Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (6. Kammer) - 6 A 1581/12

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenschuld abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der am 16.03.1958 geborene Kläger ist Beamter des Landkreises Vorpommern-Rügen. Er ist seit dem 01.07.1993 im öffentlichen Dienst tätig und stand seit dem 05.09.1996 in einem Dienstverhältnis mit Dienstbezügen zur Bundesanstalt für Arbeit/ Bundesagentur für Arbeit. Sein Besoldungsdienstalter war durch das Arbeitsamt Stralsund mit Bescheid vom 09.09.1994 auf den 01.04.1990 festgesetzt worden.

2

Zum 01.01.2012 wurde das Beamtenverhältnis des Klägers gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB II mit dem Landkreises Vorpommern-Rügen fortgesetzt.

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Mit Bescheid vom 14.12.2011 setzte der Beklagte das Erfahrungsdienstalter (EDA) des Klägers auf den 01.01.1992 fest.

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Gegen den Bescheid des Beklagten vom 14.12.2011 legte der Kläger mit Datum vom 22.12.2011 Widerspruch ein.

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Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2013 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte u. a. aus, für die Festsetzung des EDA bei gesetzlichem Übertritt von der Bundesagentur für Arbeit in den Dienst des Landkreises Vorpommern-Rügen gelte § 21 Abs. 1 Sätze 2 und 3 LBesG M-V: Das Aufsteigen in den Erfahrungsstufen beginne im Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe am Ersten des Monats, in dem der Beamte erstmals in ein Dienstverhältnis mit Dienstbezügen bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn eingestellt werde. Das als Artikel 4 des Gesetzes zur Überleitung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BesVersÜberlÄndG M-V) vom 04.07.2011 erlassene Gesetz zur Überleitung in den Besoldungsordnungen, in dem es unter § 1 Abs. 1 heiße: „Für Beamte mit einem Amt der Besoldungsordnung A gilt für die Zuordnung zu einer Erfahrungsstufe des Grundgehalts in der Besoldungsordnung A das nach dem bisherigen Besoldungsrecht festgesetzte Besoldungsdienstalter als erstmalige Einstellung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 des Landesbesoldungsgesetzes“, sei im Falle des Klägers nicht einschlägig, weil der Kläger nicht bereits vor dem 01.08.2011 unter das Landesbesoldungsrecht Mecklenburg-Vorpommern gefallen sei.

6

Der Kläger hatte bereits zuvor mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 25.10.2012 Untätigkeitsklage erhoben.

7

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er sei bei der Bundesagentur für Arbeit in der Besoldungsgruppe A 10 Stufe 8 in Höhe von 3.300,04 Euro besoldet worden. Die von dem Beklagten angestrengten Vergleichsberechnungen für die Besoldungsgruppe A 10 Stufe 9 wiesen Bezüge von 3.202,77 Euro auf. Er habe der Versetzung nur im Vertrauen auf den Ausgleich seiner Tätigkeit durch dieselbe Besoldungshöhe zugestimmt. Insofern sei er schutzwürdig. Zudem sei ihm verbindlich mitgeteilt worden, dass ihm keine finanziellen Einbußen zuteil würden und er weiterhin Besoldung in der Besoldungsgruppe A 10 Stufe 11 erhalte.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid vom 14.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Erfahrungsdienstalter (EDA) des Klägers auf den 01.04.1990 festzusetzen und das Grundgehalt des Klägers nach der Besoldungsgruppe A 10, Stufe 11, zu bestimmen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

12

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

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Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28. Januar 2015 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 VwGO).

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

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Die gemäß § 42 Abs. 1 und 2 VwGO zulässige Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg; sie ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 14.12.2011 über die Festsetzung des Erfahrungsdienstalters des Klägers in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine davon zu seinen Gunsten abweichende Festsetzung seines Erfahrungsdienstalters (§113 Abs. 5 VwGO).

17

Die Bemessung des Grundgehalts des Klägers nach seinem Übertritt in den Dienst des Landkreises Vorpommern-Rügen gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II erfolgt nach § 21 Abs. 1 LBesG. Nach dieser Vorschrift wird das Grundgehalt für Ämter der Besoldungsordnung A, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der dienstlichen Erfahrung (Erfahrungsstufen) bemessen. Das Aufsteigen in den Erfahrungsstufen beginnt im Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe am Ersten des Monats, in dem der Beamte erstmals in ein Dienstverhältnis mit Dienstbezügen bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn eingestellt wird. … Davor liegende Zeiten in einem hauptberuflichen privatrechtlichen Arbeitsverhältnis bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn sowie Zeiten eines Grundwehrdienstes oder Zivildienstes sind zu berücksichtigen … . Dies ergab bei dem Kläger unter Berücksichtigung seiner Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst sowie seines Grundwehrdienstes den 01.01.1992.

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Auf den Kläger findet nicht die Überleitungsvorschrift des § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Überleitung in den Besoldungsgruppen sowie sonstige Übergangsregelungen vom 04.07.2011 - BesOÜberlG - (GVOBl. M-V S 376) Anwendung. Nach dieser Vorschrift gilt für Beamte mit einem Amt der Besoldungsordnung A für die Zuordnung zu einer Erfahrungsstufe des Grundgehalts in der Besoldungsordnung A das nach dem bisherigen Besoldungsrecht festgesetzte Besoldungsdienstalter als erstmalige Einstellung nach § 21 Absatz 1 Satz 2 des Landesbesoldungsgesetzes. Der Kläger fällt als erst nach Inkrafttreten dieser Regelung am 01.08.2011 im Jahre 2012 in den Geltungsbereich des Landesbesoldungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern übergetretener Beamter nicht unter diese Überleitungsregelung. Die Regelung erfasst nur solche Beamte, die sich bereits bei Inkrafttreten des Landesbesoldungsgesetzes i. d. F. des BesVersÜberlÄndG M-V am 01.08.2011 in einem Dienstverhältnis im Geltungsbereich des Landesbesoldungsgesetzes befanden und für die bis dahin die auf dem jeweiligen Lebensalter basierenden Einstufungen in den Besoldungsordnungen A, C oder R galten. Für diese, „seine“ Beamten wollte der Gesetzgeber eine einfach und ohne größeren Verwaltungsaufwand mögliche „Überleitung“ vom alten, auf dem Lebensalter basierenden, System in das neue europarechtskonforme, auf den dienstlichen Erfahrungen fußende, System in den Besoldungsordnungen mit aufsteigenden Gehältern gewährleisten. Dies ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus dem in der Bezeichnung des Gesetzes und der amtlichen Überschrift des § 1 verwendeten Begriff der „Überleitung“ in Verbindung mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Mit dem Gesetz wollte der Landesgesetzgeber für den Zeitpunkt der Einführung der Erfahrungsstufen in den Besoldungsordnungen A, C und R des Landesbesoldungsgesetzes am 01.08.2011 eine notwendige Übergangsregelung schaffen, mit der die sich bereits im Geltungsbereich des Landesbeamtengesetzes befindenden Beamten der Besoldungsordnungen A, C oder R mit Wirkung vom 01.08.2011 aus den alten Dienstaltersstufen in die neuen Erfahrungsstufen „übergeleitet“ wurden. Dies ergibt sich auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 1 Abs. 1 bis 3 BesOÜberlG; dort heißt es: „Die in Artikel 2 mit den §§ 21 bis 26 verdeutlichte Bezugnahme auf den Erfahrungszuwachs … entfaltet nur bei Neueinstellungen oder künftigen Versetzungen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes seine Wirkung. Für die rund 16.500 im Landesdienst vorhandenen Angehörigen der Besoldungsordnungen A, C und R … sowie ca. 2.400 vorhandenen Kommunal- und Körperschaftsbeamtinnen und –beamten („Bestandsfälle“) sowie ca. 3.000 weiteren Versorgungsempfängerinnen und –empfänger aus diesen Ämtern und deren Hinterbliebenen sind ebenfalls Regelungen notwendig, um eine Überführung vom bisherigen Besoldungsdienstaltersystem (BDA) in das neue Erfahrungsstufensystem vorzunehmen, ohne hierfür einen unvertretbar hohen Aufwand entstehen zu lassen“ (LT-Drs. 5/4217 S. 84). Auch aus der Begründung im Gesetzgebungsverfahren wird mithin deutlich, dass der Gesetzgeber nur die im Zeitpunkt der Einführung des Erfahrungsstufensystems am 01.08.2011 im Geltungsbereich des Landesbesoldungsgesetzes vorhandenen Beamten (sog. „Bestandsfälle“) mit der Übergangsvorschrift des § 1 BesOÜberlG in das Erfahrungsstufensystem überleiten wollte und nicht auch spätere Einstellungen, Versetzungen oder Übertritte von Beamten in den Geltungsbereich des Landesbesoldungsgesetzes erfassen wollte.

19

Diese Auslegung der Vorschrift des § 1 BesOÜberlG ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar; sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

20

Das VG Magdeburg hat in seinem Urteil vom 25. Oktober 2012, - 5 A 322/11 -, juris Rn. 20 zu vergleichbaren Regelungen in §§ 15 und 16 LBG LSA folgendes ausgeführt:

21

„Die mit der Versetzung des Klägers eingetretene Besoldungsminderung ist auf die im Grundgesetz (GG) angelegte eigenständige Entwicklung des Besoldungsrechts – und damit auch der Höhe der Besoldung – in Bund und Ländern zurückzuführen. Die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern sind durch das Gesetz zur Änderung des GG vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) grundlegend neu geordnet worden. Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung der Besoldung der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen und Richter der Länder (früherer Artikel 74a GG) ist entfallen. Es obliegt damit den Ländern, das Besoldungsrecht des Bundes durch eigene Regelungen zu ersetzen. Hiervon hat das Land Sachsen-Anhalt mit dem zum 1. April 2011 in Kraft getretenen Gesetz zur Neuregelung des Besoldungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt – BesNeuRG LSA – vom 8. Februar 2011 (GVBl. LSA S. 68) Gebrauch gemacht. Unterschiedliche Besoldungsentwicklungen können naturgemäß zur Folge haben, dass ein Beamter bei einer länderübergreifenden Versetzung – wie hier – trotz unverändertem Statusamt geringer besoldet wird, weil er nunmehr anderen landesrechtlichen Besoldungsregelungen unterliegt. Die Notwendigkeit, für diese Fälle gesetzliche Übergangsregelungen zu schaffen, besteht aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht. Schließlich ist gemäß § 15 Abs. 2 BeamtStG die länderübergreifende Versetzung eines Beamten ohne dessen Zustimmung nicht zulässig, wenn das neue Amt nicht mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt. Der Kläger ist aber auf eigenen Wunsch in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt versetzt worden. Demgegenüber hatten die bereits zum 31. März 2011 im Land Sachsen-Anhalt in einem Dienstverhältnis stehenden Beamten nicht ohne Weiteres die Möglichkeit, den neuen landesrechtlichen Besoldungsvorschriften mit den daraus erwachsenden Folgen für ihre künftige Besoldung auszuweichen. Vor diesem Hintergrund ist es auch sachgerecht, dass der Landesgesetzgeber nur für diese Beamten mit den §§ 15 ff. BesVersEG LSA Überleitungsvorschriften vorgesehen hat, die eine Verminderung der zuvor gewährten Besoldung durch die zum 1. April 2011 in Kraft getretenen Neuregelungen verhindern sollen.“

22

Dieser Auffassung schließt sich die erkennende Kammer in Bezug auf die unterschiedlichen Regelungen in § 21 und 22 LBesG M-V einerseits und § 1 BesOÜberlG andererseits an (vgl. auch VG Greifswald, Urteil vom 10.12.2014 - 6 A 165/13 - ). Der Landesgesetzgeber war wegen der unterschiedlichen Lebenssachverhalte bei den durch die Einführung der Erfahrungsstufen in Mecklenburg-Vorpommern zwangsläufig betroffenen Landes- Kommunal- und Körperschaftsbeamten in Mecklenburg-Vorpommern einerseits, und den später durch Versetzung oder gesetzlichen Übertritt hinzukommenden Beamten aus den Geltungsbereichen anderer Besoldungsgesetze andererseits mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, auch Letzteren eine Überleitung in eine Erfahrungsstufe entsprechend ihres bisherigen Dienstalters oder einer bereits durch dortige Überleitung bei ihrem bisherigen Dienstherrn erreichten Erfahrungsstufe zu ermöglichen. Bei den nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II übergetretenen Beamten der Bundesagentur für Arbeit handelt es sich zwar nicht um freiwillige Wechsel des Dienstherrn, weil sich der gesetzliche Dienstherrenwechsel nach dieser Vorschrift auch ohne oder gegen den Willen der Beamten vollzieht. Diesen Beamten steht aber gemäß § 6c Abs. 4 Satz 3 SGB II ein Ausgleich zu. Verringert sich nach Übertritt des Beamten und Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem neuen Dienstherrn der Gesamtbetrag von Grundgehalt, allgemeiner Stellenzulage oder entsprechender Besoldungsbestandteile und anteiliger Sonderzahlung (auszugleichende Dienstbezüge), hat der aufnehmende Träger eine Ausgleichszulage zu gewähren. Der Gesetzgeber des Landesbesoldungsgesetzes war deshalb mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, auch solchen Beamten eine Überleitung in eine Erfahrungsstufe entsprechend ihres bisherigen Dienstalters oder einer bereits durch dortige Überleitung bei ihrem bisherigen Dienstherrn erreichten Erfahrungsstufe zu ermöglichen (VG Greifswald, Urteil vom 09.03.2015 - 6 A 405/13 -).

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO

24

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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