Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 14 K 720/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der am geborene Kläger ist seit 2002 bzw. 2005 zu insgesamt 7.182/10.000 Miteigentümer des Grundstückes Flur , Flurstücke , , , und . Weitere Miteigentümerin ist die H. GmbH , deren Kommanditist ebenfalls der Kläger ist. Das Grundstück ist Teil des ehemaligen Werksgeländes der (ehemaligen) L. AG, die heute unter dem Namen E. AG firmiert. Auf dem Flurstück befindet sich das so bezeichnete Einlaufbauwerk Q 2, über das Niederschlagswasser von dem Grundstück des Klägers und weiteren benachbarten Grundstücken in den Rhein eingeleitet wird. Eine der L. AG hierzu unter dem 27. März 1976 erteilte wasserrechtliche Erlaubnis ist am 31. März 1996 ausgelaufen. Im Jahre 1984 war der L. AG die Abwasserbeseitigungspflicht für das ehemalige Betriebsgrundstück hinsichtlich des Niederschlags- und Kühlwassers übertragen worden. Mit Bescheid vom 6. November 2008 widerrief die Bezirksregierung Köln diese Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht. Die gegen diese Entscheidung durch die Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR (StEB) erhobene Klage (14 K 7866/08) hat die erkennende Kammer mit rechtskräftigem Urteil vom 15. Juni 2010 abgewiesen. Seitdem sind die Stadtentwässerungsbetriebe Köln (formal) wieder abwasserbeseitigungspflichtig.
3Im Zuge der 1995 erfolgten Veräußerung des der L. AG zustehenden Erbbaurechts an der Parzelle an den verstorbenen Vater des Klägers wurde zu Gunsten des Veräußerers eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt eingeräumt: „Der Verkäufer ist befugt, auf der Grundstücksfläche Flur , Parzelle ein Einlaufbauwerk nebst den erforderlichen Leitungen zur Ver- und Entsorgung von Niederschlagswässern zu haben, zu betreiben und zu unterhalten.“ Die gleiche Dienstbarkeit wurde auch in den zeitgleich geschlossenen Vertrag über den Erwerb des Eigentums an der Parzelle 819 durch den Vater des Klägers vom Land NRW aufgenommen. Sie findet sich nach wie vor im Grundbuch dieser Parzelle.
4Bis zum Jahre 2008 wurde die E. AG zur Zahlung von Abwasserabgaben herangezogen. Nach Aktenlage stellte die E. AG dem Kläger zumindest für die Jahre 2006 und 2007 die Abwasserabgabe anteilig für sein Grundstück in Rechnung. Dabei wurden jeweils zusätzlich 85,- € als Pauschale für Wartung, Instandhaltung und Bedienung der Einlaufbauwerke berechnet.
5Nachdem die Bezirksregierung Düsseldorf (u. a.) durch eine Klage der E. AG gegen die Heranziehung zu Abwasserabgaben für das Jahr 2008 Kenntnis davon erlangt hatte, dass die industrielle Nutzung der fraglichen Grundstücke aufgegeben worden ist und diese an verschiedene Erwerber veräußert wurden, begann sie mit der Klärung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse an den besagten Grundstücken.
6Mit Schreiben vom 24. Mai 2011 wandte sie sich an die H. GmbH und wies auf die bestehende Abwasserabgabenpflicht hin. Sie bat zugleich um das Ausfüllen beigefügter Formblätter, mit denen die Größe der Flächen ermittelt werden sollte. Daraufhin meldete sich die Mutter des Klägers telefonisch und schriftlich bei der Bezirksregierung Düsseldorf und gab unter anderem an, die Größe der befestigten und bebauten, im (Mit-) Eigentum des Klägers stehenden Flächen betrage 0,4826 ha. Mit weiterem Schreiben vom 25. Juli 2011 wies die Bezirksregierung Düsseldorf die Mutter des Klägers darauf hin, dass über die Einleitungsstelle Q 2 auch das Niederschlagswasser benachbarter Grundstücke entsorgt werde. Daher würden auch die Flächenangaben dieser Grundstücke benötigt. Die insoweit in Betracht kommenden Flächen wurden in diesem Schreiben im Einzelnen dargestellt und zugleich wurde darauf hingewiesen, dass unklar sei, inwieweit die gesamte Fläche befestigt oder bebaut sei. Die Mutter des Klägers beantwortete dieses Schreiben trotz Erinnerung nicht und verwies stattdessen darauf, dass sie sich nach Rücksprache mit mehreren Behörden der Stadt Köln für die Erteilung dieser Auskünfte nicht für zuständig halte.
7Mit Bescheid vom 20. Dezember 2011 setzte die Bezirksregierung Düsseldorf sodann gegenüber dem Kläger die Abwasserabgabe für das Einleiten von verschmutztem Niederschlagswasser gewerblicher Flächen für das Jahr 2008 in Höhe von 8.374,86 € fest.
8In der Anlage 1 zu diesem Bescheid wurden die einzelnen gewerblichen Flächen und die jeweilige Größe der befestigten und bebauten Flächen, von denen Niederschlagswasser über eine nicht öffentliche Kanalisation eingeleitet wird, jeweils aufgeführt. Danach lag der Heranziehung eine Gesamtfläche von 13,33 ha zu Grunde.
9Am 23. Januar 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
10Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:
11Eine Heranziehung zu Abwasserabgaben komme schon deshalb nicht in Betracht, weil er, der Kläger, nicht Einleiter im Sinne des Gesetzes sei. Dies folge daraus, dass er schon nicht Eigentümer des gesamten Einleitungsbauwerkes sei. Dies erstrecke sich nämlich über mehrere Flurstücke. Von seinem Flurstück verlaufe es über das weitere Grundstück und ende im Hafenbecken. Die Einleitung im Sinne des Gesetzes erfolge aber nicht an dem Punkt, an dem das Regenwasser in den Kanal einlaufe, sondern dort, wo es in den Rhein eingeleitet werde. Dieser Teil des Kanals stehe aber unstreitig nicht in seinem Eigentum.
12Dies gelte auch für den auf dem Flurstück stehenden Teil des Einleitungsbauwerkes. Es spreche alles dafür, dass auch dieser Teil im Eigentum der L. AG bzw. deren Rechtsnachfolgerin stehe. Vermutlich sei das Einleitungsbauwerk damals aufgrund einer Vereinbarung mit dem ehemaligen Eigentümer des Grundstückes errichtet worden. Eine derartige Vereinbarung lasse sich allerdings dem Grundbuch nicht entnehmen. Die Notwendigkeit der dinglichen Absicherung sei wohl erst im Zuge der Veräußerung des Grundstückes und der Erbbaurechte erkannt worden. Für das Eigentum der L. AG spreche auch die besondere Bedeutung des Einleitungsbauwerkes, das für die Entwässerung eines Großteils des ehemaligen Betriebsgeländes notwendig gewesen sei. Der Erwerb dieses Teils des Einleitungsbauwerks zusammen mit dem Erwerb des Grundstückes scheitere daran, dass es sich bei dem Bauwerk um einen Scheinbestandteil im Sinne des § 95 Abs. 1 (insbesondere) S. 2 BGB handele.
13Dem Kläger fehle zudem die rechtliche und tatsächliche Sachherrschaft über das Einleitungsbauwerk. Dieses sei mit einem Schieber versehen, mit dem der Zugang zum Rohr geöffnet oder verschlossen werden könne. Bei einer Begehung des Einleitungsbauwerkes in der Woche vor der mündlichen Verhandlung habe sich der offenbar eingerostete Schieber manuell nicht betätigen lassen. Er könne aber von der E. AG elektrisch gesteuert werden. Zwar sollen nach dem Vortrag des Beklagten die elektrischen Zuleitungen unterbrochen worden sein, dies ändere an der Sachherrschaft jedoch nichts, da dies jederzeit wieder rückgängig gemacht werden könne. Zudem bestehe nach wie vor die persönliche Dienstbarkeit und werde auch wahrgenommen, was sich daraus ergebe, dass die Örtlichkeit erst kürzlich von verschiedenen Personen unter Hinweis auf ein aus einem Notfallplan folgendes Betretungsrecht in Augenschein genommen worden sei. Der Kläger könne auch deshalb keine tatsächliche Sachherrschaft über das Einleitungsbauwerk ausüben, weil dieses mit einer massiven Betonplatte abgedeckt sei, die ohne Kran nicht bewegt werden könne. Dementsprechend sei in der Vergangenheit auch die E. AG zur Zahlung der Abwasserabgabe herangezogen worden und zwar weit über den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs durch den Vater des Klägers hinaus.
14Ungeachtet der fehlenden Einleitereigenschaft des Klägers komme eine Heranziehung auch deshalb nicht in Betracht, weil das Grundstück deutlich kleiner als 3 ha sei.
15Schließlich sei auch die Menge des eingeleiteten Abwassers unklar, da ausweislich der Verwaltungsvorgänge des Beklagten möglicherweise ein zusammenhängendes Kanalnetz bestehe.
16Der Kläger beantragt,
17den Festsetzungsbescheid des beklagten Landes vom 20. Dezember 2011 über die Heranziehung zu einer Abwasserabgabe für das Veranlagungsjahr 2008 aufzuheben.
18Das beklagte Land beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor, der Kläger sei Einleiter im Sinne des § 9 Abs. 1 AbwAG. Als Eigentümer des Flurstückes sei er auch Eigentümer des Einleitungsbauwerkes als dessen wesentlicher Bestandteil geworden und könne insoweit maßgeblichen Einfluss auf die Einleitung des Niederschlagswassers nehmen. Daran ändere auch die formal noch im Grundbuch eingetragene persönliche Dienstbarkeit nichts, denn diese entspreche nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen, auf die es für die Frage der Sachherrschaft maßgeblich ankomme. In einem vor der erkennenden Kammer geführten weiteren Verfahren habe die anwaltlich vertretene E. AG ausdrücklich klargestellt, dass Sie kein Interesse an der Ausübung der persönlichen Dienstbarkeit mehr habe.
21Mit dem Verkauf der Grundstücke an mehrere Erwerber sei die Dienstbarkeit zudem funktionslos geworden, weil die E. AG von den verkauften Flächen kein Niederschlagswasser mehr ableiten könne. Damit sei aber die Dienstbarkeit erloschen, weil ihrer Ausübung tatsächliche Gründe entgegen stünden. Die Funktionslosigkeit ergebe sich auch daraus, dass nach den rechtskräftigen Feststellungen der Kammer im Verfahren 14 K 7866/08 die jeweiligen Erwerber der Grundstücke bis zur endgültigen Neuorganisation der Abwasserbeseitigung im Zuge der Neubebauung für die Beseitigung des Niederschlagswassers verantwortlich seien. Entgegen der Auffassung des Klägers sei das Einleitungsbauwerk auch wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, so dass mit dem Erwerb des Grundstücks auch das Eigentum an dem Einleitungsbauwerk erworben worden sei. Andernfalls wäre die Einräumung der Dienstbarkeit bei der Veräußerung der Erbbaurechte und des Grundstücks nicht sinnvoll gewesen. Zudem sei die L. AG zum Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks und der Erbbaurechte noch Inhaberin einer wasserrechtlichen Direkteinleitererlaubnis gewesen.
22Der Kläger könne auch die tatsächliche Sachherrschaft über das Einleitungsbauwerk auf seinem Grundstück ausüben. Neben der aktuell nicht mehr funktionsfähigen elektrischen Steuerung könne der vorhandene Schieber auch manuell betätigt werden. Dass ihm das nicht möglich sei, habe der Kläger nicht vorgetragen.
23Der Kläger könne schließlich auch keine Abgabefreiheit für sich in Anspruch nehmen, weil die gesamte Fläche, von der Niederschlagswasser über das Einleitungsbauwerk auf dem Flurstück 819 eingeleitet werde, wesentlich größer als 3 ha sei. Zudem sei auch nur der Direkteinleiter abgabepflichtig und dieser müsse gegebenenfalls die weiteren Grundstückseigentümer anteilig in Anspruch nehmen.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten (auch des Verfahrens 14 L 669/12) und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
27Der angefochtene Festsetzungsbescheid des beklagten Landes vom 20. Dezember 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
28Nach § 1 des Gesetzes über Abgaben für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserabgabengesetz – AbwAG) ist für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer eine Abwasserabgabe zu entrichten. Gemäß § 2 Abs. 1 AbwAG ist auch das von bebauten oder befestigten Flächen abfließende Niederschlagswasser Abwasser im Sinne des Gesetzes. Abgabepflichtig ist nach § 9 Abs. 1 AbwAG, wer Abwasser einleitet (Einleiter). Gemäß § 2 Abs. 2 AbwAG bedeutet Einleiten in diesem Sinne das unmittelbare Verbringen des Abwassers in ein Gewässer.
29Einleiter ist danach derjenige, der zweck- und zielgerichtet Abwasser unmittelbar in ein Gewässer gelangen lassen kann, der mithin Herr der Einleitung ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Einleitung rechtmäßig oder unrechtmäßig vorgenommen wird. Entscheidend ist allein die tatsächliche Sachherrschaft, die nicht immer mit der Stellung als Anlagen- bzw. Grundstückseigentümer übereinstimmen muss.
30So ausdrücklich Dahme in Siedler-Zeitler-Dahme, WHG und AbwAG, Loseblattsammlung Stand: 01. September 2013, § 9 AbwAG Rdn. 9.
31In Übereinstimmung damit ist nach der Rechtsprechung Einleiter derjenige, „der für das Hineingelangen des Abwassers in das Gewässer verantwortlich ist und bis zu diesem Zeitpunkt Einwirkungsmöglichkeiten auf das Abwasser besitzt, insbesondere seine Schadstoffbelastung bestimmen kann.“
32So OVG NRW, Urteil vom 27. Mai 2003 – 9 A 3415/99 – zitiert nach juris.
33Nach diesen Kriterien ist der Kläger Einleiter im Sinne des Abwasserabgabengesetzes.
34Zunächst kommt es entgegen der Ansicht des Klägers nicht darauf an, dass das Grundstück, auf dem das Niederschlagswasser in den Rhein gelangt, einem anderen Eigentümer gehört. Dieser kann nicht Einleiter sein, weil er mangels entsprechender Vorrichtungen weder auf die eingeleitete Wassermenge, noch auf deren Schädlichkeit in irgendeiner Form Einfluss nehmen kann. Ist der Schieber in der Einlaufvorrichtung auf dem Grundstück des Klägers geöffnet, läuft das Wasser von da ab ungehindert in den Rhein.
35Aus diesem Grund kann der Kläger auch aus dem zitierten Urteil des OVG NRW vom 27. Mai 2003 keine ihm günstigen Rechtsfolgen ableiten. Nach dieser Entscheidung müssen die Stelle, an der der Einleiter sich des Abwassers entledigt, und die Stelle, an der das Abwasser in das Gewässer gelangt, aneinander grenzen. Diese Voraussetzung ist indes hier erfüllt. Das OVG NRW hat mit dieser Feststellung lediglich klargestellt, dass derjenige nicht Direkteinleiter ist, der sein Wasser in die Kläranlage eines anderen einleitet, der es seinerseits in das Gewässer verbringt. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Vielmehr gelangt das Niederschlagswasser aus dem Einleitungsbauwerk auf dem Grundstück des Klägers ohne Zwischenschaltung eines Dritten unmittelbar in den Rhein.
36Da sich das Einleitungsbauwerk, von dem aus das Niederschlagswasser ungehindert in den Rhein gelangen kann, auf dem Grundstück des Klägers befindet, hat dieser zunächst auch in tatsächlicher Hinsicht die Sachherrschaft über das Bauwerk und damit über das Einleiten des Wassers in den Rhein. Dies wird durch den Schriftsatz vom 7. Juli 2014 ausdrücklich bestätigt: Dort wird geschildert, dass das Einleitungsbauwerk unter großem Aufwand besichtigt worden sei. Der Umstand, dass der Zugang zum Einleitungsbauwerk nur mit einigem Aufwand möglich ist, kann der Einleitereigenschaft schon deshalb nicht entgegenstehen, weil dieser Aufwand jeden anderen möglichen Einleiter gleichermaßen treffen würde. Ebenso wenig ist der Vortrag, der in dem Einleitungsbauwerk vorhandene, grundsätzlich manuell steuerbare Schiebermechanismus sei aktuell nicht funktionstüchtig, von Bedeutung. Dieser offenbar auf nicht ausreichende Wartung zurückzuführende Mangel kann behoben werden und der Kläger hat sodann die tatsächliche Möglichkeit, das Einleiten des Niederschlagswassers in den Rhein zu ermöglichen oder aber zu verhindern. Unabhängig davon, auf welchem Weg das Regenwasser in das System gelangt, besteht hier die letzte Möglichkeit, die Einleitung zu steuern.
37An dieser Steuerung wird der Kläger auch durch Dritte nicht gehindert. Unabhängig davon, dass die elektrische Steuerung von anderer Stelle ohnehin seit längerem nicht mehr funktioniert, besteht der Sinn einer manuellen Steuerungsmöglichkeit gerade darin, diese unabhängig von anderen Steuerungsmöglichkeiten wahrnehmen zu können.
38Auch in rechtlicher Hinsicht ist der Kläger an der Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft über das Einleitungsbauwerk nicht gehindert.
39Wie schon in dem rechtskräftigen Beschluss vom 14. August 2012 im Verfahren 14 L 669/12 festgestellt worden ist, ergibt sich aus der von dem Kläger zitierten Entscheidung des OVG Magdeburg,
40Beschluss vom 13. Februar 2007 – 4 L 21/06 –, juris,
41nichts Gegenteiliges. Der in diesem Fall als Einleiter zur Zahlung der Abwasserabgabe Herangezogene hatte aufgrund eines Erbbaupachtvertrages die vollständige Sachherrschaft über das Grundstück insgesamt ausgeübt. So liegen die Dinge hier indes offenkundig nicht.
42Ebenso wenig vermag die Kammer festzustellen, dass der Kläger als Eigentümer des Grundstücks nicht zugleich auch Eigentümer des darauf befindlichen Einleitungsbauwerks geworden ist.
43Mit dem Einbau einer Versorgungsleitung wird diese nach § 94 Abs. 1 S. 1 BGB zu einem wesentlichen Bestandteil des Grundstücks; das Eigentum am Grundstück erstreckt sich gemäß § 946 BGB auf die Versorgungsleitung.
44So BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – V ZR 35/05 –, BGHZ 165,184 ff.
45Nichts anderes gilt für Entsorgungsleitungen, soweit diese nicht besonderen rechtlichen Regelungen unterworfen sind, was beim Einbau eines privaten Kanals auf einem Privatgrundstück indes nicht der Fall ist.
46Entgegen der Auffassung des Klägers kann das Einleitungsbauwerk auch nicht als Scheinbestandteil im Sinne des § 95 BGB angesehen werden. Nach § 95 Abs. 1 S. 1 BGB sind solche Sachen Scheinbestandteile, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden sind. Der Wille, die Verbindung mit dem Grundstück nur vorübergehend vornehmen zu wollen, muss bereits zum Zeitpunkt des Einbaus vorhanden sein. Hierfür gibt es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte. Das Einleitungsbauwerk diente ursprünglich der Entwässerung einer industriell genutzten Fläche. Zum Zeitpunkt seiner Errichtung war keineswegs absehbar, dass das Werksgelände einmal verkauft werden würde. Zudem dient das Bauwerk auch heute noch der Niederschlagsentwässerung der entsprechenden Flächen und es ist nicht auszuschließen, dass es nach Übernahme durch die Stadtentwässerungsbetriebe Köln auch künftig diesem Zweck dienen wird.
47Auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 95 Abs. 1 S. 2 BGB vermag die Kammer nicht festzustellen. Nach dieser Vorschrift liegt auch dann ein Scheinbestandteil vor, wenn ein Gebäude oder ein anderes Werk in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.
48Dafür gibt es indes keine Anhaltspunkte. Als dingliches Recht, in dessen Ausübung das Einleitungsbauwerk errichtet worden sein könnte, kommt nur die persönliche Dienstbarkeit in Betracht. Diese ist indes unzweifelhaft erst lange Zeit nach Herstellung des Einlaufbauwerks in das Grundbuch eingetragen worden. Allerdings soll § 95 Abs. 1 S. 2 BGB auch dann anwendbar sein, wenn das dingliche Recht erst später eingetragen worden ist.
49Vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage 2014, § 95 Rdn. 5 mit weiteren Nachweisen auch zur gegenteiligen Auffassung.
50Auch in diesem Fall müsste sich jedoch aus dem dinglichen Recht, hier der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, ergeben, dass es der Errichtung eines Werkes dienen soll. Hierfür bietet der Wortlaut der eingetragenen Dienstbarkeit keine hinreichenden Anhaltspunkte. Da der Kläger sich im Übrigen insoweit auf einen Ausnahmetatbestand beruft, ist er diesbezüglich beweispflichtig.
51So Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 95 Rn. 1.
52Seine Rüge, das beklagte Land möge die entsprechenden Umstände aufklären, geht daher insoweit ins Leere.
53Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass das Einleitungsbauwerk kraft Vereinbarung zu einem Scheinbestandteil geworden sein könnte. Allerdings ist es nach dem zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs grundsätzlich möglich, Versorgungsleitungen zu Scheinbestandteilen zu machen, die dann selbstständigen rechtlichen Regelungen zugänglich sind und z. B. auch als bewegliche Sachen verkauft werden können. Hierzu ist jedoch eine entsprechende Einigung zwischen dem Grundstückseigentümer und demjenigen erforderlich, der eigenständiges Eigentum an dem (ehemals) wesentlichen Bestandteil erwerben soll. Dafür gibt es keine Hinweise. Der in dem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (14 L 669/12) vorgelegte Kaufvertrag zwischen dem Land NRW und dem Vater des Klägers als Erwerber enthält dazu keinerlei Aussage. Vielmehr wird in diesem Vertrag die wiedergegebene Grunddienstbarkeit bewilligt, was nach Auffassung der Kammer überflüssig gewesen wäre, wenn das Einlaufbauwerk nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist. Dem Verkäufer des Grundstücks hätte dann auch die Verfügungsbefugnis über das Einleitungsbauwerk gefehlt.
54Letztlich steht auch die beschränkte persönliche Grunddienstbarkeit als solche – wie bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt – bereits inhaltlich der tatsächlichen Sachherrschaft des Klägers über das Einleitungsbauwerk nicht entgegen.
55Hierfür bietet schon der Wortlaut keine hinreichenden Anhaltspunkte. Nach § 1091 BGB bestimmt im Zweifel das persönliche Bedürfnis des Berechtigten den Inhalt der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Im Zeitpunkt der Bestellung der Dienstbarkeit war L. noch abwasserbeseitigungspflichtig und benötigte daher das vorhandene Einleitungsbauwerk zwingend zur Erfüllung dieser Pflicht. Das Interesse bestand daher nur in der Möglichkeit der uneingeschränkten Nutzung des Bauwerks, nicht etwa in der (nachträglichen) Legalisierung der Errichtung, wobei in tatsächlicher Hinsicht offen bleiben kann, ob eine solche Legalisierung überhaupt nötig war oder ob entsprechend der Darstellung des beklagten Landes das Grundstück zum damaligen Zeitpunkt nicht ohnehin im Eigentum von L. bzw. der E. AG stand.
56Darüber hinaus dürfte die beschränkte persönliche Dienstbarkeit inzwischen erloschen sein. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Verhältnisse nach der Bestellung derart ändern, dass die Dienstbarkeit niemandem mehr einen erlaubten Vorteil zu bieten vermag.
57So Joost in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage, § 1091 Rdn. 2.
58Davon ist hier auszugehen: Nach dem Verkauf des gesamten Grundstücks konnte L. schon tatsächlich kein Wasser mehr über das Bauwerk entsorgen. Nach Wegfall der Abwasserbeseitigungspflicht bestand darüber hinaus auch keine rechtliche Verpflichtung mehr hierzu. Dafür, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit auf Andere übertragen worden sein könnte, gibt es keine Anhaltspunkte; auch dies würde indes an der tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeit des Klägers nichts ändern, da auch in diesem Fall der Inhalt der Dienstbarkeit der Ausübung der Sachherrschaft nicht entgegen stehen würde.
59Ist mithin der Kläger nach allem als Einleiter im Sinne des § 9 Abs. 1 AbwAG anzusehen, kann er sich auch nicht auf eine Ausnahme von der Abgabepflicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 AbwAG berufen. Nach dieser Regelung bleibt das Einleiten des Niederschlagswassers in der hier gegebenen Form abgabefrei, wenn die Fläche 3 ha nicht überschreitet. Bei der Ermittlung der Größe der insgesamt über das Einleitungsbauwerk in den Rhein entwässernden Flächen kommt es nicht allein auf die Größe des im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücks an. Vielmehr ist auf die Fläche aller Grundstücke abzustellen, die letztlich über das Einleitungsbauwerk auf dem Grundstück des Klägers ihr Niederschlagswasser entsorgen. Dies ist die zwingende Konsequenz daraus, dass nur der Direkteinleiter abgabepflichtig ist. Da die anderen Grundstückseigentümer letztlich keine unmittelbare Möglichkeit besitzen, das Einleiten des Niederschlagswassers in den Rhein zu steuern, sind sie lediglich Indirekteinleiter, von denen der Kläger Ausgleich der Abwasserabgabe entsprechend der jeweiligen Grundstücksgrößen verlangen kann.
60Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 24.09.2008 – 7 B 39/08-, juris.
61Nach den Angaben der Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung wird dieser Ausgleich auch tatsächlich praktiziert.
62Darüber, dass die über das auf dem Grundstück des Klägers befindliche Einleitungsbauwerk entwässernde Fläche deutlich größer als 3 ha ist, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
63Schließlich ist der Einwand des Klägers, es müsse aufgeklärt werden, in welchem Umfang Niederschlagswasser über das Einleitungsbauwerk auf seinem Grundstück entsorgt werde, rechtlich irrelevant. Bei der Erhebung der Abwasserabgabe für Niederschlagswasser wird gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 AbwAG in Fällen der vorliegenden Art die Abgabe pauschaliert je volle Hektar befestigter Fläche berechnet. Die Wassermenge als solche ist daher völlig belanglos. Allerdings hat die Bezirksregierung Düsseldorf im Verwaltungsverfahren die Mutter des Klägers ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie nach Aktenlage nicht feststellen könne, ob die gesamte gewerblich genutzte Fläche befestigt sei oder nicht. Auf eine insoweit möglicherweise bestehende Unrichtigkeit der Flächenermittlung kann der Kläger sich aber nicht berufen, weil er diesbezüglich seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist. Nach § 11 Abs. 2 AbwAG hat der Abgabepflichtige im Falle des § 7 AbwAG die Schadeinheiten zu berechnen und die dazugehörigen Unterlagen vorzulegen. Hierzu hat die Bezirksregierung Düsseldorf die vertretungsberechtigte Mutter des Klägers unter Beifügung der entsprechenden Formulare und Erläuterung der maßgeblichen Gesichtspunkte mehrfach erfolglos aufgefordert. Als Folge der unterbliebenen Mitwirkung steht der zuständigen Behörde nach § 12 Abs. 1 AbwAG sodann ein Schätzungsrecht zu. Davon hat die Bezirksregierung Düsseldorf letztlich Gebrauch gemacht. Sie hat unter Mitwirkung der E. AG und der V. GmbH und Co. KG (als Eigentümerin weiterer Flächen) Pläne ausgewertet und die einzelnen über das Grundstück des Klägers entwässernden Parzellen in einer Anlage zu dem Festsetzungsbescheid aufgeführt und größenmäßig dargestellt. Dem ist der Kläger nicht qualifiziert entgegengetreten. Es wäre aber im Rahmen der Erklärungspflicht seine Aufgabe, gegebenenfalls unrichtige Angaben zu korrigieren. Im übrigen ist die E. AG bis einschließlich 2007 für die hier betroffene Fläche für die Einleitung über das Einlaufbauwerk Q2 zur Abwasserabgabe herangezogen worden und der Kläger hat nach Aktenlage auch seinen Anteil für 4.800 m² befestigter Fläche akzeptiert, ohne die Gesamtfläche als solche in Zweifel zu ziehen.
64Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
65Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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- VwGO § 154 1x
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