Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 3 K 3225/20

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine weitergehende Vergütung für die Wahrnehmung des freiwilligen staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes.
Der in XX lebende Kläger war Rechtsreferendar am Landgericht XX. Im Rahmen des nebenamtlichen Sitzungsdienstes vertrat er im Jahr 2019 wiederholt die Staatsanwaltschaft als Sitzungsvertreter.
Am 19.08.2019 nahm er für die Staatsanwaltschaft X die Sitzungsvertretung bei dem Amtsgericht X, Abt. X, wahr. Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten war der Sitzungsbeginn dort auf 09:15 Uhr angesetzt und auch erfolgt. Sitzungsende war um 15:58 Uhr.
Am Folgetag, dem 20.08.2019, nahm er für die Staatsanwaltschaft X die Sitzungsvertretung bei dem Amtsgericht X, Abt. X, wahr. Der Sitzungsbeginn war laut den beigezogenen Verfahrensakten auf 09:15 Uhr angesetzt und um 09:17 Uhr erfolgt. Sitzungsende für den Kläger war um 14:10 Uhr. Ein Termin um 14:15 Uhr wurde nicht mehr von ihm, sondern von einem Staatsanwalt wahrgenommen.
Der Kläger reichte in der Folge bei der Staatsanwaltschaft Abrechnungs-Stundenzettel betreffend die beiden Sitzungstage ein. Auf dem Abrechnungs-Stundenzettel betreffend den 19.08.2019 gab er eine Sitzungszeit von 09:00 - 17:00 Uhr an. Für den 20.08.2019 gab er auf dem Abrechnungs-Stundenzettel eine Sitzungszeit von 09:00 Uhr bis 15:00 Uhr an.
In der Folge wurde dem Kläger ein Betrag von 225,00 EUR für die Wahrnehmung von (aufgerundet) 12 Stunden anstelle der der Sache nach beantragten 262,50 EUR für 14 Stunden Sitzungsdienst ausgezahlt.
Die Staatsanwaltschaft Freiburg leitete daraufhin gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren - 400 Js 32942/19 - wegen versuchten Betrugs ein. Mit Schreiben vom 03.06.2020 wurde dem Kläger angeboten, das Verfahren gegen die Zahlung eines Geldbetrags in Höhe von 200,00 EUR zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung nach § 153a Abs. 1 StPO einzustellen. Dies lehnte der Kläger mit Schreiben vom 26.06.2020 ab.
Daraufhin erging gegen den Kläger ein Strafbefehl vom 10.07.2020, gegen welchen er Einspruch eingelegt hat. Das Strafverfahren ist beim Amtsgericht Lörrach - Az. 31 Cs 400 Js 32942/19 - anhängig.
Der Kläger hat am 18.08.2020 die hiesige Klage zunächst beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben - 13 K 4225/20 -. Mit Beschluss vom 28.09.2020 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart das Verfahren an das Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen.
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Der Kläger macht in der Sache im Wesentlichen geltend, der Sitzungsdienst sei nicht vollständig abgerechnet worden. An beiden Tagen seien insgesamt 5:30 Stunden zu wenig abgerechnet worden, obwohl er hierauf einen Anspruch habe. Die Zeit der An- und Abreise von einem auswärtigen Wohn- /Dienstsitz zum Sitzungsdienst sei Teil des Dienstgeschäfts und als Dienstzeit des Sitzungsdienstes zu vergüten. Dies ergebe sich für Referendare jedenfalls aus § 612 BGB. Anders als für Staatsanwälte mit Dienstsitz X, sei bei Vereinbarung der Sitzungsvertretung mit ihm bekannt gewesen, dass er ein Rechtsreferendar eines anderen Gerichtsbezirks sei, der weder Wohn- noch Dienstsitz in X habe. Unabhängig davon, ob für An- und Abreise jeweils die Strecke W.-L. oder B.-L. zum Ansatz komme, betrage der Zeitaufwand pro Strecke für dieses Dienstgeschäft jedenfalls 30 Minuten. Auch sei ein zeitlicher Puffer von 15 Minuten pro Sitzungstag, jedenfalls nach § 612 BGB, zu vergüten. Es entspreche dem allgemein erwartbaren professionellen Umgang mit den zeitlichen Ressourcen des Gerichts, dass ein Sitzungsvertreter nicht auf die letzte Minute zum Sitzungsbeginn die Tür des Gerichtssaals öffne, sich dann erst einmal einrichte, Unterlagen zurechtlege, vielleicht auch noch einmal auf die Toilette gehe, sich dann die Krawatte anlege usw. Der Sitzungsbeginn sei nicht der Zeitpunkt ab dem eine Diensthandlung für einen auswärtigen Sitzungsvertreter beginne und abgerechnet werde, sondern der zeitlich spätere Zeitpunkt, zu dem der Sitzungsvertreter sich bereits eingerichtet habe und loslege. Insbesondere von einem Sitzungsvertreter eines auswärtigen Gerichtsbezirks und mit einem Wohnsitz im Nachbarland, sei es daher als Dienstpflicht anzusehen, dass er ein zeitliches Polster von 15 Minuten einplane. Auch die Diensthandlung zum Erhalt der Akten sei nach § 612 BGB zu vergüten. Die Akten hätten persönlich abgeholt werden müssen. Auch hierbei handele es sich um ein Dienstgeschäft, das erwartbar zu vergüten sei. Konkret seien 30 Minuten für An- und Abreise sowie 15 Minuten für den Austausch mit der Dienststelle vor Ort als Dienstgeschäfte anzusetzen, mithin 1:15 Stunden insgesamt. Ein Anspruch im Umfang von insgesamt 1:45 Stunden am zweiten Sitzungstag ergebe sich in Teilen aus § 612 BGB, in Teilen aus §§ 615, 293 ff. BGB. Er sei zunächst für eine Sache am 20.08.2019 eingeplant gewesen, die bis 16 Uhr gedauert hätte. Soweit diese Sitzung später durch einen anderen Staatsanwalt wahrgenommen worden sei, habe er hierzu seiner Erinnerung nach bereits die Akten erhalten gehabt, diese Sitzung vorbereitet und seine Arbeitskraft fest eingeplant. Soweit die allgemeinen arbeits- und dienstrechtlichen Abrechnungsgrundsätze von der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst nicht beachtet würden, sei die VwV rechtswidrig und finde keine Anwendung, insbesondere da diese einseitig übervorteilend und nicht vereinbart worden seien. Die Summe der abzurechnenden Zeit betrage mit 17:30 Stunden sogar mehr als ursprünglich von ihm geltend gemacht worden sei. Die Differenz zwischen abrechenbarer Zeit (9:30 + 8:00 = 17:30 Stunden) und abgerechneter Zeit (12 Stunden) betrage 5:30 Stunden. Dies entspreche (5,5*18,75 =) 103,13 EUR. Dieser Betrag sei nicht abgerechnet worden und weiter geschuldet. Die Vergütung für den Sitzungsdienst sei sittenwidrig niedrig. Auch in individuell durch mündlichen Vertrag begründeten Zusatzdiensten wie dem Sitzungsdienst fänden die Grundlagen rechtsgeschäftlichen Handelns Anwendung. Die Verordnung [sic], die die Vergütung des Nebendienstes regele, sei insoweit Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichzustellen, sodass die Verordnung unter anderem den gleichen Wertungsmaßstäben unterliege, aber auch mit arbeitsrechtlichen Regelungen in Einklang stehen müsse. Wo dies nicht der Fall sei, gehe Bundesgesetz der Verordnung vor. Er gehe davon aus, dass Teile der Verordnung Referendare einseitig übervorteilten und durch im Arbeitsrecht übliche Konditionen zu ersetzen seien. Der Aufschlag eines Viertels sei ebenfalls einseitig übervorteilend, damit sittenwidrig und durch eine im Arbeitsrecht übliche Vergütungsregelung des tatsächlichen Arbeitsumfangs zu ersetzen. Vorbereitungshandlungen seien nicht allein auf die Lektüre der Akten zu beschränken, sondern umfassten gerade auch andere, notwendige Handlungen zur Ausübung der Vertretung - namentlich das Abholen der Akten, Fahrzeiten, sowie Pufferzeiten aus Respekt gegenüber dem Gericht und zur Sicherstellung eines pünktlichen Betriebs bei auswärtiger Anreise. Der Anspruch folge aus § 612 Abs. 1 BGB.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 103,13 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt er wie folgt aus: Soweit die im Rahmen der Abrechnung angegebenen Sitzungszeiten von den tatsächlich geleisteten Sitzungszeiten abwichen, sei die Vergütung entsprechend gekürzt und auf 225,00 EUR für (aufgerundet) 12 Stunden anstelle der beantragten 262,50 EUR für 14 Stunden festgesetzt worden. Die Berechnung der Vergütung sei für den gemäß Ziffer 2.2 der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst maßgeblichen Zeitraum erfolgt. Hiernach gelte als Sitzungszeit die Zeit zwischen dem vom Gericht festgelegten Beginn der ersten Verhandlung und dem tatsächlichen Ende der letzten Verhandlung am Sitzungstag. Zur Abgeltung der Zeit für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung (einschließlich Abholung der Akten, Besprechungen bei der Staatsanwaltschaft usw.) werde die Sitzungszeit nach Satz 1 um ein Viertel erhöht. Verhandlungspausen oder Sitzungsausfälle innerhalb eines Sitzungstages seien grundsätzlich mitzurechnen. Dies gelte nicht für die Mittagspause, wenn diese länger als zwei Stunden dauere, oder wenn während einer Verhandlungspause an die Ausbildungsstelle (bei Rechtsreferendaren) beziehungsweise Wohnung (bei beurlaubten Bediensteten) zurückgekehrt werde oder eine solche Rückkehr zumutbar sei. Eine Rückkehr sei in der Regel zumutbar, wenn die Verhandlungspause mehr als zwei Stunden betrage und unter Berücksichtigung der gewöhnlichen Fahrtzeiten zwischen Ausbildungsstelle oder Wohnort und dem Sitz des Amtsgerichts, bei dem die Sitzungsvertretung wahrzunehmen sei (Geschäftsort), ein Aufenthalt an der Ausbildungsstelle oder Wohnung von mindestens einer Stunde möglich sei. Nach dem tatsächlichen Ende der letzten Verhandlung am Sitzungstag sei die Sitzungszeit für alle Verhandlungen ohne Rundung zusammenzurechnen. Das errechnete Ergebnis sei auf volle Stunden aufzurunden.
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Dem Gericht liegen Doppel der Akten des Amtsgerichts Lörrach im Verfahren 31 Cs 400 Js 32942/19 vor (ein Hauptband sowie fünf Hefte Auszüge aus den Verfahrensakten betreffend die Sitzungen beim Amtsgericht X, welche vom Kläger am 19. und 20.08.2019 wahrgenommen worden sind). Hierauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft, da sie sich bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) nicht auf den Erlass eines Verwaltungsakts richtet. Mit der Klage begehrt der Kläger die weitergehende Vergütung seines freiwilligen nebenamtlichen Sitzungsdienstes als Rechtsreferendar für die Staatsanwaltschaft X. Hierbei begehrt er keine Festsetzung nach Ziff. 4.1.1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz und für Europa zur nebenamtlichen Wahrnehmung der Aufgaben der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht vom 28. Juli 2016 - Az. 2103/0442 - Die Justiz 2016, S. 357, geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 20.12.2017 (Die Justiz 2018, S. 126) - VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst -, sondern er macht vielmehr darüberhinausgehende Forderungen geltend.
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Auch im Übrigen ist die Klage zulässig, insbesondere ist die Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der allgemeinen Leistungsklage nicht erforderlich (vgl. dazu, Terhechte, in: HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, VwGO § 43 Rn. 100; Pietzcker, in: Schoch/Schneider, 40. EL Februar 2021, VwGO § 43 Rn. 43; Geis, in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, VwGO § 68 Rn. 103).
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II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitergehende Vergütung des Sitzungsdienstes.
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1. Zunächst ergibt sich aus der Verwaltungspraxis des Beklagten kein Anspruch des Klägers auf weitere Auszahlung einer Vergütung für die Wahrnehmung des freiwilligen Sitzungsdienstes.
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a) Die Verwaltungspraxis der Nebenvergütung für eine tatsächlich wahrgenommene Sitzungsvertretung durch einen Rechtsreferendar ist in Ziff. 2.1 a) VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst konkretisiert. Hiernach werden einem Rechtsreferendar für die nebenamtliche Wahrnehmung des Sitzungsdienstes als Entschädigung 15,00 EUR je Sitzungsstunde gewährt. Als Sitzungszeit gilt die Zeit zwischen dem vom Gericht festgelegten Beginn der ersten Verhandlung und dem tatsächlichen Ende der letzten Verhandlung am Sitzungstag (Ziff. 2.2 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst). Durch diese Verwaltungsvorschrift ist eine entsprechende Selbstbindung der Verwaltung eingetreten, auf die sich der Kläger als Rechtsreferendar auch grundsätzlich berufen kann (Art. 3 Abs. 1 GG).
22 
Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten der Sitzungstage war der Sitzungsbeginn am 19.08.2019 auf 09:15 Uhr angesetzt und auch erfolgt. Sitzungsende war um 15:58 Uhr. Mithin nahm der Kläger den Sitzungsdienst an diesem Tag für 6:43 Stunden wahr.
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Am Folgetag, dem 20.08.2019, war laut den beigezogenen Verfahrensakten der Sitzungsbeginn auf 09:15 Uhr angesetzt und um 09:17 Uhr erfolgt. Sitzungsende für den Kläger war um 14:10 Uhr. Somit nahm er den Sitzungsdienst für 4:55 Stunden wahr.
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Nach dem tatsächlichen Ende der letzten Verhandlung am Sitzungstag ist die Sitzungszeit für alle Verhandlungen ohne Rundung zusammenzurechnen. Das errechnete Ergebnis ist auf volle Stunden aufzurunden (Ziff. 2.2 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst). Somit waren für den 19.08.2019 sieben Stunden, für den 20.08.2019 fünf Stunden anzusetzen. Hieraus ergibt sich ein zu gewährender Betrag von 180,00 EUR.
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Da gemäß Ziff. 2.2 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst zur Abgeltung der Zeit für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung (einschließlich Abholung der Akten, Besprechungen bei der Staatsanwaltschaft usw.) die Sitzungszeit um ein Viertel erhöht wird, ergibt sich aus der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst ein Anspruch auf Auszahlung von 225,00 EUR. In dieser Höhe wurde dem Kläger eine Entschädigung bereits gewährt, weshalb sich ein darüberhinausgehender Anspruch insoweit nicht ergibt.
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b) Sofern der Kläger dennoch eine über den bei der Behörde beantragten Betrag von 262,50 EUR hinausgehende Vergütung auf Grundlage der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst begehren sollte, wäre der Anspruch überdies bereits nach Ziff. 4.1.1 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst erloschen, da ein etwaiger Anspruch nicht innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht worden ist.
27 
c) Soweit der Kläger - ohne nähere Darlegung - eine Rechtswidrigkeit der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst im Hinblick auf eine angeblich zu geringe Vergütung für den freiwilligen Sitzungsdienst geltend macht, ist dem nicht zu folgen. Er verkennt dabei bereits, dass der Verwaltung insoweit ein weiter Ermessensspielraum zusteht.
28 
Es bestehen nach Auffassung der Kammer keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsvorschrift und ihrer Anwendung. Insbesondere sind keine Verstöße gegen höherrangiges Recht erkennbar.
29 
aa) Ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers durch die Vergütung des freiwilligen Sitzungsdienstes ist nicht ersichtlich.
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Bei dem Rechtsreferendariat handelt es sich um ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis (§ 5 Abs. 1 Satz 1 JAG). Regelung und Ausgestaltung der Ausbildung betreffen insbesondere den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG (Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 94. EL Januar 2021, Art. 12 GG Rn. 207 ff.).
31 
Nach dem modernen Eingriffsbegriff genügt für einen Eingriff in ein Freiheitsgrundrecht jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, erheblich erschwert oder unmöglich macht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 - 1 BvR 670/91 -, juris). Ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit des Klägers ist jedoch im Hinblick auf die Entschädigungsregelung bereits nicht erkennbar. Der Kläger hat sich freiwillig für die Wahrnehmung des Sitzungsdienstes bereit erklärt, im Bewusstsein, welche Vergütung er hierfür erhalten wird. Soweit der Kläger geltend macht, er sei durch das „ausbeuterische System des Referendariats“ hierzu gezwungen worden, ist dies nicht nachvollziehbar. Im Rahmen des Referendariats wird bereits eine Unterhaltsbeihilfe (siehe Verordnung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare vom 27. Juni 2011 (GBl. S. 389)) gewährt, welche - wie die Kammer aus eigener Erfahrung weiß - für einen bescheidenen Lebensunterhalt ausreichend ist.
32 
bb) Ungeachtet dessen ist auch nicht ersichtlich, dass die Vergütung für den freiwilligen Sitzungsdienst unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft wäre.
33 
Der Kläger moniert, dass der Aufschlag von einem Viertel auf die abgeleistete Sitzungszeit für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung (einschließlich Abholung der Akten, Besprechung bei der Staatsanwaltschaft etc.) ihn verfassungswidrig benachteilige, da die Zeit zu knapp bemessen sei und er das Risiko im Falle des Ausfalls einer Verhandlung trage. Dem ist nicht zu folgen.
34 
Zunächst trifft es nicht zu, dass der Kläger das Ausfallrisiko vollständig trägt. Das Risiko, für eine vorbereitete Sitzung keine Vergütung zu erhalten, trifft ihn lediglich in den Fällen, in denen hierdurch die Mittagspause länger als zwei Stunden ausfällt, oder in den Fällen, in denen eine an den Randzeiten anberaumte Sitzung entfällt. Bei Ausfällen während des laufenden Sitzungstages trägt grundsätzlich der Beklagte das Risiko, den Referendar vergüten zu müssen, obwohl tatsächlich keine Verhandlung stattfindet (siehe Ziff. 2.2. VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst: „Verhandlungspausen oder Sitzungsausfälle innerhalb eines Sitzungstages sind grundsätzlich mitzurechnen“). Zudem verkennt der Kläger, dass es sich bei dem Referendariat und dem freiwilligen Sitzungsdienst um ein einheitliches öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis handelt.
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Gemäß § 8 JAG können den Rechtsreferendaren im Rahmen der Ausbildung, sofern nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, Geschäfte eines Beamten des gehobenen oder des mittleren Justizdienstes, vor allem eines Amtsanwalts oder eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, zur selbstständigen Wahrnehmung übertragen werden (siehe auch § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1 AGGVG).
36 
Eine Tätigkeit ist mit der abhängigen Beschäftigung zu einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis verbunden, wenn sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und daher insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint. Dies kann der Fall sein, wenn sie in die Beschäftigung zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich eingebunden ist, oder wenn sie dadurch erst möglich wird, dass der Beschäftigte seine in der Hauptbeschäftigung gewonnenen Kenntnisse für die Nebentätigkeit nutzen kann. Demgegenüber liegt eine gemischte Tätigkeit vor, wenn die in Rede stehende Tätigkeit im Wesentlichen neben der Beschäftigung und unabhängig von ihr ausgeübt wird. Für die Abgrenzung kommt es in erster Linie auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Demgegenüber tritt die Bedeutung der zivilrechtlichen Vertragsgestaltung zurück (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 28.11.2012 - L 2 R 16/10 -, juris Rn. 52, m.w.N.). Die Wahrnehmung des freiwilligen Sitzungsdienstes ist - abseits der in Ziff. 1.1.2 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst geregelten Fälle (beurlaubte Bedienstete) - lediglich als Rechtsreferendar möglich. Die Tätigkeit war zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich in die Ausbildungstätigkeit eingebunden und im Verhältnis zu der im Wesentlichen zu Ausbildungszwecken ausgeübten Beschäftigung nebensächlich. Sie konnte überdies nur unter Nutzung der Kenntnisse und Fähigkeiten durchgeführt werden, die die Ausbildung den Referendaren zusätzlich zu den bis zur Ersten Juristischen Staatsprüfung gewonnenen theoretischen Rechtskenntnissen vermittelte. Die Nebentätigkeit stand deshalb in engem Zusammenhang mit der Ausbildungsbeschäftigung (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 28.11.2012 - L 2 R 16/10 -, juris Rn. 53). Auch der bereits zuvor zitierte § 8 JAG zeigt, dass die Geschäftsübertragung an Rechtsreferendare „im Rahmen der Ausbildung“ erfolgt. Es handelt sich also um ein Dienstgeschäft im Nebenamt (siehe bereits Ziff. 1.1 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst). Der Kläger bezeichnet in seinem Schreiben vom 30.04.2020 an die Staatsanwaltschaft Freiburg die im Zusammenhang mit dem freiwilligen Sitzungsdienst geführten Gespräche mit der Staatsanwaltschaft zudem selbst als „Ausbildungsgespräche“. Soweit der Kläger nunmehr in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, er habe in den späteren von ihm wahrgenommenen Sitzungen „nichts mehr dazu gelernt“, liegt darin eine unmaßgebliche Selbstwahrnehmung. Tatsächlich ist nicht davon auszugehen, dass sich nach weniger als einem Jahr Sitzungsdienst - bei gewissenhafter Aufgabenwahrnehmung - keine neuen rechtlichen Fragen stellen und sich in der vergleichsweise kurzen Zeit ein derartiger Routineeffekt einstellt.
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Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsreferendariat grundsätzlich eine Vollzeitbeschäftigung darstellt. Rechtsreferendare haben sich mit voller Kraft der Ausbildung zu widmen, § 6 Abs. 1 Satz 1 JAG. In der Regel soll der Rechtsreferendar an vier Tagen pro Woche am beruflichen Tagesablauf der Ausbilderin oder des Ausbilders teilnehmen und sich mit der Arbeitsweise in deren oder dessen Tätigkeitsgebiet vertraut machen. Ein Tag der Woche steht für das Selbststudium zur Verfügung (vgl. Abschnitt B II. 2 Satz 5 der bis zum 29.02.2020 gültigen Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums über die Ausbildung der Rechtsreferendarinnen und -referendare vom 1. März 2017 - Az.: 2221/0223 - (Die Justiz, 2017 S. 183) sowie Ziff. 2.2.2 der aktuellen Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums über die Ausbildung der Rechtsreferendarinnen und -referendare vom 01.03.2020 - Az. 2220L/0142 - (Die Justiz, 2020 S. 25)). Es ist also schon nicht vorgesehen, dass ein Rechtsreferendar neben seiner Ausbildung in größerem Umfang beruflich tätig wird.
38 
Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Nebenvergütung ist daher auch in den Blick zu nehmen, dass dem Referendar bereits im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses eine Unterhaltsbeihilfe gewährt wird. Durch den freiwilligen Sitzungsdienst kann diese Unterhaltsbeihilfe lediglich ergänzt werden.
39 
Gegen eine fehlende Angemessenheit der Höhe der Nebenvergütung spricht auch, dass das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis im Sinne des Referendariats weder ein Arbeitsverhältnis noch ein Praktikumsverhältnis darstellt und somit beispielsweise auch das Mindestlohngesetz keine Anwendung findet (siehe Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2. Aufl. 2017, § 22 Rn. 21). Der freiwillige Sitzungsdienst ist vielmehr auch insoweit aus den genannten Gründen als Teil der Ausbildung zu sehen.
40 
cc) Soweit der Kläger pauschal und ohne nähere Erläuterungen eine „Europarechtswidrigkeit“ der Praxis des freiwilligen Sitzungsdienstes behauptet, ist dies ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es fehlt bereits an einem EU-grenzüberschreitenden Sachverhalt im Sinne der Artt. 45 bzw. 56 AEUV. Überdies ist auch keine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen im Sinne des Art. 45 Abs. 2 AEUV oder eine Beschränkung im Sinne des Art. 56 Abs. 1 AEUV ersichtlich.
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Das Rechtsreferendariat unterfällt zwar auch der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (vgl. VG Berlin, Urteil vom 03.05.2013 - VG 5 K 158.11 -, BeckRS 2014, 46021). Allerdings trifft das Unionsrecht keine Entgeltregelungen (siehe Art. 153 Abs. 5 AEUV). Sämtliche Regelungen des Unionsrechts zum Arbeitsentgelt sind in rechtstechnischer Hinsicht Gleichbehandlungsgebote. Folglich wird den Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar vom Unionsrecht eine bestimmte Entgelthöhe vorgegeben (vgl. Krebber, Unionsrecht und Arbeitsentgelt, RdA 2021, 215). Der Kläger hat aber keine Ungleichbehandlung geltend gemacht und eine solche ist auch nicht ersichtlich. Daher kann sich auch insoweit kein Anspruch des Klägers ergeben.
42 
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die vom Kläger vorgebrachten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 09.03.2021 - C-344/19 - sowie - C-580/19 - gänzlich anders gelagerte Fälle betreffen. In diesen Fällen ging es um die vorliegend nicht maßgebliche Frage, wann es sich im Falle von Rufbereitschaft tatsächlich um Arbeitszeit handelt. Auch wurde in den genannten Entscheidungen Rufbereitschaft nicht per se als Arbeitszeit deklariert („[Rufbereitschaft stellt] nur dann in vollem Umfang Arbeitszeit im Sinne dieser Bestimmung [dar], wenn eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls, zu denen die Folgen einer solchen Zeitvorgabe und gegebenenfalls die durchschnittliche Häufigkeit von Einsätzen während der Bereitschaftszeit gehören, ergibt, dass die dem Arbeitnehmer während der Bereitschaftszeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie seine Möglichkeit, dann die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen nicht in Anspruch genommen werden, frei zu gestalten und sie seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigen.“). Vorliegend hat der Kläger im Anschluss an die letzte von ihm wahrzunehmende Sitzung „frei“. Er muss sich also gerade nicht mehr bereithalten, sondern kann ab diesem Zeitpunkt seine Zeit frei einteilen. Ausfälle während des Sitzungstages werden im bereits gezeigten Umfang ohnehin vergütet.
43 
2. Der Kläger kann auch keinen Anspruch aus arbeitsrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen herleiten. Er hat - wie soeben gezeigt - seine Dienste im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses erbracht. Daneben bleibt kein Raum für die Annahme eines (öffentlich-rechtlichen) Vertragsverhältnisses.
44 
a) Sofern der Dienstherr durch Verwaltungsakt ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründet, kommt kein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zu Stande (ArbG Rostock, Urteil vom 16.03.2012 - 4 Ca 809/11 -, BeckRS 2014, 70220). Ein Nebenamt kann nicht auf Privatrecht beruhen; es wird durch öffentliches Recht begründet und kann nur im öffentlichen Dienst als Beamter oder in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis ausgeübt werden (siehe Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 9; Brinktrine, in: Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, 23. Ed. 01.08.2021, BBG § 97 Rn. 9).
45 
Es ist auch ersichtlich kein diesbezüglicher Rechtsbindungswille auf Seiten des Beklagten vorhanden gewesen. Die Gewährung der Möglichkeit zur Wahrnehmung des freiwilligen Sitzungsdienstes kann nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht als Willenserklärung zur Begründung eines Vertragsverhältnisses interpretiert werden (vgl. §§ 133, 157 BGB). Der Beklagte hat durch sein Merkblatt zum freiwilligen Sitzungsdienst deutlich gemacht, dass er sich bei der Ausgestaltung des freiwilligen Sitzungsdienstes an der bisherigen Handhabung orientieren und insbesondere die VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst anwenden will. Dass der Kläger vorträgt, ihm habe die VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst nicht vorgelegen, ändert hieran nichts. Dabei ist darauf zu verweisen, dass die VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst über juris abrufbar ist und Rechtsreferendare in Baden-Württemberg einen Zugang zu dieser Datenbank erhalten. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, dass der Beklagte speziell in seinem Fall - abweichend von der sonstigen Praxis - einen Rechtsbindungswillen zur Begründung eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses haben würde. Es fehlt damit schon an zwei - für die Begründung eines Vertragsverhältnisses nötigen - kongruenten Willenserklärungen. Es wäre überdies als venire contra factum proprium zu sehen, dass der Kläger - wie er selbst vorträgt - etwa 40 bis 50 Mal am freiwilligen Sitzungsdienst teilgenommen und die Abrechnung anhand der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst akzeptiert hat und sich nunmehr, erst nachdem von ihm falsch angegebene Stundenzahlen aufgefallen sind, darauf beruft, dass ein Vertragsverhältnis begründet worden sei.
46 
b) Da zwischen den Beteiligten somit kein privatrechtlicher Arbeits- oder Dienstvertrag abgeschlossen worden ist (vgl. auch ArbG Rostock, Urteil vom 16.03.2012 - 4 Ca 809/11 -, BeckRS 2014, 70220), hat der Kläger auch keinen Anspruch aus den §§ 611 ff. BGB.
47 
Dies betrifft zunächst den vom Kläger in Bezug genommenen § 612 BGB im Hinblick auf die Zeiten der An- und Abreise zum auswärtigen Dienstort, „Pufferzeiten“ vor dem Sitzungsbeginn sowie Zeiten für die Beschaffung der Akten. Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger hierfür bereits keine Vergütung erwarten durfte (§ 612 Abs. 1 BGB). In Ziff. 2.2 der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst sind diese Tätigkeiten und ihre Vergütung nämlich bereits geregelt („Zur Abgeltung der Zeit für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung (einschließlich Abholung der Akten, Besprechungen bei der Staatsanwaltschaft usw.) wird die Sitzungszeit nach Satz 1 um ein Viertel erhöht.“), weshalb der Kläger keinen Anlass hatte, darüber hinaus eine Vergütung zu erwarten.
48 
Ebenfalls keine Anwendung findet aus den genannten Gründen § 615 BGB. Eine Vergütung für eine entfallene Sitzungsteilnahme ist zudem bereits deshalb fernliegend, weil nie sicher vorausgesehen werden kann, wie lange eine Sitzung dauert. So kann die Sitzung bereits nach wenigen Minuten geschlossen werden, wenn beispielsweise ein Beteiligter nicht erscheint. Andererseits kann eine Sitzung auch wesentlich länger dauern, als ursprünglich geplant.
49 
Mangels vertraglicher Gestaltung handelt es sich bei dem Merkblatt zum öffentlichen Sitzungsdienst auch nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB unterlägen.
50 
3. Soweit der Kläger vorliegend die Ausgestaltung des Rechtsreferendariats in Baden-Württemberg per se als „schlechtes, aufgezwungenes und diskriminierend-repressives Ausbildungssystem“ erachtet, ist dies für das hiesige Verfahren, in welchem es lediglich um die Vergütung für die Teilnahme am freiwilligen Sitzungsdienst geht, ohne Belang.
51 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
52 
IV. Gründe für die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.
53 
Beschluss vom 21.09.2021
54 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf
103,13 EUR
festgesetzt.

Gründe

17 
I. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft, da sie sich bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) nicht auf den Erlass eines Verwaltungsakts richtet. Mit der Klage begehrt der Kläger die weitergehende Vergütung seines freiwilligen nebenamtlichen Sitzungsdienstes als Rechtsreferendar für die Staatsanwaltschaft X. Hierbei begehrt er keine Festsetzung nach Ziff. 4.1.1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz und für Europa zur nebenamtlichen Wahrnehmung der Aufgaben der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht vom 28. Juli 2016 - Az. 2103/0442 - Die Justiz 2016, S. 357, geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 20.12.2017 (Die Justiz 2018, S. 126) - VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst -, sondern er macht vielmehr darüberhinausgehende Forderungen geltend.
18 
Auch im Übrigen ist die Klage zulässig, insbesondere ist die Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der allgemeinen Leistungsklage nicht erforderlich (vgl. dazu, Terhechte, in: HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, VwGO § 43 Rn. 100; Pietzcker, in: Schoch/Schneider, 40. EL Februar 2021, VwGO § 43 Rn. 43; Geis, in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, VwGO § 68 Rn. 103).
19 
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitergehende Vergütung des Sitzungsdienstes.
20 
1. Zunächst ergibt sich aus der Verwaltungspraxis des Beklagten kein Anspruch des Klägers auf weitere Auszahlung einer Vergütung für die Wahrnehmung des freiwilligen Sitzungsdienstes.
21 
a) Die Verwaltungspraxis der Nebenvergütung für eine tatsächlich wahrgenommene Sitzungsvertretung durch einen Rechtsreferendar ist in Ziff. 2.1 a) VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst konkretisiert. Hiernach werden einem Rechtsreferendar für die nebenamtliche Wahrnehmung des Sitzungsdienstes als Entschädigung 15,00 EUR je Sitzungsstunde gewährt. Als Sitzungszeit gilt die Zeit zwischen dem vom Gericht festgelegten Beginn der ersten Verhandlung und dem tatsächlichen Ende der letzten Verhandlung am Sitzungstag (Ziff. 2.2 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst). Durch diese Verwaltungsvorschrift ist eine entsprechende Selbstbindung der Verwaltung eingetreten, auf die sich der Kläger als Rechtsreferendar auch grundsätzlich berufen kann (Art. 3 Abs. 1 GG).
22 
Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten der Sitzungstage war der Sitzungsbeginn am 19.08.2019 auf 09:15 Uhr angesetzt und auch erfolgt. Sitzungsende war um 15:58 Uhr. Mithin nahm der Kläger den Sitzungsdienst an diesem Tag für 6:43 Stunden wahr.
23 
Am Folgetag, dem 20.08.2019, war laut den beigezogenen Verfahrensakten der Sitzungsbeginn auf 09:15 Uhr angesetzt und um 09:17 Uhr erfolgt. Sitzungsende für den Kläger war um 14:10 Uhr. Somit nahm er den Sitzungsdienst für 4:55 Stunden wahr.
24 
Nach dem tatsächlichen Ende der letzten Verhandlung am Sitzungstag ist die Sitzungszeit für alle Verhandlungen ohne Rundung zusammenzurechnen. Das errechnete Ergebnis ist auf volle Stunden aufzurunden (Ziff. 2.2 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst). Somit waren für den 19.08.2019 sieben Stunden, für den 20.08.2019 fünf Stunden anzusetzen. Hieraus ergibt sich ein zu gewährender Betrag von 180,00 EUR.
25 
Da gemäß Ziff. 2.2 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst zur Abgeltung der Zeit für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung (einschließlich Abholung der Akten, Besprechungen bei der Staatsanwaltschaft usw.) die Sitzungszeit um ein Viertel erhöht wird, ergibt sich aus der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst ein Anspruch auf Auszahlung von 225,00 EUR. In dieser Höhe wurde dem Kläger eine Entschädigung bereits gewährt, weshalb sich ein darüberhinausgehender Anspruch insoweit nicht ergibt.
26 
b) Sofern der Kläger dennoch eine über den bei der Behörde beantragten Betrag von 262,50 EUR hinausgehende Vergütung auf Grundlage der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst begehren sollte, wäre der Anspruch überdies bereits nach Ziff. 4.1.1 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst erloschen, da ein etwaiger Anspruch nicht innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht worden ist.
27 
c) Soweit der Kläger - ohne nähere Darlegung - eine Rechtswidrigkeit der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst im Hinblick auf eine angeblich zu geringe Vergütung für den freiwilligen Sitzungsdienst geltend macht, ist dem nicht zu folgen. Er verkennt dabei bereits, dass der Verwaltung insoweit ein weiter Ermessensspielraum zusteht.
28 
Es bestehen nach Auffassung der Kammer keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsvorschrift und ihrer Anwendung. Insbesondere sind keine Verstöße gegen höherrangiges Recht erkennbar.
29 
aa) Ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers durch die Vergütung des freiwilligen Sitzungsdienstes ist nicht ersichtlich.
30 
Bei dem Rechtsreferendariat handelt es sich um ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis (§ 5 Abs. 1 Satz 1 JAG). Regelung und Ausgestaltung der Ausbildung betreffen insbesondere den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG (Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 94. EL Januar 2021, Art. 12 GG Rn. 207 ff.).
31 
Nach dem modernen Eingriffsbegriff genügt für einen Eingriff in ein Freiheitsgrundrecht jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, erheblich erschwert oder unmöglich macht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 - 1 BvR 670/91 -, juris). Ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit des Klägers ist jedoch im Hinblick auf die Entschädigungsregelung bereits nicht erkennbar. Der Kläger hat sich freiwillig für die Wahrnehmung des Sitzungsdienstes bereit erklärt, im Bewusstsein, welche Vergütung er hierfür erhalten wird. Soweit der Kläger geltend macht, er sei durch das „ausbeuterische System des Referendariats“ hierzu gezwungen worden, ist dies nicht nachvollziehbar. Im Rahmen des Referendariats wird bereits eine Unterhaltsbeihilfe (siehe Verordnung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare vom 27. Juni 2011 (GBl. S. 389)) gewährt, welche - wie die Kammer aus eigener Erfahrung weiß - für einen bescheidenen Lebensunterhalt ausreichend ist.
32 
bb) Ungeachtet dessen ist auch nicht ersichtlich, dass die Vergütung für den freiwilligen Sitzungsdienst unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft wäre.
33 
Der Kläger moniert, dass der Aufschlag von einem Viertel auf die abgeleistete Sitzungszeit für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung (einschließlich Abholung der Akten, Besprechung bei der Staatsanwaltschaft etc.) ihn verfassungswidrig benachteilige, da die Zeit zu knapp bemessen sei und er das Risiko im Falle des Ausfalls einer Verhandlung trage. Dem ist nicht zu folgen.
34 
Zunächst trifft es nicht zu, dass der Kläger das Ausfallrisiko vollständig trägt. Das Risiko, für eine vorbereitete Sitzung keine Vergütung zu erhalten, trifft ihn lediglich in den Fällen, in denen hierdurch die Mittagspause länger als zwei Stunden ausfällt, oder in den Fällen, in denen eine an den Randzeiten anberaumte Sitzung entfällt. Bei Ausfällen während des laufenden Sitzungstages trägt grundsätzlich der Beklagte das Risiko, den Referendar vergüten zu müssen, obwohl tatsächlich keine Verhandlung stattfindet (siehe Ziff. 2.2. VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst: „Verhandlungspausen oder Sitzungsausfälle innerhalb eines Sitzungstages sind grundsätzlich mitzurechnen“). Zudem verkennt der Kläger, dass es sich bei dem Referendariat und dem freiwilligen Sitzungsdienst um ein einheitliches öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis handelt.
35 
Gemäß § 8 JAG können den Rechtsreferendaren im Rahmen der Ausbildung, sofern nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, Geschäfte eines Beamten des gehobenen oder des mittleren Justizdienstes, vor allem eines Amtsanwalts oder eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, zur selbstständigen Wahrnehmung übertragen werden (siehe auch § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1 AGGVG).
36 
Eine Tätigkeit ist mit der abhängigen Beschäftigung zu einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis verbunden, wenn sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und daher insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint. Dies kann der Fall sein, wenn sie in die Beschäftigung zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich eingebunden ist, oder wenn sie dadurch erst möglich wird, dass der Beschäftigte seine in der Hauptbeschäftigung gewonnenen Kenntnisse für die Nebentätigkeit nutzen kann. Demgegenüber liegt eine gemischte Tätigkeit vor, wenn die in Rede stehende Tätigkeit im Wesentlichen neben der Beschäftigung und unabhängig von ihr ausgeübt wird. Für die Abgrenzung kommt es in erster Linie auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Demgegenüber tritt die Bedeutung der zivilrechtlichen Vertragsgestaltung zurück (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 28.11.2012 - L 2 R 16/10 -, juris Rn. 52, m.w.N.). Die Wahrnehmung des freiwilligen Sitzungsdienstes ist - abseits der in Ziff. 1.1.2 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst geregelten Fälle (beurlaubte Bedienstete) - lediglich als Rechtsreferendar möglich. Die Tätigkeit war zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich in die Ausbildungstätigkeit eingebunden und im Verhältnis zu der im Wesentlichen zu Ausbildungszwecken ausgeübten Beschäftigung nebensächlich. Sie konnte überdies nur unter Nutzung der Kenntnisse und Fähigkeiten durchgeführt werden, die die Ausbildung den Referendaren zusätzlich zu den bis zur Ersten Juristischen Staatsprüfung gewonnenen theoretischen Rechtskenntnissen vermittelte. Die Nebentätigkeit stand deshalb in engem Zusammenhang mit der Ausbildungsbeschäftigung (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 28.11.2012 - L 2 R 16/10 -, juris Rn. 53). Auch der bereits zuvor zitierte § 8 JAG zeigt, dass die Geschäftsübertragung an Rechtsreferendare „im Rahmen der Ausbildung“ erfolgt. Es handelt sich also um ein Dienstgeschäft im Nebenamt (siehe bereits Ziff. 1.1 VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst). Der Kläger bezeichnet in seinem Schreiben vom 30.04.2020 an die Staatsanwaltschaft Freiburg die im Zusammenhang mit dem freiwilligen Sitzungsdienst geführten Gespräche mit der Staatsanwaltschaft zudem selbst als „Ausbildungsgespräche“. Soweit der Kläger nunmehr in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, er habe in den späteren von ihm wahrgenommenen Sitzungen „nichts mehr dazu gelernt“, liegt darin eine unmaßgebliche Selbstwahrnehmung. Tatsächlich ist nicht davon auszugehen, dass sich nach weniger als einem Jahr Sitzungsdienst - bei gewissenhafter Aufgabenwahrnehmung - keine neuen rechtlichen Fragen stellen und sich in der vergleichsweise kurzen Zeit ein derartiger Routineeffekt einstellt.
37 
Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsreferendariat grundsätzlich eine Vollzeitbeschäftigung darstellt. Rechtsreferendare haben sich mit voller Kraft der Ausbildung zu widmen, § 6 Abs. 1 Satz 1 JAG. In der Regel soll der Rechtsreferendar an vier Tagen pro Woche am beruflichen Tagesablauf der Ausbilderin oder des Ausbilders teilnehmen und sich mit der Arbeitsweise in deren oder dessen Tätigkeitsgebiet vertraut machen. Ein Tag der Woche steht für das Selbststudium zur Verfügung (vgl. Abschnitt B II. 2 Satz 5 der bis zum 29.02.2020 gültigen Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums über die Ausbildung der Rechtsreferendarinnen und -referendare vom 1. März 2017 - Az.: 2221/0223 - (Die Justiz, 2017 S. 183) sowie Ziff. 2.2.2 der aktuellen Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums über die Ausbildung der Rechtsreferendarinnen und -referendare vom 01.03.2020 - Az. 2220L/0142 - (Die Justiz, 2020 S. 25)). Es ist also schon nicht vorgesehen, dass ein Rechtsreferendar neben seiner Ausbildung in größerem Umfang beruflich tätig wird.
38 
Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Nebenvergütung ist daher auch in den Blick zu nehmen, dass dem Referendar bereits im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses eine Unterhaltsbeihilfe gewährt wird. Durch den freiwilligen Sitzungsdienst kann diese Unterhaltsbeihilfe lediglich ergänzt werden.
39 
Gegen eine fehlende Angemessenheit der Höhe der Nebenvergütung spricht auch, dass das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis im Sinne des Referendariats weder ein Arbeitsverhältnis noch ein Praktikumsverhältnis darstellt und somit beispielsweise auch das Mindestlohngesetz keine Anwendung findet (siehe Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2. Aufl. 2017, § 22 Rn. 21). Der freiwillige Sitzungsdienst ist vielmehr auch insoweit aus den genannten Gründen als Teil der Ausbildung zu sehen.
40 
cc) Soweit der Kläger pauschal und ohne nähere Erläuterungen eine „Europarechtswidrigkeit“ der Praxis des freiwilligen Sitzungsdienstes behauptet, ist dies ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es fehlt bereits an einem EU-grenzüberschreitenden Sachverhalt im Sinne der Artt. 45 bzw. 56 AEUV. Überdies ist auch keine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen im Sinne des Art. 45 Abs. 2 AEUV oder eine Beschränkung im Sinne des Art. 56 Abs. 1 AEUV ersichtlich.
41 
Das Rechtsreferendariat unterfällt zwar auch der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (vgl. VG Berlin, Urteil vom 03.05.2013 - VG 5 K 158.11 -, BeckRS 2014, 46021). Allerdings trifft das Unionsrecht keine Entgeltregelungen (siehe Art. 153 Abs. 5 AEUV). Sämtliche Regelungen des Unionsrechts zum Arbeitsentgelt sind in rechtstechnischer Hinsicht Gleichbehandlungsgebote. Folglich wird den Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar vom Unionsrecht eine bestimmte Entgelthöhe vorgegeben (vgl. Krebber, Unionsrecht und Arbeitsentgelt, RdA 2021, 215). Der Kläger hat aber keine Ungleichbehandlung geltend gemacht und eine solche ist auch nicht ersichtlich. Daher kann sich auch insoweit kein Anspruch des Klägers ergeben.
42 
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die vom Kläger vorgebrachten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 09.03.2021 - C-344/19 - sowie - C-580/19 - gänzlich anders gelagerte Fälle betreffen. In diesen Fällen ging es um die vorliegend nicht maßgebliche Frage, wann es sich im Falle von Rufbereitschaft tatsächlich um Arbeitszeit handelt. Auch wurde in den genannten Entscheidungen Rufbereitschaft nicht per se als Arbeitszeit deklariert („[Rufbereitschaft stellt] nur dann in vollem Umfang Arbeitszeit im Sinne dieser Bestimmung [dar], wenn eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls, zu denen die Folgen einer solchen Zeitvorgabe und gegebenenfalls die durchschnittliche Häufigkeit von Einsätzen während der Bereitschaftszeit gehören, ergibt, dass die dem Arbeitnehmer während der Bereitschaftszeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie seine Möglichkeit, dann die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen nicht in Anspruch genommen werden, frei zu gestalten und sie seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigen.“). Vorliegend hat der Kläger im Anschluss an die letzte von ihm wahrzunehmende Sitzung „frei“. Er muss sich also gerade nicht mehr bereithalten, sondern kann ab diesem Zeitpunkt seine Zeit frei einteilen. Ausfälle während des Sitzungstages werden im bereits gezeigten Umfang ohnehin vergütet.
43 
2. Der Kläger kann auch keinen Anspruch aus arbeitsrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen herleiten. Er hat - wie soeben gezeigt - seine Dienste im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses erbracht. Daneben bleibt kein Raum für die Annahme eines (öffentlich-rechtlichen) Vertragsverhältnisses.
44 
a) Sofern der Dienstherr durch Verwaltungsakt ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründet, kommt kein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zu Stande (ArbG Rostock, Urteil vom 16.03.2012 - 4 Ca 809/11 -, BeckRS 2014, 70220). Ein Nebenamt kann nicht auf Privatrecht beruhen; es wird durch öffentliches Recht begründet und kann nur im öffentlichen Dienst als Beamter oder in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis ausgeübt werden (siehe Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 9; Brinktrine, in: Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, 23. Ed. 01.08.2021, BBG § 97 Rn. 9).
45 
Es ist auch ersichtlich kein diesbezüglicher Rechtsbindungswille auf Seiten des Beklagten vorhanden gewesen. Die Gewährung der Möglichkeit zur Wahrnehmung des freiwilligen Sitzungsdienstes kann nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht als Willenserklärung zur Begründung eines Vertragsverhältnisses interpretiert werden (vgl. §§ 133, 157 BGB). Der Beklagte hat durch sein Merkblatt zum freiwilligen Sitzungsdienst deutlich gemacht, dass er sich bei der Ausgestaltung des freiwilligen Sitzungsdienstes an der bisherigen Handhabung orientieren und insbesondere die VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst anwenden will. Dass der Kläger vorträgt, ihm habe die VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst nicht vorgelegen, ändert hieran nichts. Dabei ist darauf zu verweisen, dass die VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst über juris abrufbar ist und Rechtsreferendare in Baden-Württemberg einen Zugang zu dieser Datenbank erhalten. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, dass der Beklagte speziell in seinem Fall - abweichend von der sonstigen Praxis - einen Rechtsbindungswillen zur Begründung eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses haben würde. Es fehlt damit schon an zwei - für die Begründung eines Vertragsverhältnisses nötigen - kongruenten Willenserklärungen. Es wäre überdies als venire contra factum proprium zu sehen, dass der Kläger - wie er selbst vorträgt - etwa 40 bis 50 Mal am freiwilligen Sitzungsdienst teilgenommen und die Abrechnung anhand der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst akzeptiert hat und sich nunmehr, erst nachdem von ihm falsch angegebene Stundenzahlen aufgefallen sind, darauf beruft, dass ein Vertragsverhältnis begründet worden sei.
46 
b) Da zwischen den Beteiligten somit kein privatrechtlicher Arbeits- oder Dienstvertrag abgeschlossen worden ist (vgl. auch ArbG Rostock, Urteil vom 16.03.2012 - 4 Ca 809/11 -, BeckRS 2014, 70220), hat der Kläger auch keinen Anspruch aus den §§ 611 ff. BGB.
47 
Dies betrifft zunächst den vom Kläger in Bezug genommenen § 612 BGB im Hinblick auf die Zeiten der An- und Abreise zum auswärtigen Dienstort, „Pufferzeiten“ vor dem Sitzungsbeginn sowie Zeiten für die Beschaffung der Akten. Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger hierfür bereits keine Vergütung erwarten durfte (§ 612 Abs. 1 BGB). In Ziff. 2.2 der VwV nebenamtlicher Sitzungsdienst sind diese Tätigkeiten und ihre Vergütung nämlich bereits geregelt („Zur Abgeltung der Zeit für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung (einschließlich Abholung der Akten, Besprechungen bei der Staatsanwaltschaft usw.) wird die Sitzungszeit nach Satz 1 um ein Viertel erhöht.“), weshalb der Kläger keinen Anlass hatte, darüber hinaus eine Vergütung zu erwarten.
48 
Ebenfalls keine Anwendung findet aus den genannten Gründen § 615 BGB. Eine Vergütung für eine entfallene Sitzungsteilnahme ist zudem bereits deshalb fernliegend, weil nie sicher vorausgesehen werden kann, wie lange eine Sitzung dauert. So kann die Sitzung bereits nach wenigen Minuten geschlossen werden, wenn beispielsweise ein Beteiligter nicht erscheint. Andererseits kann eine Sitzung auch wesentlich länger dauern, als ursprünglich geplant.
49 
Mangels vertraglicher Gestaltung handelt es sich bei dem Merkblatt zum öffentlichen Sitzungsdienst auch nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB unterlägen.
50 
3. Soweit der Kläger vorliegend die Ausgestaltung des Rechtsreferendariats in Baden-Württemberg per se als „schlechtes, aufgezwungenes und diskriminierend-repressives Ausbildungssystem“ erachtet, ist dies für das hiesige Verfahren, in welchem es lediglich um die Vergütung für die Teilnahme am freiwilligen Sitzungsdienst geht, ohne Belang.
51 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
52 
IV. Gründe für die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.
53 
Beschluss vom 21.09.2021
54 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf
103,13 EUR
festgesetzt.

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