Urteil vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - 19 K 1636/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Spielhallenbetreiberin mit nach eigenen Angaben 130 Standorten in Deutschland. Sie gehört der M. -Unternehmensgruppe an. An dem Standort L. Str. 00 in V. betreibt die Klägerin 2 Spielhallen in einem Gebäude.
3Unter dem 3. März 2008 beantragte sie für den Betrieb dieser Spielhallen Erlaubnisse nach § 33i GewO. Dabei legte sie einen zwischen ihr und der T. G. H. in S. als Vermieterin geschlossenen, nicht datierten „Untermietvertrag/Mietvertrag“ über die Spielhallen vor. Nach § 3 des Vertrages sollte das Mietverhältnis am 1. März 2008 beginnen und sich bei pünktlicher Mietzahlung um jeweils ein Jahr verlängern. Der Klägerin wurde ein einseitiges Kündigungsrecht eingeräumt, welches sie 6 Monate vor Jahresfrist schriftlich „mitzuteilen“ hatte. Der monatliche Mietzins betrug nach § 4 des Vertrages 5.000 Euro inkl. Mwst. Die Beklagte erteilte der Klägerin die begehrten Erlaubnisse zum Betrieb der als „Halle I“ und „Halle II“ bezeichneten Spielhallen mit Datum vom 18. März 2008.
4Mit Schreiben vom 24. Mai 2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr für die Spielhalle „Halle I“ eine glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW und für die Spielhalle „Halle II“ eine „Härtefallverlängerung“ gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV i. V. m. § 18 Satz 2 AG GlüStV NRW unter Befreiung u. a. vom Verbot von Mehrfachkonzessionen jeweils „längst möglich“, mindestens bis 30. Juni 2021 zu erteilen. Zur Begründung des Antrags auf „Härtefallverlängerung“ für die „Halle II“ führte sie im Wesentlichen aus, sie sei hinsichtlich der Spielhallenräumlichkeiten ein langfristiges Mietverhältnis eingegangen, welches mindestens bis zum 30. Juni 2018 fortdauere und nicht vorab gekündigt werden könne. Eine anderweitige Nutzungsmöglichkeit bestehe für sie nicht, insbesondere scheitere eine Untervermietung daran, dass die Räumlichkeiten funktional auf den Betrieb mehrerer Spielhallen ausgerichtet seien und sich nicht isoliert aus dem Spielhallenverbund heraustrennen ließen. Für Einrichtung und Ausbau der Spielhallen seien Investitionen in Höhe von insgesamt 352.619 Euro getätigt worden, ein Großteil davon, nämlich 121.325 Euro vor dem Stichtag 28. Oktober 2011. Die meisten ihrer Investitionsgüter würden zum 1. Dezember 2017 noch nicht abgeschrieben sein. Zum 30. November 2017 stünden noch Restbuchwerte ihrer Investitionen von insgesamt 91.737 Euro „an“, die sich zu gleichen Teilen auf die beiden Spielhallen verteilten. Im Falle einer vorzeitigen Betriebsschließung entstünden ihr Aufwendungen in Form von Abfindungen sowie Kosten für Rückbau, Räumung und Entsorgung, die sich auf 170.816 Euro summierten. Da die Vorgaben des § 25 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AG GlüStV NRW die Neukonzessionierung von Spielhallen an anderer Stelle faktisch ausschlössen, bedeute die Verweigerung der Härtefallbefreiung für sie ein faktisches Berufsverbot und damit einen Grundrechtseingriff auf höchster Stufe. Die Auswirkungen träfen sie umso härter, als aufgrund der bundesweiten Geltung der Abstandsregelung und des Verbundverbots von flächendeckenden Betriebsschließungen auszugehen sei. Der Härtefallregelung bedürfe es auch aus sozialen Gründen, da im Falle einer Schließung 4 sozialversicherungspflichtige Mitarbeiterinnen entlassen werden müssten.
5Die Klägerin fügte dem Antrag u. a. den o. g. „Untermietvertrag/Mietvertrag“ mit der T. G. H. und einen weiteren ebenfalls undatierten Mietvertrag über die Gewerberäume in der L. Str. 00 mit einem Herrn I. als Vermieter bei. Danach sollte das Mietverhältnis am 1. Juli 2008 beginnen und am 30. Juni 2018 enden und der monatliche Nettomietzins 5.300 Euro zzgl. MwSt. betragen. Ferner legte die Klägerin eine Profitabilitätsanalyse vor, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
6Mit Schreiben vom 26. Oktober 2017 teilte die Beklagte der Klägerin ihre Absicht mit, die Erlaubnis für eine Spielhalle zu erteilen, und bat um Mitteilung, welche Spielhalle hiervon begünstigt werden solle. Den Härtefallantrag wolle sie ablehnen, die weitere Fortführung der zweiten Spielhalle untersagen und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsmittel androhen. Die Annahme eines Härtefalles setze einen atypischen Sachverhalt voraus. Allein die typische Konsequenz, dass durch das Verbundverbot der Spielhallenbetrieb eingeschränkt werde, stelle keine unbillige Härte dar. Vielmehr bedürfe es einer über den regelmäßig zugemuteten Umfang hinausgehenden Betroffenheit des Spielhallenbetreibers, etwa wenn ohne den Weiterbetrieb unverschuldet die Mittellosigkeit eintrete. Der Gesetzgeber habe bei der Festlegung der fünfjährigen Übergangsfrist keine Vollamortisation getätigter Investitionen vorgesehen. Eine Vielzahl von Einrichtungsgegenständen, insbesondere die angemieteten Geldspielgeräte, könnten an anderen Standorten weiterverwendet werden.
7Innerhalb der hierfür eingeräumten Frist nahm die Klägerin zu diesen Ausführungen Stellung. Sie bat darum, die glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Spielhalle „Halle 1“ zu erteilen. Sie wiederholte, vertiefte und ergänzte ferner ihre Ausführungen zur Begründung ihres Antrags auf Härtefallbefreiung für die 2. Spielhalle. Der Fortbetrieb des Spielhallenstandorts mit nur einer Konzession wäre wirtschaftlich nicht darstellbar, so dass sie in diesem Fall zu einer sofortigen Schließung des gesamten Standorts gezwungen wäre. Ein außerordentliches Recht zur Kündigung des Mietvertrags stehe ihr mietrechtlich nicht zu. Die von ihr im Antrag angeführten Investitionen, Aufwendungen und Kosten hätten auf Planwerten und Hochrechnungen beruht, sie seien nunmehr in einer aktualisierten Wirtschaftlichkeitsberechnung für jeden Spielhallenstandort gesondert auf tatsächlicher Basis bewertet worden. Im Einzelnen ergäben sich hiernach „Drohverluste aus Mieten“ in Höhe von 18.550 Euro bei einem Betrieb mit nur einer „Konzession“ bzw. 37.100 Euro bei vollständiger Schließung des Standorts, Personalabfindungen in Höhe von 1.466 Euro bzw. 16.189 Euro und Finanzverpflichtungen aus Leasing in Höhe von 8.532 Euro bzw. 17.063 Euro. Dabei seien auch Abfindungen für Mitarbeiter in der Hauptverwaltung berücksichtigt und „nach dem Kostenverursacherprinzip“ auf alle Standorte umgelegt worden. In der überarbeiteten Kalkulation seien auch Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter berücksichtigt, die keinem konkreten Standort zugeordnet werden könnten, weil sie zwischen den Standorten nach Bedarf bewegt würden. Die vor dem Stichtag 28. Oktober 2011 getätigten Investitionen betrügen nach der Neukalkulation 313.292 Euro, wovon auf die Spielhalle „Halle 2“ 156.646 Euro entfielen. Der Restbuchwert der vor dem 28. Oktober 2011 getätigten Investitionen betrage zum 30. November 2017 noch 73.235 Euro, für die Spielhalle „Halle 2“ dementsprechend die Hälfte bzw. 36.617 Euro. Für eine vollständige Abschreibung bedürfte es eines Fortbetriebs des Standortes mit beiden Spielhallen bis mindestens 30. April 2023. Nach dem 28. Oktober 2011 seien weitere Instandhaltungsinvestitionen in Höhe von 39.328 Euro getätigt worden. Zur vollständigen Abschreibung aller Investitionen müssten beide Spielhallen mindestens bis zum 31. März 2024 fortbetrieben werden. Eine anderweitige Nutzung der Räumlichkeiten durch Untervermietung wäre nur nach sehr kostenintensiven Umbaumaßnahmen möglich, deren Höhe sie gutachterlich ermitteln lasse. Das entsprechende Maklergutachten werde sie nach Fertigstellung umgehend nachreichen. Eine Schließung des Spielhallenbetriebs am Standort L. Str. 00 würde sich maßgeblich auf die Wirtschaftlichkeit ihres gesamten Unternehmens auswirken. In diesem Zusammenhang sei aufgrund der bundesweiten Geltung von Verbundverbot und Abstandsregelung eine Konzernbetrachtung erforderlich, da anderenfalls jede Schließung mit dem Verweis auf die untergeordnete Bedeutung des Einzelstandortes für den Gesamtkonzern verharmlost würde. Es bliebe außer Betracht, dass die Standortschließungen in der Summe zu einer Existenzbedrohung des Konzerns führen würden. Die bilanziellen Auswirkungen der in der Summe zu erwartenden finanziellen Einbußen aus außerplanmäßigen Abschreibungen aktueller Restbuchwerte, Drohverlusten basierend auf Mietleerständen, Abfindungen für zu entlassende Mitarbeiter und sonstigen Schließungskosten seien für das Unternehmen der Klägerin auf 29,6 Millionen Euro und für die gesamte Unternehmensgruppe auf 49,7 Millionen Euro errechnet worden. Die derzeitige wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe der Klägerin sei durch bilanzielle Überschuldung gekennzeichnet. Bereits im Geschäftsjahr 2015 habe sie einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 8,8 Millionen Euro erwirtschaftet. Durch den Verlustvortrag in Höhe von 27,3 Millionen Euro sei zum 31. Dezember 2015 ein negatives Eigenkapital von 1,4 Millionen Euro ausgewiesen worden. Zusätzlich zu Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von 19,9 Millionen Euro hätten 28,9 Millionen Euro Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesellschafter hauptsächlich aus Darlehen bestanden. Zur Tilgung dieser Verbindlichkeiten müsse die Unternehmensgruppe der Klägerin finanzielle Mittel in erheblichem Umfang erwirtschaften. Daher sei der Fortbestand jedes Standortes der Gruppe elementar. Auch der sich derzeit in Aufstellung befindliche Abschluss für das Geschäftsjahr 2016 weise einen vorläufigen Jahresverlust aus. Hilfsweise werde beantragt, das als Anlage beigefügte Abschmelzungskonzept zu genehmigen, das eine schrittweise Reduzierung der Anzahl an Spielgeräten in der Spielhalle 2 bis auf Null zum 1. Juli 2021 vorsehe. Wegen der Einzelheiten der beigefügten Wirtschaftlichkeitsanalyse, Aufstellung der „standortbezogenen Finanzdaten“ und des Abschmelzungskonzepts wird auf die Anlagen zur Stellungnahme Bezug genommen.
8Mit Bescheid vom 4. Dezember 2017 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „Halle II“, L. Str. 00 – 00 in V. ab, ordnete an, die Spielhalle innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung zu schließen, und drohte der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,- Euro an. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, eine unbillige Härte, die eine Befreiung vom Verbundverbot zulasse, sei nicht gegeben. Eine unbillige Härte setze eine qualifizierte Beeinträchtigung voraus und könne nur vorliegen, wenn die fünfjährige Übergangsfrist nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV nicht ausreiche, um die Beeinträchtigung eines Spielhallenbetreibers trotz der hohen Bedeutung der mit den §§ 24 und 25 GlüStV verfolgten Gemeinwohlziele auf ein verfassungsrechtlich vertretbares Maß herabzusetzen. Die angeführten Kosten im Zusammenhang mit der Aufgabe eines Standortes begründeten keinen atypischen Fall in diesem Sinne, weil Betriebsschließungen die vom Gesetzgeber gewollte Folge der Regelungen des § 25 GlüStV darstellten. Auch die Gefährdung der Existenz eines Betriebes sei kein atypischer Fall, da es nicht Zielsetzung der Härtefallregelung sei, den Spielhallenbetreibern auch in Zukunft ausreichende Gewinnmöglichkeiten zu eröffnen. In der Übergangsfrist habe es den Betreibern oblegen, geeignete Konzepte zu entwickeln. Sie hätten darzulegen, warum die Übergangsfrist nicht ausgereicht habe, um eine berufliche Neuorientierung oder Betriebsanpassung vorzunehmen. Hieran mangele es vorliegend. Die in Rede stehenden Beschränkungen für Spielhallen seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Schließungsanordnung beruhe auf § 15 Abs. 2 GewO. Sie habe sich nach pflichtgemäßem Ermessen zu dieser Anordnung entschlossen, um die Rechtsordnung wiederherzustellen und die durch die weitere Betriebsführung geförderten Suchtrisiken zu verhindern. Den Interessen der Klägerin an einer Amortisierung der getätigten Investitionen und Erwirtschaftung eines angemessenen Gewinns sei durch die fünfjährige Übergangsfrist ausreichend Rechnung getragen. Die eingeräumte Frist genüge zur Abwicklung der Geschäfte und gebe der Klägerin hinreichend Zeit, sich auf die Betriebseinstellung vorzubereiten. Bei der Bestimmung der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes habe sie das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an einer Fortführung der Spielhalle dergestalt berücksichtigt, dass nur ein entsprechend hohes Zwangsgeld der Anordnung den erforderlichen Nachdruck verleihen könne. Dabei habe sie bewertet, dass die nach der Spielverordnung höchstmögliche Zahl an Geldspielgeräten in der Spielhalle II aufgestellt sein dürfe.
9Mit Bescheid vom 5. Dezember 2017 erteilte die Beklagte der Klägerin befristet bis zum 30. Juni 2021 die staatsvertragliche Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „Halle I“ unter der genannten Adresse.
10Beide Bescheide wurden der Klägerin am 8. Dezember 2017 zugestellt, der Bescheid vom 4. Dezember 2017 ihren Prozessbevollmächtigten mittels Postzustellungsurkunde.
11Mit Bescheid vom 12. März 2018 setzte die Beklagte das in der Ordnungsverfügung vom 4. Dezember 2017 angedrohte Zwangsgeld gegen die Klägerin fest. Dieser Bescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 15. März 2018 zugestellt.
12Die Klägerin hat am 19. März 2018 Klage gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2017 erhoben.
13Sie beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und trägt hierzu Folgendes vor: Die Posteingänge sämtlicher Rechtsanwälte des Düsseldorfer Standorts der von der Klägerin mandatierten Rechtsanwaltsgesellschaft würden zentral in einer Posteingangsstelle gesammelt und von dort an das sog. Fristenteam weitergeleitet, das sich ausschließlich aus ausgebildeten und langjährig geschulten Rechtsanwaltsfachangestellten zusammensetze. Das Fristenteam notiere die Fristen zentral und übergebe die Posteingänge sodann an die jeweiligen Dezernate. Danach notierten die Sekretärinnen des jeweiligen Dezernats die Fristen noch einmal in einem gesonderten dezernatseigenen Fristenkalender. Mit der Verwaltung des Fristenkalenders für das vorliegend betroffene Dezernat sei die seit knapp 30 Jahren bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin beschäftigte Frau T1. betraut. Diese weise den dezernatsführenden Rechtsanwalt Bringmann im Rahmen des implementierten Fristenmanagements auf Vorfristabläufe (eine Woche vor Fristablauf) und Fristabläufe per E-Mail hin. Er teile Frau T1. sodann entweder per E-Mail oder handschriftlich auf einer Fristenübersicht mit, ob die erinnerte Frist gestrichen werden könne. Im vorliegenden Fall hätten das Fristenteam und Frau T1. eine Frist für die Erhebung einer Klage gegen den Bescheid bzgl. der „Halle II“ und eine Frist für die Erhebung einer Klage gegen den Bescheid bzgl. der „Halle I“ notiert. Am 19. Dezember 2017 habe Rechtsanwalt C2. auf einer Fristenübersicht, aus der sich die Fristabläufe bis Mitte Januar 2018 ergeben hätten, u. a. die Frist zur Klageerhebung gegen die Erteilung der Erlaubnis für die Spielhalle „Halle I“ mit einem Kreuz durchgestrichen und zudem am Rand handschriftlich vermerkt, dass diese Frist gestrichen werden könne. Die Frist zur Erhebung einer Klage gegen die Ablehnung der Härtefallbefreiung für die Spielhalle „Halle II“ sei unkommentiert auf der Fristenübersicht stehen geblieben. Der sachbearbeitende Rechtsanwalt habe Frau T1. mündlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die nicht kommentierten bzw. durchgestrichenen Fristen „stehen bleiben“ sollten. Entgegen dieser Anweisung habe Frau T1. versehentlich auch die Frist zur Klageerhebung gegen den Bescheid bzgl. „Halle II“ in dem dezernatseigenen Fristenkalender gestrichen. Sie habe dem Fristenteam mit E-Mail vom 19. Dezember 2017 mitgeteilt, dass sämtliche sich aus der nachstehenden Tabelle ergebenden Fristen gestrichen werden könnten. Dort sei entsprechend der handschriftlichen Anweisung von Rechtsanwalt C2. nur die Frist für eine Klage gegen die Erlaubnis gemäß Bescheid vom 5. Dezember 2017 bzgl. „Halle I“ aufgeführt gewesen. Mit E-Mail vom 2. Januar 2018 habe das Fristenteam Frau T1. auf den Vorfristablauf für eine Klage bzgl. „Halle II“ hingewiesen. Frau T1. habe daraufhin dem Fristenteam mitgeteilt, dass diese Frist bereits gestrichen sein müsste. Falls dies noch nicht geschehen sei, solle die Frist gestrichen werden. Sie habe dabei auf die angehängte E-Mail vom 19. Dezember 2017 verwiesen. Dies habe der dezernatsinternen Organisationsanweisung an Frau T1. und gelebten Praxis widersprochen, dem Prozessbevollmächtigten E-Mails des Fristenteams mit dem Hinweis auf Vorfristabläufe weiterzuleiten. Das Fristenteam habe sodann die Frist zur Klageerhebung gegen die Ablehnung der Härtefallbefreiung für die Spielhalle „Halle II“ gestrichen, obwohl dies nach der Organisationsanweisung nur nach ausdrücklicher Anweisung des dezernatführenden Rechtsanwalts hätte erfolgen dürfen. Rechtsanwalt C2. habe deswegen keinen Hinweis auf den drohenden Fristablauf erhalten und sei erst durch die Zwangsgeldfestsetzung wieder auf den Fall aufmerksam geworden. Frau T1. sei im Sinne des dargestellten Fristenmanagements angewiesen und habe sich bisher als sehr zuverlässig erwiesen. Von dem federführenden Rechtsanwalt regelmäßig durchgeführte Kontrollen hätten zu keinerlei Beanstandungen geführt. Rechtsanwalt C2. hat die Richtigkeit dieser Angaben anwaltlich versichert und eine eidesstattliche Versicherung von Frau T1. vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
14Die Klägerin macht geltend, weder sie persönlich noch ihren Prozessbevollmächtigten treffe ein Verschulden an der Versäumung der Klagefrist. Dieser habe sich darauf verlassen dürfen, dass die dargelegten Anweisungen zur fristwahrenden Bearbeitung von Frau T1. beachtet würden. Aus der Fristenübersicht habe sich die unmissverständliche schriftliche Anweisung ergeben, nur die Frist zur Klageerhebung gegen die Erteilung der Erlaubnis für die Spielhalle „Halle I“ zu streichen. Eine zusätzliche handschriftliche Anmerkung, dass die nicht mit einem Kreuz durchgestrichenen Fristen stehen bleiben sollten, hätte keinen weitergehenden Beitrag zu einer Minimierung des Risikos von Verwechslungen geleistet. Der Fristversäumung liege ein individuelles Versehen einer sonst zuverlässigen Angestellten zugrunde, das der Klägerin nicht zuzurechnen sei.
15In der Sache wiederholt, vertieft und ergänzt die Klägerin ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Bei der Härtefallprüfung seien der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis für die streitbetroffene Spielhalle nach § 33i GewO und die von der M. -V1. gewährleisteten hohen Qualitätsstandards zu berücksichtigen. Sie, die Klägerin, habe bis zum 30. November 2017 15.899,- Euro in die Qualitätssicherung der Spielhallen an dem Standort L. Str. 11-19 investiert. Die Restbuchwerte der vor dem 28. Oktober 2011 vorgenommenen Investitionen hätten zum 31. Dezember 2018 noch 57.427,12 Euro, bezogen auf die „Halle II“ 28.713,56 Euro betragen. Eine überwiegende Amortisation sei bis zum Ende der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV nicht möglich gewesen, da sich die Restbuchwerte zu einem Großteil aus dem Firmenwert zusammensetzten, der laut handelsrechtlichen Abschreibungstabellen über 15 Jahre abgeschrieben werde. Aufgrund einer Ermessensreduzierung sei die Beklagte zur Erteilung der Härtefallbefreiung verpflichtet. Hilfsweise müsse sie jedenfalls den darauf gerichteten Antrag neu bescheiden, weil sie sich nicht konkret mit ihren, der Klägerin Argumenten zur Begründung eines Härtefalles auseinandergesetzt und verkannt habe, dass eine drohende Existenzvernichtung als atypische Belastung anerkennt sei. Zudem mangele es an einer Auseinandersetzung mit dem von ihr vorgeschlagenen Abschmelzungskonzept.
16Die Klägerin beantragt,
17die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 4. Dezember 2017 zu verpflichten,
18ihr eine Härtefallbefreiung von dem Verbot der Mehrfachkonzessionen und dem Mindestabstandsgebot gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV für die Spielhalle „Halle II“ an dem Standort L. Str. 00-00 00000 V. , „längst möglich“ zu erteilen,
19hilfsweise,
20ihren Antrag vom 28. August 2017 auf Erteilung einer Härtefallbefreiung von dem Verbot der Mehrfachkonzessionen und dem Mindestabstandsgebot gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV für die Spielhalle „Halle II“ an dem Standort L. Str. 00-00, 00000 V. , unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie macht geltend, die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor. Die Klägerin müsse sich ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Über die mündliche Anweisung, die auf der Fristenübersicht nicht durchgestrichenen Fristen stehen zu lassen, hinaus hätte es eines schriftlichen Zusatzes bedurft, dass die Frist für die „Halle II“ stehen bleiben sollte.
24In der Sache nimmt die Beklagte auf die Begründung der angegriffenen Ordnungsverfügung Bezug. Bei der Untersagung des Betriebs lediglich einer Spielhalle könne von einem Berufsverbot und einer Existenzvernichtung keine Rede sein. Der begehrten Härtefallentscheidung stehe auch das Ablaufdatum des Mietvertrags zum 30. Juni 2018 entgegen. Sollte dieser Mietvertrag verlängert worden sein, läge ein offensichtlicher Verstoß gegen den gesetzgeberischen Willen vor. Das vorgelegte Abschmelzungskonzept habe keine gesetzeskonforme Reduzierung auf einen Spielhallenstandort in dem gesetzlich vorgegebenen Übergangszeitraum vorgesehen. Wie sich im Übrigen bei einer Überprüfung am 28. Januar 2019, bei der in beiden Spielhallen jeweils 12 Spielgeräte standen, ergeben habe, setze die Klägerin den Abschmelzungsvorschlag nicht um.
25Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter zugestimmt.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
27Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündlichen Verhandlung.
28Die Klage ist zulässig (dazu unter I.), aber unbegründet (dazu unter II.).
29I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht die Versäumung der Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO einer Sachentscheidung nicht entgegen. Der Klägerin ist gemäß § 60 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
30Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm nach § 60 Abs. 1 VwGO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
31Die Klägerin persönlich trifft kein Verschulden an der Fristversäumung. Auch ein Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten, das sie sich gemäß § 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsste, ist nicht gegeben.
32Ein Verschulden des Bevollmächtigten liegt vor, wenn dieser die übliche Sorgfalt eines ordentlichen Anwalts nicht angewandt hat. Wenn ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung übernimmt, so ist die Wahrung der prozessualen Pflichten eine seiner wesentlichen Aufgaben, der er seine besondere Sorgfalt widmen muss. Diese besondere Sorgfaltspflicht macht es erforderlich, dass er die Wahrung der Fristen eigenverantwortlich überwacht. Der Rechtsanwalt kann aber die Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen. Er hat dabei durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden; unverzichtbar sind insoweit eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die mindestens stichprobenartige Kontrolle des Personals. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, darf der Anwalt darauf vertrauen, dass das zuständige Büropersonal die ihm übertragenen Aufgaben des Fristenwesens ordnungsgemäß erfüllt.
33Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Juni 1986 – 3 C 46.84 –, BverwGE 74, 289, und vom 30. Juli 1997 – 11 B 23.97 –, NJW 1997, 3390; BGH, Beschlüsse vom 6. Oktober 1987 – VI ZR 43/87 –, NJW 1988, 185, und vom 5. Februar 2003 – VIII ZB 115/02 –, NJW 2003, 1815.
34Dies gilt nicht nur für allgemeine Anweisungen, sondern erst recht dann, wenn der Anwalt in einem konkreten Einzelfall eine spezielle Weisung erteilt. Wird einer bisher zuverlässigen Kanzleiangestellten eine solche konkrete Einzelanweisung, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte, erteilt, kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen nicht mehr an. Der Rechtsanwalt ist im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern.
35Vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Oktober 1987 – VI ZR 43/87 –, a. a. O., vom 15. April 2008 – VI ZB 29/07 –, juris, und vom 9. Dezember 2003 – VI ZB 26/03 –, VersR 2005, 138.
36Diese Grundsätze sind auch auf mündliche Weisungen anzuwenden. Bei ihnen mag zwar die Gefahr, vergessen zu werden, generell größer sein als bei schriftlichen Anweisungen. Für die Frage, ob eine (nur) mündliche Weisung der anwaltlichen Sorgfalt gerecht wird, ist aber nicht auf diese abstrakte Gefahr, sondern darauf abzustellen, ob nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles die Befürchtung naheliegt, das Büropersonal werde einer nur mündlich erteilten Anweisung nicht nachkommen.
37Vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1987 – VI ZR 43/87 – a. a. O.; auch BverwG, Beschluss vom 30. Juli 1997– 11 B 23.97 –, a. a. O.
38Dies zugrunde gelegt ist nach dem durch anwaltliche Versicherung und eidesstattliche Versicherung der Kanzleiangestellten Frau T1. glaubhaft gemachten Sachverhalt nichts dafür ersichtlich, dass der sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte der Klägerin die übliche Sorgfalt eines ordentlichen Anwalts außer Acht gelassen hätte. Das dargelegte Fristenmanagement am E. Standort der von der Klägerin betrauten Rechtsanwaltsgesellschaft und innerhalb des Dezernats des konkret tätigen Rechtsanwalts war und ist in besonderer Weise geeignet, organisatorisch sicherzustellen, dass die Klagefristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Dieses Fristenmanagement beinhaltet nämlich ein engmaschiges Netz von Kontrollen durch mehrere Personen zu mehreren Zeitpunkten. Die Fristen werden auf verschiedenen Ebenen durch das Fristenteam, die Sekretärin des jeweiligen Dezernats und den betreffenden Rechtsanwalt überwacht. Dies geschieht mehrfach, nämlich zunächst mit zeitlichen Vorlauf durch eine Fristenübersicht, sodann eine Woche und schließlich unmittelbar vor dem jeweiligen Fristablauf. Dabei sind die jeweiligen Zuständigkeiten im Rahmen dieser Abläufe klar und eindeutig durch entsprechende Anweisungen an das Büropersonal festgelegt und ist durch unmissverständliche Organisationsanweisung so weit wie möglich gewährleistet, dass Fristen nur nach ausdrücklicher Anweisung des verantwortlichen Rechtsanwalts gestrichen werden dürfen. Das Fristenteam ist ausschließlich mit langjährig geschulten Rechtsanwaltsfachangestellten besetzt. Die mit der Führung des dezernatseigenen Fristenkalenders betraute Frau T1. hat sich in 30 Jahren bei regelmäßig durchgeführten Kontrollen stets als zuverlässig erwiesen. Unter diesen Umständen durfte der für die Klägerin tätige Rechtsanwalt die Berechnung und Notierung der Fristen allgemein den mit dem besagten Fristenmanagement in der dargelegten Weise befassten Angestellten überlassen.
39Er durfte zudem darauf vertrauen, dass seine konkreten Weisungen zur Fristenübersicht vom 19. Dezember 2017 ausgeführt würden. Dementsprechend durfte er sich darauf verlassen, eine Woche vor Fristablauf und noch einmal unmittelbar davor auf den Ablauf der Klagefrist gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2017 bzgl. der Spielhalle „Halle II“ hingewiesen zu werden. Denn die auf der Fristenübersicht vorgenommenen Streichungen und handschriftlichen Vermerke, dass die jeweiligen Fristen gestrichen werden könnten, beinhalten zugleich die klare und eindeutige spezielle Weisung, dass die nicht von diesen Streichungen und Vermerken betroffenen Fristen gemäß den dargelegten allgemeinen Anweisungen weiter überwacht werden sollten. Diese spezielle Weisung war schriftlicher Natur und begründete keine relevante Verwechslungsgefahr. Vielmehr diente die verfahrensscharfe tabellarische Form der Weisung gerade dazu, die in der Kanzlei aufgrund der ständigen Befassung mit einer Vielzahl ähnlicher Verfahren allgemein bekannte Gefahr von Verwechslungen auszuschließen, und war zu diesem Zweck auch gut geeignet. Die Argumentation der Beklagten, die bloße mündliche Anweisung, die Frist zur Klageerhebung bzgl. der „Halle II“ stehen zu lassen, sei zum Ausschluss von Verwechselungen nicht ausreichend gewesen, geht vor diesem Hintergrund fehl. Sie geht daran vorbei, dass es sich gerade nicht um eine bloß mündliche Weisung handelt, sondern nur um eine überobligatorische mündliche Bestätigung der vorangegangenen eindeutigen schriftlichen Anweisung. Anlass zu der Befürchtung, Frau T1. werde dieser schriftlichen, mündlich nochmals bestätigten Anweisung nicht nachkommen, bestand in der konkreten Situation nicht. Die Forderung der Beklagten, auch schriftlich noch einmal explizit klarzustellen, dass die nicht gestrichenen Fristen stehen bleiben sollten, läuft auf eine Überspannung der an die anwaltliche Sorgfalt gestellten Anforderungen hinaus.
40Das Verschulden der Kanzleiangestellten T1. und möglicherweise auch der Mitarbeiterin des Fristenteams, die auf Veranlassung von Frau T1. die in Rede stehende Klagefrist gestrichen hat, ist der Klägerin nicht zuzurechnen. Die Kanzleiangestellten sind weder Vertreter der Klägerin noch ihrer Prozessbevollmächtigten, sondern Dritte.
41Die formalen Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung sind erfüllt. Die Klägerin hat den entsprechenden Antrag innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt und innerhalb dieser Frist die versäumte Rechtshandlung gemäß § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO nachgeholt. Das der Klagerhebung entgegenstehende Hindernis bestand in der Unkenntnis des Rechtsanwalts über die weisungswidrige Streichung der Frist und den dadurch bedingten Ablauf der Klagefrist. Hiervon hatte er erst am 15. März 2018 mit der Zustellung der auf der Bestandskraft des streitgegenständlichen Bescheides gründenden Zwangsgeldfestsetzung erfahren. Bereits 4 Tage später und damit binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses ist der Antrag gestellt und die versäumte Klage erhoben worden. Die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags sind bei der Antragstellung und mit ergänzendem Schriftsatz vom 23. April 2018 durch anwaltliche Versicherungen und eidesstattliche Versicherung der Frau T1. gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO glaubhaft gemacht worden. Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, besteht nicht.
42II. Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2017 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 und 1 Satz 1 VwGO.
43Die Ablehnung der begehrten Befreiung der Spielhalle „Halle II“ von der Erfüllung der Anforderungen des § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV – Mindestabstandsgebot und Verbundverbot – ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Klägerin kann weder eine solche Befreiung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV noch eine erneute Bescheidung ihres hierauf gerichteten Antrags beanspruchen, weil die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen. Nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV können die für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 zuständigen Behörden nach Ablauf des in Satz 2 bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 für einen angemessenen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33 i GewO sowie die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen. Eine unbillige Härte in diesem Sinne hat die Klägerin nicht dargelegt.
44Bei dem Begriff der unbilligen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite, der der unbeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Mit ihm sollen (nur) atypische, vom Gesetzgeber nicht ausreichend berücksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, in denen die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu einer nicht intendierten Härte führen würde, einer die widerstreitenden Interessen abwägenden Einzelfallentscheidung zugeführt werden können. Härten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, können keinen Härtefall begründen, weil sonst die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge – hier eine Verringerung von Anzahl und Dichte der Spielhallen – in der Regel nicht eintreten würde. Deshalb sind an die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung der unbilligen Härte hohe Anforderungen zu stellen. Diese sind regelmäßig nicht bereits dann erfüllt, wenn mit der Schließung von Spielhallen wirtschaftliche Einbußen und sonstige Belastungen verbunden sind. Insbesondere können die Spielhallenbetreiber nicht die verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen verlangen. Der Gesetzgeber wollte mit der fünfjährigen Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV die regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der großzügig bemessenen Übergangsfrist einen schonenden Übergang zu den strengeren Regelungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle ermöglichen. Die Annahme einer unbilligen Härte muss daher auf wenige Ausnahmen in besonders atypischen Einzelfällen beschränkt bleiben. Sie setzt besondere, unvermeidbare Belastungen voraus, denen andere Betreiber von Bestandsspielhallen, die nach Ablauf von fünf Jahren geschlossen werden müssen, grundsätzlich nicht ausgesetzt sind.
45Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Januar 2019– 4 B 1333/18 –, 14. Juni 2019 – 4 B 1488/18 –und vom 30. März 2020 – 4 B 226/19 –, Nds. OVG, Beschluss vom 5. September 2017 – 11 ME 258/17 –, jeweils juris.
46Es kann dahinstehen, ob für die Beurteilung auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung oder auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. hier der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist. Ein atypischer Einzelfall im vorstehenden Sinne war und ist nicht ersichtlich.
47Weder der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33 i GewO noch die von der M. -V1. , der die Klägerin angehört, angeblich gewährleisteten hohen Qualitätsstandards geben etwas dafür her, dass die Klägerin besonderen, unvermeidbaren, von anderen Betreibern von Bestandsspielhallen nicht zu tragenden Belastungen ausgesetzt ist. Soweit der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33 i GewO und die Ziele des § 1 GlüStV bei der Entscheidung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zu berücksichtigen sind, sind damit auf der Rechtsfolgenseite des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV relevante, im Rahmen der ggf. zu treffenden Ermessensentscheidung abzuwägende Kriterien bezeichnet, nicht jedoch Merkmale, die auf der Tatbestandsseite der Norm eine unbillige Härte begründen können.
48So wohl auch OVG NRW, a. a. O.
49Die mit der Schließung der streitgegenständlichen Spielhalle einhergehenden wirtschaftlichen Einbußen wie die von der Klägerin aufgeführten Kosten durch „Drohverluste“ aus Mieten, Personalabfindungen und Leasing sind nach den genannten Maßstäben als typische, vom Willen des Gesetzgebers umfasste Folge der strengeren Anforderungen nach §§ 24 Abs. 2, 25 GlüStV einzustufen und können daher eine unbillige Härte schon im Ansatz nicht begründen. Entsprechendes gilt, soweit die Vermeidung einer Entlassung des in der Spielhalle beschäftigten Personals als sozialer Grund geltend gemacht wird. An der Regelmäßigkeit dieser Nachteile ändert auch die Behauptung der Klägerin nichts, der Standort ließe sich insgesamt nur im Spielhallenverbund wirtschaftlich betreiben. Hinzu kommt, dass die von der Klägerin geltend gemachten Kosten teilweise schon nicht als Folge der Schließung der strittigen Spielhalle anzuerkennen sind. Weder Abfindungen für Mitarbeiter in der Hauptverwaltung noch Kosten für bewegliche Wirtschaftsgüter, die keinem konkreten Standort zugeordnet werden können, sondern zwischen diesen Standorten bewegt werden, sind kausal auf die Einstellung des Betriebs gerade der Spielhalle „Halle II“ an der L. Str. 00-00 in V. zurückzuführen. Im Gegenteil muss sich die Klägerin entgegenhalten lassen, dass die genannten personellen und sachlichen Ressourcen anderweitig nutzbar sind.
50Vgl. zu Spielgeräten und anderen Einrichtungs-gegenständen Nds. OVG, a. a. O.
51Der Vortrag der Klägerin zu den getätigten Investitionen in den Standort und entsprechenden Restbuchwerten ist ebenfalls unergiebig. Die Klägerin verfolgt insoweit das Anliegen einer vollständigen Amortisierung ihrer Investitionen, die sie nach den genannten Maßstäben nicht verlangen kann. Vielmehr trägt bereits die fünfjährige Übergangsfrist solchen Interessen ausreichend Rechnung.
52Vgl. BverfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1314/12 u. a. –, BverfGE 145, 20.
53Die nach dem 28. Oktober 2011 getätigten Investitionen sind entgegen der Auffassung der Klägerin zudem von vornherein nicht berücksichtigungsfähig. Eine Berücksichtigung käme nur in Betracht, wenn diese Investitionen darauf ausgelegt gewesen wären, einen gesetzeskonformen Spielhallenbetrieb während der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV zu gewährleisten.
54Vgl. Nds. OVG, a. a. O.
55Das hat die Klägerin nicht dargetan. Insbesondere die angeführten Investitionen in die mit „Responsible Gaming“ bezeichneten Qualitätsstandards der M. -H1. mögen zwar den Zielen des § 1 GlüStV dienen, gehen aber über das Ziel der Gewährleistung eines (lediglich) gesetzeskonformen Spielhallenbetriebs hinaus.
56Eine unbillige Härte kann die Klägerin auch nicht aus dem Mietvertrag mit einem Herrn I. und einer Laufzeit vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2018 herleiten. Mangels Datierung ist nicht schon nicht nachvollziehbar, wann dieser Mietvertrag geschlossen worden ist und dementsprechend, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darauf vertrauen durfte, dass die Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit von Spielhallen unverändert fortbestehen werde. Zweifel hieran sind veranlasst. Der Mietvertrag mit Herrn I. wurde erst mit dem Antrag auf Härtefallbefreiung vorgelegt. Bis dahin war lediglich ein Mietvertrag über dieselben Räumlichkeiten mit der T. G. H. bekannt, der einen Beginn des Mietverhältnisses ebenfalls im Jahr 2008 vorsah, aber jährlich verlängerbar war und ein einseitiges Kündigungsrecht der Klägerin beinhaltete. Die Klägerin hat nicht nachvollziehbar dargelegt, wann, wie und aufgrund welcher Gegebenheiten ein weiterer Mietvertrag über die Spielhallen geschlossen wurde bzw. geschlossen werden musste und in welchem Verhältnis dieser Mietvertrag zu dem Mietvertrag mit der T. G. H. steht.
57Darüber hinaus ist weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen, dass die Klägerin sich um eine Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf der Mietzeit zum Ende der fünfjährigen Übergangsfrist bemüht hätte. Das Bundesverfassungsgericht geht in dem zitierten Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1314/12 u. a. – davon aus, dass sich aus den strengeren Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrags ein Recht auf außerordentliche Kündigung für Mietverträge über betroffene Spielhallen ergeben kann. Die Klägerin kann sich deshalb nicht darauf zurückziehen, dass ein solches Recht nicht bestanden habe. Ihr war es vielmehr zuzumuten, nötigenfalls eine außerordentliche Kündigung auszusprechen und diese für den Fall, dass der Vermieter die Kündigung nicht akzeptiert, gerichtlich durchzusetzen.
58Vgl. im Einzelnen Nds. OVG, a. a. O.
59Nicht dargetan ist auch, dass der Vermieter einer Aufhebung des Mietverhältnisses oder einer Nutzungsänderung nicht zugestimmt hätte. Dass die Klägerin vergeblich entsprechende Ansinnen an den Vermieter gerichtet hätte, ist schon nicht vorgetragen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass er im Falle der Erlaubnisversagung eine anderweitige, Mieteinnahmen sichernde Nutzung der Räume untersagt hätte. Dass eine anderweitige Nutzung unzumutbare Umbaukosten erfordern würde, hat die Klägerin nicht belegt. Das angekündigte Gutachten zur Höhe der Kosten notwendiger Umbaumaßnahmen hat sie nicht vorgelegt.
60Selbst wenn entgegen diesen Erwägungen die im Mietvertrag mit Herrn I. vereinbarte Mietlaufzeit im vorliegenden Zusammenhang relevant wäre, hätte sie höchstens eine Härtefallbefreiung bis zum 30. Juni 2018 rechtfertigen können. Das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch streitgegenständliche Begehren einer Härtefallbefreiung für die Zukunft lässt sich hierauf keinesfalls stützen.
61Der Vortrag der Klägerin, die Schließung der streitbetroffenen Spielhalle bedrohe ihre Existenz, greift ebenfalls nicht durch. Wird geltend gemacht, eine Ablehnung der Befreiung führe zu einer Vernichtung der gewerblichen Existenz, reicht dieses Vorbringen für sich genommen nicht aus, um eine Härte anzuerkennen. Im Befreiungsantrag ist vielmehr nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen eine Existenzvernichtung droht. Da sich ein Spielhallenbetreiber nach Ablauf der Übergangsfrist auf eine Schließung seines Gewerbetriebs einstellen musste, bedarf es dabei der substanziellen Darlegung, welche konkreten Schritte er unternommen hat, um den Eintritt eines Härtefalles abzuwenden. Hierzu gehören u. a. Angaben dazu, ob und gegebenenfalls welche Bemühungen zur rechtzeitigen Kündigung oder zur einvernehmlichen Aufhebung von langfristigen Verträgen, auch von Arbeitsverträgen der Mitarbeiter, zur Umnutzung des für die Spielhalle genutzten Grundstücks oder zur Verlagerung der Spielhalle an einen Alternativstandort unternommen wurden.
62Vgl. Nds. OVG, a. a. O.
63Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass es an einer solchen härtefallbegründenden Untermauerung des Vortrags einer drohenden Existenzvernichtung der Klägerin fehlt.
64Hinzu kommt Folgendes: Wird eine konkret bevorstehende Existenzvernichtung geltend gemacht, kann diese nur in Bezug auf den jeweiligen Betreiber und für den Fall, dass mehrere Spielhallen betrieben werden, nur in Bezug auf das Gesamtunternehmen beurteilt werden.
65Vgl. Nds. OVG, a. a. O.
66Dabei sind ausschließlich die Belastungen des Gesamtunternehmens in den Blick zu nehmen, die sich aus der Aufgabe desjenigen Spielhallenbetriebs, dessen Befreiung vom Verbundverbot in Rede steht, ergeben würden. Entgegen der Auffassung der Klägerin verbietet sich eine „Konzernbetrachtung“ in dem Sinne, dass die einem Betreiber „in der Summe“ drohenden Standortschließungen hypothetisch hochgerechnet und in ihren Auswirkungen zusammengefasst werden. Nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV muss nämlich gerade die Befreiung der konkret betroffenen Spielhalle von den Anforderungen der §§ 24 Abs. 2, 25 GlüStV zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich sein. Die Vorschrift knüpft insoweit ebenso wie § 24 Abs. 2 und § 25 GlüStV ausschließlich an die Spielhalle an, für die im Einzelfall eine Erlaubnis begehrt wird.
67Vgl. Nds. OVG, a. a. O.; VG Gelsenkirchen, Beschluss der Kammer vom 27. Juni 2019 – 19 L 2320/18 –, n. v.
68Auf die Gesamtverhältnisse des Betreibers kommt es erst bei der Frage an, ob ihn die Belastung durch die Aufgabe des konkret betroffenen Spielhallenbetriebs unverhältnismäßig hart oder gar existenzgefährdend trifft. Denn dies hängt von seinen persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen und damit bei einem mehrere Betriebe umfassenden Unternehmen von der bilanziellen Gesamtsituation ab.
69Vgl. VG Gelsenkirchen, a. a. O.
70Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin eine atypische, unverhältnismäßige oder gar existenzgefährdende Belastung ihres Gesamtunternehmens durch die Verweigerung der begehrten Härtefallbefreiung für die streitgegenständliche Spielhalle „Halle II“ nicht dargelegt geschweige denn nachgewiesen.
71Entgegen des Argumentationsansatzes der Klägerin ist Gesamtunternehmen im vorstehenden Sinne nicht die V1. , der sie angehört. Denn Betreiberin der streitgegenständlichen Spielhalle ist nicht die sog. „M. -H1. “ und auch nicht eine V1. „D. S1. “, sondern die Klägerin in ihrer Eigenschaft als juristische Person. Auch insoweit ist eine „Konzernbetrachtung“, wie sie die Klägerin geltend macht, mit dem genannten Maßstab nicht vereinbar.
72Vgl. VG Gelsenkirchen, a. a. O.
73Es fehlt jedoch an substantiierten Angaben dazu, wie sich die behaupteten Belastungen durch die Schließung der streitbetroffenen Spielhalle auf die Gesamtverhältnisse der Antragstellerin auswirken würden. Zu ihren persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen hat sie keine konkreten Angaben gemacht und keinerlei belastbare Nachweise erbracht. Es mangelt an einer nachvollziehbaren Darlegung und Dokumentation ihrer bilanziellen Gesamtsituation.
74Unabhängig davon kann eine gerade durch die Schließung der streitgegenständlichen Spielhalle ab Dezember 2017 bewirkte unbillige Härte nicht auf eine bilanzielle Überschuldung bzw. wirtschaftliche Schieflage des Gesamtunternehmens gestützt werden, die nach den eigenen Angaben der Klägerin bereits Jahre zuvor, spätestens seit 2015 entstanden ist. Diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind unabhängig von der Frage des Fortbestands dieser einen Spielhalle eingetreten, d. h. es fehlt an einem kausalen Zusammenhang. Es ist nicht Sinn und Zweck des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, ein unwirtschaftlich operierendes Unternehmen durch Gewährleistung des Fortbestands jedes einzelnen Spielhallenstandorts bei der Tilgung seiner Schuldenlast zu unterstützen. Vielmehr widerspricht dies völlig der Intention des Gesetzgebers, Anzahl und Dichte der Spielhallen zu verringern.
75Schließlich ist auch mit dem von der Klägerin vorgeschlagenen Abschmelzungskonzept zur schrittweisen Reduzierung der Anzahl an Spielgeräten in der streitbetroffenen Spielhalle keine unbillige Härte dargetan. Ein Abbaukonzept begründet als solches keine Härte, sondern setzt eine solche voraus. Es stellt lediglich ein Instrument dar, um eine Härtefallregelung bei Vorliegen einer solchen Härte zwecks schonenden Ausgleichs mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags auszugestalten.
76Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil der Kammer vom 8. Mai 2020 – 19 K 4045/18 –, juris.
77Die Anordnung der Schließung der Spielhalle innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zu Recht stützt die Beklagte diese Aufforderung auf § 15 Abs. 2 GewO. Danach kann die zuständige Behörde die Fortsetzung des Betriebs verhindern, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben wird. Diese Vorschrift erlaubt auch, gegen Spielhallen vorzugehen, die ohne die nach §§ 24 Abs. 1 GlüStV, 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW erforderliche Erlaubnis betrieben werden.
78Vgl.OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Juli 2018– 4 B 179/18 –, NWVBl. 2018, 529, und vom 10. Januar 2019 – 4 B 1333/18 –, juris.
79Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 GewO liegen vor. Der streitgegenständlichen Spielhalle fehlt es seit dem Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV an der gemäß §§ 24 Abs. 1 GlüStV, 16 AG GlüStV NRW erforderlichen Erlaubnis. Die Beklagte hat die Erteilung einer solchen Erlaubnis unter Ziffer 1. der angefochtenen Ordnungsverfügung abgelehnt.
80Die Schließungsanordnung ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Die tragenden Erwägungen der Beklagten, die Anordnung der Betriebseinstellung sei geboten, weil nur so schnell und wirksam eine im Widerspruch zum geltenden Recht stehende Gewerbeausübung und die hiermit geförderten Suchtgefahren verhindert werden könnten, während den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin bereits durch die fünfjährige Übergangsfrist Rechnung getragen worden sei, stehen im Einklang mit dem Zweck der Ermächtigung. Auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind nicht überschritten, insbesondere ist die Anordnung der Schließung einschließlich der hierfür gesetzten Frist von einem Monat ab Bestandskraft nicht unverhältnismäßig. Der streitbetroffene Spielhallenbetrieb ist aus den vorstehenden Gründen nicht nur formell, sondern auch materiell rechtswidrig. Die Frist ist ausreichend bemessen, um eine ordnungsgemäße Abwicklung des Betriebs zu ermöglichen. Die vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 18. Juli 2018 – 4 B 179/18 –, juris, angenommenen Fristerfordernisse betreffen Konstellationen, in denen die Behörde, weil sie den Ausgang eines gerichtlichen Klageverfahrens nicht abwarten will, die sofortige Vollziehung der Schließung anordnet und eine Spielhalle in Rede steht, deren Erlaubnis bei Erfüllung aller übrigen Erlaubnisvoraussetzungen allein von der durch das Mindestabstandsgebot veranlassten Auswahlentscheidung abhängt.
81Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Dezember 2019– 4 B 734/18 –, 16. März 2020 – 4 B 977/18 – und vom 30. März 2020 – 4 B 226/19 –, jeweils juris.
82Im Gegensatz dazu knüpft die von der Beklagten gesetzte Frist an den rechtskräftigen Ausgang des Klageverfahrens an und bezieht sich auf eine Spielhalle, deren Zulassung nicht am Abstandsgebot bzw. der hierdurch veranlassten Auswahlentscheidung, sondern an dem Verbundverbot nach § 25 Abs. 2 GlüStV, § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 AG GlüStV NRW scheitert. Wie die Beklagte zutreffend in der angefochtenen Ordnungsverfügung ausführt, gibt die Frist der Klägerin genügend Gelegenheit, sich auf die Betriebseinstellung vorzubereiten.
83Die Zwangsgeldandrohung ist auf der Grundlage der §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 60, 63 VwVG NRW ebenfalls rechtmäßig. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird Bezug genommen.
84Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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