Beschluss vom Verwaltungsgericht München - M 20 PE 21.2851

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Gegenstandswert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2021, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 31. Mai 2021 wurde beantragt,

Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragstellern in ihrer Eigenschaft als Wahlbewerber für die Personalratswahl 2021 die Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adresse zum Zwecke der direkten Ansprache von Beschäftigten zu ihrer Bewerbung für die Personalratswahl zu gestatten.

Die Antragsteller seien Wahlbewerber, die sich mit weiteren 115 Beschäftigten mit der Liste „... - …“ für die Wahl des Personalrats am … Juni 2021 bewerben. Der Antragsteller zu 1) sei der Listenführer. Der Beteiligte zu 1) sei der Wahlvorstand. Für die am … Juni 2021 stattfindenden Personalratswahlen gebe es fünf Listen. Es würden sowohl der Einzelpersonalrat als auch der Gesamtpersonalrat gewählt. Die Antragsteller gehörten der Liste „... - …“ an. Der entsprechende Wahlvorschlag sei am … Mai 2021 durch den Wahlvorstand zugelassen worden. Die Antragsteller beabsichtigten, ihre Kandidatur gegenüber den Wählern durch eine gezielte Ansprache offen zu legen. Die Kontaktaufnahme solle über die dienstliche E-Mail-Adresse erfolgen. Die Antragsgegnerin habe untersagt, über die dienstliche E-Mail-Adresse direkt Kontakt aufzunehmen. Stattdessen gewähre sie den zur Wahl zugelassenen Listen mittels eines Hinweises auf „Spielregeln“ (von der Antragsgegnerin gewählte Bezeichnung), somit eines Regelungsvorschlags in Anlehnung an das Schreiben des Finanzministeriums vom 1. Februar 2021 zur Zulässigkeit von Wahlwerbung via E-Mail, ihr jeweiliges Wahlprogramm im Intranet allen Beschäftigten zugänglich zu machen. Jeder Liste werde die Möglichkeit eingeräumt, das Wahlprogramm in zwei E-Mails an alle Wahlberechtigten über die Dienststelle verteilen zu lassen. Darüber hinaus habe sie den Wahlwerbern untersagt, Wähler, die derzeit in der Bank und nicht im Home-Office arbeiten, in ihren Büros aufzusuchen und sie individuell auf die Personalratswahlen, die eigene Kandidatur und ihre Ideen anzusprechen. Hintergrund seien Coronabedingte Infektionsschutzgesichtspunkte. Dies stelle einen rechtswidrigen Eingriff in das passive Wahlrecht dar. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie sei eine direkte Kontaktaufnahme zum Wähler möglich gewesen. Gegenwärtig arbeite die überwiegende Zahl der Beschäftigten aus dem Home-Office (ca. 80 bis 90%). Eine direkte Ansprache am Arbeitsplatz sei daher nicht zu ermöglichen. Im Übrigen sei auf die - nicht zu beanstandende - Weisung der Dienststelle abzustellen, wonach unter Infektionsschutzgesichtspunkten davon abzusehen sei, Beschäftigte am Arbeitsplatz aufzusuchen. Unter Darlegung dieser Gesichtspunkte sei die Antragsgegnerin gebeten worden, ihre Position zu überdenken. Sie sei bei ihrer Haltung geblieben.

Es liege ein Anordnungsanspruch vor. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl gewährleiste, dass der Wähler seinen wirklichen Willen unverfälscht zum Ausdruck bringen, vor allem sein Wahlrecht ohne Zwang ausüben könne. Er umfasse auch den ungehinderten Zugang der Kandidaten zum Wähler.

Ein solcher Anspruch korrespondiere mit der Schutzvorschrift des Art. 24 Abs. 1 Sätze 1und 2 BayPVG. Dies schließe individuelle Werbemaßnahmen ein. Insbesondere seien Werbeaktivitäten aller Art einschließlich persönlicher Gespräche oder Darstellungen im behördlichen Intranet zulässig. Ihre Grenze fänden solche Maßnahmen dann, wenn erhebliche Beeinträchtigungen hinsichtlich der Dienstausübung, der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und Pflichten sowie die Ordnung der Dienststelle zu besorgen seien. Diese Grundsätze seien im Lichte der pandemiebedingten Ausnahmesituation entsprechend zu würdigen; eine - an sich in erster Linie in Frage kommende - Begegnung mit den Wahlberechtigten sei so gut wie nicht zu ermöglichen. Daher komme der Kommunikation auf elektronischem Wege eine besondere Bedeutung zu. Allein auf diese Weise lasse sich eine sinnvolle Wahlwerbung durchführen. Diese Ausnahmesituation habe zu zahlreichen gesetzgeberischen Aktivitäten geführt und ihren Niederschlag auch in der Rechtsprechung gefunden. Die Kernelemente der Verfassung und der rechtsstaatlichen Grundsätze müssten unberührt bleiben. Die Wahlfreiheit stelle ein solches Rechtsgut dar. Daher seien Abwägungsfragen mit äußerster Sorgfalt vorzunehmen. Eingriffe in Werbeaktivitäten der Wahlwerber seien mit äußerster Sensibilität zu beurteilen. Die von der Antragsgegnerin vorgeschlagene Vorgehensweise (digitale Wahlwerbung 2 mal per E-Mail und 1 mal per Intranet) liefe bereits in Zeiten außerhalb der gegenwärtigen Krisensituation auf eine nicht haltbare Verkürzung der Rechte der Wahlbewerber hinaus. Erst Recht gelte dies während der Pandemie. Die Antragsgegnerin verkenne, dass durch eine Handhabung wie von ihr vorgeschlagen bereits der Wahlvorschlag, somit die Liste, von vorneherein in ihren Werbeaktivitäten massiv beschränkt werde und darüber hinaus in noch stärkerer Weise Werbemöglichkeiten des einzelnen Wahlbewerbers. Das Recht des einzelnen Wahlbewerbers, auf sich aufmerksam zu machen und auf den Wähler zuzugehen, würde faktisch entwertet. Auch eine Veränderung innerhalb des Wahlvorschlags (Listenplatz) werde erheblich erschwert, bedingt dadurch, dass, wie ausgeführt, der Zugang für die Liste nur eingeschränkt ermöglicht würde, für den einzelnen Wahlbewerber jedoch so gut wie nicht. Was das Intranet anbelange, dem die Antragsgegnerin im Rahmen der Werbemaßnahmen Bedeutung beimesse, so könne dies eine persönliche Ansprache des Wählers nicht ersetzen, noch dazu zeichneten sich die Listen durch unterschiedliche Ausrichtung und Größe ausje umfangreicher die Liste, desto weniger würden deren einzelnen Wahlbewerber ins Gewicht fallen, im Gegensatz zu weniger umfangreichen Listen, somit würde im Ergebnis eine nicht zu verkennende Nivellierung der Listen eintreten. Der Vorschlag der Antragsgegnerin liefe auf ein Darstellungsmedium hinaus und nicht auf ein Kommunikationsmedium, welches kennzeichnend für Werbeaktivitäten des einzelnen Wahlbewerbers im Sinne einer allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl sei.

Letztlich wären die Wahlbewerber auf eine Ansprache durch die Wahlberechtigten angewiesen und nicht in der Lage, die Beschäftigten aktiv auf Sachthemen hinzuweisen.

Die Antragsteller hätten angesichts der gegenwärtig laufenden Vorbereitungen für die Personalratswahl bei der Antragsgegnerin - kurz vor dem eigentlichen Wahlvorgang am … Juni 2021 bzw., da Briefwahl angeordnet sei, dem genannten Zeitpunkt vorgelagert, da die Wahlbriefe bis zum … Juni 2021 beim Wahlvorstand eingegangen sein müsstenzu besorgen, dass sie ihres Rechts, Wahlwerbung in eigener Sache zu betreiben, verlustig würden. Innerhalb des zur Verfügung stehenden nur begrenzten Zeitraums bedürfe es einer gerichtlichen Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz. Der Eilbedürftigkeit stehe auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin den Wahlbewerbern einen Weg eröffnet habe, sich vor der Wahl darzustellen - gerade dadurch sei aufgezeigt worden, dass letztlich eine wahlbehindernde Maßnahme erfolge, indem den Wahlbewerbern ein Modell der restriktiven Werbeaktivitäten vorgegeben werde, noch dazu mittelbar über die jeweilige Liste.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 2. Juni 2021 und 7. Juni 2021 wurde ausgeführt, die als Ersatz für die direkte Ansprache der Wähler angebotene Massen-E-Mail (mit Listen via Bank an alle) funktioniere tatsächlich nicht, so habe eine hierüber durchgeführte Wahlwerbung der Liste 2 „Gute Arbeit könne man wählen“ nicht alle Empfänger erreicht, so dass eine Wiederholung erforderlich gewesen sei. Ob diese wiederum alle Empfänger erreicht habe, sei den Antragstellern nicht bekannt. Hinsichtlich des Schreibens des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen vom 1. Februar 2021 wurde ausgeführt, die Beteiligte zu 2) sei nicht Adressatin des Schreibens, daher finde es im vorliegenden Rechtsverhältnis keine Anwendung. Die Einschränkungen seien nicht haltbar. Die Unmittelbarkeit der Wahlwerbung werde verhindert. Den Wahlbewerbern werde so jede Möglichkeit genommen, unmittelbar mit den Wählern in Kontakt zu treten. Die Dienststelle könne „unliebsame“ Wahlbewerber faktisch ausschließen, indem sie die Wahlwerbung nicht oder aber mit großer Verzögerung weiterleite.

Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2021 teilte der Beteiligte zu 1) mit, dass er keine Stellungnahme abgebe.

Mit Schriftsätzen vom 7. Juni 2021 und 8. Juni 2021 beantragt der Beteiligte zu 2), den Antrag abzuweisen.

Es bestehe weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund. Ein rechtswidriger Eingriff in das passive Wahlrecht bestehe nicht. Es stünden mehrere Möglichkeiten für die Wahlwerbung zur Verfügung.

Wahlberechtigt seien zum Gesamtpersonalrat 3077 Frauen und Männer, zum Einzelpersonalrat … 2951 Frauen und Männer. Die Dienststelle habe sich den besonderen Herausforderungen, vor denen die Bewerber in diesem Wahlkampf pandemiebedingt stünden, Rechnung getragen. Am … April 2021 habe ein erstes Gespräch in Form einer Webex-Konferenz stattgefunden. Teilnehmer sei unter anderen auch der Antragsteller zu 1) gewesen. Die Dienststelle habe darüber informiert, dass die Einrichtung einer zeitlich bis zur Wahl befristeten Intranet-Wahlkampfplattform, auf der sich die Listen und Kandidaten präsentieren könnten, beabsichtigt sei. Daneben sei zugesagt worden, dass die Dienststelle die Kosten für jeweils eine Webex-Lizenz pro Liste übernehme; eine Beschränkung der Nutzung dieser Lizenzen sei von der Dienststelle nicht ausgesprochen worden. Die Dienststelle übernehme im bisherigen Rahmen die Finanzierung der Wahlwerbung sowie kleinerer Wahlgeschenke sowie ggf. abhängig von der Größe der Geschenke einmalig Versandkosten. Stellwände für Plakatwerbung würden zur Verfügung gestellt und die Möglichkeit von Flyern bestehe. Aufgrund der geltenden Abstandsgebote und Kontaktbeschränkungen innerhalb wie außerhalb der Dienststelle, den bestehenden Verboten von (Mitarbeiter-)Zusammenkünften in bestimmter Größe könnten im Personalratswahlkampf zum Schutz der Beschäftigten weder persönliche Besuche in den Büros noch Ansprachen vor der Kantine oder persönliche Übergaben von Wahlgeschenken ermöglicht werden. Ferner sei über die Möglichkeit des Versands von Wahlwerbung über die dienstlichen E-Mail-Adressen an Beschäftigte gesprochen worden. Das Bayerische Staatsministerium für Finanzen habe in seinem Schreiben vom 1. Februar 2021 zur Wahlwerbung via E-Mail seine Regelungen zur digitalen Wahlwerbung mit Blick auf die Kontaktbeschränkungen und der verstärkten Nutzung von Telearbeit modifiziert. Es sei jeder Liste, nicht jedoch jedem Kandidaten, gestattet, sich zweimal zu selbst gewählten Zeitpunkten an die zentrale E-Mail-Adresse der jeweiligen Dienststelle zu wenden. Die Weiterleitung an die dienstlichen E-Mail-Adressen an die Beschäftigten solle dann durch die Dienststelle erfolgen. Eine direkte Kontaktaufnehme über die dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten und ein Zugang zum Intranet der Dienststelle seien ausdrücklich nicht erlaubt. Am … April 2021 sei darüber informiert worden, dass sich die Dienststelle an diese Vorgehensweise anlehnen werde. Die zweimalige Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adressen je Liste sei dergestalt erlaubt worden, dass sich jede Liste zwei Mal zu selbst gewählten Zeitpunkten an die zentrale E-Mail-Adresse der Dienststelle wenden könne und die Dienststelle danach die Weiterleitung vornehmen werde. Auf Anhänge solle verzichtet werden, um das Netz nicht zu überfordern. Es sei nicht gestattet, Werbematerial direkt an die dienstlichen E-Mail-Adressen zu senden. Die Kandidaten dürften aber auf konkrete Anfragen von Beschäftigten per Mail reagieren. Im Nachgang zu der Einladung zu einem weiteren Gespräch am … Mai 2021 sei die Zusammenfassung des Geprächsergebnisses vom … April 2021 versandt worden. Diese Zusammenfassung hätten sämtliche Antragsteller erhalten. Am 18. Mai 2021 seien die „Spielregeln“ noch einmal versandt worden. Es seien 5 Listen mit insgesamt 282 Bewerbern zur Wahl des Gesamtpersonalrates und 269 zur Wahl des Einzelpersonalrates … zugelassen. Hätte die Dienststelle die Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adresse für die direkte Ansprache zugelassen, hätte die Gefahr einer Überflutung mit Wahlwebemails gedroht. Der Wahlkampf hätte übermäßigen Raum eingenommen. Es wäre zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebs gekommen. Die E-Mails belegten Speicherplatz und verursachten Kosten. Wenn eine Vielzahl von Bewerbern mehrfach an einen Großteil oder gar an alle 3077 Wahlberechtigten für den Gesamtpersonalrat bzw. alle 2951 Wahlberechtigten für den Einzelpersonalrat … E-Mails versandt hätte, wäre es zu einer erheblichen Belastung der IT-Systeme einschließlich einer erhöhten Kostenbelastung gekommen. Die Liste 1, der die Antragsteller angehörten, benenne auf der Startseite des Intranetauftritts auch die acht Antragsteller mit deren Kontaktadressen. Eine Kontaktaufnahme durch die Beschäftigten auch unter Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adresse sei nicht untersagt worden. Von der Möglichkeit, eine Mail mit Wahlwerbung an die zentrale Mailadresse der Bank zur Weiterleitung zu senden, hätten bisher vier Listen Gebrauch gemacht. Die Weiterleitung sei in allen Fällen unverzüglich veranlasst worden. Auch die fünfte Liste habe am … Juni 2021 eine Wahlwerbung an die Dienststelle übermittelt mit der Bitte, diese am ... Juni 2021 an die Beschäftigten zu verteilen. Nach der ersten Weiterleitung einer E-Mail an die Beschäftigten hätten mehrere Beschäftigte und die Listenführerin der Liste 2 mitgeteilt, dass die Mail nicht angekommen sei. Eine Rückfrage bei der IT-Abteilung habe ergeben, dass die Ursache eventuell der gleichzeitige Versand an mehr als 3000 Adressen sein könne. Es sei empfohlen worden, den Versand in mehreren Tranchen vorzunehmen. Dies sei dann erfolgt und keine Meldung mehr gekommen, dass sie nicht angekommen seien. Entsprechend sei dann auch beim Versand der E-Mail der Liste 1 vorgegangen worden. Rückmeldungen, dass die Mail nicht angekommen sei, habe es nicht gegeben. Ebenso sei mit der Wahlwerbung der Liste 4 und 3 vorgegangen worden. In den Spielregeln sei ausdrücklich festgehalten, dass die Einrichtung einer zeitlich bis zur Wahl befristeten Wahlkampfplattform erfolge, auf der sich die Listen bzw. Kandidaten präsentieren könnten. Die Darstellung in der Antragsschrift (2mal per E-Mail und 1mal per Internet) suggeriere außerdem, dass nur eine einmalige Einstellung von Inhalten in das Intranet möglich sei. Den Listen stehe jedoch frei, ihren Intranetauftritt zu ergänzen.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass den Listen folgende Möglichkeiten für die Wahlwerbung zur Verfügung stünden: Intranetauftritt, zweimal E-Mails pro Liste, die über die zentrale Mailadresse der Dienststelle an alle Beschäftigten weiterverteilt werde, wobei das Beantworten von Anfragen der Beschäftigten mittels E-Mails nicht untersagt sei, eine Webex-Lizenz pro Liste, dienstliche Telefone, Plakatwerbung, Auslegung von Flyern.

Die Antragsteller hätten keinen Anspruch darauf, dass die Dienststelle die Nutzung von dienstlichen E-Mail-Adressen für Zwecke des Personalratswahlkampfs zulasse. Eine gesetzliche Regelung, aus der sich eine Befugnis zur Nutzung dienstlicher E-Mails durch die Bewerber für die Wahl zum Gesamtpersonalrat und zum Einzelpersonalrat … ergebe, existiere nicht. In der Kommentierung von Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler, Bayerisches Personalvertretungsrecht unter Art. 24 RdNr. 11 und in der Rechtsprechung werde hervorgehoben, dass durch Wahlwerbung die Dienstausübung, die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben sowie die Ordnung in der Dienststelle nicht erheblich beeinträchtigt werden dürften. Es werde darauf hingewiesen, dass die Dienststelle die Nutzung des Intranets und der dienstlichen E-Mails für Wahlwerbung auch unter Kostengesichtspunkten einschränken dürfe. In der Kommentierung zu Art. 24 BayPVG werde auf die vom Finanzministerium dazu aufgestellten Regeln verwiesen, die mit Schreiben vom 1.2.2021 mit Blick auf die Corona-Pandemie modifiziert worden seien. Die Dienststelle habe den Pandemiebedingten Schwierigkeiten für die Wahlwerbung durch Bewerber für die Personalratswahlen Rechnung getragen. Es sei wesentlich, dass Chancengleichheit bestehe. Daher sei frühzeitig das Gespräch mit den Listenvertretern gesucht worden. Dabei seien die Interessen sorgfältig abgewogen worden. Die Dienststelle habe die Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adressen beschränkt, da die Gefahr bestanden habe, dass der Wahlkampf sonst übermäßigen Raum eingenommen hätte und eine erhebliche Beeinträchtigung der dienstlichen Aufgabenerfüllung einhergegangen wäre. Ein Versand von E-Mails durch eine Vielzahl von Bewerbern an alle hätte zu einer erheblichen Belastung der IT-Systeme und einer erhöhten Kostenbelastung geführt. Es sei zu erwarten gewesen, dass die Beschäftigten ein Wahlwerbemail auch während der Arbeitszeit lesen. Auch das Löschen unverlangt zugesandter Mails hätte Arbeitszeit in Anspruch genommen. Angesichts der anderen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Wahlwerbung sei eine Beschränkung der Nutzung dienstlicher E-Mails nicht unverhältnismäßig. Ein rechtswidriger Eingriff in das passive Wahlrecht liege nicht vor. Würde die Dienststelle verpflichtet, den Antragstellern die Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adressen zu erlauben, könne ein Grund zur Wahlanfechtung vorliegen, denn den anderen Bewerbern würden keine entsprechenden Rechte eingeräumt. Da am … Mai 2021 letztmals mitgeteilt worden sei, dass die Dienststelle an ihrer Rechtsauffassung festhalte, der Antrag aber erst am … Mai 2021 gestellt worden sei, liege auch kein Verfügungsgrund vor.

Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Wegen der Dringlichkeit, die die Einberufung der ehrenamtlichen Richter nicht mehr zulässt, kann das Gericht über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch die Vorsitzende allein entscheiden (Art. 82 Abs. 2 BayPVG i. V. m. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, § 944 ZPO).

Nach den gem. Art. 82 BayPVG, § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG entsprechend anwendbaren Vorschriften des 8. Buchs der ZPO kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts eines Beteiligten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Die Gefährdung des Rechts bzw. die Notwendigkeit einer Regelung, d. h. der Verfügungsgrund und der Verfügungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Darüber hinaus darf die einstweilige Verfügung grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist und Entscheidungen in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch eine einstweilige Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreichbar ist und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn die Versagung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zu einem endgültigen Rechtsverlust oder einem sonstigen irreparablen Zustand führt. Dabei sind strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen und die Belange der Beteiligten sorgfältig abzuwägen (BayVGH, B. v. 6.7.2017, Az: 17 PC 17.1238).

Ein Verfügungsanspruch wurde nicht glaubhaft gemacht, da nach summarischer Prüfung die Antragsteller nicht glaubhaft machen konnten, dass der Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, den Antragstellern in ihrer Eigenschaft als Wahlbewerber für die Personalratswahl 2021 die Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adresse zum Zwecke der direkten Ansprache von Beschäftigten zu ihrer Bewerbung für die Personalratswahl zu gestatten.

Eine gesetzliche Regelung zur Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adressen zur Wahlwerbung gibt es im Bayerischen Personalvertretungsgesetz nicht.

Der bayerische Verordnungsgeber hat jedoch die Problematik des Infektionsgeschehens anlässlich der Corona-Pandemie erkannt und die Änderung der Wahlordnung zum Bayerischen Personalvertretungsgesetz vom 10. November 2021 (GVBl Nr. 29/2020, S. 605,606) bekannt gemacht. In § 56a wurden Sonderregeln für die regelmäßigen Wahlen 2021 bekannt gemacht.

Diese betreffen aber vor allem die Sitzungen des Wahlvorstandes und die Anordnung der schriftlichen Stimmabgabe.

Eine Regelung hinsichtlich der Wahlwerbung wurde gerade nicht vorgesehen.

Das Bayerische Staatsministerium für Finanzen (im Folgenden: Finanzministerium) hat mit Schreibens vom 1. Februar 2021 die bisher geltenden „Spielregeln“, die im Schreiben vom 24. September 2010 veröffentlicht wurden, an die sich der Beteiligte zu 2) jeweils anlehnt, im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Wahlwerbung in Pandemiezeiten erweitert.

Bisher war es den jeweiligen Listen, nicht den einzelnen Kandidaten, erlaubt, einmal ihre E-Mail-Botschaft über die zentrale E-Mail-Adresse durch die Dienststelle an die dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten versenden zu lassen. Die Nutzung des Intranets war verboten.

Nun wurde im Schreiben vom 1. Februar 2021 im Hinblick auf die Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie und der verstärkten Telearbeit gestattet, dass jede Liste sich zweimal zu einem selbst gewählten Zeitpunkt an die zentrale E-Mail-Adresse der Dienststelle wenden kann und die Dienststelle danach die Weiterleitung an die dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten vornimmt. Eine direkte Kontaktaufnahme über die dienstlichen E-Mail-Adressen und ein Zugang zum Intranet komme nicht in Betracht.

Der Beteiligte zu 2) hat die Regelung der zweimaligen Versendung an die dienstlichen E-Mail-Adressen übernommen und über das Schreiben des Finanzministeriums hinaus wegen der Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie auch einen Intranetauftritt der jeweiligen Listen, der jederzeit von der Liste ergänzt werden kann, zugelassen.

Daneben wurden vom Beteiligten zu 2) weitere Wahlwerbemöglichkeiten ermöglicht: Beantworten von Anfragen der Beschäftigten mittels dienstlicher E-Mails, eine Webex-Lizenz pro Liste, dienstliche Telefone, Plakatwerbung, Auslegung von Flyern.

Eine unbeschränkte Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adresse zum Zwecke der direkten Ansprache von Beschäftigten zu ihrer Bewerbung für die Personalratswahl musste jedoch nicht gestattet werden. Dies gilt auch in der jetzigen Sondersituation der erschwerten Kontaktmöglichkeiten der Corona-Pandemie.

Durch die Wahlwerbung dürfen die Dienstausübung, die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und Pflichten sowie die Ordnung in der Dienststelle nicht erheblich beeinträchtigt werden (Ballerstedt/Faber/Schleicher, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, Art. 24 RdNr. 11a ff).

Die Dienststelle durfte die Nutzung der dienstlichen E-Mails für Zwecke der Wahlwerbung - auch unter Kostengesichtspunkten - einschränken. Ein rechtswidriger Eingriff in das passive Wahlrecht liegt nicht vor.

Es gibt 282 Bewerber für die Wahl des Gesamtpersonalrats und 269 Bewerber für die Wahl des Einzelpersonalrats … Daneben gibt es 3077 Wahlberechtigte zum Gesamtpersonalrat und 2951 Wahlberechtigte zum Einzelpersonalrat.

Allein auf die Wahl des Einzelpersonalrats … bezogen würde Folgendes gelten:

Wenn jeder der 2951 wahlberechtigten Beschäftigten von jedem Bewerber nur ein E-Mail erhalten würde, würden jedem der 2951 Beschäftigten insgesamt 269 E-Mails zugehen. Es besteht daher zu Recht die Befürchtung, dass der Wahlkampf einen erheblichen Zeitaufwand für die Beschäftigten bedeuten würde. Allein das Löschen von - auch ungelesenen - 269 E-Mails pro Beschäftigten bedeutet einen erheblichen Zeitaufwand und damit erhebliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs.

Hinsichtlich der Wahl des Gesamtpersonalrats würde sich die Zahl der E-Mails an die Wahlberechtigten noch weiter erhöhen, da keine vollständige Personenidentität besteht.

Es liegt daher auf der Hand, dass die Versendung von E-Mails durch jeden Bewerber an alle Wahlberechtigten die IT-Systeme technisch belastet, gegebenenfalls sogar zu Störungen führt, wie die „missglückte“ erste Versendung an mehr als 3000 Adressen der E-Mail der Liste 2 zeigte.

Zwar trifft der Einwand der Antragsteller zu, dass die erste E-Mail der Liste 2 nicht alle Empfänger erreichte.

Der Beteiligte zu 2) hat jedoch glaubhaft gemacht, dass der Fehler hinsichtlich der Versendung der E-Mail der Liste 2 inzwischen durch ein Versenden in Tranchen behoben wurde und die Versendung der E-Mails der anderen Listen zu keinen Fehlern führte.

Auch ist offensichtlich, dass es bei einer Versendung von E-Mails durch jeden Bewerber an alle Wahlberechtigten zu einer erhöhten Kostenbelastung der Dienststelle käme.

Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Absatz 3 RVG i.V.m. § 52 Absatz 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von 2013 unter Nr. 31. Da es sich hier um ein Eilverfahren handelt, war auf die Hälfte des Auffangwertes zu erkennen.

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