Urteil vom Verwaltungsgericht Lüneburg (3. Kammer) - 3 A 109/16

Tatbestand

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Der im Jahr 1992 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger mit tadschikischer Volkszugehörigkeit und schiitischer Religionszugehörigkeit. Er wurde in der Provinz E. geboren und lebte dort in dem Bezirk F., wo er mindestens die letzten zwei Jahre vor seiner Ausreise als Bäcker gearbeitet hat. Davor bewachte er für ca. eineinhalb Jahre als Sicherheitsmann zwei Camps, in denen sich unter anderem auch Amerikaner aufhielten. Am 20. April 2015 reiste er auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 23. März 2016 einen Asylantrag. Seine Mutter, die in F. in einem der Familie gehörenden Haus lebt, seine zwei Brüder und seine Schwester sind in Afghanistan geblieben, wo sich auch die weitere Großfamilie aufhält.

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In seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 13. Juni 2016 gab der Kläger zur Begründung seines Asylbegehrens im Wesentlichen an, dass er eine Zeitlang Sicherheitsbeauftragter der Amerikaner gewesen sei, weshalb er Feinde habe und er Afghanistan verlassen habe, weil er Schiite sei und überall verfolgt werde. Zudem sei er psychisch krank.

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Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 20. Juli 2016, nach den Unterlagen in den Verwaltungsvorgängen am 25. Juli 2016 zur Post gegeben und am gleichen Tag auch zugestellt, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Asylanerkennung sowie auf subsidiären Schutz ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides bzw. nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens auf und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Zur Begründung wird in dem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass die vorgetragenen Fluchtgründe weder glaubhaft noch substantiiert seien.

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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 5. August 2016 Klage erhoben. Als Zugehöriger zu den Sicherheitskräften sei er erhöht gefährdet und in Afghanistan bestehe keine inländische Fluchtalternative.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2016 aufzuheben und ihn

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1. als Flüchtling anzuerkennen,

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2. ihm subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen oder

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3. festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 des AufenthG vorliegen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Das Gericht konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Abwesenheit der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, weil die Beteiligten in der Ladung zum Termin auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden sind.

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG (1.) noch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG (2.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen nach der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS 1 AsylG) ebenfalls nicht (3.). Auch die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist ist rechtlich ebenso wenig zu beanstanden, wie die Dauer des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes (4.).

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1. Die von dem Kläger dargelegten Umstände vermögen keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG) zu begründen.

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Gem. § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Gem. § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich (1.) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (2.) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a)) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (b)) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befindet, ist der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der voraussetzt, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen - es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 7 f. m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.). Dabei greift zugunsten eines Betroffenen eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (OVG Lüneburg, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, juris, S. 8 m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.). Es ist dabei Sache des Ausländers, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen und das Gericht muss die volle Überzeugung von der Wahrheit des von ihm behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals erlangen (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 8).

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Vorliegend ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass sich der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner vorangegangenen Tätigkeit der Bewachung von internationalen Camps (dazu a)) oder wegen seiner schiitischen Religionszugehörigkeit (dazu b)) außerhalb Afghanistans aufhält. Der Kläger trägt zwar vor, dass er befürchte, bei einer Rückkehr nach Afghanistan umgebracht zu werden. Eine solche Furcht wäre jedoch nicht begründet. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass ihm eine (solche) schwerwiegende Verfolgungshandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.

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a) Dabei ist das Gericht nach der mündlichen Verhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme durchaus davon überzeugt, dass der Kläger als Sicherheitsmann mit anderen zusammen in Afghanistan, dort in G. und F., Camps bewacht hat, in denen sich auch Amerikaner aufgehalten haben. Die Angaben des Klägers hierzu waren glaubhaft. Zwar waren etwa seine Ausführungen zu seiner konkreten Tätigkeit oberflächlich. Dies kann aber auch dem Umstand geschuldet sein, dass seine Tätigkeit tatsächlich nur aus Wachestehen und Umherlaufen bestanden hat. Jedoch konnte er etwa Nachfragen nach nebensächlichem Randgeschehen spontan und ohne nachzudenken schlüssig beantworten. Seine Angaben wurden zudem von dem Zeugen H. bestätigt. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt, den Kläger bei seiner eigenen Tätigkeit als Sicherheitsmann an zwei unterschiedlichen Camps als Sicherheitsmann gesehen zu haben. Dabei schließt das Gericht aufgrund kleinerer Unstimmigkeiten in den Ausführungen des Zeugen und des Klägers aus, dass zwischen beiden zuvor eine diesbezügliche Absprache erfolgt ist. In diesem Fall wäre zu erwarten gewesen, dass sich die Schilderungen besser gedeckt hätten. So haben beide etwa zunächst allein von dem jeweils anderen Camp gesprochen und das Gericht hatte den Eindruck, dass sie jeweils nicht von der Relevanz auch des anderen Camps ausgegangen sind.

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Allein aus dieser früheren Tätigkeit folgt jedoch nicht, dass dem Kläger auch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG droht, mithin eine Furcht vor Verfolgung begründet wäre. Der Kläger macht keine vorangegangene eigene individuelle Verfolgung geltend und legt auch nicht dar, dass ihm in seinem Herkunftsland) eine eigene individuelle konkrete Verfolgung droht. Vielmehr stützt er seine Furcht vor seiner Tötung und damit einer Verfolgung im Sinne der §§ 3 Abs. 1,  3a Abs. 1 AsylG auf eine nach seiner Ansicht generell erhöhte Gefährdungslage für ehemals für die Amerikaner tätige Personen in Afghanistan.

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Eine Gefahr eigener Verfolgung kann sich auch aus gegen Dritte gerichtete Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines Grundes des § 3b AsylG verfolgt werden, den der Kläger mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet und deshalb seine eigene bisherige Verschonung von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylG als eher zufällig anzusehen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 -, juris Rn. 36 zum Asylrecht; BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 13; Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20; OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.11.2014 - 8 LA 150/14 -, juris Rn. 13; offen gelassen ob die Grundsätze des BVerfG auch für den Flüchtlingsschutz gelten BVerwG, Beschl. v. 24.02.2015 - 1 B 31/14 -, juris Rn. 5). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung durch Dritte setzt voraus, dass Gruppenmitglieder Rechtsgutsbeeinträchtigungen erfahren, aus deren Intensität und Häufigkeit jedes einzelne Gruppenmitglied die begründete Furcht herleiten kann, selbst alsbald ein Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden, sich somit jeder Angehörige der Gruppe sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 -, juris Rn. 38 zum Asylrecht). Es muss eine die Regelvermutung der Verfolgung rechtfertigende Verfolgungsdichte hinsichtlich der Gruppe vorliegen, was der Fall ist, wenn die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter besteht, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 13; Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20). Die Verfolgungshandlungen müssen - sofern kein (staatliches) Verfolgungsprogramm vorliegt - im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20; OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.11.2014 - 8 LA 150/14 -, juris Rn. 13). Ob die Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung in einem bestimmten Herkunftsstaat vorliegen, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden, wobei alle gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen zur Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden müssen, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann (BVerwG, Urt. v. 01.02.2007 - 1 C 24/06 -, juris Rn. 8). Dabei reicht es aus, die ungefähre Größenordnung der Verfolgungsschläge zu ermitteln und sie in Beziehung zur Gesamtgruppe der von Verfolgung Betroffenen zu setzen (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 19), sofern zahlenmäßige Feststellungen möglich sind (BVerwG, Beschl. v. 24.02.2015 - 1 B 31/14 -, juris Rn. 10). Sofern solche Verfolgungen regional oder lokal begrenzt sind, können die verfolgungsfreien Räume eine inländische Fluchtalternative darstellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 -, juris Rn. 39 zum Asylrecht; BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 23; Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine staatliche Verfolgung oder eine solche durch private Akteure handelt (BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 21; OVG Hamburg, Urt. v. 22.04.2010 - 4 Bf 220/03.A -, juris Rn. 62).

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Soweit der Kläger eine drohende Verfolgung wegen seiner früheren Tätigkeit der Bewachung von internationalen Camps geltend macht, kann hierin bereits kein Verfolgungsgrund im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1, Abs. 2 AsylG gesehen werden (dazu aa)). Seine frühere Tätigkeit begründet keine Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Nr. 4 AsylG. Darüber hinaus ist er wegen seiner vorangegangenen Tätigkeit auch keiner solchen erhöhten Gefährdung ausgesetzt, dass ständig eine Gefahr für sein Leib und Leben oder seine persönlicher Freiheit bestehen würde (dazu bb)). Letztlich hätte der Kläger mit Kabul auch eine inländische Fluchtalternative (dazu cc)).

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aa) Bei Personen, die internationale Camps bewacht haben, liegt keine Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Nr. 4 AsylG (§ 3b Nr. 4 AsylG entspricht insoweit (weitestgehend) § 10 Abs. 1 Buchst. d) Richtlinie 2004/83/EG sowie § 10 Abs. 1 Buchst. d) Richtlinie 2011/95/EU) vor. Nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG ist bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu berücksichtigen, dass eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe gilt, wenn (a)) die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und (b)) die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Beide Voraussetzungen müssen demnach kumulativ vorliegen (EuGH, Urt. v. 07.11.2013 - C-199/12 bis 201/12, C-199/12, C-200/12, C-201/12 -, juris Rn. 45). Jedenfalls eine solche auch von außen wahrnehmbare, die Gruppe abgrenzende und zugleich prägende Identität (Bay. VGH, Beschl. v. 14.08.2008 - 15 ZB 07.30176 -, juris Rn. 3 zu Gewerbetreibenden und Unternehmern) liegt bei Personen, die internationale Camps bewacht haben, nicht vor, zumal diese Personen aufgrund ihrer (vorangegangen) Tätigkeit von der sie umgebenden Gesellschaft auch nicht als andersartig betrachtet werden und damit auch keine fest umrissene Gruppe darstellen (vgl. dazu OVG Hamburg, Urt. v. 22.04.2010 - 4 Bf 220/03.A -, juris Rn. 58 zu Djoula - Côte d’Ivoire).

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Zwar ist insoweit durchaus auch denkbar, dass regierungsfeindliche Gruppierungen Personen, die internationale Institutionen bewacht haben, eine politische Überzeugung im Sinne einer regierungstreuen und damit einer die politische Herrschaft der regierungsfeindlichen Gruppen ablehnende Grundhaltung (§§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG) zuschreiben, § 3b Abs. 2 AsylG, woraus sich eine politische Verfolgung (vgl. hierzu Hailbronner, Asylrecht, Kommentar, Stand: April 2016, § 3b Rn. 40 f., 44) ergeben könnte. Auch dies würde zum einen jedoch nicht zu einer auch von außen wahrnehmbaren Identität oder zu einer gesellschaftlichen Betrachtung als andersartig führen. Zum anderen ist das Gericht vorliegend bereits nicht davon überzeugt, dass gegen diese Personen gerichtete Handlungen von regierungsfeindlichen Gruppierungen wegen einer zugeschriebenen politischen Überzeugung erfolgen würden, somit dass Verfolgungshandlungen an einen Verfolgungsgrund anknüpfen würden. Mindestens genauso gut ist insoweit denkbar und wahrscheinlich, dass diese Personen für ihre Tätigkeit als solche oder ihre Regierungstreue „bestraft“ werden sollten. Gleichermaßen kommt auch in Betracht, dass andere Personen dadurch davon abgehalten werden sollten, für internationale Institutionen tätig zu werden. Gegen eine diesen Personen zugeschriebene politische Überzeugung sprechen auch die Angaben des Zeugen Sajad, der in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass die Leute, die solche Personen bedrohen würden, wollen würden, dass sie - die Bedrohten - für sie arbeiten. Diese ohnehin lediglich pauschalen Angaben sprechen - ihre Richtigkeit insoweit unterstellt - zum einen dafür, dass solchen Personen keine (feste) politische Überzeugung zugeschrieben wird, jedenfalls eine Korrektur der politischen Überzeugung für möglich gehalten wird.

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bb) Zudem besteht nicht zur Überzeugung des Gerichts für ehemalige afghanische Sicherheitsleute für internationale Institutionen eine solche erhöhte Gefahr, dass die bisherige Verschonung des Klägers als Zufall anzusehen und er bei einer Rückkehr nach Afghanistan und in seine Heimatregion F. aufgrund seiner vorangegangenen Tätigkeit ständig einer Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt wäre. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Personen, die mit internationalen Institutionen zusammengearbeitet haben, zwar generell einem abstrakten erhöhten Risiko ausgesetzt sein können (vgl. hierzu VG Greifswald, Urt. v. 30.06.2016 - 3 A 379/16 -, juris Rn. 32; vgl. auch UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 43 f.). Ihre Gefährdung ist jedoch nicht generell so hoch und konkret, dass jede ehemals für solche Institutionen tätige Person ständig und aktuell einer Gefährdung von Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt wäre. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls zu betrachten.

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Vorliegend ist es bereits nach den Angaben des Klägers selbst und auch des Zeugen H. gerade unwahrscheinlich, dass dem Kläger infolge seiner ehemaligen Tätigkeit als Bewacher eines Camps, in dem sich auch Amerikaner aufgehalten haben, Verfolgungshandlungen drohen. Das Gericht geht für den Fall einer Rückkehr des Klägers nach F. nicht von einer aktuellen Gefahr eigener Betroffenheit aus, die zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer ihn betreffenden Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG führen würde. Der Kläger hat angegeben, dass er in den letzten zwei bis zweieinhalb Jahren vor seiner Ausreise, in denen er nicht mehr als Sicherheitsmann tätig gewesen ist, nicht bedroht oder gar verfolgt worden sei. Auch eine konkrete Verfolgung oder Bedrohung anderer Personen wegen ihrer vorangegangenen Tätigkeit für internationale Institutionen hat er nicht geschildert. Soweit er in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass sein Onkel verschwunden sei, besteht insoweit - unabhängig von der Glaubhaftigkeit seiner Angaben - keine Verknüpfung zu einer etwaigen, vom Kläger auch nicht behaupteten, vorangegangenen Tätigkeit für Ausländer. Der Kläger hat zwar, nachdem er zuvor lediglich von Bedrohungen gesprochen hatte, auf Nachfrage seines Prozessbevollmächtigten weiter ausgeführt, dass Menschen, die zuvor eine Arbeit wie er verrichtet hätten, von Fahrzeugen aus beschossen worden oder ihre Körper ohne Kopf aufgefunden worden seien. Diese Angaben blieben jedoch pauschal und der Anlass für die - angeblichen - Tötungen offen. Die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung führten nicht dazu, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass die vom Kläger pauschal geschilderten Tötungen Personen betrafen, die zuvor für ausländische Institutionen tätig gewesen sind und auch deshalb erfolgt sind und weiter regelmäßig erfolgen werden. Dagegen sprechen etwa auch die Angaben des Zeugen H.. Auch er hat angegeben, dass er in den sechs bis sieben Monaten nachdem er nicht mehr für die Amerikaner tätig gewesen sei, in F. nicht bedroht oder gar verfolgt worden sei und er konnte lediglich einen konkreten Vorfall berichten, der eine Person betroffen habe, die für eine ausländische Institution gearbeitet habe, ohne dass er jedoch den Anlass für ihre Tötung nennen konnte. Auch hat er von sich aus die von dem Kläger geschilderten Tötungen nicht bestätigt, sondern erst auf konkrete Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers pauschal erklärt, dass solche Tötungen öfters vorkommen würden. Auch konkrete Bedrohungen anderer Personen, die für Ausländer gearbeitet hatten, die eine Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründen könnten, hat er nicht geschildert, auch wenn nach seinen Ausführungen von regierungsfeindlichen Gruppierungen versucht werde, solche Personen auf die eigene Seite zu ziehen.

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Auch aus den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln folgt nichts anderes, zumal die Angaben des Klägers selbst sowie des Zeugen H. die Situation des Klägers in F. ohnehin individueller und näher darstellen können. So hat es in der Provinz E., die um die 390.000 Einwohner hat, in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. August 2015 etwa lediglich 22 (der EASO bekannt gewordene) Vorfälle von Gewalt gegen Einzelpersonen gegeben (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Provinz E. (I. J.): Sicherheitslage; Aktivitäten der Taliban v. 19.02.2016). Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers angeführte Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 1. Dezember 2015 „Sicherheitslage in Kabul, Gefährdung von Polizisten“ betrifft die Region Kabul und nennt für das Jahr 2015 dort 42 getötete und mehr als 25 verletzte Polizisten. In der Provinz E. wurden am 18. November 2015 zwei Justizbeamte verletzt, ihr Fahrer getötet und am 10. September 2015 der Polizeichef erschossen (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Provinz E. (I. J.): Sicherheitslage; Aktivitäten der Taliban v. 19.02.2016). Unabhängig davon, ob eine Gruppenverfolgung von afghanischen Polizisten oder Justizangehörigen, die sicherlich allein aufgrund ihrer Tätigkeit einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind, angenommen werden könnte, ist der Kläger bereits nicht Angehöriger dieser Gruppen oder mit ihnen vergleichbar. Letzteres folgt bereits daraus, dass er - seit mehreren Jahren - nicht mehr als Bewacher von ausländischen Camps tätig ist. Die weiter vorgelegte Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 6. Juni 2016 „Sicherheitslage in Uruzgan, Gefährdung von Hazaras, Gefährdung von Polizeikräften“ betrifft zum Teil eine andere Provinz (Uruzgan - Liste der Taliban) und im Übrigen auch wiederum Gruppen, denen der Kläger nicht angehört, wenn dort ausgeführt wird, dass in der ersten Jahreshälfte 2015 4.100 Militär- und Polizeiangehörige getötet und 7.800 verletzt worden sind, zumal eine Gefährdung des Klägers, als früherer Sicherheitsmann für ausländische Camps, mit den im Einsatz befindlichen Militär- und Polizeiangehörigen in Afghanistan nicht ansatzweise vergleichbar ist. Das Risiko des Klägers in Afghanistan verletzt oder getötet zu werden mag zwar aufgrund seiner vorangegangenen Tätigkeit abstrakt erhöht sein, aber nicht in einer für § 3 Abs. 1 AsylG relevanten Weise. Dies zeigen auch - auch unter Berücksichtigung einer entsprechenden Dunkelziffer - die wenigen dokumentierten Fälle (vgl. etwa UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 43 Fn. 232). Allein für die Bundesrepublik Deutschland arbeiten in Afghanistan (mit Stand Juni 2016) 2.094 Ortskräfte und weitere 1.532 Personen über Werkverträge oder Subunternehmen (BT-Drucksache 18/8976 - Anfragebeantwortung „Schnellerer Schutz für afghanische Ortskräfte“).

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cc) Darüber hinaus würde sich dem Kläger auch eine inländische Fluchtalternative bieten. Der Kläger könnte vorliegend in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht finden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, juris Rn. 61). Nach § 3e AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Diese Voraussetzungen würden für den Kläger hinsichtlich Kabul vorliegen.

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Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen in Afghanistan maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab, wobei die größeren Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften bieten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 18).

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(1) Das Gericht geht aufgrund der vorliegenden Erkenntnismittel davon aus, dass der Kläger in Kabul aufgrund der Anonymität der Großstadt und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 02.08.2016 - 13a ZB 16.30105 -, juris Rn. 5; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.06.2016 - 13 A 1882/15.A -, juris Rn. 27) von mehr als zweieinhalb Jahren seit seiner Tätigkeit als Sicherheitsmann nicht aufgefunden würde (vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris), zumal alleine der Umstand, dass er vor mehreren Jahren ein Camp bewacht hat, in dem sich Amerikaner befunden haben, nicht ausreichend sein dürfte, dass regierungsfeindliche Gruppierungen nach ihm suchen würden. Dies gilt umso mehr, als dass er in den Jahren nach seiner Tätigkeit unbehelligt geblieben ist. Das Risiko einer zufälligen Entdeckung und Identifizierung in Kabul oder einer anderen größeren Stadt (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 30, 34) würde für die Annahme einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, S. 12) drohenden Verfolgung nicht ausreichen. Auch wäre - jedenfalls angesichts der derzeitigen Vielzahl der Binnenflüchtlinge, die es in die größeren Städte zieht - nicht zu erwarten, dass der Kläger in Kabul als eine Person auffallen würde (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 34), für die Interesse besteht, Informationen über sie einzuholen. Der Kläger ist auch nicht als ein ehemaliger Sicherheitsmann eines ausländischen Camps erkennbar.

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(2) Dem Kläger würde in Kabul auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, S. 12, 14) eine sonstige existenzielle Gefährdung, insbesondere eine Verletzung von Leib und Leben, die der Annahme Kabuls als inländischer Fluchtalternative entgegenstehen würde, drohen (OVG Lüneburg, Urt. v. 20.07.2015 - 9 LB 320/14 -, juris S. 8 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 46).

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Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes mit Stand November 2015 (S. 4 unter Verweis auf den UNAMA-Bericht von Juli 2016 über den Schutz von Zivilisten im bewaffneten Konflikt) hat es in Afghanistan im ersten Halbjahr 2016 mit 1.601 getöteten und 3.565 verletzten Zivilisten einen leichten Anstieg von 4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gegeben, mit der Folge der höchsten Zahl seit Beginn der Erfassungen im Jahr 2009. Ende 2015 hatte die Anzahl der zivilen Opfer mit 11.002 einen neuen Höchststand erreicht (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S.6). 70 % der Opfer werden den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen zugerechnet, was insoweit einen Rückgang um 3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeute (Amnesty Report 2016 Afghanistan, S. 1, 2), auch wenn die Opferzahl insgesamt um 4 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 6). Im ersten Halbjahr 2016 hat die Verantwortlichkeit regierungsfeindlicher Gruppen für zivile Opfer 60 % (966 Tote und 2.116 Verletzte) betragen, was eine Zunahme um 11 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 konzentrierten sich die Taliban darauf, die Regierungskontrolle in den Provinzen Baghlan, Kunduz, Takhar, Faryab, Jawzjan und Uruzgan zu bekämpfen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). 68,1 % der landesweiten Vorfälle konzentrierten sich auf die südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Die Sicherheitskräfte gehen weiterhin gegen die Taliban und IS-Kämpfer vor (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Die Bevölkerungszentren und Hauptverkehrsstraßen in Afghanistan werden von den afghanischen Sicherheitskräften (ANDSF), abgesehen von kurzzeitigen Störungen durch die regierungsfeindlichen Kräfte, kontrolliert, wenn die ANDSF auch Defizite unter anderem in der Führung, strategischer und taktischer Planungsfähigkeit, Aufklärung und technischer Ausstattung (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6). So behält die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, die Provinzhauptstädte, fast alle Distriktszentren (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38; vgl. für Kabul auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.) und die größeren Provinzzentren (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 3). Die afghanischen Sicherheitskräfte sind im Allgemeinen fähig, die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu beschützen, bzw. verwehren es den Taliban, für einen längeren Zeitraum Einfluss in einem Gebiet zu halten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38), bedürfen aber der Unterstützung durch internationale Sicherheitskräfte, die auch erfolgt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 4). Eine Koalition von 40 Staaten leistet weiterhin Ausbildung, Beratung und Unterstützung; auch die USA sind weiterhin mit einer Anti-Terror-Mission in Afghanistan präsent (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6; vgl. etwa n-tv.de „IS-Anführer stirbt bei US-Drohnenangriff“ v. 19.11.2016). Dennoch lassen sich auch in Kabul Anschläge mit Toten und Verletzten nicht gänzlich vermeiden, so gab es in der ersten Jahreshälfte 2016 elf Vorfälle mit 107 Toten (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 3, 4). Mitte September kam es etwa zu jeweils einem Anschlag auf Polizeiangehörige in Kabul und Kapisa und einem Angriff in einem Krankenhaus in Kandahar (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 19.09.2016). Anschlagsziele sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen, dennoch kommt es (auch) zu zivilen Opfern (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 4). In Einzelfällen kommt es zu Bedrohungen von Regierungs- und Behördenmitarbeiter, Menschenrechtsanwälten, Mitarbeiter ausländischer Organisationen und Journalisten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Auch Würdenträger, Stammesälteste und Religionsgelehrte sind Ziel von Anschlägen der gewaltbereiten Opposition (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 7). 13  % aller Anschläge gegen Zivilpersonen richten sich gegen Zivilisten, die für die afghanische Regierung oder internationale Organisation arbeiten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). Dennoch sind nicht etwa pauschal alle aktiven oder ehemaligen afghanischen Ortskräfte bei deutschen Einrichtungen und Organisationen gefährdet (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 19). Die Zahl der Mordanschläge ist im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 um 6,2 % gegenüber dem Vorjahr zurück gegangen, wenngleich sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle um 4,7 % erhöht haben (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Zudem kommt es auch immer wieder zu Exekutionen durch nicht-staatliche Akteure, vor allem auch durch Aufständische, die sich auf traditionelles Recht berufen und die Vollstreckung der Todesstrafe mit dem Islam legitimieren, für ein aus ihrer Sicht fehlerhaftes Verhalten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20).

32

In der Zentralregion Afghanistans, die neben Kabul (Einwohnerzahl ca. 4,3 Millionen, jeweils nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 46 ff.) die Provinzen Parwan (Einwohnerzahl ca. 65.000), Kapisa (Einwohnerzahl ca. 440.000), Logar (Einwohnerzahl ca. 390.000), Panjshir (Einwohnerzahl ca. 150.000) und Wardak (Einwohnerzahl ca. 595.000) umfasst (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 49; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 12) und in der insgesamt ca. 5,8 Millionen Einwohner leben, wurden im Zeitraum Januar bis Juni 2016 1113 Zivilpersonen verletzt oder getötet (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, vom 27.07.2016, S. 12).

33

Im Distrikt Kabul wurden im Zeitraum von Januar bis Ende August 2015 217 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, in der Provinz Kabul 352, bei einer Bevölkerungszahl der Provinz von über 4,3 Millionen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 50). Teilweise wird auch die Bevölkerungszahl allein für die Stadt Kabul auf mehr als sieben Millionen Menschen geschätzt (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Die allgemeine Gewalt in Kabul befindet sich auf dem Niveau des Jahres 2014 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 50), bei den hochrangigen Angriffen (gegen Gebäude der Regierung oder internationaler Institutionen) hat es mit 28 jedoch gegenüber dem Jahr 2014 eine Steigerung um 27 % gegeben. Zwar verbessern sich die Sicherheitskräfte und ihre Fähigkeiten fortwährend, weitere Angriffe insbesondere auf Regierungsangehörige und internationale Organisationen sind aber nicht auszuschließen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 47). So kam es zwischen Mitte Mai und Mitte August 2016 zu zwei High-Profile Angriffen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Zuletzt starben etwa bei einem Selbstmordanschlag vor einem Fahrzeug afghanischer Sicherheitskräfte am 16. November 2016 vier Menschen (Zeit-Online v. 16.11.2016) und bei einem Bombenanschlag auf das deutsche Generalkonsulat in Kabul sechs Menschen (Berliner Morgenpost v. 11.11.2016). Dennoch steht Kabul grundsätzlich unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).

34

Nach alledem ist es angesichts der Bevölkerungszahl auf der einen und den Verletzten und getöteten Zivilpersonen auf der anderen Seite für eine Zivilperson in Kabul nicht beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 17.08.2016 - 13a ZB 16.30090 -, juris Rn. 10; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 08.06.2016 - 13 A 1222/16.A -, juris Rn. 10; OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Beschl. v. 13.04.2015 - 9 LA 58/13 -, n.v.). Die Mehrzahl der Binnenflüchtlinge zieht es dementsprechend gerade auch nach Kabul (vgl. etwa Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 48) bzw. in die Zentralregion Afghanistans (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 12).

35

Der Kläger könnte auf dem Luftweg auch sicher und legal in die Stadt Kabul reisen (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 19).

36

(3) Im Hinblick auf den internen Schutz gem. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG muss für den Rückkehrer in dem schutzgewährenden Landesteil auch die Existenzgrundlage so weit gesichert sein, dass von ihm erwartet werden kann, dass er sich vernünftigerweise dort aufhält. Dies geht als Zumutbarkeitsmaßstab über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und Satz 5 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 20; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.06.2016 - 13 A 1882/15.A -, juris Rn. 14).

37

Afghanistan ist trotz der internationalen Unterstützung und erheblicher Anstrengungen der afghanischen Regierung eines der ärmsten Länder der Welt der Welt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 24) und das ärmste Land der Region (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Das rapide Bevölkerungswachstum stellt eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Rund 36 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, mit einem eklatanten Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans: Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es vielerorts an grundlegender Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). 30 % der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, 6,3 % sind von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit betroffen und 9,1 % der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 13), wobei bei letzterem eine Verbesserung zu sehen ist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Die Arbeitslosenquote betrug im Oktober 2015 40 % (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22), teilweise wird sie auf bis zu 50 % geschätzt (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Die Analphabetenquote ist hoch und die Anzahl der Fachkräfte gering (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 24). Auch der Abzug der internationalen Streitkräfte hat sich negativ auf die Nachfrage und damit die Wirtschaft ausgewirkt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21). Rückkehrer sehen sich, wie alle Afghanen, mit unzureichenden wirtschaftlichen Perspektiven und geringen Arbeitsmarktchancen konfrontiert, insbesondere wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 5). Viele von ihnen zieht es daher nach Kabul, wo die Einwohnerzahl zwischen den Jahren 2005 und 2015 um 10 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 27, 28). Naturkatastrophen und extreme Natureinflüsse im Norden tragen zur schlechten Versorgung der Bevölkerung bei (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Im Süden und Osten gelten nahezu ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24). Die humanitäre Situation ist weiterhin als schwierig anzusehen, insbesondere stellt neben der Versorgung von Hunderttausenden Rückkehrern und Binnenvertriebenen vor allem die chronische Unterversorgung in Konfliktgebieten das Land vor große Herausforderungen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 6). Die Anzahl der konflikt-induzierten Binnenflüchtlinge beträgt im Jahr 2016 zwischen 1,1 und 1,2 Million (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 21).

38

Die Regierung hat sich jedoch ehrgeizige Ziele gesteckt und plant unter anderem durch ein Stimulus-Paket Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22). Im Jahr 2016 beträgt das Wirtschaftswachstum 1,5 % (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 2). Afghanistan befindet sich in einem langwierigen Wiederaufbauprozess (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 4). Die internationale Gemeinschaft unterstützt die afghanische Regierung maßgeblich dabei, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 22). Mehr als 95 % des afghanischen Budgets stammen auch im Jahre 2016 von der internationalen Staatengemeinschaft (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 2). Zum Jahresende 2014 hat das Jahrzehnt der Transformation (2015‐2024) begonnen, in dem Afghanistan sich mit weiterhin umfangreicher internationaler Unterstützung zu einem voll funktionsfähigen und fiskalisch lebensfähigen Staat im Dienst seiner Bürgerinnen und Bürger entwickeln soll, wofür Afghanistan verstärkte eigene Anstrengungen zugesagt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 4). Im Mai 2016 startete das Projekt „Casa 1000“, mit dem eine Stromleitung von Tajikistan auch nach Afghanistan errichtet und ab 2019 dem Energiemangel begegnet werden soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen in Afghanistan weicht stark voneinander ab, für alleinstehende Personen bewegte es sich bis zum Jahr 2007 lediglich im Bereich zwischen 10 und 15 %; das Armutsrisiko stieg bei einer Haushaltsgröße von drei Personen (11 %) bis zu einer Haushaltsgröße von neun Personen (über 40 %) kontinuierlich und lag bei einer Haushaltsgröße von 15 Personen sogar bei über 45 % (OVG Münster, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 48). Nachdem im Jahr 2011 nur 7,5 % der Bevölkerung über eine adäquate Wasserversorgung verfügten, haben im Jahr 2016 46 % Zugang zu Trinkwasser (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25; vgl. auch UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen bereits erhebliche Fortschritte gemacht, die allerdings nach wie vor nicht alle Landesteile erreichen und außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen sind (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, so werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult; der Anteil der Mädchen beträgt mittlerweile 37,5 %, nachdem sie unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen waren (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 12). Auch die medizinische Versorgung hat sich seit 2005 erheblich verbessert, was auch zu einem deutlichen Anstieg der Lebenserwartung geführt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: November 2015, S. 24, 25). Dennoch besteht landesweit eine unzureichende Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung und Fachpersonal, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). 36 % der Bevölkerung haben keinen Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 31). Insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten sowie unter Nomaden kommt es zu schlechten Gesundheitszuständen von Frauen und Kindern (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Aufgrund der Fortschritte in der medizinischen Versorgung hat sich allerdings etwa die Müttersterblichkeit von 1,6 % auf 0,324 % gesenkt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Eine gute medizinische Versorgung auch komplizierterer Krankheiten bieten das French Medical Institute und das Deutsche Diagnostische Zentrum (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23). Eine Behandlung psychischer Erkrankungen findet nur unzureichend statt; in Kabul, Jalalabad, Herat und Mazar-e Sharif gibt es entsprechende Einrichtungen mit meist wenigen Betten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 23, 24).

39

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erkenntnisse hat das Gericht keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger als ein arbeitsfähiger junger Mann bei einer Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, in Kabul einen Lebensunterhalt insoweit zu verdienen, dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, sich dort aufzuhalten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 08.06.2016 - 13 A 1222/16.A -, juris Rn. 10; OVG Lüneburg, Urt. v. 20.07.2015 - 9 LB 320/14 -, juris S. 8; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 46; Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 197). Auch die UNHCR geht in ihren Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 davon aus, dass alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter auch ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft unter bestimmten Umständen in urbanen und semi-urbanen Umgebungen leben können, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter staatlicher Kontrolle stehen (S. 99). Der Kläger ist zwar Analphabet, jedoch gesund, gehört als Tadschike der zweitgrößten Volksgruppe in Afghanistan an (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9), spricht mit Dari eine der offiziellen Landessprachen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 9), hat zuletzt als Bäcker gearbeitet und verfügt sowohl über nahe Verwandte als auch eine Großfamilie in Afghanistan. Das Gericht geht daher davon aus, dass er in Kabul jedenfalls in ausreichendem Maße sein Existenzminimum sichern können wird. Vor allem in größeren Städten Afghanistans, wie etwa auch Kabul, ist eine Aufnahme auch außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes sowie die Chancen realistisch (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Soweit der Kläger in der Anhörung durch das Bundesamt angegeben hat, psychisch krank zu sein, waren seine pauschalen Angaben hierzu unsubstantiiert und in der mündlichen Verhandlung hat er hierzu auch keine weiteren Ausführungen gemacht. Auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte, drängt sich eine psychische Erkrankung nicht auf. Jedenfalls war der Kläger (auch gesundheitlich) jeweils in der Lage, längere Zeit als Sicherheitsmann und als Bäcker zu arbeiten. Nach seinen Angaben bei der Anhörung sei er auch bereits zu dieser Zeit krank gewesen.

40

b) Unter Berücksichtigung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ist es auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger aufgrund seiner schiitischen Religionszugehörigkeit in seiner Heimatregion einer Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ausgesetzt wäre. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger keine Umstände geschildert, die auf eine Vorverfolgung oder eine ihm drohende Verfolgung im Falle seiner Rückkehr schließen ließen. Er hat vielmehr seine Religionszugehörigkeit überhaupt nicht mehr als Problem oder angeblichen Anlass einer Verfolgung geschildert. Soweit er in der Anhörung durch das Bundesamt noch angegeben hatte, Schiite zu sein und überall verfolgt zu werden, führen diese Ausführungen bereits deshalb nicht zu einer entsprechenden Überzeugungsbildung des Gerichts, weil sie völlig pauschal sind und er im weiteren Verlauf der Anhörung auf Nachfrage angegeben hat, nie Probleme wegen seines Glaubens gehabt zu haben. Zudem ist zwar der weit überwiegende Anteil der Bevölkerung sunnitischer Religionszugehörigkeit, Auseinandersetzungen sind jedoch selten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 10). Seit dem Ende des Taliban-Regimes ist auch gerade eine wesentliche Verbesserung der Situation der schiitisch-muslimischen Gemeinde eingetreten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 155).

41

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG, weil er keine stichhaltigen Gründe (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.) für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm im Herkunftsland ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 AsylG durch einen in § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c AsylG genannten Akteur (vgl. auch Art. 6 der Richtlinie 2011/95/EU v. 13.12.2011) droht. Prognosemaßstab für den Schaden ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 34). Grundsätzlich ist dabei auf die Herkunftsregion als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose abzustellen; etwas anderes gilt allerdings jedenfalls dann, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14).

42

Aufgrund der zurückliegenden Tätigkeit des Klägers als Bewacher eines Camps in dem sich auch Amerikaner aufgehalten haben, folgt - wie oben zum Flüchtlingsschutz bereits ausgeführt - nicht, dass ihm bei einer Rückkehr nach E. bzw. F. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden in Form einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 AsylG droht, zumal mit Kabul - wie ebenfalls bereits ausgeführt - eine inländische Fluchtalternative bestünde, § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylG.

43

Auch hat der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter infolge einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG). Für eine solche Annahme müssen stichhaltige Gründe vorliegen (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.). Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr, damit in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 13, 16; Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn.16). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob er auf internen Schutz in einer anderen Region des Landes verwiesen werden kann (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14, 19, 32), vgl. § 3 e AsylG.

44

Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG liegt jedenfalls vor, wenn bewaffnete Konflikte im Hoheitsgebiet eines Staates zwischen dessen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten Gruppen stattfinden, die unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes des Staates ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen (und das Zusatzprotokoll II vom 8. Juni 1977 - zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (BGBl 1990 II S. 1550 <1637>) anzuwenden haben), nicht hingegen bereits bei Fällen innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und anderen ähnlichen Handlungen (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris Rn. 23). Aber auch etwa Bürgerkriege und Guerilla-Kämpfe können einen bewaffneten Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellen, wenn sie ein gewisses Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris Rn. 23).

45

Vorliegend kann dahinstehen, ob in der Heimatprovinz des Klägers ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht, weil jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit in der Provinz E. oder in K. - als inländische Fluchtalternative, § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3 e AsylG - (vgl. hierzu bereits oben) infolge willkürlicher Gewalt bedroht sind. In dieser Region geht nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.

46

Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa einer berufsbedingten Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 18; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, n.v.). Wenn solche individuellen gefahrerhöhenden Umstände fehlen, kann eine entsprechende Individualisierung ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.; OVG Lüneburg Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies setzt aber ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich voraus (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Permanente Gefährdungen der Bevölkerung und schwere Menschenrechtsverletzungen im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts reichen für sich allein nicht aus (BVerwG, Urt. v. 13.02.2014 - 10 C 6/13 -, juris Rn. 24; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies gilt auch bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen der afghanischen Armee und aufständischen Gruppen, die auch die Zivilbevölkerung durch Massenentführungen, Vertreibungen, Kämpfe in bewohnten Gebieten oder Angriffe auf Dörfer im Mitleidenschaft ziehen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.). Für die Bestimmung der Gefahrendichte hat eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau) und daneben auch eine wertende Gesamtbetrachtung jedenfalls auch im Hinblick auf die medizinische Versorgungslage zu erfolgen (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Das Risiko einer Zivilperson von 1:800 verletzt oder getötet zu werden (bezogen auf ein Jahr) ist dabei weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines ihr drohenden Schadens entfernt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

47

Bei dem Kläger liegen keine persönlichen gefahrerhöhenden Umstände vor und in E. und F. ist auch nicht praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt. Allein der Umstand, dass der Kläger ein ausländisches Camp bewacht hat, führt nicht dazu, dass eine allgemeine Gefahr in E. bzw. F. sich so in der Person des Klägers verdichtet, dass sie für ihn eine erhebliche individuelle Gefahr bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt. Unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz ergibt sich aus diesem Umstand für den Kläger keine solche Erhöhung der allgemein in E. bzw. F. bestehenden Gefahr für eine Zivilperson.

48

Auch besteht dort kein so hoher Gefahrengrad, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Die Bevölkerungszahl der Provinz E. liegt bei ca. 390.000 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 57). In dem Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. August 2015 ist es dort zu 243 sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 56). Konkrete Anhaltspunkte für eine relevante Verschlechterung der Sicherheitslage in der Provinz E. in der Folgezeit liegen nicht vor. Auch nach August 2015 wurden militärische Operationen gegen Aufständische durchgeführt (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 57). Die Provinz E. gehört der Zentralregion Afghanistans mit ca. 5,8 Millionen Einwohnern an, in der im ersten Halbjahr 2016 1113 Zivilpersonen verletzt oder getötet wurden (vgl. bereits oben zur inländischen Fluchtalternative), damit ein Verhältnis von 1 : 5211 bzw. für das Jahr von 1 : 2606. Anhaltspunkte dafür, dass innerhalb der Zentralregion gerade in der Provinz E. ein unverhältnismäßig hoher Anteil an verletzten oder getöteten Zivilpersonen zu verzeichnen wäre, aus dem eine besonders hohe Gefährdung von Zivilpersonen im Sinne einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit resultieren könnte, sind nicht gegeben, auch im Hinblick auf die Verteilung der sicherheitsrelevanten Vorfälle auf die einzelnen Provinzen (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 49 ff.) und die hohe auf Kabul entfallende Bevölkerungszahl. Auch haben weder der Kläger noch der Zeuge H. in der mündlichen Verhandlung Umstände geschildert, aus denen sich eine andere Beurteilung ergeben könnte. Der Bezirk F., aus dem Kläger stammt, gehörte jedenfalls bis Ende 2014 auch nicht zu den fünf von Unruhen besonders betroffenen Bezirken der Provinz E. (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Provinz E. (I. J.): Sicherheitslage; Aktivitäten der Taliban v. 19.02.2016).

49

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG (a)) oder § 60 Abs. 7 AufenthG (b)).

50

a) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 12 m.w.N.). Insoweit sind die Verhältnisse im Abschiebungszielstaat landesweit in den Blick zu nehmen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.). Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie - in einigen Fällen - vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils m.w.N.). Grundsätzlich schützt Art. 3 EMRK vor den dort genannten Behandlungsweisen durch vorsätzlich vorgenommene Maßnahmen der öffentlichen Gewalt des Empfangsstaates oder nichtstaatlicher Organisationen in diesem Staat, sofern die Behörden außerstande waren, ihm einen angemessenen Schutz zu gewähren; wegen der grundlegenden Bedeutung des Art. 3 EMRK wendet der EGMR ihn wegen des absoluten Charakters des Schutzes aber auch dann an, wenn die Gefahr einer verbotenen Behandlung im Abschiebungszielstaat von Faktoren herrührt, die weder unmittelbar noch mittelbar die Verantwortung der staatlichen Behörden dieses Staates auslöst (EGMR (Große Kammer), Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 [1335]; EGMR, Urt. v. 02.05.1997 - 146/1996/767/964 -, NVwZ 1998, 161 [162]). In der Rechtsprechung des EGMR gilt die ohnehin für Art. 3 EMRK bestehende hohe Schwelle in diesem Fall (keine Verantwortung des Staates) insbesonders (vgl. EGMR, Urt. v. 13. 10. 2011 − 10611/09 (Husseini/Schweden) -, NJOZ, 2012, 952 [954]). Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten allerdings nicht, Unterschiede in der medizinischen Versorgung oder soziale und wirtschaftliche Unterschiede durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen, da die Konventionsstaaten hierdurch übermäßig belastet würden (EGMR, Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 ff., Rn. 44). Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (OVG Lüneburg, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 26).

51

aa) Ein Abschiebungsverbot aufgrund einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK) infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK nur in Fällen ganz extremer allgemeiner Gewalt in Betracht, wenn eine tatsächliche Gefahr einer Fehlbehandlung infolge des bloßen Umstands der Anwesenheit im Zielstaat besteht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 14 m.w.N.; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v. unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 9.4.2013 - 70073/10 und 44539/11, H. and B./United Kingdom - HUDOC Rn. 91 f.; vom 4.6.2015 - 59166/12, J.K. u.a./Sweden - HUDOC Rn. 53). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst anzusehen, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellt (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 für Kabul folgend; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; jeweils unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 20.7.2010 - 23505/09, N./Sweden - HUDOC Rn. 52; vom 13.10.2011 - 10611/09, Husseini/Sweden - HUDOC Rn. 84; vom 9.4.2013, a.a.O., Rn. 91 f.; vom 12.1.2016 - 25077/06, A.W.Q. and D.H./The Netherlands - HUDOC Rn. 71; - 8161/07, S.D.M. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 79; - 8161/07, S.D.M. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 74; - 39575/06, S.S./The Netherlands - HUDOC Rn. 66; - 46856/07, M.R.A. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 112; - 13442/08, A.G.R./The Netherlands - HUDOC Rn. 59; vom 5.7.2016 - 29094/09, A.M./The Netherlands - HUDOC Rn. 87). Dem folgt das Gericht - und unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen -, insbesondere auch für die Regionen F. und K..

52

bb) Aber auch die allgemeine humanitäre Lage in Afghanistan begründet kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK.

53

Sozialwirtschaftliche und humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat haben weder notwendig noch einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden, weil Art. 3 EMRK hauptsächlich dem Schutz bürgerlicher und politischer Rechte dient (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Eine erhebliche Beeinträchtigung der (humanitären) Lage des Betroffenen im Herkunftsland - einschließlich seiner Lebenserwartung - im Falle seiner Rückkehr ist für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK nicht ausreichend, sofern nicht in ganz außergewöhnlichen Fällen ausnahmsweise besondere humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung im Konventionsstaat sprechen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 23, 25 m.w.N.; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. m.w.N.). Die Annahme einer unmenschlichen Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen setzt ein sehr hohes Gefährdungsniveau voraus (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. vom 30. September 2015 - 13a ZB 15.30063 -, juris Rn. 5), das nur unter strengen Voraussetzungen erreicht wird (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13.05.2015 - 14 B 525/15.A -, juris Rn. 15, 13 (monatelange Obdachlosigkeit ohne Zugang zu jeder Versorgung). Ein anderer Maßstab kommt allerdings (und nur) dann in Betracht, wenn die im Zielstaat bestehenden schlechten humanitären Bedingungen nicht maßgebend auf fehlende staatliche Ressourcen für eine staatliche Fürsorge zurückzuführen sind, sondern auf direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen der dortigen Konfliktparteien (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.). Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen, ausgehend vom dem Ort, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 26 m.w.N.; für Afghanistan verneint EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) - NJOZ 2012, 952 [953] Rn. 84; OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).

54

Unter Zugrundelegung der vorgenannten strengen Maßstäbe sind unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel keine ernstlichen Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Afghanistan landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris) Gefahr liefe, aufgrund der dortigen allgemeinen Lebensbedingungen einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden und die einer Abschiebung nach Afghanistan ausnahmsweise entgegenstehen würden, zumal seine nahe Familie in seiner Heimatregion F. über ein eigenes Haus verfügt, er auf eine in Afghanistan vorhandene Großfamilie zurückgreifen kann und er auch bislang dort beruflich tätig gewesen ist. Hinsichtlich eines möglichen Aufenthaltes des Klägers in Kabul wird insoweit auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

55

b) Auch droht dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die gem. § 60 Abs. 7 AufenthG, im Sinne einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22), ein Abschiebungsverbot begründen würde. Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG muss - ausgehend vom Zielort der Abschiebung - landesweit bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22, 23; OVG Lüneburg, Beschluss vom 04. Februar 2005 - 11 LA 17/05 -, juris Rn. 4).

56

aa) Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der dortigen Lebensbedingungen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Betroffene angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundsätzlich nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung) und damit auch die Beurteilung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu beachten (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 37, 40; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 27). Bei solchen allgemeinen Gefahren ist daher Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung erst dann zu gewähren, wenn der Betroffene mit der Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wobei sich die Gefahr bereits alsbald nach seiner Rückkehr realisieren muss (BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 19, 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 28; Hess. VGH, Urt. v. 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 41; OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45). Die im Abschiebezielstaat herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage können nur ausnahmsweise dann ein Abschiebungsverbot begründen, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, wobei die drohenden Gefahren allerdings nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein müssen, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20 „sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“). Hierbei handelt es sich um einen gegenüber (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m.) Art. 3 EMRK strengeren (OVG Lüneburg, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45) und gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhtem Maßstab (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20). Dies ist derzeit bei jungen gesunden alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen jedenfalls bei einer Rückkehr nach Kabul in der Regel auch dann nicht der Fall, wenn der Rückkehrer nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte, die in Kabul leben, verfügt (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 23, m.w.N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v., m.w.N.; zu Afghanistan vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 30.07.2015 - 13a ZB 15.30031 -, juris Rn. 10).

57

Für den Kläger besteht aufgrund der Lebensbedingungen in Afghanistan - wie bereits ausgeführt -  keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib - im Sinne von schwersten Gesundheitsbeeinträchtigungen -, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG alsbald nach seiner Rückkehr. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Kläger in seiner Heimatregion wieder wie bisher beruflich tätig sein und seinen Lebensunterhalt sichern können wird, zumal er auf familiäre Unterstützung zurückgreifen oder sich auch in Kabul niederlassen kann.

58

bb) Auch soweit der Antragsteller in der Anhörung durch das Bundesamt noch eine psychische Erkrankung mit darauf beruhenden Selbstverletzungen geltend gemacht hat, begründet dies kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1, Satz 2 AufenthG. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, wobei eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine posttraumatische Belastungsstörung regelmäßig nicht eine solche Erkrankung darstellen, es sei denn, die Abschiebung führt zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung (BT.-Drs. 18/7538 v. 16.02.2016, S. 18). An eine substantiierte Darlegung einer psychischen Erkrankung (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 10.11.2014 – A 11 S 1778/14 –, juris Rn. 54), jedenfalls bei einer Unschärfe des Krankheitsbildes sowie vielfältigen Symptomen, wie etwa bei einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), in einem aktuellen und fachärztlichen Attest (BVerwG, Beschl. v. 26.07.2012 - 10 B 21/12 -, juris Rn. 7; Bay. VGH, Beschl. v. 28.07.2015 - 13a ZB 15.30073 -, juris Rn. 8) sind dabei besondere Anforderungen zu stellen. Dies ergibt sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 8/07 - und - 10 C 17/07 -, juris jeweils Rn. 15).

59

Die pauschale und knappe Erwähnung der psychischen Erkrankung durch den Kläger im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt genügt, auch im Hinblick auf eine erforderliche drohende wesentliche Verschlechterung im Falle der Rückkehr, bereits nicht diesen an die Substantiierung zu stellenden Anforderungen. Das Gericht sah sich deshalb nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger lediglich kurz erwähnt, dass er sich wegen seines Onkels manchmal selbst verletzen würde. Auch im Hinblick auf das unspezifizierte Vorbringen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.07.2012 - 10 B 21/12 -, juris Rn. 7) des Klägers in der mündlichen Verhandlung war eine weitere Aufklärung nicht angezeigt.

60

4. Nach alledem ist auch die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden, insbesondere entspricht sie den Anforderungen des § 34 AsylG und des §  59 AufenthG.

61

Ermessensfehler (vgl. zum eingeräumten Ermessen VG Lüneburg, Urt. v. 12.07.2016 - 5 A 63/16 -, juris Rn. 30) bei der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes gem. § 11 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG durch die Beklagte sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

62

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 


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