Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 29 L 1165/21
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin 29 K 2921/21 wird hinsichtlich der Anordnungen in Ziffer I. 2., I. 3., I. 4. und I. 5. des Bescheides des Antragsgegners vom 31. März 2021 wiederhergestellt und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen unter Ziffer V. des Bescheides angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 35 Prozent und der Antragsgegner zu 65 Prozent.
Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 27. Mai 2021 sinngemäß gestellte Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 29 K 2921/21 hinsichtlich der Anordnungen in Ziffer I. 1. bis 6. des Bescheides des Antragsgegners vom 31. März 2021 wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen in Ziffer V. des Bescheides anzuordnen,
4hat nur teilweise Erfolg.
5Der Antrag ist zulässig (dazu unter I.), aber nur teilweise begründet (dazu unter II.).
6I. Der Antrag ist zulässig. Im Hinblick auf die Anordnungen unter Ziffer I. 1. bis 6. des Bescheides vom 31. März 2021 ist er als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Denn insoweit entfällt die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, da der Antragsgegner unter Ziffer III. des Bescheides die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen angeordnet hat. Im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer V. des Bescheides ist der Antrag als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO statthaft. Insoweit ergibt sich die fehlende aufschiebende Wirkung der Klage aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen - JustG NRW).
7II. Der Antrag ist aber nur teilweise begründet.
8Im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist im Wege einer eigenen Abwägung des Gerichts das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung der Maßnahme mit dem Interesse der Allgemeinheit an ihrer Vollziehung abzuwägen. Maßgebliches Kriterium für die Abwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren. Ergibt die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes allein mögliche und gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung. Denn an der Vollziehung rechtswidriger hoheitlicher Maßnahmen kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist der Verwaltungsakt hingegen offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 und Abs. 2 Satz 2 VwGO das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit. In den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beurteilt sich die Begründetheit zusätzlich danach, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell ordnungsgemäß getroffen wurde. Zudem überwiegt das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug in diesen Fällen grundsätzlich nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.
9Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Antrag nur begründet, soweit sich die Antragstellerin gegen die Anordnungen in Ziffer I. 2., I. 3., I. 4. und I. 5. sowie gegen die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer V. des Bescheides des Antragsgegners vom 31. März 2021 wendet. Im Übrigen ist der Antrag hingegen unbegründet.
101. In formeller Hinsicht genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung (noch) dem formalen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen.
11Dieses Begründungserfordernis soll neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Aussetzungsantrag befassten Gerichts vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) dazu anhalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Die Anforderungen an den erforderlichen Inhalt einer solchen Begründung dürfen hierbei aber nicht überspannt werden. Diese muss allein einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört es insbesondere, dass sie sich – in aller Regel – nicht lediglich auf eine Wiederholung der den Verwaltungsakt tragenden Gründe, auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. August 2018 – 8 B 548/18 –, juris Rn. 3 ff. und Beschluss vom 8. November 2016 – 8 B 1395/15 –, juris Rn. 6 f. m.w.N.
13Allerdings ist insbesondere für Maßnahmen der Gefahrenabwehr anerkannt, dass sich die Gründe für den Erlass der Ordnungsverfügung mit denen für die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung decken können.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. Januar 2006 – 8 B 1847/05 –, juris Rn. 10 und Beschluss vom 22. Januar 2001 – 19 B 1757/00 –, juris Rn. 2.
15Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2016 – 8 B 1395/15 –, juris Rn. 6 f. m. w. N.
17Von diesen Maßstäben ausgehend sind die Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hier (noch) gewahrt. Der Antragsgegner hat unter Ziffer IV. der Ordnungsverfügung in einem gesonderten Abschnitt die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründet. Dabei hat er in hinreichendem Umfang einzelfallbezogen dargelegt, dass aufgrund von Gefahren für Leib und Leben der Beschäftigten der Antragstellerin ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung seiner Anordnungen bestehe.
182. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angeordneten Maßnahmen und dem Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, fällt im Hinblick auf die Anordnungen in Ziffer I. 2. (dazu unter b.), I. 3. (dazu unter c.), I. 4. (dazu unter c.) und I. 5. (dazu unter d.) sowie die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer V. (dazu unter f.) zu Gunsten der Antragstellerin aus. Denn ihre Anfechtungsklage wird insoweit voraussichtlich Erfolg haben. Im Übrigen, das heißt hinsichtlich der Anordnungen in Ziffer I. 1. (dazu unter b.) und I. 6. (dazu unter e.), fällt die Interessenabwägung hingegen zu Lasten der Antragstellerin aus, da ihre Anfechtungsklage insoweit voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.
19a. Die Interessenabwägung fällt zunächst nicht allein deshalb insgesamt zu Gunsten der Antragstellerin aus, weil der streitgegenständliche Bescheid mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe bislang nicht wirksam geworden wäre.
20Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2017 – 2 B 1226/16 –, juris Rn. 7
21Zwar erfolgte die Zustellung des Bescheides vom 31. März 2021 nicht an die Geschäftsanschrift der Antragstellerin in den Niederlanden, sondern augenscheinlich an eine deutsche Privatanschrift von Herrn B. S. , der jedoch nicht mehr Geschäftsführer der Antragstellerin ist, was ausweislich der vorliegenden Unterlagen auch bereits vor Zustellung des Bescheides ins niederländische Handelsregister eingetragen gewesen sein dürfte (vgl. den von dem Antragsgegner vorgelegten Auszug aus dem niederländischen Handelsregister, Bl. 31 f. der Gerichtsakte 29 K 2921/21). Ein etwaiger Zustellungsmangel ist jedoch jedenfalls nach § 8 Hs. 1 Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz - LZG NRW) geheilt worden. Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es nach dieser Vorschrift als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist.
22Dies zugrunde gelegt, ist hier von der Heilung eines etwaigen Zustellungsmangels auszugehen, da der Bescheid jedenfalls dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin als (einem) Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. Dieser hat am 29. April 2021 Klage gegen den Bescheid erhoben und den Bescheid schließlich mit Schriftsatz vom 15. Juni 2021 in diesem Verfahren bei Gericht vorgelegt. Die Empfangsberechtigung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 LZG NRW. Nach dieser Vorschrift können Zustellungen an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden.
23b. Die Anordnung in Ziffer I. 1. des Bescheides vom 31. März 2021 ist nach im Eilverfahren allein möglicher und gebotener summarischer Prüfung rechtmäßig (dazu unter aa.). Die hiermit im Zusammenhang stehende Anordnung in Ziffer I. 2. ist hingegen rechtswidrig (dazu unter bb.).
24aa. Die Anordnung in Ziffer I. 1., mit der der Antragstellerin aufgegeben wird, dem Antragsgegner eine Dokumentation über die Bereitstellung von Gemeinschaftsunterkünften zu übersenden, ist voraussichtlich rechtmäßig.
25Rechtsgrundlage dieser Verfügung ist allerdings nicht der von der Bezirksregierung Düsseldorf in der Begründung des Bescheides angeführte § 22 Abs. 1 des Gesetzes über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG). Nach § 22 Abs. 1 ArbSchG kann die zuständige Behörde vom Arbeitgeber oder von den verantwortlichen Personen die zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgabe erforderlichen Auskünfte und die Überlassung von entsprechenden Unterlagen verlangen. Auf der Grundlage von § 22 Abs. 1 ArbSchG kann jedoch keine Verpflichtung begründet werden, nicht vorhandene Unterlagen zu erstellen.
26Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 22 Rn. 30.
27Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich, dass die verlangte Dokumentation über die Bereitstellung von Gemeinschaftsunterkünften für Arbeitnehmer bei der Antragstellerin vorhanden ist. Diese bestreitet vielmehr grundsätzlich ihre Verpflichtung zur Erstellung einer solchen Dokumentation.
28Die in Ziffer I. 1. getroffene Anordnung kann jedoch auf der Grundlage von § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG aufrechterhalten werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde im Einzelfall anordnen, welche Maßnahmen der Arbeitgeber und die verantwortlichen Personen oder die Beschäftigten zur Erfüllung der Pflichten zu treffen haben, die sich aus dem ArbSchG und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergeben.
29Vorliegend ist die in Ziffer I. 1. des Bescheides getroffene Anordnung einer Auslegung dahingehend zugänglich, dass der Antragsgegner hiermit die Erfüllung der Dokumentationspflicht des Arbeitgebers aus Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV) durchsetzen will. Denn eine Vorlage der Dokumentation setzt denknotwendig ihre vorherige Erstellung durch die Antragstellerin voraus. Für eine solche Auslegung der Anordnung spricht zudem, dass der Tenor zu Ziffer I. 1. konkrete Vorgaben dazu enthält, welche Informationen die Dokumentation zu enthalten hat. Zudem wird in der Begründung der Anordnung ausdrücklich Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV zitiert.
30Der darin liegende Austausch der Rechtsgrundlage begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Nach dem für die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage geltenden § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung hat das Verwaltungsgericht alle einschlägigen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen, auch wenn sie von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes nicht angeführt worden sind. Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid genannter Normen ist dem Gericht nur dann verwehrt, wenn die abweichende rechtliche Begründung den angefochtenen Verwaltungsakt in seinem Wesen verändern würde.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1989 – 2 C 28.89 –, juris Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2015 – 15 A 121/15 –, juris Rn. 10 und Beschluss vom 27. April 2009 – 13 B 34/09 –, juris Rn. 6 f.
32Dies ist hier nicht der Fall. Entscheidend ist insoweit, dass die in Ziffer I. 1. des streitgegenständlichen Bescheides getroffene Anordnung unabhängig davon, ob ihre Rechtsgrundlage in § 22 Abs. 1 oder Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG zu sehen ist, erkennbar auf die Durchsetzung der Arbeitgeberpflicht aus Ziffer 4.4 des Anhangs zur ArbStättV gerichtet ist. Zudem dienen beide Vorschriften der Überwachung der Erfüllung von arbeitsschutzrechtlichen Arbeitgeberpflichten durch die für den Arbeitsschutz zuständige Behörde.
33Vgl. in diesem Zusammenhang auch VG Düsseldorf, Urteil vom 28. Februar 2018 – 29 K 4191/16 –, juris Rn. 57 ff.
34Die so verstandene Anordnung ist auf der Grundlage von § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG rechtmäßig.
35Die Bezirksregierung ist die zuständige Behörde im Sinne von § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG. Sie ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes (Zuständigkeitsverordnung Arbeits- und technischer Gefahrenschutz - ZustVO ArbtG) i.V.m. Ziffer 1 der Anlage 1 zuständig für Verwaltungsaufgaben, die nach dem Arbeitsschutzgesetz durchzuführen sind.
36Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde – wie dargelegt – im Einzelfall anordnen, welche Maßnahmen der Arbeitgeber zur Erfüllung der Pflichten zu treffen hat, die sich aus dem ArbSchG und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergeben. Das Vorliegen einer besonderen Gefahr für Leben und Gesundheit der Beschäftigten ist – anders als bei § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ArbSchG – nicht erforderlich. § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG ist eine Generalklausel zur Beseitigung aller bevorstehenden oder andauernden Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz und die darauf beruhenden Rechtsverordnungen.
37Vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 9. Mai 2018 – 5 A 998/17 –, juris Rn. 21; VG Freiburg, Beschluss vom 17. Dezember 2019 – 4 K 4800/19 –, juris Rn. 18; VG Frankfurt, Urteil vom 13. Mai 2009 – 7 K 1462/08.F –, juris Rn. 25 f.; Kollmer/Klindt/Schucht, ArbSchG, 4. Aufl. 2021, § 22 Rn. 76.
38Vorliegend verstößt die Antragstellerin gegen ihre Dokumentationspflicht aus Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 3 ArbStättV.
39Die auf der Grundlage von § 18 ArbSchG erlassene ArbStättV sieht in Ziffer 4.4. Abs. 4 ihres Anhangs, dessen Vorgaben Bestandteil der ArbStättV sind,
40vgl. Kollmer/Wiebauer/Schucht, Arbeitsstättenverordnung, 4. Aufl. 2019, Einführung Rn. 73; Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand 85. EL September 2020, ArbStättV Einführung Rn. 38, siehe auch VG Münster, Urteil vom 22. Juni 2016 – 9 K 1985/15 –, juris Rn. 38 ff.,
41eine Dokumentationspflicht des Arbeitgebers bezüglich der Unterbringung von Beschäftigten in Gemeinschaftsunterkünften vor. Zu dokumentieren sind danach – wie von dem Antragsgegner unter Ziffer I. 1. des streitgegenständlichen Bescheides verlangt – die Adressen und Unterbringungskapazitäten der Gemeinschaftsunterkünfte sowie die Zuordnung der untergebrachten Beschäftigten zu den Gemeinschaftsunterkünften und der zugehörige Zeitraum der Unterbringung der jeweiligen Beschäftigten.
42Diese Dokumentationspflicht ist von der Antragstellerin – anders als diese geltend macht – zu erfüllen.
43Die Antragstellerin ist zunächst Arbeitgeberin im Sinne von Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV. Gemäß § 2 Abs. 3 ArbSchG sind Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes natürliche und juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach § 2 Abs. 2 ArbSchG, also insbesondere Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG, beschäftigen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
44Dabei kommt es nicht darauf an, wie die rechtlichen Beziehungen zwischen der Antragstellerin und ihren Beschäftigten, gegebenenfalls nach niederländischem Recht, im Einzelnen ausgestaltet sind. Die Antragstellerin selbst stellt ihre Eigenschaft als Arbeitgeber für die Beschäftigten, die von ihr in Betriebe, insbesondere der Fleischindustrie, in den Niederlanden entsandt werden, nicht in Abrede. Im Übrigen ist auch sonst nicht ersichtlich, warum die Antragstellerin nicht grundsätzlich eine Verantwortung als Arbeitgeber treffen sollte. So ist bei der Leiharbeit im Sinne von § 1 des (deutschen) Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) (jedenfalls auch) der Verleiher Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer.
45Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 2 Rn. 65 f.; Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Aufl. 2021, ArbSchG § 2 Rn. 135.
46Auch bei dem Einsatz von Fremdpersonal auf dienst- oder werkvertraglicher Grundlage trifft die Arbeitsschutzverantwortung (jedenfalls auch) den Vertragsarbeitgeber, also den Dienstleister, der seine Beschäftigten zur Arbeit im Fremdbetrieb entsendet.
47Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 2 Rn. 69.
48Es liegt auch eine dokumentationspflichtige Unterbringung von Beschäftigten in Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV vor. Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne der ArbStättV sind gemäß § 2 Abs. 8 ArbStättV Unterkünfte innerhalb oder außerhalb des Geländes eines Betriebes, die den Beschäftigten durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung durch Dritte entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden und von mehreren Beschäftigten und insgesamt von mindestens vier Personen gemeinschaftlich genutzt werden.
49Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Es liegen Unterkünfte außerhalb des Geländes der Betriebe, bei denen die Beschäftigten der Antragstellerin tätig sind, vor. Diese werden nach Aktenlage jeweils von mehreren und insgesamt mehr als vier Personen gemeinschaftlich genutzt (vgl. etwa die von der Antragstellerin mit E-Mail vom 18. Juni 2020 bei dem Antragsgegner vorgelegte Liste ihrer Beschäftigten mit Angabe der jeweiligen Adressen (Beiakte Heft 2 Bl. 130 ff.) sowie die Erhebungsbögen der Bezirksregierung Düsseldorf zu den am 6. Juli 2020 durchgeführten Kontrollen der Unterkünfte (Beiakte Heft 2 Bl. 174 ff.)).
50Die Antragstellerin kann sich in diesem Zusammenhang nach summarischer Prüfung auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Vorgaben der ArbStättV für Gemeinschaftsunterkünfte seien nicht anwendbar, da sie sich als Arbeitgeberin nicht (mehr) um die Unterbringung ihrer Beschäftigten kümmere. Die arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben im Hinblick auf Unterkünfte sind zu erfüllen, wenn und soweit der Arbeitgeber seinen Beschäftigten Unterkünfte in Erfüllung der arbeitsstättenrechtlichen Pflicht gemäß Ziffer 4.4 Anlage zur ArbStättV oder auch auf freiwilliger Grundlage zur Verfügung stellt.
51Vgl. Kollmer/Wiebauer/Schucht, Arbeitsstättenverordnung, 4. Aufl. 2019, 4.4 Unterkünfte Rn. 8; Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbStättV Anhang Rn. 88.
52Nach Ziffer 4.4 Abs. 1 Satz 3 des Anhangs zur ArbStättV ist die Zurverfügungstellung angemessener Unterkünfte für Beschäftigte stets erforderlich, wenn den Beschäftigten im Zusammenhang mit der Anwerbung oder Entsendung zur zeitlich befristeten Erbringung einer vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung die Bereitstellung oder Vermittlung einer Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften in Aussicht gestellt wird und zu erwarten ist, dass der Beschäftigte die Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung anderenfalls nicht eingehen würde. Wird die Unterkunft als Gemeinschaftsunterkunft außerhalb des Geländes eines Betriebes oder einer Baustelle durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung durch Dritte zur Verfügung gestellt, so hat der Arbeitgeber auch in diesem Fall für die Angemessenheit der Unterkunft zu sorgen (Ziffer 4.4 Abs. 1 Satz 5 des Anhangs zur ArbStättV).
53Der Arbeitgeber bleibt dabei Normadressat der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften, auch wenn der Vermieter eine von diesem verschiedene Person ist. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die von ihm auf welchem Wege auch immer bereitgestellten Räumlichkeiten den Anforderungen der ArbStättV genügen.
54Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, Anhang Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach § 3 Absatz 1 Rn. 88.
55Dies zugrunde gelegt, hat die Antragstellerin nach summarischer Prüfung die Vorgaben des deutschen Arbeitsschutzrechts zu Gemeinschaftsunterkünften für Beschäftigte, das heißt insbesondere auch die Dokumentationspflicht der Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV, zu erfüllen. Die Kammer geht auf Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstandes davon aus, dass die hier streitgegenständlichen Unterkünfte den Beschäftigten der Antragstellerin jedenfalls auf deren Veranlassung durch Dritte zur Verfügung gestellt werden. Zwar bestreitet die Antragstellerin, sich noch um die Unterbringung ihrer Beschäftigten zu kümmern. Dieses Bestreiten ist jedoch angesichts der Gesamtumstände nach Aktenlage nicht glaubhaft.
56Hierfür spricht zunächst die gesamte Vorgeschichte. So erfolgte die Unterbringung der Beschäftigten der Antragstellerin in den streitgegenständlichen Liegenschaften in Goch zunächst unzweifelhaft durch die Antragstellerin selbst. Nach dem Vortrag der Antragstellerin im Verfahren 29 K 4149/20, dessen Gegenstand eine erste arbeitsschutzrechtliche Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 9. Juli 2020 war, ist Herr B. S. , der ehemalige Geschäftsführer der Antragstellerin, Eigentümer der betroffenen Liegenschaften (vgl. auch die von der Stadt H. mit E-Mail vom 5. Juni 2020 übersandte Eigentümerliste, Beiakte Heft 2 Bl. 57). Dieser hatte die Häuser ursprünglich an die Antragstellerin vermietet, die ihrerseits die Wohnungen an ihre Beschäftigten untervermietet hatte (vgl. Schriftsatz vom 20. Juli 2020, Bl. 28 der Gerichtsakte 29 K 4149/20). Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich weiter, dass das Geschäftsmodell der Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt darin bestand, ihre Beschäftigten in Deutschland unterzubringen, diese zu ihren Arbeitsstätten in Betrieben der Fleischindustrie in den Niederlanden zu transportieren und die Kosten für die Unterbringung direkt vom Lohn der Beschäftigten abzuziehen. Im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners befindet sich etwa ein exemplarischer Mietvertrag zwischen der Antragstellerin und einem Herrn H1. -N. N1. mit der Anschrift X. Straße X in H. (Beiakte Heft 2 Bl. 24 f.). Dieses Haus zählt zu den in der Vergangenheit wiederholt durch die Stadt H. und die Bezirksregierung Düsseldorf kontrollierten Unterkünften, in denen Beschäftigte der Antragstellerin untergebracht sind (vgl. exemplarisch den Aktenvermerk zur Begehung vom 27. Mai 2020, Beiakte Heft 2 Bl. 10 ff.). Darüber hinaus enthält der Verwaltungsvorgang des Antragsgegners mehrere Lohnabrechnungen der Antragstellerin gegenüber in H. wohnhaften Personen (Beiakte Heft 2 Bl. 27 ff.). Bei den darin angegebenen Anschriften der Beschäftigten (N2.-----straße X und XX) handelt es sich ebenfalls um von der Stadt H. und der Bezirksregierung Düsseldorf wiederholt kontrollierte Unterkünfte von Beschäftigten der Antragstellerin. Aus diesen Lohnabrechnungen ergibt sich insbesondere, dass die Miete in Höhe von 200,- Euro direkt vom Nettolohn der Beschäftigten abgezogen wird („Inhouding huur“ = Einbehalt Miete).
57Im weiteren Verlauf kam es – augenscheinlich unter dem Druck von gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen des Antragsgegners und weiterer Behörden – zu zunehmenden Verschleierungsbemühungen der Antragstellerin im Hinblick auf die rechtlichen Beziehungen bei der Unterbringung ihrer Beschäftigten. So teilte die Antragstellerin im Verfahren 29 K 4149/20 mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20. Juli 2020 unter Vorlage eines mit „Kündigung Mietvertrag“ überschriebenen Dokuments (Bl. 30 der Gerichtsakte 29 K 4149/20) mit, dass sie und Herr B. S. am 31. Mai 2020 die Aufhebung aller Mietverträge beschlossen hätten. Die Antragstellerin bleibe innerhalb einer Frist von drei Monaten für einen reibungslosen Übergang auf die W. I. GmbH, die Firma, die die Bewirtschaftung der Immobilien zum 1. Juni 2020 übernommen habe, verantwortlich. In Fällen, in denen Mietverträge mit Dritten bestünden, werde Herr B. S. für die Übertragung dieser Verträge „zu den bestehenden Bedingungen“ auf den neuen Mieter sorgen. Zudem legte die Antragstellerin einen Mietvertrag zwischen Herrn B. S. und der W. I. GmbH vom 1. Juni 2020 vor (Bl. 32 der Gerichtsakte 29 K 4149/20), wonach Herr B. S. seinen Grundbesitz in H. an die W. I. GmbH vermiete. Geschäftsführer der W. I. GmbH ist ausweislich des Dokuments Herr D. S. . Nach den Feststellungen der Bezirksregierung Düsseldorf im Rahmen einer Besprechung mit Vertretern der Antragstellerin am 19. Juni 2020 handelt es sich bei D. S. um einen Sohn von B. S. (vgl. das Protokoll zur Besprechung, Beiakte Heft 2 Bl. 87 ff.).
58Schließlich behauptet die Antragstellerin nunmehr in diesem Verfahren, der „persönliche Eigentümer“ habe die betroffenen Liegenschaften ab dem 1. Juli und dem 5. Oktober 2020 an die Firma W1. I1. B.V. vermietet. Diese werbe im Ausland Arbeitskräfte für niederländische Betriebe an. Gleichzeitig schließe sie mit interessierten ausländischen Arbeitskräften einen Mietvertrag ab und bringe diese in den Niederlanden oder in Deutschland unter. Nach Vermittlung der Arbeitskräfte und Abschluss der Mietverträge lasse sich die W1. I1. B.V. von den Arbeitskräften eine Abtretung ihres Lohnanspruchs in Höhe der Miete erteilen. In der Folge überweise der Arbeitgeber – hier also die Antragstellerin – die einbehaltene Miete direkt an die W1. I1. B.V. Damit findet weiterhin ein Direktabzug der Kosten für die Unterbringung vom Lohn statt.
59Für eine fortdauernde Verantwortlichkeit der Antragstellerin für die Unterbringung ihrer Beschäftigten spricht darüber hinaus, dass sich auf ihrer Internetseite ausweislich des folgenden Bildschirmfotos weiterhin Stellenanzeigen für Arbeitsplätze in der Fleischindustrie (z.B. „Allround uitbener“ (= Ausbeiner/Zerleger) oder „Slachter“ (= Schlachter) befinden, bei denen ausdrücklich damit geworben wird, dass der Transport zum Arbeitsort („Transport naar werk“) und die Unterbringung/Wohnraumbeschaffung („huisvesting“) eingeschlossen sind.
60Vgl. Internetseite der Antragstellerin, abrufbar unter https://S......nl/, zuletzt abgerufen am 2. August 2021.
62Damit wird die Bereitstellung bzw. Vermittlung einer (angemessenen) Unterkunft im Sinne der Ziffer 4.4 Abs. 1 Satz 3 des Anhangs zur ArbStättV im Zusammenhang mit der Anwerbung zur zeitlich befristeten Erbringung einer vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung in Aussicht gestellt. Angesichts dessen, dass die Beschäftigten der Antragstellerin überwiegend aus Polen, Ungarn und Rumänien stammen (vgl. etwa die von der Antragstellerin mit E-Mail vom 18. Juni 2020 bei dem Antragsgegner vorgelegte Liste ihrer Beschäftigten, Beiakte Heft 2 Bl. 130 ff.) ist auch davon auszugehen, dass diese die Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung anderenfalls nicht eingehen würden.
63Diese Annahme steht im Einklang mit Informationen, die der Leiter des Ordnungsamtes der Stadt H. der Bezirksregierung Düsseldorf mit E-Mail vom 19. Februar 2021 übermittelt hat (Beiakte Heft 1 Bl. 123). Danach seien bei Kontrollen von Unterkünften durch die Stadt H. auch Gehaltsabrechnungen vorgelegt worden. Aus diesen gehe hervor, dass Leiharbeiter für einen Schlafplatz 300,- Euro bezahlen müssten. Laut Angaben der Arbeiter bestehe für sie keine Möglichkeit, sich eine eigene Wohnung zu nehmen, da sie ansonsten keinen Leiharbeitsvertrag bekommen würden.
64Aufgrund dieser Gesamtumstände unterliegt die Antragstellerin (weiterhin) den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften im Hinblick auf die Unterbringung von Beschäftigten in Gemeinschaftsunterkünften. Die Kammer geht angesichts der dargestellten fortbestehenden Verflechtungen der Antragstellerin mit der Unterbringung der Beschäftigten im Eilverfahren davon aus, dass die Unterbringung der Beschäftigten jedenfalls auf Veranlassung der Antragstellerin erfolgt. Die Antragstellerin kann sich ihrer Arbeitgeberverantwortung nicht durch ihre Verschleierungsbemühungen entziehen.
65Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Anwendungsbereich des ArbSchG und der ArbStättV sei nicht eröffnet, da der Tätigkeitsort der betroffenen Beschäftigten und der Sitz der Antragstellerin in den Niederlanden lägen.
66Für das öffentliche Arbeitsschutzrecht gilt das Territorialitätsprinzip. Demzufolge findet das ArbSchG Anwendung auf alle Tätigkeiten von Beschäftigten auf deutschem Boden ungeachtet ihrer Nationalität oder des Sitzes des Arbeitgebers. Die deutschen Arbeitsschutzbehörden können daher zur Durchsetzung des Arbeitsschutzrechts auch Anordnungen gegen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland erlassen, sofern deren Beschäftigte in Deutschland tätig sind.
67Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 1 Rn. 90 f.; Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Auf. 2021, ArbSchG § 1 Rn. 64a f.
68Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die Unterkünfte der Beschäftigten der Antragstellerin, auf die sich die Anordnung des Antragsgegners bezieht, liegen in Deutschland. Die Unterkünfte sind nach dem ArbSchG und der ArbStättV als der Arbeitsstätte zugehörig anzusehen. Denn nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArbStättV gehören zur Arbeitsstätte auch Unterkünfte.
69Das ArbSchG und die hierauf beruhende ArbStättV finden auch Anwendung, wenn sich – wie hier – nur ein Teilbereich der Arbeitsstätte auf deutschem Hoheitsgebiet befindet. Dies entspricht dem umfassenden Schutzzweck des ArbSchG. Dieses dient nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Es gilt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 ArbSchG in allen Tätigkeitsbereichen.
70Dies zugrunde gelegt, ist es als für die Anwendbarkeit des ArbSchG und insbesondere der damit verbundenen Arbeitgeberpflichten ausreichend anzusehen, wenn mit den Unterkünften jedenfalls ein Teilbereich der Arbeitsstätte auf deutschem Staatsgebiet liegt, auch wenn sich der Betrieb, in dem die Beschäftigten tätig sind, im Ausland befindet. Es ist nicht ersichtlich, warum Beschäftigte im Hinblick auf die Anforderungen an ihre Unterbringung durch den Arbeitgeber schlechter gestellt sein sollten, wenn der Ort ihrer eigentlichen Arbeit nicht in Deutschland, sondern im Ausland liegt. Nur bei einer Anwendbarkeit der deutschen Arbeitsschutzvorschriften auch in einer solchen Konstellation kann entsprechend dem umfassenden Schutzzweck des ArbSchG eine Umgehung dieser Vorschriften dadurch verhindert werden, dass der Arbeitgeber einen Teilbereich der Arbeitsstätte ins Ausland verlagert.
71Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 22. Juni 2021 auf die schriftliche Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks, BT-Drs. 19/31171, S. 46.
72Die Anwendbarkeit des deutschen Arbeitsschutzrechts in einer solchen Konstellation verstößt auch – anders als die Antragstellerin meint – nicht gegen Grundsätze des Völkerrechts. Berührt ist dabei ausschließlich die Frage nach der Regelungsgewalt des Antragsgegners, nicht hingegen nach dem von der Regelungsgewalt abzugrenzenden, unzweifelhaft ohne Genehmigung des Fremdstaates unzulässigen Vollzug durch die Ausübung von Hoheitsgewalt im Ausland.
73Aus dem Völkerrecht ergibt sich im Grundsatz keine Beschränkung der Regelungsgewalt eines Nationalstaats auf sein Hoheitsgebiet. Die Erstreckung der Regelungsgewalt auf einen Auslandssachverhalt setzt im Kern ausschließlich einen hinreichend sachgerechten Anknüpfungspunkt des Auslandssachverhalts an einen Inlandssachverhalt und die Hoheitsgewalt des die Regelung setzenden Staates voraus.
74Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2020 – 29 L 2547/20 –, juris Rn. 34 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. November 2011 – 27 K 6026/09 –, juris Rn. 30 ff. und Beschluss vom 27. Mai 2011 – 27 L 1602/10 –, juris Rn. 51 ff. jeweils unter Verweis u.a. auf BVerfG, Urteil vom 22. März 1983 – 2 BvR 475/78 –, juris Rn. 95 ff.; siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. März 2019 – 3 M 47/19 –, juris Rn. 13 ff.
75Zwar handelt es sich vorliegend um einen Sachverhalt mit Bezug zum Ausland, da die Antragstellerin ihren Sitz in den Niederlanden hat und ihre Beschäftigten in Betrieben in den Niederlanden tätig sind. Der erforderliche Anknüpfungspunkt dieses Auslandssachverhalts an einen Sachverhalt in der Bundesrepublik Deutschland ist jedoch dadurch gegeben, dass sich die betroffenen Unterkünfte der Beschäftigten der Antragstellerin in Deutschland befinden. Werden Beschäftigte der Antragstellerin auf deren Veranlassung in Deutschland untergebracht, wovon hier – wie dargelegt – auszugehen ist, muss die Antragstellerin auch die diesbezüglichen Vorschriften des deutschen Arbeitsschutzrechts beachten.
76Der Antragsgegner hat auch das ihm im Rahmen des § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO nur, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
77Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs hält die Ermessensausübung des Antragsgegners einer rechtlichen Überprüfung (noch) stand. Zwar fallen die diesbezüglichen Erwägungen auf Seite 18 (oben) des Bescheides vom 31. März 2021 sehr knapp aus. Ein Ermessensfehler in Form eines Ermessensausfalls liegt dennoch nicht vor. Es dürfte bereits Vieles für eine Ermessensreduzierung auf Null sprechen, bei der von der Behörde kein Ermessen mehr auszuüben ist, fehlende Ermessenserwägungen also unschädlich sind.
78Vgl. dazu Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 114 Rn. 128, 136 f.
79Denn die Dokumentationspflicht, deren Durchsetzung die Anordnung in Ziffer I. 1. des Bescheides dient, ist in Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV als verbindliche Verpflichtung des Arbeitgebers („hat (…) zu dokumentieren“) ausgestaltet. Demgegenüber weigert sich die Antragstellerin beharrlich, gesetzlichen bzw. behördlichen Anordnungen nachzukommen. Im Übrigen durfte sich der Antragsgegner vor diesem Hintergrund jedenfalls auf knappe Ermessenserwägungen beschränken.
80Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides, das über die Rechtmäßigkeit des Bescheides hinausgeht,
81vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschluss vom 12. April 2017 – 6 B 1117/16 –, juris Rn. 4,
82ist ebenfalls gegeben. Bei Abwägung der persönlichen Interessen der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung der Klage überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung der mittelbar auf den Schutz von Leib und Leben der Beschäftigten der Antragstellerin abzielenden arbeitsschutzrechtlichen Anordnung.
83Sinn und Zweck der Dokumentationspflicht gemäß Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV ist die Unterstützung der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden bei ihrer Überwachungs- und Beratungstätigkeit.
84Vgl. BT-Drs. 19/21978, S. 28.
85Vorliegend besteht für die Durchsetzung dieser Dokumentationspflicht gegenüber der Antragstellerin eine besondere Eilbedürftigkeit. Denn die bisherigen Feststellungen des Antragsgegners im Hinblick auf die streitgegenständlichen Unterkünfte haben erhebliche Anhaltspunkte für gravierende Missstände ergeben, die geeignet sind, eine Gefahr für Leib und Leben der Beschäftigten der Antragstellerin zu begründen. Die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners enthalten eine Vielzahl von Vermerken bzw. Protokollen zu Kontrollen der Unterkünfte durch Mitarbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf und/oder der Stadt H. . Bei diesen Kontrollen wurden insbesondere Mängel im Bereich des Brandschutzes, der Möglichkeiten einer Erstversorgung von Verletzten und im Bereich Hygiene festgestellt (vgl. zuletzt den Aktenvermerk über die am 24. und 29. Juni 2021 erfolgten Kontrollen einschließlich der dazugehörigen Fotos, Bl. 74 ff. der Gerichtsakte 29 K 2921/21). Vor diesem Hintergrund sind die angeforderten Dokumentationen mit Angaben (zumindest) zu den Adressen und Unterbringungskapazitäten der Gemeinschaftsunterkünfte sowie zur Zuordnung der Beschäftigen zu diesen erforderlich, um dem Antragsgegner möglichst zeitnah eine effektivere Wahrnehmung seiner Überwachungstätigkeit im Hinblick auf die Unterkünfte zu ermöglichen. Der Ausgang eines verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens kann insofern nicht abgewartet werden.
86Die Eilbedürftigkeit des Vollzugs der Anordnung in Ziffer I. 1. des Bescheides entfällt – anders als die Antragstellerin geltend macht – auch nicht dadurch, dass der Antragsgegner nach Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 9. Juli 2020 in den Verfahren 29 K 4149/20 und 29 L 1368/20 zunächst acht Monate hat verstreichen lassen, bevor er mit Bescheid vom 31. März 2021 erneut arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen gegenüber der Antragstellerin ergriffen hat. Denn die dargestellten Gefahren, die Anlass der arbeitsschutzrechtlichen Anordnung des Antragsgegners sind, bestehen fort.
87Zudem hat der Antragsgegner in diesem Zusammenhang nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass zunächst die zum 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Änderungen des ArbSchG und der ArbStättV im Rahmen des sog. Arbeitsschutzkontrollgesetzes abgewartet werden sollten. Sinn und Zweck dieser Gesetzesänderungen war es unter anderem, die angemessene Unterbringung von aus dem Ausland angeworbenen Beschäftigten sicherzustellen, denen im Zusammenhang mit der Anwerbung eine Gemeinschaftsunterkunft vermittelt wird. Hintergrund waren unter anderem gravierende Missstände bei der Unterbringung, die im Rahmen pandemiebedingter Kontrollen von Gemeinschaftsunterkünften, vor allem im Bereich der Fleischwirtschaft, festgestellt worden waren. Außerdem sollten die notwendigen Voraussetzungen für die Überprüfung und Durchsetzung der Mindestanforderungen an Gemeinschaftsunterkünfte durch die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden geschaffen werden.
88Vgl. BT-Drs. 19/21978, S. 26.
89bb. Die Anordnung in Ziffer I. 2. des Bescheides, mit der der Antragstellerin die monatliche Vorlage der Dokumentation im Sinne der Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV bis zum Ende des Jahres 2021 aufgegeben wird, ist hingegen rechtswidrig.
90In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob eine solche vorsorgliche Anordnung für die Zukunft überhaupt auf der Grundlage von § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG erlassen werden kann, etwa mit der Begründung, der betroffene Arbeitgeber werde seinen Verpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft nicht nachkommen. Denn jedenfalls erfordert eine solche Anordnung, die über den Normalfall einer einmaligen Anordnung und Durchsetzung einer Arbeitgeberpflicht hinausgeht, eine Ermessensausübung im Einzelfall, die sich insbesondere mit der Erforderlichkeit einer solchen Anordnung auseinandersetzt. Eine Ermessensreduzierung auf Null kann in diesem Zusammenhang nicht ohne Weiteres angenommen werden. An entsprechenden Ermessenserwägungen fehlt es hier jedoch.
91c. Die Anordnungen in Ziffern I. 3. und I. 4. des Bescheides sind nach summarischer Prüfung ebenfalls rechtswidrig. Ungeachtet dessen, dass von den dort angeordneten Maßnahmen im Rahmen des Anhörungsschreibens des Antragsgegners vom 16. Februar 2021 noch nicht die Rede war, ist jedenfalls nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage die Bezirksregierung Düsseldorf die Antragstellerin zur Anfertigung und Vorlage tagesaktueller Belegungspläne für jedes Zimmer/jeden Schlafraum der Unterkünfte, in denen Beschäftigte der Antragstellerin untergebracht sind, verpflichten könnte.
92§ 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG scheidet als Rechtsgrundlage aus. Denn aus dem ArbSchG und den auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen ergibt sich keine Pflicht des Arbeitgebers, über die Dokumentationspflichten der Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV hinaus tagesaktuelle Belegungspläne der einzelnen Zimmer/Schlafräume von Gemeinschaftsunterkünften vorzuhalten. Ziffer 4.4. Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV sieht zwar – wie bereits ausführlich dargelegt – eine Dokumentationspflicht des Arbeitgebers im Hinblick auf die Unterbringung von Beschäftigten in Gemeinschaftsunterkünften vor. Diese Dokumentationspflicht erstreckt sich aber nur auf die Adressen und Unterbringungskapazitäten der Gemeinschaftsunterkünfte, die Zuordnung der untergebrachten Beschäftigten zu diesen sowie den zugehörigen Zeitraum der Unterbringung der jeweiligen Beschäftigten (vgl. Ziffer 4.4 Abs. 4 Satz 2 des Anhangs zur ArbStättV), nicht aber auf die Belegung der einzelnen Zimmer.
93Vor diesem Hintergrund scheidet auch § 22 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG als Rechtsgrundlage der in Ziffer I. 3. und I. 4. getroffenen Anordnungen aus. Danach kann die zuständige Behörde – wie dargelegt – vom Arbeitgeber oder von den verantwortlichen Personen die zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgabe erforderlichen Auskünfte und die Überlassung von entsprechenden Unterlagen verlangen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
94Zunächst handelt es sich bei der Anordnung, einen tagesaktuellen Belegungsplan der einzelnen Zimmer/Schlafräume zu einem bestimmten Stichtag und sodann monatlich vorzulegen, nicht um die Anfrage erforderlicher Auskünfte im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 ArbSchG. Erforderliche Auskünfte in diesem Sinne sind alle Informationen, die nötig sind, um festzustellen, ob die Vorgaben des staatlichen Arbeitsschutzrechts eingehalten sind.
95Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 22 Rn. 29 f.
96Solche Informationen werden hier nicht angefragt. Denn es ist nicht erkennbar, inwiefern die Vorlage der Belegungspläne aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen notwendig sein sollte, zumal sich der Verordnungsgeber im Rahmen von Ziffer 4.4 Abs. 4 des Anhangs zur ArbStättV bewusst auf die dort genannten Informationen beschränkt hat. Der Antragsgegner selbst beruft sich in der Begründung der Anordnungen in Ziffer I. 3. und I. 4. allein darauf, dass die Meldelisten der Kommunen und die von der Antragstellerin vorgelegten Belegungslisten in der Vergangenheit Abweichungen aufgewiesen hätten. Insoweit mag die Vorlage von Belegungsplänen der einzelnen Zimmer aus melderechtlichen und im Hinblick auf die Corona-Pandemie insbesondere auch aus infektionsschutzrechtlichen Gründen wünschenswert sein. Dies berechtigt die Bezirksregierung als Arbeitsschutzbehörde aber nicht, entsprechende Informationen aufgrund von Rechtsgrundlagen des Arbeitsschutzrechts, insbesondere von § 22 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 ArbSchG, zu verlangen. Hinzu kommt im Hinblick auf die Anordnung einer monatlichen Vorlage von Belegungsplänen in Ziffer I. 4. des Bescheides, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 ArbSchG nicht die Anordnung regelmäßiger Berichtspflichten oder das Verlangen nach fortlaufender Unterrichtung rechtfertigt.
97Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 22 Rn. 25.
98Der Antragsgegner kann die Vorlage von tagesaktuellen Belegungsplänen auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 ArbSchG von der Antragstellerin verlangen. Zwar kann die Behörde in diesem Zusammenhang nicht nur diejenigen Unterlagen einsehen, über die der Arbeitgeber nach dem ArbSchG oder den Arbeitsschutzverordnungen zwingend verfügen muss. Das Vorlageverlangen kann sich vielmehr auf alle Unterlagen erstrecken, die in konkretem Zusammenhang mit der Erfüllung der gesetzlichen Arbeitsschutzpflichten stehen.
99Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 22 Rn. 29.
100Vorliegend ist jedoch – wie dargelegt – nicht erkennbar, dass die Vorlage tagesaktueller Belegungspläne arbeitsschutzrechtlichen Zwecken dient.
101Schließlich kann die Bezirksregierung Düsseldorf die Anordnungen in Ziffer I. 3. und I. 4. des Bescheides auch nicht auf die ordnungsbehördliche Generalklausel des § 14 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (Ordnungsbehördengesetz - OBG NRW) stützen. Danach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.
102Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob ein Rückgriff auf diese Generalklausel angesichts der speziellen arbeitsschutzrechtlichen Regelungen überhaupt zulässig ist.
103Vgl. dazu BeckOK Polizei- und Ordnungsrecht Nordrhein-Westfalen, Stand: 1. März 2021, OBG § 14 Rn. 7 ff.
104Im Übrigen fehlt es jedenfalls an der Zuständigkeit der Bezirksregierung für den Erlass von Anordnungen auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 OBG NRW. Denn Ordnungsbehörden sind nach § 5 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW die örtlichen Ordnungsbehörden, das heißt die Gemeinden (vgl. § 3 Abs. 1 OBG NRW). Zwar kann das zuständige Ministerium nach § 48 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b OBG NRW im Einvernehmen mit dem Innenministerium in ordnungsbehördlichen Verordnungen abweichend von § 5 OBG NRW auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes in der Arbeitswelt und des sonstigen technischen Gefahrenschutzes die Bezirksregierung für zuständig zu erklären. Dies betrifft aber lediglich die Zuweisung einzelner Kompetenzen in bestimmten ordnungsbehördlichen Verordnungen, ermächtigt die Bezirksregierung aber nicht dazu, von der Generalklausel des § 14 Abs. 1 OBG NRW Gebrauch zu machen.
105d. Auch die in Ziffer I. 5. des Bescheides getroffene Anordnung ist nach summarischer Prüfung rechtswidrig. Darin fordert der Antragsgegner die Antragstellerin auf, „die Beseitigung der in meinem Schreiben vom 18.08.2020 (s. Anlage zu dieser Verfügung) unter Nr. 1 aufgeführten Mängel nachzuweisen bzw. die Beseitigung der Mängel verbindlich darzulegen“.
106Für diese Anordnung fehlt es ebenfalls an einer Rechtsgrundlage. Denn der Antragsgegner kann von der Antragstellerin nicht den Nachweis der Mängelbeseitigung verlangen, bevor er sie überhaupt in vollziehbarer Form rechtsverbindlich zur Beseitigung konkret bezeichneter Mängel aufgefordert hat.
107Grundsätzlich kann der Antragsgegner die Antragstellerin zwar – wie dargelegt – auf der Grundlage von § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG bei einer Verletzung von Pflichten aus dem ArbSchG und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zur Beseitigung konkret benannter Mängel auffordern.
108Siehe zu Beispielen für solche Anordnungen etwa Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 22 Rn. 112.
109Eine solche vollziehbare Aufforderung zur Mängelbeseitigung liegt hier jedoch nicht vor. Insbesondere kommt dem Schreiben vom 18. August 2020, auf das in Ziffer I. 5. des Bescheides vom 31. März 2021 Bezug genommen wird, vom maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont aus betrachtet keine entsprechende Regelungswirkung zu, wie auch den Ausführungen des Antragsgegners in diesem Verfahren zu entnehmen ist. Zwar enthält das Schreiben unter Ziffer 1. die Angabe, dass die Beseitigung der in Anlage 1 aufgelisteten Mängel nachzuweisen sei. Auch insoweit wird aber nicht konkret zur Mängelbeseitigung aufgefordert, sondern direkt der diesbezügliche Nachweis gefordert. Zudem ist im Zusammenhang mit dem weiteren Inhalt des Schreibens nicht davon auszugehen, dass es sich hierbei bereits um eine durchsetzbare Anordnung im Sinne eines Verwaltungsaktes gemäß § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) handelt. Denn das Schreiben enthält sodann den weiteren Hinweis, dass, sofern die genannten Anforderungen nicht erfüllt würden, beabsichtigt sei, die Durchführung der Maßnahmen anzuordnen. Hierzu wird der Antragstellerin gemäß § 28 VwVfG NRW Gelegenheit zu Stellungnahme gegeben.
110Selbst wenn Ziffer I. 5. des Bescheides selbst als Anordnung der Mängelbeseitigung zu verstehen sein sollte, ergibt sich nichts anderes. Denn in diesem Fall wäre die Anordnung mangels hinreichender Bestimmtheit im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW rechtswidrig. Auf diese Problematik hatte das Gericht bereits im Zusammenhang mit der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 9. Juli 2020 hingewiesen (vgl. Vermerk über Telefonat vom 28. Juli 2020, Bl. 43 der Gerichtsakte 29 K 4149/20), die der Antragsgegner schließlich aufgehoben hatte.
111Nach § 37 Abs. 1 VwVfG NRW muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies ist der Fall, wenn die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei ist. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde und deren Organe aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und ggf. zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts. Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem jeweiligen Sachbereich nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsgehalt auf Grund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
112Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2015 – 13 A 1215/12 –, juris Rn. 57 ff.; VG Münster, Urteil vom 22. Juni 2016 – 9 K 1985/15 –, juris Rn. 50 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 37 Rn. 5 ff.
113Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Die Angaben des Antragsgegners zu den bestehenden Mängeln lassen nicht ausreichend erkennen, welche Mängel unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes konkret durch die Antragstellerin zu beseitigen sind. Ziffer I. 5. des Bescheides verweist in diesem Zusammenhang auf die in dem Schreiben vom 18. August 2020 „unter Nr. 1“ aufgeführten Mängel. Unter Nr. 1 des in Bezug genommenen Schreibens selbst werden jedoch keine Mängel aufgeführt. Dort wird vielmehr auf die Anlage 1 zu dem Schreiben verwiesen.
114Die Angaben in Anlage 1 wiederum sind bereits in tatsächlicher Hinsicht zu unbestimmt. Insbesondere fehlt es an der konkreten Angabe einzelner Mängel jeweils für eine bestimmte Unterkunft. Anlage 1 beginnt mit der Aussage, dass sich die festgestellten Mängel „für alle Objekte“ – welche damit gemeint sind, lässt sich dem Schreiben nicht ohne Weiteres entnehmen – wie folgt zusammenfassen ließen. Diese allgemeine Aussage wird im Rahmen der einzelnen, im Folgenden angegebenen Punkte sogleich an mehreren Stellen wieder relativiert. So wird etwa unter „Brandschutz“ ausgeführt „Feuerlöscher, wenn überhaupt vorhanden, waren überwiegend prüfüberfällig“. Unter dem Punkt „Erste Hilfe“ heißt es, Erste-Hilfe-Mittel oder -Einrichtungen seien „nicht in allen überprüften Objekten“ vorhanden. Zum Bereich „Hygiene“ ist die Rede davon, dass eine Entzerrung der Zimmerbelegung und Einhaltung des Mindestabstands der Betten zueinander „weitestgehend“ hergestellt worden sei. Soweit im Folgenden Feststellungen zu einzelnen Objekten aufgeführt werden, bleibt überwiegend unklar, welche Mängel überhaupt von arbeitsschutzrechtlicher Relevanz sind. So wird bezüglich mehrerer Objekte lediglich festgestellt, ob diese – insbesondere im Hinblick auf von der Stadt H. erlassene bauordnungsrechtliche Nutzungsuntersagungen – geräumt worden sind oder nicht. In diesem Zusammenhang fehlt es an jeglicher Zuordnung der festgestellten tatsächlichen Verhältnisse zu konkreten arbeitsschutzrechtlichen Arbeitgeberpflichten, die durch die Anordnung der Mängelbeseitigung durchgesetzt werden sollen. Es findet insbesondere keine saubere Abgrenzung zu bauordnungsrechtlichen Mängeln statt.
115Das Gericht weist in diesem Zusammenhang vorsorglich darauf hin, dass Gegenstand einer Anordnung im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG nur gesetzliche Pflichten sein können, die durch förmliches Gesetz oder durch Rechtsverordnung, insbesondere die ArbStättV, geregelt sind. Technische Regeln, wie die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) gelten hingegen hinsichtlich der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht unmittelbar verbindlich,
116vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 22 Rn. 116,
117wenngleich die ASR als Regeln der Technik eine gewisse Verbindlichkeit erlangen, da bei Einhaltung der bekannt gemachten Regeln davon auszugehen ist, dass die in der ArbStättV gestellten Anforderungen erfüllt sind.
118Vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 9. Mai 2018 – 5 A 998/17 –, juris Rn. 24; VG Freiburg, Beschluss vom 17. Dezember 2019 – 4 K 4800/19 –, juris Rn. 19.
119Die Darlegungslast für die Verletzung von Arbeitsschutzpflichten trägt dabei die Behörde.
120Vgl. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 22 Rn. 11.
121e. Die Anordnung in Ziffer I. 6. des Bescheides ist schließlich nach summarischer Prüfung rechtmäßig.
122Der Antragsgegner hat die Antragstellerin auf der Grundlage von § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG zu Recht dazu aufgefordert, eine arbeitsschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Denn die Antragstellerin, auf die die deutschen Arbeitsschutzvorschriften nach den obigen Darlegungen hinsichtlich der streitgegenständlichen Unterkünfte Anwendung finden, erfüllt ihre diesbezügliche Verpflichtung nach der ArbStättV nicht.
123Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbStättV hat der Arbeitgeber bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können. Ist dies der Fall, hat er alle möglichen Gefährdungen der Sicherheit und der Gesundheit der Beschäftigten zu beurteilen und dabei die Auswirkungen der Arbeitsorganisation und der Arbeitsabläufe in der Arbeitsstätte zu berücksichtigen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 ArbStättV).
124Vgl. in diesem Zusammenhang auch Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: 85. EL September 2020, ArbSchG § 22 Rn. 111.
125Diese arbeitsschutzrechtliche Verpflichtung besteht gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 ArbStättV auch bei Gemeinschaftsunterkünften außerhalb des Geländes des Betriebes.
126Durchgreifende rechtliche Bedenken im Hinblick auf die Ermessensausübung bestehen auch insofern angesichts der im ArbSchG bzw. der ArbStättV normierten Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung und der beharrlichen Weigerung der Antragstellerin, ihren arbeitsschutzrechtlichen Pflichten nachzukommen, nicht.
127Schließlich ist auch in diesem Zusammenhang ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu bejahen. Auch hinsichtlich der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung besteht angesichts der erheblichen Anhaltspunkte für gravierende Missstände in den Unterkünften eine Eilbedürftigkeit, aufgrund derer die Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden kann.
128f. Die Zwangsgeldandrohungen unter Ziffer V. des Bescheides sind voraussichtlich sämtlich, das heißt unabhängig von der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Grundverfügung, rechtswidrig. Darin wird der Antragstellerin für den Fall, dass sie den Anordnungen unter Ziffer I. 1. bis 4. „nicht sofort oder nicht vollständig“ nachkomme „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro angedroht. Hinsichtlich der Anordnungen unter Ziffer I. 5. und 6. des Bescheides – so jedenfalls die Ziffernbezeichnung in der Überschrift – wird der Antragstellerin mit gleichlautenden Formulierungen jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- Euro angedroht.
129Diese Zwangsgeldandrohungen sind zum einen deshalb rechtswidrig, weil es an einer ordnungsgemäßen Fristsetzung im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW) fehlt. Nach dieser Vorschrift ist bei der Durchsetzung von Handlungspflichten – wie den hier unter Ziffer I. 1. bis 6. getroffenen Anordnungen – eine angemessene Frist zur Erfüllung der Verpflichtung zu bestimmen. Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt, weil der Bescheid vom 31. März 2021 insoweit in sich widersprüchlich ist. Denn in den einzelnen Anordnungen unter Ziffer I. des Bescheides sind jeweils Fristen bis zu einem bestimmten Tag vorgesehen. Die Zwangsgeldandrohungen sollen hingegen für den Fall gelten, dass die Antragstellerin den Anordnungen „nicht sofort“ nachkommt.
130Zum anderen sind die Zwangsgeldandrohungen auch deshalb rechtswidrig, weil die für „jeden Fall der Zuwiderhandlung“ verfügte Androhung bei der Durchsetzung von Handlungspflichten unzulässig ist. So ist schon nicht erkennbar, wann hier überhaupt ein „Fall der Zuwiderhandlung“ vorliegen soll. Zudem fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Das Gesetz sieht nur für die Erzwingung von Duldungs- und Unterlassungspflichten in § 57 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW die Möglichkeit vor, Zwangsmittel für jeden Fall der Nichtbefolgung festzusetzen.
131Vgl. VG Minden, Beschluss vom 5. September 2011 – 9 L 405/11 –, juris Rn. 26 f.; VG Aachen, Beschluss vom 14. Februar 2011 – 6 L 32/11 –, juris Rn. 29 f.
132III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
133IV. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Die Kammer legt dabei für die miteinander zusammenhängenden Anordnungen in Ziffern I. 1. und 2. insgesamt den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,- Euro zugrunde. Gleiches gilt für die ebenfalls miteinander zusammenhängenden Anordnungen in Ziffer I. 3. und 4. des Bescheides. Für die Anordnungen in Ziffer I. 5. und I. 6. des Bescheides ist jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Die Zwangsgeldandrohungen unter Ziffer V. des Bescheides bleiben nach Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 bei der Streitwertbestimmung außer Betracht.
134Der sich danach für das Hauptsacheverfahren ergebende Streitwert in Höhe von 20.000,- Euro ist im Eilverfahren nach Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges zu halbieren.
135Rechtsmittelbelehrung:
136(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
137Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
138Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
139Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
140Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
141Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
142(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
143Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
144Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
145Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
146Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
147War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Referenzen
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