Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (9. Kammer) - 9 A 10/15

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist selbständige Rentenberaterin und sie begehrt die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens hinsichtlich ihrer Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister, welches von der Beklagten geführt wird.

2

Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung zur Diplom-Verwaltungswirtin (FH) im Jahre 1983 und während eines berufsbegleitenden Studiums an der …-Universität K… vom März 1991 bis September 1994 ohne Abschluss machte sich die Klägerin als Rentenberaterin selbständig. Sie erhielt noch unter der Geltung des bis zum 30.06.2008 wirksamen Rechtsberatungsgesetzes am 02.01.1991 vom Präsidenten des Amtsgerichtes in Lübeck die Erlaubnis, als Rentenberaterin fremde Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zu besorgen. Die Erlaubnis erstreckte sich auch auf die Angelegenheiten, für die die Versorgungsämter nach § 4 Schwerbehindertenrecht zuständig sind. Es folgten weitere Erlaubnisse, u.a. am 16.05.1994 von der Präsidentin des Amtsgerichtes Lübeck, unter Aufrechterhaltung der Erlaubnis vom 02.01.1991 die weitergehende Erlaubnis, dass sie nunmehr ohne Einschränkungen als Rentenberaterin für den Sachbereich der Rentenberatung fremde Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung besorgen dürfe.

3

In einem Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht zum AZ 9 A 395/01, in dem es um die Gestaltung ihres Briefkopfes ging, schloss die Klägerin mit dem Amtsgericht Lübeck als Beklagten am 09.10.2002 folgenden Vergleich:

4

1. Die Klägerin wird ab dem 01. Januar 2003 in ihren Briefköpfen und ihrer sonstigen Firmierung statt der Bezeichnung „Rechtsberatung - Sozialrecht - Prozessvertretung“ in der farbig unterlegten Zeile dort die Bezeichnung „Rechtsberatung im Sozialrecht - Prozessvertretung“ verwenden.

5

Bis zum 31. Dezember 2002 ist die Klägerin berechtigt, weiterhin ihren bisherigen (streitbefangenen) Briefkopf wie auch die sonstige Firmierung zu benutzen.

6

2. Der Beklagte verzichtet auf die Geltendmachung außergerichtlicher Kosten; die Klägerin trägt die Kosten im Übrigen.

7

Zum 01.07.2008 wurde das Rechtsdienstleistungsgesetz eingeführt, welches das Rechtsberatungsgesetz aus dem Jahr 1935 ablöste.

8

Das Rechtsdienstleistungsgesetz regelt die Befugnis, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RDG). Rechtsdienstleistungen dürfen in dem hier streitigen Bereich ausschließlich durch Personen erbracht werden, die in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragen sind. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG dürfen registrierte Personen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen im Bereich der Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung erbringen.

9

Zur Überleitung vom Rechtsberatungs- zum Rechtsdienstleistungsgesetz dient das Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG). Danach können Personen, die eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besitzen, die Registrierung nach § 13 RDG beantragen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDGEG). Dabei werden Inhaber einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBerG unter Angabe des Umfangs ihrer Erlaubnis als registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG registriert (§ 1 Abs. 3 Satz 1 RDGEG). Erlaubnisinhaber, deren Erlaubnis sich auf andere Bereiche erstreckt oder deren Befugnisse über die in § 10 Abs. 1 RDG geregelten Befugnisse hinausgehen, werden gesondert oder zusätzlich zu ihrer Registrierung nach Satz 1 als Rechtsbeistände oder Erlaubnisinhaber registriert (registrierte Erlaubnisinhaber - § 1 Abs. 3 Satz 2 RDGEG). Sie dürfen unter ihrer bisher geführten Berufsbezeichnung Rechtsdienstleistungen in allen Bereichen des Rechts erbringen, auf die sich ihre bisherige Erlaubnis erstreckt (§ 1 Abs. 3 Satz 3 RDGEG).

10

Registrierte Erlaubnisinhaber stehen einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

11

1. nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,

12

2. als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30.06.2008 geltenden Fassung oder

13

3. durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständigen Stelle

14

gestattet war. In den Fällen der Nummern 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen (§ 3 Abs. 2 RDGEG).

15

Die Klägerin beantragte als Alterlaubnisinhaberin am 30.06.2008 ihre Registrierung im Bereich Rentenberatung ohne Einschränkung wie bisher.

16

Einer Registrierung als „Rentenberaterin ohne Beschränkung auf den außergerichtlichen Bereich, gerichtliche Vertretungsbefugnis außerhalb der mündlichen Verhandlung vor den Zivil-, Arbeits- und Verwaltungsgerichten, die mit Bescheid vom 05.05.2009 vorgenommen worden war, widersprach die Klägerin. Nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren und einem anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde durch Urteil vom 15.05.2013 - 9 A 66/12 - der Bescheid teilweise geändert und die Beklagte verpflichtet, fünf nach altem Recht ausgestellte Erlaubnisse in das Register aufzunehmen. Gegen dieses Urteil ist kein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt worden, so dass es seit dem 28.06.2013 rechtskräftig ist.

17

Die Beklagte hat entsprechend des rechtskräftigen Urteils die tenorierten Alt-Erlaubnisse der Klägerin im Register aufgenommen.

18

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 18.06.2014 die Registereintragung korrigierend zu optimieren. Sie macht geltend, dass ihr erlaubter Tätigkeitsbereich keinesfalls auf Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt und auch prozessual weitergehend sei. Bezüglich des Besitzschutzes erbitte sie, ihr eine Gleichstellung mit einer Fachanwältin für Sozialrecht zu gewährleisten. Der erfolgte Eingriff sei verfassungswidrig und existenzvernichtend. Die Eintragung im Rechtsdienstleistungsregister sei unvollständig und sei zu berichtigen. Er beinhalte nur die erteilten uneingeschränkten Zulassungen, es fehlten aber die weiteren eingeschränkten Kompetenzen bezogen auf die Bundesländer Bayern, Sachsen, Hessen und Schleswig-Holstein. Sie sei einem Rechtsanwalt gleichzustellen, da ihr die gerichtlichen Vertretungen als Prozessagentin durch Anordnung des Justizverwaltung gem. § 157 Abs. 3 ZPO in der bis zum 30.06.2008 geltenden Fassung gestattet worden sei. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15.05.2013 sei überholt.

19

Die Klägerin beantragte schließlich mit Schreiben vom 17.09.2014

20

1) die Herstellung des vollumfänglichen Besitzstandes nach altem Recht auf der Basis der/aller (erneut) beigefügten Erlaubnisse und des verwaltungsrechtlichen Vergleichs vom 09.10.2002 und

21

2) Aufhebung aller entgegenstehenden Entscheidungen, insbesondere des Verwaltungsaktes vom 05.05.2009 und des Widerspruchbescheides vom 24.02.2012 gemäß § 48 VwVfG.

22

Sie verwies u.a. auf die fehlende Prüfungskompetenz der Registerbehörde und deren Verpflichtung, nach altem Recht erteilte Erlaubnisse 1:1 zu übernehmen.

23

Mit Bescheid vom 02.12.2014 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass weitere vier Erlaubnisse im Register eingetragen werden, dass aber die beantragte Befugnis, „Rechtsdienstleistungen im Sozialrecht bzw. Alterlaubnisinhaberin/Gleichstellung mit einer Fachanwältin für Sozialrecht“ nicht gewährt werde. Die nach dem Rechtsberatungsgesetz erteilte Erlaubnis mit dem Inhalt, als Rentenberaterin tätig zu sein, beinhalte nicht den von der Klägerin beantragten weiten Befugnisumfang. Zwar stehe den Alterlaubnisinhabern umfassender Bestandsschutz auch unter der Geltung des neuen RDG zu, aber dieser werde durch die jetzige Registrierung gewährt. Nach den Alterlaubnissen sei die Befugnis gewährt worden, außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeiten zu erbringen; allerdings nur mit einem Bezug zu einer Rente. Diese Frage sei bereits Gegenstand der Klage vor dem Verwaltungsgericht zum AZ 9 A 66/12 gewesen und entschieden worden, dass keine Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen im Sozialrecht bestehe, sondern allein über eine Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständigen Versorgung. Auch der am 09.10.2002 geschlossene Vergleich gewähre keine Befugnis, da sich dieser nur auf die Formulierung bzw. Gestaltung des Briefkopfes beziehe.

24

Die Klägerin legte dagegen am 15.12.2014 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2015 zurückgewiesen wurde.

25

Die Klägerin hat am 10.02.2015 Klage erhoben.

26

Sie erstrebt mit Wirkung für die Zukunft und die Vergangenheit insbesondere die Aufhebung bestandskräftiger Verwaltungsakte zum Umfang ihrer Eintragungen im Rechtsdienstleistungsregister und deren Ersetzung durch eine Entscheidung, die insbesondere ihrer Rechtsposition aus dem im Verfahren 9 A 395/01 geschlossenen Vergleich Rechnung trage.

27

Ihr Anspruch ergebe sich aus § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG. Durch die rechtswidrigen Verwaltungsakte werde sie in ihren Rechten beeinträchtigt. Durch die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage werde schließlich auch der Anspruch auf zutreffende Eintragung der aufgeführten Erlaubnisse ohne räumliche bzw. institutionelle Beschränkung durchgesetzt, denn das Register soll de lege lata stets deutschlandweite Publizität zukommen, so dass es auf bisherige regionale/institutionelle Begrenzungen nicht mehr ankomme.

28

Die Klägerin beruft sich auch für den anhängigen Rechtsstreit auf ihre Klagebegründungen in den abgeschlossenen Verfahren 9 A 395/01 und 9 A 66/12.

29

Die Klägerin beantragt,

30

1) Den Bescheid vom 02.12.2014 und den Widerspruchsbescheid vom 19.01.2015 abzuändern und

31

2) die Beklagte zu verpflichten,

32

a) den Bescheid vom 25.08.2008 in der Gestalt des Teil-Abhilfebescheides vom 05.05.2009 und den Widerspruchsbescheid vom 24.02.2012 abzuändern und

33

b) als weitere Befugnisse

34

aa. nach § 1 Abs. 3 S. 2 RDGEG einzutragen: „Rechtsdienstleistungen im Sozialrecht“

35

bb. nach § 3 Abs. 2 S. e RDGEG einzutragen: „gerichtliche Vertretung und Auftreten in der Verhandlung im Sozialrecht“

36

c) die im Bescheid vom 02.12.2014 in Einzelnen aufgeführten Erlaubnisse ohne räumliche bzw. institutionelle Beschränkung einzutragen.

37

3) Die Berufung zuzulassen.

38

Die Beklagte beantragt,

39

die Klage abzuweisen.

40

Sie vertritt die Auffassung, die Klage sei weder zulässig noch begründet.

41

Die Klage sei unzulässig, soweit über die Ansprüche der Klägerin auf Eintragung in das Rechtsberatungsregister bereits durch rechtkräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15.05.2013 - 9 A 66/12 - entschieden worden sei. Der Streitgegenstand sei insoweit identisch, denn sie mache jeweils geltend, dass die weitergehende Befugnis „Rechtdienstleistung im Sozialrecht“ eingetragen werde. In dem Urteil sei auch der von der Klägerin geltend gemachte Vergleich vom 09.10.2001ausgelegt worden, auf den sich die Klägerin in diesem Verfahren primär berufe.

42

Die Behauptung, die Bescheide vom 25.08.2008 und vom 05.05.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 24.02.2012 seien rechtswidrig, sei unerheblich und die Klägerin habe weder einen Anspruch aus § 48 Abs. 1 VwVfG noch bestehe ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gem. § 51 VwVfG.

43

Vorsorglich werde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht in dem Urteil zum Verfahren 9 A 66/12 zutreffend festgestellt habe, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Eintragung als registrierte Erlaubnisinhaberin mit der weitergehenden Befugnis „Rechtsdienstleistungen im Sozialrecht“ beanspruchen könne. In dem Urteil sei auch der Vergleich aus dem Jahr 2002 gewürdigt worden und es gebe keinen Anhaltspunkt, dass das Urteil nicht richtig sein könne oder es einen Wiederaufgreifensgrund gebe.

44

Ergänzend werde auf ein Urteil des OVG Schleswig vom 26.03.2015 zum AZ 3 LB 2/14 verwiesen, welches die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zur Eintragung von Erlaubnissen nach dem Rechtsberatungsgesetzes bestätigt habe.

45

Soweit die Klägerin die Eintragung ohne räumliche oder institutionelle Beschränkung begeht, sei der entsprechende Klagantrag unzulässig, denn es sei nicht erkennbar, was damit gemeint sei und was damit erreicht werden solle. Die Erlaubnisse seien so eingetragen worden, wie sie der Klägerin erteilt worden seien. Es gebe keine Grundlage, etwas anderes oder ein Mehr einzutragen.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den beigezogen Verwaltungsvorgang sowie auf die Gerichtsakten 9 A 395/01 und 9 A 66/12 Bezug genommen.

47

Der Rechtsstreit ist der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.

Entscheidungsgründe

48

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten gem. § 101 Abs. 2 VwGO hierzu ihr Einverständnis gegeben haben.

49

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

50

Der angegriffene Bescheid vom 02.12.2014 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 19.01.2015 ist rechtmäßig.

51

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung von Bescheiden, über die das Gericht bereits rechtskräftig entschieden hat.

52

Die Klägerin hat zunächst gem. § 118 a Abs. 1 LVwG keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens. Danach hat die Behörde auf Antrag über die Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

53

1. sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten der Betroffenen geändert hat,

54

2. neue Beweismittel vorliegen, die eine der betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten oder

55

3. Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind.

56

Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen liegen nicht vor, denn selbst die Klägerin weist auf veränderte Tatsachen oder der Sach- und Rechtslage nicht hin. Die Sach- und Rechtslage hat sich seit der Entscheidung des Gerichtes vom 15.05.2013 auch nicht geändert.

57

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes gem. § 116 Abs. 1 LVwG, der dem von der Klägerin zitierten § 48 Abs. 1 VwVfG im Wortlaut entspricht und der gem. § 1 LVwG für öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Träger der öffentlichen Verwaltung im Lande Schleswig-Holstein gilt.

58

Gem. § 116 Abs. 1 LVwG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen aber nicht vor, denn es ist bereits rechtskräftig durch das Urteil im Verfahren
9 A 66/12 entschieden worden, welches zwischen den Beteiligten gem. § 121 VwGO verbindlich ist, dass die Bescheide rechtmäßig sind, soweit eine Registrierung der Klägerin als Rechtsdienstleistende im Sozialrecht abgelehnt worden ist. Die Klägerin hat weder aufgrund des im Jahre 2002 geschlossenen Vergleiches noch aufgrund § 1 Abs. 3 RDGEG einen Anspruch auf eine solche Eintragung. Dieses ist ausführlich im rechtskräftigen Urteil vom 15.05.2013 - 9 A 66/12 - begründet worden.

59

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das OVG Schleswig in einer Entscheidung vom 26.03.2015 - 3 LB 2/14 - die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zur Frage der Registrierung von Alterlaubnisinhabern bestätigt hat. Es hat ausgeführt:

60

Die Gegenmeinung der Rechtsprechung - der sich der Senat anschließt - fordert für die Tätigkeit des Rentenberaters auf anderen Rechtsgebieten jeweils einen konkreten zumindest indirekten Rentenbezug (Hess. LSG, Beschl. v. 01.03.1999 - L 4 B 28/98 SB zitiert nach juris; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.06.2012 - L 8 SB 537/11 zitiert nach juris; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 zitiert nach juris; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.04.2012 - L 4 P 3405/11 zitiert nach juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14.05.2008 - L 5 SB 25/03 zitiert nach juris).

61

Für diese Rechtsauffassung spricht allein schon der Wortlaut des Begriffs „Rentenberater“. Der Begriff setzt eindeutig einen Bezug zu einer gesetzlichen Rente voraus und wirkt einschränkend und begrenzend statt offen und umfassend. Der Begriff hat eine andere Qualität als z.B. „Sozialrechtsberater“, den der Gesetzgeber eingeführt hätte, wenn er eine umfassende Beratung ohne Rentenbezug hätte zulassen wollen. Zwar ist richtig, dass in der Gesetzesbegründung zum RBerG (BT-Drucks. 8/4277 S. 22) steht, der Begriff des Rentenberaters sei umfassend zu verstehen, doch ist der Gesamtkontext zu berücksichtigen, der die Tätigkeit auf das Gebiet bestimmter Sozialleistungen - nämlich Renten und sonstige Versorgungen - beschränkt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14.05.2008 a.a.O. Rn. 21 ff.). Es wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass die „... Erlaubnis […] nicht nur solchen Personen erteilt werden [soll], die auf dem Gebiet der Sozialrenten beraten, sondern z.B. auch solchen, die auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung oder dem Versorgungsrecht tätig sind.“ Nach diesen Ausführungen bedeutet „umfassend“ nicht jede Beratungstätigkeit auf den benannten Rechtsgebieten. Es soll lediglich klargestellt werden, dass der Rentenberater nicht ausschließlich für die Beratung hinsichtlich der gesetzlichen Sozialrenten zuständig sein soll. Dass jedoch renten- oder versorgungsfremde Gebiete ohne Rentenbezug von dem Begriff umfasst werden sollen, erschließt sich keineswegs aus der Gesetzesbegründung.

62

Des Weiteren spricht die Gesetzesbegründung zum RDG (BT-Drucks. 16/3655 S. 63 f.) für einen Rentenbezug (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.04.2012 Rn. 9). Dort wird klargestellt, dass der Begriff des „Rentenberaters“ aus dem geltenden Recht übernommen werde. Nach wie vor setze die Beratungs- und Vertretungsbefugnis einen Bezug zu einer Rentenform voraus, da Ausgangs- und Endpunkt der Rentenberatung die Rente bleibe. Zwar gilt die Gesetzesbegründung nicht direkt für das RBerG, sondern für das RDG, doch kann daraus vermutet werden, dass der Gesetzgeber auch vorher von einem Rentenbezug ausging. Auch das BVerfG ging nach alter Rechtslage davon aus, das Ausgangs- und Endpunkt der Rentenberatung die zu erwartende Rente sei (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.05.1987 - 1 BvR 981/81 - zitiert nach juris, Rn. 38).

63

Auch fordert der Sinn und Zweck des RBerG eine restriktive Auslegung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14.05.2008 a.a.O. Rn. 24). Das Gesetz dient dem Schutz der Ratsuchenden, um diese vor Schäden zu bewahren. Daher wurde die Beratungsbefugnis abschließend auflistend nur für bestimmte Rechtsgebiete gewährt. Der Begriff „Rentenberater“ ist klar umfasst und kann nicht auf Rechtsgebiete ausgedehnt werden, die eine andere Schutz- und Zweckrichtung haben. Zwar ist beispielsweise das Schwerbehindertenrecht mit dem Rentenrecht verzahnt, wenn es um die Feststellung des GdB für die Rente geht, doch handelt es sich ansonsten um vollständig andere Zielrichtungen. Eine weitergehende Auslegung des Begriffs „Rentenberater“ verstieße daher gegen den Schutzzweck des RBerG.

64

Es liegt auch kein Verstoß gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG vor. Der Gesetzeszweck des RBerG bzw. des RDG ist der Schutz Rechtsuchender vor unqualifiziertem Rechtsrat. Daher liegen hinreichende Gründe des Allgemeinwohls vor, um die Berufsausübungsfreiheit durch die Regelungen zu den Rechtsdienstleistungen einzuschränken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.11.2012 a.a.O. Rn. 18).

65

Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Erlaubnis zu keiner Zeit den von ihr begehrten Umfang umfasste.

66

Soweit die Klägerin eine Änderung der im Bescheid vom 02.12.2014 aufgeführten Erlaubnisse ohne räumliche oder institutionelle Beschränkungen begehrt, kann die Klage auch keinen Erfolg haben. Gem. § 1 Abs. 3 S. 2 RDGEG werden Erlaubnisinhaber, deren Erlaubnis sich auf andere Bereiche erstreckt oder deren Befugnisse über die in § 10 Abs. 1 RDG geregelten Befugnisse hinausgehen, gesondert oder zusätzlich zu ihrer Registrierung als Rechtsbeistände oder Erlaubnisinhaber registriert. Die Beklagte hat die von der Klägerin vorgelegten Urkunden, die alle unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes zwischen den Jahren 1996-2006 ausgestellt worden waren und deren Eintragung die Klägerin bereits im Jahre 2008 hätte beantragen können, so in das Register aufgenommen, wie sie ausgestellt worden sind. Einen Anspruch auf Veränderung hat sie nicht.

67

Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Voraussetzungen des §§ 124a Abs. 1, 124 VwGO vorliegen.

68

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, die gem. §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar ist.


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen