Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (4. Kammer) - 4 B 2/20

Tenor

Der Antragsgegnerin zu 1) wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig aufgegeben, die Verwaltungsvollstreckung aus den Bescheiden vom 25. April 2014 und vom 30. Dezember 2014 hinsichtlich von Mahngebühren in Höhe von ... € einzustellen.

Der Antragsgegnerin zu 2) wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig aufgegeben, die mit der Vollstreckungsankündigung vom 13. Juli 2015 eingeleitete Zwangsvollstreckung insoweit einzustellen und den Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft an das Amtsgericht ... – Gerichtsvollzieherstelle – vom 20. November 2019 insoweit zurückzunehmen, als sie damit die Vollstreckung von Mahngebühren in Höhe von ... € (enthalten in der Gesamtforderung von ... €) betreibt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf ... € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Stundung von Abwassergebührenforderungen und die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung.

2

Die Antragstellerin war gemeinsam mit der Immobiliengesellschaft ... Kommanditgesellschaft Eigentümerin des Objekts „ ... “ in ... (einer Seniorenresidenz). Das Objekt besteht aus dem im Grundbuch von ... Blatt ..., Blatt ... und Blatt ... der Flur ... der Gemarkung ... verzeichneten Grundbesitz, bebaut mit verschiedenen Gebäudekomplexen (Laubenganghäuser A, B, C, D, E, F, G, H, J und O, die Hanghäuser K, L, M und N, die Reihenhäuser A, B, C, D und E sowie ein Zentralgebäude, ein Casino und eine Parkanlage). Mit notariellem Kaufvertrag vom 22. Oktober 2013 verkauften die Antragstellerin und die Immobiliengesellschaft „ ... „ Kommanditgesellschaft die Grundstücke an ... . Vertragsgemäß erfolgte am 1. November 2013 die Übergabe an den Käufer. Der Käufer entrichtete den Kaufpreis, der bis zum 15. März 2014 fällig war, nicht. Der Käufer zog ab Übergabe von den Bewohnern unter anderem Nebenkostenvorauszahlungen ein, ohne diese an die jeweiligen Versorger abzuführen. Ab dem 1. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht ... eine Zwangsverwaltung der Grundstücke an, die bis November 2016 andauerte. Der Kaufvertrag vom 22. Oktober 2013 wurde rückabgewickelt und das Objekt mit notariellem Kaufvertrag vom 9. Februar 2015 an die ... veräußert.

3

Mit bestandskräftigen Bescheiden vom 25. April 2014 und vom 30. Dezember 2014 setzte die Antragsgegnerin zu 1) – durch ihre Städtischen Betriebe – gegenüber der Antragstellerin Abwassergebühren für den Zeitraum vom 1. November 2013 bis zum 10. April 2014 in Höhe von ... € – fällig zum 9. Mai 2014 – sowie für den Zeitraum vom 11. April 2014 bis zum 30. Juni 2014 in Höhe von ... € – fällig innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides – fest.

4

Mit Schreiben vom 15. Juni 2015 erinnerte die Antragsgegnerin zu 1) – durch ihre Städtischen Betriebe – die Antragstellerin daran, den Gesamtbetrag von ... € bis zum 30. Juni 2015 zu überweisen. Anderenfalls werde man den Vorgang an die örtliche Vollstreckungsbehörde übergeben.

5

Mit internem Schreiben vom 7. Juli 2015 ersuchten die Städtischen Betriebe der Antragsgegnerin zu 1) deren Stadtkasse, die Abwassergebühren in Höhe von ... €, Mahngebühren in Höhe von ... € und eine „Inkassogebühr“ in Höhe von ... € (gesamt: ... €) einzuziehen.

6

Unter dem 8. Juli 2015 ersuchte die Antragsgegnerin zu 1) die Antragsgegnerin zu 2) um Amtshilfe bei der Vollstreckung der Forderungen gegen die Antragstellerin. Das Ersuchen weist neben der Hauptforderung in Höhe von ... € Mahngebühren in Höhe von ... € aus.

7

Am 10. Juli 2015 erteilte die Antragsgegnerin zu 2) einen Vollstreckungsauftrag an den Vollstreckungsbeamten, der angewiesen wurde, wegen der Rückstände nebst Kosten gegen die Antragstellerin die Pfändung körperlicher Sachen zu vollstrecken.

8

Am 13. Juli 2015 übersandte die Antragsgegnerin zu 2) der Antragstellerin eine Vollstreckungsankündigung wegen einer Forderung in Höhe von ... € sowie Vollstreckungsgebühren von ... € (gesamt ... €).

9

Die Antragstellerin suchte bei dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nach, mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären. Mit – rechtskräftigem – Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 4 B 25/15 – lehnte das Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht den Antrag ab.

10

Die Antragsgegnerin zu 2) wies unter dem 18. April 2016 den zuständigen Vollstreckungsbeamten nochmals an, wegen einer Forderung in Höhe von ... € sowie Vollstreckungsgebühren in Höhe von ... € die Pfändung körperlicher Sachen zu vollstrecken. Diese blieb ausweislich des Vollstreckungsberichts vom 3. Juni 2016 erfolglos, da der Schuldner nicht angetroffen worden sei.

11

Unter dem 25. Juni 2018 sowie 19. Juni 2019 erinnerte die Antragsgegnerin zu 1) die Antragsgegnerin zu 2) an die Vollstreckung, die daraufhin unter dem 20. November 2019 bei dem Amtsgericht ... – Gerichtsvollzieherstelle – einen Antrag auf Abnahme einer Vermögensauskunft gegenüber der Antragstellerin stellte. Einen entsprechenden Termin setzte die Gerichtsvollzieherin unter dem 11. Dezember 2019 für den 8. Januar 2020 fest.

12

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 beantragte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 1), die Abwassergebühren aus den Bescheiden vom 25. April 2014 und vom 30. Dezember 2014 zu stunden. Der ursprüngliche Käufer – ... – sei seinen vertraglichen Verpflichtungen, Kaufpreis und Betriebskosten zu leisten, nicht nachgekommen. Aufgrund des Zahlungsverzuges bestünden erhebliche Zahlungsansprüche der Antragstellerin gegen ... ... . Ihr – der Antragstellerin – sei es gelungen, in das unbewegliche Vermögen zu vollstrecken. Das Amtsgericht ... habe den Verkehrswert des Miteigentumsanteils am „ ... “ in ... in ... mit ... € festgesetzt. Dieses Objekt sei am 17. Dezember 2019 erfolgreich zwangsversteigert worden. Sie rechne mit einer Auskehrung des Erlöses im 2. Quartal 2020. Aus diesem könne sie die Antragsgegnerin zu 1) bezüglich der Abwassergebühren befriedigen. Über weiteres Vermögen verfüge sie – die Antragstellerin –, die rein vermögensverwaltend tätig sei und keine Einnahmen generiere, nicht.

13

Ebenfalls mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 beantragte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) bis zur Entscheidung über den Stundungsantrag die Zwangsvollstreckung aus den Abwassergebührenbescheiden vom 25. April 2014 und 30. Dezember 2014 einzustellen.

14

Die Antragsgegnerin zu 1) erließ unter dem 20. Dezember 2019 eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung wegen Hauptforderungen über ... € und ... € sowie Postentgelten von ... € und Kosten der Vollstreckung in Höhe von ... € und hinterlegte diese beim Amtsgericht ... .

15

Die Antragstellerin hat am 6. Januar 2020 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

16

Die Antragstellerin macht geltend, sie habe einen Anordnungsanspruch auf Stundung der Abwassergebühren gemäß § 11 KAG i.V.m. § 222 AO. Es sei eine Besonderheit, dass sie nur im Außenverhältnis hafte. Eigentlicher Gebührenschuldner sei ... , gegen den bereits die Zwangsvollstreckung eingeleitet worden sei. Sie sei stundungsbedürftig, da sie in absehbarer Zeit einen erheblichen Geldfluss erwarte. Sie sei auch stundungswürdig, weil sie nicht damit habe rechnen können, dass ... seinen Verpflichtungen nicht nachkommen werde. Sie habe die Gebührenforderungen nicht zu vertreten; ... habe die Mieten des Grundbesitzes vereinnahmt, ohne davon entsprechende Nebenkosten abzuführen. Sobald sie Kenntnis von der Nichtleistung gehabt habe, sei sie bei der Landesbank ... vorstellig geworden, um im Einvernehmen die Zwangsverwaltung durchführen zu lassen. Als diese angeordnet worden sei, habe die Antragsgegnerin zu 1) auch Abwassergebühren erhalten.

17

Die Antragstellerin beantragt,

18

1. die Antragsgegnerin zu 1) im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung – hilfsweise mit mündlicher Verhandlung – und ohne Sicherheitsleistung – hilfsweise mit Sicherheitsleistung – zu verpflichten, ihr vorläufig bis zum Abschluss der mündlichen Hauptverhandlung, hilfsweise bis zur Entscheidung der Behörde über den Stundungsantrag, die Stundung der Abwassergebühren in Höhe von ... € aufgrund der Bescheide vom 25. April 2014 und vom 30. Dezember 2014 zu gewähren,

19

2. die Zwangsvollstreckung aus den Bescheiden der Antragsgegnerin zu 1) vom 25. April 2014 und vom 30. Dezember 2014 bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung ohne Sicherheitsleistung – hilfsweise mit Sicherheitsleistung – einstweilen einzustellen,

20

3. der Antragsgegnerin zu 2) im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Zwangsvollstreckung aus den Bescheiden der Antragsgegnerin zu 1) vom 25. April 2014 und vom 30. Dezember 2014 vorläufig einzustellen und insbesondere den der Gerichtsvollzieherin ... am 20. November 2019 erteilten Vollstreckungsauftrag einschließlich des Antrages auf Abnahme der Vermögensauskunft der Antragstellerin zurückzunehmen.

21

Die Antragsgegnerin zu 1) beantragt,

22

den Antrag abzulehnen.

23

Zur Begründung verweist sie auf das Vorbringen in dem Verfahren 4 B 64/19. Die zugrundeliegenden Bescheide seien bestandskräftig. Es bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Zwangsvollstreckung. Es seien keine Versuche der Antragstellerin vorgenommen worden, die ausstehenden Zahlungen zu begleichen oder Teilzahlungen vorzunehmen. Es fehle an der Glaubhaftmachung einer erheblichen Härte. Auch die Stundungswürdigkeit sei nicht gegeben. Die Antragstellerin sei nachrangige Gläubigerin im Zwangsversteigerungsverfahren „ ... “ ... .

24

Die Antragsgegnerin zu 2) stellt keinen Antrag, trägt aber vor, sie sei im Wege der Amtshilfe nach § 34 Abs. 2 LVwG tätig. Auf Grundlage des Vollstreckungsauftrages habe sie über ihren Vollstreckungsbeamten die Antragstellerin aufgesucht. Die ersuchende Behörde sei gemäß § 269 Abs. 5 LVwG dafür verantwortlich, dass die Voraussetzungen der Vollstreckung vorlägen.

25

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsvorgänge, die Gerichtsakte, die Akte des verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens 4 A 173/19 sowie der einstweiligen Rechtsschutzverfahren 4 B 25/15 und 4 B 64/19 Bezug genommen.

II.

26

Die Kammer versteht unter Anwendung von § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO den Antrag zu 1) dahingehend, die Antragsgegnerin zu 1) im Wege der einstweiligen Anordnung – hilfsweise mit Sicherheitsleistung – zu verpflichten, der Antragstellerin die unter dem 20. Dezember 2019 beantragte Stundung von Abwassergebühren aus den Bescheiden vom 25. April 2014 und 30. Dezember 2014, insgesamt in Höhe von ... €, vorläufig bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung zu gewähren. Die Kammer geht davon aus, dass im Klageantrag irrtümlich der zu stundende Betrag mit ... € bezeichnet worden ist, da hierin Mahngebühren in Höhe von ... € und Vollstreckungsgebühren in Höhe von ... € enthalten sind, deren Stundung vorliegend nicht in Streit steht und dementsprechend auch nicht bei der Antragsgegnerin zu 1) beantragt worden ist.

27

Den Antrag zu 2), die Zwangsvollstreckung aus den Bescheiden der Antragsgegnerin zu 1) einstweilen einzustellen, versteht die Kammer dahingehend, dass die Antragstellerin vor dem Hintergrund der mit dem Antrag zu 1) verfolgten vorläufigen Verpflichtung zur Stundung überprüft wissen will, ob die Voraussetzungen von § 282 Abs. 1 LVwG weiterhin vorliegen. Danach wäre die Vollstreckung einzustellen, wenn die Leistung gestundet worden ist (vgl. § 282 Abs. 1 Nr. 6 LVwG). Konkrete Vollstreckungsmaßnahmen der Antragsgegnerin zu 1) stehen im vorliegenden Verfahren nicht zur Überprüfung. Insbesondere hat die Antragstellerin gegen die insoweit allein in Betracht kommende Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 20. Dezember 2019 keinen Widerspruch eingelegt und auch sonst ein Rechtsschutzinteresse nicht bekundet. Die Kammer geht zudem davon aus, dass sich der Antrag zu 2) allein gegen die Antragstellerin zu 1) richtet, denn der Antrag zu 3) enthält die vorläufige Verpflichtung zur Einstellung der Zwangsvollstreckung aus den identischen Bescheiden hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2).

28

Den Antrag zu 3) versteht die Kammer dahingehend, dass die vorläufige Einstellung der mit Vollstreckungsankündigung vom 13. Juli 2015 seitens der Antragsgegnerin zu 2) eingeleiteten Zwangsvollstreckung, insbesondere die Rücknahme des Antrages auf Abnahme der Vermögensauskunft vom 20. November 2019 begehrt wird.

29

Die so verstandenen Anträge zu 1) bis 3) sind zulässig (1.), aber nur im tenorierten Umfang begründet (2.).

30

1. Die Anträge zu 1) (nachfolgend a.), zu 2) (nachfolgend b.). und zu 3) (nachfolgend c.) sind zulässig.

31

a. Der Antrag zu 1) ist statthaft nach § 123 Abs. 1 VwGO, weil die Antragstellerin mit diesem die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1) auf Stundung der Abwassergebühren verfolgt. Rechtlicher Rahmen für dieses Begehren wäre in der noch nicht anhängigen – mangels Bescheidung durch die Antragsgegnerin zu 1) – Hauptsache eine Verpflichtungsklage auf Gewährung einer befristeten Stundung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i. V. m. § 222 AO).

32

Die Antragstellerin verfügt auch über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da sie sich mit dem Begehren, die aufgrund der gegenständlichen Abwassergebührenbescheide fälligen Forderungen vorläufig zu stunden, vorprozessual mit Antrag vom 20. Dezember 2019 an die Antragsgegnerin zu 1) gewandt hat. Dem Rechtsschutzbedürfnis steht vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen, dass die Antragstellerin eine Entscheidung der Antragsgegnerin zu 1) über ihren Stundungsantrag nicht abgewartet hat. Die Antragstellerin hat vor dem Hintergrund des für den 8. Januar 2020 angesetzten Termins zur Abgabe einer Vermögensauskunft der Antragsgegnerin zu 1) eine – wenn auch knapp bemessene – Frist (bis zum 3. Januar 2020) zur Bearbeitung ihres Stundungsantrages gestellt. Ein weiteres Zuwarten war ihr nicht zumutbar (vgl. hierzu Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 70).

33

b. Der Antrag zu 2) auf Einstellung der Vollstreckung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KAG i.V.m. § 282 Abs. 1 Nr. 6 LVwG) infolge der Stundung der Leistung ist nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft (vgl. VGH München, Beschl. v. 24.04.2006 – CE 06.733 –, juris Rn. 18; VGH Mannheim, Beschl. v. 16.11.2011 – 3 S 1317/11 –, juris LS 1; Kuhla, a.a.O., § 123 Rn. 18a), und auch im Übrigen zulässig.

34

Die Antragstellerin ist rechtsschutzbedürftig. Ihr – an die Antragsgegnerin zu 1) gerichteter – Stundungsantrag vom 20. Dezember 2019 beinhaltet auch das Begehren auf Einstellung der Vollstreckung.

35

c. Auch hinsichtlich des Antrages zu 3), die Antragsgegnerin zu 2) zu verpflichten, die Vollstreckungsmaßnahmen vorläufig einzustellen und den Vollstreckungsauftrag einschließlich des Antrages auf Abnahme der Vermögensauskunft der Antragstellerin gegenüber der Gerichtsvollzieherin zurückzunehmen, ist ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft (vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 10. Januar 2014 – 13 L 8/14 –, juris Rn. 10). Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, der nach § 123 Abs. 5 VwGO vorrangig wäre, ist nicht statthaft. Zwar würde eine durch die Vollstreckungsbehörde an einen Schuldner gerichtete Anordnung der Abgabe einer Vermögensauskunft bei der Vollstreckungsbehörde nach § 281a LVwG einen Verwaltungsakt der Vollstreckungsbehörde darstellen. Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus, da er in § 281a Abs. 4 Satz 4 LVwG bestimmt hat, dass ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft keine aufschiebende Wirkung hat. Soweit die Vollstreckungsbehörde dagegen – wie vorliegend – ihr Ermessen dahingehend ausübt, gegenüber dem Gerichtsvollzieher einen Antrag auf Einholung einer Vermögensauskunft zu stellen, ist der an das Amtsgericht gerichtete Antrag kein Verwaltungsakt, sondern ein Verwaltungsinternum (vgl. VG Gelsenkirchen, a. a. O. Rn. 5 f. mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 18.11.1960 – VII C 184.57 –, juris Rn. 6).

36

Auch für den Antrag zu 3) besteht ein Rechtsschutzbedürfnis; die Antragstellerin hat die einstweilige Einstellung der Vollstreckung unter dem 20. Dezember 2019 vorab bei der Antragsgegnerin zu 2) beantragt.

37

2. Der Antrag zu 1) (nachfolgend a.) ist unbegründet, die Anträge zu 2) (nachfolgend b.) und 3) (nachfolgend c.) sind nur im tenorierten Umfang begründet.

38

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Durch die einstweilige Anordnung sind also entsprechend ihrem Zweck grundsätzlich nur Maßnahmen zur vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses zulässig, d. h. die einstweilige Anordnung darf an sich nicht einer vorläufigen Verurteilung in der Sache gleichkommen. Bei der Auslegung und Anwendung des § 123 VwGO sind die Gerichte jedoch gehalten, der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung zu tragen. Einstweiliger Rechtsschutz ist danach zu gewähren, wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Danach kann es ausnahmsweise erforderlich sein, durch eine einstweilige Anordnung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen. Das setzt indes eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit des Obsiegens in der Hauptsache voraus (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 08.06.1999 – 3 M 11/99 –, juris Rn. 3).

39

a. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind hinsichtlich des Antrages zu 1) nicht erfüllt.

40

Ob insoweit überhaupt ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden ist, kann offenbleiben. Zweifel bestehen deshalb, weil ein Antrag auf Stundung der bereits mit bestandskräftigen Bescheiden vom 25. April 2014 und vom 30. Dezember 2014 festgesetzten Abwassergebühren seit mehreren Jahren hätte gestellt werden können, ohne dass es der Durchführung eines Eilverfahrens zur Durchsetzung effektiven Rechtsschutzes bedurft hätte. Die Wahl des späten Zeitpunktes einer Antragstellung liegt in der Verantwortungssphäre der Antragstellerin.

41

Es sind jedenfalls keine Tatsachen glaubhaft gemacht worden, nach denen ein Anordnungsanspruch gegeben ist. Der Antragstellerin steht – bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung – ein Anspruch auf vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1) zur beantragten Stundung nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Seite.

42

Zwar kann ein Anordnungsanspruch im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO auch ein im Hauptsacheverfahren verfolgtes Begehren auf Stundung (§ 222 AO) sein (vgl. BFH, Beschl. v. 12.02.1991 – VII B 170/90 –, juris Rn. 13). Nach der für das vorläufige Stundungsbegehren allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage in § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i. V. m. § 222 Satz 1 AO können die Gemeinden Gebührenansprüche ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Entscheidung über die Stundung ist eine mit zwei unbestimmten Rechtsbegriffen (auf Tatbestandsebene) gekoppelte Ermessensentscheidung (vgl. Rüsken, in: Klein, Abgabenordnung, 14. Aufl. 2018, § 222 Rn. 17), wobei Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens durch den Maßstab der Billigkeit bestimmt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.1990 – 8 C 42/88 –, juris Rn. 19).

43

Die Antragstellerin hat das Vorliegen einer „erheblichen Härte“ (aa.) ebenso wenig glaubhaft gemacht wie den Umstand, dass der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wäre (bb.).

44

aa. Bei der Prüfung, ob eine erhebliche Härte vorliegt, hat die Gemeinde abzuwägen zwischen dem Interesse des Abgabengläubigers an einer vollständigen und gleichmäßigen Abgabenerhebung (nach Maßgabe des Gesetzes) und dem Interesse des Abgabenschuldners an einem Aufschub der Fälligkeit (nach Maßgabe seiner persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse, sogenannte persönliche Billigkeitsgründe, oder wegen eines sonst den besonderen Umständen des Einzelfalls unangemessenen Ergebnisses der Fälligkeitsregelungen des Gesetzes, sogenannte sachliche Billigkeitsgründe). Erheblich ist eine Härte nur, wenn der Abgabenschuldner durch die Zahlung bei Fälligkeit deutlich größere Nachteile erleiden würde als jedermann, der in einer unter Umständen angespannten finanziellen Situation Schulden begleichen muss; Zahlungsschwierigkeiten allein oder die Notwendigkeit einer Kreditaufnahme sind daher kein Stundungsgrund (vgl. BFH, Urt. v. 30.05.1990 – R 115/86 –, juris Rn. 19; Rüsken, a.a.O., § 222 Rn. 19).

45

Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin durch die Zahlung der festgesetzten Abwassergebühren deutlich größere Nachteile erleiden würde als jedermann, der in einer vergleichbar angespannten finanziellen Situation Schulden begleichen muss. Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung ihre behauptete Einkommens- und Vermögenslosigkeit nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass ihr trotz ihrer gesellschaftsrechtlichen Form als Kommanditgesellschaften ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten drohen. Gem. § 161 Abs. 1 HGB ist eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter, Komplementäre). Gemäß § 161 Abs. 2 i.V.m. § 128 HGB haften die Komplementäre für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam. Lediglich der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft nur bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist (§ 171 Abs. 1 HGB). Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Komplementärin oder der Komplementär der Antragstellerin nicht in der Lage ist, die bestandskräftig festgesetzten Abwassergebühren zu entrichten, ohne ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten zu erleiden. Hierzu hat die Antragstellerin nichts vorgetragen und auch ihren Gesellschaftsvertrag nicht vorgelegt; es mangelt daher an der Glaubhaftmachung ihrer Stundungswürdigkeit (hierzu: Rüsken, a.a.O., § 222 Rn. 28). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Komplementärin/der Komplementär der Antragstellerin für die festgesetzten Abwassergebühren bislang nicht durch Haftungsbescheid (§11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 191 AO) in Anspruch genommen worden ist.

46

Gegen eine Einkommens- und Vermögenslosigkeit spricht im Übrigen, dass die Antragstellerin offenbar in der Lage ist, andere Verbindlichkeiten, etwa resultierend aus der rechtsanwaltlichen Vertretung in diesem und den verwaltungsgerichtlichen Verfahren 4 A 173/19, 4 B 64/19 sowie entsprechenden Gerichtskosten, zu begleichen. Prozesskostenhilfeanträge sind, soweit Verfahren in der Kammer betroffen sind, nicht gestellt worden.

47

Nicht gehört werden kann die Antragstellerin mit dem Einwand, sie hafte für die Abwassergebühren im Ergebnis nur im Außenverhältnis; Schuldner im Innenverhältnis sei ... . Diese Einwendung betrifft die – bestandskräftigen – Abwassergebührenbescheide, zielt sie doch darauf ab, nicht Gebührenschuldner zu sein. Eine im Verfahren auf Stundung zu berücksichtigende erhebliche Härte folgt aus diesem Einwand nicht.

48

bb. Ungeachtet dessen ist auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass durch die Gewährung der Stundung der Gebührenanspruch nicht gefährdet wäre.

49

Eine Anspruchsgefährdung liegt vor, wenn nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Stundungsbegehren anzunehmen ist, dass die Einziehung des Anspruchs zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr oder nur erschwert möglich ist. Die Behörde hat hierbei eine Prognoseentscheidung zu treffen (vgl. Oosterkamp, in: BeckOK AO, 12. Edition 15.04.2020, § 222 Rn. 38). Anders als beim Erlass darf bei einer Stundung nicht die generelle Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gemindert sein, sondern nur die Zahlungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Einziehung. Zu beachten bleibt dabei auch, dass bei einer Stundung nach § 234 AO von Gesetzes wegen Stundungszinsen zu zahlen sind und sich auf diese Weise die schlechte wirtschaftliche und aussichtslose Situation eines Steuerpflichtigen noch verschärft (vgl. BFH, Beschl. v. 27.04.2001 – XI S 8/01 –, juris Rn. 9).

50

Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Erlös aus der Zwangsversteigerung des „ ... “ in ... ausreichend sicher realisierbar sein wird. Auch wenn die seit langem angekündigte Zwangsversteigerung in dieses Grundstück am 17. Dezember 2019 tatsächlich erfolgt ist und mittlerweile das Gebot auch für den Betrag von ... € zugeschlagen worden ist, trifft die Annahme der Antragsgegnerin zu 1) zu, dass zugunsten der ... Bank AG (vormals ... ) im Grundbuch dieses Grundstücks eine vorrangige Grundschuld in Höhe von ... € eingetragen ist. Zwar hat die Antragstellerin insoweit ausgeführt, die zugrundeliegenden Kreditverbindlichkeiten valutierten nur in Höhe von insgesamt ... €. Tatsächlich sind hierzu sieben Kündigungsschreiben der Bank vorgelegt worden, aus denen sich ergibt, dass 2015 insgesamt jedenfalls Darlehen in Höhe von ... € zur sofortigen Rückzahlung fällig gestellt worden sind, für die als Sicherheit jeweils die Grundschuld über ... € im Grundbuch in ... Blatt ... dient. Allerdings ist aus Sicht der Kammer nicht glaubhaft gemacht, für welche sämtlichen Kreditverbindlichkeiten die Grundschuld der ... Bank AG eingetragen worden ist. Bei Sicherungsgrundschulden bestimmt ein Sicherungsvertrag unter anderem den Kreis der gesicherten Forderungen und regelt, wann und in welcher Weise eine Verwertung zulässig ist bzw. wann und wie nach Beendigung des Sicherungsvertrags die Grundschuld zurückzugewähren ist. Der Sicherungsvertrag begründet ein Treuhandverhältnis und ist im Recht der Sicherungsgrundschuld das Äquivalent zur Akzessorietät im Hypothekenrecht (vgl. Rebhan, in: beck-online.Großkommentar BGB, Stand: 01.09.2019, § 1191 Rn. 1). Es liegt kein Sicherungsvertrag und auch sonst keine Erklärung der Bank vor, woraus sich ergibt, dass sie tatsächlich beabsichtigt, die Grundschuld im Übrigen zurückzugewähren. Hiergegen spricht, dass die ... Bank AG bereits in den Kündigungsschreiben die Geltendmachung von Verzugszinsen von 1,67 Prozent pro Jahr angekündigt hat und die Kündigungen aus 2015 datieren, sodass es naheliegt, wegen der Nebenforderungen ebenfalls auf die Grundschuld als Sicherungsinstrument zurückzugreifen (vgl. § 1191 Abs. 2 BGB). Dass Zinsen bereits enthalten sind, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

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b. Die Antragstellerin hat gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) einen Anordnungsanspruch nur hinsichtlich von Mahngebühren in Höhe von ... € glaubhaft gemacht. Insoweit besteht wegen der drohenden Vollstreckung und der damit einhergehenden Eilbedürftigkeit auch ein Anordnungsgrund. Im Übrigen hat der Antrag zu 2) keinen Erfolg.

52

Hinsichtlich der Hauptforderung (Abwassergebührenschuld in Höhe von ... €) hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch auf Einstellung der Vollstreckung nicht glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen der Vollstreckung (vgl. § 269 Abs. 1 Satz 1 LVwG) sind gegeben; die Antragstellerin ist durch die Abwassergebührenbescheide vom 25. April 2014 und vom 30. Dezember 2014 zur Leistung aufgefordert worden (§ 269 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVwG), die Gebührenschulden sind nach § 269 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LVwG fällig (die Gebührenschuld in Höhe von ... € aus dem Bescheid vom 25. April 2014 ist seit dem 9. Mai 2014 fällig und die Gebührenschuld in Höhe von ... € aus dem Bescheid vom 30. Dezember 2014 ist ein Monat nach Zugang des Bescheides fällig geworden) und die Antragstellerin ist unter dem 15. Juni 2015 mit einer Zahlungsfrist von mindestens einer Woche (Zahlung bis zum 30. Juni 2015) gemahnt worden (§ 269 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LVwG).

53

Einstellungsgründe nach § 282 Abs. 1 LVwG liegen nicht vor. Gem. § 282 Abs. 1 LVwG ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, wenn und soweit 1. der Leistungsbescheid, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben ist, 2. die Vollstreckung oder eine Vollstreckungsmaßnahme gerichtlich für unzulässig erklärt worden ist, 3. die Einstellung gerichtlich angeordnet worden ist, 4. ein Rechtsbehelf gegen den Bescheid, aus dem vollstreckt wird, eingelegt worden ist und dieser aufschiebende Wirkung hat, 5. der Anspruch auf die Leistung erloschen ist oder 6. die Leistung gestundet worden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere ist die Leistung nicht gestundet worden; hierauf besteht nach den obigen Ausführungen bei summarischer Prüfung auch kein Anspruch. Der Anspruch auf Leistung ist zudem nicht erloschen. Zwar hat die Antragsgegnerin zu 1) den Versteigerungserlös mit Pfändungs- und Überweisungsverfügungen vom 20. Dezember 2019 aus der Zwangsversteigerung vom 17. Dezember 2019 zum Zweck der Befriedigung der hier bzgl. der begehrten Stundung streitigen Forderungen gepfändet. Dies hat bislang indes nicht zur Befriedigung der Forderungen geführt. Der ursprünglich für den 7. April 2020 vom Amtsgericht ... angekündigte Termin zur Verteilung eines etwaigen Erlöses ist – aufgrund eines beim Landgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens – auf den 3. Juni 2020 verlegt worden.

54

Hinsichtlich der Mahngebühren in Höhe von ... € sind die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Vollstreckung indes nicht gegeben.

55

Die Zulässigkeit der Vollstreckung von Mahngebühren richtet sich nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 4 der auf der gesetzlichen Ermächtigung nach § 322 Abs. 2 Satz 1, § 249 LVwG beruhenden Landesverordnung über die Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren (VVKVO). Danach werden Mahngebühren im Mahnschreiben festgesetzt und die insoweit festgesetzten Kosten zusammen mit der Hauptforderung beigetrieben.

56

Die Antragsgegnerin zu 1) hat die Begleichung der Gebührenschuld in Höhe von ... € zwar mit Schreiben vom 15. Juni 2015 angemahnt; die Antragstellerin wurde aufgefordert, den genannten Betrag bis zum 30. Juni 2015 zu begleichen. Die Antragsgegnerin zu 1) hat darin jedoch keine Mahngebühren festgesetzt.

57

c. Die Antragstellerin hat auch gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) einen Anordnungsanspruch nur hinsichtlich von Mahngebühren in Höhe von ... € glaubhaft gemacht. Insoweit besteht wegen der drohenden Vollstreckung und der damit einhergehenden Eilbedürftigkeit auch ein Anordnungsgrund. Im Übrigen hat der Antrag zu 3) keinen Erfolg.

58

Hinsichtlich der Hauptforderung (Abwassergebührenschuld in Höhe von ... €) hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch auf Einstellung der Vollstreckung nicht glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen der Vollstreckung (vgl. § 269 Abs. 1 Satz 1 LVwG) liegen vor und Einstellungsgründe nach § 282 Abs. 1 LVwG sind nicht gegeben (hierzu Gliederungspunkt II.2.b.). Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin zu 2) die zu beachtenden Verfahrensvorschriften nach § 281a LVwG beim Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft verletzt hat.

59

Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Einstellung der Vollstreckung hinsichtlich der Vollstreckungsgebühren in Höhe von ... € glaubhaft gemacht. Es handelt sich um solche im Sinne der §§ 12 Nr. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1 VVKVO, die für die Pfändung beweglicher Sachen anfallen. Im Falle der Sachpfändung entstehen diese bereits mit Erteilung des Vollstreckungsauftrages (§ 18 Nr. 2 VVKVO). Die Kosten sind daher bereits mit Erteilung des Vollstreckungsauftrages an den Vollstreckungsbeamten am 10. Juli 2015 entstanden. Dass der Vollstreckungsversuch erfolglos war, ist unerheblich.

60

§ 25 Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 VVKVO fordert für die zulässige Beitreibung von Kosten, die für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren – zu denen die Pfändungsgebühren zählen (vgl. § 12 Nr. 2 VVKVO) – entstehen, die Festsetzung dieser Kosten durch Verwaltungsakt. Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 VVKVO werden die Kosten für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren zusammen mit der Vornahme der Amtshandlung festgesetzt und gemeinsam mit der Hauptforderung beigetrieben (§ 25 Abs. 2 Satz 4 VVKVO). Eine solche Festsetzung ist in dem Vollstreckungsauftrag vom 10. Juli 2015 enthalten.

61

Auch der Höhe nach sind die festgesetzten Vollstreckungsgebühren von ... € nicht zu beanstanden. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 VVKVO in der Fassung vom 11. September 2007 (gültig bis zum 27. Oktober 2017) i.V.m. der Anlage 2 zur VVKVO in der Fassung vom 11. September 2007 (gültig bis zum 27. Oktober 2017) betragen die Vollstreckungssummengebühren (bis zu ... €) ... € und von dem Mehrbetrag – für je ... € – ... €, wobei Beträge über ... € auf volle ... € zu runden sind. Ausgehend von einer (rechtmäßigen) Vollstreckungssumme in Höhe von ... € belaufen sich die Vollstreckungsgebühren danach auf ... € ( ... € für ... und für den Mehrbetrag in Höhe von ... € weitere Gebühren von ... €).

62

Bezüglich von Mahngebühren in Höhe von ... € (diese sind in der ausgewiesenen Forderung im Vollstreckungsauftrag vom 10. Juli 2015 und der Vollstreckungsankündigung vom 13. Juli 2015 enthalten; ... – ... € = ... €) hat die Antragstellerin indes einen Anordnungsanspruch auf Einstellung der Vollstreckung glaubhaft gemacht, da es an einer Festsetzung dieser Mahngebühren fehlt (siehe Gliederungspunkt II.2.b.).

63

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; der Antragstellerin sind die Kosten ganz auferlegt worden, da die Antragsgegnerinnen zu 1) und zu 2) nur zu einem geringen Teil unterlegen sind.

64

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG. In Verfahren wegen Stundung beträgt der Streitwert 10 v. H. der Beträge, deren Stundung begehrt wird (BFH, Beschl. v. 13.09.1994 – IX R 21/92 –, juris), wobei die Kammer in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes generell ½ und bei solchen betreffend öffentliche Abgaben und Kosten im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO und Vollstreckungsverfahren ein Viertel des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens festsetzt (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen, Ziffer 1.5). Damit bemisst sich der Streitwert des Antrages zu 1) mit ... € ( ... € / 10 = ... € / 2 = ... €). Der Antrag zu 2) – Einstellung der Vollstreckung einer Forderung in Höhe von ... € und von Mahngebühren in Höhe von ... € gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) – wird mit ... € ( ... € / 4) bemessen. Der Antrag zu 3) gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) – Einstellung der Vollstreckung einer Forderung in Höhe von ... € (inklusive Nebenforderungen), insbesondere Rücknahme des erteilten Vollstreckungsauftrages – wird mit ... € ( ... € / 4) bemessen. In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 39 Abs. 1 GKG), sodass insgesamt ein Streitwert von ... € ( ... €) festzusetzen ist.


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