Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 8 K 11197/18

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils auf sich behalten.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des durch ihn jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt gegenüber dem Beklagten die Feststellung von dessen örtlicher Zuständigkeit für Kinder- und Jugendhilfemaßnahmen.
Erstmals gewährte sie mit Bescheid vom 17.09.2009 den gemeinsam personensorgeberechtigten Eltern der am ...09.2001 geborenen ... (nachfolgend: Kind bzw. Jugendliche) in der Zeit vom 13.07.2009 bis zum 08.03.2011 (rückwirkend) Hilfe zur Erziehung in Form einer Tagesgruppe nach §§ 27, 32 SGB VIII. Im Anschluss daran folgten bis zum 11.12.2016 weitere voll- und teilstationäre Kinderhilfemaßnahmen (Heimerziehungen im Sinne von §§ 27, 34 SGB VIII, Erziehung in einer Tagesgruppe im Sinne von §§ 27, 32 SGB VIII und Hilfen zur Erziehung im Sinne von § 27 Abs. 2 SGB VIII). Außerdem wurde das Kind im Zeitraum vom 13.07.2009 bis zum 11.12.2016 mehrfach nach § 42 SGB VIII vorübergehend in Obhut genommen.
Bei Hilfebeginn am 13.07.2009 (und davor) lebte das Kind zusammen mit seinen Eltern in .... Am 24.08.2013 verzog dessen Vater nach ... im Landkreis .... Von dort zog er am 20.12.2013 wieder zurück zu seiner Familie nach .... Am 01.04.2014 nahm er seinen Wohnsitz in ... im Landkreis .... Seit dem 02.12.2014 sind die Eltern geschieden. Die Mutter bzw. die Jugendliche zogen am 12.12.2016 bzw. am 17.12.2016 zu ihrem früheren Ehemann bzw. zu ihrem Vater nach ....
In der Zeit vom 12.09.2016 bis zum 16.12.2016 gewährte die Klägerin den Eltern der Jugendlichen Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 30 SGB VIII in Form eines Betreuungshelfers. Während und nach dieser Jugendhilfemaßnahme erfolgten bis September 2017 zahlreiche Inobhutnahmen der Jugendlichen (30.11.2016 bis 17.12.2016; 23.02.2017, 01.03.2017, 02.03.2017, 09.03.2017, 03.05.2017 bis 25.05.2017, 29.05.2017 bis 23.06.2017, 20.06.2017, 26.06.2017, 17.08.2017 bis 20.09.2017) durch die Klägerin und die Beigeladenen zu den Ziffern 1 bis 4. Während dieses Zeitraums hielten sich die Eltern bis zum 30.03.2017 gemeinsam in ... auf. Ab dem 01.04.2017 nahm die Mutter der Jugendlichen (unter verschiedenen Adressen) in ... ihren Aufenthalt; deren Vater lebte weiterhin (ab dem August 2017 in einer Notunterkunft) in ....
Vom 11.09.2017 bis zum 15.02.2018 leistete die Klägerin den Eltern der Jugendlichen Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs. 2 SGB VIII in Form eines Hauptschulkurses. Während dieser Zeit nahm die Klägerin die Jugendliche in den Zeiträumen vom 08.10.2017 bis 30.10.2017 und vom 05.11.2017 bis 31.01.2018 in Obhut. Während dieser Zeit lebte die Mutter der Jugendlichen in ..., während sich deren Vater in ... und ab dem 13.01.2018 in ... (Pfalz) aufhielt.
Die Klägerin gewährte den Eltern der Jugendlichen vom 31.01.2018 bis zum 09./11.04.2018 Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform. Während und nach dieser Jugendhilfemaßnahme wurde die Jugendliche durch die Klägerin und die Beigeladenen zu den Ziffern 5 bis 7 mehrfach (23.02.2018, 25.02.2018 bis 26.02.20218, 04.03.2018, 10./11.04.2018 bis 13.04.2018, 12.04.2018 bis 13.04.2018, 16.04.2018 bis 18.04.2018, 20.04.2018 bis 27.04.2018, 29.04.2018 bis 12.05.2018, 19.05.2018, 19.05.2018 bis 29.06.2018) in Obhut genommen. In dieser Zeit änderte sich an den zuletzt (im vorherigen Absatz) beschriebenen Aufenthaltsverhältnissen der Eltern nichts.
In der Zeit vom 26.11.2018 bis zum 24.04.2019 erbrachte die Klägerin den Eltern der Jugendlichen Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform. Im Anschluss daran nahm sie sie vom 26.04.2019 bis zum 01.07.2019 in Obhut. Während dieser Zeit lebte die Mutter der Jugendlichen weiterhin in ..., während sich deren Vater (bereits ab 01.07.2018) in ... im ... aufhielt.
Vom 15.07.2019 bis zum ...09.2019 bzw. vom ...09.2019 (Eintritt der Volljährigkeit der Jugendlichen) bis zum 19.04.2020 leistete die Klägerin den Eltern bzw. der Jugendlichen Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 35 SGB VIII bzw. Hilfe für junge Volljährige nach §§ 41, 35 SGB VIII jeweils in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung. In dieser Zeit änderte sich an den zuletzt (im vorherigen Absatz) beschriebenen Aufenthaltsverhältnissen nichts.
Daran schloss sich vom 20.04.2020 bis zum 04.05.2020 eine „Hilfe zur Erziehung nach § 19 SGB VIII“ (Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder) an. Während dieser Zeit lebten die Elternteile weiterhin in ... bzw. in ....
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Zuletzt gewährte die Klägerin der Jugendlichem am 05.05.2020 Hilfe für junge Volljährige nach §§ 41, 35 SGB VIII durch intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung. Diese Hilfe ist noch nicht abgeschlossen. An den zuletzt (im vorherigen) Absatz beschriebenen Aufenthaltsverhältnissen hat sich nichts geändert.
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Mit Anträgen vom 22.03.2017, 27.03.2017, 25.09.2017, 27.10.2017, 22.12.2017, 06.07.2018, 17.10.2018, 04.06.2019, 27.08.2019, 04.11.2019 und 24.07.2020 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten auf der Grundlage von §§ 89b, 89c SGB VIII für die in den folgenden Zeiträumen geleisteten Kinder- und Jugendhilfemaßnahmen bzw. für andere wahrgenommenen Aufgaben der Jugendhilfe Kostenerstattung geltend: vom 30.11.2016 bis 17.12.2016 (Inobhutnahme); vom 12.12.2016 bis 16.12.2016 (Hilfe zur Erziehung in Form eines Betreuungshelfers); am 01.03.2017 und am 09.03.2017 (Inobhutnahmen); 17.08.2017 bis 20.09.2017 (Inobhutnahme); vom 11.09.2017 bis 15.02.2018 (Hilfe zur Erziehung in Form eines Hauptschulkurses); vom 08.10.2017 bis 30.10.2017 (Inobhutnahme); vom 05.11.2017 bis 31.01.2018 (Inobhutnahme); vom 31.01.2018 bis 09.04.2018 (Hilfe zur Erziehung in Form einer sonstigen betreuten Wohnform); vom 25.02.2018 bis 26.02.2018 (Inobhutnahme); 10./11.04.2018 bis 13.04.2018 (Inobhutnahme); 16.04.2018 bis 18.04.2018 (Inobhutnahme); vom 20.04.2018 bis 27.04.2018 (Inobhutnahme); 29.04.2018 bis 12.05.2018 (Inobhutnahme); 19.05.2018 (Inobhutnahme); vom 26.11.2018 bis 24.04.2019 (Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform); vom 26.04.2019 bis 01.07.2019 (Inobhutnahme); vom 15.07.2019 bis 19.04.2020 (Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 35 SGB VIII bzw. Hilfe für junge Volljährige nach §§ 41, 35 SGB VIII jeweils in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung); vom 20.04.2020 bis 04.05.2020 (Förderung der Erziehung in der Familie nach § 19 SGB VIII) und ab 05.05.2010 (Hilfe für junge Volljährige nach §§ 41, 35 SGB VIII durch intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung). Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor: Es sei seit dem 13.07.2009 von einer „Fortsetzungshilfe“ auszugehen. Sie sei am 13.07.2009 gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig gewesen, da damals beide personensorgeberechtigten Elternteile ihren Aufenthalt in ihrem Stadtgebiet gehabt hätten. Nach dem Umzug des Vaters nach ... im Kreisgebiet des Beklagten sei sie gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII zuständig geblieben. Am 12.12.2016 habe die Mutter der Jugendlichen bei deren Vater in ... zusammen mit dieser ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich ab diesem Zeitpunkt daher aus § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII bestehe dessen örtliche Zuständigkeit auch nach dem Umzug der Mutter nach ... fort.
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Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 18.04.2017 seine örtliche Zuständigkeit zunächst anerkannt bzw. eine Kostenerstattungszusage gegenüber der Klägerin abgegeben hatte, lehnte er mit Schriftsätzen vom 29.05.2017, 14.08.2017, 17.01.2018, 22.01.2018 und 23.01.2018 bzw. mit E-Mails vom 20.10.2018 sowie 12.11.2018 die Anträge der Klägerin auf Kostenerstattung überwiegend, nämlich soweit er nicht eine Entscheidung hierüber mit Schriftsätzen vom 13.06.2019, 16.09.2019 und 27.11.2019 zurückgestellt oder sich hierzu noch nicht geäußert hatte, ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Nach neueren Erkenntnissen habe die Jugendliche zusammen mit ihrer Mutter in ... keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Da Räumungsklagen bezüglich der Wohnungen der Eltern der Jugendlichen anhängig gewesen seien, sei der Verbleib der Jugendlichen in ... von Anfang an offen gewesen. Es sei offensichtlich gewesen, dass sich diese nur vorübergehend bei ihrem Vater in ... aufhalten werde. Die Mutter habe in einer Erklärung vom 05.07.2017 mitgeteilt, dass der Zuzug zusammen mit ihrer Tochter, der Jugendlichen, nur vorübergehend mit offener Verbleibdauer gewesen sei. Ähnlich habe sich der Vater anlässlich eines Telefongesprächs am 05.07.2017 geäußert. Da im Fall der Jugendlichen von einem fortlaufenden Hilfebedarf seit 13.07.2009 auszugehen sei, ergebe sich die örtliche Zuständigkeit der Klägerin aus § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII.
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Mit Anträgen vom 14.06.2017 der Beigeladenen zu 2, vom 11.07.2017 der Beigeladenen zu 4, vom 11.08.2017 der Beigeladenen zu 3, vom 08.05.2018 des Beigeladenen zu 6, vom 19.06.2018 der Beigeladenen zu 5, vom 13.07.2018 der Beigeladenen zu 7 und vom 13.08.2018 der Beigeladenen zu 1 machten die Beigeladenen jeweils gegenüber der Klägerin Kostenerstattungsansprüche wegen vorübergehender Inobhutnahmen der Jugendlichen geltend.
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Am 07.12.2018 beantragte die Klägerin bei der Spruchstelle für Fürsorgestreitigkeiten Stuttgart, den Beklagten zu verpflichten, ihr die in der Zeit ab 12.12.2016 entstandenen Aufwendungen für geleistete Kinder- und Jugendhilfe zu erstatten. Über den Antrag ist bisher noch nicht entschieden worden.
15 
Am gleichen Tag erhob die Klägerin Klage, zu deren Begründung sie unter Bezugnahme auf die Ausführungen in ihren Anträgen auf Kostenerstattung gegenüber dem Beklagten im Wesentlichen ergänzend vorträgt: Seit dem Jahr 2009 sei von einer fortdauernden Jugendhilfe auszugehen, da seit dieser Zeit ein objektiv erkennbarer und qualitativ unveränderter sowie kontinuierlicher Hilfebedarf bestehe. Bei Hilfebeginn am 13.07.2009 sei sie gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig gewesen. Nach den Umzügen des Vaters der Jugendlichen am 21.11.2013 nach ..., im Dezember 2013 nach ... und im April 2014 nach ... sei sie weiterhin gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständig geblieben. Mit dem Umzug der Mutter zum Vater der Jugendlichen nach ... am 12.12.2016 sei die örtliche Zuständigkeit gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auf den Beklagten übergegangen. Auch nach deren Wegzug bestehe dessen örtliche Zuständigkeit gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII fort. Es sei entgegen der Auffassung des Beklagten von einem gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter in ... auszugehen. Ihr Allgemeiner Sozialer Dienst habe mitgeteilt, dass die Mutter beabsichtigt habe, auf Dauer in ... einzuziehen, um ihrer Tochter, der Jugendlichen, eine stabile Basis zu schaffen. Dass der Aufenthalt der Mutter zukunftsoffen und nicht nur vorübergehend gewesen sei, zeige sich auch daran, dass die Familie bei ihr eine Beihilfe beantragt und auch erhalten habe, um ihre Wohnung umbauen und mit Möbeln ausstatten zu können, damit man darin zu dritt leben könne. Dass hinsichtlich der Wohnung in ... eine Räumungsklage anhängig gewesen sei, spiele keine Rolle, da der Vater hierin kein Problem gesehen und gehofft habe, die Räumung abwenden zu können. Darüber hinaus sei nicht bekannt, ob die Mutter der Jugendlichen vor ihrem Einzug von der Räumungsklage überhaupt gewusst habe. Der von der Mutter gegenüber dem Beklagten im Juli 2017 abgegebenen Erklärung, wonach sie in ... nur vorübergehend gelebt habe, komme keine entscheidende Bedeutung zu, da es auf die Absichten der Mutter im Zeitpunkt von deren Umzug ankomme. Dass diese nun rückblickend ihren Aufenthalt dort nur als vorübergebend ansehe, sei unbeachtlich.
16 
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß und sachdienlich gefasst,
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festzustellen, dass der Beklagte der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die ab dem 12.12.2016 geleisteten Jugendhilfemaßnahmen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII betreffend die am 24.09.2001 geborene ... im Sinne von §§ 86 bis 86d SGB VIII gewesen ist bzw. immer noch ist sowie die von ihr ab dem 05.05.2020 gewährte und noch laufende Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Betreuung in eigener örtlicher Zuständigkeit zu übernehmen hat.
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Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung seines Antrags trägt er im Wesentlichen vor: Es sei zutreffend, seit dem Jahr 2009 von einer einheitlichen Jugendhilfeleistung auszugehen. Auch sei richtig, dass sich die Zuständigkeit der Klägerin vom 13.07.2009 bis zum 11.12.2016 aus § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII ergebe. Unzutreffend sei allerdings, dass seine örtliche Zuständigkeit ab dem 12.12.2016 aus § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII folge. Denn die Mutter der Jugendlichen habe in ... keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Der gewöhnliche Aufenthalt sei gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I dort, wo man sich unter Umständen aufhalte, die erkennen lassen würden, dass man an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Solche Umstände seien hier nicht gegeben. Die Erinnerungen der Fachkraft bei dem Allgemeinen Sozialen Dienst der Klägerin seien nicht plausibel. So ergebe sich aus einem Gespräch vom 16.02.2017, an dem die Fachkraft ebenfalls teilgenommen habe, dass die Mutter wegen ihrer Obdachlosigkeit zum Vater der Jugendlichen nach ... gezogen sei. Dieser habe bereits eine neue Beziehung zu einer Partnerin mit einem Kind geführt. Die Wohnung in ... sei außerdem nicht ausreichend groß gewesen. Die von der Klägerin angeführte Beihilfe in Form einer Spende in Höhe von 400 EUR lasse keine andere Bewertung zu. Es sei nicht davon auszugehen, dass diese dem Umbau der lediglich angemieteten Wohnung gedient habe. Entscheidend für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts sei der Wille der Mutter. Diese habe sich bereits im Gespräch am 16.02.2017 dahingehend geäußert, dass der Aufenthalt beim Kindsvater nur vorübergehend sei und sie wieder nach ... zurückziehen wolle. Auch habe sie schriftlich bestätigt, dass sie nie vorgehabt habe, in ... dauerhaft zu bleiben. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die Mutter dort zwar ihren tatsächlichen, nicht aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Ob diese dabei den bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt im Stadtgebiet der Klägerin beibehalten oder ob sie ihren dortigen gewöhnlichen Aufenthalt zeitweise ganz aufgegeben habe, sei nicht näher zu erörtern. Denn in beiden Konstellationen ergebe sich die örtliche Zuständigkeit der Klägerin ab dem 12.12.2016 aus § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII. Die weiteren Umzüge der Mutter bzw. des Vaters der Jugendlichen würden daran nichts ändern.
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Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
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Der Kammer liegen die Akten der Wirtschaftlichen Jugendhilfe des Jugendamts der Klägerin (5 Bände), die Akten von deren Allgemeinem Sozialen Dienst (4 Aktenordner und 8 Bände) sowie die Akten der Wirtschaftlichen Jugendhilfe des Jugendamts des Beklagten (2 Bände) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird hierauf sowie auf die im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung, da sich die Beteiligten – die Klägerin mit Schreiben vom 20.02.2019, der Beklagte zuletzt mit Schreiben vom 21.02.2019 und 05.06.2019 sowie die Beigeladenen mit Schreiben vom 01.09.2020 (Beigeladene zu 1), vom 11.09.2020 (Beigeladene zu 2), vom 01.09.2020 (Beigeladene zu 3), 07.09.2020 (Beigeladene zu 4), 11.09.2020 und 16.09.2020 (Beigeladene zu 5), vom 01.09.2020 (Beigeladener zu 6) und vom 15.09.2020 bzw. vom 22.09.2020 (Beigeladene zu 7) – hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO).
24 
Die Klage hat keinen Erfolg.
25 
1. Sie ist allerdings zulässig. Insbesondere steht der Klage nicht entgegen, dass die Klägerin am 07.12.2018 bei der Spruchstelle für Fürsorgestreitigkeiten Stuttgart sinngemäß den Antrag gestellt hat, den Beklagten zu verpflichten, ihr die in der Zeit ab dem 12.12.2016 entstandenen Kosten für geleistete Kinder- und Jugendhilfe zu erstatten. Denn der Beklagte hat die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit nicht erhoben (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 1032 Abs. 1 ZPO; Loos, in: Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 5. Auflage 2015, Vorbemerkungen § 89 bis § 89h Rn. 14). Unabhängig davon ist auch nicht anzunehmen, dass der Beklagte die Einrede erheben könnte, da die mit der Klage begehrte Feststellung der örtlichen Zuständigkeit nicht in den Anwendungsbereich der dem Spruchstellenverfahren zu Grunde liegenden Fürsorgerechtsvereinbarung fallen dürfte, die ausschließlich Erstattungsstreitigkeiten zwischen verschiedenen Sozialleistungsträgern erfasst (vgl. zum Ganzen: SG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2014 – S 1 S0 3007/12 –, juris Rn. 18 bis 20 m.w.N.).
26 
Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zudem statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ein berechtigtes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (vgl. allgemein Happ, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 43 Rn. 30 ff.). Dieses ergibt sich aus der herausgehobenen Bedeutung der örtlichen Zuständigkeit für die von der Klägerin gegenüber dem Beklagten bzw. für die von den Beigeladenen gegenüber dieser geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche gemäß §§ 89 ff. SGB VIII. Ausgehend davon hat die Klägerin auch insoweit ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der örtlichen Zuständigkeit gerade gegenüber dem Beklagten, soweit sie für einzelne Inobhutnahmen von diesem keine Kostenerstattung begehrt. Denn die Klägerin ist insoweit Kostenerstattungsansprüchen der Beigeladenen ausgesetzt, die aus ihrer Sicht nur gegenüber dem Beklagten bestehen (vgl. allgemein zur Feststellung eines Rechtsverhältnisses, das im Verhältnis zwischen dem Kläger und einem Dritten besteht: BVerwG, Urteil vom 14.04.2005 – 3 C 3.04 –, juris Rn. 22; Wysk, in: ders., Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2020, § 43 Rn. 20).
27 
Auch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Hier könnte die Klägerin zwar ihre Rechte auch im Wege einer allgemeinen Leistungsklage gerichtet auf Kostenerstattung verfolgen (vgl. allgemein zu deren Statthaftigkeit: Kunkel/Pattar, in: Kunkel/Kepert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 89f Rn. 28). Der Vorrang der Gestaltungs- oder Leistungsklage greift jedoch nicht ausnahmslos. Ist – wie hier – Beklagter eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, so ist eine einschränkende Auslegung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO geboten, weil von dieser aufgrund ihrer verfassungsmäßig verankerten festen Bindung an Recht und Gesetz (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) die Respektierung von Gerichtsurteilen auch ohne dahinterstehenden Vollstreckungsdruck erwartet werden darf. Die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage gilt bei Klagen gegen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft daher nur, wenn ansonsten Fristen und das Erfordernis eines Vorverfahrens für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen unterlaufen würden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.05.2020 – 12 S 3395/19 –, juris Rn. 37 unter Hinweis auf: BVerwG, Urteile vom 05.12.2000 – 11 C 6.00 –, juris Rn. 20 und vom 27.10.1970 – VI C 8.69 –, juris Rn. 12; OVG Lüneburg, Urteil vom 20.01.2016 – 4 LB 14/13 –, juris Rn. 32; OVG Hamburg, Urteil vom 26.11.2015 – 4 Bf 29/14 –, juris Rn. 22 m.w.N.). Kann die zwischen den Parteien streitige Frage sachgerecht und ihrem Rechtsschutzinteresse voll Rechnung tragend durch ein Feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, den Kläger auf eine Leistungsklage zu verweisen, in deren Rahmen das Rechtsverhältnis, an dessen selbständiger Feststellung er ein berechtigtes Interesse hat, einerseits nur Vorfrage wäre, andererseits die weiteren Elemente des geltend zu machenden Anspruchs nur untergeordnete Bedeutung hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.03.2015 – 7 C 17.12 –, juris Rn. 17).
28 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist eine Leistungsklage der Klägerin gegenüber dem Beklagten gerichtet auf Kostenerstattung hier nicht vorrangig (vgl. allgemein Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 186). Zunächst ist insoweit festzustellen, dass durch die Feststellungsklage keine für die erwähnte Leistungsklage geltenden Fristen unterlaufen werden bzw. das Erfordernis eines Vorverfahrens nicht umgangen wird. Denn für die Leistungsklage gelten keine solchen Fristen und auch die Durchführung eines Vorverfahrens ist nicht erforderlich (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO). Es steht außerdem zu erwarten, dass der Streit zwischen den Beteiligten durch die von der Klägerin begehrte gerichtliche Feststellung der örtlichen Zuständigkeit im Sinne von §§ 86 ff. SGB VIII vollständig ausgeräumt werden kann und es deshalb nicht zu kostenerstattungsrechtlichen Folgestreitigkeiten kommt (vgl. allgemein zur Rechtskrafterstreckung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils auf den Beigeladenen: Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 66 Rn. 23 bis 25; Hoppe, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 66 Rn. 10). Denn die örtliche Zuständigkeit ist in kostenerstattungsrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig der Schwerpunkt der Auseinandersetzung (siehe bereits oben).
29 
2. Die Klage ist unbegründet. Das von der Klägerin in ihrem Antrag behauptete Rechtsverhältnis, nämlich die örtliche Zuständigkeit des Beklagten im Sinne von §§ 86 bis 86d SGB VIII für die ab dem 12.12.2016 geleisteten Jugendhilfemaßnahmen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII betreffend die Jugendliche, besteht nicht. Vielmehr ist die Klägerin für die erwähnten Jugendhilfemaßnahmen der örtlich zuständige Träger gewesen bzw. ist es noch.
30 
2.1 Im Ausgangspunkt, also im Zeitraum vom 13.07.2009 bis zum (einschließlich) 11.12.2016 ist die Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 (in den jeweils gültigen Fassungen vom 14.12.2006 und 29.08.2013 sowie vom 01.01.2014, die sich in ihrem Wortlaut nicht unterscheiden) i.V.m. § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII (in den erwähnten jeweils gültigen Fassungen, die sich hinsichtlich der Einfügung „in diesen Fällen“ bei § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII in der aktuellen Fassung vom 01.01.2014 unterscheiden; vgl. auch: Kunkel/Kepert, in: Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 38) für die in diesem Zeitraum gewährten Kinder- und Jugendhilfeleistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII örtlich zuständig gewesen.
31 
Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch (gemeint: das SGB VIII) der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Danach war die Klägerin bei Hilfebeginn (siehe zum „Beginn der Leistung“ bzw. zu deren „Gewährung“ unten) am 13.07.2009 die örtlich zuständige Trägerin für die Hilfe zur Erziehung in Form einer Tagesgruppe nach §§ 27, 32 SGB VIII. Denn zu diesem Zeitpunkt (und im Übrigen auch davor) lebte das Kind zusammen mit seinen Eltern im Zuständigkeitsbereich der Klägerin.
32 
An dieser örtlichen Zuständigkeit hat sich durch die Wegzüge des Vaters am 24.08.2013 nach ... und am 01.04.2014 nach ... wegen § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII nichts geändert. Nach den zuletzt genannten Vorschriften bleibt die bisherige (örtliche) Zuständigkeit bestehen, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, solange („in diesen Fällen“; siehe zur aktuellen Fassung des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII oben) die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam zusteht. Die erwähnten Vorschriften sind hier heranzuziehen. Denn den Eltern, denen die Personensorge gemeinsam zustand, haben erst „nach Beginn der Leistung“ verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet (vgl. allgemein zum Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII: BVerwG, Urteil vom 14.11.2013 – 5 C 34.12 –, juris Rn. 18 und 26; Kunkel/Kepert, a.a.O., Rn. 37).
33 
Der Gesetzeswortlaut „nach Beginn der Leistung“ meint den Zeitpunkt nach Gewährung der Leistung (vgl. Kunkel/Kepert, a.a.O., Rn. 9), wobei unter „Gewährung“ das tatsächliche Einsetzen der Hilfeleistung zu verstehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 19 und vom 19.10.2011 – 5 C 25.10 –, juris Rn. 18) und bezüglich der „Leistung“ der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte zuständigkeitsrechtliche Leistungsbegriff maßgeblich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.2010 – 5 C 17.09 –, juris Rn. 15; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 54).
34 
Davon ausgehend ist hier für die Beurteilung, ob die Eltern des Kindes „nach Beginn der Leistung“ verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet haben, der 13.07.2009 maßgeblich. Denn zu diesem Zeitpunkt setzte die Hilfeleistung der Klägerin erstmals tatsächlich ein und diese wurde bis zum 11.12.2016 auch nicht beendet, d.h. es ist nach dem zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriff von einer einheitlichen Leistung auszugehen. Nach dem erwähnten Leistungsbegriff sind alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen eine einheitliche Leistung, zumal wenn sie im Einzelfall nahtlos aneinander anschließen, also ohne beachtliche (vgl. §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII; vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 48) zeitliche Unterbrechung gewährt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.2010 – 5 C 17.09 –, juris Rn. 15).
35 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Zeitraum vom 13.07.2009 bis zum 11.12.2016 eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung erbracht worden. Hierfür spricht zunächst, dass die verschiedenen Hilfeleistungen ohne beachtliche zeitliche Unterbrechung gewährt worden sind. Soweit zwischen den verschiedenen Hilfen zur Erziehung bzw. den Inobhutnahmen ein Zeitraum lag, in dem keine Leistungen nach dem SGB VIII erbracht wurden, blieb dieser unter der für eine zuständigkeitsrechtlich erhebliche Leistungsunterbrechung sprechenden Schwelle von drei Monaten (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 49 f.). Außerdem ist insoweit zu beachten, dass die zahlreichen Inobhutnahmen im Zeitraum vom 13.07.2009 bis zum 11.12.2016, die zwar keine Jugendhilfeleistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII, sondern zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 3 SGB VIII gehören, im Sinne des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs in den durch die Hilfe zur Erziehung am 13.07.2009 begründeten Leistungszusammenhang einzubeziehen sind (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 20) und diesen dadurch aufrechterhalten. Es ist während des hier betrachteten Zeitraums auch von einem objektiv erkennbaren und qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarf auszugehen. Denn den in der Akte befindlichen Hilfeplänen lassen sich keine greifbaren Anhaltspunkte entnehmen, dass sich der Hilfebedarf des Kindes in dem erwähnten Zeitraum wesentlich verändert hat. Aus diesem Grund ist schließlich auch nicht von einer zuständigkeitsrechtlich relevanten Beendigung der Leistung durch die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt in dem gegenständlichen Zeitraum auszugehen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 31).
36 
Ist der 13.07.2009 maßgeblich, haben die Eltern des Kindes erst „nach Beginn der Leistung“ im Sinne von § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet. Denn sie hatten erst ab dem 24.08.2013 bzw. ab dem 01.04.2014 verschiedene gewöhnliche Aufenthalte.
37 
Nach alledem ergibt sich im Einzelnen, dass die Klägerin für die Zeit vom 13.07.2009 bis zum 23.08.2013 gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, vom 24.08.2013 bis zum 19.12.2013 gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII, vom 20.12.2013 bis zum 31.03.2014 – in diesem Zeitraum lebten die Eltern vorübergehend wieder zusammen in ... – gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (vgl. allgemein zum Prinzip der „dynamischen“ bzw. „wandernden“ Zuständigkeit: Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 37 ff. m.w.N. und unten unter 2.2) und vom 01.04.2014 bis zum 11.12.2016 wiederum gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII (vgl. allgemein zur Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 SGB VIII im Fall der erneuten Begründung verschiedener gewöhnliche Aufenthalte „nach Beginn der Leistung“: BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 C 18.08 –, juris Rn. 26; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 36 Rn. 119) die örtlich zuständige Trägerin für die in diesen Zeiträumen erbrachten Kinder- und Jugendhilfeleistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII war. Dies alles ist zwischen der Klägerin und dem Beklagten im Ergebnis auch unstreitig.
38 
2.2 Der Beklagte ist durch den Zuzug der Mutter der Jugendlichen am 12.12.2016 zu deren Vater nach ... nicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII der örtlich zuständige Träger geworden. Zwar ist die genannte Vorschrift hier anwendbar. Insbesondere steht deren Heranziehung nicht entgegen, dass nach den vorangegangenen Ausführungen und im Hinblick auf den Umstand, dass die am 12.09.2016 begonnene Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 30 SGB VIII in Form eines Betreuungshelfers erst am 16.12.2016 tatsächlich eingestellt war, nicht entgegen, dass es sich um eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung handelt. Denn § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII liegt das Prinzip der „dynamischen“ bzw. „wandernden“ Zuständigkeit zugrunde (siehe oben), weshalb die Vorschrift auch dann anwendbar ist, wenn ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt erst nach Beginn der (zuständigkeitsrechtlich einheitlichen) Leistung begründet worden ist (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 08.11.2005 – 5 K 4784/03 –, juris Rn. 36; Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 19). Die Tatbestandsvoraussetzung des § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, also ein (gemeinsamer) gewöhnlicher Aufenthalt der Eltern im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, lag am 12.12.2016 (und danach) allerdings nicht vor, da die Mutter und der Vater der Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt (und danach) ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in ... und damit nicht im Zuständigkeitsbereich des Beklagten hatte. Der gewöhnliche Aufenthalt des Vaters lag zwar – zwischen den Beteiligten unstreitig – seit über zwei Jahren in .... Die Mutter hat durch ihren Umzug am 12.12.2016 ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort aber nicht begründet.
39 
Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist nicht mit dem Wohnsitz im melderechtlichen Sinne identisch. Die Auslegung dieses Begriffs richtet sich vielmehr gemäß § 37 Satz 1 SGB I nach der Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I. Danach hat eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Maßgeblich dafür ist, ob der Betreffende sich an dem fraglichen Ort „bis auf Weiteres“ im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Abgesehen von einem zeitlich unbedeutenden oder von vornherein nur kurz befristeten Verweilen, wie es für einen Besuch oder die Durchreise typisch ist, setzt die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht eine bestimmte Verweildauer voraus. Sie kann gegebenenfalls schon vom ersten Tag der Aufenthaltsnahme an anzunehmen sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.05.2000 – 5 C 27.99 –, juris Rn. 14 und vom 18.03.1999 – 5 C 11.98 –, juris Rn. 15; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 25.05.2020 – 12 S 3395/19 –, juris Rn. 34 und vom 22.04.2008 – 9 S 2278/07 –, juris Rn. 4; Urteil der Kammer vom 26.04.2019 – 8 K 1439/18 –, juris Rn. 28). Die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts setzt nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zudem voraus, dass der Betreffende an dem Ort, an dem er einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen will, zumindest kurzfristig auch tatsächlich Aufenthalt genommen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.11.2013 – 5 C 25.12 –, juris Rn. 39). Bei Minderjährigen, insbesondere Kindern, kommt es für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich auf den Willen des oder der Sorgeberechtigten an (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 26). Ob sich nach alledem jemand gewöhnlich an einem bestimmten Ort aufhält oder lediglich vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden ex-ante Betrachtung entscheiden, wobei alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung bei Beginn eines streitigen Zeitraums erkennbaren Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. Seewald, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand: Mai 2020, § 30 SGB I Rn. 19 m.w.N.; Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 13; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 32). Für die Prognose der Zukunftsoffenheit sind neben den subjektiven Vorstellungen der betroffenen Person vor allem die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend (vgl. Lange, a.a.O., Rn. 33; kritisch Kunkel/Kepert, a.a.O., Rn. 13).
40 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Mutter der Jugendlichen in ... keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Zwar ist festzustellen, dass diese dort im Zeitraum vom 12.12.2016 bis zum 30.03.2017 ihren tatsächlichen Aufenthalt hatte. Eine vorausschauende ex-ante Betrachtung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der subjektiven Vorstellungen ergibt jedoch, dass sie sich in ... nur vorübergehend aufgehalten hat.
41 
Hinsichtlich der erwähnten Vorstellungen und Verhältnisse ergibt sich nach Auswertung der dem Berichterstatter vorliegenden Akten und des gesamten Vortrags der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen folgendes Bild: Die Mutter war mit der Jugendlichen zu ihrem früheren Ehemann gezogen, nachdem sie ihre Wohnung in ... verloren hatte. Die Eltern der Jugendlichen hofften zum damaligen Zeitpunkt, dass eine gemeinsame Erziehung besser funktionieren würde, zumal sich die Jugendliche einen Zusammenzug wünschte. Sie planten (zeitweise) für den Fall, dass sich die Hoffnungen – was letztendlich dann nicht der Fall war – erfüllen würden, eine größere (gemeinsame) Wohnung zu suchen. Insbesondere die Mutter wollte nicht in ... bleiben und beabsichtigte, sich entweder im Stadtgebiet der Klägerin oder im Kreisgebiet des Beklagten eine Wohnung zu suchen. Der Vater der Jugendlichen führte im hier gegenständlichen Zeitraum eine (neue) partnerschaftliche Beziehung, wobei sich seine Lebensgefährtin im Ausland aufhielt. Die Wohnung in ... hatte eine Größe von (ca.) unter 50 qm. Bezüglich der Wohnung war im gegenständlichen Zeitraum eine Räumungsklage beim Amtsgericht Bruchsal rechtshängig, wobei die Räumung ursprünglich am 08.03.2017 stattfinden sollte, zu der es dann jedoch nicht kam.
42 
Eine Gesamtwürdigung dieser tatsächlichen Verhältnisse und subjektiven Vorstellungen ergibt, dass sich die Mutter nur vorübergehend in ... aufgehalten hat.
43 
Hierfür sprechen vor allem die tatsächlichen Verhältnisse. In der Wohnung in ... herrschten (sehr) beengte Wohnraumverhältnisse, die es im Wege einer vorausschauenden ex ante Betrachtung bereits zu Beginn des hier gegenständlichen Zeitraums bei lebensnaher Betrachtung ausgeschlossen erscheinen lassen, dass sich die Mutter dort „bis auf Weiteres“ im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufzuhalten beabsichtigte. Die Wohnung war für drei Personen für ein auf einen längeren Zeitraum angelegtes Zusammenleben (viel) zu klein. Orientiert man sich etwa an den angemessenen Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau wäre bei drei Personen eine Wohnungsgröße von (ca.) 70 bis 80 qm angemessen gewesen (vgl. Luik, in: Eicher/ders., SGB II, 4. Auflage 2017, § 22 Rn. 84). Hinzu tritt hier, dass die schwere Erziehbarkeit der Jugendlichen und der Umstand, dass deren Eltern keine partnerschaftliche Beziehung mehr führen wollten, besondere Anforderungen an das räumliche Zusammenleben etwa in Form von ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten stellten. Von solchen Rückzugsmöglichkeiten ist bei einer Wohnungsgröße von (ca.) unter 50 qm indes nicht auszugehen. Insbesondere die Mutter hatte keinen eigenen Raum für sich allein zur Verfügung und musste im gemeinsamen Wohnzimmer schlafen. Dementsprechend beschrieben die Eltern und die Jugendliche die Wohnungssituation anlässlich eines Gesprächs bereits am 21.02.2017 im Landratsamt bei dem Beklagten übereinstimmend als „untragbar“. Für einen nur als vorübergehend angelegten Aufenthalt der Mutter sprechen auch die übrigen tatsächlichen Verhältnisse. Deren Aufenthalt in ... war für diese bei lebensnaher Betrachtung nur eine zeitweise „Notlösung“. Hierfür spricht zunächst, dass Anlass für deren Umzug der unfreiwillige Verlust der Wohnung im Stadtgebiet der Klägerin war. Weiter ist zu berücksichtigen, dass deren früherer Ehemann zum damaligen Zeitpunkt eine neue partnerschaftliche Beziehung führte und plante, seine Lebensgefährtin in absehbarer Zukunft aus dem Ausland zu sich zu holen. Schließlich spricht die Räumungsklage bzw. die ursprünglich für den 08.03.2017 geplante Räumung der Wohnung dagegen, dass sich der Aufenthalt der Mutter nach dessen Beginn am 12.12.2016 bis zum 30.03.2017 zu irgendeinem Zeitpunkt derart verfestigt hatte, um aus ex-ante Sicht prognostisch von einer Wandlung des zu Beginn des hier gegenständlichen Zeitraums nur als vorübergehend angelegten Aufenthalts in einen gewöhnlichen Aufenthalt ausgehen zu können.
44 
Auch die subjektiven Vorstellungen der Mutter sprechen für einen nur tatsächlichen Aufenthalt in .... Denn diese wollte dort nicht bleiben, sondern hatte die Absicht, ihre schwierigen Wohn- und Lebensverhältnisse zu verändern. Dabei ist mit Blick auf die von Beginn an bestehende (sehr) beengte und damit (sehr) schwierige Wohnsituation, die wegen der rechtshängigen Räumungsklage zudem auch unsicher war, davon auszugehen, dass ein solcher Wille bzw. eine entsprechende Absicht bereits im Zeitpunkt von deren Einzug in ... bestanden hat. Hierauf weisen auch die gegenüber dem Beklagten abgegebenen Erklärungen der Mutter vom 05.07.2017 und vom 07.11.2017 hin. Darin gibt diese im Wesentlichen an, dass sie sich nur vorübergehend bei ihrem früheren Ehemann aufgehalten habe und dort nicht habe bleiben wollen. Soweit die Klägerin im gerichtlichen Verfahren eingewendet hat, dass der Aufenthalt der Mutter in ... deshalb zukunftsoffen gewesen sei, weil diese zusammen mit ihrem früheren Ehemann im Zeitpunkt des Einzugs am 12.12.2016 beabsichtigt habe, der Jugendlichen eine „stabile Basis“ zu schaffen, und die Familie außerdem eine Beihilfe in Höhe von 400 EUR für den Umbau ihrer Wohnung beantragt und auch erhalten habe, führt dies zu keiner anderen Bewertung von deren subjektiven Vorstellungen. Zwar mögen die Planungen der Eltern der Jugendlichen hinsichtlich der gemeinsamen Erziehung in dem erwähnten Zeitpunkt zukunftsoffen gewesen sein. Dies gilt wegen der beschriebenen Wohnverhältnisse, an denen sich auch mit der erhaltenen Beihilfe nichts Wesentliches ändern ließ, allerdings nicht hinsichtlich des gemeinsamen Aufenthalts in .... Hierauf lassen die erwähnten Erklärungen der Mutter vom 05.07.2017 und vom 07.11.2017 (siehe oben) sowie darüber hinaus der Aktenvermerk der Sozial- und Jugendbehörde bei der Klägerin vom 21.07.2017 schließen. Danach beabsichtigten die Eltern bzw. insbesondere die Mutter der Jugendlichen von vorneherein, sich eine größere (gemeinsame) Wohnung auch für den Fall zu suchen, dass die gemeinsame Erziehung auf Dauer besser funktionieren würde.
45 
Auch nach einer Gesamtschau bzw. einem Abgleich der tatsächlichen Verhältnisse und subjektiven Vorstellungen ist davon auszugehen, dass der Aufenthalt der Mutter von Anfang an auf seine Beendigung angelegt war. Zwar ist hinsichtlich der subjektiven Vorstellungen der Mutter zu beachten, dass es auf Veränderungswünsche oder -absichten sowie auf den Willen des Betroffenen, sich an einem Ort aufzuhalten oder einen Wohnsitz zu begründen, nicht entscheidend ankommt (vgl. allgemein: BSG, Urteil vom 03.04.2001 – B 4 RA 90/00 R –, juris Rn. 18; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.04.2019 – 8 K 1439/18 –, juris Rn. 31; ferner BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 C 18.08 –, juris Rn. 20). Selbst wenn man aber davon ausgehend den subjektiven Vorstellungen der Mutter nur eine (sehr) geringe oder gar keine Bedeutung zumessen würde, ließe sich wegen der hier gegebenen besonderen tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls im Wege einer vorausschauenden ex ante Betrachtung gleichwohl nur die Prognose stellen, dass sich die Mutter der Jugendlichen lediglich vorübergehend in ... aufgehalten hat.
46 
2.3 Ist der Beklagte durch den Umzug der Mutter nach ... nicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für die Jugendhilfeleistungen örtlich zuständig geworden, blieb es die Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII. Denn deren nach den (zuletzt) genannten Vorschriften fortbestehende (statische) Zuständigkeit wird durch die (vorübergehende) Verlagerung des tatsächlichen Aufenthalts der Mutter der Jugendlichen nach ... nicht berührt.
47 
Zwar ist anzunehmen, dass die Mutter durch den Verlust ihrer Wohnung in ... und ihren Umzug nach ... auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Klägerin (vorübergehend) aufgegeben hat (vgl. allgemein zur Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts: Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 38). Für die örtliche Zuständigkeit hat das aber keine Relevanz. Dies zeigt die Regelung in § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB VIII. Danach richtet sich – soweit hier nur relevant – die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Jugendlichen, soweit die Eltern im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Letztere sind hier insoweit maßgeblich, da sich die bisherige Zuständigkeit, an die § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII unmittelbar anknüpft, hier letztlich aus § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ergibt, der auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern abstellt (siehe oben unter 2.1). Der Regelung in § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB VIII lässt sich in diesem Fall entnehmen, dass die Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts der Eltern nur dann zuständigkeitsrechtlich relevant ist, wenn beide Elternteile ihren gewöhnlichen Aufenthalt aufgeben (vgl. allgemein Loos, in: Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 5. Auflage 2015, § 86 Rn. 32). So liegt es hier aber ersichtlich nicht, da der Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor und nach dem 12.12.2016 weiter in ... hatte.
48 
Schließlich lässt sich der Anwendung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII und der sich daraus ergebenden (statischen) örtlichen Zuständigkeit der Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass kein Elternteil mehr seinen gewöhnlichen Aufenthalt in deren Zuständigkeitsbereich hatte, nachdem die Mutter der Jugendlichen ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort (vorübergehend) aufgegeben hatte. Zwar mag eine statische Zuständigkeit in diesem Fall weniger sinnvoll sein (vgl. Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 46). Der (klare) Wortlaut der Regelung in § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII lässt unter Berücksichtigung des § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII indes keine einschränkende Auslegung zu (so im Ergebnis dann auch: Kunkel/Kepert, a.a.O.).
49 
2.4 An der örtlichen Zuständigkeit der Klägerin hat sich auch durch den Umzug der Mutter der Jugendlichen von ... in deren Stadtgebiet Ende März 2017 bzw. Anfang April 2017 nichts geändert. Die fortbestehende (statische) örtliche Zuständigkeit der Klägerin folgt aus § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII. Die Regelung ist hier – insbesondere vorrangig vor § 86 Abs. 2 SGB VIII (vgl. allgemein Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 42 f.) – anwendbar. Sie gilt auch in einem Fall, in dem die Eltern, denen – wie hier – die gemeinsame Personensorge zusteht, „nach Beginn der Leistung“ erneut verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 C 18.08 –, juris Rn. 26; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 36 Rn. 119). Dabei kann die in § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII beschriebene „bisherige Zuständigkeit“ auch eine solche (statische) Zuständigkeit – wie hier – nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII sein, da mit der bisherigen Zuständigkeit allgemein diejenige gemeint ist, die vor dem Eintritt der von § 86 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 erfassten Veränderung der Aufenthaltsverhältnisse zuletzt bestanden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 C 18.08 –, juris Rn. 26; BT-Drucksache 12/2866, Seite 22; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 122). Davon ausgehend bleibt die bisherige Zuständigkeit der Klägerin nach § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII (siehe oben unter 2.1) hier bestehen. Denn die Eltern der Jugendlichen, denen die Personensorge weiterhin gemeinsam zustand (und immer noch zusteht), haben „nach Beginn der Leistung“ erneut verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet. Nachdem die Mutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Stadtgebiet der Klägerin im Dezember 2016 (vorübergehend) aufgegeben hatte (siehe oben unter 2.3), hat sie ihn dort nach ihrem Zuzug Ende März 2017 bzw. Anfang April 2017 abermals begründet. Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs spricht dabei entscheidend, dass diese sich seither dort aufhält. Der Vater der Jugendlichen hatte hingegen bis zum 12.01.2018 seinen gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in .... Die erneute Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts der Mutter im Stadtgebiet der Klägerin, die zu verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalten im Sinne von § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII führte, erfolgte auch „nach Beginn der Leistung“. Für den „Beginn der Leistung“ ist dabei auf den 13.07.2009 abzustellen (siehe oben unter 2.1), da auch über die (tatsächliche) Einstellung der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 30 SGB VIII in Form eines Betreuungshelfers am 16.12.2016 hinaus von einer zuständigkeitsrechtlich einheitlichen Leistung auszugehen ist. Zwar gewährte die Klägerin der Jugendlichen erst am 11.09.2017 (bis zum 15.02.2018) wieder eine Jugendhilfeleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII durch Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII in Form eines Hauptschulkurses, während in der Zwischenzeit „nur“ vorläufige Maßnahmen zum Schutz der Jugendlichen in Form von Inobhutnahmen durch verschiedene Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergriffen worden sind, die zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII gehören. Von einer beachtlichen Unterbrechung oder Beendigung der Jugendhilfeleistung im Sinne des maßgeblichen zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs ist aber deshalb nicht auszugehen, weil die zahlreichen Inobhutnahmen in den Leistungszusammenhang einzubeziehen sind, diesen aufrechterhalten (vgl. bereits oben unter 2.1) und auf einen objektiv erkennbaren sowie qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarf (weit) über den 16.12.2016 schließen lassen (vgl. allgemein BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 62).
50 
2.5 Auch nach den Umzügen des Vaters der Jugendlichen Mitte Januar 2018 nach ... bzw. Anfang Juli 2018 nach ... blieb die örtliche Zuständigkeit der Klägerin gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII bestehen. Die Regelung ist anwendbar (siehe oben unter 2.4) und deren Voraussetzungen liegen auch vor. Die Umzüge des Vaters, der gemeinsam mit der Mutter der Jugendlichen die Personensorge hatte, lagen „nach Beginn der Leistung“ am 13.07.2009. Dieses Datum ist für die Beurteilung maßgeblich, da auch nach dem 11.09.2017, dem Beginn der Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII in Form eines Hauptschulkurses, bzw. dem 15.02.2018, dem Endzeitpunkt der erwähnten Hilfe, bis Anfang Juli 2018 (und darüber hinaus) in Anknüpfung an die oben dargestellten Gründe (siehe oben unter 2.4) eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung vorlag. Insoweit bleibt lediglich ergänzend festzustellen, dass der Leistungszusammenhang nach der Einstellung der Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII in Form eines Hauptschulkurses am 15.02.2018 bestehen blieb. Von einer beachtlichen Unterbrechung oder Beendigung der Hilfeleistung im Sinne des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs zu diesem Zeitpunkt ist schon deshalb nicht auszugehen, weil die Klägerin bereits am 31.01.2018 – zeitlich parallel – Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform leistete, die erst zum 09./11.04.2018 eingestellt worden ist. Auch an diesem Datum wurde die Jugendhilfeleistung indes zuständigkeitsrechtlich weder unterbrochen noch beendet. Zwar leistete die Klägerin danach erst wieder ab dem 26.11.2018 (bis zum 24.04.2019) Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform. Von einer zuständigkeitsrechtlich relevanten Unterbrechung der Jugendhilfeleistung am 09./11.04.2018 ist wegen der zahlreichen dazwischenliegenden Inobhutnahmen der Jugendlichen unter Berücksichtigung der oben (siehe oben unter 2.4) dargestellten Gründe gleichwohl nicht auszugehen.
51 
2.6 An der danach gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII fortbestehenden örtlichen Zuständigkeit der Klägerin hat sich auch durch die (tatsächliche) Einstellung der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform am 24.04.2019 nichts geändert, da auch über diesen Zeitpunkt hinaus in Anknüpfung an die bereits dargestellten Grundsätze (siehe oben unter 2.1, 2.4 und 2.5) von einer zuständigkeitsrechtlich einheitlichen Leistung auszugehen ist. Bereits am 15.07.2019 (bis zum ....09.2019) und damit unter der für eine zuständigkeitsrechtlich erhebliche Leistungsunterbrechung sprechenden Schwelle von drei Monaten gewährte die Klägerin den Eltern der Jugendlichen Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung. Die Inobhutnahme der Klägerin vom 26.04.2019 bis zum 01.07.2019 durch die Klägerin bestätigt dabei das unverminderte Fortbestehen eines jugendhilferechtlichen Bedarfs (weit) über den 24.04.2019 hinaus.
52 
2.7 Die Klägerin ist auch die örtlich zuständige Trägerin geblieben, nachdem die Jugendliche am ...09.2019 volljährig geworden ist. Dies folgt aus § 86a Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII. Geht danach – soweit hier relevant – der Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII eine Hilfe nach den §§ 27 bis 35a SGB VIII voraus, so bleibt der örtliche Träger zuständig, der bis zu diesem Zeitpunkt zuständig war. Davon ausgehend blieb die Klägerin ab dem ...09.2019 die örtliche zuständige Trägerin. Diese gewährte erstmals vom 24.09.2019 bis zum 19.04.2020 Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung. Dieser Hilfe ging zeitlich unmittelbar eine Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 35 SGB VIII voraus, für die die Klägerin ebenfalls örtlich zuständig war (siehe oben unter 2.6). Dieser zeitliche Ablauf zeigt unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze (siehe oben unter 2.1, 2.4, 2.5 und 2.6), dass es sich bei der ab dem ...09.2019 gewährten Hilfe für junge Volljährige um die Fortsetzung einer im zuständigkeitsrechtlichen Sinne einheitlichen Leistung handelt (vgl. allgemein zum Anwendungsbereich des § 86a Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VIII: Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86a Rn. 12 und 33).
53 
2.8 Auch für die laut Hilfeplan vom 14.04.2020 gewährte „Hilfe zur Erziehung nach § 19 SGB VIII“ im Zeitraum vom 20.04.2020 bis zum 04.05.2020 blieb die Klägerin gemäß § 86a Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII örtlich zuständig. Die (zuletzt) genannte Regelung, die die örtliche Zuständigkeit für Leistungen an junge Volljährige betrifft, und nicht etwa § 86b SGB VIII, der die örtliche Zuständigkeit für Leistungen in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder nach § 19 SGB VIII regelt, ist hier für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit maßgeblich. Denn es handelt sich bei der in dem erwähnten Zeitraum gewährten Hilfe materiell-rechtlich nicht um eine Hilfe in Form der Förderung der Erziehung in der Familie nach § 19 SGB VIII (Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder), da die junge Volljährige zum damaligen Zeitpunkt (noch) keine Mutter war (der geplante Entbindungstermin war nach Aktenlage der 31.08.2020), sondern um eine Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 27 Abs. 2 SGB VIII. Die Klägerin blieb nach § 86a Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII die örtlich zuständige Trägerin, da der Hilfe für junge Volljährige zeitlich unmittelbar eine Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 35 SGB VIII (siehe hierzu oben unter 2.7) vorausging. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist insoweit der ...09.2019, da es sich bei der ab diesem Datum bis zum 04.05.2020 gewährten Hilfe für junge Volljährige um eine Leistung im zuständigkeitsrechtlichen Sinne handelt (vgl. allgemein zur Maßgeblichkeit des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs im Rahmen von § 86a Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VIII: Lange, in: jurisPK-SGB VIII, § 86 Rn. 33 und 37). Letzteres ergibt sich daraus, dass die am ...09.2020 begonnene Hilfe für junge Volljährige am 19.04.2020 nicht im zuständigkeitsrechtlichen Sinne unterbrochen oder beendet worden ist (siehe allgemein zur Unterbrechung und Beendigung einer zuständigkeitsrechtlich einheitlichen Leistung oben unter 2.1). Dies zeigt sich daran, dass an die Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung nahtlos die Hilfe für junge Volljährige nach §§ 41, 27 Abs. 2 SGB VIII anschloss. Nach alledem ging der am ...09.2019 gewährten Hilfe für junge Volljährige ging eine Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 35 SGB VIII voraus (siehe oben unter 2.7).
54 
2.9 Zuletzt ist die Klägerin auch für die ab dem 05.05.2020 gewährte Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Betreuung örtlich zuständig. Dies folgt unter Berücksichtigung der unter 2.8 dargestellten Grundsätze aus § 86a Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII. Denn die beschriebene Hilfe knüpfte nahtlos an die zuvor gemäß §§ 41, 27 Abs. 2 SGB VIII gewährte Hilfe an.
55 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, da diese keine Anträge gestellt und damit keine Kostenrisiken eingegangen sind.
56 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 2, 709 Satz 2 ZPO.
57 
Gründe gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
58 
Beschluss
59 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
60 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
23 
Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung, da sich die Beteiligten – die Klägerin mit Schreiben vom 20.02.2019, der Beklagte zuletzt mit Schreiben vom 21.02.2019 und 05.06.2019 sowie die Beigeladenen mit Schreiben vom 01.09.2020 (Beigeladene zu 1), vom 11.09.2020 (Beigeladene zu 2), vom 01.09.2020 (Beigeladene zu 3), 07.09.2020 (Beigeladene zu 4), 11.09.2020 und 16.09.2020 (Beigeladene zu 5), vom 01.09.2020 (Beigeladener zu 6) und vom 15.09.2020 bzw. vom 22.09.2020 (Beigeladene zu 7) – hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO).
24 
Die Klage hat keinen Erfolg.
25 
1. Sie ist allerdings zulässig. Insbesondere steht der Klage nicht entgegen, dass die Klägerin am 07.12.2018 bei der Spruchstelle für Fürsorgestreitigkeiten Stuttgart sinngemäß den Antrag gestellt hat, den Beklagten zu verpflichten, ihr die in der Zeit ab dem 12.12.2016 entstandenen Kosten für geleistete Kinder- und Jugendhilfe zu erstatten. Denn der Beklagte hat die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit nicht erhoben (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 1032 Abs. 1 ZPO; Loos, in: Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 5. Auflage 2015, Vorbemerkungen § 89 bis § 89h Rn. 14). Unabhängig davon ist auch nicht anzunehmen, dass der Beklagte die Einrede erheben könnte, da die mit der Klage begehrte Feststellung der örtlichen Zuständigkeit nicht in den Anwendungsbereich der dem Spruchstellenverfahren zu Grunde liegenden Fürsorgerechtsvereinbarung fallen dürfte, die ausschließlich Erstattungsstreitigkeiten zwischen verschiedenen Sozialleistungsträgern erfasst (vgl. zum Ganzen: SG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2014 – S 1 S0 3007/12 –, juris Rn. 18 bis 20 m.w.N.).
26 
Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zudem statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ein berechtigtes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (vgl. allgemein Happ, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 43 Rn. 30 ff.). Dieses ergibt sich aus der herausgehobenen Bedeutung der örtlichen Zuständigkeit für die von der Klägerin gegenüber dem Beklagten bzw. für die von den Beigeladenen gegenüber dieser geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche gemäß §§ 89 ff. SGB VIII. Ausgehend davon hat die Klägerin auch insoweit ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der örtlichen Zuständigkeit gerade gegenüber dem Beklagten, soweit sie für einzelne Inobhutnahmen von diesem keine Kostenerstattung begehrt. Denn die Klägerin ist insoweit Kostenerstattungsansprüchen der Beigeladenen ausgesetzt, die aus ihrer Sicht nur gegenüber dem Beklagten bestehen (vgl. allgemein zur Feststellung eines Rechtsverhältnisses, das im Verhältnis zwischen dem Kläger und einem Dritten besteht: BVerwG, Urteil vom 14.04.2005 – 3 C 3.04 –, juris Rn. 22; Wysk, in: ders., Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2020, § 43 Rn. 20).
27 
Auch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Hier könnte die Klägerin zwar ihre Rechte auch im Wege einer allgemeinen Leistungsklage gerichtet auf Kostenerstattung verfolgen (vgl. allgemein zu deren Statthaftigkeit: Kunkel/Pattar, in: Kunkel/Kepert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 89f Rn. 28). Der Vorrang der Gestaltungs- oder Leistungsklage greift jedoch nicht ausnahmslos. Ist – wie hier – Beklagter eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, so ist eine einschränkende Auslegung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO geboten, weil von dieser aufgrund ihrer verfassungsmäßig verankerten festen Bindung an Recht und Gesetz (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) die Respektierung von Gerichtsurteilen auch ohne dahinterstehenden Vollstreckungsdruck erwartet werden darf. Die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage gilt bei Klagen gegen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft daher nur, wenn ansonsten Fristen und das Erfordernis eines Vorverfahrens für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen unterlaufen würden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.05.2020 – 12 S 3395/19 –, juris Rn. 37 unter Hinweis auf: BVerwG, Urteile vom 05.12.2000 – 11 C 6.00 –, juris Rn. 20 und vom 27.10.1970 – VI C 8.69 –, juris Rn. 12; OVG Lüneburg, Urteil vom 20.01.2016 – 4 LB 14/13 –, juris Rn. 32; OVG Hamburg, Urteil vom 26.11.2015 – 4 Bf 29/14 –, juris Rn. 22 m.w.N.). Kann die zwischen den Parteien streitige Frage sachgerecht und ihrem Rechtsschutzinteresse voll Rechnung tragend durch ein Feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, den Kläger auf eine Leistungsklage zu verweisen, in deren Rahmen das Rechtsverhältnis, an dessen selbständiger Feststellung er ein berechtigtes Interesse hat, einerseits nur Vorfrage wäre, andererseits die weiteren Elemente des geltend zu machenden Anspruchs nur untergeordnete Bedeutung hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.03.2015 – 7 C 17.12 –, juris Rn. 17).
28 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist eine Leistungsklage der Klägerin gegenüber dem Beklagten gerichtet auf Kostenerstattung hier nicht vorrangig (vgl. allgemein Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 186). Zunächst ist insoweit festzustellen, dass durch die Feststellungsklage keine für die erwähnte Leistungsklage geltenden Fristen unterlaufen werden bzw. das Erfordernis eines Vorverfahrens nicht umgangen wird. Denn für die Leistungsklage gelten keine solchen Fristen und auch die Durchführung eines Vorverfahrens ist nicht erforderlich (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO). Es steht außerdem zu erwarten, dass der Streit zwischen den Beteiligten durch die von der Klägerin begehrte gerichtliche Feststellung der örtlichen Zuständigkeit im Sinne von §§ 86 ff. SGB VIII vollständig ausgeräumt werden kann und es deshalb nicht zu kostenerstattungsrechtlichen Folgestreitigkeiten kommt (vgl. allgemein zur Rechtskrafterstreckung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils auf den Beigeladenen: Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 66 Rn. 23 bis 25; Hoppe, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 66 Rn. 10). Denn die örtliche Zuständigkeit ist in kostenerstattungsrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig der Schwerpunkt der Auseinandersetzung (siehe bereits oben).
29 
2. Die Klage ist unbegründet. Das von der Klägerin in ihrem Antrag behauptete Rechtsverhältnis, nämlich die örtliche Zuständigkeit des Beklagten im Sinne von §§ 86 bis 86d SGB VIII für die ab dem 12.12.2016 geleisteten Jugendhilfemaßnahmen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII betreffend die Jugendliche, besteht nicht. Vielmehr ist die Klägerin für die erwähnten Jugendhilfemaßnahmen der örtlich zuständige Träger gewesen bzw. ist es noch.
30 
2.1 Im Ausgangspunkt, also im Zeitraum vom 13.07.2009 bis zum (einschließlich) 11.12.2016 ist die Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 (in den jeweils gültigen Fassungen vom 14.12.2006 und 29.08.2013 sowie vom 01.01.2014, die sich in ihrem Wortlaut nicht unterscheiden) i.V.m. § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII (in den erwähnten jeweils gültigen Fassungen, die sich hinsichtlich der Einfügung „in diesen Fällen“ bei § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII in der aktuellen Fassung vom 01.01.2014 unterscheiden; vgl. auch: Kunkel/Kepert, in: Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 38) für die in diesem Zeitraum gewährten Kinder- und Jugendhilfeleistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII örtlich zuständig gewesen.
31 
Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch (gemeint: das SGB VIII) der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Danach war die Klägerin bei Hilfebeginn (siehe zum „Beginn der Leistung“ bzw. zu deren „Gewährung“ unten) am 13.07.2009 die örtlich zuständige Trägerin für die Hilfe zur Erziehung in Form einer Tagesgruppe nach §§ 27, 32 SGB VIII. Denn zu diesem Zeitpunkt (und im Übrigen auch davor) lebte das Kind zusammen mit seinen Eltern im Zuständigkeitsbereich der Klägerin.
32 
An dieser örtlichen Zuständigkeit hat sich durch die Wegzüge des Vaters am 24.08.2013 nach ... und am 01.04.2014 nach ... wegen § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII nichts geändert. Nach den zuletzt genannten Vorschriften bleibt die bisherige (örtliche) Zuständigkeit bestehen, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, solange („in diesen Fällen“; siehe zur aktuellen Fassung des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII oben) die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam zusteht. Die erwähnten Vorschriften sind hier heranzuziehen. Denn den Eltern, denen die Personensorge gemeinsam zustand, haben erst „nach Beginn der Leistung“ verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet (vgl. allgemein zum Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII: BVerwG, Urteil vom 14.11.2013 – 5 C 34.12 –, juris Rn. 18 und 26; Kunkel/Kepert, a.a.O., Rn. 37).
33 
Der Gesetzeswortlaut „nach Beginn der Leistung“ meint den Zeitpunkt nach Gewährung der Leistung (vgl. Kunkel/Kepert, a.a.O., Rn. 9), wobei unter „Gewährung“ das tatsächliche Einsetzen der Hilfeleistung zu verstehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 19 und vom 19.10.2011 – 5 C 25.10 –, juris Rn. 18) und bezüglich der „Leistung“ der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte zuständigkeitsrechtliche Leistungsbegriff maßgeblich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.2010 – 5 C 17.09 –, juris Rn. 15; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 54).
34 
Davon ausgehend ist hier für die Beurteilung, ob die Eltern des Kindes „nach Beginn der Leistung“ verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet haben, der 13.07.2009 maßgeblich. Denn zu diesem Zeitpunkt setzte die Hilfeleistung der Klägerin erstmals tatsächlich ein und diese wurde bis zum 11.12.2016 auch nicht beendet, d.h. es ist nach dem zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriff von einer einheitlichen Leistung auszugehen. Nach dem erwähnten Leistungsbegriff sind alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen eine einheitliche Leistung, zumal wenn sie im Einzelfall nahtlos aneinander anschließen, also ohne beachtliche (vgl. §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII; vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 48) zeitliche Unterbrechung gewährt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.2010 – 5 C 17.09 –, juris Rn. 15).
35 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Zeitraum vom 13.07.2009 bis zum 11.12.2016 eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung erbracht worden. Hierfür spricht zunächst, dass die verschiedenen Hilfeleistungen ohne beachtliche zeitliche Unterbrechung gewährt worden sind. Soweit zwischen den verschiedenen Hilfen zur Erziehung bzw. den Inobhutnahmen ein Zeitraum lag, in dem keine Leistungen nach dem SGB VIII erbracht wurden, blieb dieser unter der für eine zuständigkeitsrechtlich erhebliche Leistungsunterbrechung sprechenden Schwelle von drei Monaten (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 49 f.). Außerdem ist insoweit zu beachten, dass die zahlreichen Inobhutnahmen im Zeitraum vom 13.07.2009 bis zum 11.12.2016, die zwar keine Jugendhilfeleistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII, sondern zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 3 SGB VIII gehören, im Sinne des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs in den durch die Hilfe zur Erziehung am 13.07.2009 begründeten Leistungszusammenhang einzubeziehen sind (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 20) und diesen dadurch aufrechterhalten. Es ist während des hier betrachteten Zeitraums auch von einem objektiv erkennbaren und qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarf auszugehen. Denn den in der Akte befindlichen Hilfeplänen lassen sich keine greifbaren Anhaltspunkte entnehmen, dass sich der Hilfebedarf des Kindes in dem erwähnten Zeitraum wesentlich verändert hat. Aus diesem Grund ist schließlich auch nicht von einer zuständigkeitsrechtlich relevanten Beendigung der Leistung durch die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt in dem gegenständlichen Zeitraum auszugehen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 31).
36 
Ist der 13.07.2009 maßgeblich, haben die Eltern des Kindes erst „nach Beginn der Leistung“ im Sinne von § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet. Denn sie hatten erst ab dem 24.08.2013 bzw. ab dem 01.04.2014 verschiedene gewöhnliche Aufenthalte.
37 
Nach alledem ergibt sich im Einzelnen, dass die Klägerin für die Zeit vom 13.07.2009 bis zum 23.08.2013 gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, vom 24.08.2013 bis zum 19.12.2013 gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII, vom 20.12.2013 bis zum 31.03.2014 – in diesem Zeitraum lebten die Eltern vorübergehend wieder zusammen in ... – gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (vgl. allgemein zum Prinzip der „dynamischen“ bzw. „wandernden“ Zuständigkeit: Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 37 ff. m.w.N. und unten unter 2.2) und vom 01.04.2014 bis zum 11.12.2016 wiederum gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII (vgl. allgemein zur Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 SGB VIII im Fall der erneuten Begründung verschiedener gewöhnliche Aufenthalte „nach Beginn der Leistung“: BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 C 18.08 –, juris Rn. 26; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 36 Rn. 119) die örtlich zuständige Trägerin für die in diesen Zeiträumen erbrachten Kinder- und Jugendhilfeleistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII war. Dies alles ist zwischen der Klägerin und dem Beklagten im Ergebnis auch unstreitig.
38 
2.2 Der Beklagte ist durch den Zuzug der Mutter der Jugendlichen am 12.12.2016 zu deren Vater nach ... nicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII der örtlich zuständige Träger geworden. Zwar ist die genannte Vorschrift hier anwendbar. Insbesondere steht deren Heranziehung nicht entgegen, dass nach den vorangegangenen Ausführungen und im Hinblick auf den Umstand, dass die am 12.09.2016 begonnene Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 30 SGB VIII in Form eines Betreuungshelfers erst am 16.12.2016 tatsächlich eingestellt war, nicht entgegen, dass es sich um eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung handelt. Denn § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII liegt das Prinzip der „dynamischen“ bzw. „wandernden“ Zuständigkeit zugrunde (siehe oben), weshalb die Vorschrift auch dann anwendbar ist, wenn ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt erst nach Beginn der (zuständigkeitsrechtlich einheitlichen) Leistung begründet worden ist (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 08.11.2005 – 5 K 4784/03 –, juris Rn. 36; Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 19). Die Tatbestandsvoraussetzung des § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, also ein (gemeinsamer) gewöhnlicher Aufenthalt der Eltern im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, lag am 12.12.2016 (und danach) allerdings nicht vor, da die Mutter und der Vater der Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt (und danach) ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in ... und damit nicht im Zuständigkeitsbereich des Beklagten hatte. Der gewöhnliche Aufenthalt des Vaters lag zwar – zwischen den Beteiligten unstreitig – seit über zwei Jahren in .... Die Mutter hat durch ihren Umzug am 12.12.2016 ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort aber nicht begründet.
39 
Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist nicht mit dem Wohnsitz im melderechtlichen Sinne identisch. Die Auslegung dieses Begriffs richtet sich vielmehr gemäß § 37 Satz 1 SGB I nach der Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I. Danach hat eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Maßgeblich dafür ist, ob der Betreffende sich an dem fraglichen Ort „bis auf Weiteres“ im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Abgesehen von einem zeitlich unbedeutenden oder von vornherein nur kurz befristeten Verweilen, wie es für einen Besuch oder die Durchreise typisch ist, setzt die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht eine bestimmte Verweildauer voraus. Sie kann gegebenenfalls schon vom ersten Tag der Aufenthaltsnahme an anzunehmen sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.05.2000 – 5 C 27.99 –, juris Rn. 14 und vom 18.03.1999 – 5 C 11.98 –, juris Rn. 15; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 25.05.2020 – 12 S 3395/19 –, juris Rn. 34 und vom 22.04.2008 – 9 S 2278/07 –, juris Rn. 4; Urteil der Kammer vom 26.04.2019 – 8 K 1439/18 –, juris Rn. 28). Die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts setzt nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zudem voraus, dass der Betreffende an dem Ort, an dem er einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen will, zumindest kurzfristig auch tatsächlich Aufenthalt genommen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.11.2013 – 5 C 25.12 –, juris Rn. 39). Bei Minderjährigen, insbesondere Kindern, kommt es für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich auf den Willen des oder der Sorgeberechtigten an (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 26). Ob sich nach alledem jemand gewöhnlich an einem bestimmten Ort aufhält oder lediglich vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden ex-ante Betrachtung entscheiden, wobei alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung bei Beginn eines streitigen Zeitraums erkennbaren Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. Seewald, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand: Mai 2020, § 30 SGB I Rn. 19 m.w.N.; Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 13; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 32). Für die Prognose der Zukunftsoffenheit sind neben den subjektiven Vorstellungen der betroffenen Person vor allem die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend (vgl. Lange, a.a.O., Rn. 33; kritisch Kunkel/Kepert, a.a.O., Rn. 13).
40 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Mutter der Jugendlichen in ... keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Zwar ist festzustellen, dass diese dort im Zeitraum vom 12.12.2016 bis zum 30.03.2017 ihren tatsächlichen Aufenthalt hatte. Eine vorausschauende ex-ante Betrachtung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der subjektiven Vorstellungen ergibt jedoch, dass sie sich in ... nur vorübergehend aufgehalten hat.
41 
Hinsichtlich der erwähnten Vorstellungen und Verhältnisse ergibt sich nach Auswertung der dem Berichterstatter vorliegenden Akten und des gesamten Vortrags der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen folgendes Bild: Die Mutter war mit der Jugendlichen zu ihrem früheren Ehemann gezogen, nachdem sie ihre Wohnung in ... verloren hatte. Die Eltern der Jugendlichen hofften zum damaligen Zeitpunkt, dass eine gemeinsame Erziehung besser funktionieren würde, zumal sich die Jugendliche einen Zusammenzug wünschte. Sie planten (zeitweise) für den Fall, dass sich die Hoffnungen – was letztendlich dann nicht der Fall war – erfüllen würden, eine größere (gemeinsame) Wohnung zu suchen. Insbesondere die Mutter wollte nicht in ... bleiben und beabsichtigte, sich entweder im Stadtgebiet der Klägerin oder im Kreisgebiet des Beklagten eine Wohnung zu suchen. Der Vater der Jugendlichen führte im hier gegenständlichen Zeitraum eine (neue) partnerschaftliche Beziehung, wobei sich seine Lebensgefährtin im Ausland aufhielt. Die Wohnung in ... hatte eine Größe von (ca.) unter 50 qm. Bezüglich der Wohnung war im gegenständlichen Zeitraum eine Räumungsklage beim Amtsgericht Bruchsal rechtshängig, wobei die Räumung ursprünglich am 08.03.2017 stattfinden sollte, zu der es dann jedoch nicht kam.
42 
Eine Gesamtwürdigung dieser tatsächlichen Verhältnisse und subjektiven Vorstellungen ergibt, dass sich die Mutter nur vorübergehend in ... aufgehalten hat.
43 
Hierfür sprechen vor allem die tatsächlichen Verhältnisse. In der Wohnung in ... herrschten (sehr) beengte Wohnraumverhältnisse, die es im Wege einer vorausschauenden ex ante Betrachtung bereits zu Beginn des hier gegenständlichen Zeitraums bei lebensnaher Betrachtung ausgeschlossen erscheinen lassen, dass sich die Mutter dort „bis auf Weiteres“ im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufzuhalten beabsichtigte. Die Wohnung war für drei Personen für ein auf einen längeren Zeitraum angelegtes Zusammenleben (viel) zu klein. Orientiert man sich etwa an den angemessenen Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau wäre bei drei Personen eine Wohnungsgröße von (ca.) 70 bis 80 qm angemessen gewesen (vgl. Luik, in: Eicher/ders., SGB II, 4. Auflage 2017, § 22 Rn. 84). Hinzu tritt hier, dass die schwere Erziehbarkeit der Jugendlichen und der Umstand, dass deren Eltern keine partnerschaftliche Beziehung mehr führen wollten, besondere Anforderungen an das räumliche Zusammenleben etwa in Form von ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten stellten. Von solchen Rückzugsmöglichkeiten ist bei einer Wohnungsgröße von (ca.) unter 50 qm indes nicht auszugehen. Insbesondere die Mutter hatte keinen eigenen Raum für sich allein zur Verfügung und musste im gemeinsamen Wohnzimmer schlafen. Dementsprechend beschrieben die Eltern und die Jugendliche die Wohnungssituation anlässlich eines Gesprächs bereits am 21.02.2017 im Landratsamt bei dem Beklagten übereinstimmend als „untragbar“. Für einen nur als vorübergehend angelegten Aufenthalt der Mutter sprechen auch die übrigen tatsächlichen Verhältnisse. Deren Aufenthalt in ... war für diese bei lebensnaher Betrachtung nur eine zeitweise „Notlösung“. Hierfür spricht zunächst, dass Anlass für deren Umzug der unfreiwillige Verlust der Wohnung im Stadtgebiet der Klägerin war. Weiter ist zu berücksichtigen, dass deren früherer Ehemann zum damaligen Zeitpunkt eine neue partnerschaftliche Beziehung führte und plante, seine Lebensgefährtin in absehbarer Zukunft aus dem Ausland zu sich zu holen. Schließlich spricht die Räumungsklage bzw. die ursprünglich für den 08.03.2017 geplante Räumung der Wohnung dagegen, dass sich der Aufenthalt der Mutter nach dessen Beginn am 12.12.2016 bis zum 30.03.2017 zu irgendeinem Zeitpunkt derart verfestigt hatte, um aus ex-ante Sicht prognostisch von einer Wandlung des zu Beginn des hier gegenständlichen Zeitraums nur als vorübergehend angelegten Aufenthalts in einen gewöhnlichen Aufenthalt ausgehen zu können.
44 
Auch die subjektiven Vorstellungen der Mutter sprechen für einen nur tatsächlichen Aufenthalt in .... Denn diese wollte dort nicht bleiben, sondern hatte die Absicht, ihre schwierigen Wohn- und Lebensverhältnisse zu verändern. Dabei ist mit Blick auf die von Beginn an bestehende (sehr) beengte und damit (sehr) schwierige Wohnsituation, die wegen der rechtshängigen Räumungsklage zudem auch unsicher war, davon auszugehen, dass ein solcher Wille bzw. eine entsprechende Absicht bereits im Zeitpunkt von deren Einzug in ... bestanden hat. Hierauf weisen auch die gegenüber dem Beklagten abgegebenen Erklärungen der Mutter vom 05.07.2017 und vom 07.11.2017 hin. Darin gibt diese im Wesentlichen an, dass sie sich nur vorübergehend bei ihrem früheren Ehemann aufgehalten habe und dort nicht habe bleiben wollen. Soweit die Klägerin im gerichtlichen Verfahren eingewendet hat, dass der Aufenthalt der Mutter in ... deshalb zukunftsoffen gewesen sei, weil diese zusammen mit ihrem früheren Ehemann im Zeitpunkt des Einzugs am 12.12.2016 beabsichtigt habe, der Jugendlichen eine „stabile Basis“ zu schaffen, und die Familie außerdem eine Beihilfe in Höhe von 400 EUR für den Umbau ihrer Wohnung beantragt und auch erhalten habe, führt dies zu keiner anderen Bewertung von deren subjektiven Vorstellungen. Zwar mögen die Planungen der Eltern der Jugendlichen hinsichtlich der gemeinsamen Erziehung in dem erwähnten Zeitpunkt zukunftsoffen gewesen sein. Dies gilt wegen der beschriebenen Wohnverhältnisse, an denen sich auch mit der erhaltenen Beihilfe nichts Wesentliches ändern ließ, allerdings nicht hinsichtlich des gemeinsamen Aufenthalts in .... Hierauf lassen die erwähnten Erklärungen der Mutter vom 05.07.2017 und vom 07.11.2017 (siehe oben) sowie darüber hinaus der Aktenvermerk der Sozial- und Jugendbehörde bei der Klägerin vom 21.07.2017 schließen. Danach beabsichtigten die Eltern bzw. insbesondere die Mutter der Jugendlichen von vorneherein, sich eine größere (gemeinsame) Wohnung auch für den Fall zu suchen, dass die gemeinsame Erziehung auf Dauer besser funktionieren würde.
45 
Auch nach einer Gesamtschau bzw. einem Abgleich der tatsächlichen Verhältnisse und subjektiven Vorstellungen ist davon auszugehen, dass der Aufenthalt der Mutter von Anfang an auf seine Beendigung angelegt war. Zwar ist hinsichtlich der subjektiven Vorstellungen der Mutter zu beachten, dass es auf Veränderungswünsche oder -absichten sowie auf den Willen des Betroffenen, sich an einem Ort aufzuhalten oder einen Wohnsitz zu begründen, nicht entscheidend ankommt (vgl. allgemein: BSG, Urteil vom 03.04.2001 – B 4 RA 90/00 R –, juris Rn. 18; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.04.2019 – 8 K 1439/18 –, juris Rn. 31; ferner BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 C 18.08 –, juris Rn. 20). Selbst wenn man aber davon ausgehend den subjektiven Vorstellungen der Mutter nur eine (sehr) geringe oder gar keine Bedeutung zumessen würde, ließe sich wegen der hier gegebenen besonderen tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls im Wege einer vorausschauenden ex ante Betrachtung gleichwohl nur die Prognose stellen, dass sich die Mutter der Jugendlichen lediglich vorübergehend in ... aufgehalten hat.
46 
2.3 Ist der Beklagte durch den Umzug der Mutter nach ... nicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für die Jugendhilfeleistungen örtlich zuständig geworden, blieb es die Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII. Denn deren nach den (zuletzt) genannten Vorschriften fortbestehende (statische) Zuständigkeit wird durch die (vorübergehende) Verlagerung des tatsächlichen Aufenthalts der Mutter der Jugendlichen nach ... nicht berührt.
47 
Zwar ist anzunehmen, dass die Mutter durch den Verlust ihrer Wohnung in ... und ihren Umzug nach ... auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Klägerin (vorübergehend) aufgegeben hat (vgl. allgemein zur Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts: Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 38). Für die örtliche Zuständigkeit hat das aber keine Relevanz. Dies zeigt die Regelung in § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB VIII. Danach richtet sich – soweit hier nur relevant – die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Jugendlichen, soweit die Eltern im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Letztere sind hier insoweit maßgeblich, da sich die bisherige Zuständigkeit, an die § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII unmittelbar anknüpft, hier letztlich aus § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ergibt, der auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern abstellt (siehe oben unter 2.1). Der Regelung in § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB VIII lässt sich in diesem Fall entnehmen, dass die Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts der Eltern nur dann zuständigkeitsrechtlich relevant ist, wenn beide Elternteile ihren gewöhnlichen Aufenthalt aufgeben (vgl. allgemein Loos, in: Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 5. Auflage 2015, § 86 Rn. 32). So liegt es hier aber ersichtlich nicht, da der Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor und nach dem 12.12.2016 weiter in ... hatte.
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Schließlich lässt sich der Anwendung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII und der sich daraus ergebenden (statischen) örtlichen Zuständigkeit der Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass kein Elternteil mehr seinen gewöhnlichen Aufenthalt in deren Zuständigkeitsbereich hatte, nachdem die Mutter der Jugendlichen ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort (vorübergehend) aufgegeben hatte. Zwar mag eine statische Zuständigkeit in diesem Fall weniger sinnvoll sein (vgl. Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 46). Der (klare) Wortlaut der Regelung in § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII lässt unter Berücksichtigung des § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII indes keine einschränkende Auslegung zu (so im Ergebnis dann auch: Kunkel/Kepert, a.a.O.).
49 
2.4 An der örtlichen Zuständigkeit der Klägerin hat sich auch durch den Umzug der Mutter der Jugendlichen von ... in deren Stadtgebiet Ende März 2017 bzw. Anfang April 2017 nichts geändert. Die fortbestehende (statische) örtliche Zuständigkeit der Klägerin folgt aus § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII. Die Regelung ist hier – insbesondere vorrangig vor § 86 Abs. 2 SGB VIII (vgl. allgemein Kunkel/Kepert, in: dies./Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 86 Rn. 42 f.) – anwendbar. Sie gilt auch in einem Fall, in dem die Eltern, denen – wie hier – die gemeinsame Personensorge zusteht, „nach Beginn der Leistung“ erneut verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 C 18.08 –, juris Rn. 26; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 36 Rn. 119). Dabei kann die in § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII beschriebene „bisherige Zuständigkeit“ auch eine solche (statische) Zuständigkeit – wie hier – nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII sein, da mit der bisherigen Zuständigkeit allgemein diejenige gemeint ist, die vor dem Eintritt der von § 86 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 erfassten Veränderung der Aufenthaltsverhältnisse zuletzt bestanden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 C 18.08 –, juris Rn. 26; BT-Drucksache 12/2866, Seite 22; Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86 Rn. 122). Davon ausgehend bleibt die bisherige Zuständigkeit der Klägerin nach § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII (siehe oben unter 2.1) hier bestehen. Denn die Eltern der Jugendlichen, denen die Personensorge weiterhin gemeinsam zustand (und immer noch zusteht), haben „nach Beginn der Leistung“ erneut verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet. Nachdem die Mutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Stadtgebiet der Klägerin im Dezember 2016 (vorübergehend) aufgegeben hatte (siehe oben unter 2.3), hat sie ihn dort nach ihrem Zuzug Ende März 2017 bzw. Anfang April 2017 abermals begründet. Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs spricht dabei entscheidend, dass diese sich seither dort aufhält. Der Vater der Jugendlichen hatte hingegen bis zum 12.01.2018 seinen gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in .... Die erneute Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts der Mutter im Stadtgebiet der Klägerin, die zu verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalten im Sinne von § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII führte, erfolgte auch „nach Beginn der Leistung“. Für den „Beginn der Leistung“ ist dabei auf den 13.07.2009 abzustellen (siehe oben unter 2.1), da auch über die (tatsächliche) Einstellung der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 30 SGB VIII in Form eines Betreuungshelfers am 16.12.2016 hinaus von einer zuständigkeitsrechtlich einheitlichen Leistung auszugehen ist. Zwar gewährte die Klägerin der Jugendlichen erst am 11.09.2017 (bis zum 15.02.2018) wieder eine Jugendhilfeleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII durch Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII in Form eines Hauptschulkurses, während in der Zwischenzeit „nur“ vorläufige Maßnahmen zum Schutz der Jugendlichen in Form von Inobhutnahmen durch verschiedene Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergriffen worden sind, die zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII gehören. Von einer beachtlichen Unterbrechung oder Beendigung der Jugendhilfeleistung im Sinne des maßgeblichen zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs ist aber deshalb nicht auszugehen, weil die zahlreichen Inobhutnahmen in den Leistungszusammenhang einzubeziehen sind, diesen aufrechterhalten (vgl. bereits oben unter 2.1) und auf einen objektiv erkennbaren sowie qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarf (weit) über den 16.12.2016 schließen lassen (vgl. allgemein BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – 5 C 35.15 –, juris Rn. 62).
50 
2.5 Auch nach den Umzügen des Vaters der Jugendlichen Mitte Januar 2018 nach ... bzw. Anfang Juli 2018 nach ... blieb die örtliche Zuständigkeit der Klägerin gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII bestehen. Die Regelung ist anwendbar (siehe oben unter 2.4) und deren Voraussetzungen liegen auch vor. Die Umzüge des Vaters, der gemeinsam mit der Mutter der Jugendlichen die Personensorge hatte, lagen „nach Beginn der Leistung“ am 13.07.2009. Dieses Datum ist für die Beurteilung maßgeblich, da auch nach dem 11.09.2017, dem Beginn der Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII in Form eines Hauptschulkurses, bzw. dem 15.02.2018, dem Endzeitpunkt der erwähnten Hilfe, bis Anfang Juli 2018 (und darüber hinaus) in Anknüpfung an die oben dargestellten Gründe (siehe oben unter 2.4) eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung vorlag. Insoweit bleibt lediglich ergänzend festzustellen, dass der Leistungszusammenhang nach der Einstellung der Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII in Form eines Hauptschulkurses am 15.02.2018 bestehen blieb. Von einer beachtlichen Unterbrechung oder Beendigung der Hilfeleistung im Sinne des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs zu diesem Zeitpunkt ist schon deshalb nicht auszugehen, weil die Klägerin bereits am 31.01.2018 – zeitlich parallel – Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform leistete, die erst zum 09./11.04.2018 eingestellt worden ist. Auch an diesem Datum wurde die Jugendhilfeleistung indes zuständigkeitsrechtlich weder unterbrochen noch beendet. Zwar leistete die Klägerin danach erst wieder ab dem 26.11.2018 (bis zum 24.04.2019) Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform. Von einer zuständigkeitsrechtlich relevanten Unterbrechung der Jugendhilfeleistung am 09./11.04.2018 ist wegen der zahlreichen dazwischenliegenden Inobhutnahmen der Jugendlichen unter Berücksichtigung der oben (siehe oben unter 2.4) dargestellten Gründe gleichwohl nicht auszugehen.
51 
2.6 An der danach gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 SGB VIII fortbestehenden örtlichen Zuständigkeit der Klägerin hat sich auch durch die (tatsächliche) Einstellung der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII in Form einer sonstigen betreuten Wohnform am 24.04.2019 nichts geändert, da auch über diesen Zeitpunkt hinaus in Anknüpfung an die bereits dargestellten Grundsätze (siehe oben unter 2.1, 2.4 und 2.5) von einer zuständigkeitsrechtlich einheitlichen Leistung auszugehen ist. Bereits am 15.07.2019 (bis zum ....09.2019) und damit unter der für eine zuständigkeitsrechtlich erhebliche Leistungsunterbrechung sprechenden Schwelle von drei Monaten gewährte die Klägerin den Eltern der Jugendlichen Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung. Die Inobhutnahme der Klägerin vom 26.04.2019 bis zum 01.07.2019 durch die Klägerin bestätigt dabei das unverminderte Fortbestehen eines jugendhilferechtlichen Bedarfs (weit) über den 24.04.2019 hinaus.
52 
2.7 Die Klägerin ist auch die örtlich zuständige Trägerin geblieben, nachdem die Jugendliche am ...09.2019 volljährig geworden ist. Dies folgt aus § 86a Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII. Geht danach – soweit hier relevant – der Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII eine Hilfe nach den §§ 27 bis 35a SGB VIII voraus, so bleibt der örtliche Träger zuständig, der bis zu diesem Zeitpunkt zuständig war. Davon ausgehend blieb die Klägerin ab dem ...09.2019 die örtliche zuständige Trägerin. Diese gewährte erstmals vom 24.09.2019 bis zum 19.04.2020 Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung. Dieser Hilfe ging zeitlich unmittelbar eine Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 35 SGB VIII voraus, für die die Klägerin ebenfalls örtlich zuständig war (siehe oben unter 2.6). Dieser zeitliche Ablauf zeigt unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze (siehe oben unter 2.1, 2.4, 2.5 und 2.6), dass es sich bei der ab dem ...09.2019 gewährten Hilfe für junge Volljährige um die Fortsetzung einer im zuständigkeitsrechtlichen Sinne einheitlichen Leistung handelt (vgl. allgemein zum Anwendungsbereich des § 86a Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VIII: Lange, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Auflage, § 86a Rn. 12 und 33).
53 
2.8 Auch für die laut Hilfeplan vom 14.04.2020 gewährte „Hilfe zur Erziehung nach § 19 SGB VIII“ im Zeitraum vom 20.04.2020 bis zum 04.05.2020 blieb die Klägerin gemäß § 86a Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII örtlich zuständig. Die (zuletzt) genannte Regelung, die die örtliche Zuständigkeit für Leistungen an junge Volljährige betrifft, und nicht etwa § 86b SGB VIII, der die örtliche Zuständigkeit für Leistungen in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder nach § 19 SGB VIII regelt, ist hier für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit maßgeblich. Denn es handelt sich bei der in dem erwähnten Zeitraum gewährten Hilfe materiell-rechtlich nicht um eine Hilfe in Form der Förderung der Erziehung in der Familie nach § 19 SGB VIII (Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder), da die junge Volljährige zum damaligen Zeitpunkt (noch) keine Mutter war (der geplante Entbindungstermin war nach Aktenlage der 31.08.2020), sondern um eine Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 27 Abs. 2 SGB VIII. Die Klägerin blieb nach § 86a Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII die örtlich zuständige Trägerin, da der Hilfe für junge Volljährige zeitlich unmittelbar eine Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 35 SGB VIII (siehe hierzu oben unter 2.7) vorausging. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist insoweit der ...09.2019, da es sich bei der ab diesem Datum bis zum 04.05.2020 gewährten Hilfe für junge Volljährige um eine Leistung im zuständigkeitsrechtlichen Sinne handelt (vgl. allgemein zur Maßgeblichkeit des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs im Rahmen von § 86a Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VIII: Lange, in: jurisPK-SGB VIII, § 86 Rn. 33 und 37). Letzteres ergibt sich daraus, dass die am ...09.2020 begonnene Hilfe für junge Volljährige am 19.04.2020 nicht im zuständigkeitsrechtlichen Sinne unterbrochen oder beendet worden ist (siehe allgemein zur Unterbrechung und Beendigung einer zuständigkeitsrechtlich einheitlichen Leistung oben unter 2.1). Dies zeigt sich daran, dass an die Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung nahtlos die Hilfe für junge Volljährige nach §§ 41, 27 Abs. 2 SGB VIII anschloss. Nach alledem ging der am ...09.2019 gewährten Hilfe für junge Volljährige ging eine Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 35 SGB VIII voraus (siehe oben unter 2.7).
54 
2.9 Zuletzt ist die Klägerin auch für die ab dem 05.05.2020 gewährte Hilfe für junge Volljährige gemäß §§ 41, 35 SGB VIII in Form intensiver sozialpädagogischer Betreuung örtlich zuständig. Dies folgt unter Berücksichtigung der unter 2.8 dargestellten Grundsätze aus § 86a Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII. Denn die beschriebene Hilfe knüpfte nahtlos an die zuvor gemäß §§ 41, 27 Abs. 2 SGB VIII gewährte Hilfe an.
55 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, da diese keine Anträge gestellt und damit keine Kostenrisiken eingegangen sind.
56 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 2, 709 Satz 2 ZPO.
57 
Gründe gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
58 
Beschluss
59 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
60 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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