Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg (2. Kammer) - 2 K 2118/14
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 21. November 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2014 verpflichtet, der Klägerin für ihr Studium im Bachelor-Studiengang C. an der Hochschule D. für den Bewilligungszeitraum von April 2013 bis März 2014 Ausbildungsförderung nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu gewähren.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt nach Abschluss einer Ausbildung in der Ukraine Ausbildungsförderung für ein in Deutschland aufgenommenes Studium.
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Die Klägerin wurde 1988 in der Stadt A., in der damaligen Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik, geboren. Sie besuchte von September 1988 bis Juni 2005 die „spezialisierte Schule ‚…‘ der Stufen I-III Nr. 1 mit erweitertem Englischunterricht des Stadtrates von A.“ und erwarb mit Zeugnis vom 21. Juni 2005 den Mittelschulabschluss (Förderungsakte, Bl. 17). Die Klägerin nahm im September 2005 an der „Hochschule für Wirtschafts- und Geisteswissenschaften der Stadt A. bei der Universität B. eine „Grundhochschulbildung“ in der Fachrichtung Philologie auf. Diese Ausbildung schloss sie ausweislich des Zeugnisses vom 30. Juni 2009 über ein „Diplom des Bakkalaureats“ mit der Qualifikation „Bakkalaureat der Philologie, Lehrerin für englische Sprache und englische Literatur“ ab (Förderungsakte, Bl. 24). Mit dem Zeugnis wurde ihr aufgrund Beschlusses der staatlichen Prüfungskommission vom 23. Juni 2009 die Berufsbezeichnung „Bakkalaureat der Philologie, Lehrerin der englischen Sprache und der englischen Literatur“ verliehen. Die Ausbildungsinhalte wurden ausweislich der Anlage zu dem Zeugnis in insgesamt 48 Fächern in 7.155 Stunden vermittelt, darunter in Kulturologie, Geschichte der Ukraine, Philosophie, Grundlagen der Wirtschaftstheorie, Grundlagen der Ökologie, Grundlagen des Rechts, Politologie (je 108 Stunden), in Soziologie (81 Stunden), in Sport (351 Stunden), in Grundlagen des Arbeitsschutzes, Ästhetik, Sicherheit der Lebenstätigkeit der Menschen und Zivilschutz (je 54 Stunden).
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Die Behörde für Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg erkannte mit Bescheinigung vom 1. November 2011 den ukrainischen Mittelschulabschluss als einem deutschen Realschulabschluss gleichwertig an (Förderungsakte, Bl. 23). Die Arbeits- und Servicestelle für internationale Studienbewertungen e.V. teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30. Juni 2011 mit, dass sie mit ihrer Vorbildung nicht direkt an einer deutschen Hochschule studieren könne (Förderungsakte, Bl. 34). Nach Heirat mit einem Deutschen am 17. Juni 2011 (Förderungsakte, Bl. 10), mit dem sie in Deutschland zusammen lebt, besuchte die Klägerin das Studienkolleg in Hamburg und bestand am 17. Dezember 2012 die Feststellungsprüfung gemäß den Anforderungen des Schwerpunktkurses für wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Studiengänge (Förderungsakte, Bl. 35).
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Die Klägerin beantragte am 25. April 2013 für ein Studium im Bachelorstudiengang C. an der Hochschule D. für den Bewilligungszeitraum von April 2013 bis März 2014 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Förderungsakte, Bl. 1) und legte eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vor (Förderungsakte, Bl. 5). Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 führte die Klägerin aus, ihr Bachelorabschluss in der Fachrichtung Philologie werde in Deutschland nicht anerkannt. Da eine Lehramtsausbildung von fünf bis sechs Jahren in Deutschland zu lange dauere und sie in dieser Zeit gerne eine Familie gründen wolle, habe sie das kürzere Studium im Bachelorstudiengang C. aufgenommen. Die entsprechende Branche sei in Hamburg sehr gut entwickelt, so dass man fast sicher einen Job finde.
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In einem handschriftlichen Aktenvermerk vom 3. Juli 2013 (Förderungsakte, Bl. 53 unten) legte die Beklagte ihre Rechtsauffassung nieder, dass die Ausbildung nicht gemäß § 7 Abs. 1 BAföG gefördert werden könne, da kein Zusammenhang zwischen Eheschließung und Ausreise und Aufnahme der Ausbildung bestehe. Die objektive Nichtverwertbarkeit der ausländischen Ausbildung ließe sich über die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen klären. Auf Anfrage der Beklagten vom 30. September 2013 legte das Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, am 5. November 2013 ein am 3. März 2009 erstelltes Gutachten vor und wies darauf hin, dass auch wenn das Abschlussjahr, die Spezialisierung/Fachrichtung oder Name bzw. Ort der Einrichtung nicht vollkommen identisch sein sollten, die „beigefügte Stellungnahme als Parallelfall geeignet“ sei (Förderungsakte, Bl. 55 f.). Das beigefügte Gutachten hat den Wortlaut:
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„Gutachten
Titel des Gutachtens:
BA Englisch – BAFöG
Text des Gutachtens:
Universität Luzk 2008
Bakkalaureus
Belegt ist der Abschluss eines regulär vierjährigen, bei Fernstudium fünfjährigen Hochschulstudiums im Studiengang Philologie,
Studienrichtung Englisch aufbauend auf einer obligatorischen zehnjährigen Schulvorbildung. Der ukrainische Abschluss ist als Entsprechung
des deutschen Hochschulbakkalaureats (BA-Abschluss) nach dreijähriger Studiendauer anzusehen. Materielle Gleichwertigkeit und
mithin ein äquivalenter Berufsabschluss werden angenommen.Gutachten erstellt am:
03.03.2009“
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Die Beklagte lehnte die Gewährung von Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 21. November 2013 (Förderungsakte, Bl. 64) ab, da der Grundanspruch auf Ausbildungsförderung durch die Ausbildung in der Ukraine erschöpft und das in Deutschland betriebene Zweitstudium nicht förderungsfähig sei. Mit anwaltlichem Schreiben legte die Klägerin am 18. Dezember 2013 Widerspruch ein (Förderungsakte, Bl. 66). Zur Begründung wurde unter dem 12. März 2014 ausgeführt, ein Bachelor sei kein berufsqualifizierender Abschluss und der Anspruch auf Ausbildungsförderung sei nicht erschöpft (Förderungsakte, Bl. 71).
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Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2014 zurück (Förderungsakte, Bl. 75) und führte aus, es seien auch im Ausland durchgeführte berufsqualifizierende Ausbildungen zu berücksichtigen, wenn sie im Inland anerkannt oder für gleichwertig erklärt werden könnten. Eine Förderung des in Rede stehenden Studiums setze besondere Umstände des Einzelfalles voraus, die aber nicht vorlägen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. März 2014 als Einschreiben zur Post gegeben (Förderungsakte, Bl. 78).
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Mit der am Dienstag nach Ostern, 22. April 2014, erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, in der Ukraine habe sie keinen Hochschulabschluss, sondern ein Baccalauréat erworben, wobei es sich um die französische Bezeichnung für das Abitur handele.
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Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
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unter Aufhebung des Bescheids vom 21. November 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2014 die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ab dem 25. April 2013 zu bewilligen
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und beantragt ferner,
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die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen.
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Die Förderungsakte der Beklagten ist beigezogen worden und hat bei der Entscheidung vorgelegen. Darauf sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter anstelle der Kammer und gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.
I.
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Die gemäß § 88 VwGO als Verpflichtungsklage ausgelegte zulässige Klage ist nach § 113 Abs. 5 VwGO begründet. Der Bescheid vom 21. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin kann für ihr Studium im Bachelorstudiengang C. an der Hochschule D. für einen zwölfmonatigen Bewilligungszeitraum ab dem Monat des Eingangs des Förderungsantrags im April 2013 bis zum März 2014 Ausbildungsförderung nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (i.d.F. der Bekanntmachung v. 7.12.2010, BGBl. I S. 1952, 2012 I S. 197, zuletzt geändert durch Gesetz v. 29.8.2013 BGBl. I S. 3484 – BAföG) beanspruchen.
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Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht gemäß § 1 BAföG für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Die Voraussetzungen einer Förderung sind erfüllt. Trotz der in der Ukraine absolvierten Ausbildung ist das in Deutschland aufgenommene Studium der Klägerin noch förderungsfähig als Erstausbildung (1.) nach einem förderungsunschädlichen Abbruch der Ausbildung oder Fachrichtungswechsel (2.) in der Förderungsart des hälftigen Zuschusses und des hälftigen unverzinslichen Bankdarlehens (3.).
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1. Der Grundanspruch auf Förderung einer Erstausbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG ist nicht erschöpft. Nach dieser Vorschrift wird Ausbildungsförderung für die weiterführende allgemeinbildende und zumindest für drei Schul- oder Studienjahre berufsbildende Ausbildung i.S.d. §§ 2 und 3 BAföG bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet. Nach dem Grundsatz des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG ist ein Ausbildungsabschluss dabei auch dann berufsqualifizierend, wenn er im Ausland erworben wurde und dort zur Berufsausübung befähigt. Der Grundanspruch der Klägerin auf Förderung einer Erstausbildung ist nicht erschöpft, obwohl sie in ihrem Herkunftsland ausweislich des Zeugnisses vom 30. Juni 2009 eine Ausbildung an der „Hochschule für Wirtschafts- und Geisteswissenschaften der Stadt A. bei der Universität B. eine „Grundhochschulbildung“ in der Fachrichtung Philologie absolviert hat. Zwar hat die Klägerin zumindest drei- Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung durchlaufen und im Ausland berufsqualifizierend abgeschlossen (a)). Doch ist der in der Ukraine erworbene Abschluss nicht im Inland berufsqualifizierend (b)). Eine Berufsqualifikation im Ausland kann der Klägerin nicht entgegengehalten werden (c)).
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a) Es ist anzunehmen, dass der Abschluss, obwohl die Klägerin ihn im mittlerweile völkerrechtswidrig von Russland annektierten Teil der Ukraine erworben hat, in ihrem Herkunftsland berufsqualifizierend ist. Die Klägerin hat ausweislich des Zeugnisses vom 30. Juni 2009 die Berufsqualifikation „Bakkalaureat der Philologie, Lehrerin für englische Sprache und englische Literatur“ nach einer Ausbildungszeit von drei Jahren und zehn Monaten erworben. Der Mindestumfang von drei Schul- oder Studienjahren einer berufsbildenden Ausbildung i.S.d. §§ 2 und 3 BAföG ist erfüllt. Die Ausbildungsstätte „Hochschule für Wirtschafts- und Geisteswissenschaften der Stadt A. bei der Universität B. entspricht einer berufsbildenden Schule oder Hochschule, nicht einer weiterführenden Schule, die zu einem allgemeinbildenden Abschluss nach dem Modell des deutschen Abiturs oder des französischen Baccalauréat général führt. Die Ausbildung der Klägerin wurde in einer bestimmten Fachrichtung – Philologie – durchgeführt und umfasste zwar eine sehr große Bandbreite von einzelnen Fächern, jedoch weder Mathematik noch die Naturwissenschaften.
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b) Der in der Ukraine erworbene Abschluss befähigt hingegen nicht im Inland zur Ausübung eines Berufs.
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Die Tätigkeit in dem reglementierten Beruf des Lehrers ist der Klägerin versperrt. Die Klägerin ist in Deutschland nicht zum Lehramt an staatlichen Schulen zuzulassen. Der Klägerin ist in Deutschland auch nicht derjenige Beruf eröffnet, zu dem ein inländisches Bachelorstudium der „Philologie, Lehrerin der englischen Sprache und der englischen Literatur“ qualifizieren würde. Zwar legt das erkennende Gericht entgegen der von der Klägerin im Widerspruchsverfahren geäußerten Rechtsauffassung zugrunde, dass bereits ein Bachelorstudiengang als grundständiges Studium einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss vermittelt. In Deutschland begegnen Bachelorstudiengänge als erste Phase einer Lehramtsausbildung. Von diesen Bachelorstudiengängen muss wegen § 19 Abs. 2 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes (i.d.F. der Bekanntmachung v. 19.1.1999, BGBl. I S. 18, zuletzt geändert durch Gesetz v. 12.4.2007, BGBl. I S. 506 – HRG) angenommen werden, dass bereits sie berufsqualifizierend sind. Nach dieser Vorschrift kann aufgrund von Prüfungen, mit denen ein erster berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, die Hochschule einen Bachelor- oder Bakkalaureusgrad verleihen. Die durch einen auf das Lehramt bezogenen Bachelorstudiengang an einer deutschen Universität oder Pädagogischen Hochschule vermittelte Berufsqualifikation muss sich auf eine Tätigkeit im Bildungsbereich beziehen, die noch nicht im Lehramt oder im Vorbereitungsdienst für das Lehramt besteht. Umfasst sind beispielsweise Tätigkeiten als Nachhilfelehrer oder in der Erwachsenbildung. Auch für das so umschriebene Berufsbild einer sonstigen Tätigkeit im Bildungsbereich vermittelt die von der Klägerin durchlaufene Ausbildung jedoch keine Berufsqualifikation. Es kann nicht angenommen werden, dass die von der Klägerin im September 2005 aufgenommene und am 30. Juni 2009 mit dem Bakkalaureat der Philologie, Lehrerin für englische Sprache und englische Literatur abgeschlossene Ausbildung an der „Hochschule für Wirtschafts- und Geisteswissenschaften der Stadt A. bei der Universität B. in Deutschland zur Berufsausübung ebenso verwertbar wäre wie ein Bachelorabschluss nach einem dreijährigem Bachelorstudiengang an einer deutschen Universität oder Pädagogischen Hochschule.
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Dass eine im Ausland durchgeführte Ausbildung zum Lehrer in Deutschland für den Beruf des Lehrers oder eine sonstige Tätigkeit im Bildungsbereich verwertbar wer, wird selbst dann nicht angenommen, wenn nach fünfjähriger Ausbildung an einer Universität in der ehemaligen Sowjetunion unter Verleihung eines Diploms die Qualifikation „Philologin, Hochschullehrerin“ erworben wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.4.2008, DVBl. 2008, 1058, juris Rn. 2). Für die Klägerin, der nach einer knapp vierjährigen Ausbildung die Berufsbezeichnung „Bakkalaureat der Philologie, Lehrerin der englischen Sprache und der englischen Literatur“ verliehen wurde, ist keine weitergehende Verwertbarkeit anzunehmen.
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Abgesehen von der gegenüber dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschiedenen Fall geringeren Dauer der Ausbildung streiten gegen eine Verwertbarkeit die Zugangsvoraussetzungen sowie die Ausbildungsinhalte der in der Ukraine durchlaufenen Ausbildung:
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Die Ausbildungsinhalte weichen deutlich von dem ab, was bei einem als erste Phase der Ausbildung für das Lehramt dienenden deutschen Hochschulstudium zu erwarten wäre. Denn zu einem beträchtlichen Anteil an den Unterrichtsstunden wurden Fächer ohne spezifischen pädagogischen oder philologischen Bezug unterrichtet. Von insgesamt 7.155 Stunden entfallen 1.404 Stunden auf die Fächer Kulturologie, Geschichte der Ukraine, Philosophie, Grundlagen der Wirtschaftstheorie, Grundlagen der Ökologie, Grundlagen des Rechts, Politologie, Soziologie, Sport, Grundlagen des Arbeitsschutzes, Ästhetik, Sicherheit der Lebenstätigkeit der Menschen und Zivilschutz.
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Hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen für das 1. Fachsemester entspricht die in der Ukraine durchlaufene Ausbildung nicht einer deutschen Hochschule. Hinsichtlich der Arten von Ausbildungsstättentypen i.S.d. § 2 Abs. 1 BAföG macht sich das erkennende Gericht die Begriffsdefinitionen in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (i.d.F. v. 15.10.1991, GMBl S. 770, zuletzt geändert unter dem 29.10.2013, GMBl S. 1094 – BAföGVwV 1991) zu Eigen. Nach Tz 2.1.19 BAföGVwV 1991 bereiten Hochschulen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG auf Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern und ist Voraussetzung der Zulassung der Nachweis der für das gewählte Studium erforderlichen Qualifikation (insbesondere allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife, Fachhochschulreife). Demgegenüber bauen nach Tz 2.1.8 BAföGVwV 1991 Fachoberschulen auf einem mittleren Schulabschluss auf, vermitteln allgemeine, fachtheoretische und fachpraktische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, umfassen die Jahrgangsstufen 11 und 12 und führen zur Fachhochschulreife. Da der Zugang zur Ausbildung an der „Hochschule für Wirtschafts- und Geisteswissenschaften der Stadt A. bei der Universität B. in der belegten Fachrichtung bereits aufgrund des mittleren Schulabschlusses nach obligatorischem zehnjährigen Schulbesuch eröffnet war, müssen zwei Jahre der Ausbildungszeit noch dem Erwerbs einer (Fach-)Hochschulreife zugerechnet werden, vergleichbar etwa dem Besuch einer Fachoberschule. Allenfalls die verbleibende Ausbildungszeit von einem Jahr und zehn Monaten kann dem Studium an einer deutschen (Fach-)Hochschule gleichstehen. Denn es kann im Allgemeinen nicht angenommen werden, dass das ukrainische Bildungssystem in einer geringeren Ausbildungszeit einen gleichwertigen Abschluss vermittelt als das deutsche Bildungssystem.
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Das erkennende Gericht schließt aus dem auf Anfrage der Beklagten vom 30. September 2013 am 5. November 2013 vom Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, vorgelegte Gutachten zu einem Parallelfall nicht auf die Verwertbarkeit des von der Klägerin erworbenen Abschlusses für einen Beruf in Deutschland. Nach dem in Bezug genommenen Gutachten vom 3. März 2009 ist der Abschluss eines regulär vierjährigen, bei Fernstudium fünfjährigen Hochschulstudiums im Studiengang Philologie, Studienrichtung Englisch aufbauend auf einer obligatorischen zehnjährigen Schulvorbildung an der Universität Luzk als Entsprechung des deutschen Hochschulbakkalaureats (Bachelor of Arts) nach dreijähriger Studiendauer anzusehen und materielle Gleichwertigkeit und mithin ein äquivalenter Berufsabschluss anzunehmen. Daraus ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass im Fall der Klägerin die allenfalls einer Ausbildung an einer Fachhochschule von einem Jahren und zehn Monaten gleichstehende Ausbildungszeit in der Weise verwertbar wäre wie die dreijährige Ausbildung an einer deutschen Universität oder Pädagogischen Hochschule.
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c) Der Anspruch auf Förderung einer Ausbildung im Inland als Erstausbildung ist nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG ausgeschlossen. Zwar ist nach dieser Vorschrift ein Ausbildungsabschluss auch dann berufsqualifizierend, wenn er im Ausland erworben wurde und dort – wie für die Klägerin in ihrem Herkunftsland (s.o. a)) – zur Berufsausübung befähigt. Dennoch greift die benannte Vorschrift nicht zulasten der Klägerin ein. Das erkennende Gericht macht sich die Ausführungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Eigen. Danach ist die Vorschrift einschränkend dahingehend auszulegen, dass sie nur Auszubildende betrifft, die sich bei offener Möglichkeit einer berufsbildenden Ausbildung im Inland für eine solche im Ausland entschieden haben (BVerwG, Urt. v. 31.10.1996, BVerwGE 102, 200, juris Rn. 13). Die Vorschrift gilt insbesondere nicht für im Ausland berufsqualifizierende Ausbildungsabschlüsse, die ausländische Ehegatten deutscher Staatsangehöriger vor der Eheschließung im Herkunftsland erworben haben (BVerwG, Urt. v. 10.4.2008, DVBl. 2008, 1058, juris Rn. 13).
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Sofern die in der benannten Verwaltungsvorschrift niedergelegte Rechtsauffassung zu einem anderen Ergebnis käme, folgte das erkennende Gericht ihr nicht. Diese norminterpretierende Verwaltungsvorschrift bindet die Gerichte nicht und kann dem Gesetz keinen Inhalt zuschreiben, der mit der objektiven Rechtslage unvereinbar ist (BVerwG, Urt. v. 12.7.2012, BVerwGE 143, 314; Urt. v. 30.6.2010, Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6). Zwar wird in Tz 7.1.15 Abs. 1 Satz 2 BAföGVwV 1991 in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass bestimmten Personen, denen ein Verweis auf eine Berufsausübung im Ausland unzumutbar ist, ein ausländischer berufsqualifizierender Abschluss nicht entgegengehalten werden kann. Eine Förderung für diese Personen soll nach Tz 7.1.15 Abs. 2 BAföGVwV 1991 grundsätzlich möglich sein, wenn sie sich bei Aufnahme ihrer im Ausland absolvierten Ausbildung nicht frei entscheiden konnten, diese Ausbildung stattdessen in Deutschland zu absolvieren („offene Wahlmöglichkeit“). Bei ausländischen, nicht einem Mitgliedstaat der Europäischen Union angehörigen Ehegatten von Deutschen, die ihren Abschluss vor der Eheschließung erworben haben, ist jedoch nach der in Tz 7.1.15 Abs. 3 Buchst a BAföGVwV 1991 niedergelegten Rechtsauffassung nur dann davon auszugehen, dass die offene Wahlmöglichkeit erst mit der Eheschließung entstanden ist, wenn ein Zusammenhang zwischen der Eheschließung und der Ausreise, Aus- oder Übersiedlung sowie der Aufnahme der inländischen Ausbildung besteht. Ein solches Erfordernis findet sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Recht nicht. Denn wer in Deutschland die eheliche Lebensgemeinschaft mit seinem deutschen Ehegatten führen will, für den ist es aufgrund des besonderen Schutzes von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht zumutbar, auf die Möglichkeit einer Berufsausübung im Ausland verwiesen zu werden.
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Sofern aus Tz 7.1.15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BAföGVwV 1991 die Rechtsauffassung hervorgeht, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG auf solche Personen uneingeschränkt Anwendung findet, deren ausländischer berufsqualifizierender Abschluss vom Amt für Ausbildungsförderung (ggf. unter Einschaltung der Zentralstelle für ausländische Bildungsabschlüsse) für materiell gleichwertig erklärt werden kann, tritt das erkennende Gericht dem nicht uneingeschränkt bei. Wenn, wie im vorliegenden Fall, die Zentralstelle für ausländische Bildungsabschlüsse zwar eine materielle Gleichwertigkeit angenommen hat, jedoch eine Verwertbarkeit zur Berufsausübung in Deutschland nicht ersichtlich ist (s.o. 1. b)), kann der Betroffene nicht auf die ausländische Berufsqualifikation verwiesen werden.
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2. Die von der Klägerin aufgenommene inländische Ausbildung ist als andere Ausbildung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG zu fördern. Nach dieser Vorschrift wird für eine andere Ausbildung Ausbildungsförderung geleistet, wenn der Auszubildende aus wichtigem Grund (Halbs. 1 Nr. 1) oder aus unabweisbarem Grund (Halbs. 1 Nr. 2) die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt hat, wenngleich bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen ein wichtiger Grund nur bis zum Beginn des 4. Fachsemesters genügt (Halbs. 2). Die Voraussetzungen sind erfüllt. Die Frage, worin ein Abbruch der Ausbildung oder ein Fachrichtungswechsel in den Fällen des vor Eheschluss mit einem Deutschen im Herkunftsland des Ausländers erworbenen berufsqualifizierenden Abschlusses zu sehen ist, kann vorliegend offenbleiben. Dazu werden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung einerseits und der Verwaltungsvorschrift andererseits unterschiedliche Ansätze vertreten:
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Nach dem Ansatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bereits die mit der Übersiedlung nach Deutschland verbundene Aufgabe der mit der Berufsqualifikation im Ausland verbundenen Berufsperspektive entsprechend einem Abbruch der im Ausland bereits abgeschlossenen Ausbildung zu behandeln (BVerwG, Urt. v. 10.4.2008, DVBl. 2008, 1058, juris Rn. 16). Die im Inland aufgenommene Ausbildung ist gemäß diesem Ansatz eine andere Ausbildung, die nach einem aus unabweisbarem Grund erfolgten Abbruch der vorangegangenen Ausbildung aufgenommen wird (BVerwG, a.a.O., Rn. 17). Auf einen besonderen Zusammenhang zwischen Eheschließung und Ausreise und Aufnahme der Ausbildung kommt es danach nicht an, sondern nur darauf, dass der Auszubildende die eheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland aufgeben müsste, um seine Berufsqualifikation zu verwenden.
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Ein abweichender Ansatz kommt in der benannten Verwaltungsvorschrift zum Ausdruck. Danach ist nicht bereits die Übersiedlung nach Deutschland als durch einen unabweisbaren Grund gerechtfertigter Abbruch der Ausbildung zu bewerten, sondern allenfalls ein in Deutschland etwaig vorgenommener Fachrichtungswechsel als ein nach den Maßstäben des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG zu rechtfertigender Fachrichtungswechsel. In Tz 7.1.15 Abs. 1 Satz 2 BAföGVwV 1991 ist vorgesehen, dass bestimmte Personen, denen ein Verweis auf eine Berufsausübung im Ausland unzumutbar ist, so behandelt werden wie Auszubildende, die ihre erste berufsqualifizierende Ausbildung im Ausland noch nicht abgeschlossen haben. Nach Tz 7.3.19 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BAföGVwV 1991 ist für diese Personen zu unterscheiden, ob sie die Ausbildung in derselben Fachrichtung im Inland fortsetzen oder im Inland eine Ausbildung in einer anderen Fachrichtung aufnehmen, wobei der Wechsel nur dann förderungsunschädlich sein soll, wenn – je nach Zeitpunkt – ein wichtiger oder unabweisbarer Grund für den Wechsel anzunehmen ist.
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Die Klägerin hat nach den Maßstäben der Verwaltungsvorschrift einen förderungsunschädlichen Fachrichtungswechsel – von Philologie zu C. – vorgenommen. Zwar ist nach der in Tz 7.3.19 Abs. 4 BAföGVwV 1991 niedergelegten Rechtsauffassung für den bezeichneten Personenkreis ein unabweisbarer Grund für einen Fachrichtungswechsel nur dann anzunehmen, wenn die Ausbildung in Deutschland nicht in einer der bisherigen Ausbildung ggf. auch nur in Teilen vergleichbaren Ausbildung fortgesetzt werden kann. Nach den Maßstäben der Verwaltungsvorschrift bedurfte die Klägerin jedoch vorliegend nur eines wichtigen Grundes, der auch gegeben ist.
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Nach den Maßstäben der Verwaltungsvorschrift fand der Fachrichtungswechsel im 2. Fachsemester statt. Zur Bestimmung des Zeitpunkts des Fachrichtungswechsels soll nach Tz 7.3.19 Abs. 3 Satz 2 BAföGVwV 1991 Folgendes gelten: Im Ausland verbrachte Ausbildungszeiten seien grundsätzlich zu berücksichtigen, wenn die besuchte ausländische Ausbildungsstätte den in § 2 Abs. 1 und 2 BAföG bezeichneten oder nach § 2 Abs. 3 BAföG bestimmten Ausbildungsstätten nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie nach dem vermittelten Ausbildungsabschluss gleichwertig ist. Ein Jahr der Auslandsausbildung sei entsprechend § 5a BAföG abzuziehen. Abzuziehen seien ferner die Semester eines ausländischen Hochschulstudiums, die zusammen mit der ausländischen Reifeprüfung erst als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme eines Hochschulstudiums zu bewerten sind. Es kann dahinstehen, ob nach diesen Maßstäben überhaupt eine der Klägerin entgegen zu haltende Ausbildungszeit verbliebe, da sie die Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erst an einem Studienkolleg erworben hat. Von der in der Ukraine absolvierten Ausbildungszeit von drei Jahren und zehn Monaten sind nach diesen Maßstäben jedenfalls zwei Jahre abzuziehen, die wegen der Zugangsvoraussetzungen nicht einem Hochschulstudium vergleichbar sind (s.o. 1. b)) und entsprechend § 5a BAföG ein weiteres Jahr, da die Ausbildung im Ausland durchgeführt wurde.
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Ein wichtiger Grund für den Fachrichtungswechsel steht der Klägerin zur Seite. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, hängt von einer Interessenabwägung ab, in welcher die Obliegenheit des Auszubildenden zur verantwortungsbewussten, vorausschauenden und umsichtigen Planung sowie zur zügigen, zielstrebigen Durchführung einer Ausbildung eine wesentliche Rolle spielt (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl. 2005, § 7 Rn. 65). Die Klägerin hat im Schreiben vom 27. Juni 2013 dargelegt, weshalb sie sich hinsichtlich der Fachrichtung umorientiert hat. Die von der Klägerin angeführten Erwägungen sind nachvollziehbar auf das Ziel eines baldigen berufsqualifizierenden Abschlusses ausgerichtet. Die Regelstudiendauer des aufgenommenen Bachelorstudiengangs beträgt sieben Semester und ist weitaus kürzer als ein Lehramtsstudium mit nachfolgendem Vorbereitungsdienst, zu dessen Antritt die Klägerin ggf. die deutsche oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union erwerben müsste.
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3. Die Förderung des Studiums im Bachelorstudiengang C. ist als Ausbildung an einer Hochschule nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG hälftig als Zuschuss und hälftig als unverzinsliches Staatsdarlehen zu gewähren. Die Ausnahme des § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG greift nicht ein.
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Im Anwendungsbereich der Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG erhält der Auszubildende beim Besuch einer Hochschule für eine andere Ausbildung Ausbildungsförderung lediglich als Bankdarlehen nach § 18c BAföG, soweit die Semesterzahl der hierfür maßgeblichen Förderungshöchstdauer, die um die Fachsemester der vorangegangenen, nicht abgeschlossenen Ausbildung zu kürzen ist, überschritten wird. Es kann dahinstehen, ob im Fall der Klägerin als Förderungshöchstdauer der vorausgegangenen Ausbildung der im Zeugnis vom 30. Juni 2009 ausgewiesene Zeitraum von drei Jahren und zehn Monaten zugrunde zu legen ist. Denn die Ausbildungszeit der Klägerin in der Ukraine ist nicht insgesamt einem Hochschulstudium gleichzusetzen. Eine Förderungshöchstdauer gilt nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG nur bei Studiengängen und entspricht gemäß § 15a BAföG der nur im Hochschulbereich nach § 10 Abs. 2 HRG geltenden Regelstudienzeit.
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Zumindest findet die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG vorliegend ihrerseits wegen der Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 2 BAföG keine Anwendung. Diese Regelung galt ursprünglich nur für den Fall des Abbruchs oder Fachrichtungswechsels aus unabweisbarem Grund. Zwar ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschließt, in den Fällen der teleologischen Reduktion des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG ein unabweisbarer Grund im Rahmen des § 7 Abs. 3 BAföG (s.o. 1. c)) gegeben, nicht aber im Rahmen des § 17 Abs. 3 Satz 2 BAföG (BVerwG, Urt. v. 10.4.2008, DVBl. 2008, 1058, juris Rn. 18). Zur Begründung seiner noch zur alten Rechtslage ergangenen Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:
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„Anders als im Zusammenhang mit § 7 Abs. 3 BAföG geht es hier nicht um die Frage, ob die Klägerin förderungsrechtlich auf eine Berufstätigkeit in Russland verwiesen werden kann, sondern allein um die Frage, in welcher Form das in Deutschland aufgenommene Studium zu fördern ist. Während bei einem aus 'wichtigem Grund' erfolgten Studienabbruch gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG eine Förderung als Bankdarlehen nach § 18c BAföG vorgesehen ist, soweit für die andere Ausbildung nach § 7 Abs. 3‚ die Semesterzahl der hierfür maßgeblichen Förderungshöchstdauer, die um die Fachsemester der vorangegangenen nicht abgeschlossenen Ausbildung zu kürzen ist‘, überschritten wird, gilt dies gemäß Abs. 3 Satz 2 dieser Bestimmung dann nicht, wenn der Auszubildende die Ausbildung aus 'unabweisbarem Grund' abgebrochen hat. Insoweit kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass die Eheschließung mit einem Deutschen und die Begründung des Ehewohnsitzes in Deutschland, die es ausschließen, die Klägerin förderungsrechtlich auf eine Berufstätigkeit in Russland zu verweisen, es deshalb auch geböten, sie von der vorgesehenen förderungsrechtlichen Anrechnung der Fachsemester der vorangegangenen Ausbildung freizustellen. Grundsätzlich sind im Ausland verbrachte Ausbildungszeiten bei einer Inlandsausbildung förderungsrechtlich zu berücksichtigen, wenn die ausländische Ausbildungsstätte den inländischen Ausbildungsstätten nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie dem vermittelten Ausbildungsabschluss vergleichbar bzw. gleichwertig ist (vgl. Urteile vom 4. Dezember 1997 – BVerwG 5 C 3.96 – BVerwGE 106, 1 <3 f.> und – BVerwG 5 C 28.97 – BVerwGE 106, 5 <10>). Das muss auch hier gelten; Art. 6 Abs. 1 GG steht einer danach ggf. vorzunehmenden Anrechnung nicht entgegen.“
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Ob dem Auszubildenden ein unabweisbarer Grund oder ein wichtiger Grund zur Seite steht, ist für einen erstmaligen Abbruch oder Fachrichtungswechsel nach entsprechender Erweiterung des § 17 Abs. 3 Satz 2 BAföG durch das Dreiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (v. 24.10.2010, BGBl. I S. 1422) nunmehr unerheblich. Der in den Genuss der teleologischen Reduktion des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG kommende Auszubildende ist nunmehr auch hinsichtlich der Förderungsart jedenfalls nicht schlechter zu stellen als derjenige, der aus wichtigem Grund erstmals die Fachrichtung wechselt oder erstmals die Ausbildung abbricht. Die vom Bundesverwaltungsgericht bei Anwendung des § 17 Abs. 3 BAföG gegen die Annahme eines unabweisbaren Grundes angeführten Umstände greifen nicht gegen die Annahme eines erstmaligen Abbruchs oder Fachrichtungswechsels aus wichtigem Grund. Während § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG ursprünglich den Regelfall einer förderungsfähigen anderen Ausbildung und § 17 Abs. 3 Satz 2 BAföG den Sonderfall eines unabweisbaren Grundes betraf, hat sich dieses Verhältnis durch die Erweiterung des § 17 Abs. 3 Satz 2 BAföG umgekehrt. Es wäre nicht zu begründen, den betreffenden Ausländer nach Eheschließung mit einem Deutschen hinsichtlich der Förderungsart wie in dem Sonderfall eines mehrmaligen Fachrichtungswechsels oder Ausbildungsabbruchs zu behandeln.
II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 188 Satz 2, 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. Die Erklärung über die Notwendigkeit der Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren folgt aus § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, da sie aus Sicht eines verständigen, nicht rechtskundigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte.
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