Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg (21. Kammer) - 21 K 3084/14

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

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Die Klägerin ist Lehrerin und begehrt die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.

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Die am ... 1965 geborene Klägerin legte im Jahr 1982 die mittlere Reife ab. In der Folgezeit absolvierte sie eine Ausbildung zur Buchhändlerin und nahm nach Erlangung der Fachoberschulreife ein Studium auf. Im Jahr 1991 machte die Klägerin ihren Abschluss als Diplom-Sozialpädagogin und war in diesem Beruf zunächst bis zum Jahr 1995 beruflich tätig.

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Im Jahr 1995 brachte die Klägerin Drillinge zur Welt, eine weitere Tochter wurde im Jahr 1996 geboren. Bis September 1999 widmete sie sich der Erziehung ihrer Kinder und übte sodann bis zum Jahr 2007 weiter die Tätigkeit einer Diplom-Sozialpädagogin aus.

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In der Zeit von 2007 bis 2010 absolvierte die Klägerin das Lehramtsstudium an der Universität Hamburg und schloss dieses im November 2010 mit der 1. Staatsprüfung (Grund- und Mittelstufe) ab. Im Anschluss daran leistete die Klägerin den Vorbereitungsdienst und legte im Oktober 2012 die 2. Staatsprüfung ab.

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Seit dem 1.11.2012 ist die Klägerin als tarifbeschäftigte Lehrkraft unbefristet im Schuldienst bei der Beklagten angestellt. Mit Schreiben vom 7.9.2013 beantragte die Klägerin unter Berufung auf die Erziehungszeiten ihrer vier Kinder die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe trotz des Überschreitens der Höchstaltersgrenze.

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Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 18.11.2013 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei wegen des seinerzeit bereits überschrittenen Höchstalters nicht in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen sondern als Tarifbeschäftigte eingestellt worden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der Erziehungszeiten für die vier Kinder gem. § 9 Abs. 3 der Verordnung über die Laufbahnen der hamburgischen Beamtinnen und Beamten vom 1.1.2010 (HmbGVBl. 2009, 511ff., nachfolgend HmbLVO) i.V.m. § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 des Hamburgischen Beamtengesetzes vom 15.12.2009 (HmbGVBl. 2009, 405ff., nachfolgend HmbBG). Denn die Klägerin habe nach Abschluss des Diploms und der Anerkennungspraktika vier Jahre als Diplom-Sozialpädagogin gearbeitet und habe sodann nach einer Unterbrechung ihrer beruflichen Tätigkeit für vier Jahre zum Zweck der Kindererziehung diesen Beruf weitere acht Jahre ausgeübt. Der zu gewährende Ausgleichszeitraum von vier Jahren sei um die Zeiten der Tätigkeit als Diplom-Sozialpädagogin – d.h. um 12 Jahre – zu vermindern. Zudem fehle es an einem ursächlichen Zusammenhang der Geburt und Betreuung der Kinder für die verzögerte Aufnahme des Lehramtsstudiums.

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Gegen die Ablehnung ihres Antrags hat die Klägerin am 27.12.2013 Widerspruch eingelegt. In der Begründung vom 9.1.2014 führt sie aus, die Höchstaltersgrenze verstoße gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und sei deshalb nicht anzuwenden. Es gebe keinen Rechtfertigungsgrund gem. § 10 Satz 2 Ziffer 3 AGG. Es bestehe keine Notwendigkeit für eine angemessene Beschäftigungszeit der Klägerin vor dem Eintritt in den Ruhestand. Sie sei bereits über eine lange Zeit rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Es sei deshalb nicht zu befürchten, dass es zu einer im Verhältnis zu den Ruhegehaltsansprüchen unangemessen kurzen Dienstzeit kommen könnte. Zudem verstoße § 5 Abs. 1 HmbLVO gegen das Verbot der geschlechtsspezifischen Diskriminierung. Es handele sich um eine mittelbare Diskriminierung gem. § 3 Abs. 2 AGG. Die Regelung führe in erster Linie zu einer Benachteiligung von Frauen, da sich diese auch weiterhin überwiegend um die Erziehung von Kindern kümmerten. Dies werde durch die Regelungen in § 9 Abs. 3 HmbLVO nur unzureichend ausgeglichen. Insbesondere stelle die Verminderung des Ausgleichszeitraums um Zeiten einer vorangehenden oder zwischenzeitlichen Ausbildung, Berufstätigkeit oder sonstigen Tätigkeit, die nicht für den Befähigungserwerb oder die Einstellung in einem höheren als dem Einstiegsamt zugrunde gelegt werden, für Frauen eine erhebliche Schlechterstellung dar. Hierbei sei auch der besondere Schutz von Ehe und Familie gem. Art. 6 GG zu beachten. Ferner sei im Fall der Klägerin zu berücksichtigen, dass die Ausübung des Berufs der Diplom-Sozialpädagogin eine besondere Qualifikation für den Lehrerberuf zur Folge habe. Es sei nicht sachgerecht, dass diese Zeiten zu einem Ausschluss des Nachteilsausgleichs führten.

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Am 23.6.2014 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung beruft sie sich auf die Begründung ihres Widerspruchs und führt weiter aus, ihr seien gem. § 9 Abs. 3 HmbLVO Kindererziehungszeiten von sechs Jahren anzurechnen. Sie habe ab 1999 in Teilzeit gearbeitet und hätte ein Vollzeitstudium in dieser Zeit noch nicht aufnehmen können. Die Tätigkeit als Sozialpädagogin dürfe nicht in vollem Umfang in Abzug gebracht werden. Im Übrigen habe sie einen Anspruch gem. § 16 Abs. 2 Nr. 2 HmbLVO auf die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung seien erfüllt. Die Klägerin habe die Geburt von vier Kindern in kurzer Zeit nicht zu vertreten. Die Geburt von Drillingen sei eine Härte im Sinne der Vorschrift. Zudem sei ihre frühere Tätigkeit für ihre Arbeit als Lehrerin wertvoll. Im Übrigen bestehe für die allgemeine Festlegung von Höchstaltersgrenzen kein legitimer Grund. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-416/13 (Urt. v. 13.11.2014) sei davon auszugehen, dass diese diskriminierend seien.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe aufzunehmen.

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Hilfsweise beantragt die Klägerin,

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die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe vom 7.9.2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage anzuweisen.

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Zur Begründung führt sie aus, die streitgegenständliche Regelung verstoße nicht gegen Verfassungs- oder Europarecht; dies sei auch in der Rechtsprechung geklärt. Es bestehe auch kein kausaler Zusammenhang zwischen der Geburt und Betreuung der Kinder und der verzögerten Aufnahme des Studiums im Jahr 2007. Im Übrigen seien lediglich vier Jahre anzurechnen, da es auf die tatsächlich erbrachten Betreuungszeiten ankomme. Diese habe die Klägerin selbst mit vier Jahren angegeben. Auch nach der Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 HmbLVO komme eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht in Betracht. Hinsichtlich der Berücksichtigung von Erziehungszeiten sei § 9 Abs. 3 HmbLVO eine speziellere Regelung, so dass ein Rückgriff auf § 16 Abs. 2 Nr. 2 HmbLVO nicht in Betracht komme. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 HmbLVO nicht erfüllt. Das danach erforderliche Bestehen eines erheblichen dienstlichen Interesses an der Gewinnung von Fachkräften sei im Fall der Klägerin nicht gegeben, weil diese keine Mangelfächer unterrichte.

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Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung wurden die Sachakten der Beklagten (Sachakte und Personalakte) gemacht. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Die als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässige Klage ist nicht begründet. Denn der die Verbeamtung ablehnende Bescheid vom 18.11.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe (1.) bzw. die erneute Bescheidung ihres Verbeamtungsantrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (2.)

1.

18

Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 18.11.2013 und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Diesem Verpflichtungsbegehren steht bereits entgegen, dass Feststellungen zur gesundheitlichen Eignung der Klägerin fehlen, da eine amtsärztliche Untersuchung als Voraussetzung für die angestrebte Verbeamtung nicht stattgefunden hat (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 29.3.2017, 2 K 4254/15, juris Rn. 27 m.w.N.).

2.

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Aber auch der Hilfsantrag, mit dem die Klägerin eine Neubescheidung ihres Verbeamtungsantrages erreichen will (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), führt nicht zum Erfolg.

20

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über ihren Antrag. Zwar ist die streitgegenständliche Verfügung formell rechtswidrig, da es an der erforderlichen Anhörung der Klägerin fehlt. Diese Verfahrensfehler sind vorliegend jedoch jedenfalls unbeachtlich gem. § 46 HmbVwVfG, so dass die Klägerin durch die ablehnende Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt ist (a.). Denn die Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe liegen nicht vor (b.). Gem. § 9 BeamtStG sind Ernennungen von Beamten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen. Maßgeblich für den Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung ihres Antrags auf Einstellung in das Probebeamtenverhältnis ist, da mit der Altersgrenze eine reine Rechtsfrage in Streit steht, die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 26.7.2017, 6 A 1423/16, juris Rn. 3ff. m.w.N.). Denn die Einstellung in ein Beamtenverhältnis ist eine statusbegründende Entscheidung und nur möglich, wenn sämtliche beamten- und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen, zu denen auch die Einhaltung einer Altersgrenze gehört, im Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses erfüllt sind (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 29.3.2017, 2 K 4254/15, juris Rn. 30). Die Klägerin überschreitet jedoch die Einstellungshöchstaltersgrenze (aa). Die für die Beamten des Landes Hamburg bestehende Regelung ist auch unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung wirksam (bb). Im Fall der Klägerin gilt auch nicht eine erhöhte Altersgrenze nach Maßgabe des § 9 Abs. 3 HmbLVO, da in ihrem Fall jedenfalls die Tätigkeit als Diplom-Sozialpädagogin anzurechnen ist; diese Anrechnungszeiten übersteigen auch die Zeiten der Kinderbetreuung (cc). Ein Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Verbeamtungsantrag besteht darüber hinaus nicht nach Maßgabe der Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 HmbLVO, da die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Tatbestände nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 nicht erfüllt sind (dd). Im Einzelnen:

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a. Die formelle Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Verbeamtungsantrags begründet keine Verpflichtung zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin. Zwar fehlt es an der erforderlichen Anhörung der Klägerin gem. § 28 Abs. 1 HmbVwVfG. Dieser Verfahrensfehler – sofern er nicht gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 HmbVwVfG geheilt sein sollte – ist vorliegend aber jedenfalls unbeachtlich gem. § 46 VwVfG, so dass es an einer Rechtsverletzung der Klägerin fehlt.

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aa. Eine Heilung setzt gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 HmbVwVfG voraus, dass die versäumte Anhörung nachgeholt wird.

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(1) Eine wirksame Nachholung im Verwaltungsverfahren darf dabei hinter den Anforderungen des § 28 Abs. 1 HmbVwVfG nicht zurückbleiben, d.h. es muss für den Betroffenen erkennbar die Möglichkeit eröffnet werden, gegen die Verfügung den vorgesehenen Rechtsbehelf einzulegen, und in diesem Zusammenhang die Gelegenheit bestehen, alles vorzubringen, was sich gegen den Verwaltungsakt anführen lässt, d.h. dass der Betroffene insbesondere zu den in der Verfügung verwerteten Tatsachen Stellung nehmen und weitere ihm bedeutsam erscheinende Tatsachen vortragen kann (vgl. etwa OVG NRW, Beschl. v. 21.7.2010, 13 B 665/10, juris Rn. 5 m.w.N.). Vorliegend hat die Klägerin ihren Widerspruch begründet und die Beklagte hat nach Aktenlage das Vorbringen der Klägerin gewürdigt, jedoch am 2.7.2014 eine Abhilfeentscheidung abgelehnt und in der Klageerwiderung vom 16.7.2014 darauf hingewiesen, dass eine Abänderung der Entscheidung im Widerspruchsverfahren aus ihrer Sicht nicht in Betracht komme. Jedoch ist es aufgrund des bereits laufenden Klagverfahrens nicht mehr zu einer Entscheidung über den Widerspruch gekommen, so dass fraglich erscheint, ob auf diesem Weg eine Heilung eingetreten sein könnte, da ein Anhörungsmangel noch nicht allein dadurch geheilt wird, dass der Betroffene seine Einwendungen im Wege des Widerspruchs vortragen kann. Vielmehr muss die Behörde ein etwaiges Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung ziehen, um den Verfahrensmangel durch den Erlass des Widerspruchsbescheides zu beheben (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 21.7.2010, a.a.O., Rn. 6). Vorliegend spricht gegen eine Heilung im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 3 HmbVwVfG im Verwaltungsverfahren der Umstand, dass die zuständige Widerspruchsbehörde aufgrund der Untätigkeitsklage mit der Bearbeitung des Widerspruchs gar nicht mehr befasst war.

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(2) Darüber hinaus kommt vorliegend aber auch eine Heilung im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens in Betracht. Hier gilt der Grundsatz, dass für eine wirksame Nachholung auch im gerichtlichen Verfahren die materielle Gleichwertigkeit mit einer Anhörung im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Es kann dabei ausreichen, wenn die Behörde dem Betroffenen zu erkennen gibt, dass sie unter Berücksichtigung seines Vorbringens erneut prüft, ob sie an ihrer Verfügung festhält (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 21.7.2010, a.a.O., Rn. 7). Eine Heilung tritt dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird, d.h. die Behörde muss ein etwaiges Vorbringen bei ihrer Entscheidung in Erwägung ziehen. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren reichen als solche zur Heilung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nicht aus (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, 3 C 16/11, Rn. 18). Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken (BVerwG, Urt. v. 17.12.2015, 7 C 5.14, juris Rn. 17 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, da die Beklagte zu erkennen gegeben hat, dass sie sich mit dem Vorbringen der Klägerin im Widerspruchsverfahren sowie insbesondere in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt hat. Sie hat dabei auch den beruflichen Werdegang der Klägerin sowie die Zeiten der Kinderbetreuung im Hinblick auf einen möglichen Nachteilsausgleich nach § 9 Abs. 3 HmbLVO gewürdigt und näher dargelegt, weshalb eine Änderung des streitgegenständlichen Bescheids nicht erfolgen konnte.

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bb. Im Übrigen wäre der Verfahrensfehler vorliegend jedenfalls unbeachtlich gem. § 46 VwVfG. Denn es ist offensichtlich, dass der Mangel die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies ist der Fall wenn die fehlende Kausalität für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten und verständigen Beobachter ohne Weiteres – etwa mit Hilfe von Akten oder sonstigen Unterlagen – ersichtlich ist, d.h. gleichsam „ins Auge springt“. Die Annahme der „Offensichtlichkeit“ ist allerdings ausgeschlossen, wenn nach den Umständen des Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre (BVerwG, Beschl. v. 5.11.2013, 2 B 60/13, juris Rn. 11). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die fehlende Anhörung der Klägerin hat hier die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst, weil der Beklagten ersichtlich die maßgeblichen Tatsachen vollständig bekannt waren und ein Entscheidungsspielraum zugunsten der Klägerin letztlich nicht bestand. Die Entscheidung wäre auch bei einer ordnungsgemäßen Anhörung nicht anders ausgefallen, da eine Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe aufgrund der bestehenden Einstellungshöchstaltersgrenze insbesondere auch unter Berücksichtigung der Regelungen über den Nachteilsausgleich nicht in Betracht kam und Anhaltspunkte für eine Ausnahme nach § 16 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 HmbLVO nicht vorlagen.

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b. Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht vor, so dass ein Anspruch auf eine erneute Entscheidung über den Verbeamtungsantrag der Klägerin nicht besteht.

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aa. Die am ... 1965 geborene Klägerin ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung 52 Jahre alt und hat - wie schon bei Beantragung der Verbeamtung im Jahr 2013 - die Altersgrenze des § 5 Abs. 1 HmbLVO von 45 Jahren überschritten.

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bb. Diese für die Beamten des Landes Hamburg geltende Regelung einer Einstellungshöchstaltersgrenze ist auch unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung wirksam.

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Die hier maßgebliche Regelung der Höchstaltersgrenze in § 5 Abs. 1 HmbLVO verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht. Zwar stellt eine solche Regelung einen Eingriff in die Grundrechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 (Zugang zu öffentlichen Ämtern) und Art. 12 Abs. 1 (Berufsfreiheit) GG dar, sie ist jedoch auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit hat (Beschl. v. 21.4.2015, 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12, juris Rn. 75ff.). Aus demselben Grund liegt auch kein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (RL 2000/78/EG) vor (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 11.10.2016, 2 C 11.15, juris Rn. 20ff.). Auch die konkrete Festlegung des Höchstalters für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe auf 45 Jahre ist nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:

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(1) Der Landesgesetzgeber ist zunächst nicht durch eine abschließende Regelung des Bundesgesetzgebers im Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - nach Maßgabe der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit an einer eigenen Regelung gehindert und daher zur Regelung einer Höchstaltersgrenze befugt (vgl. Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG). Im Beamtenstatusgesetz finden sich keine Vorgaben zu altersbezogenen Einstellungsvoraussetzungen. Vor dem Hintergrund, dass Höchstaltersgrenzen bereits in der Vergangenheit durch die Länder geregelt wurden und der Verfassungsgesetzgeber bei der Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen im Beamtenrecht ausdrücklich klargestellt hat, dass Regelungsbereiche, die bereits bislang in der Kompetenz der Länder lagen, nicht durch Statusregelungen erfasst werden sollen, kann insofern auch nicht von einem "beredten Schweigen" des Bundesgesetzgebers in dem Sinne ausgegangen werden, dass solche Altershöchstgrenzen kraft Bundesrechts ausgeschlossen sein sollen (vgl. dazu VG Minden, Urt. v. 10.11.2016, 4 K 2803/15, juris, Rn. 28 m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27.5.2016, 1 K 4814/15, juris, Rdn. 28ff.).

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(2) Auch im Übrigen verstößt die Vorschrift des § 5 Abs. 1 HmbLVO nicht gegen höherrangiges Recht. Danach dürfen in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Ableistung einer Probezeit nach § 19 Absatz 1 HmbBG vorbehaltlich der Regelungen über den Nachteilsausgleich – der in § 9 HmbLVO geregelt ist – Laufbahnbewerberinnen und Laufbahnbewerber und andere Bewerberinnen und Bewerber in der Regel nicht mehr berufen werden, die das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese auf § 25 Satz 2 Nr. 4 HmbBG beruhende Regelung erfüllt die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung vom 21.4.2015 formulierten Vorgaben zur Vereinbarkeit einer solchen Höchstaltersgrenze mit den hiervon betroffenen Grundrechten aus Art. 12 und Art. 33 Abs. 2 GG (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12, juris). Denn § 25 Satz 2 Nr. 4 HmbBG stellt für die hier maßgebliche Regelung der Laufbahnverordnung eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage dar. Im Einzelnen:

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(aa) Für die Festlegung von Einstellungshöchstaltersgrenzen im Beamtenrecht geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichteten den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen. Wann es aufgrund der Wesentlichkeit einer Entscheidung einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, hänge vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes ab. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien seien dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten zu entnehmen. Als wesentlich seien Regelungen zu verstehen, die für die Verwirklichung von Grundrechten erhebliche Bedeutung haben und sie besonders intensiv betreffen (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12, juris Rn. 52 m.w.N.). Weiter heißt es in der Entscheidung, eine Pflicht zum Tätigwerden des Gesetzgebers bestehe insbesondere in mehrdimensionalen, komplexen Grundrechtskonstellationen, in denen miteinander konkurrierende Freiheitsrechte aufeinander treffen und deren jeweilige Grenzen fließend und nur schwer auszumachen seien. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, die Schranken der widerstreitenden Freiheitsgarantien jedenfalls so weit selbst zu bestimmen, wie eine solche Festlegung für die Ausübung dieser Freiheitsrechte wesentlich ist (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 53 m.w.N.).

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Grundsätzlich könnten auch Gesetze, die zu Rechtsverordnungen und Satzungen ermächtigen, den Voraussetzungen des Gesetzesvorbehalts genügen, die wesentlichen Entscheidungen müssten aber durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst erfolgen. Die Wesentlichkeitsdoktrin beantworte daher nicht nur die Frage, ob überhaupt ein bestimmter Gegenstand gesetzlich zu regeln ist. Sie sei vielmehr auch dafür maßgeblich, wie genau diese Regelungen im Einzelnen sein müssten. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage bei Delegation einer Entscheidung auf den Verordnungsgeber stelle insoweit eine notwendige Ergänzung und Konkretisierung des Gesetzesvorbehalts und des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dar (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 54). Dabei sei die parlamentarische Leitentscheidung an den rechtsstaatlichen Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu messen, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssten. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG führe als eine Ausprägung des "allgemeinen Gesetzesvorbehalts" den staatlichen Eingriff durch die Exekutive nachvollziehbar auf eine parlamentarische Willensäußerung zurück. Die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm müsse der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt werde: Je erheblicher diese in die Rechtsstellung des Betroffenen eingreife, desto höhere Anforderungen müssten an den Bestimmtheitsgrad der Ermächtigung gestellt werden. Schon aus der Ermächtigung müsse daher erkennbar und vorhersehbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Die in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG festgelegten, aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem des Grundgesetzes folgenden Grundsätze seien auch für die Landesgesetzgebung verbindlich (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 55f. m.w.N.).

34

Das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG gelte auch im Bereich des öffentlichen Dienstes; Art. 33 Abs. 2 GG ermögliche insoweit allerdings ergänzende Sonderregelungen. Art. 12 Abs. 1 GG entfalte seinen Schutz gegen alle staatlichen Maßnahmen, die diese Wahlfreiheit beschränken. Die Berufsfreiheit stehe - anders als Art. 33 Abs. 2 GG - unter dem spezifischen Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Ein wesentlicher Eingriff in dieses Grundrecht sei anzunehmen, wenn die Eingriffsregelung die Freiheit der Berufswahl betreffe oder statusbildenden Charakter habe (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 58 m.w.N.). Darüber hinaus treffe Art. 33 Abs. 2 GG eine Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ergänzende Regelung zu Arbeitsverhältnissen des öffentlichen Dienstes. Hiernach werde jedem Deutschen das Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährleistet. Die Geltung dieser Grundsätze werde von Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Vorbehaltlos gewährte Grundrechte würden grundsätzlich nur durch kollidierendes Verfassungsrecht - Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang – eingeschränkt (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 59 m.w.N.). In diesem Bereich sei es vorrangig Aufgabe des Parlamentsgesetzgebers, die Abwägung und den Ausgleich zwischen dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und anderen in der Verfassung geschützten Belangen vorzunehmen. Ausnahmen vom Leistungsgrundsatz beim Zugang zum Beamtenverhältnis bedürften demnach grundsätzlich einer (parlaments-)gesetzlichen Grundlage (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 60 m.w.N.).

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Für das Erfordernis einer Regelung des parlamentarischen Gesetzgebers seien zudem die europarechtlichen Ausformungen des Verbots der Altersdiskriminierung durch die Richtlinie 2000/78/EG in den Blick zu nehmen, die konkrete Vorgaben für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung wegen des Alters mache. Diese unionsrechtlichen Anforderungen verstärkten das verfassungsrechtliche Erfordernis, dass der parlamentarische Gesetzgeber zur Beantwortung der Frage der Einführung und Ausgestaltung von beamtenrechtlichen Höchstaltersgrenzen berufen sei, weil die Rechtfertigung von Art und Maß einer Ungleichbehandlung auch danach eine Abwägung mit anderen legitimen Zielen erfordere (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 61 m.w.N.). Der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG erstrecke sich auch auf Beamtenverhältnisse und verbiete Diskriminierungen wegen des Alters. Die Ablehnung eines Bewerbers wegen Überschreitens einer Höchstaltersgrenze stelle eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dar. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG könnten Mitgliedstaaten jedoch vorsehen, dass derartige Ungleichbehandlungen "keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel (...) gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind". Satz 2 der Vorschrift enthalte eine Reihe von Beispielen für zulässige Ungleichbehandlungen wegen des Alters, unter anderem die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe c RL 2000/78/EG). Der Gerichtshof der Europäischen Union habe klargestellt, dass die Mitgliedstaaten nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Ermessensspielraum verfügten. Dabei werde der Spielraum begrenzt durch das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit. Die Ungleichbehandlung müsse geeignet sein, das angestrebte Ziel zu erreichen, und dürfe nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich und angemessen sei. Davon ausgehend habe nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union der zuständige nationale Normgeber zu beurteilen und abzuwägen, ob die beamtenrechtlichen Höchstaltersgrenzen notwendig seien, um entweder ein Missverhältnis zwischen der aktiven Dienstzeit eines Beamten und der den Dienstherrn treffenden Versorgungslast zu vermeiden oder um andere legitime Ziele im Sinne der Generalklausel des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 RL 2000/78/EG zu verwirklichen (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 62ff. m.w.N.).

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(bb) Gemessen an diesen Vorgaben ist die Regelung in § 5 Abs. 1 HmbLVO nicht zu beanstanden.

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Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es sich hier um eine Regelung auf der Ebene einer Rechtsverordnung handelt, so dass sich die Frage der Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes durch den Landesgesetzgeber zunächst in gleicher Weise stellt, wie im Fall der vom Bundesverfassungsgericht als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärten Regelungen in der früheren Laufbahnverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Jedoch ist im Fall des § 5 Abs. 1 HmbLVO – anders als in dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegenden Fall – eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende, ausreichend konkrete Ermächtigungsgrundlage für die Regelung einer Einstellungshöchstaltersgrenze vorhanden. Das maßgebliche Landesrecht sieht eine konkrete Ermächtigungsgrundlage in § 25 HmbBG vor. Danach erlässt der Senat unter Berücksichtigung der §§ 10 und 13 bis 24 HmbBG durch Rechtsverordnung Vorschriften für die Laufbahnen. Gemäß § 25 Satz 2 Nr. 4 HmbBG „sollen“ dabei insbesondere Altersgrenzen für die Einstellung in einen Vorbereitungsdienst und in ein Beamtenverhältnis auf Probe geregelt werden.

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Anders als die pauschale Ermächtigung zur Regelung des Laufbahnwesens in § 5 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F., die Grundlage der im Bundesland Nordrhein-Westfalen geltenden Höchstaltersgrenzen nach Maßgabe der Verordnung über die Laufbahnen der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen vom 23. November 1995 (GVBl.1996 S. 1) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Laufbahnverordnung und anderer dienstrechtlicher Vorschriften vom 30. Juni 2009 des Landes Nordrhein-Westfalen (GVBl. S. 381) war, verdeutlicht vorliegend schon die ausdrückliche Nennung einer Einstellungshöchstaltersgrenze in § 25 Satz 2 Nr. 4 HmbBG, dass der Gesetzgeber sich mit der Frage der grundsätzlichen Beibehaltung von Höchstaltersgrenzen befasst und die Notwendigkeit derartiger Regelung auch weiterhin angenommen hat (vgl. zur Vereinbarkeit einer solchen ausdrücklichen Ermächtigung zur Regelung einer Einstellungshöchstaltersgrenze durch Rechtsverordnung mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen Kawik, ZBR 2016, 404, 411 sowie Bünnigmann, DÖV 2015, 832, 836). Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 25 Satz 2 HmbBG. Denn da die Vorschrift als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, wird die Frage des „ob“ der Regelung einer Einstellungshöchstaltersgrenze bereits durch den Gesetzgeber beantwortet. Hierfür spricht darüber hinaus, dass der Gesetzgeber im Gesetz selbst auch in § 23 Abs. 3 Nr. 2 HmbBG eine Regelung über den Nachteilsausgleich vorgesehen hat, nach der zum Ausgleich beruflicher Verzögerungen infolge der Geburt oder der tatsächlichen Betreuung oder Pflege eines Kindes unter achtzehn Jahren oder der tatsächlichen Pflege einer oder eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen eine für die Einstellung in einen Vorbereitungsdienst oder in ein Beamtenverhältnis auf Probe vorgesehene Höchstaltersgrenze für diejenigen Bewerberinnen und Bewerber erhöht werden kann, die wegen der Geburt, Betreuung oder Pflege eines Kindes von einer Bewerbung vor Erreichen der Höchstaltersgrenze abgesehen haben. Auch diese Bestimmung – deren Einzelheiten nach § 25 Satz 2 Nr. 10 HmbBG ebenfalls in der Laufbahnverordnung zu regeln sind – zeigt, dass dem Landesgesetzgeber auch die mit der Regelung von Höchstaltersgrenzen verbundenen Probleme bewusst waren und eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen stattgefunden hat.

39

(cc) Darüber hinaus verstößt die konkret festgesetzte Einstellungshöchstgrenze von 45 Jahren gem. § 5 Abs. 1 HmbLVO nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG.

40

Der mit dieser Festlegung verbundene Eingriff in den Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG ist durch das Lebenszeitprinzip und das Alimentationsprinzip, welche mit Verfassungsrang ausgestattete, anerkannte Grundsätze des Berufsbeamtentums darstellen, nach den vorstehend aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vorgaben gerechtfertigt (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12, juris Rn. 80ff.). Denn es besteht die Verpflichtung des Dienstherrn, eine nachhaltige Finanzierbarkeit des beamtenrechtlichen Versorgungssystems sicherzustellen. Die Einstellungshöchstgrenze dient diesem Zweck, indem sie - insbesondere vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartung und Ruhestandsgrenzen - ein ausgewogenes zeitliches Verhältnis zwischen Lebenszeit und Ruhestandszeit und damit zwischen aktiver Beschäftigungszeit und Versorgungsansprüchen gewährleistet (BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, a.a.O., Rn. 83ff. m.w.N.). Da die Festlegung des Werts zukünftiger Versorgungslasten naturgemäß mit vielen Unwägbarkeiten verbunden ist, hat der Gesetzgeber bei der Einführung und Ausgestaltung von Einstellungshöchstgrenzen für Beamte einen weiten Einschätzungsspielraum (BVerwG, Urt. v. 23.2.2012, 2 C 76/10, juris Rn. 21). Dieser Gestaltungsspielraum ist vorliegend nicht verletzt (vgl. auch VGH BW, Urt. v. 31.5.2011, 4 S 187/10, juris Rn. 33ff.; BVerwG, Urt. v. 11.10.2016, 2 C 11.15, juris, Rn. 18ff. zu § 14 LBG NRW: Altersgrenze 42 Jahre). Die Einführung einer Altersgrenze von 45 Jahren erscheint verhältnismäßig insbesondere in Anbetracht des Umstands, dass im Einzelfall nicht absehbar ist, ob ein Beamter bereits vor Ablauf der regulären Dienstzeit dienstunfähig wird oder aus anderen Gründen vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird. Zudem sind neben den Versorgungsansprüchen auch Beihilfeansprüche des Beamten zu berücksichtigen, die auch bei geringen Dienstzeiten lebenslang gezahlt werden (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 29.3.2017, 2 K 4254/15, juris Rn. 35). Überdies ist in die Betrachtung einzubeziehen, dass sich außerdienstliche Erwerbszeiten durch die besoldungsrelevante Festsetzung von Erfahrungsstufen gem. §§ 27 Abs. 2, 28 HmbBesG auch auf die Versorgungslast des Dienstherrn auswirken. Folglich kommt es nicht darauf an, ob ein mit Vollendung des 45. Lebensjahrs eingestellter Beamter bei regelmäßigem Verlauf der Dinge jedenfalls rechnerisch mehr als die Dienstjahre erbringen kann, die zur Erdienung der Mindestversorgung notwendig sind (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 29.3.2017, a.a.O.). Im Übrigen ist festzustellen, dass die vorliegend geltende Einstellungshöchstgrenze noch deutlich über der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung als zulässig angesehenen Grenze von 42 Jahren liegt; auch dies spricht gegen eine unverhältnismäßige Ausgestaltung in § 5 Abs. 1 HmbLVO.

41

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Richtlinie 2000/78/EG sowie dem zu ihrer Umsetzung ergangenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 11.10.2016 an (BVerwG, Urt. v. 11.10.2016, 2 C 11.15, juris Rn. 21ff.), die auch für die hier zu beurteilende Regelung gelten. Die Einstellungshöchstaltersgrenze in § 5 Abs. 1 HmbLVO stellt zwar eine Benachteiligung wegen des Alters dar. Sie dient jedoch einem legitimen Ziel, nämlich dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten, das auch unionsrechtlich anerkannt ist (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c Richtlinie 2000/78/EG bzw. § 10 Satz 3 Nr. 3 AGG; siehe auch EuGH, Urt. v. 13.11.2014, C-416/13, juris Rn. 71f.). Des Weiteren steht auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bei der Beurteilung der Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme den Mitgliedstaaten ein weiter Wertungsspielraum zu (EuGH, Urt. v. 13.11.2014, a.a.O., Rn. 67). Die Höchstaltersgrenze von 45 Jahren für den Zugang zum Beamtenverhältnis ist nach alledem auch nach den Maßstäben des Unionsrechts ein geeignetes und erforderliches Mittel um eine angemessene, die Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen.

42

cc. Die Klägerin überschreitet auch unter Berücksichtigung des in § 9 Abs. 3 HmbLVO vorgesehenen Nachteilsausgleichs diese Einstellungshöchstaltersgrenze.

43

Gem. § 9 Abs. 3 Satz 1 HmbLVO ist zum Ausgleich einer Verzögerung des beruflichen Werdegangs nach § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 HmbBG dem Höchstalter für die Einstellung in einen Vorbereitungsdienst oder in ein Beamtenverhältnis auf Probe bei Bewerberinnen und Bewerbern, die aufgrund der Zeiten der Betreuung mindestens eines Kindes unter 18 Jahren oder der tatsächlichen Pflege einer oder eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen von einer Bewerbung um Einstellung vor Erreichen der jeweils vorgesehenen Höchstaltersgrenze abgesehen haben, je Kind oder Pflegefall ein Ausgleichszeitraum von drei Jahren, maximal jedoch ein Ausgleichszeitraum von sechs Jahren hinzuzurechnen. Jedoch ist gem. § 9 Abs. 3 Satz 2 HmbLVO der Ausgleichszeitraum um Zeiten einer vorangehenden oder zwischenzeitlichen Ausbildung, Berufstätigkeit oder sonstigen Tätigkeit zu vermindern, soweit diese nicht für den Befähigungserwerb oder die Einstellung in einem höheren als dem Eingangsamt zugrunde gelegt werden, im Zusammenhang mit der Betreuung oder Pflege stehen oder nach Absatz 2 berücksichtigungsfähig sind.

44

Im Fall der Klägerin kommen nach dieser Bestimmung anrechenbare Zeiten von 4 Jahren in Betracht, denn in diesem Umfang hat die Klägerin von der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit abgesehen um sich der Betreuung ihrer insgesamt vier Kinder zu widmen. Nach Auffassung der Kammer folgt aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 1 HmbLVO, dass die tatsächliche Betreuung oder Pflege eines Kindes unter 18 Jahren für das Absehen einer Bewerbung um Einstellung in einen Vorbereitungsdienst vor Vollendung des 40. Lebensjahres kausal (gewesen) sein muss („aufgrund“). Dies entspricht – auch nach der Rechtsprechung zu vergleichbaren Regelungen anderer Bundesländer – dem Sinn der Vorschrift (vgl. nur Nds. OVG, Urt. v. 1.4.2014, 5 LB 80/13, juris Rn. 57 m.w.N.). Denn durch derartige Regelungen zum Nachteilsausgleich soll nicht das Höchstalter für die Einstellung in einen Vorbereitungsdienst pauschal um Zeiten der Kinderbetreuung erhöht werden, sondern die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe lediglich dann nicht an Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege sonstiger Angehöriger scheitern, wenn diese Zeiten den maßgeblichen Grund für die Überschreitung des Höchstalters darstellen (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 24.1.2011, 2 B 2/11, juris Rn. 17). Jeder andere Grund, eine Bewerbung zu unterlassen, ist nach Erreichen der allgemeinen Höchstaltersgrenze nicht mehr geeignet, diese Grenze zu überschreiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.2.2010, 2 C 22/09, juris Rn. 29 m.w.N.). Durch die Regelung in § 9 Abs. 3 HmbLVO sollen nur diejenigen Nachteile ausgeglichen werden, die mit den geregelten Ausnahmetatbeständen ursächlich zusammenhängen. Unterbrechungen des Kausalzusammenhanges durch weitere, vom Verordnungsgeber nicht privilegierte Ursachen bleiben bedeutsam, weil insoweit kein Grund für eine Privilegierung hiervon betroffener Bewerber besteht (BVerwG, Beschl. v. 24.1.2011, 2 B 2/11, juris Rn. 17; ebenso OVG NRW, Beschl. v. 23.5.2013, 6 A 310/12, juris Rn. 40 und Beschl. v. 25.7.2013, 6 A 630/13, juris Rn. 3).

45

Dementsprechend ist die Kausalität zu verneinen, wenn nach der Zeit der Kinderbetreuung anderweitige von dem Laufbahnbewerber zu vertretende Umstände hinzukommen, die unabhängig von der Kinderbetreuung erst die Bewerbung um Einstellung in den Vorbereitungsdienst über die Altersgrenze hinausgeschoben haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.7.2000, 2 C 21/99, Rn. 20; OVG NRW, Beschl. v. 18.8.2008, 6 A 4588/06, juris Rn. 5 und Urt. v. 21.6.2012, 6 A 123/11, juris Rn. 47). Dabei ist zu berücksichtigen, dass für eine Kinderbetreuungszeit im Sinne der Ausnahmeregelung nicht eine Übernahme der Kinderbetreuung in der Freizeit, wie sie schon normalerweise auch von einem hauptberuflich tätigen oder in der Berufsausbildung stehenden Elternteil erwartet werden kann, ausreicht. Vielmehr soll die Regelung nach ihrer sozialpolitischen Bedeutung erreichen, dass Bewerbern, die gerade zugunsten der Kinderbetreuung die Berufsausbildung oder Berufsausübung hinausgeschoben oder unterbrochen haben, die damit verbundene Verzögerung in begrenztem Umfang hinsichtlich des Einstellungshöchstalters ausgeglichen wird. Daraus ergibt sich, dass Zeiten einer Kinderbetreuung im Sinne der Ausnahmeregelung nur solche sind, in denen sich der Bewerber anstelle der Berufsbildung oder Ausübung ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung gewidmet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.6.1998, 2 C 6/98, juris Rn. 22). Eine Kinderbetreuung im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 HmbLVO setzt also grundsätzlich eine Betreuungsleistung in einem mindestens halbtägigen Umfang voraus (OVG NRW, Beschl. v. 5.7.2013, a. a. O., Rn. 15 m.w.N.).

46

Maßgeblich kommt es für die Frage eines kausalen Zusammenhangs im Übrigen darauf an, zu welchem Zeitpunkt der jeweilige Bewerber den ernsthaften Entschluss zur Ausübung der Tätigkeit – etwa des Lehrerberufs – gefasst hat (Nds. OVG, Beschl. v. 24.8.2016, 5 LA 46/16, juris Rn. 30). Denn die Anhebung der Höchstaltersgrenze soll nicht nur für den Fall der Kinderbetreuungszeiten nach oder jedenfalls während der Ausbildungszeit ermöglicht werden. Vielmehr ist es bereits ausreichend, wenn etwa eine Lehramtsbewerberin ihr Studium nach Geburt und Erziehung eines Kindes nur noch mit erheblichen Verzögerungen abschließen konnte und deshalb die Höchstaltersgrenze überschreitet, und auch vor dem Studienbeginn liegende Kinderbetreuungszeiten können im Grundsatz als Ursache für eine verspätete Bewerbung um Einstellung in den Vorbereitungsdienst in Betracht kommen. Jedoch ist die Kausalität zu verneinen, wenn die Kinderbetreuungszeiten vor dem Entschluss lagen, die Lehrerlaufbahn einzuschlagen. Denn wenn jemand erst nach Beendigung der (überwiegenden) Kinderbetreuungszeiten den ernstlichen Entschluss fasst, ein Lehramtsstudium zu absolvieren - etwa, weil der Lehrerberuf als gut mit der Betreuung einer Familie vereinbar angesehen wird - und ihm sodann eine Bewerbung um Einstellung in den Vorbereitungsdienst vor Erreichen der Höchstaltersgrenze nicht möglich ist, so hat nicht der Umstand der Kinderbetreuung zur Überschreitung der allgemeinen Höchstaltersgrenze geführt, sondern der späte Entschluss, den Lehrerberuf zu ergreifen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 12.4.2016, 5 LA 50/15, juris Rn. 31; siehe auch VG Düsseldorf, Urt. v. 6.5.2014, 2 K 3217/13, juris Rn. 31ff.).

47

Im Fall der Klägerin ist – wie auch die Beklagte ausgeführt hat – bereits nicht davon auszugehen, dass gemessen an den vorstehend dargelegten Grundsätzen überhaupt ein kausaler Zusammenhang zwischen der Kinderbetreuung und der Überschreitung der Höchstaltersgrenze besteht. Für die Annahme der Kausalität von Verzögerungstatbeständen sind im Interesse einer berechenbaren und gleichmäßigen Verwaltungspraxis objektive, nach außen erkennbare Anhaltspunkte für die rechtzeitige Hinwendung zum Lehrerberuf erforderlich, wenn - wie im Fall der Klägerin – der Einstellungsbewerber zuvor eine andere Ausbildung durchlaufen und auch einen anderen Beruf ergriffen hat. Denn die Entscheidung für einen Beruf im (öffentlichen) Schuldienst ist Voraussetzung dafür, dass eine spätere Kinderbetreuung oder andere Privilegierungstatbestände überhaupt zu einer kausalen Verzögerung über die in eben diesem Dienst geltende Höchstaltersgrenze hinaus führen können. Die hierfür maßgeblichen Tatsachen hat der Einstellungsbewerber selbst darzulegen und - soweit erforderlich - zu beweisen. Ausgehend davon können für die Hinwendung zum Lehrerberuf etwa die Behauptung eines intern gebliebenen Entschlusses und auch familieninterne Absprachen jedenfalls dann nicht ausreichen, wenn nach einer solchen behaupteten Absprache eine Berufstätigkeit in einem Bereich aufgenommen wird, der mit dem Lehrerberuf in keinem Zusammenhang steht (vgl. zu diesen Anforderungen OVG NRW, Beschl. v. 26.8.2013, 6 A 307/13, juris Rn. 5f. sowie Beschl. v. 29.10.2014, 6 A 1842/13, juris Rn. 11).

48

Im Fall der Klägerin ist – unbeschadet der zweifellos bestehenden Nähe ihres früheren Berufsfelds zum Lehrerberuf – nicht ersichtlich, das bereits zu den Zeiten der überwiegenden Kinderbetreuung in den Jahren 1995-1999 der (feste) Entschluss bestanden hatte, den Lehrerberuf zu ergreifen. Vielmehr hatte die Klägerin bereits erfolgreich ein Studium an einer Fachhochschule absolviert und ihren erlernten Beruf sowohl vor als auch nach der Geburt der Kinder mehrere Jahre lang ausgeübt. Dies lässt – auch unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – den Schluss zu, dass die Klägerin erst nach Beendigung der (überwiegenden) Kinderbetreuungszeiten den endgültigen Entschluss gefasst hat, ein Lehramtsstudium zu absolvieren; dieser hat sich sodann auch erst im Jahr 2007 durch die Aufnahme des Studiums in nach außen erkennbarer Weise manifestiert. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass zuvor, d.h. zum Zeitpunkt der Geburt der Kinder, ein solcher Entschluss bestanden hatte, sind hingegen nicht ersichtlich.

49

Im Übrigen wären jene Zeiten nach der vorliegend maßgeblichen landesrechtlichen Regelung ohnehin in Abzug zu bringen, da § 9 Abs. 3 Satz 2 HmbLVO vorsieht, dass der Ausgleichszeitraum um Zeiten einer vorangehenden oder zwischenzeitlichen Berufstätigkeit zu vermindern ist, soweit diese nicht für den Befähigungserwerb oder die Einstellung in einem höheren als dem Eingangsamt zugrunde gelegt werden, im Zusammenhang mit der Betreuung oder Pflege stehen oder nach § 9 Abs. 2 HmbLVO berücksichtigungsfähig sind. Die Tätigkeit als Diplom-Sozialpädagogin mag zwar – wie die Klägerin ausgeführt hat – für die Ausübung des Lehrerberufs durchaus dienlich sein, jedoch besteht kein Zusammenhang dahingehend, dass eine solche für den Befähigungserwerb erforderlich wäre. Daher ist im Ergebnis im Fall der Klägerin eine Erhöhung der Einstellungshöchstaltersgrenze abzulehnen, da die anzurechnenden Zeiten die Zeiten der überwiegenden Kinderbetreuung deutlich übersteigen.

50

dd. Ein Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Verbeamtungsantrag besteht darüber hinaus nicht nach Maßgabe der Ausnahmeregelung des § 16 HmbLVO, da die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Tatbestände nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 HmbLVO nicht erfüllt sind. Im Einzelnen:

51

(1) Gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. Abs. 2 Nr. 1 HmbLVO können im Einzelfall oder für Gruppen von Fällen u.a. Ausnahmen von den Vorschriften über das Höchstalter für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe unbeschadet der Regelungen des Nachteilsausgleichs gem. § 9 HmbLVO zugelassen werden, wenn ein erhebliches dienstliches Interesse an der Gewinnung oder der Bindung von Fachkräften besteht. Jedoch hat die Beklagte dargelegt, dass im Fall der Klägerin ein solches erhebliches dienstliches Interesse nicht vorlag, da für die Fächerkombination der Klägerin, die die Fächer Geschichte/Politik und Religion unterrichtet, kein Mangel besteht, sondern jeweils eine Vielzahl an Bewerbern vorhanden ist, die die Zahl der zu besetzenden Stellen deutlich übersteigt.

52

(2) Ferner können nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. Abs. 2 Nr. 2 HmbLVO im Einzelfall oder für Gruppen von Fällen u.a. Ausnahmen von den Vorschriften über das Höchstalter für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe unbeschadet der Regelungen des Nachteilsausgleichs gem. § 9 HmbLVO zugelassen werden, wenn sich der berufliche Werdegang aufgrund des Erwerbs einer erforderlichen Vorbildung im zweiten Bildungsweg oder aus anderen, von der Bewerberin oder dem Bewerber nicht zu vertretenden, über die Regelungen des Nachteilsausgleichs hinausgehenden Gründen in einem Maße verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe.

53

Jedoch sind auch diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Zwar bestehen Zweifel, ob die Regelung in § 9 Abs. 3 HmbLVO bereits abschließend jeden Fall einer Verzögerung wegen Kinderbetreuung erfasst, so dass die Auffassung der Beklagten, ein Rückgriff auf § 16 Abs. 2 Nr. 2 HmbLVO komme keinesfalls in Betracht, unzutreffend sein dürfte. Denn es sind – wie auch schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – Fälle denkbar, in denen aufgrund des Hinzutretens weiterer Umstände – etwa wegen eines tatsächlich wesentlich erhöhten Betreuungsbedarfs durch Krankheit oder Behinderung – die bloße Anwendung des Nachteilsausgleichs gem. § 9 Abs. 3 HmbLVO nicht ausreichend erscheint und die Ablehnung eines Verbeamtungsantrags unbillig erscheinen würde. Jedoch sind derartige „über die Regelungen des Nachteilsausgleichs hinausgehende Gründe“ im Fall der Klägerin nicht schon deshalb gegeben, weil sie im Jahr 1995 Drillinge bekommen hat. Auch wenn die Betreuung von Drillingen zweifellos eine deutlich höhere Belastung darstellt als die Betreuung eines einzelnen Säuglings bzw. Kleinkinds, ist hier nicht ersichtlich, dass dieser Umstand schon für sich genommen eine Anwendung der Einstellungshöchstaltersgrenze unbillig erscheinen lässt. Die Klägerin hat vielmehr – nach der Geburt eines weiteren Kindes im Jahr 1996 – bereits ab dem Jahr 1999 wieder eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 50 % aufnehmen können, so dass letztlich keine Anhaltspunkte für eine weitergehende Belastung im Vergleich zu anderen berufstätigen Eltern mit mehreren Kindern bestehen.

II.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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