Urteil vom Verwaltungsgericht Mainz (3. Kammer) - 3 K 367/14.MZ

Tenor

Soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2) zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,

1. ein gefahrloses Ein- und Ausfahren zu/von den Weinbergsflächen in der Gemarkung E., Flur XX, Flurstücke YY bis ZZ auf den Wirtschaftsweg zu gewährleisten,

2. den Abraum auf dem Grundstück AA, Flur XX der Gemarkung E., infolge der Schotterung des Wirtschaftswegs zu beseitigen.

Die Beklagte zu 1) hat die Gerichtskosten des Verfahrens zu ½ und der Kläger ebenfalls zu ½ zu tragen. Die Beklagte zu 1) trägt ½ der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Im Übrigen tragen Kläger und Beklagte zu 1) ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten zu 1) wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke AA und YY bis ZZ in Flur XX der Gemarkung E.. Die Grundstücke grenzen an einen im Eigentum der Beklagten zu 1) stehenden unbefestigten Wirtschaftsweg an. Sie sind mit Rebzeilen bepflanzt, die auf den Parzellen YY bis ZZ in einem spitzen Winkel auf den Weg zulaufen.

2

In der Vergangenheit besserte die Beklagte zu 1) den Wirtschaftsweg dadurch aus, dass sie entstandene Spurrillen und Löcher mit Schotter auffüllte.

3

Am 24. Januar 2014 forderte der Kläger die Beklagte zu 2) unter Vorlage eines von ihm eingeholten Gutachtens sowie einer Stellungnahme der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (Berufsgenossenschaft) auf, den Wirtschaftsweg in einen Zustand zu versetzen, der ihm ein gefahrloses Befahren seiner Parzellen ermögliche, sowie den Schotter auf der Parzelle AA zu entfernen. Zur Begründung führte er aus, der Gutachter habe festgestellt, dass infolge der Aufschotterung des Wegs im Bereich der Parzellen YY bis ZZ ein Gefälle von bis zu 60 cm bis 70 cm bestehe. Infolge dieses Gefälles sei – wie auch von der Berufsgenossenschaft bestätigt – ein gefahrloses Einfahren vom Weg auf die Grundstücke und eine Bewirtschaftung von 3 Rebzeilen nicht mehr möglich. Die Beklagte zu 2) trage die Verantwortung dafür, dass er seine Grundstücke von dem Weg aus nicht mehr gefahrlos befahren könne. Er sei nicht verpflichtet, seine Flächen auf das Niveau des Weges anzuheben oder 1- 2 Rebstöcke pro Rebzeile zu entfernen. Ein Versuch, mittels eines Wegehobels Abhilfe zu schaffen, sei auch ohne Erfolg geblieben. Außerdem sei ausweislich des Gutachtens offensichtlich Schotter von dem Weg auf die Parzelle AA geschoben worden.

4

Mit Schreiben vom 30. Januar 2014 lehnte die Beklagte zu 2) ein Tätigwerden ab und stellte dem Kläger anheim, seine Ansprüche auf dem Rechtsweg geltend zu machen. Entsprechend ablehnend hatte sich auch die Beklagte zu 1) gegenüber dem Kläger geäußert.

5

Am 7. April 2014 hat der Kläger Klage zunächst gegen die Beklagte zu 2) erhoben, die er am 19. Mai 2014 gegen die Beklagte zu 1) und am 17. Juli 2014 gegen beide Beklagte richtete. Er trägt unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens vor: Infolge mehrfacher Aufschotterungen des Weges sei ein erhebliches Gefälle zu den Parzellen YY bis ZZ entstanden, das ein gefahrloses Befahren nicht mehr zulasse. Außerdem sei Schotter auf sein Grundstück Parzelle AA geschüttet worden. Hierdurch werde sein Eigentum rechtswidrig beeinträchtigt. Die Beklagte zu 1) habe als Zustandsstörerin und die Beklagte zu 2) als Handlungsstörerin daher die bestehende Zu- und Abgangsbehinderung zu seinen Grundstücken zu beseitigen und für ein gefahrloses Befahren seiner Grundstücke vom Weg aus zu sorgen. Gleiches gelte für den Schotter auf der Parzelle AA.

6

Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Klage gegen die Klägerin zu 2) zurückgenommen hat, beantragt er nunmehr,

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1. die Beklagte zu 1) zu verpflichten, ein gefahrloses Ein- und Ausfahren zu/von den Weinbergsflächen in der Gemarkung E., Flur XX, Flurstücke YY bis ZZ auf den Wirtschaftsweg zu gewährleisten,

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hilfsweise,

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die Beklagte zu 1) zu verpflichten, ein gefahrloses Ein- und Ausfahren hinsichtlich dreier Rebzeilen auf dem Flurstück YY, Gemarkung E., Flur XX, auf den Wirtschaftsweg zu gewährleisten,

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2. die Beklagte zu 1) zu verpflichten, den Abraum auf dem Grundstück AA, Flur XX der Gemarkung E., infolge der Schotterung des Wirtschaftswegs zu beseitigen.

11

Die Beklagte zu 1) beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie trägt vor, dass sich weder aus dem Landesstraßengesetz noch aus der Gemeindeordnung oder aus Verkehrssicherungspflicht ein Anspruch auf Unterhaltung bzw. Schaffung eines bestimmten Ausbauzustands des Wirtschaftswegs ergebe. Der Weg sei in den 1960er Jahren im Wege der Flurbereinigung geschaffen worden. Es werde bestritten, dass die Beklagte zu 1) die gesamte Wegstrecke im Bereich der Flurstücke YY bis ZZ mit Schotter aufgefüllt und hierdurch das Höhenniveau des Wegs verändert habe. Es seien lediglich Spurrillen und Löcher bis zur ursprünglichen Wegehöhe verfüllt worden. Die Gefährdungen beim Ein- und Ausfahren in die Parzellen des Klägers seien bekannt und dadurch bedingt, dass dieser in einem spitzen Winkel in den an dieser Stelle stark abfallenden Weinberg einfahren müsse.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

15

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Klage gegen die Beklagte zu 2) zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 vwGO einzustellen.

16

Die gegen die Beklagte zu 1) erhobene Klage hat Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährleistung eines gefahrlosen Ein- und Ausfahrens zu/von den Weinbergsflächen in der Gemarkung E., Flur XX, Flurstücke YY bis ZZ auf den Wirtschaftsweg durch die Beklagte zu 1) (1). Ferner kann er beanspruchen, dass die Beklagte zu 1) den auf dem Flurstück AA befindlichen Abraum (Schotter) beseitigt (2).

17

(1) Soweit der Kläger beansprucht, ihm ein gefahrloses Ein- und Ausfahren zu/von den genannten Weinbergsflächen auf den angrenzenden Wirtschaftsweg zu ermöglichen, ist seine Klage als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie ist mit dem Hauptantrag auch begründet, denn ihm steht ein derartiger Anspruch zu. Dieser Anspruch ergibt sich zwar nicht aus den Vorschriften des Straßenrechts (a), des Kommunalrechts (b) oder aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (c). Er begründet sich jedoch aus den besonderen Rechtsbeziehungen in Bezug auf den Wirtschaftsweg als Flurbereinigungsweg (d).

18

(a) Aus den Regelungen des Landesstraßengesetzes, namentlich aus dem aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleiteten Anliegergebrauch, kann der Kläger keinen Anspruch auf Schaffung eines bestimmten Ausbauzustands des Wirtschaftswegs entlang seiner Grundstücke herleiten. Nach § 1 Abs. 1 LStrG findet das Landesstraßengesetz nur auf den Bau, die Unterhaltung und die Benutzung der öffentlichen Straßen Anwendung. Zu diesen zählt nach § 1 Abs. 5 LStrG der betreffende Weg nicht, da er als Wirtschaftsweg, der im Rahmen der Flurbereinigung entstanden ist, ausschließlich der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Grundstücke dient (vgl. OVG RP, Urteile vom 7. Juli 1994 – 1 A 12639/93.OVG –, ESRIA, und vom 18. Juni 1970 – 1 A 104/67 –, AS 11, 386).

19

(b) Eine Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Herstellung des Wegs in der vom Kläger begehrten Art und Weise ergibt sich ferner nicht aus § 14 Abs. 2 der Gemeindeordnung – GemO –. Nach dieser Vorschrift sind die Einwohner der Gemeinde im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen. Zwar handelt es sich bei dem Wirtschaftswegenetz einer Gemeinde um eine kommunale Einrichtung im Sinne von § 14 Abs. 2 GemO (vgl. OVG RP, Urteile vom 21. Oktober 2009 – 1 A 10841/09.OVG –, LÖKRZ 2010, 34 = juris Rn. 38 f., und vom 2. August 2007 – 1 A 10128/06.OVG –, ESRIA [st. Rspr.]), so dass der streitgegenständliche Weg Teil dieser kommunalen Einrichtung ist. Aus § 14 Abs. 2 GemO ergibt sich für die Einwohner der Gemeinde und dem ihnen nach § 14 Abs. 3 GemO gleichgestellten Personenkreis jedoch nur ein Anspruch auf Benutzung, d.h. auf Zulassung zu der betreffenden Einrichtung im Rahmen des tatsächlich vorhandenen, nicht aber auf Schaffung einer nicht vorhandenen oder auf Herstellung eines bestimmten Zustands einer bestehenden Einrichtung (vgl. OVG RP, Urteile vom 20. November 1997 – 1 A 12771/96.OVG –, ESRIA, und vom 18. Juni 1970, a.a.O.).

20

(c) Auch aus dem Rechtsinstitut der Verkehrssicherungspflicht kann der Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht herleiten, denn ihr kommt Bedeutung nur im Rahmen der Geltendmachung von Sekundäransprüchen bei Verletzung dieser Pflicht – etwa im Wege der Amtshaftung (Art. 34 Abs. 3 GG, § 839 BGB) – zu. Sie begründet hingegen keinen Anspruch auf die Durchführung konkreter Wegebaumaßnahmen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. April 1997 – A 4 S 6/97 –, juris Rn. 8 f.; VGH BW, Urteil vom 26. Mai 1994 – 5 S 2611/93 –, ESVGH 44, 320 = juris Rn. 21; VG Koblenz, Beschluss vom 15. Januar 1986 – 1 L 99/85 –, S. 2 BA).

21

(d) Ein Anspruch des Klägers auf eine das gefahrlose Ein- und Ausfahren ermöglichende Herstellung des Wirtschaftswegs ergibt sich jedoch daraus, dass ausweislich der vorgelegten Mitteilung des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum vom 17. April 2015 der betreffende Wirtschaftsweg im Rahmen der Flurbereinigung E. in den 1950er Jahren katastertechnisch und eigentumsrechtlich ausgewiesen wurde, mithin davon auszugehen ist, dass dieser Weg wie die angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücke (rechtlich) im Zuge der Flurbereinigung E. geschaffen wurde. Für solche Flurbereinigungswege bestehen besondere Rechtsbeziehungen, die sich von ihrer Grundlage her aus dem in den Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes ausgestalteten Anstaltsrechts ergeben und die Rechtsbeziehungen zwischen den Teilnehmern des Flurbereinigungsverfahrens bzw. ihren Rechtsnachfolgern und der Gemeinde – jenseits des Straßenrechts – kennzeichnen (vgl. OVG RP, Urteile vom 8. Dezember 2005 – 1 A 11090/05.OVG –, ESRIA, und vom 18. Juni 1970, a.a.O.).

22

Nach § 39 Abs. 1 FlurbG sind im Flurbereinigungsgebiet Wege, Straßen, Gewässer und andere zur gemeinschaftlichen Benutzung oder einem gemeinschaftlichen Interesse dienende Anlagen als gemeinschaftliche Anlagen zu schaffen, soweit es der Zweck der Flurbereinigung erfordert. Aus diesem Grundsatz leitet sich die Rechtsfolge ab, dass jeder Teilnehmer an der Flurbereinigung die Schaffung der zur Bewirtschaftung seiner Grundstücke erforderlichen Wege verlangen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1964 – 1 CB 43/64 –, jurion Rn. 23). Der einzelne Grundstückseigentümer, der am Flurbereinigungsverfahren teilnimmt und in der Flurbereinigung einen Flächenbeitrag zu leisten hat (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FlurbG), hat somit einen durchsetzbaren Anspruch auf Herstellung einer funktionsfähigen Zuwegung zu seinen Grundstücken (vgl. OVG RP, Urteile vom 25. Februar 2005 – 1 A 11821/04.OVG –, ESRIA, und vom 18. Juni 1970, a.a.O.). Dies ergibt sich auch aus § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG und ist eine Folge des allgemeinen Zwecks des Flurbereinigungsverfahrens, die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft zu verbessern sowie die allgemeine Landeskultur und Landentwicklung zu fördern (§ 1 FlurbG). Das gesetzliche Ziel des Flurbereinigungsverfahrens, die Herbeiführung eines betriebswirtschaftlichen Erfolgs, der insbesondere auch darin bestehen soll, den Arbeitsaufwand zu vermindern und die Bewirtschaftung zu erleichtern (§ 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG), hängt jedoch weitgehend von der Qualität des Wegs ab, mit dem die landwirtschaftlichen Grundstücke erschlossen werden. Der einzelne hat mithin einen durchsetzbaren Anspruch auf Herstellung eines Weges in zweckentsprechender Qualität zu seinen Grundstücken (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1964, a.a.O.). Mit diesem Herstellungsanspruch korrespondiert die in § 42 Abs. 1 Satz 1 FlurbG festgelegte Unterhaltungspflicht, die nicht anders behandelt werden kann als die Herstellungspflicht. Für sie gelten dieselben gesetzlichen Ziele mit der Folge, dass der einzelne gegenüber dem Unterhaltspflichtigen auch einen Anspruch auf eine funktionsgerechte Unterhaltung der Zuwegung zu seinen Grundstücken hat (vgl. OVG RP, Urteile vom 8. Dezember 2005, a.a.O., und vom 18. Juni 1970, a.a.O.).

23

Ausgehend von diesen Voraussetzungen kann der Kläger von der Beklagten zu 1) die Herstellung des Wirtschaftswegs in einer Art und Weise beanspruchen, die ihm ein gefahrloses Ein- und Ausfahren zu/von den Weinbergsflächen auf den Flurstücken YY bis ZZ zum Wirtschaftsweg ermöglicht. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, weist das Gelände zum Weg hin ein Gefälle auf, das ausweislich des vom Kläger eingeholten Gutachtens auf einer Länge von 2 m bis zu 60 bis 70 cm beträgt und die Bewirtschaftung der Weinbergsflächen erheblich beeinträchtigt. Ausweislich des Gutachtens führt das Gefälle dazu, dass ein gefahrloses Befahren mit einem Schmalspurschlepper nicht mehr möglich ist, da die Gefahr des Umkippens bzw. auch des Aufsetzens von Anbaugeräten besteht. Auch die Berufsgenossenschaft kommt in ihrer Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass insbesondere durch das zwangsweise schräge Einfahren in die Weinbergsparzellen die Fahrstabilität der im Weinbau verwendeten Schmalspurschlepper nicht gewährleistet ist und eine erhöhte Gefahr des Umkippens besteht. Letztlich räumt auch die Beklagte zu 1) selbst die Geländeproblematik im Bereich der vorgenannten Flurstücke ein; insbesondere die von ihr anlässlich eines Ortstermins am 29. September 2013 aufgenommenen Lichtbilder dokumentieren, dass ein Schmalspurschlepper beim Einfahren nicht mehr mit allen Rädern Bodenkontakt halten kann. Da diese Umstände den Beteiligten bereits im Verwaltungsverfahren geläufig waren und sich nach den gutachterlichen Äußerungen nicht nur auf wenige Rebzeilen beschränken, handelt es sich entgegen den Ausführungen der Beklagten zu 1) anlässlich des zusammenfassenden Vortrags des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die Parzellen YY bis ZZ seien in ihrer gesamten Breite nicht gefahrlos vom Wirtschaftsweg aus anzufahren, nicht um einen neuen Vortrag, so dass es eines Schriftsatznachlasses nicht bedurfte.

24

Soweit die Beklagte zu 1) dem Begehren des Klägers mit der Begründung entgegentritt, die Problematik bei der Einfahrt in die Flurstücke YY bis ZZ bestehe bereits seit der Flurbereinigung und sei dadurch bedingt, dass der Kläger im spitzen Winkel in den Weinberg einfahren müsse, was ihr nicht angelastet werden könne, vermag sie hiermit nicht durchzudringen. Insbesondere kann dem Kläger nicht die spitzwinklige Anordnung der Rebzeilen angelastet werden, denn eine solche Anordnung – die sich möglichweise an dem nach Nordwesten abknickenden Verlauf des Wirtschaftswegs orientiert – ist im Weinbau nicht unüblich, wie auch die Anordnung der Rebzeilen auf den benachbarten Grundstücken (Flurstücke BB bis CC) zeigt. Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass seine Grundstücke durch den vorhandenen Weg hinreichend erschlossen seien und er eine optimale Anbindung seiner Grundstücke – gleichsam hinsichtlich jeder einzelnen Rebzeile – nicht verlangen könne. Insoweit übersieht die Beklagte zu 1), dass die Eigenschaft des Wirtschaftswegs als Flurbereinigungsweg dem Kläger einen Anspruch darauf vermittelt, auf der gesamten Wegelänge an jeder beliebigen Stelle (gefahrlos) auf seine Grundstücke fahren zu können und den Weg gleichsam als Grundstückserweiterung auch zum Wenden landwirtschaftlicher Fahrzeuge verwenden zu können (vgl. OVG RP, Urteil vom 8. Dezember 2005, a.a.O.). Kann der Kläger mithin verlangen, an jeder Stelle des Weges seine landwirtschaftlichen Grundstücke gefahrlos befahren zu können, so korrespondiert damit zugleich der Anspruch gegen die Beklagte zu 1) als Unterhaltungspflichtige im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, § 2 AGFlurbG auf entsprechende Ausgestaltung des Wegs. Auf welche Weise die Beklagte zu 1) ein gefahrloses Ein- und Ausfahren zu/von den Flurstücken YY bis ZZ gewährleistet, steht in ihrem Ermessen.

25

Der Kläger kann seitens der Beklagten zu 1) auch nicht auf Selbsthilfemaßnahmen verwiesen werden. Abgesehen davon, dass ein seitens des Klägers mit dem Wegehobel der Jagdgenossenschaft unternommener Versuch einer Planierung erfolglos blieb, ist es ihm insbesondere nicht zumutbar, das bestehende Gefälle durch Aufschüttungen auf seinen Flächen – die im Übrigen einer Genehmigung bedürften – anzugleichen oder gar Rebstöcke zu entfernen.

26

Da es dem Kläger ausweislich seines Vorbringens sowohl im Verwaltungs- als auch im Klageverfahren im Wesentlichen um Abhilfemaßnahmen aufgrund der in den letzten Jahren erfolgten Arbeiten an dem Weg geht, ist der Anspruch auch nicht verjährt.

27

(2) Soweit der Kläger des Weiteren die Beseitigung einer auf dem Grundstück Flur XX Flurstück AA befindlichen Ablagerung von Schotter durch die Beklagte zu 1) begehrt, ist seine Klage ebenfalls zulässig. Insbesondere ist für dieses Begehren der Verwaltungsrechtsweg des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben, denn Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch. Dessen Voraussetzungen liegen vor.

28

Mit dem Folgenbeseitigungsanspruch, dessen Grundlage aus einem grundrechtlichen Abwehranspruch nach Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz – GG – oder aus einer analogen Anwendung der §§ 1004 und 906 BGB hergeleitet wird, kann sich der Betroffene gegen eine Beeinträchtigung zur Wehr setzen, die Folge eines schlicht-hoheitlichen Handelns der Verwaltung ist und sich als unzumutbar erweist. Voraussetzung für das Bestehen eines solchen Anspruchs ist, dass ein hoheitlicher Eingriff vorliegt, der ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt. Für den Betroffenen muss dadurch ein rechtswidriger Zustand entstanden sein, der noch andauert (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 4 C 24/91 –, BVerwGE 94, 100 = juris Rn. 24 m.w.N.; OVG RP, Urteil vom 26. Februar 2014 – 7 A 11038/14.OVG –, NVwZ-RR 2014, 582 = juris Rn. 35), und den er zu dulden nicht verpflichtet ist. Der Folgenbeseitigungsanspruch zielt auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Beseitigung des rechtswidrigen Zustands ab (OVG RP, Urteil vom 15. April 2004 – 1 A 12000/03.OVG –, ESRIA).

29

Der für das Entstehen eines Folgenbeseitigungsanspruchs erforderliche hoheitliche Eingriff liegt darin, dass die Beklagte zu 1) als Trägerin und Unterhaltsverpflichtete des Wirtschaftswegs nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag des Klägers im Rahmen der Wegeschotterung angefallenen (überschüssigen) Schotter auf das in seinem Eigentum stehende Grundstück Flurstück AA (im Randbereich) geschoben hat. Ausweislich der in den Verwaltungsakten befindlichen Lichtbilder bestehen keine vernünftigen Zweifel an diesem Vortrag, zumal ihm die Beklagte zu 1) nicht entgegengetreten ist.

30

Der mit diesem Handeln der Beklagten zu 1) erfolgte Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Grundeigentum ist ohne entsprechende Rechtsgrundlage erfolgt und damit rechtswidrig. Insbesondere ist der Kläger nicht verpflichtet, diese rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung zu dulden.

31

Der rechtswidrige Eingriff dauert noch an, denn es ist nichts dafür ersichtlich geschweige denn von der Beklagten zu 1) vorgetragen worden, dass der Schotter zwischenzeitlich von dem Grundstück des Klägers entfernt wurde. Die Beseitigung ist der Beklagten zu 1) auch zumutbar.

32

Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der damit gegebene Folgenbeseitigungsanspruch gemäß den hier anwendbaren §§ 194 ff. BGB verjährt sein könnte.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO.

34

Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteil hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

35

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 22. April 2015

36

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

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