Beschluss vom Verwaltungsgericht Greifswald (3. Kammer) - 3 B 879/14

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Antragsteller auferlegt.

3. Der Streitwert beträgt 595,53 EUR.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Anschlussbeiträgen (Schmutz- und Niederschlagswasser).

2

Der Antragsteller ist Erbbauberechtigter des Wohngrundstücks G1 in einer Größe von 394 m². Das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 9 der Stadt Barth (Wohngebiet „ K.“) gelegene Grundstück ist seit dem Jahre 1998 an die zentrale Schmutz- und Niederschlagswasserbehandlungsanlage angeschlossen.

3

Die Erschließung des Wohngebietes erfolgt durch die Firma T. GmbH (im Folgenden: Erschließungsträger) auf Grundlage des zwischen der Stadt Barth und dem Erschließungsträger geschlossenen Erschließungsvertrages vom 20. Januar 1997.

4

In § 8 „Übernahme der Erschließungsanlagen“ heißt es:

5

(1) Alle öffentlichen Erschließungsanlagen im Wohngebiet „ K.“, lt. B-Plan Nr. 9 der Stadt Barth, werden nach Abnahme kostenfrei an diese übergeben. (…)

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(2) Mit Erfüllung dieses Vertrages entstehen keine Ansprüche der Stadt auf Erhebung eines Erschließungsbeitrages nach dem BauGB bzw. eines Straßenausbaubeitrages nach dem KAG gegen den Erschließungsträger sowie den Erbbauberechtigten für die Anlagen, die im Rahmen dieses Erschließungsvertrages hergestellt werden; ausgenommen hiervon werden ausdrücklich Beiträge nach § 9 des Vertrages.

7

In § 9 „Kosten der Grundstücksentwässerung, Entwässerungsbeiträge“ heißt es weiter:

8

(1) Für die Anschlussmöglichkeit an die Kläranlage ist durch den Erschließungsträger ein Beitrag von 1,93 DM/m² Nettobauland aus dem Wohngebiet „ K.“ lt. B-Plan Nr. 9 an die Stadt zu zahlen. (…)

9

(2) Der Erschließungsträger und die Erbbaurechtserwerber werden für die außerhalb des B-Plangebietes „ K.“ entstandenen und anerkannten Kosten von Teilen der öffentlichen Abwasseranlage ansonsten nicht zu Entwässerungsbeiträgen herangezogen.

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Der Erschließungsträger zahlte mit Blick auf die Vereinbarung in § 9 Abs. 1 Satz 1 des Erschließungsvertrages den Betrag von 390,06 EUR an die Stadt Barth.

11

Im Jahre 1998 erwarb der Antragsteller das Erbbaurecht vom Erschließungsträger.

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Mit Bescheid vom 11. Juni 2014 zog der Antragsgegner den Antragsteller zu einem Anschlussbeitrag für das Grundstück Flurstück G1 i.H.v. 2.382,12 EUR heran. Der Betrag ergibt sich aus der Summe der Teilbeiträge Schmutz- und Niederschlagswasser i.H.v. 1.686,32 EUR und 1.085,86 EUR abzüglich des vom Erschließungsträger gezahlten Betrages von 390,06 EUR. Unter dem 2. Juli 2014 legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Mit Schreiben vom 25. Juli 2014 setzte der Antragsgegner die Vollziehung bis zur Durchführung eines Gesprächstermins am 5. August 2014 an. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2014 wies der Antragsgegner den Rechtsbehelf zurück.

13

Am 30. September 2014 hat der Antragsteller z. Az. 3 A 878/14 Anfechtungsklage erhoben und um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. In formell-rechtlicher Hinsicht sei zu beanstanden, dass er vor dem Erlass des Beitragsbescheides nicht angehört worden sei. In materiell-rechtlicher Hinsicht fehle es an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Die im Jahre 2013 in Kraft getretene Abwasserbeitragssatzung erfasse nur Grundstücke, bei denen die Beitragspflicht nach ihrem Inkrafttreten entstanden sei. Dies erkläre sich vor dem Hintergrund, dass für Grundstücke, die – wie z.B. das des Antragstellers – vor dem Inkrafttreten der Abwasserbeitragssatzung an die Anlage angeschlossen worden seien, Zahlungen auf vertraglicher Grundlage erfolgt seien. Ungeachtet dessen stehe die Vereinbarung in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages der Beitragserhebung entgegen. Die Vereinbarung sei wirksam. Sie sei von der Stadt Barth freiwillig geschlossen worden. Ein Beitragsverzicht liege darin nicht, da die Stadt Barth den ausgehandelten Betrag vom Erschließungsträger erhalten habe. Es habe lediglich ein Schuldnerwechsel stattgefunden. Die Vereinbarung verstoße auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Sie umfasse lediglich das Gebot, keine Beiträge zu erheben.

14

Der Antragsteller beantragt,

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die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid des Antragsgegners vom 11. Juni 2014 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 11. September 2014 anzuordnen.

16

Der Antragsgegner verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

17

den Antrag abzulehnen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Entscheidung die beim Antragsgegner entstandenen Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogenen Akten des Verfahrens 3 A 878/14 vorgelegen.

II.

19

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Das Gericht ordnet die aufschiebende Wirkung der Klage in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) an, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Letzteres wird vom Antragsteller nicht geltend gemacht. Anhaltspunkte für eine unbillige Härte drängen sich auch nicht auf.

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Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides. Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung in der Stadt Barth (Abwasserbeitragssatzung – ABS) vom 24. Oktober 2013.

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1. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen im Prüfungsumfang des Eilverfahrens nicht. Ausweislich der dem Satzungsbeschluss zu Grunde liegenden Beschlussvorlage (BA-Abw/B/921/2013) erfolgte der Neuerlass der Abwasserbeitragssatzung zur Beseitigung der vom Verwaltungsgericht Greifswald in dem Urteil vom 29. November 2012 – 3 A 678/11 – festgestellten Fehler. Die Regelung der (schlichten) Tiefenbegrenzung in § 4 Abs. 2 Buchst. c ABS ist nicht zu beanstanden. Anders als die Festlegung der Tiefenbegrenzung in der dem Urteil vom 29. November 2012 zu Grunde liegenden Abwasserbeitragssatzung der Stadt Barth vom 26. August 2010 beruht die Festlegung der nunmehr normierten Tiefenbegrenzung auf einer Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe anhand mehrerer repräsentativer Straßen in der Ortslage (vgl. hierzu OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris). Von weiteren Darlegungen wird mit Blick auf den summarischen Charakter des Eilverfahrens abgesehen, zumal der Antragsteller diesbezügliche Einwände nicht geltend gemacht hat.

22

Auch die Maßstabsregelung für die Ermittlung des Niederschlagswasserbeitrags und dabei insbesondere die nunmehr in § 4 Abs. 6 Buchst. c Satz 2 ABS normierte Auffangregelung für Grundstücke, die nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegen und bei denen die Baunutzungsverordnung (BauNVO) auch nicht über § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) Anwendung findet, ist unter Vorteilsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Da der Antragsteller auch insoweit keine Einwände geltend macht, kann von weiteren Darlegungen ebenfalls abgesehen werden.

23

Fehlerhaft ist allerdings die Regelung über den Gegenstand der Beitragspflicht in § 2 Abs. 1 Buchst. c und d ABS, wonach Grundstücke der Beitragspflicht unterliegen, die über eine Anschlussleitung an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung, die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung (verfügen) oder an beide genannten Einrichtungen angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind oder wenn sie gewerblich genutzt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift sprachlich fehlerhaft formuliert ist. Das im Klammerzusatz ergänzte Wort „verfügen“ fehlt in der Bestimmung. Es ergibt sich aber aus dem Sinn der Regelung, so dass von einem unschädlichen Redaktionsversehen auszugehen ist.

24

Ungenau ist auch die Verknüpfung der unterschiedlichen Varianten der Vorschrift. Ihre ersten beiden Varianten (vorhandene Anschlussleitung an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasser, vorhandene Anschlussleitung an die öffentliche Einrichtung der Niederschlagswasserbeseitigung) sind lediglich mit einem Komma getrennt, eine Konjunktion fehlt. Damit ist davon auszugehen, dass ein Grundstück bereits dann der Beitragspflicht unterliegt, wenn es über einen tatsächlichen Anschluss an eine der beiden genannten Einrichtung verfügt. Dies ist mit Blick auf den Umstand, dass die Stadt Barth gemäß § 1 Abs. 2 der Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentlichen Abwasseranlagen der Stadt Barth (Abwassersatzung – AwS) vom 20. Juni 2013 i.d.F. der ersten Änderung vom 24. Oktober 2013 jeweils selbstständige öffentliche Einrichtungen zur zentralen Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung betreibt, auch nicht zu beanstanden. Die dritte Variante der Vorschrift („… oder an beide genannten Einrichtungen angeschlossen werden können …“) lässt demgegenüber den Eindruck entstehen, dass bei Grundstücken, die bereits beim Bestehen einer Anschlussmöglichkeit der Beitragspflicht unterliegen, eine Anschlussmöglichkeit an beide Einrichtungen gegeben sein muss. Dies wäre mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz – GG) nicht zu vereinbaren, denn es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigt, bei tatsächlich angeschlossenen Grundstücken jeweils gesondert Anschlussbeiträge für die Einrichtungen zur Schmutz- bzw. Niederschlagswasserbeseitigung zu erheben, bei Grundstücken, die bereits wegen des Bestehens einer Anschlussmöglichkeit der Beitragspflicht unterliegen, dagegen das Vorhandensein der Anschlussmöglichkeit an beide Einrichtungen zu fordern. Allerdings geht die Kammer davon aus, dass es sich auch insofern um ein unschädliches Redaktionsversehen handelt. Denn der Regelung über die Entstehung der Beitragspflicht in § 3 Abs. 1 ABS kann wegen der dort normierten Konjunktion „und/oder“ mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass auch in den Fällen, in denen das bloße Bestehen einer Anschlussmöglichkeit für die Entstehung der Beitragspflicht ausreicht, das Bestehen einer Anschlussmöglichkeit an eine der Einrichtungen gemeint ist.

25

Fehlerhaft und nicht durch Auslegung zu heilen ist jedoch der Umstand, dass nach § 2 Abs. 1 Buchst. c und d ABS (jeweils in der dritten Variante) auch Grundstücke der Beitragspflicht unterliegen, die an die öffentliche Einrichtung der Schmutzwasserbeseitigung bzw. der Niederschlagswasserbeseitigung angeschlossen werden können und die baulich bzw. gewerblich genutzt werden. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist auf Außenbereichsgrundstücke (§ 35 BauGB) beschränkt. Hierzu zwingt der Umkehrschluss aus den übrigen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 ABS. § 2 Abs. 1 Buchst. a ABS betrifft Grundstücke im Geltungsbereich von Bebauungsplänen (vgl. § 30 BauGB), denn nur dort kann eine bauliche oder gewerbliche Nutzung „festgesetzt“ sein. § 2 Abs. 1 Buchst. b ABS bezieht sich auf Grundstück im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BauGB), denn nur diese Grundstücke können „nach der Verkehrsauffassung Bauland“ sein; bei Außenbereichsflächen scheidet eine solche Annahme regelmäßig aus (vgl. § 35 Abs. 2 BauGB). Die Annahme einer Beitragspflicht für bebaute oder gewerblich genutzte Außenbereichsgrundstücke bereits beim Vorliegen einer Anschlussmöglichkeit ist mit dem Vorteilsprinzip nicht zu vereinbaren. Denn bei diesen Grundstücken ist die Vorteilslage – anders als bei Grundstücken im Geltungsbereich von Bebauungsplänen und im unbeplanten Innenbereich – erst gegeben, wenn das Grundstück an die zentrale Abwasseranlage tatsächlich angeschlossen ist (OVG Greifswald, Urt. v. 15.04.2009 – 1 L 205/07 –, juris Rn. 43).

26

Die Fehlerhaftigkeit der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Buchst. c und d ABS schlägt aber nicht auf die übrigen Bestimmungen der Vorschrift durch. Denn deren Regelungsbereiche sind logisch von dem des § 2 Abs. 1 Buchst. c und d ABS trennbar. Die verbleibenden Regelungen des § 2 Abs. 1 und 2 ABS sind auch vollständig, denn die Bestimmungen decken die drei allein in Betracht kommenden Fallgruppen (Grundstücke im Geltungsbereich von Bebauungsplänen – § 2 Abs. 1 Buchst. a ABS, Grundstücke im unbeplanten Innenbereich – § 2 Abs. 1 Buchst. b ABS und tatsächlich angeschlossene Grundstücke im Außenbereich – § 2 Abs. 2 ABS) vollständig ab. Offen bleiben kann auch, ob und in welchem Umfang auf Grundlage des § 2 Abs. 1 Buchst. c und d ABS Beitragseinheiten auf der Flächenseite der Beitragskalkulation berücksichtigt worden sind. Deren Berücksichtigung wäre zwar unzulässig. Der – hier nur unterstellte – Fehler führt jedoch lediglich dazu, dass die Anzahl der Beitragseinheiten überhöht ist. Wegen der damit verbundenen Absenkung des (höchstzulässigen) Beitragssatzes führt dies nicht zu einer Benachteiligung der Beitragspflichtigen. Es liegt damit ein Fall der Teilnichtigkeit nach dem Rechtsgedanken aus § 139 BGB vor.

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2. Die Rechtsanwendung durch den Antragsgegner ist nicht zu beanstanden.

28

a. Dies gilt zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht. Soweit eine Anhörung nach § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 91 Abgabenordnung (AO) erforderlich gewesen sein sollte, wäre der in ihrem Unterbleiben liegende Fehler dadurch geheilt worden, dass sich der Antragsgegner im Widerspruchsverfahren mit den Einwänden des Antragstellers auseinandergesetzt hat, § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 3 Abs. 2 AO. Ungeachtet dessen ist der – hier nur unterstellte – Anhörungsfehler nach § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 127 AO unbeachtlich. Nach dieser Bestimmung kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da der Bescheid nämlich materiell-rechtlich nicht zu beanstanden ist (dazu sogleich).

29

b. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Rechtsanwendung durch den Beklagten ebenfalls nicht zu beanstanden.

30

aa. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die sachliche Beitragspflicht für sein Grundstück entstanden, obwohl es bereits im Jahre 1998 und damit weit vor dem Inkrafttreten der Abwasserbeitragssatzung an die zentralen Einrichtungen zur Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung angeschlossen wurde. Dies folgt aus § 3 Abs. 1 ABS i.V.m. § 9 Abs. 3 KAG M-V. Nach der zuletzt genannten Bestimmung, an deren Verfassungsgemäßheit auch mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (– 1 BvR 2457/08 –) keine Zweifel bestehen (eingehend: OVG Greifswald, Urt. v. 01.04.2014 – 1 L 142/13 –, S. 22 ff. des Entscheidungsumdrucks), entsteht die sachliche Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung. Die Vorschrift gibt damit keine bestimmte zeitliche Reihenfolge für das Vorliegen der Entstehungsvoraussetzungen der sachlichen Beitragspflicht vor. Ausreichend – aber auch erforderlich – ist das Vorliegen eines Anschlusses bzw. einer Anschlussmöglichkeit des Grundstücks und die Existenz einer wirksamen Beitragssatzung. Liegen beide Voraussetzungen vor, so entsteht ungeachtet der zeitlichen Reihenfolge ihres Eintritts die sachliche Beitragspflicht. Daraus folgt, dass bei Grundstücken, die – wie hier – vor dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung an die Anlage angeschlossen worden sind, die sachliche Betragspflicht gleichwohl erst mit dem Inkrafttreten dieser Satzung entsteht.

31

Die Abwasserbeitragssatzung vom 24. Oktober 2013 ist die erste wirksame Satzung in diesem Sinne. Die Abwasserbeitragssatzung der Stadt Barth vom 26. August 2010 ist ausweislich des bereits benannten Urteils des VG Greifswald vom 29. November 2012 unwirksam. Die darin normierte Tiefenbegrenzung beruht nicht auf einer ordnungsgemäßen Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet. Dieser Fehler, der erst „bekannt“ ist, seitdem das OVG Mecklenburg-Vorpommern in dem Urteil vom 14.12.2010 (– 4 K 12/07 –) die Anforderungen an die Ermittlung der Tiefenbegrenzung definiert hat, haftet sämtlichen Vorgängersatzungen an, so dass von einer Einzeldarstellung abgesehen werden kann.

32

bb. Der Umstand, dass das Grundstück des Antragstellers nicht in Eigenregie der Stadt Barth, sondern auf Grundlage des genannten Erschließungsvertrages erschlossen wurde, steht der Entstehung der Beitragspflicht ebenfalls nicht entgegen. Richtig ist zwar, dass dem Antragsgegner in Ansehung der „inneren“ Erschließung, also der innerhalb des Erschließungsgebietes gelegenen leitungsgebundenen Erschließungsanlagen kein beitragsfähiger Aufwand entstanden ist, weil diese Anlagen vom Erschließungsträger auf eigene Rechnung hergestellt worden sind (vgl. § 8 Abs. 1 des Erschließungsvertrages). Hierum geht es vorliegend jedoch nicht. Denn die Kosten, die dem Erschließungsträger auf Grundlage eines Erschließungsvertrages i.S.d. § 124 a.F. BauGB (vgl. insbesondere § 124 Abs. 2 BauGB) entstehen, sind einer Beitragserhebung generell entzogen („Regimeentscheidung“, vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 6 Rn. 10 ff.). Demgemäß dient die vorliegende Beitragserhebung auch nicht der Refinanzierung des Aufwandes für die „innere“ Erschließung, sondern der „äußeren“ Erschließung, d.h. der außerhalb von Erschließungsgebieten gelegenen Bestandteile der öffentlichen Einrichtungen zur zentralen Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung.

33

cc. Auch § 9 des Erschließungsvertrages schließt die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht aus, denn die darin getroffene Vereinbarung ist nichtig. Trotz des kommunalabgabenrechtlichen Bezugs der Vereinbarung ist Prüfungsmaßstab für ihre Wirksamkeit die Bestimmungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag nach den §§ 54 ff. Landesverwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG M-V). Zwar bestimmt § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG M-V, dass die Vorschriften dieses Hauptteiles (§ 2 bis § 93 VwVfG M-V) nicht für Verfahren gelten, die nach den Vorschriften der vorliegend Kraft der Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V anzuwendenden Abgabenordnung durchzuführen sind. Vom grundsätzlichen Ausschluss der Anwendung der Vorschriften des ersten Hauptteiles des VwVfG M-V normiert § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG M-V lediglich die Ausnahme, dass die (vorliegend nicht einschlägigen) Bestimmungen der § 61 Abs. 3 und § 80 Abs. 4 Nr. 2 VwVfG M-V hiervon unberührt bleiben. Dennoch geht die Kammer von der Anwendbarkeit der §§ 54 ff. VwVfG M-V aus. Weil die Abgabenordnung keine Regelungen für den öffentlich-rechtlichen Vertrag enthält, kann er nicht "nach den Vorschriften der Abgabenordnung" durchgeführt werden. Damit schließt § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG M-V eine Anwendbarkeit der Bestimmungen der § 54 ff. VwVfG M-V nicht aus. Da aber die Abgabenordnung in § 78 Nr. 3 AO das Institut des öffentlich-rechtlichen Vertrages ausdrücklich anerkennt, kann aus dem Fehlen entsprechender Bestimmungen nicht auf eine "Sperrwirkung" der Abgabenordnung geschlossen werden.

34

Nach § 59 Abs. 1 VwVfG M-V ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt. § 134 BGB bestimmt, dass ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dass es sich bei dem Erschließungsvertrag um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt, kann mit Blick auf § 124 Abs. 2 BauGB a.F. keinen Zweifeln unterliegen. Die Vereinbarung verstößt gegen den zum damaligen Zeitpunkt geltenden § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993. Die Vorschrift normiert eine Beitragserhebungspflicht. Diese begründet ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB, auf die Erhebung von Beiträgen ganz oder teilweise zu verzichten. Das Abgabenrecht wird von dem Grundsatz beherrscht, dass die Abgabenerhebung nur nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Regelungen aufgrund von Vereinbarungen zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner erfolgen darf. Daraus folgt, dass andere Vereinbarungen über die (endgültige) Finanzierung beitragspflichtiger Anlagen als ein Ablösevertrag nach § 8 Abs. 9 KAG 1993 bzw. § 7 Abs. 5 KAG M-V ausgeschlossen sind (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 03.08.2005 – 3 A 211/04 –, juris Rn. 19).

35

Bei der Vereinbarung in § 9 des Erschließungsvertrages handelt es sich nicht um einen wirksamen Ablösevertrag. Nach der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Bestimmung des § 8 Abs. 9 KAG 1993 können die Beitragsberechtigten Bestimmungen über die Ablösung des Beitrages im Ganzen vor Entstehen der Beitragspflicht treffen. Zwar ist sie im Einklang mit § 8 Abs. 9 letzter Halbsatz KAG 1993 vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht geschlossen worden, da zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Anschlussmöglichkeiten für die im Erschließungsgebiet gelegenen Grundstücke nicht bestanden. Auch war es ausweislich § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages das Ziel der Vertragsparteien, mit der Zahlung des vereinbarten Betrages eine spätere Beitragserhebung auszuschließen. Gleichwohl kann in der Vereinbarung keine wirksame Ablösung erblickt werden. Denn die Kommunen und Zweckverbände konnten (und können) von der Ermächtigung in § 8 Abs. 9 KAG 1993 bzw. § 7 Abs. 5 KAG M-V nur Gebrauch machen, wenn sie zuvor die über die Ablösung zu treffenden "Bestimmungen" erlassen haben. Demgemäß ist eine Ablösungsvereinbarung nichtig, wenn sie abgeschlossen worden ist, bevor ausreichende Ablösungsbestimmungen getroffen worden sind (allg. Ansicht: vgl. Aussprung in: ders./Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 07/2013, § 7 Anm. 16.1 m.w.N.).

36

Bereits diese Voraussetzung fehlt hier. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses existierten keine Ablösebestimmungen. Dies aus zwei Gründen: Zum einen sah die damals Geltung beanspruchende Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Stadt Barth (Kanalbaubeitragssatzung – KBS) vom 26. März 1996 eine Ablösung von Anschlussbeiträgen nicht vor. Zum anderen ist die Satzung unwirksam. Ungeachtet der Frage der ordnungsgemäßen Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe und damit der Frage der Wirksamkeit der in § 4 Abs. 3 KBS normierten Tiefenbegrenzung folgt die Nichtigkeit der Satzung aus dem Umstand, dass sie Altanschließer privilegiert. Nach § 2 Abs. 3 KBS zahlen Grundstücke, die bereits vor (dem) Inkrafttreten des KAG Mecklenburg-Vorpommern voll an die öffentliche Einrichtung Abwasserbeseitigung angeschlossen waren, zur Abdeckung des Vorteils der verbesserten Reinigung durch die Kläranlage, wenn das Grundstück an die neue Kläranlage angeschlossen ist, den Beitragssatz aus § 4 Abs. 10 c. Diese Vorschrift sieht einen gegenüber dem allgemeinen Schmutzwasserbeitrag abgesenkten „Klärwerksbeitrag“ vor. Die Privilegierung altangeschlossener Grundstücke ist unzulässig. Sie ist vorteilswidrig und verletzt den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) (allg. Ansicht: vgl. Aussprung a.a.O. § 9 Anm. 2.5.2.2 m.w.N.).

37

Die Ablösungsvereinbarung ist auch aus inhaltlichen Gründen unwirksam. Beim Abschluss eines solchen Vertrages sind die Beteiligten nicht „frei". Insbesondere handelt die Behörde nicht in Ausübung einer privatautonomen Gestaltungsbefugnis, sondern unterliegt der strengen Gesetzesbindung. Daraus folgt nicht nur, dass ein Ablösungsvertrag nur in Bezug auf eine beitragsfähige Maßnahme geschlossen werden darf, sondern auch, dass die Höhe des Ablösungsbetrages nach beitragsrechtlichen Kriterien zu ermitteln ist (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 03.08.2005 – 3 A 211/04 –, juris Rn. 21). Dies trifft auf den in § 9 Abs. 1 des Erschließungsvertrages vereinbarten Betrag von 1,93 DM/m² Nettobauland nicht zu. Zwar orientiert sich der Betrag offensichtlich an dem Beitragssatz in § 4 Abs. 10 Buchst. c Satz 2 KBS. Allerdings ist der Rückgriff auf diese Bestimmung willkürlich, denn sie beanspruchte gemäß § 2 Abs. 3 KBS lediglich für sogenannte altangeschlossene Grundstücke Geltung. Unabhängig von der Frage ihrer Wirksamkeit (s.o.) konnte sie in Bezug auf (unerschlossene) Grundstücke in Erschließungsgebieten keine Anwendung finden. Für diese Grundstücke hätte der Ablösungsbetrag nach den in § 4 Abs. 10 Buchst. a und b KBS normierten deutlich höheren Beitragssätzen bestimmt werden müssen. Dies ist jedoch – wie dargelegt – nicht erfolgt.

38

Selbst wenn man trotz der vorstehenden Erwägungen von der Wirksamkeit der Ablösungsvereinbarung ausgeht, ist der Antragsgegner dennoch zur Erhebung des Differenzbetrages zwischen der Ablösungssumme und dem tatsächlich bestehenden Beitragsanspruch berechtigt. Denn der vereinbarte Ablösungsbetrag beläuft sich nur auf etwa 23 v.H. des Beitragsanspruchs (Schmutzwasser). Damit wird die vom Bundesverwaltungsgericht definierte absolute Missbilligungsgrenze von 50 v.H. (Urt. v. 09.11.1990 – 8 C 36/89 –, juris Rn. 15) deutlich unterschritten, was den Antragsgegner zur Nacherhebung berechtigt und verpflichtet.

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dd. Da der Beitragsanspruch des Antragsgegners erst im Jahre 2013 entstanden ist, scheidet die Annahme seines Erlöschens wegen Festsetzungsverjährung (§ 47 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V) von vornherein aus.

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ee. Weiter hat der Antragsgegner sein Recht, den Beitragsanspruch gegenüber dem Antragsteller geltend zu machen, nicht verwirkt (vgl. § 242 BGB). Als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet Verwirkung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung) (OVG Greifswald, Urt. v. 02.11.2005 – 1 L 105/05 –, juris Rn. 81).

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Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Geht man davon aus, dass nur ein bereits entstandener Beitragsanspruch der Verwirkung unterliegen kann (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 28.02.2002 – 2 S 2327/01 –, juris Rn. 39), scheidet ihre Annahme bereits deshalb aus, weil der Anspruch erst mit dem Inkrafttreten der Abwasserbeitragssatzung vom 24. Oktober 2013 entstanden ist (s.o. S. 8), so dass von einer verspäteten Geltendmachung keine Rede sein kann.

42

Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass mit dem Recht der Beitragserhebung nicht ein konkret bestehender Anspruch, sondern – in einem weiteren Sinne – allgemein die Befugnis zur Beitragserhebung gemeint ist, die in Mecklenburg-Vorpommern seit dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes 1991 besteht. Im Falle des Antragstellers wäre die Erhebung eines Anschlussbeitrages ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage – dem Zeitpunkt der Schaffung der Anschlussmöglichkeit an die zentralen Schmutz- und Niederschlagswasserbehandlungsanlagen im Jahre 1998 – möglich gewesen. Bezogen auf diesen Zeitpunkt erfolgte die Beitragserhebung im Jahre 2013 ohne Zweifel verspätet. Dennoch konnte keine Vertrauensgrundlage dahingehend entstehen, dass Anschlussbeiträge nicht erhoben werden. Zwar sieht § 9 Abs. 2 des von der Stadt Barth mit dem Erschließungsträger geschlossenen Erschließungsvertrages vom 20. Januar 1997 genau diese Rechtsfolge vor. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Erschließungsträgers und seiner Rechtsnachfolger konnte dadurch jedoch nicht begründet werden, denn die Bestimmung des Ablösungsbetrages anhand des abgesenkten Beitragssatzes für „altangeschlossene“ Grundstücke (§ 4 Abs. 10 Buchst. a Satz 2 KBS) ist – wie bereits ausgeführt – willkürlich. Der Erschließungsträger und seine Rechtsnachfolger sollten im Verhältnis zu anderen Eigentümern „neuangeschlossener“ Grundstücke, für die gemäß § 4 Abs. 10 Buchst. a und b KBS deutlich höhere Beitragssätze gelten sollten, entlastet werden, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich ist. Der Fehler ist auch offensichtlich, da § 3 Abs. 2 der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Geltung beanspruchenden Kanalbaubeitragssatzung vom 26. März 1996 die Anwendung des abgesenkten Beitragssatzes ausdrücklich auf „altangeschlossene“ Grundstücke beschränkt.

43

Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass sich der Antragsteller nicht auf eine Verwirkung des Beitragsanspruchs beruft. Daher fehlen Angaben zum Vertrauenstatbestand und zur Vertrauensbetätigung, so dass die Annahme einer Verwirkung auch aus diesem Grund ausscheidet (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 29.11.2006 – 3 B 1909/06 –, juris Rn. 6).

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ff. Schließlich steht der Geltendmachung des Beitragsanspruchs auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Dies wäre dann der Fall, wenn die betroffenen Eigentümer durch die Beitragserhebung in dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verletzt würden, so etwa, wenn dem Abgabengläubiger eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dieser eigenen Pflichtenverletzung treuwidrig erscheint (BVerwG, Urt. v. 20.03.2014 – 4 C 11/13 –, juris Rn. 31). Die Erwägungen der zur Erhebung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags nach § 154 ff. BauGB ergangenen Entscheidung sind wegen einer vergleichbaren Risikosituation der Abgabenpflichtigen – der Ausgleichsanspruch entsteht unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage gemäß § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB erst nach Abschluss der Sanierung, auch wenn dieser von der Gemeinde verzögert wird – auf die Erhebung von Anschlussbeiträgen übertragbar.

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In der – bezogen auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage – verzögerten Beitragserhebung allein liegt noch keine Treuwidrigkeit. Treuwidrig ist die Abgabenerhebung erst dann, wenn es aufgrund einer Pflichtverletzung der Gemeinde unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar erscheint, den Bürger mit der Abgabenerhebung zu konfrontieren (BVerwG a.a.O. Rn. 32). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Verzögerung beruht ersichtlich auf dem gerichtsbekannten Umstand, dass die Stadt Barth in der Vergangenheit erhebliche Schwierigkeiten hatte, eine wirksame Beitragssatzung als Voraussetzung für eine rechtmäßige Beitragserhebung zu erlassen. In Bezug auf den Antragsteller kommen offenbar auch Auslegungsschwierigkeiten in Bezug auf die bereits benannten Bestimmungen des Erschließungsvertrages hinzu.

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Auch die Wertungen allgemeiner Verjährungsvorschriften führen vorliegend nicht zur Annahme des Treuwidrigkeitstatbestandes. Nach § 53 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG) beginnt eine Verjährungsfrist von 30 Jahren zu laufen, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Diese Vorschrift ist zwar auf die Erhebung von Anschlussbeiträgen nicht unmittelbar anwendbar. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unabhängig vom Zeitpunkt seiner Entstehung (vgl. § 199 BGB) auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) zu beschränken, kann aber zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes übernommen werden (BVerwG a.a.O., Rn. 32). Die Erhebung von Anschlussbeiträgen ist damit generell ausgeschlossen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage mehr als 30 Jahre vergangen sind. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei der streitige Abgabenbetrag für das Eilverfahren zu vierteln war.

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