Beschluss vom Verwaltungsgericht Magdeburg (1. Kammer) - 1 B 388/15

Gründe

1

Der am …1990 geborene Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid des Antragsgegners, mit dem ihm die Fahrerlaubnis für die Klassen B, M und L entzogen wurde.

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Durch Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 20.07.2015 wurde der Antragsgegner darüber informiert, dass der Antragsteller am 10.10.2014 mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,32 mg/l ein Kraftfahrzeug geführt hatte, wofür 2 Punkte in das Fahrerlaubnisregister eingetragen worden waren. Wegen dieser Ordnungswidrigkeit war gegen den Antragsteller darüber hinaus ein Bußgeldbescheid erlassen worden, gegen den er beim Amtsgericht Dessau-Roßlau Einspruch eingelegt hatte. Mit Urteil vom 25.06.2015, rechtskräftig seit 03.07.2015, hatte das Amtsgericht Dessau-Roßlau gegen den Antragsteller wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss eine Geldbuße in Höhe von 500,00 Euro verhängt und dem Antragsteller für die Dauer eines Monats das Führen von Kraftfahrzeugen jeglicher Art im öffentlichen Straßenverkehr untersagt. Von der Darstellung von Urteilsgründen war abgesehen worden.

3

Im Fahrerlaubnisregister des Antragstellers befand sich bereits eine Eintragung über eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung durch Trunkenheit, welche der Antragsteller am 04.04.2010 begangen hatte. Diesbezüglich war dem Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt -Jugendgericht- vom 25.08.2010, rechtskräftig seit 25.08.2010, eine Verwarnung erteilt worden und ihm war die Fahrerlaubnis entzogen worden, da sich der Antragsteller durch das Fahren im fahruntüchtigen Zustand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe (§ 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Die Fahrerlaubnis war dem Antragsteller am 28.02.2011 neu erteilt worden.

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Mit Verfügung vom 28.07.2015 ordnete der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller die Beibringung eines MPU-Gutachtens unter Fristsetzung zum 20.11.2015 an.Aufgrund der beiden Eintragungen im Fahreignungsregister ergäben sich Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Mit diversen Schreiben seines Prozessbevollmächtigten teilte der Antragsteller dem Antragsgegner in der Folgezeit u.a. mit, dass nach seiner Ansicht nicht von einer wiederholten Fahrt unter Alkoholeinfluss im Sinne des § 13 Nr. 2 b) FeV ausgegangen werden könne. So sei die fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung vom 04.04.2010 nicht mehr berücksichtigungsfähig, weil sie gemäß § 63 BZRG zu tilgen sei, nachdem der Antragsteller das 24. Lebensjahr vollendet habe. Im Übrigen entfalte das Urteil in der Bußgeldsache, dem der Richter gerade keine wiederholte, sondern eine erstmalige Auffälligkeit zugrunde gelegt habe, Bindungswirkung.

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Der Antragsteller brachte das MPU-Gutachten trotz nochmaliger Aufforderung durch den Antragsgegner vom 02.10.2015 nicht bei.

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Mit Anhörungsschreiben vom 30.11.2015 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er nunmehr die Entziehung der Fahrerlaubnis beabsichtige und gab dem Antragsteller Gelegenheit zu Äußerung bis zum 15.12.2015. Der Antragsteller äußerte sich nicht.

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Mit Bescheid vom 18.12.2015 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis (Ziff. 1). Weiter wurde der Antragsteller unter Fristsetzung zum 04.01.2016 aufgefordert, seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde abzugeben (Ziff. 2). Bezüglich Ziff. 1 und 2 des Bescheides ordnete er die sofortige Vollziehung an. Daneben wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro für den Fall angedroht, dass der Antragsteller den Führerschein nicht innerhalb der gesetzten Frist abgeben würde. Am 21.12.2015 legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Widerspruch gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18.12.2015 ein. Zur Begründung bezog er sich auf seinen zur Akte gereichten Schriftverkehr.

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Über den Widerspruch hat der Antragsgegner, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.

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Am 22.12.2015 hat der Antragsteller um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt weiter vor, dass zwar das Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau aufgrund der eingetretenen Rechtskraft gemäß § 77 b Abs. 1 OWiG nicht mit Gründen versehen sei, der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt, ein erstmaliger Verstoß, ergebe sich jedoch aus dem Urteilstenor, da, sofern das Gericht einen mehrfachen Verstoß festgestellt hätte, der Betroffene zwingend zu der auch von der Bußgeldbehörde verhängten Geldbuße über 1.000,00 Euro hätte verurteilt werden müssen. Wenn nun der Bußgeldrichter von einem erstmaligen Verstoß ausgehe, dürfe die Fahrerlaubnisbehörde nicht von dem so festgestellten Sachverhalt abweichen. Die Bindungswirkung gelte auch für das Bußgeldverfahren. Zudem genüge die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid des Antragsgegners nicht den gesetzlichen Anforderungen.

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Der Antragsteller beantragt,

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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 21.12.2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18.12.2015 wieder herzustellen bzw. anzuordnen.

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Der Antragsgegner beantragt unter Verteidigung seines Bescheides,

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den Antrag abzulehnen.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den vom Antragsgegner übersandten Verwaltungsvorgang.

II.

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Der Eilantrag hat in der Sache keinen Erfolg.

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Unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 80 Abs. 5 VwGO erweist sich der angefochtene Bescheid des Antragsgegners vom 18.12.2015 jedenfalls bei summarischer Prüfung als rechtmäßig.

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Die Fahrerlaubnisentziehung beruht auf § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 S. 1 FeV. Erweist sich danach der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Mithin ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend vorgeschrieben und steht nicht im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde. Dabei ist die Entziehung der Fahrerlaubnis eine Sicherungsmaßnahme, die dazu dient, die Allgemeinheit vor Gefährdungen durch ungeeignete Fahrzeugführer zu schützen. Da der Straßenverkehr hohe Risiken für Leben, Gesundheit und Eigentum vieler Bürger birgt, ist eine präventive Kontrolle von Fahrerlaubnisinhabern, wie sie in § 46 Abs. 1 S. 1 FeV vorgesehen ist, verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich. Für die Rechtmäßigkeit der Verfügung, die die Entziehung der Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehende Sach- und Rechtslage maßgeblich.

18

Werden im Hinblick auf die Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

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Vorliegend hat der Antragsgegner zu Recht gemäß § 11 Abs. 8 FeV wegen der Nichtvorlage des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens auf die fehlende Kraftfahreignung des Antragstellers geschlossen, nachdem die Anordnung des Gutachtens selbst rechtmäßig, anlassbezogen und verhältnismäßig war.

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Rechtsgrundlage der Gutachtensanforderung ist § 13 Satz 1 Nr. 2 b) FeV.

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Danach ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Aufgrund der Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 20.07.2015 erfuhr der Antragsteller, dass zwischenzeitlich zwei Fälle des Führens eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss in das Fahrerlaubnisregister des Antragstellers eingetragen waren. In der Folge hatte der Antragsteller die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zwingend anzuordnen; § 13 Nr. 2 b) FeV eröffnet der Fahrerlaubnisbehörde insoweit kein Ermessen.

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Dabei durfte und musste durch den Antragsgegner sowohl auf die Eintragung der Ordnungswidrigkeit vom 10.10.2014 im Fahrerlaubnisregister, als auch auf die Eintragung zur fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung durch Trunkenheit am 04.04.2010 abgestellt werden, sodass sich in der Folge mit zwei Fällen eine wiederholte Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss i. S. d. § 13 Satz 1 Nr. 2 b) FeV ergaben.

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Denn die vom Antragsteller am 04.04.2010 begangene fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung war zum Zeitpunkt der Gutachtensanordnung noch verwertbar. Zwar ist es richtig, dass gemäß § 63 Abs. 1 BZRG (Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister – Bundeszentralregistergesetz) Eintragungen im Erziehungsregister entfernt werden, sobald der Betroffene das 24. Lebensjahr vollendet hat und dass entsprechend im Verfahren um die Ordnungswidrigkeit des Antragstellers vom 10.10.2014 ihm seine am 04.04.2010 begangene fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 51 Abs. 1 BZRG nicht mehr vorgehalten werden durfte. Die Verwertbarkeit von Straftaten für das Fahrerlaubnisverfahren bestimmt sich jedoch trotz des Verweises in § 29 Abs. 3 StVG nicht nach dem BZRG, sondern nach dem für das Fahrerlaubnisverfahren spezielleren StVG (vgl. Verweis in § 52 Abs. BZRG; s. a. VG Freiburg, B. v. 11.02.2003 – 1 K 61/03 -, juris). Nach § 29 Abs. 7 Satz 3 StVG dürfen überdies für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen unabhängig von einer Löschung im Fahrerlaubnisregister Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69 b StGB an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort genutzt werden. Hintergrund der Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens war gerade die Prüfung einer Fahrerlaubnisentziehung, sodass die Alkoholfahrt des Antragsgegners vom 04.04.2010 bereits aus diesem Grunde durch den Antragsgegner verwertet werden durfte.

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Dessen ungeachtet erfolgt eine Tilgung von Eintragungen im Fahrerlaubnisregister ohne Rücksicht auf die Tilgungsfristen des § 29 Abs. 1 StVG und das Tilgungsverbot nach § 29 Abs. 2 StVG auch im Falle des § 29 Abs. 3 Nr. 1 StVG ohnehin nur dann, wenn die Tilgung der Eintragungen im Bundeszentralregister nach §§ 48, 49 BZRG angeordnet wird oder wenn die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren oder wegen einer strafrichterlichen Entscheidung aufgrund derselben Tat (§§ 86, 102 Abs. 2 OWiG) aufgehoben wird (Hentschel/ König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 29 RdNr. 26). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Folglich gilt hier die zehnjährige Tilgungsfrist des § 29 Abs. 1 Nr. 3 a) StVG, nachdem dem Antragsteller wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs am 04.04.2010 mit Urteil vom 25.08.2010, rechtskräftig seit 25.08.2010, gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Die Tilgungsfrist endet somit am 25.08.2020, sodass die unter Alkoholeinfluss begangene fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung vom 04.04.2010 bei der Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens im Jahr 2015 noch verwertbar war.

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Diese unterschiedliche Behandlung im Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren und dem Fahrerlaubnisverfahren rechtfertigt sich durch die unterschiedliche Zielrichtung der Verfahren. Während Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht in der Hauptsache repressiven und erzieherischen Charakter gerichtet auf den Betroffenen haben, dient das Fahrerlaubnisrecht der Sicherheit des Kraftfahrzeugverkehrs auf öffentlichen Straßen und schließt den Schutz von Rechtsgütern und Interessen sowohl des Betroffenen als auch Dritter mit ein. Dies gestattet es in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise, dem Betroffenen zwar eine getilgte bzw. gelöschte Vortat nicht mehr strafschärfend vorzuhalten, sie allerdings zur Beurteilung seiner Kraftfahreignung nach wie vor heranzuziehen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach auf § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 S. 1 FeV hat keinen strafenden Charakter, sondern dient allein dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau vom 25.06.2015. Dieses entfaltet für die Fahrerlaubnisbehörde keinerlei Bindungswirkung nach § 3 Abs. 4 StVG. Diese Regelung sieht vor, dass, wenn die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen will, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen kann, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Für Bußgeldentscheidungen gilt dies entsprechend. Die Bindung an Sachverhaltsfeststellungen oder die Beurteilung der Schuldfrage setzt allerdings voraus, dass solche im Urteil vorhanden sind. Von einer schriftlichen Begründung des Urteils des Amtsgerichts Dessau-Roßlau wurde jedoch gemäß § 77 b OWiG abgesehen, sodass es weder Ausführungen zum Sachverhalt, noch zur Beurteilung der Schuldfrage enthält. Der Tenor einer Verurteilung allein kann jedoch keinerlei Bindungswirkung entfalten; auf die dahinter stehenden Überlegungen des erkennenden Gerichts kommt es – mangels Ausführungen im Urteil - nicht an. Die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße und sogar mit Fahrverbot hindert die Fahrerlaubnisbehörde nicht, später die Fahrerlaubnis aus demselben Anlass zu entziehen, denn im Bußgeldverfahren wird nicht über die Fahreignung des Betroffenen entschieden (OVG LSA, B. v. 08.11.2012 – 3 M 599/12 -, juris; Hentschel/ König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 3 RdNr. 54 m. w. N.).

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Die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens war anlassbezogen, nachdem der Antragsgegner mit Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 20.07.2015 über die Eintragung einer zweiten Alkoholfahrt des Antragstellers informiert worden war.

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Sie war auch verhältnismäßig, insbesondere stand dem Antragsgegner kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung, um festzustellen, ob der Antragsteller in der Lage ist, hinreichend zwischen einem die Fahreignung beeinträchtigenden Alkoholkonsum und dem Führen von Fahrzeugen zu trennen. In Ansehung der Gefährdung von Rechtsgütern Dritter, die von alkoholisierten Fahrzeugführern im öffentlichen Straßenverkehr ausgeht, war die Anforderung des Gutachtens auch angemessen.

29

Auf die Folgen der Nichtvorlage des Gutachtens wurde der Antragsteller durch den Antragsgegner mit der Gutachtensanforderung vom 28.07.2015 hingewiesen.

30

Nachdem der Antragsteller das rechtmäßig angeforderte Gutachten nicht fristgemäß beigebracht hat musste der Antragsgegner seiner Entscheidung die Nichteignung des Antragstellers zugrunde legen und ihm letztlich die Fahrerlaubnis entziehen. Trotz Verwendung des Wortes "darf" räumt die Vorschrift der Fahrerlaubnisbehörde dabei nämlich kein Ermessen ein, sondern enthält vielmehr einen Grundsatz der Beweiswürdigung (Hentschel/König/Dauer-Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 11 FeV Rn 51 m.w.N.). Der Betroffene entgeht entsprechend nur dann einer Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn er hinsichtlich seiner Fahreignung ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten beibringt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist also gerechtfertigt, wenn nicht durch ein positives Gutachten jeder vernünftige Zweifel an der Eignung des Antragstellers zur Führung von Kraftfahrzeugen beseitigt ist.

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Ein zureichender Grund für die Weigerung ist nicht erkennbar. Einen solchen hat der Antragsteller auch nicht geltend gemacht, sondern sich lediglich darauf berufen, dass die Anordnung des Gutachtens rechtswidrig gewesen sei. Dabei obliegt es jedoch ihm als Fahrerlaubnisinhaber, der sich der Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen berühmt, Zweifel an dieser Geeignetheit auszuräumen.

32

Die von dem Antragsgegner geforderte Abgabe des Führerscheins beruht auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 1 FeV.

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Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie entspricht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO und geht auch über die bloße Nennung der Rechtsgrundlage für den Sofortvollzug hinaus. Sie enthält auch nicht nur formelhafte oder inhaltsleere Wendungen. Der Antragsgegner hat dem Schutz von Leben und Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer eine so hohe Bedeutung beigemessen, dass die privaten Interessen des Antragstellers an der weiteren Nutzung eines Fahrzeuges im Straßenverkehr demgegenüber zurücktreten müssen.

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Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht ein besonderes Vollzugsinteresse. Die Anordnung des Sofortvollzuges ist notwendig, um eine deutlich erhöhte Unfallgefahr durch die Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr und damit einhergehende Gefahren für Leib und Leben der anderen Verkehrsteilnehmer zu vermeiden. Das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Vollzug der Fahrerlaubnisentziehung überwiegt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Wegen der schwerwiegenden Gefahren, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgehen, müssen die privaten Belange der Betroffenen gegenüber den öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug der Entziehung der Fahrerlaubnis zurückstehen. Der Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit ist in Anbetracht der von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgehenden Gefährdung von so überragendem Gewicht, dass die Aussetzung der sofortigen Vollziehung nicht gerechtfertigt ist.

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Hiernach ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

36

Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Ziff. 46.3 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Streitwert war zu halbieren, da der Antragsteller im vorliegenden Verfahren lediglich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht hat.


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