätze der Marktgerechtigkeit bei ihrer künftigen Auswahlentscheidung zu berücksichtigen und zu bewerten. Diese Auseinandersetzung ist nicht dadurch entbehrlich geworden, dass zwischenzeitlich einer der beiden Gesellschafter der Beigeladenen sich aus dem Marktgeschehen zurückgezogen hat, da im Hinblick auf den anderen Gesellschafter, Herrn K. , das Konfliktpotential weiter besteht. Insoweit ist zu beachten, dass die Beigeladene insgesamt nur zwei Gesellschafter hat, jedem Gesellschafter also eine bestimmende Bedeutung zukommt.
26Die weiterhin erforderliche Auseinandersetzung wird von der Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin nicht erbracht. In der maßgeblichen Begründung der Auswahlentscheidung vom 18.01.2021 finden sich unter Nr. 5.3 zu dieser Frage zwar folgende Ausführungen:
27„ 5.3 Neutralität der Marktbetreiber
28Die Marktgilde betont, dass sie sich ausschließlich über die Standgelder finanzieren und keinerlei wirtschaftliche Beziehungen zum Markthandel selbst bestehen. Eine Bevorzugung oder Benachteiligungen einzelner Marktteilnehmer soll es nicht geben.
29Die UG gibt an, dass ihre Marktorganisatoren zur Neutralität verpflichtet sind und dies auch weiterhin so handhaben werden. Herr K. ist selbst als Markthändler auf dem Wochenmarkt tätig. Herr G. hat sich aus dem Marktgeschäft verabschiedet und wird nur noch als Organisator tätig sein.
30Bewertung in Punkten:
31Marktgilde – 3 Punkte – sie kann schlüssig und konkret darlegen, wie sie eine neutrale Stellung wahrt.
32UG- 2 Punkte – die UG äußert die Verpflichtung zur Neutralität, dies kann als allgemeiner Standard gewertet werden und ist vor dem Hintergrund, dass mittlerweile Herr G. als unabhängiger neutraler Ansprechpartner fungiert, glaubhaft.“
33Damit erbringt die Antragsgegnerin die von der Kammer geforderte Auseinandersetzung mit dem sich auch der Doppelrolle der Beigeladenen ergebenden Konfliktpotential nicht. Die Ausführungen der Antragsgegnerin enthalten keinerlei grundsätzliche Überlegungen zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Doppelrolle mit dem Grundsatz der Marktneutralität vereinbar ist und welche Regularien zu fordern sind, um diese in einem solchen Fall im Hinblick auf das beschriebene Konfliktpotential hinnehmbar erscheinen zu lassen. Die Antragsgegnerin beschränkt sich vielmehr darauf, ohne nähere Erläuterung die von der Beigeladenen behauptete Verpflichtung zur Neutralität als glaubhaft zu werten.
34Diese fehlende Auseinandersetzung lässt sich auch nicht damit ausgleichen, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin bei einer Bewertungsmatrix mit 41 Kriterien, die jeweils eine Bewertung von bis zu vier Punkten multipliziert mit einem divergieren Gewichtungsfaktor zulassen, zur Nr. 5.3 einen Punkt (multipliziert mit dem Gewichtungsfaktor drei) mehr als der Beigeladenen zu spricht. Damit verkennt sie vielmehr die grundsätzliche Bedeutung des Kriteriums und dem ihm zukommenden Gewicht für die Auswahlentscheidung.
35Im Übrigen übersieht das Gericht nicht, dass die Antragsgegnerin die beschriebene Doppelrolle letztendlich trotzt des Punktabzuges unter Nr. 5.3 insgesamt positiv in die Bewertung einstellt. So führt die sich aus der Doppelrolle ergebenden Anwesenheit eines der Geschäftsführers der Beigeladenen, Herrn K. , unter der Nr. 4.2 „Marktleitung permanent vor Ort“ zu einer besseren Bewertung der Beigeladenen. Gleiches gilt für die Nr. 4.4. „Weitere Vorortbetreuung“ sowie Nr. 4.6 „Ansprechpartner Organisation vor Ort“.
36Weiterhin erscheint die Auswahlentscheidung vorliegend aber auch deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin zum Prüfungspunkt 5.3 „Neutralität der Marktbetreiber“ den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt hat. Über die erforderliche Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Doppelrolle eines Bewerbers im Hinblick auf den Grundsatz der Marktneutralität vereinbar ist und welche Regularien zu fordern sind, um in einem solchen Fall im Hinblick auf das beschriebene Konfliktpotential hinnehmbar erscheinen zu lassen, bestand für die Antragsgegnerin hier konkret Anlass, zu einer Sachverhaltsklärung im Einzelfall.
37Die Antragstellerin hat schon in ihrem Bewertungsschreiben vom 13.08.2020 zum Punkt „Neutralität als Marktbetreiber“ dargelegt, dass ihr Aussagen vorlägen, wonach seit Übernahme der T1. Wochenmärkte durch die Beigeladene mindestens fünf Beschicker den Markt verlassen hätten, weil sie keine Bevormundung von Kollegen wollten. Dieses Vorbringen hat die Antragstellerin zwischenzeitlich näher konkretisiert.
38Auch die Beigeladene greift die Vorfälle in ihrem Bewerbungsschreiben auf und legt dazu ihre Sicht dar: „Wesentliche Beschwerden über den Betrieb der Märkte gab es zu keiner Zeit und keiner Angelegenheit. Abgesehen von sachlich unqualifizierten Vorwürfen, die sich in keinem Fall auch nur ansatzweise belegen ließen (und damit grundlos und falsch waren/sind), gibt es seitens der jetzigen Händlerschaft durchgängige Zustimmung zu der Organisation und Geschäftsführung.“
39Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass die Eignung der Beigeladenen als Betreiberin des Marktes umfassend, also den Rahmen der von der Antragsgegnerin angewandten Beurteilungsmatrix überschreitend, in Frage gestellt wäre, wenn die von Antragstellerin diesbezüglich erhobenen Vorwürfe zu träfen. Ohne Aufklärung des zugrunde liegenden Sachverhalts kann die Antragsgegnerin deshalb eine fehlerfreie Auswahlentscheidung nicht treffen.
40Auch steht der Antragstellerin ein Anordnungsgrund zu, da der Erlass der einstweiligen Anordnung hier notwendig ist, um ihre Rechte im Bewerbungsverfahren zu sichern.
41Der unter Nr. 2. bis 4. gestellte Antrag hat dagegen weder mit Haupt- noch mit den Hilfsanträgen Erfolg.
42Vorliegend ist dem Anordnungsbegehren aller drei Anträge nicht zu entsprechen, weil die erstrebte Anordnung eine mit dem Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung nicht zu vereinbarende Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten würde. Eine dahingehende einstweilige Anordnung würde der Antragstellerin gerade die Rechtsposition vermitteln, die sie in einem Hauptsacheverfahren anstreben müsste. Eine Vorwegnahme der grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) vorbehaltenen Entscheidung ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, dem betreffenden Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird,
43vgl. OVG. NW., Beschlüsse vom 20.09.1984 - 6 B 1028/84 -, DÖD 1985, 280, und vom 5.91.1994 - 6 B 2944/93 -, RiA 1995, 200.
44Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
45Dies gilt zunächst für den Antrag zu 2., also der Feststellung, dass die Genehmigung nach § 69 GewO gemäß § 6a GewO als erteilt gilt.
46Diesbezüglich vermag das Gericht schon nicht mit der für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass der Antragstellerin ein Anspruch aus § 6a GewO zusteht.
47Die gesetzliche Genehmigungsfiktion des § 6a GewO bedeutet nicht, dass der Antragsteller einen genehmigten VA erhält; die Genehmigung wird vielmehr nur fingiert. Deshalb sieht § 42a Abs. 3 VwVfG vor, dass der Eintritt der Genehmigungsfiktion dem Antragsteller auf Verlangen schriftlich zu bestätigen ist. Die Bestätigung ist kein gestaltener Verwaltungsakt, hat aber feststellenden Charakter und kann daher seinerseits in Bestandskraft erwachsen.
48Vgl. zum ganzen Absatz: Storr, in Pielow, GewO, 2. Aufl., § 6a Rn. 14, m.w.N.
49§ 6a GewO umfasst von seinem Anwendungsbereich auch Verfahren nach § 69 Abs. 1 GewO. Wie bereits dargelegt, hat nach § 69 Abs. 1 Satz 1 GewO die zuständige Behörde auf Antrag des Veranstalters, der die Voraussetzungen der §§ 64, 65, 66, 67 oder 68 GewO erfüllt, nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz für jeden Fall der Durchführung festzusetzen. Auf diese Festsetzung besteht für den Veranstalter ein Rechtsanspruch. Wenn aber mehrere Veranstalter zeitgleich konkurrierende Veranstaltungen am gleichen Ort durchführen wollen, wandelt sich der Anspruch auf Festsetzung in eine Recht auf eine nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Auswahlentscheidung (Bewerbungsverfahrensanspruch). So liegen die Verhältnisse hier, da sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene einen Festsetzungsantrag nach § 69 GewO gestellt haben. Soweit die Antragstellerin dies für die Beigeladene bestreitet, übersieht sie, dass nach den Vergabeunterlagen (Leistungsbeschreibung und Konzessionsbedingungen) die in Rede stehenden Wochenmärkte auf der Grundlage der GewO, einer gewerberechtlichen Festsetzung, einer Sondernutzungserlaubnis und eines einheitlichen Konzessionsvertrages ausgerichtet werden sollten. Die Bewerbung der Antragstellerin schließt deshalb einen Antrag auf gewerbliche Festsetzung der Märkte ein.
50Dem Gericht erscheint es zumindest äußerst fraglich und damit einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, ob § 6a GewO auch auf Bewerbungsverfahrensansprüche Anwendung findet.
51Zum einen dürfte ein Bewerbungsverfahrensanspruch schon von seiner Natur her einer Genehmigungsfiktion nicht zugänglich sein. Ein Bewerbungsverfahrensanspruch gewährt nur ein Recht auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über die Bewerbung. Er gibt der das Bewerbungsverfahren durchführenden Behörde dagegen keine Vorgabe über das Ergebnis der Entscheidung über die Bewerbung. Damit besteht aber auch kein Raum für eine Fiktion.
52Zum anderen müsste die Fiktion dann zumindest jedem nicht erfolgreichen Bewerber des Auswahlverfahrens zustehen. Darin vermag das Gericht eine sinnvolle Anwendung der Fiktionsvorschrift des § 6a GewO nicht zu sehen.
53Unabhängig davon steht der Antragstellerin aber jedenfalls ein Anordnungsgrund nicht zu. Das Gericht sieht nicht, welchen Vorteil der Antragstellerin die begehrte Genehmigungsfiktion verschaffen könnte, wenn sie nicht gleichzeitig auch Zugang zu den in Rede stehenden Marktflächen nebst erforderlicher Infrastruktur erhalten würde. Zwar soll auch im vorliegenden Zulassungsverfahren die Durchführung der Wochenmärkte auf der Grundlage von gewerberechtlichen Festsetzungen nach § 69 GewO erfolgen. Hinzu treten aber Sondernutzungserlaubnisse und der Abschluss eines einheitlichen Konzessionsvertrages über die Durchführung aller drei Wochenmärkte. Auf beides besteht für die Antragstellerin kein gebundener Anspruch. Auch die Vorschrift des § 6a GewO bezieht sich hierauf nicht. Die Festsetzung nach § 69 GewO alleine wäre für die Antragstellerin aber ohne Wert, da diese ihr nicht die Befugnis verleiht, die jeweiligen Grundstücke für die Durchführung der Wochenmärkte zu nutzen.
54Die Antragstellerin ist weder Eigentümerin der Flächen noch besitzt sie eine Berechtigung zur Nutzung der in Rede stehenden Marktflächen. Die Berechtigung wird vielmehr in dem in Rede stehenden Auswahlverfahren jeweils durch Sondernutzungserlaubnisse erteilt.
55Dieses Auswahlverfahren ist zwar zum Nachteil der Antragstellerin ermessensfehlerhaft abgeschlossen worden. Insoweit steht der Antragstellerin ein Anspruch auf Neubescheidung ihrer Bewerbung zu. Dass das Auswahlermessen der Antragsgegnerin aber auf eine Entscheidung allein zu Gunsten der Antragstellerin reduziert ist, vermag das Gericht nicht festzustellen.
56Die Antragstellerin leitet ihren Anspruch auf Zugang zu den Flächen (und der Infrastruktur) vielmehr aus der Festsetzungsfiktion des § 6a GewO ab. Dem folgt das Gericht nicht. Selbst die erteilte Genehmigung nach § 69 GewO entfaltet keine Konzentrationswirkung und ersetzt andere Erlaubnisse nicht,
57vgl. Ennuschat, in Tettinger/Wank/Ennuschaft, GewO, 8. Aufl., § 69 Rn. 12,
58also auch nicht die hier erforderliche Sondernutzungserlaubnis.
59Die begünstigende Rechtsfolge der Genehmigung nach § 69 GewO besteht vielmehr allein darin, dass sie die Festsetzung einen beschränkten Bestandsschutz und die Gewährung von Marktprivilegien bewirkt,
60vgl. Pielow, a.a.O., § 69 Rn. 16.
61Auch der Anspruch auf Zulassung zu kommunalen Einrichtungen richtet sich dagegen nach den einschlägigen Vorschriften,
62vgl. Pielow, a.a.O., Rn. 26., und Wagner, in Friauf, GewO, Lsbl. Stand März 2019, § 69 Rn. 7.
63Vermittelt aber schon die Genehmigung nach § 69 GewO keine Befugnis zur Nutzung der Marktflächen, muss dies erst recht für die Fiktion der Genehmigung nach § 6a GewO gelten.
64Aus diesem Grund hat auch der Antrag zu 3. keinen Erfolg. Auch hier fehlt es jedenfalls an einem Anordnungsgrund.
65Schließlich hat auch der Antrag zu 4. keinen Erfolg, da, wie bereits dargestellt, der Antragstellerin vor erfolgreichem Abschluss des Auswahlverfahrens ein Anspruch auf Zurverfügungstellung der Marktflächen nebst erforderlicher Infrastruktur nicht zustehen dürfte.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt, sich selbst somit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
67Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1 und 2 (5.000,- Euro je Wochenmarkt), 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
68Rechtsmittelbelehrung:
69(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
70Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
71Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
72Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
73Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –).
74Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
75(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
76Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
77Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
78Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro nicht übersteigt.
79Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
80War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden..
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