Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 7 K 602/17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Der am 00.00.1949 in B. (ehemalige UdSSR, jetzt: Kasachstan) geborene Kläger reiste am 31.10.1995 mit einem am 29.05.1995 erteilten Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG nach Deutschland ein und wurde am 22.03.1996 als Spätaussiedler anerkannt. In seinem Aufnahmeantrag vom 30.05.1992 gab er an, er sei von 1969 bis 1989 verheiratet gewesen. Angaben zur Ehegattin machte er nicht. Dem Antrag war eine am 05.10.1989 ausgestellte Scheidungsurkunde beigefügt, in der als Ehefrau H. B1. angegeben ist. In der Rubrik „Angaben zu den Kindern ab 16 Jahre“ erwähnte er seinen Sohn F. S. , geb. am 00.00.1969 in P. , Kirgisien. Weitere Kinder waren nicht eingetragen.
3Auf Anforderung des Bundesverwaltungsamtes machte der seinerzeitige Bevollmächtigte des Klägers zur geschiedenen Ehefrau die folgenden Angaben (Bl. 98 BA 2). Diese habe in der Zeit von 1968 bis 1971 die Krankenschwesterschule mit Abschlussprüfung in B2. besucht. 1968 habe sie den Kläger geheiratet. Im Jahr 1972 sei sie nach B. gekommen, wo sie als Krankenschwester im Gebietskrankenhaus bis 1989 gearbeitet habe. Am 05.10.1989 sei sie geschieden worden und danach in die Stadt P. , Kirgisien zurückgekehrt.
4In seinem am 06.12.1995 handgeschriebenen Lebenslauf (Anlage zum Antrag auf Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung) erklärte der Kläger, er sei seit 1969 mit I. , H. verheiratet gewesen und habe einen Sohn namens F. , geb. 00.00.1969. Seit 1989 sei er geschieden. Eine weitere Tochter wurde nicht erwähnt. (Bl. 140 BA 2).
5Am 16.06.2016 beantragte er die nachträgliche Einbeziehung von Frau F1. S1. , geb. am 00.00.1977, sowie deren Kindern A. , geb. am 00.00.1993, S2. , geb. am 00.00.2002, L. , L1. und B3. , geb. am 00.00.2003, in seinen Aufnahmebescheid. Er gab an, F1. S1. sei seine leibliche Tochter, welche von seinen Eltern am 05.06.1978 adoptiert worden sei.
6Als Nachweis wurde eine am 17.05.1996 von der Gebietsjustizverwaltung B. ausgestellte Bescheinigung über den Inhalt des Geburtsregisters vorgelegt. Danach sind als Eltern des am 00.00.1977 geborenen Kindes F1. S3. B4. die Personen B5. S3. und S4. S3. eingetragen. Aus der beigefügten Adoptionsurkunde vom 05.06.1978 ergibt sich, dass das Kind F1. S3. von B5. und S4. S1. an Kindes statt angenommen wurde. In der nachträglich ausgestellten Geburtsurkunde vom 04.11.1993 sind ebenfalls B5. und S4. S1. als Eltern angegeben.
7Auf Nachfrage des BVA erklärte der Kläger mit Schreiben vom 25.06.2016, die einzubeziehende F1. S1. sei laut der Adoptionsurkunde seine Adoptivschwester. Im richtigen Leben sei sie jedoch seine leibliche Tochter. Im Zeitpunkt der Geburt von F1. im Januar 1977 sei die Ehe bereits zerrüttet gewesen und die Mutter, H. B6. , habe ihn mit dem Kind in unbekannter Richtung verlassen. Da mit dem Baby nicht zurechtgekommen sei und sie in ein Heim hätte abgeben müssen, hätten die Großeltern seine Tochter adoptiert. Um den älteren Sohn hätten sie sich bereits gekümmert.
8Aus den weiter eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass die Eltern des Klägers, B5. und S4. S5. , unter dem 13.03.1998 ebenfalls einen Aufnahmebescheid erhalten haben und am 26.06.1998 in das Bundesgebiet übergesiedelt sind.
9Der Antrag wurde mit Bescheid vom 01.08.2016 abgelehnt. In der Begründung hieß es, das Verwandtschaftsverhältnis von F1. S5. zum Kläger sei durch die Adoption erloschen.
10Der am 05.08.2016 beim BVA eingegangene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 14.12.2016 zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, F1. S1. habe durch die Adoption den Status eines Abkömmlings des Klägers verloren. Vielmehr habe diese die vollen Rechte eines Kindes seiner Eltern erlangt. Der Kläger habe durch die freiwillige Aufgabe der Elternrechte im Jahre 1978 auf alle zukünftigen Ansprüche verzichtet, die sich eventuell aus einer juristischen Eltern-Kind-Beziehung ergäben. Dies gelte auch für das Vertriebenenrecht.
11Im Übrigen sei die leibliche Vaterschaft zu F1. S1. nicht durch ein belastbares Dokument belegt. Die neu ausgestellte Geburtsurkunde vom 04.11.1993 weise die Eltern des Klägers, B5. und S4. S1. , im Geburtsregister als (Adoptiv-)Eltern des Kindes F1. S1. aus. Die im Widerspruchsverfahren eingereichte Bescheinigung der Stadt B. vom 13.07.2016 über den Inhalt des Geburtsregisters, wonach der Kläger der Kindesvater sei, sei nicht beweisgeeignet. Denn es handele sich nicht um eine Kopie der Geburtsregistereintragungen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auf den Inhalt der Bescheinigung durch den Kläger oder Frau S1. Einfluss genommen worden sei.
12Der Beweis der leiblichen Abstammung sei daher auch für die Kinder von Frau F1. S1. nicht geführt. Der Beweiswert der für Frau A. S1. vorgelegten Geburtsurkunde vom 24.11.2010 leide darüber hinaus an der Tatsache, dass als Vater von A. der Vater des Klägers, B5. S1. , aufgelistet sei.
13Die am 00.00.2002 bzw. am 00.00.2003 geborenen jüngeren Kinder von F1. S1. seien schon aufgrund ihres Geburtsdatums keine im Zeitpunkt der Aussiedlung 1995 verbliebenen Abkömmlinge und daher von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen.
14Hiergegen hat der Kläger am 16.01.2017 Klage erhoben, mit der er seinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung von Frau F1. S1. sowie deren Tochter A. S1. weiterverfolgt.
15Er ist der Auffassung, mit der Bescheinigung vom 13.07.2016 über den Inhalt des Geburtsregisters sei nachgewiesen, dass der Kläger der biologische Vater von F1. S1. sei. Die Abkömmlingseigenschaft könne nicht wegen der später erfolgten Adoption verneint werden. Der Abstammungsbegriff des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG gehe von einem biologisch-genetischen Verständnis aus. Darüber hinaus habe das Bundesverwaltungsgericht den Begriff der Abstammung auf rechtlich begründete Kindschaftsverhältnisse erweitert. Zur nachträglichen Einbeziehung berechtigten daher bereits tatsächliche familiäre Bindungen (BVerwG, Urteil vom 27.09.2016 –). Diese lägen beim Kläger und seiner Tochter sowie Enkeltochter vor, da die Adoption lediglich dem Kindeswohl habe dienen sollen und der Kläger bis zu seiner Ausreise trotz allem eine enge familiäre Beziehung zu seiner Tochter unterhalten habe.
16Soweit die Beklagte auf § 1755 BGB verweise, sei diese Bestimmung nur für das Familienrecht, jedoch nicht für das Vertriebenenrecht relevant. Dieses orientiere sich am Begriff der „Abstammung“, der biologisch definiert sei. Auch im Familienrecht könnten rechtliche Verwandtschaftsverhältnisse die genetische Abstammung nicht beeinflussen, wie durch § 1598 a BGB deutlich werde.
17Auf die gerichtliche Anforderung der ursprünglichen Geburtsurkunde von F1. S1. vom 12.01.1977 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass diese bei der Adoption durch das Standesamt einbehalten worden sei. Am 05.06.1978 sei eine Adoptionsurkunde und eine zweite Geburtsurkunde ausgestellt worden, die jedoch wegen hoher Feuchtigkeit nicht mehr lesbar sei. Es existiere nunmehr nur noch eine Ausfertigung vom 04.11.1993, die bei Antragstellung vorgelegt worden sei.
18Mit PKH-Beschluss der Einzelrichterin vom 12.07.2019 wurde der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, es sei bereits die leibliche Abstammung der Frau F1. S1. vom Kläger durch die vorgelegten Urkunden nicht belegt. Außerdem fehle es bisher am Nachweis von Grundkenntnissen der deutschen Sprache.
19Die Beschwerde des Klägers wurde durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen vom 05.09.2019 zurückgewiesen.
20Der Kläger beantragt,
21die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 01.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 zu verpflichten, die am 00.00.1977 geborene Frau F1. S1. sowie die am 00.00.1993 geborene Frau A. S1. nachträglich in seinen Aufnahmebescheid einzubeziehen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie hält an der Auffassung fest, bei F1. S1. handele es sich nicht mehr um einen Abkömmling des Klägers. Zwar sei diese als eheliche Tochter des Klägers geboren. Durch die nachfolgende Adoption sei jedoch das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinen bisherigen leiblichen Verwandten einschließlich der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten erloschen, § 1755 BGB. Diese Rechtsfolge sei auch im Familienrecht der ehemaligen UdSSR (Art. 25 des Gesetzes des Obersten Sowjets der UdSSR zur Bestätigung der Grundlagen der Gesetzgebung der Union der SSR und der Unionsrepubliken über Ehe und Familie vom 27.06.1968) vorgesehen gewesen.
25Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Einbeziehungsverfahrens sowie des Aufnahmeverfahrens des Klägers Bezug genommen.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
27Das Gericht konnte in Abwesenheit des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten über die Klage entscheiden, da der Kläger in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist, § 102 Abs. 2 VwGO.
28Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 01.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung der am 00.00.1977 geborenen F1. S1. und der am 00.00.1993 geborenen A. S1. in seinen Aufnahmebescheid.
29Als Anspruchsgrundlage kommt nur § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in Betracht. Danach kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Abkömmling nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG vorliegen. Die Voraussetzungen dieser Norm werden nicht erfüllt.
30Es kann hierbei offen bleiben, ob unter den Begriff des „Abkömmlings“ auch leibliche Kinder und Enkelkinder fallen, die von dritten Personen adoptiert wurden. Diese Frage ist, wie das Oberverwaltungsgericht Münster in der Beschwerdeentscheidung vom 05.09.2019 zu Recht ausgeführt hat, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht abschließend entschieden. In der Rechtsprechung ist lediglich geklärt, dass Abkömmlinge im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG leibliche Kinder und Enkelkinder des Spätaussiedlers sind und als Minderjährige adoptierte Kinder des Spätaussiedlers diesen gleichstehen, sofern die Adoption vor der Übersiedlung erfolgte,
31vgl. BVerwG, Urteil vom 27.09.2016 – 1 C 17/15 – juris Rn. 12 ff.
32Zwar ist die „Abstammung“ von einem deutschen Volkszugehörigen, die im Rahmen der Spätaussiedlereigenschaft bei Erteilung eines Aufnahmebescheides oder einer Spätaussiedlerbescheinigung zu prüfen ist, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG, auch dann bejaht worden, wenn ein leibliches Kind eines Deutschen später von einer russischen Familie adoptiert worden ist,
33vgl. BVerwG, Urteil vom 13.11.2003 – 5 C 40/03 – juris Rn. 10.
34In der Entscheidung vom 27.09.2016, wo es um die Auslegung des Begriffs des „Abkömmlings“ in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG geht, wird allerdings auch auf den Begriff der „Abstammung“ im Vertriebenenrecht Bezug genommen, was für eine einheitliche Auslegung der Begriffe sprechen dürfte. In der Begründung des Urteils vom 13.11.2003 wird jedoch nur ganz kurz darauf hingewiesen, dass es auf die biologische Abstammung ankomme, die durch die spätere Adoption nicht berührt werde. Eine Auseinandersetzung mit der Norm des § 1755 BGB, wonach das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu den bisherigen Verwandten und alle sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten durch die Adoption erlöschen, fand nicht statt.
35Auch das Recht auf nachträgliche Einbeziehung, was letztlich auf der familiären Verbundenheit zwischen Eltern und Kindern beruht, könnte durch die Adoption entfallen, wenn eine Eltern-Kind-Beziehung nur noch zwischen dem Kind und den Adoptiveltern bestehen soll, vgl. auch § 1741 BGB. Andernfalls hätten sowohl die leiblichen Eltern als auch die Adoptiveltern einen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung. Ein Anspruch der leiblichen Eltern auf Einbeziehung oder nachträgliche Einbeziehung zum Zweck der Aussiedlung könnte auch in Konkurrenz treten zu einem Interesse der Adoptiveltern am Verbleib des Kindes. Derartige Konflikte zwischen Eltern und Adoptiveltern widersprechen dem Interesse des Kindes und sollen durch die Norm des § 1755 BGB gerade vermieden werden. Diese Erwägungen sprechen für die Auffassung der Beklagten, dass die Abkömmlingseigenschaft zum Kläger infolge der Adoption durch die Großeltern entfallen ist. Auf eine tatsächliche familiäre Bindung zum Kläger kommt es nicht an, weil der Anspruch auf Einbeziehung nur an bestimmte familiäre Beziehungen geknüpft ist, nämlich an die Eigenschaft als Ehegatte oder als Abkömmling.
36Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben. Denn es fehlt bereits an zweifelsfreien urkundlichen Nachweisen oder einem Abstammungsgutachten für die biologische Abstammung der F1. S1. vom Kläger. Insoweit folgt das Gericht den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom14.12.2016, auf den Bezug genommen wird.
37Aus der vorgelegten Adoptionsurkunde vom 05.06.1978 sowie aus der nachträglich ausgestellten Geburtsurkunde von F1. S1. vom 04.11.1993 sowie aus der Bescheinigung vom 17.05.1996 über den Inhalt des Geburtsregisters ergeben sich als Adoptiveltern die Eltern des Klägers. Der Kläger selbst wird in diesen Urkunden nicht als leiblicher Vater erwähnt.
38Der Kläger wird erstmals in der Bescheinigung vom 13.07.2016 über den Inhalt des Geburtsregisters als leiblicher Vater genannt. Dieser Bescheinigung kommt jedoch kein ausreichender Beweiswert zu, da es sich nicht um eine Kopie des Geburtsregisters, sondern lediglich um eine Auskunft über dessen Inhalt handelt, die auch mit Rücksicht auf die Interessen des Klägers ausgestellt worden sein könnte. Diese Bescheinigung steht in offensichtlichem Widerspruch zur Bescheinigung über den Inhalt des Geburtsregisters vom 17.05.1996, in der als Eltern lediglich die Adoptiveltern aufgeführt sind.
39Die Geburtsurkunde von F1. S1. aus dem Jahr 1977 sowie die nach der Adoption im Jahr 1978 ausgestellte Geburtsurkunde konnten nicht vorgelegt werden. Auch wenn es plausibel sein mag, dass die ursprüngliche Geburtsurkunde nach der Adoption und Ausstellung einer neuen Geburtsurkunde im Jahr 1978 einbehalten wurde, so gibt es keine plausible Erklärung für das Fehlen der Geburtsurkunde aus dem Jahr 1978. Der Hinweis auf ein Verblassen wegen Feuchtigkeit oder wegen der Verwendung einer angeblichen selbsterlöschenden „Sicherheitstinte“ sind wenig überzeugend, zumal diese Gründe einer Vorlage der Urkunde gar nicht entgegenstehen.
40Keine plausible Erklärung wurde bisher auch für den Umstand angeboten, dass in der Geburtsurkunde der am 00.00.1993 geborenen Tochter von F1. S1. , A. , als Vater B5. S1. , also der Adoptivvater von F1. S1. und Vater des Klägers eingetragen ist. Wenn der Kläger der leibliche Vater von F1. S1. wäre, würde das bedeuten, dass der Großvater mit seiner leiblichen Enkeltochter und Adoptivtochter ein Kind gezeugt hätte. Die in der Beschwerdebegründung vorgetragene Erklärung, bei einer nicht-ehelichen Geburt und fehlender Angabe des Vaters durch die Mutter würde ein beliebiger männlicher Verwandter als Vater eingetragen, erscheint abwegig.
41Schließlich gibt es keine plausible Erklärung für den Umstand, dass die Ehe des Klägers mit der Mutter von F1. S1. , H. B7. S1. , erst im Jahr 1989 geschieden wurde, wenn die Trennung der Eheleute bereits im Jahr 1978 erfolgte. Die Behauptung des Klägers im Schreiben vom 25.06.2016, seine Ehefrau habe ihn im Jahr 1978 mit unbekanntem Ziel verlassen, widerspricht den Angaben zur Ehefrau im Aufnahmeverfahren des Klägers. Dort wurde vom Bevollmächtigten des Klägers am 24.10.1993 angegeben, die Ehefrau des Klägers habe bis 1989 als Krankenschwester im Gebietskrankenhaus in B. , dem Wohnort des Klägers, gearbeitet und sei erst nach der Scheidung im Jahr 1989 in ihren Herkunftsort P. in Kirgisien zurückgekehrt.
42Auch ist auffällig, dass der Kläger in seinem eigenen Aufnahmeverfahren die Tochter F1. – im Gegensatz zum Sohn F. , der ebenfalls nicht mit ausreiste – an keiner Stelle erwähnt. Insbesondere im Lebenslauf vom 06.12.1995 ist von einer Tochter F1. , die später adoptiert wurde, keine Rede.
43Angesichts dieser Fülle an Ungereimtheiten bleiben die leibliche Abstammung der Frau F1. S1. und damit auch die leibliche Abstammung ihrer Tochter A. vom Kläger zweifelhaft. Diese Zweifel gehen zu Lasten des Klägers, der sich auf die Abkömmlingseigenschaft beruft.
44Darüber hinaus werden die sonstigen Voraussetzungen für eine Einbeziehung von F1. und A. in den Aufnahmebescheid des Klägers nicht erfüllt. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz BVFG müssen volljährige Abkömmlinge Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Ein Zeugnis über den Besitz derartiger Sprachkenntnisse wurde bisher nicht vorgelegt.
45Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
46Rechtsmittelbelehrung
47Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
55Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
56Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
57Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
58Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
59Beschluss
60Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
6110.000,00 €
62festgesetzt.
63Gründe
64Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung für jede der beiden einzubeziehenden Personen (§ 52 Abs. 2 GKG).
65Rechtsmittelbelehrung
66Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
67Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
68Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
69Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
70Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
- BVFG § 6 Volkszugehörigkeit 2x
- 5 C 40/03 1x (nicht zugeordnet)
- BVFG § 27 Anspruch 6x
- BGB § 1755 Erlöschen von Verwandtschaftsverhältnissen 4x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- 1 C 17/15 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1598a Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung 1x
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 102 1x
- BGB § 1741 Zulässigkeit der Annahme 1x
- VwGO § 113 1x
- VwGO § 167 1x
- § 52 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 55a 1x