Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - A 4 K 6467/17

Tenor

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.07.2017 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich dagegen, dass ihre Asylanträge im schriftlichen Verfahren als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sind.
Die Kläger, ein Ehepaar mit vier Kindern, suchten am 20.01.2015 bei der Landeserstaufnahmestelle Karlsruhe um Asyl nach. Ihre Asylanträge nahm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 10.08.2016 auf. Nach ihren Angaben stammen die Kläger aus X (Kosovo), haben die kosovarische Staatsangehörigkeit und gehören der Minderheit der Roma an. Die Kinder (Kläger zu 3 bis 6) sind zwischen 2000 und 2006 geboren.
Das Bundesamt bestimmte einen Termin zur Anhörung der Eltern am 12.10.2016, zu dem diese nicht erschienen. Das Bundesamt teilte den Klägern mit Schreiben vom gleichen Tag mit, sie hätten sich nicht genügend entschuldigt und nun Gelegenheit, innerhalb eines Monats schriftlich sowohl zu ihren Asylgründen als auch zu den Gründen, die ihrer Rückkehr in den Heimatstaat entgegenstünden, Stellung zu nehmen. Bereits am 11.10.2016 war beim Bundesamt eine Nachricht der Stadt Freiburg eingegangen, wonach - unter Bezugnahme auf eine E-Mail, die sich nicht bei den Akten des Bundesamts befindet - die Kläger um einen neuen Termin gebeten hatten, weil bei der Klägerin zu 2 eine Venenoperation anstehe mit stationärer Aufnahme am 10.10.2016 und wonach der Kläger zu 1 unter einem grippalen Infekt mit Fieber und Kreislaufproblemen leide; eine Bescheinigung des Krankenhauses bzw. ein ärztliches Attest waren beigefügt. Mit Schreiben vom 02.11.2017 meldeten sich die Prozessbevollmächtigten der Kläger beim Bundesamt und wandten sich gegen den Übergang in das schriftliche Verfahren.
Das Bundesamt bestimmte einen neuen Termin zur Anhörung der Kläger auf den 17.01.2017. Zu diesem erschienen die Kläger ohne vorherige Entschuldigung nicht. Das Bundesamt gab ihnen am gleichen Tag erneut Gelegenheit, im schriftlichen Verfahren vorzutragen. Die Prozessbevollmächtigten der Kläger sandten am Nachmittag des gleichen Tags ärztliche Atteste, wonach die Kläger zu 1 und 2 jeweils an einem Atemwegsinfekt mit Fieber und Kreislaufproblemen litten. Unter dem 30.01.2017 teilten die Prozessbevollmächtigten der Kläger mit, das Bundesamt habe wohl zu spät von der Entschuldigung erfahren. Dessen Schreiben vom 17.01.2017 (Übergang in das schriftliche Verfahren) werde als gegenstandslos betrachtet.
Das Bundesamt bestimmte einen neuen Anhörungstermin auf den 06.04.2017. Die Kläger erschienen erneut nicht. Das Bundesamt verfuhr wie zuvor. Die Prozessbevollmächtigten der Kläger übersandten am gleichen Tag per Telefax ärztliche Atteste, wonach der Kläger zu 1 wegen einer fiebrigen Atemwegsinfektion und die Klägerin zu 2 wegen einer „im April geplanten“ Varizen-Operation den Termin nicht wahrnehmen könnten; eine Bescheinigung des Venen-Zentrums Freiburg benannte als Operationstermin den 23.04.2017.
Das Bundesamt bestimmte mit Ladung vom 22.05.2017 den 14.06.2017 zur Anhörung. Die Kläger erschienen wiederum nicht. Das Bundesamt teilte wiederum mit Schreiben vom gleichen Tag mit, dass es in das schriftliche Verfahren übergehe.
Mit Bescheid vom 24.07.2017 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anträge auf Asylanerkennung sowie die Anträge auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen und drohte den Klägern die Abschiebung nach Kosovo an. Zugleich erließ es Bestimmungen zum Einreise- und Aufenthaltsverbot. In der Begründung führte es aus: Die Kläger seien zum Termin zur persönlichen Anhörung am 14.06.2017 ohne genügende Entschuldigung nicht erschienen. Ihnen sei über ihre Verfahrensbevollmächtigten Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats gegeben worden. Weder diese noch die Kläger hätten sich jedoch innerhalb dieser Frist geäußert. Sie hätten auch keine evtl. schutzwürdigen Belange mitgeteilt. Somit sei nach Aktenlage und unter Berücksichtigung ihrer Nichtmitwirkung zu entscheiden gewesen. Über diese Rechtsfolge seien sie belehrt worden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen offensichtlich nicht vor. Kosovo sei ein sicherer Herkunftsstaat. Die Kläger hätten nichts vorgetragen, was gegen diese gesetzliche Vermutung spreche. Schon ihr augenscheinliches Desinteresse an der Weiterführung des Asylverfahrens lasse eine Verfolgungsfurcht als unglaubhaft erscheinen. Die bereits deshalb offensichtlich unbegründeten Asylanträge seien (auch) wegen der Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten offensichtlich unbegründet. Für Abschiebungsverbote sei nichts vorgetragen. Die Abschiebungsandrohung ergebe sich aus den gesetzlichen Vorschriften. Die Befristung der Wirkungen einer Abschiebung auf zehn Monate und des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate sei angemessen.
Die Kläger haben am 31.07.2017 Klage erhoben und zugleich vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Sie haben zunächst unter Vorlage von ärztlichen Attesten vorgetragen: Sie hätten ihr Nichterscheinen zur Anhörung genügend entschuldigt. Ihre Prozessbevollmächtigten hätten am Tag der vorgesehenen Anhörung am 14.06.2017 ärztliche Atteste vom gleichen Tag an das Bundesamt gesandt. Danach leide die Klägerin zu 2 unter Diabetes mellitus Typ 2 (E11.90 G), Stammvarikose der Vena saphena parva (I83.9 G) und Varikose (I83.9 G) und könne sie aufgrund von Schwächezuständen den Termin am 14.06.2017 nicht wahrnehmen. Dem Kläger zu 1 sei bescheinigt worden, er könne den Termin am 14.06.2017 wegen einer Gastroentiritis mit Erbrechen nicht wahrnehmen. Weiter führten die Kläger aus: Ihre Prozessbevollmächtigten hätten auf das Anschreiben des Bundesamts vom 14.06.2017 mit Schreiben vom 26.06.2017 auf die beiden vorgelegten Atteste verwiesen und um einen Hinweis gebeten, falls das Bundesamt diese Atteste nicht anerkennen wolle. Wie sich aus einem weiteren ärztlichen Attest vom 31.07.2017 ergebe, leide die Klägerin zu 2 außerdem an Hypertonie (I10.00 G) sowie unter häufigen Schwächezuständen mit Kollapszuständen; häufige Hausbesuche seien deshalb erforderlich; eine weitere Behandlung sei dringend indiziert. Der Kläger zu 6 leide an einem Tourette-Syndrom und einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Flashbacks auf in seiner Kindheit im Kosovo erlebte Situationen und stehe deshalb in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung.
Mit Beschluss vom 19.09.2017 hat die Kammer durch den gesetzlichen Einzelrichter die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt (A 4 K 6468/17) und ausgeführt: Das Bundesamt habe in das schriftliche Verfahren übergehen dürfen. Bei dessen Akten befinde sich keine Entschuldigung der Kläger. Soweit die Kläger ein Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14.06.2017 nebst ärztlichen Attesten vorgelegt hätten, sei nicht nachgewiesen, dass dieses Schreiben versandt worden sei. Ohnehin seien die ärztlichen Atteste vom 14.06.2017 unzureichend. Aus ihnen gehe nicht mit der erforderlichen Klarheit hervor, dass die Kläger gehindert gewesen wären, zur Anhörung zumindest zu erscheinen. Hierfür seien die mitgeteilten Diagnosen und Beschwerden zu ungenau bezeichnet. Ohnehin lege der Umstand, dass die Kläger nun schon den vierten Anhörungstermin versäumt und sich dabei immer wieder nur mit wenig aussagekräftigen ärztlichen Attesten nachträglich entschuldigt hätten, nahe, dass sie auch zu einem erneut bestimmten Termin zur Anhörung nicht erschienen wären. Die Asylanträge seien auch zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt, weil die Kläger keine Tatsachen vorgetragen hätten, welche die gesetzliche Annahme, dass Kosovo ein sicherer Herkunftsstaat sei, in ihrem Fall in Zweifel ziehen könnten. Die nun geltend gemachten Erkrankungen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 6 begründeten kein Abschiebungsverbot.
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Mit Beschluss vom 23.10.2017 (A 4 K 8202/17) hat die Kammer diesen Beschluss geändert und die aufschiebende Wirkung der Klagen (A 4 K 6467/17) angeordnet und ausgeführt: Nach Vorlage der Telefax-Berichte der Prozessbevollmächtigten der Kläger sei vorläufig davon auszugehen, dass die Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 14.06.2017 und vom 26.06.2017 beim Bundesamt eingegangen seien. Möglicherweise seien die damals vorgelegten ärztlichen Atteste doch als genügende Entschuldigung anzusehen, weil das Bundesamt die Kläger nie genauere Atteste verlangt habe. Auch sonst stellten sich hinsichtlich eines Übergangs in das schriftliche Verfahren schwierige Fragen, die im Klageverfahren zu klären seien.
11 
Im Anschluss haben die Kläger weitere ärztliche Atteste zu den Erkrankungen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 6 vorgelegt, ferner eine Kopie und eine Übersetzung eines Beschlusses der Republik Kosovo, Justizministerium, Grundgericht X, Zweigstelle X, vom 05.09.2017 vorgelegt, der Ausführungen zu einer privaten Bedrohung des Klägers zu 1 im Jahr 2014 enthält. Schließlich haben die Kläger Schulzeugnisse für die Kläger zu 3 bis 6 aus dem Schuljahr 2017/18 vorgelegt und belegt, dass sich der Kläger zu 1 um eine Arbeitserlaubnis für eine nachgewiesene Arbeitsstelle bemühe, diese aber bislang von der Stadt Freiburg versagt werde, weil diese davon ausgehe, dass er erst am 10.08.2016 Asyl beantragt habe (und nicht schon mit der Ankunft im Bundesgebiet, wohl im Dezember 2014).
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Die Kläger beantragen,
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den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.07.2017 aufzuheben,
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hilfsweise, den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.07.2017 hinsichtlich dessen Nummern 4 bis 7 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid.
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Der Kammer liegen zwei Ausdrucke der pdf-Version der die Kläger betreffenden Akten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sowie die Gerichtsakten in den beiden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klagen sind mit dem Hauptantrag als Anfechtungsklagen gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft.
20 
Nach Auffassung der Kammer kann ein Asylantragsteller im Falle eines rechtswidrigen Übergangs in das schriftliche Verfahren gemäß § 25 Abs. 5 AsylG und damit der rechtswidrigen Vorenthaltung einer persönlichen Anhörung isoliert Anfechtungsklage erheben; er ist nicht aus prozessualen Gründen, weil das Verwaltungsgericht „durchentscheiden“ müsste, gehalten, Verpflichtungsklage zu erheben. Das ergibt sich aus Folgendem:
21 
Grundsätzlich ist, wenn eine Behörde den Erlass eines begehrten Verwaltungsakts ablehnt, eine Verpflichtungsklage statthaft. Ausnahmsweise jedoch wird ein Rechtsschutzbedürfnis in einer solchen Situation an einer (isolierten) Anfechtungsklage, die allein auf die Aufhebung des versagenden Bescheids zielt, bejaht, wenn die mit dem Bescheid verbundene Beschwer nur so oder zumindest besser abgewehrt werden kann als mit der Verpflichtungsklage (Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113, Rn. 198).
22 
Für das Asylrecht hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner früheren Rechtsprechung eine solche Ausnahme durchgehend verneint und dabei insbesondere darauf abgehoben, nur auf diese Weise lasse sich eine andernfalls nicht auszuschließende doppelte Inanspruchnahme des Gerichts - nach erneutem Verwaltungsverfahren - vermeiden und der im öffentlichen Interesse liegenden Beschleunigung des Asylverfahrens Rechnung tragen (vgl. zusammenfassend, zur Unzulässigkeit einer auf Bescheidung zielenden Untätigkeitsklage, Bayer. VGH, Beschluss vom 07.07.2016 - 20 ZB 16.30003 -, juris, Rn. 10 ff. m.w.N.; ferner BVerwG, Beschluss vom 21.12.2005 - 1 B 9.06 -, juris; auf die insoweit herrschende Rechtsprechung verweist auch Berlit, „Aktuelle Rechtsprechung zum Flüchtlingsrecht 2016/2017“, NVwZ 2018, S. 1, 11).
23 
Demgegenüber entspricht es ständiger jüngerer Rechtsprechung der Kammer und nicht weniger Kammern anderer Verwaltungsgerichte (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2016 - 6 K 12579/16.A - und VG Trier, Urteil vom 08.03.2017 - 7 K 76/17.TR -, juris, m.w.N.), dass eine isolierte Anfechtung eines ablehnenden Asylbescheids bei einem Anhörungsmangel statthaft ist; für eine obergerichtliche Klärung bestand offensichtlich seither keine Gelegenheit.
24 
In ihrem Beschluss vom 27.05.2016 hat die Kammer insoweit ausgeführt (A 4 K 1434/16 -, juris, Rn. 8 m.w.N.; vgl. auch Beschlüsse der Kammer vom 29.04.2016 - A 4 K 230/16 -, und vom 16.11.2017 - A 4 K 8991/17 -):
25 
„Zwar ist im gerichtlichen Asylverfahren, weil dort regelmäßig die Situation einer Verpflichtungsklage gegeben ist, das Gericht aus Gründen der Prozessökonomie im Regelfall verpflichtet, die Sache selbst spruchreif zu machen und über den streitigen materiellen Asylanspruch ohne Zurückverweisung an das Bundesamt nach Anhörung des Klägers im gerichtlichen Termin zur mündlichen Verhandlung durchzuentscheiden. Das gilt aber nicht, wenn wie im vorliegenden Fall ein klarer Anhörungsmangel bereits während des (asylrechtlichen) Verwaltungsverfahrens vorliegt. In solchen Fällen ist es gerechtfertigt, den auf diesem Mangel beruhenden Bescheid des Bundesamts gerichtlich schlicht aufzuheben. Denn andernfalls würde dem betreffenden Ausländer nicht nur eine zweite Tatsacheninstanz genommen, sondern auch der Grundsatz der Gewaltenteilung nicht beachtet, der verlangt, dass das Gericht nicht seine eigene Entscheidung gleich von vornherein an die Stelle der dazu zunächst berufenen Verwaltungsbehörde setzt, sondern dass es lediglich deren vorherige Entscheidung aufgrund einer eigenen Anhörung überprüft (so u. a. VG Freiburg, Urteil vom 29.04.2016 - A 4 K 230/16 - und Beschluss vom 19.04.2016 - A 6 K 947/16 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 14.10.2011 - A 9 K 716/11 -, juris; VG Frankfurt, Urteil vom 06.08.2010 - 7 K 1811/10.F.A. -, juris; VG Aachen, Urteil vom 09.07.1996 - 4 K 5334/94.A -, juris). Für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren bedeutet das erst recht, dass im Zeitpunkt des Beschlusses des Gerichts nach den §§ 36 Abs. 3 AsylG und 80 Abs. 5 VwGO, der zeitnah und im schriftlichen Verfahren zu ergehen hat, wegen der voraussichtlich rechtswidrigerweise unterbliebenen Anhörung keine vollständige Tatsachengrundlage für eine Beurteilung des materiellen Asylgesuchs des Antragstellers vorliegt, so dass für eine Bejahung des Offensichtlichkeitsbefunds keine Grundlage besteht und dem Antrag des Antragstellers stattzugeben ist.
26 
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller aus der Republik Kosovo, einem sicheren Herkunftsstaat nach der Anlage II zu § 29a Abs. 2 AsylG, stammt, und der Asylantrag eines Ausländers aus einem solchen Staat bereits kraft Gesetzes (gemäß § 29a Abs. 1 AsylG) als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn nicht die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel ausnahmsweise die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Denn dieser Umstand macht die persönliche Anhörung nicht entbehrlich und der Anhörungsfehler ist auch nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich, weil dem Antragsteller ohne diese Anhörung die Möglichkeit abgeschnitten wird, eine Ausnahme von dem in § 29a Abs. 1 AsylG normierten Regelfall der offensichtlichen Unbegründetheit seines Asylantrags darzulegen.“
27 
An dieser Rechtsprechung hält die Kammer fest und kann sich insoweit in gewissem Umfang nunmehr auch auf neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stützen.
28 
Denn das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr sowohl für den Fall einer Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 27a AsylVfG a.F. wegen Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaats (Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 -, BVerwGE 153, 162 = NVwZ 2016, 154) als auch für den Fall einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage bejaht und ausgeführt (Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 -, BVerwGE 157, 18 = InfAuslR 2017, 162 = juris, Rn.16 ff.):
29 
„Zu Recht haben die Vorinstanzen die nach Rücknahme der Verpflichtungsanträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nur noch anhängige Anfechtungsklage in der vorliegenden prozessualen Konstellation als statthaft angesehen.
30 
Die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylG bzw. - hier - § 71a AsylG stellt sich nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes der Sache nach als Entscheidung über die Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG dar. Mit dem Integrationsgesetz hat der Gesetzgeber zur besseren Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Rechtsanwendung in § 29 Abs. 1 AsylG die möglichen Gründe für die Unzulässigkeit eines Asylantrags in einem Katalog zusammengefasst (BT-Drs. 18/8615 S. 51). Hierzu zählt gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG nunmehr auch der – materiell-rechtlich unverändert geregelte - Fall, dass im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG oder eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
31 
Jedenfalls seit Inkrafttreten dieser Neuregelung ist die Entscheidung, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG stellt, ebenso wie die hier noch ergangene - gleichbedeutende - Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, einen der Bestandskraft fähigen, anfechtbaren Verwaltungsakt dar (vgl. zur bisherigen Rechtslage Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, Stand Dezember 2016, § 71a Rn. 39). Sie verschlechtert die Rechtsstellung der Kläger, weil damit ohne inhaltliche Prüfung festgestellt wird, dass ihr Asylvorbringen nicht zur Schutzgewährung führt und darüber hinaus auch im Falle eines weiteren Asylantrags abgeschnitten wird, weil ein Folgeantrag, um den es sich gemäß § 71a Abs. 5 i.V.m. § 71 AsylG handeln würde, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu einem weiteren Asylverfahren führen kann. Ferner erlischt mit der nach § 71a Abs. 4 i.V.m. §§ 34, 36 Abs. 1 und 3 AsylG regelmäßig zu erlassenden, sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohung auch die Aufenthaltsgestattung (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG). Der Asylsuchende muss die Aufhebung des Bescheids, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, erreichen, wenn er eine Entscheidung über seinen Asylantrag erhalten will (siehe auch BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 12).
32 
Die Anfechtungsklage ist nicht wegen des Vorrangs einer Verpflichtungsklage im Hinblick darauf unzulässig, dass für das von den Klägern endgültig verfolgte Ziel der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung zum Folgeantrag eine Verpflichtung der Gerichte zum "Durchentscheiden" angenommen und dementsprechend die Verpflichtungsklage als allein zulässige Klageart betrachtet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1998 - 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171 <172 ff.>), hält der Senat daran mit Blick auf die Weiterentwicklung des Asylverfahrensrechts nicht mehr fest.
33 
Anknüpfend an die stärkere Betonung des behördlichen Asylverfahrens, der hierfür in der für die EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Verfahrensrichtlinie enthaltenen, speziellen Verfahrensgarantien sowie der dort vorgesehenen eigenen Kategorie unzulässiger Asylanträge (vgl. Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft - Asylverfahrensrichtlinie a.F. - bzw. Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes - Asylverfahrensrichtlinie n.F. -) hat der Gesetzgeber mit der zusammenfassenden Regelung verschiedener Unzulässigkeitstatbestände in § 29 Abs. 1 AsylG das Verfahren strukturiert und dem Bundesamt nicht nur eine Entscheidungsform eröffnet, sondern eine mehrstufige Prüfung vorgegeben. Erweist sich ein Asylantrag schon als unzulässig, ist eine eigenständig geregelte Unzulässigkeitsentscheidung zu treffen. Zugleich hat das Bundesamt über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zu entscheiden (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Diese Prüfungsstufe ist bei Anträgen, die das Bundesamt als Zweitantrag einstuft, auf die Fragen beschränkt, ob es sich tatsächlich um einen derartigen Antrag handelt und ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, also die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 AsylG vorliegen (§ 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71a Abs. 1 AsylG). Die weitere in § 71a Abs. 1 AsylG genannte Voraussetzung, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, muss an dieser Stelle bereits feststehen. Andernfalls wäre eine - vorrangige - Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu treffen. Denn die Dublin-Verordnungen regeln abschließend die Zuständigkeit zur Prüfung eines in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags. Erst wenn ein Mitgliedstaat danach zuständig ist, kann er einen Asylantrag - wie hier - aus den Gründen des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig ablehnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 C 4.15 - BVerwGE 153, 234 Rn. 20).
34 
Diese klare Gliederung der Prüfung von Anträgen, für die die Bundesrepublik Deutschland zuständig ist, in eine Entscheidung, ob ein Zweitantrag nach § 71a AsylG vorliegt und ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist (Zulässigkeitsprüfung) und die weitere Entscheidung, ob die materiell-rechtlichen Anerkennungsvoraussetzungen gegeben sind (Sachprüfung), hat auch in eigenständigen Verfahrensvorgaben für die erste Prüfungsstufe Ausdruck gefunden. In § 71a Abs. 2 AsylG wird das "Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist", besonders geregelt (vgl. zum Verfahren der Zulässigkeitsprüfung allgemein auch § 29 Abs. 2 bis 4 AsylG). Es liegt nahe, damit auch spezialgesetzliche, prozessuale Konsequenzen zu verbinden und den Streitgegenstand einer Klage nach einer derartigen Unzulässigkeitsentscheidung auf die vom Bundesamt bis dahin nur geprüfte Zulässigkeit des Asylantrags beschränkt zu sehen (siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 - InfAuslR 1993, 229 = juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1987 - 9 C 251.86 - BVerwGE 77, 323 ff., jeweils zur partiell vergleichbaren Rechtslage nach dem AsylVfG 1982). Dafür spricht schließlich auch § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG, wonach das Bundesamt bei einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung das Asylverfahren fortzuführen hat. Diese Regelung gilt zwar unmittelbar nur für den Fall eines erfolgreichen Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen Unzulässigkeitsentscheidungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG, dessen in § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG geregelte, besondere Rechtsfolgen nicht verallgemeinerungsfähig sind. Letzteres gilt jedoch nicht für den in § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken. Dieser ist auf den Fall der Aufhebung einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG übertragbar und lässt darauf schließen, dass die verweigerte sachliche Prüfung vorrangig von der mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Fachbehörde nachzuholen ist (ähnlich bereits BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 13 und 17). Ausgehend davon kommt auch ein eingeschränkter, auf die Durchführung eines (gegebenenfalls weiteren) Asylverfahrens gerichteter Verpflichtungsantrag nicht in Betracht, weil das Bundesamt hierzu nach Aufhebung der Entscheidung über die Unzulässigkeit automatisch verpflichtet ist.
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Die von der jüngeren Asylgesetzgebung verfolgten Beschleunigungsziele, auf die der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, führen zu keiner abweichenden Beurteilung. Sie rechtfertigen es bei der derzeitigen Ausgestaltung des nationalen Asylverfahrensrechts und der unionsrechtlichen Vorgaben nicht, bei Folge- und (vermeintlichen) Zweitanträgen, welche entgegen der Einschätzung des Bundesamts zur Durchführung eines (weiteren) Asylverfahrens führen müssen, den nach dem Asylgesetz auf die Unzulässigkeitsentscheidung begrenzten Streitgegenstand auf die sachliche Verpflichtung zur Schutzgewähr zu erweitern und dann unter Rückgriff auf das allgemeine Verwaltungsprozessrecht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) die erstmalige Sachentscheidung in das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu verlagern. Für bestimmte Fallgestaltungen stehen dem Bundesamt im Übrigen selbst Beschleunigungsmöglichkeiten zur Verfügung, die eine eventuelle Verlängerung der Gesamtverfahrensdauer bis zu einer abschließenden Entscheidung über die Berechtigung zu internationalem Schutz zumindest abmildern können. Hierzu zählt die Option, offensichtlich unbegründete Anträge nach § 30 AsylG abzulehnen und eine Abschiebungsandrohung mit verkürzter Ausreisefrist zu erlassen, sowie bei Folgeanträgen nunmehr auch die Möglichkeit, das Asylverfahren beschleunigt durchzuführen (§ 30a Abs. 1 Nr. 4 AsylG). Nicht zu entscheiden ist, ob und unter welchen Voraussetzungen das Bundesamt in Fällen des § 29 Abs. 1 AsylG neben einer Unzulässigkeitsentscheidung vorsorglich und in dem gehörigen Verfahren im Interesse einer Beschleunigung auch ausdrücklich (hilfsweise) eine Sachentscheidung treffen kann. Dass nach § 31 Abs. 3 AsylG in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen ist, "ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen", und sich das Bundesamt zumindest insoweit sachlich mit einem Schutzbegehren zu befassen hat, ersetzt diese Prüfung nicht, weil sie nicht bezogen ist auf die - dem nationalen Abschiebungsschutz vorrangige Frage der - Anerkennung als Asylberechtigter bzw. Gewährung internationalen Schutzes (§ 1 Abs. 1 AsylG) und einen anderen Streitgegenstand betrifft. Dieser Streitgegenstand kann - in Fällen, in denen das Bundesamt die Unzulässigkeitsentscheidung mit der Feststellung verbunden hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vorliegen - durch den Schutzsuchenden zusätzlich zu der gegen die Unzulässigkeitsentscheidung gerichteten Anfechtungsklage hilfsweise mit der Verpflichtungsklage zur verwaltungsgerichtlichen Prüfung gestellt werden.
36 
Vor der Aufhebung einer rechtswidrigen Unzulässigkeitsentscheidung hat das Gericht zu prüfen, ob die Entscheidung auf der Grundlage eines anderen, auf gleicher Stufe stehenden Unzulässigkeitstatbestandes aufrechterhalten bleiben kann. Wird die Unzulässigkeitsentscheidung auf die Anfechtungsklage hin aufgehoben, ist auch eine gegebenenfalls ergangene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, nebst Abschiebungsandrohung aufzuheben. Denn beide Entscheidungen sind dann jedenfalls verfrüht ergangen (vgl. entsprechend BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 19).
37 
Auch hinsichtlich der Frage, ob im Falle der Untätigkeit des Bundesamts eine reine Bescheidungsklage erhoben werden kann oder ob auch dann, insbesondere bei bislang unterbliebener Anhörung durch das Bundesamt, die Verwaltungsgerichte „durchzuentscheiden“ haben, nimmt die Auffassung zu, u.a. wegen der zentralen Bedeutung der Verfahrensgarantien im behördlichen Asylverfahren von der Verpflichtung der Verwaltungsgerichte zum Durchentscheiden abzugehen (Bayer. VGH, Urteil vom 23.03.2017 - 13a B 16.30951 -, juris, die hiergegen vom Bundesamt eingelegte Revision ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig - 1 C 18.17 -; vgl. auch Polzin, „Die Untätigkeitsklage im Asylverfahren; Bescheidungsklage möglich?“, DVBl 2017, 551) und damit dem Asylantragsteller die Chance auf einen Erfolg schon im behördlichen Verfahren zu erhalten.
38 
Die im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Verfahrenslage - ggf. rechtswidriger Übergang in das schriftliche Verfahren und damit Vorenthaltung einer persönlichen Anhörung - ist allerdings nicht in jeder Hinsicht vergleichbar mit den bisher in der Rechtsprechung mit der vom Bundesverwaltungsgericht beurteilten Verfahrenslagen, für die Ausnahmen von der Verpflichtung zum Durchentscheiden angenommen worden sind. Denn nach einem Übergang in das schriftliche Verfahren trifft das Bundesamt keine Unzulässigkeitsentscheidung und damit keine Beschränkung des Streitgegenstands, sondern entscheidet - ohne mündliche Anhörung des Asylantragstellers, aber auf der Grundlage seines etwaigen schriftlichen Vorbringens zu seinen Asylgründen und zum Vorliegen von Abschiebungsverboten - in der Sache selbst.
39 
Gemeinsam haben diese Verfahrenslagen aber (auch mit dem Fall der vollständigen Untätigkeit des Bundesamts), dass eine mündliche, persönliche Anhörung des Asylantragstellers zu seinen Asylgründen jeweils nicht stattgefunden hat. Bei dieser Art von Anhörung handelt es sich um das Kernstück des behördlichen Verfahrens, welches in seiner Bedeutung weit über die in Verwaltungsverfahren gebotene Anhörung zum Erlass eines Verwaltungsakts (§ 28 VwVG) hinausgeht. Dies zeigt sich in Folgendem:
40 
Grundsätzlich hat das Bundesamt den Asylantragsteller persönlich anzuhören (§ 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG). Hiervon darf es nur unter engen Ausnahmen absehen. Dies ist der Fall, wenn es einem Asylantrag stattgeben will (§ 24 Abs. 1 Satz 4 und 5 AsylG). Dies ist weiter der Fall, wenn der Asylantragsteller ohne genügende Entschuldigung nicht zur Anhörung erscheint (§ 25 Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 1 AsylG); in diesem Fall kann das Bundesamt nach Aktenlage entscheiden, wobei es bei einem Asylantragsteller, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, zuvor Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben hat (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AsylG).
41 
Auch sonst ist das Bundesamt zu einer umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Abs. 2 Satz 1 AsylG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie in § 74 Abs. 2 AsylG in Verbindung mit § 87 b Abs. 3 VwGO vorgesehen ist, verpflichtet (hierauf verweisend etwa BVerwG, Urteil vom 07.03.1995 – 9 C 264/94 -, juris).
42 
Diese Regelungen sind vom Recht der Europäischen Union vorgegeben (vgl. Art. 12 ff. der Asylverfahrensrichtlinie - RL 2013/32/EU -). Nach Nr. 16 ihrer Erwägungsgründe ist es von entscheidender Bedeutung ist, dass sämtliche Entscheidungen über Asylanträge auf der Grundlage von Tatsachen ergehen und erstinstanzlich von Behörden getroffen werden, deren Bedienstete angemessene Kenntnisse in Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten haben oder die hierzu erforderliche Schulung erhalten. Jeder Antragsteller sollte einen wirksamen Zugang zum Asylverfahren und die Möglichkeit der Zusammenarbeit und echten Kommunikation mit den zuständigen Behörden haben, um ihnen die asylrelevanten Tatsachen vortragen zu können (Nr. 25). Nach Art. 10 Abs. 3 Asylverfahrens-RL stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Asylbehörde ihre Entscheidung über einen Asylantrag nach angemessener Prüfung trifft. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass genaue und aktuelle Informationen verschiedener Quellen gesammelt werden, wie etwa des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), über die allgemeine Lage in den Herkunftsstaaten der Asylbewerber und gegebenenfalls in den Staaten, durch die sie gereist sind, und den für die Prüfung der Anträge und die Entscheidungen zuständigen Bediensteten zur Verfügung stehen. Auch die Entscheidung der Asylbehörde unterliegt besonderen Anforderungen (Art. 11 Asylverfahrens-RL). Dabei wird dem Asylbewerber gemäß Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 2 Asylverfahrens-RL (§§ 23, 24 AsylG) Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung unter Bedingungen gegeben, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten; dementsprechend sieht § 25 Abs. 6 Satz 1 AsylG vor, dass die Anhörung beim Bundesamt nicht öffentlich ist.
43 
All dies lässt sich nur sicherstellen, wenn die Prüfung des Asylbegehrens beim Bundesamt grundsätzlich auf der Grundlage einer persönlichen Anhörung erfolgt und nicht (erstmals) durch das Gericht durchgeführt wird. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in der Anhörung durch das Bundesamt, anders als in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, stets Vertraulichkeit hergestellt ist. Anders als im gerichtlichen Verfahren sieht Art. 15 Abs. 3 Satz 2b Asylverfahrens-RL zudem vor, dass soweit möglich, auf Ersuchen die Anhörungen von Personen gleichen Geschlechtes erfolgen.
44 
Dies alles zeigt, dass (auch) der Unionsgesetzgeber davon ausgeht, dass die Gewähr der Richtigkeit der asylrechtlichen Entscheidung bei einer den oben angeführten Maßgaben entsprechenden behördlichen und einer anschließenden gerichtlichen Anhörung größer ist und, dass er nicht will, dass einem Asylantragsteller durch einen rechtswidrigen Übergang in das schriftliche Verfahren und damit durch eine Entziehung des Rechts auf persönliche Anhörung die Chance auf eine ihm günstigere Entscheidung schon im Verfahren vor dem Bundesamt genommen und er in ein gerichtliches Verfahren gezwungen wird, welches - wie jedes Verfahren - mit Unwägbarkeiten und prozessualen Risiken verbunden ist.
45 
Die somit gegebene besondere Bedeutung der Anhörung eines Asylbewerbers durch das Bundesamt verbietet es nach Auffassung der Kammer, einen Verstoß gegen die Regelungen zur Anhörung im nationalen behördlichen Asylverfahren zum Nachteil des Asylantragstellers unberücksichtigt und ohne verfahrensrechtliche Sanktion zu lassen.
46 
Der anderen, wohl weiter herrschenden Auffassung (vgl. Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, a.a.O. Rn. 200 am Ende; Bergmann, in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 25 Rn. 24: „Ob das Bundesamt die Anforderungen für die Entscheidung nach Aktenlage eingehalten hat, kann im Gerichtsverfahren nur beschränkt überprüft werden; nur die materielle Bewertung hat Einfluss auf die Begründetheit des Asylantrags, nicht die Verfahrensweise des Bundesamts“) schließt sich die Kammer nicht an (vgl. auch Bayer. VGH, Urteil vom 23.03.2017 – 13a B 16.30951 -, VG Trier, Urteil vom 08.03.2017 - 7 K 76.17.TR - und VG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2016 - 6 K 12579/16.A -, alle juris).
47 
Vielmehr tritt gegenüber dem auch unionsrechtlich bestimmten Gewicht der persönlichen Anhörung das in der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobene Argument der Beschleunigung der Asylverfahren nach Überzeugung der Kammer zurück.
48 
Eine Unbeachtlichkeit von Anhörungsmängeln insoweit ist weder im Asylverfahrensgesetz noch in der bezeichneten Asylverfahrensrichtlinie bestimmt. §§ 45, 46 VwVfG sind insoweit nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht anwendbar, weil die Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes insoweit speziell sind. Jedenfalls erlaubt die Asylverfahrensrichtlinie nach Auffassung der Kammer eine entsprechende Anwendung von §§ 45, 46 VwVfG nicht (vgl., zur Frage der Anwendbarkeit von § 46 VwVfG im Dublin-Verfahren, auch das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts an den Europäischen Gerichtshof vom 27.06.2017, dort Frage 3, - 1 C 26.16 -, NVwZ 2017, 1545, sowie, zur Umweltverträglichkeitsprüfung, EuGH, Urteil vom 15.10.2015 - C-137/14 -, GewA 2016, 126).
49 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Art. 14 Abs. 3 Asylverfahrens-RL bestimmt, dass die Tatsache, dass keine persönliche Anhörung gemäß diesem Artikel stattgefunden hat, die Asylbehörde nicht daran hindert, über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden. Denn diese Vorschrift drückt nur die Selbstverständlichkeit aus, dass in den Fällen, in denen nach den geregelten Ausnahmen von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden durfte, über den Antrag auf internationalen Schutz gleichwohl - auf der Grundlage der sonst, auf schriftlichem Weg, vom Antragsteller unterbreiteten Informationen (Art. 14 Abs. 2b Unterabs. 2 Asylverfahrens-RL) - entschieden werden kann. Ein nicht gerechtfertigter Übergang in das schriftliche Verfahren führt nicht dazu, dass ein Asylantragsteller sich darauf zunächst einlassen und nunmehr zu den Asylgründen und Abschiebungsverboten vortragen muss, um sich ggf., bei weiterem Aufklärungsbedarf, doch noch eine Anhörung zu verschaffen.
50 
Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 07.07.2016 a.a.O., Rn. 10 am Ende) in diesem Zusammenhang auf die (frühere) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der isolierten Anfechtbarkeit von Bescheiden des Prüfungsausschusses und der Prüfungskammer für Kriegsdienstverweigerer abhebt, es könne auch eine „wohlwollendere“ Beurteilung des persönlichen Vortrags vor dem Bundesamt durch die Beklagte einer unbeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden, trifft dies im Asylverfahren wegen der Abschaffung des Bundesbeauftragten für Asyl nicht zu.
51 
Die auch sonst zulässigen Anfechtungsklagen sind auch begründet; denn der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
52 
Der Bescheid ist rechtswidrig, weil er im schriftlichen Verfahren - ohne persönliche Anhörung - erlassen worden ist.
53 
Die Beklagte durfte nicht in das schriftliche Verfahren übergehen, weil die Kläger ihr Ausbleiben im Termin am 14.06.2017 genügend entschuldigt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AsylG).
54 
Dass das Bundesamt das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger nebst ärztlichen Attesten vom gleichen Tag noch am 14.06.2017 beim Bundesamt als Telefax eingegangen ist, steht nunmehr fest. Denn der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Ausdruck der pdf-Version der Akten des Bundesamts enthält dieses Schreiben (auf AS 138). Es ist zwar nicht mit einem Eingangsstempel versehen, trägt aber in der Titelzeile das Faxdatum des 14.06.2017 mit dem Namen der Prozessbevollmächtigten der Kläger und überdies einen Aufkleber vom 16.06.2017, welcher bestätigt, dass das Telefax an jenem Tag eingescannt worden ist. Dass das Schreiben offensichtlich verspätet zur Bundesamtsakte gelangt ist (zuvor eingeordnet sind sämtliche Unterlagen, die den Erlass des Bescheids vom 24.07.2017 betreffen und noch am 16.10.2017 bestätigte ein Mitarbeiter des Bundesamts, dass sich das Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 14.06.2017 nicht bei den Akten des Bundesamts befinde), kann den rechtzeitigen Eingang des Telefax nicht in Zweifel ziehen. Im Übrigen bemerkt die Kammer, dass die übersandten Akten des Bundesamts auch sonst offensichtlich unvollständig sind. Weder enthalten sie das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26.06.2017, dessen Übersendung als Telefax ebenfalls glaubhaft gemacht worden ist, noch Vorgänge zum Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO; schon der insoweit gestellte Antrag der Prozessbevollmächtigten der Kläger war nicht zu den Akten des Bundesamts gelangt.
55 
Soweit der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Vermutung geäußert hat, er nehme an, dass das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 14.06.2017 bei Erlass des angefochtenen Bescheids der Entscheiderin vorgelegen habe und dass diese sich aufgrund der Gesamtumstände des Falls als berechtigt gesehen habe, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, ist dies unerheblich. Unerheblich ist auch, aus welchem, im angefochtenen Bescheid nicht offengelegten Grund die Beklagte sich berechtigt gesehen haben könnte, trotz rechtzeitig vorgelegter Entschuldigung im schriftlichen Verfahren zu entscheiden. Entscheidend ist vielmehr allein, ob eine genügende Entschuldigung tatsächlich vorlag.
56 
Entgegen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zunächst geäußerten Ansicht der Kammer entschuldigen die am 14.06.2017 vorgelegten ärztlichen Atteste das Ausbleiben der Kläger genügend.
57 
Insoweit gelten, mangels entsprechender Regelung, nicht die hohen Anforderungen an qualifizierte ärztliche Bescheinigungen für eine Erkrankung, die eine Abschiebung beeinträchtigen kann (§ 60a Abs. 2c Satz 2 bis 4 AufenthG).
58 
Vielmehr dürften die Anforderungen an eine genügende Entschuldigung im Sinn von § 25 Abs. 5 Satz 1 AsylG denen entsprechen, die sich aus dem formularmäßigen Zusatz auf der Ladung zur Anhörung ergeben, in dem es heißt, der Asylantrag gelte nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG als zurückgenommen, wenn der Asylantragsteller zu dem Termin nicht erscheint; dies gelte jedoch nicht, wenn er unverzüglich nachweise, dass sein Nichterscheinen auf Hinderungsgründe zurückzuführen gewesen sei, auf die er keinen Einfluss gehabt habe; im Fall der Verhinderung durch Krankheit müsse er unverzüglich die Reise- und/oder Verhandlungsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachweisen.
59 
Die bescheinigten Beschwerden begründen auch (noch) nachvollziehbar, dass die Kläger zu 1 und 2 am 14.06.2017 nicht in der Lage waren, an einer Anhörung teilzunehmen. Ob das Bundesamt angesichts des Umstands, dass die Kläger zu 1 und 2 schon zum vierten Mal am Tag der Anhörung (wohl kurzfristig) erkrankt waren, höhere Anforderungen an die Aussagekraft der Bescheinigungen hätte stellen können, lässt die Kammer offen. Denn es hat die bei den drei Anhörungen zuvor vorgelegten ähnlich gehaltenen ärztlichen Bescheinigungen nicht zum Anlass genommen, die Vorlage aussagekräftigerer Bescheinigungen, insbesondere zur Dauer, Art und Schwere der Erkrankungen, von den Klägern zu verlangen oder zur Feststellung einer möglicherweise gesundheitsbedingt andauernden Verhinderung eine amtsärztliche Untersuchung zu veranlassen (vgl. Art. 14 Abs. 2b Unterabs. 1 Satz 2 Asylverfahrens-RL).
60 
Nachträglich gerechtfertigt war der Übergang in das schriftliche Verfahren auch nicht deshalb, weil der Hausarzt der Klägerin zu 2 unter dem 31.07.2017 bescheinigt hat, sie leide unter „häufigen Schwächezuständen mit Kollapszuständen“. Dies hätte allenfalls - wie eben ausgeführt - Anlass geben können, zu prüfen, ob die Klägerin zu 2 grundsätzlich nicht anhörungsfähig sei. Im Übrigen bemerkt die Kammer, dass die Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung durchaus den Eindruck erweckt hat, an einer Anhörung, ggf. unter Begleitung ihrer Angehörigen, teilnehmen zu können.
61 
Die Kammer verkennt nicht, dass die Umstände des Falles den Verdacht begründen könnten, dass die Kläger das behördliche Verfahren durch Vorlage unzutreffender ärztlicher Atteste verzögert haben, auch im Wissen, dass ihre Herkunft aus dem Kosovo als sicherer Herkunftsstaat ihre Asylanträge als wenig aussichtsreich erscheinen lässt. Jedoch ist eine wiederholte ernstliche und akute Erkrankung der Kläger zu 1 und 2 mit der Folge der Anhörungsunfähigkeit nicht völlig fernliegend. Auch muss das Erfordernis der genügenden Entschuldigung gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AsylG gleichmäßig gehandhabt werden, unabhängig davon, ob ein Asylantrag mehr oder weniger Aussicht auf Erfolg bietet.
62 
Schließlich begründet der Verstoß gegen das Verfahrensrecht auf persönliche Anhörung aus § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG - wie oben ausgeführt - auch eine Rechtsverletzung der Kläger im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
63 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
64 
Eine Zulassung der Berufung ist dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vorbehalten (§ 78 Abs. 2 AsylG). Die Beteiligten könnten nach Maßgabe von § 134 VwGO und § 78 Abs. 6 AsylG auch die nachträgliche Zulassung der Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht beantragen.

Gründe

 
19 
Die Klagen sind mit dem Hauptantrag als Anfechtungsklagen gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft.
20 
Nach Auffassung der Kammer kann ein Asylantragsteller im Falle eines rechtswidrigen Übergangs in das schriftliche Verfahren gemäß § 25 Abs. 5 AsylG und damit der rechtswidrigen Vorenthaltung einer persönlichen Anhörung isoliert Anfechtungsklage erheben; er ist nicht aus prozessualen Gründen, weil das Verwaltungsgericht „durchentscheiden“ müsste, gehalten, Verpflichtungsklage zu erheben. Das ergibt sich aus Folgendem:
21 
Grundsätzlich ist, wenn eine Behörde den Erlass eines begehrten Verwaltungsakts ablehnt, eine Verpflichtungsklage statthaft. Ausnahmsweise jedoch wird ein Rechtsschutzbedürfnis in einer solchen Situation an einer (isolierten) Anfechtungsklage, die allein auf die Aufhebung des versagenden Bescheids zielt, bejaht, wenn die mit dem Bescheid verbundene Beschwer nur so oder zumindest besser abgewehrt werden kann als mit der Verpflichtungsklage (Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113, Rn. 198).
22 
Für das Asylrecht hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner früheren Rechtsprechung eine solche Ausnahme durchgehend verneint und dabei insbesondere darauf abgehoben, nur auf diese Weise lasse sich eine andernfalls nicht auszuschließende doppelte Inanspruchnahme des Gerichts - nach erneutem Verwaltungsverfahren - vermeiden und der im öffentlichen Interesse liegenden Beschleunigung des Asylverfahrens Rechnung tragen (vgl. zusammenfassend, zur Unzulässigkeit einer auf Bescheidung zielenden Untätigkeitsklage, Bayer. VGH, Beschluss vom 07.07.2016 - 20 ZB 16.30003 -, juris, Rn. 10 ff. m.w.N.; ferner BVerwG, Beschluss vom 21.12.2005 - 1 B 9.06 -, juris; auf die insoweit herrschende Rechtsprechung verweist auch Berlit, „Aktuelle Rechtsprechung zum Flüchtlingsrecht 2016/2017“, NVwZ 2018, S. 1, 11).
23 
Demgegenüber entspricht es ständiger jüngerer Rechtsprechung der Kammer und nicht weniger Kammern anderer Verwaltungsgerichte (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2016 - 6 K 12579/16.A - und VG Trier, Urteil vom 08.03.2017 - 7 K 76/17.TR -, juris, m.w.N.), dass eine isolierte Anfechtung eines ablehnenden Asylbescheids bei einem Anhörungsmangel statthaft ist; für eine obergerichtliche Klärung bestand offensichtlich seither keine Gelegenheit.
24 
In ihrem Beschluss vom 27.05.2016 hat die Kammer insoweit ausgeführt (A 4 K 1434/16 -, juris, Rn. 8 m.w.N.; vgl. auch Beschlüsse der Kammer vom 29.04.2016 - A 4 K 230/16 -, und vom 16.11.2017 - A 4 K 8991/17 -):
25 
„Zwar ist im gerichtlichen Asylverfahren, weil dort regelmäßig die Situation einer Verpflichtungsklage gegeben ist, das Gericht aus Gründen der Prozessökonomie im Regelfall verpflichtet, die Sache selbst spruchreif zu machen und über den streitigen materiellen Asylanspruch ohne Zurückverweisung an das Bundesamt nach Anhörung des Klägers im gerichtlichen Termin zur mündlichen Verhandlung durchzuentscheiden. Das gilt aber nicht, wenn wie im vorliegenden Fall ein klarer Anhörungsmangel bereits während des (asylrechtlichen) Verwaltungsverfahrens vorliegt. In solchen Fällen ist es gerechtfertigt, den auf diesem Mangel beruhenden Bescheid des Bundesamts gerichtlich schlicht aufzuheben. Denn andernfalls würde dem betreffenden Ausländer nicht nur eine zweite Tatsacheninstanz genommen, sondern auch der Grundsatz der Gewaltenteilung nicht beachtet, der verlangt, dass das Gericht nicht seine eigene Entscheidung gleich von vornherein an die Stelle der dazu zunächst berufenen Verwaltungsbehörde setzt, sondern dass es lediglich deren vorherige Entscheidung aufgrund einer eigenen Anhörung überprüft (so u. a. VG Freiburg, Urteil vom 29.04.2016 - A 4 K 230/16 - und Beschluss vom 19.04.2016 - A 6 K 947/16 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 14.10.2011 - A 9 K 716/11 -, juris; VG Frankfurt, Urteil vom 06.08.2010 - 7 K 1811/10.F.A. -, juris; VG Aachen, Urteil vom 09.07.1996 - 4 K 5334/94.A -, juris). Für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren bedeutet das erst recht, dass im Zeitpunkt des Beschlusses des Gerichts nach den §§ 36 Abs. 3 AsylG und 80 Abs. 5 VwGO, der zeitnah und im schriftlichen Verfahren zu ergehen hat, wegen der voraussichtlich rechtswidrigerweise unterbliebenen Anhörung keine vollständige Tatsachengrundlage für eine Beurteilung des materiellen Asylgesuchs des Antragstellers vorliegt, so dass für eine Bejahung des Offensichtlichkeitsbefunds keine Grundlage besteht und dem Antrag des Antragstellers stattzugeben ist.
26 
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller aus der Republik Kosovo, einem sicheren Herkunftsstaat nach der Anlage II zu § 29a Abs. 2 AsylG, stammt, und der Asylantrag eines Ausländers aus einem solchen Staat bereits kraft Gesetzes (gemäß § 29a Abs. 1 AsylG) als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn nicht die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel ausnahmsweise die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Denn dieser Umstand macht die persönliche Anhörung nicht entbehrlich und der Anhörungsfehler ist auch nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich, weil dem Antragsteller ohne diese Anhörung die Möglichkeit abgeschnitten wird, eine Ausnahme von dem in § 29a Abs. 1 AsylG normierten Regelfall der offensichtlichen Unbegründetheit seines Asylantrags darzulegen.“
27 
An dieser Rechtsprechung hält die Kammer fest und kann sich insoweit in gewissem Umfang nunmehr auch auf neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stützen.
28 
Denn das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr sowohl für den Fall einer Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 27a AsylVfG a.F. wegen Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaats (Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 -, BVerwGE 153, 162 = NVwZ 2016, 154) als auch für den Fall einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage bejaht und ausgeführt (Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 -, BVerwGE 157, 18 = InfAuslR 2017, 162 = juris, Rn.16 ff.):
29 
„Zu Recht haben die Vorinstanzen die nach Rücknahme der Verpflichtungsanträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nur noch anhängige Anfechtungsklage in der vorliegenden prozessualen Konstellation als statthaft angesehen.
30 
Die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylG bzw. - hier - § 71a AsylG stellt sich nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes der Sache nach als Entscheidung über die Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG dar. Mit dem Integrationsgesetz hat der Gesetzgeber zur besseren Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Rechtsanwendung in § 29 Abs. 1 AsylG die möglichen Gründe für die Unzulässigkeit eines Asylantrags in einem Katalog zusammengefasst (BT-Drs. 18/8615 S. 51). Hierzu zählt gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG nunmehr auch der – materiell-rechtlich unverändert geregelte - Fall, dass im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG oder eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
31 
Jedenfalls seit Inkrafttreten dieser Neuregelung ist die Entscheidung, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG stellt, ebenso wie die hier noch ergangene - gleichbedeutende - Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, einen der Bestandskraft fähigen, anfechtbaren Verwaltungsakt dar (vgl. zur bisherigen Rechtslage Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, Stand Dezember 2016, § 71a Rn. 39). Sie verschlechtert die Rechtsstellung der Kläger, weil damit ohne inhaltliche Prüfung festgestellt wird, dass ihr Asylvorbringen nicht zur Schutzgewährung führt und darüber hinaus auch im Falle eines weiteren Asylantrags abgeschnitten wird, weil ein Folgeantrag, um den es sich gemäß § 71a Abs. 5 i.V.m. § 71 AsylG handeln würde, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu einem weiteren Asylverfahren führen kann. Ferner erlischt mit der nach § 71a Abs. 4 i.V.m. §§ 34, 36 Abs. 1 und 3 AsylG regelmäßig zu erlassenden, sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohung auch die Aufenthaltsgestattung (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG). Der Asylsuchende muss die Aufhebung des Bescheids, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, erreichen, wenn er eine Entscheidung über seinen Asylantrag erhalten will (siehe auch BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 12).
32 
Die Anfechtungsklage ist nicht wegen des Vorrangs einer Verpflichtungsklage im Hinblick darauf unzulässig, dass für das von den Klägern endgültig verfolgte Ziel der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung zum Folgeantrag eine Verpflichtung der Gerichte zum "Durchentscheiden" angenommen und dementsprechend die Verpflichtungsklage als allein zulässige Klageart betrachtet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1998 - 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171 <172 ff.>), hält der Senat daran mit Blick auf die Weiterentwicklung des Asylverfahrensrechts nicht mehr fest.
33 
Anknüpfend an die stärkere Betonung des behördlichen Asylverfahrens, der hierfür in der für die EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Verfahrensrichtlinie enthaltenen, speziellen Verfahrensgarantien sowie der dort vorgesehenen eigenen Kategorie unzulässiger Asylanträge (vgl. Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft - Asylverfahrensrichtlinie a.F. - bzw. Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes - Asylverfahrensrichtlinie n.F. -) hat der Gesetzgeber mit der zusammenfassenden Regelung verschiedener Unzulässigkeitstatbestände in § 29 Abs. 1 AsylG das Verfahren strukturiert und dem Bundesamt nicht nur eine Entscheidungsform eröffnet, sondern eine mehrstufige Prüfung vorgegeben. Erweist sich ein Asylantrag schon als unzulässig, ist eine eigenständig geregelte Unzulässigkeitsentscheidung zu treffen. Zugleich hat das Bundesamt über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zu entscheiden (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Diese Prüfungsstufe ist bei Anträgen, die das Bundesamt als Zweitantrag einstuft, auf die Fragen beschränkt, ob es sich tatsächlich um einen derartigen Antrag handelt und ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, also die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 AsylG vorliegen (§ 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71a Abs. 1 AsylG). Die weitere in § 71a Abs. 1 AsylG genannte Voraussetzung, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, muss an dieser Stelle bereits feststehen. Andernfalls wäre eine - vorrangige - Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu treffen. Denn die Dublin-Verordnungen regeln abschließend die Zuständigkeit zur Prüfung eines in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags. Erst wenn ein Mitgliedstaat danach zuständig ist, kann er einen Asylantrag - wie hier - aus den Gründen des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig ablehnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 C 4.15 - BVerwGE 153, 234 Rn. 20).
34 
Diese klare Gliederung der Prüfung von Anträgen, für die die Bundesrepublik Deutschland zuständig ist, in eine Entscheidung, ob ein Zweitantrag nach § 71a AsylG vorliegt und ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist (Zulässigkeitsprüfung) und die weitere Entscheidung, ob die materiell-rechtlichen Anerkennungsvoraussetzungen gegeben sind (Sachprüfung), hat auch in eigenständigen Verfahrensvorgaben für die erste Prüfungsstufe Ausdruck gefunden. In § 71a Abs. 2 AsylG wird das "Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist", besonders geregelt (vgl. zum Verfahren der Zulässigkeitsprüfung allgemein auch § 29 Abs. 2 bis 4 AsylG). Es liegt nahe, damit auch spezialgesetzliche, prozessuale Konsequenzen zu verbinden und den Streitgegenstand einer Klage nach einer derartigen Unzulässigkeitsentscheidung auf die vom Bundesamt bis dahin nur geprüfte Zulässigkeit des Asylantrags beschränkt zu sehen (siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 - InfAuslR 1993, 229 = juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1987 - 9 C 251.86 - BVerwGE 77, 323 ff., jeweils zur partiell vergleichbaren Rechtslage nach dem AsylVfG 1982). Dafür spricht schließlich auch § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG, wonach das Bundesamt bei einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung das Asylverfahren fortzuführen hat. Diese Regelung gilt zwar unmittelbar nur für den Fall eines erfolgreichen Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen Unzulässigkeitsentscheidungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG, dessen in § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG geregelte, besondere Rechtsfolgen nicht verallgemeinerungsfähig sind. Letzteres gilt jedoch nicht für den in § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken. Dieser ist auf den Fall der Aufhebung einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG übertragbar und lässt darauf schließen, dass die verweigerte sachliche Prüfung vorrangig von der mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Fachbehörde nachzuholen ist (ähnlich bereits BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 13 und 17). Ausgehend davon kommt auch ein eingeschränkter, auf die Durchführung eines (gegebenenfalls weiteren) Asylverfahrens gerichteter Verpflichtungsantrag nicht in Betracht, weil das Bundesamt hierzu nach Aufhebung der Entscheidung über die Unzulässigkeit automatisch verpflichtet ist.
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Die von der jüngeren Asylgesetzgebung verfolgten Beschleunigungsziele, auf die der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, führen zu keiner abweichenden Beurteilung. Sie rechtfertigen es bei der derzeitigen Ausgestaltung des nationalen Asylverfahrensrechts und der unionsrechtlichen Vorgaben nicht, bei Folge- und (vermeintlichen) Zweitanträgen, welche entgegen der Einschätzung des Bundesamts zur Durchführung eines (weiteren) Asylverfahrens führen müssen, den nach dem Asylgesetz auf die Unzulässigkeitsentscheidung begrenzten Streitgegenstand auf die sachliche Verpflichtung zur Schutzgewähr zu erweitern und dann unter Rückgriff auf das allgemeine Verwaltungsprozessrecht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) die erstmalige Sachentscheidung in das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu verlagern. Für bestimmte Fallgestaltungen stehen dem Bundesamt im Übrigen selbst Beschleunigungsmöglichkeiten zur Verfügung, die eine eventuelle Verlängerung der Gesamtverfahrensdauer bis zu einer abschließenden Entscheidung über die Berechtigung zu internationalem Schutz zumindest abmildern können. Hierzu zählt die Option, offensichtlich unbegründete Anträge nach § 30 AsylG abzulehnen und eine Abschiebungsandrohung mit verkürzter Ausreisefrist zu erlassen, sowie bei Folgeanträgen nunmehr auch die Möglichkeit, das Asylverfahren beschleunigt durchzuführen (§ 30a Abs. 1 Nr. 4 AsylG). Nicht zu entscheiden ist, ob und unter welchen Voraussetzungen das Bundesamt in Fällen des § 29 Abs. 1 AsylG neben einer Unzulässigkeitsentscheidung vorsorglich und in dem gehörigen Verfahren im Interesse einer Beschleunigung auch ausdrücklich (hilfsweise) eine Sachentscheidung treffen kann. Dass nach § 31 Abs. 3 AsylG in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen ist, "ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen", und sich das Bundesamt zumindest insoweit sachlich mit einem Schutzbegehren zu befassen hat, ersetzt diese Prüfung nicht, weil sie nicht bezogen ist auf die - dem nationalen Abschiebungsschutz vorrangige Frage der - Anerkennung als Asylberechtigter bzw. Gewährung internationalen Schutzes (§ 1 Abs. 1 AsylG) und einen anderen Streitgegenstand betrifft. Dieser Streitgegenstand kann - in Fällen, in denen das Bundesamt die Unzulässigkeitsentscheidung mit der Feststellung verbunden hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vorliegen - durch den Schutzsuchenden zusätzlich zu der gegen die Unzulässigkeitsentscheidung gerichteten Anfechtungsklage hilfsweise mit der Verpflichtungsklage zur verwaltungsgerichtlichen Prüfung gestellt werden.
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Vor der Aufhebung einer rechtswidrigen Unzulässigkeitsentscheidung hat das Gericht zu prüfen, ob die Entscheidung auf der Grundlage eines anderen, auf gleicher Stufe stehenden Unzulässigkeitstatbestandes aufrechterhalten bleiben kann. Wird die Unzulässigkeitsentscheidung auf die Anfechtungsklage hin aufgehoben, ist auch eine gegebenenfalls ergangene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, nebst Abschiebungsandrohung aufzuheben. Denn beide Entscheidungen sind dann jedenfalls verfrüht ergangen (vgl. entsprechend BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 19).
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Auch hinsichtlich der Frage, ob im Falle der Untätigkeit des Bundesamts eine reine Bescheidungsklage erhoben werden kann oder ob auch dann, insbesondere bei bislang unterbliebener Anhörung durch das Bundesamt, die Verwaltungsgerichte „durchzuentscheiden“ haben, nimmt die Auffassung zu, u.a. wegen der zentralen Bedeutung der Verfahrensgarantien im behördlichen Asylverfahren von der Verpflichtung der Verwaltungsgerichte zum Durchentscheiden abzugehen (Bayer. VGH, Urteil vom 23.03.2017 - 13a B 16.30951 -, juris, die hiergegen vom Bundesamt eingelegte Revision ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig - 1 C 18.17 -; vgl. auch Polzin, „Die Untätigkeitsklage im Asylverfahren; Bescheidungsklage möglich?“, DVBl 2017, 551) und damit dem Asylantragsteller die Chance auf einen Erfolg schon im behördlichen Verfahren zu erhalten.
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Die im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Verfahrenslage - ggf. rechtswidriger Übergang in das schriftliche Verfahren und damit Vorenthaltung einer persönlichen Anhörung - ist allerdings nicht in jeder Hinsicht vergleichbar mit den bisher in der Rechtsprechung mit der vom Bundesverwaltungsgericht beurteilten Verfahrenslagen, für die Ausnahmen von der Verpflichtung zum Durchentscheiden angenommen worden sind. Denn nach einem Übergang in das schriftliche Verfahren trifft das Bundesamt keine Unzulässigkeitsentscheidung und damit keine Beschränkung des Streitgegenstands, sondern entscheidet - ohne mündliche Anhörung des Asylantragstellers, aber auf der Grundlage seines etwaigen schriftlichen Vorbringens zu seinen Asylgründen und zum Vorliegen von Abschiebungsverboten - in der Sache selbst.
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Gemeinsam haben diese Verfahrenslagen aber (auch mit dem Fall der vollständigen Untätigkeit des Bundesamts), dass eine mündliche, persönliche Anhörung des Asylantragstellers zu seinen Asylgründen jeweils nicht stattgefunden hat. Bei dieser Art von Anhörung handelt es sich um das Kernstück des behördlichen Verfahrens, welches in seiner Bedeutung weit über die in Verwaltungsverfahren gebotene Anhörung zum Erlass eines Verwaltungsakts (§ 28 VwVG) hinausgeht. Dies zeigt sich in Folgendem:
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Grundsätzlich hat das Bundesamt den Asylantragsteller persönlich anzuhören (§ 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG). Hiervon darf es nur unter engen Ausnahmen absehen. Dies ist der Fall, wenn es einem Asylantrag stattgeben will (§ 24 Abs. 1 Satz 4 und 5 AsylG). Dies ist weiter der Fall, wenn der Asylantragsteller ohne genügende Entschuldigung nicht zur Anhörung erscheint (§ 25 Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 1 AsylG); in diesem Fall kann das Bundesamt nach Aktenlage entscheiden, wobei es bei einem Asylantragsteller, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, zuvor Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben hat (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AsylG).
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Auch sonst ist das Bundesamt zu einer umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Abs. 2 Satz 1 AsylG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie in § 74 Abs. 2 AsylG in Verbindung mit § 87 b Abs. 3 VwGO vorgesehen ist, verpflichtet (hierauf verweisend etwa BVerwG, Urteil vom 07.03.1995 – 9 C 264/94 -, juris).
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Diese Regelungen sind vom Recht der Europäischen Union vorgegeben (vgl. Art. 12 ff. der Asylverfahrensrichtlinie - RL 2013/32/EU -). Nach Nr. 16 ihrer Erwägungsgründe ist es von entscheidender Bedeutung ist, dass sämtliche Entscheidungen über Asylanträge auf der Grundlage von Tatsachen ergehen und erstinstanzlich von Behörden getroffen werden, deren Bedienstete angemessene Kenntnisse in Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten haben oder die hierzu erforderliche Schulung erhalten. Jeder Antragsteller sollte einen wirksamen Zugang zum Asylverfahren und die Möglichkeit der Zusammenarbeit und echten Kommunikation mit den zuständigen Behörden haben, um ihnen die asylrelevanten Tatsachen vortragen zu können (Nr. 25). Nach Art. 10 Abs. 3 Asylverfahrens-RL stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Asylbehörde ihre Entscheidung über einen Asylantrag nach angemessener Prüfung trifft. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass genaue und aktuelle Informationen verschiedener Quellen gesammelt werden, wie etwa des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), über die allgemeine Lage in den Herkunftsstaaten der Asylbewerber und gegebenenfalls in den Staaten, durch die sie gereist sind, und den für die Prüfung der Anträge und die Entscheidungen zuständigen Bediensteten zur Verfügung stehen. Auch die Entscheidung der Asylbehörde unterliegt besonderen Anforderungen (Art. 11 Asylverfahrens-RL). Dabei wird dem Asylbewerber gemäß Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 2 Asylverfahrens-RL (§§ 23, 24 AsylG) Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung unter Bedingungen gegeben, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten; dementsprechend sieht § 25 Abs. 6 Satz 1 AsylG vor, dass die Anhörung beim Bundesamt nicht öffentlich ist.
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All dies lässt sich nur sicherstellen, wenn die Prüfung des Asylbegehrens beim Bundesamt grundsätzlich auf der Grundlage einer persönlichen Anhörung erfolgt und nicht (erstmals) durch das Gericht durchgeführt wird. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in der Anhörung durch das Bundesamt, anders als in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, stets Vertraulichkeit hergestellt ist. Anders als im gerichtlichen Verfahren sieht Art. 15 Abs. 3 Satz 2b Asylverfahrens-RL zudem vor, dass soweit möglich, auf Ersuchen die Anhörungen von Personen gleichen Geschlechtes erfolgen.
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Dies alles zeigt, dass (auch) der Unionsgesetzgeber davon ausgeht, dass die Gewähr der Richtigkeit der asylrechtlichen Entscheidung bei einer den oben angeführten Maßgaben entsprechenden behördlichen und einer anschließenden gerichtlichen Anhörung größer ist und, dass er nicht will, dass einem Asylantragsteller durch einen rechtswidrigen Übergang in das schriftliche Verfahren und damit durch eine Entziehung des Rechts auf persönliche Anhörung die Chance auf eine ihm günstigere Entscheidung schon im Verfahren vor dem Bundesamt genommen und er in ein gerichtliches Verfahren gezwungen wird, welches - wie jedes Verfahren - mit Unwägbarkeiten und prozessualen Risiken verbunden ist.
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Die somit gegebene besondere Bedeutung der Anhörung eines Asylbewerbers durch das Bundesamt verbietet es nach Auffassung der Kammer, einen Verstoß gegen die Regelungen zur Anhörung im nationalen behördlichen Asylverfahren zum Nachteil des Asylantragstellers unberücksichtigt und ohne verfahrensrechtliche Sanktion zu lassen.
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Der anderen, wohl weiter herrschenden Auffassung (vgl. Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, a.a.O. Rn. 200 am Ende; Bergmann, in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 25 Rn. 24: „Ob das Bundesamt die Anforderungen für die Entscheidung nach Aktenlage eingehalten hat, kann im Gerichtsverfahren nur beschränkt überprüft werden; nur die materielle Bewertung hat Einfluss auf die Begründetheit des Asylantrags, nicht die Verfahrensweise des Bundesamts“) schließt sich die Kammer nicht an (vgl. auch Bayer. VGH, Urteil vom 23.03.2017 – 13a B 16.30951 -, VG Trier, Urteil vom 08.03.2017 - 7 K 76.17.TR - und VG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2016 - 6 K 12579/16.A -, alle juris).
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Vielmehr tritt gegenüber dem auch unionsrechtlich bestimmten Gewicht der persönlichen Anhörung das in der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobene Argument der Beschleunigung der Asylverfahren nach Überzeugung der Kammer zurück.
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Eine Unbeachtlichkeit von Anhörungsmängeln insoweit ist weder im Asylverfahrensgesetz noch in der bezeichneten Asylverfahrensrichtlinie bestimmt. §§ 45, 46 VwVfG sind insoweit nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht anwendbar, weil die Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes insoweit speziell sind. Jedenfalls erlaubt die Asylverfahrensrichtlinie nach Auffassung der Kammer eine entsprechende Anwendung von §§ 45, 46 VwVfG nicht (vgl., zur Frage der Anwendbarkeit von § 46 VwVfG im Dublin-Verfahren, auch das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts an den Europäischen Gerichtshof vom 27.06.2017, dort Frage 3, - 1 C 26.16 -, NVwZ 2017, 1545, sowie, zur Umweltverträglichkeitsprüfung, EuGH, Urteil vom 15.10.2015 - C-137/14 -, GewA 2016, 126).
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Art. 14 Abs. 3 Asylverfahrens-RL bestimmt, dass die Tatsache, dass keine persönliche Anhörung gemäß diesem Artikel stattgefunden hat, die Asylbehörde nicht daran hindert, über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden. Denn diese Vorschrift drückt nur die Selbstverständlichkeit aus, dass in den Fällen, in denen nach den geregelten Ausnahmen von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden durfte, über den Antrag auf internationalen Schutz gleichwohl - auf der Grundlage der sonst, auf schriftlichem Weg, vom Antragsteller unterbreiteten Informationen (Art. 14 Abs. 2b Unterabs. 2 Asylverfahrens-RL) - entschieden werden kann. Ein nicht gerechtfertigter Übergang in das schriftliche Verfahren führt nicht dazu, dass ein Asylantragsteller sich darauf zunächst einlassen und nunmehr zu den Asylgründen und Abschiebungsverboten vortragen muss, um sich ggf., bei weiterem Aufklärungsbedarf, doch noch eine Anhörung zu verschaffen.
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Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 07.07.2016 a.a.O., Rn. 10 am Ende) in diesem Zusammenhang auf die (frühere) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der isolierten Anfechtbarkeit von Bescheiden des Prüfungsausschusses und der Prüfungskammer für Kriegsdienstverweigerer abhebt, es könne auch eine „wohlwollendere“ Beurteilung des persönlichen Vortrags vor dem Bundesamt durch die Beklagte einer unbeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden, trifft dies im Asylverfahren wegen der Abschaffung des Bundesbeauftragten für Asyl nicht zu.
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Die auch sonst zulässigen Anfechtungsklagen sind auch begründet; denn der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Der Bescheid ist rechtswidrig, weil er im schriftlichen Verfahren - ohne persönliche Anhörung - erlassen worden ist.
53 
Die Beklagte durfte nicht in das schriftliche Verfahren übergehen, weil die Kläger ihr Ausbleiben im Termin am 14.06.2017 genügend entschuldigt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AsylG).
54 
Dass das Bundesamt das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger nebst ärztlichen Attesten vom gleichen Tag noch am 14.06.2017 beim Bundesamt als Telefax eingegangen ist, steht nunmehr fest. Denn der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Ausdruck der pdf-Version der Akten des Bundesamts enthält dieses Schreiben (auf AS 138). Es ist zwar nicht mit einem Eingangsstempel versehen, trägt aber in der Titelzeile das Faxdatum des 14.06.2017 mit dem Namen der Prozessbevollmächtigten der Kläger und überdies einen Aufkleber vom 16.06.2017, welcher bestätigt, dass das Telefax an jenem Tag eingescannt worden ist. Dass das Schreiben offensichtlich verspätet zur Bundesamtsakte gelangt ist (zuvor eingeordnet sind sämtliche Unterlagen, die den Erlass des Bescheids vom 24.07.2017 betreffen und noch am 16.10.2017 bestätigte ein Mitarbeiter des Bundesamts, dass sich das Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 14.06.2017 nicht bei den Akten des Bundesamts befinde), kann den rechtzeitigen Eingang des Telefax nicht in Zweifel ziehen. Im Übrigen bemerkt die Kammer, dass die übersandten Akten des Bundesamts auch sonst offensichtlich unvollständig sind. Weder enthalten sie das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26.06.2017, dessen Übersendung als Telefax ebenfalls glaubhaft gemacht worden ist, noch Vorgänge zum Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO; schon der insoweit gestellte Antrag der Prozessbevollmächtigten der Kläger war nicht zu den Akten des Bundesamts gelangt.
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Soweit der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Vermutung geäußert hat, er nehme an, dass das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 14.06.2017 bei Erlass des angefochtenen Bescheids der Entscheiderin vorgelegen habe und dass diese sich aufgrund der Gesamtumstände des Falls als berechtigt gesehen habe, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, ist dies unerheblich. Unerheblich ist auch, aus welchem, im angefochtenen Bescheid nicht offengelegten Grund die Beklagte sich berechtigt gesehen haben könnte, trotz rechtzeitig vorgelegter Entschuldigung im schriftlichen Verfahren zu entscheiden. Entscheidend ist vielmehr allein, ob eine genügende Entschuldigung tatsächlich vorlag.
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Entgegen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zunächst geäußerten Ansicht der Kammer entschuldigen die am 14.06.2017 vorgelegten ärztlichen Atteste das Ausbleiben der Kläger genügend.
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Insoweit gelten, mangels entsprechender Regelung, nicht die hohen Anforderungen an qualifizierte ärztliche Bescheinigungen für eine Erkrankung, die eine Abschiebung beeinträchtigen kann (§ 60a Abs. 2c Satz 2 bis 4 AufenthG).
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Vielmehr dürften die Anforderungen an eine genügende Entschuldigung im Sinn von § 25 Abs. 5 Satz 1 AsylG denen entsprechen, die sich aus dem formularmäßigen Zusatz auf der Ladung zur Anhörung ergeben, in dem es heißt, der Asylantrag gelte nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG als zurückgenommen, wenn der Asylantragsteller zu dem Termin nicht erscheint; dies gelte jedoch nicht, wenn er unverzüglich nachweise, dass sein Nichterscheinen auf Hinderungsgründe zurückzuführen gewesen sei, auf die er keinen Einfluss gehabt habe; im Fall der Verhinderung durch Krankheit müsse er unverzüglich die Reise- und/oder Verhandlungsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachweisen.
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Die bescheinigten Beschwerden begründen auch (noch) nachvollziehbar, dass die Kläger zu 1 und 2 am 14.06.2017 nicht in der Lage waren, an einer Anhörung teilzunehmen. Ob das Bundesamt angesichts des Umstands, dass die Kläger zu 1 und 2 schon zum vierten Mal am Tag der Anhörung (wohl kurzfristig) erkrankt waren, höhere Anforderungen an die Aussagekraft der Bescheinigungen hätte stellen können, lässt die Kammer offen. Denn es hat die bei den drei Anhörungen zuvor vorgelegten ähnlich gehaltenen ärztlichen Bescheinigungen nicht zum Anlass genommen, die Vorlage aussagekräftigerer Bescheinigungen, insbesondere zur Dauer, Art und Schwere der Erkrankungen, von den Klägern zu verlangen oder zur Feststellung einer möglicherweise gesundheitsbedingt andauernden Verhinderung eine amtsärztliche Untersuchung zu veranlassen (vgl. Art. 14 Abs. 2b Unterabs. 1 Satz 2 Asylverfahrens-RL).
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Nachträglich gerechtfertigt war der Übergang in das schriftliche Verfahren auch nicht deshalb, weil der Hausarzt der Klägerin zu 2 unter dem 31.07.2017 bescheinigt hat, sie leide unter „häufigen Schwächezuständen mit Kollapszuständen“. Dies hätte allenfalls - wie eben ausgeführt - Anlass geben können, zu prüfen, ob die Klägerin zu 2 grundsätzlich nicht anhörungsfähig sei. Im Übrigen bemerkt die Kammer, dass die Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung durchaus den Eindruck erweckt hat, an einer Anhörung, ggf. unter Begleitung ihrer Angehörigen, teilnehmen zu können.
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Umstände des Falles den Verdacht begründen könnten, dass die Kläger das behördliche Verfahren durch Vorlage unzutreffender ärztlicher Atteste verzögert haben, auch im Wissen, dass ihre Herkunft aus dem Kosovo als sicherer Herkunftsstaat ihre Asylanträge als wenig aussichtsreich erscheinen lässt. Jedoch ist eine wiederholte ernstliche und akute Erkrankung der Kläger zu 1 und 2 mit der Folge der Anhörungsunfähigkeit nicht völlig fernliegend. Auch muss das Erfordernis der genügenden Entschuldigung gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AsylG gleichmäßig gehandhabt werden, unabhängig davon, ob ein Asylantrag mehr oder weniger Aussicht auf Erfolg bietet.
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Schließlich begründet der Verstoß gegen das Verfahrensrecht auf persönliche Anhörung aus § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG - wie oben ausgeführt - auch eine Rechtsverletzung der Kläger im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
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Eine Zulassung der Berufung ist dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vorbehalten (§ 78 Abs. 2 AsylG). Die Beteiligten könnten nach Maßgabe von § 134 VwGO und § 78 Abs. 6 AsylG auch die nachträgliche Zulassung der Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht beantragen.

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