Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 B 34/22

Tenor

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Bekanntgabe einer neuen Auswahlentscheidung untersagt, die ausgeschriebene Stelle der Sachgebietsleitung für das Sachgebiet … Schulentwicklung und interne Evaluation mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.343,60 € festgesetzt.

Gründe

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Der Antrag der Antragstellerin,

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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorläufig bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe einer erneuten Auswahlentscheidung zu untersagen, die im August 2021 ausgeschriebene Stelle der Besoldungsgruppe A 15 / Entgeltgruppe 15 TV-L „Sachgebietsleitung (m/w/d) für das Sachgebiet XX Schulentwicklung und interne Evaluation“ am Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein mit einer/m Mitbewerber/in zu besetzen, bevor nicht über ihre Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden ist,

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ist zulässig und begründet.p>

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4

Nach der Bestimmung des § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint (Satz 2). Gemäß den §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO hat die Antragstellerin sowohl die Eilbedürftigkeit der gewährten gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) als auch ihre materielle Anspruchsberechtigung (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.

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Der Antragstellerin steht ein Anordnungsgrund zur Seite; denn der Antragsgegner beabsichtigt, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen. Mit seiner Ernennung würde sich der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin faktisch erledigen. Die Ernennung könnte mit Blick auf den Grundsatz der Ämterstabilität (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 – 2 BvR 206/07 –, juris Rn 13; OVG Schleswig, Beschluss vom 02.09.2016 – 2 MB 21/16 –, juris Rn. 9) nicht mehr rückgängig gemacht werden.

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Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch ist in beamtenrechtlichen Konkurrentenverfahren glaubhaft gemacht, wenn der unterlegene Bewerber darlegt, dass die Auswahlentscheidung fehlerhaft war und seine Aussichten, bei erneuter Auswahlentscheidung ausgewählt zu werden, zumindest offen sind, seine Auswahl mithin möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 – BvR 857/02 –, juris Rn. 83; BVerwG, Beschluss vom 20.01.2004 – 2 VR 3.03 –, juris Rn.8; OVG Schleswig, Beschluss vom 21.09.2022 – 2 MB 8/22 –, juris Rn. 56).

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Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners war fehlerhaft. Es ist nicht auszuschließen, dass bei einer erneuten Entscheidung die Auswahl zugunsten der Antragstellerin erfolgt.

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Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) gewährt ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Dementsprechend hat jeder Bewerber Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Beförderungsbegehren (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es dabei, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen und als vorrangiges Auswahlkriterium auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2003 – 2 C 16.02 ̵1;, juris Rn. 12; BVerfG, Beschluss vom 04.10.2012 – 2 BvR 1120/12 –, juris Rn. 12). Ma3;geblich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, welches anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet wurde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 –, juris Rn. 58, Kammerbeschlüsse vom 14.10.2012 – 2 BvR 1120/12 –, juris Rn. 12 und vom 09.08.2016 – 2 BvR 1287/16 –, juris Rn. 79).

9

In bestimmten Fällen lässt es Art. 33 Abs. 2 GG zu, dass der Dienstherr die Kandidaten im Anschluss an den Vergleich der Gesamturteile anhand der für das Beförderungsamt wesentlichen Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilungen weiter vergleicht. Dies kommt insbesondere bei einem wesentlich gleichen Gesamtergebnis in Betracht. Gerade dann kommt den Einzelaussagen nach dem Sinn und Zweck der dienstlichen Beurteilungen, über Leistung und Eignung der Beamten ein differenziertes Bild zu geben, besondere Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 –, juris Rn. 32, Kammerbeschluss vom 09.08.2016 – 2 BvR 1287/16 ̵1;, juris Rn. 76).

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Erst wenn die Bewerber aufgrund ihrer dienstlichen Beurteilungen als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, ist ein Rückgriff auf das leistungsbezogene Erkenntnismittel eines sogenannten strukturierten Auswahlgesprächs zulässig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.04.2010 – 1 WB 39.09 –, juris, Rn. 39; OVG Schleswig, Beschluss vom 27.02.2019 – 2 MB 22/18 –, juris Rn. 21).

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Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin ist verletzt, da die der Auswahlentscheidung zugrundeliegende dienstliche Beurteilung der Antragstellerin rechtswidrig ist. Dienstliche Beurteilungen sind von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüfbar. Denn die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachlichen Leistungen aufweist, ist ein dem Dienstherrn von der Rechtsordnung vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen (wie hier: Richtlinie über die Beurteilung der Beschäftigten des Landes Schleswig-Holstein – BURL – Amtsbl. SH, 2009, S. 482), dann sind die Beurteilenden an diese Richtlinien hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der einzuhaltenden Maßstäbe nach dem Gleichheitsgrundsatz gebunden; das Gericht kann insoweit nur prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen (BVerwG, Urteil vom 30.01.2003 – 2 A 1.02 –, juris Rn. 11; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.07.2015 – 5 ME 107/15 –, juris Rn. 8; OVG Schleswig, Urteil vom 06.09.2000 – 3 L 221/98 –, juris Rn. 54). Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, Urteil vom 26.07.1980 – 2 C 8.78 –, juris Rn. 18; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.04.2016 – 5 ME 14/16 –, juris Rn. 20).

12

Die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin begegnet vor diesem Hintergrund rechtlichen Bedenken. Da die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Beurteilung nicht als Lehrkraft im Schuldienst tätig war, sind die Richtlinien über die Beurteilung der Beschäftigten des Landes Schleswig-Holstein (BURL) gemäß Nr. 2 BURL auf sie anzuwenden.

13

Die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin wurde nicht vom zuständigen Beurteiler gefertigt. Gemäß Nr. 5.2 Satz 1 BURL ist die Erstbeurteilerin oder der Erstbeurteiler in der Regel die oder der unmittelbare Vorgesetzte. Gemäß Satz 4 der BURL ist Erstbeurteilerin oder Erstbeurteiler die oder der frühere Vorgesetzte, wenn die oder der Beschäftigte der oder dem unmittelbaren Vorgesetzten am Beurteilungsstichtag weniger als sechs Monate unterstellt ist. Die Antragstellerin war in der Zeit vom 01.09.20.. bis zum 31.07.20.. unstreitig überwiegend im Schuldienst tätig und dort dem Schulleiter des Gymnasiums … unterstellt (vgl. § 9 Abs. 6 Satz 1 LVO-Bildung). In der Zeit vom 01.09.20.. bis zum 31.07.20.. war sie zusätzlich im Rahmen verschiedener Teilabordnungen beim IQSH tätig. Ab dem 01.08.20.. befand sich die Antragstellerin nicht mehr im Schuldienst und war stattdessen vollständig zum IQSH abgeordnet.

14

Maßgeblicher Zeitpunkt ist gemäß Nr. 5.2 Satz 4 BURL der Beurteilungsstichtag. Unabhängig davon, ob bei Anlassbeurteilungen als Stichtag auf den Zeitpunkt der Beauftragung mit der Erstbeurteilung abzustellen ist (so: OVG Münster, Beschluss vom 11.11.2015 – 6 A 423/15 –, juris Rn. 4) oder der Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung zugrunde gelegt werden muss, war der Leiter der Abteilung vier des IQSH jedenfalls noch keine sechs Monate der Dienstvorgesetzte der Antragstellerin. Denn auch wenn die Antragstellerin bereits über einen längeren Zeitraum als sechs Monate zum IQSH teilabgeordnet gewesen ist, war für den Zeitraum vom 01.09.20.. bis zum 31.07.20.. der Schulleiter des Gymnasiums … der zuständige Erstbeurteiler (§ 9 Abs. 6 Satz 1 LVO-Bildung) und damit unmittelbarer Vorgesetzter im Sinne der Nr. 5.2 Satz 4 BURL. Der Sinn und Zweck der Vorschrift ist erkennbar darauf gerichtet, dass der unmittelbare Vorgesetzte erst dann als Erstbeurteiler tätig werden soll, wenn er die Leistung, Befähigung und Eignung des zu Beurteilenden in hinreichendem Maß selbst einschätzen kann. Davon ist grundsätzlich dann nicht auszugehen, wenn der zu Beurteilende seinen Dienst überwiegend bei einer anderen Dienststelle verrichtet (a.A. wohl OVG Schleswig, Beschluss vom 21.10.2019 – 2 MB 3/19 –, juris Rn. 61, wonach bei einer Teilabordnung die jeweiligen Dienstvorgesetzten jeweils eine eigene Beurteilung zu erstellen haben). Nach der Einschätzung der Kammer ist deshalb der Schulleiter des Gymnasiums … zuständiger Erstbeurteiler der Antragstellerin. Die Antragstellerin war bis zum 31.07.20.. überwiegend im Schuldienst tätig. Der Schulleiter kann die Leistung, Befähigung und Eignung der Antragstellerin am besten beurteilen, denn ihm war die Antragstellerin mit ihrem höchsten Arbeitskraftanteil fast über den gesamten Beurteilungszeitraum unterstellt. Bei der Anforderung der Beurteilung mit EMail vom 03.09.2021 und auch bei Erstellung der Beurteilung am 30.11.20XX (Unterschrift der Zweitbeurteilerin) war der Schulleiter gemäß Nr. 5.2 Satz 4 BURL deshalb weiterhin als unmittelbarer Vorgesetzter der Antragstellerin zu behandeln. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners kann jedenfalls nicht auf den Zeitpunkt der Erstellung der überarbeiteten Beurteilung im März 2022 abgestellt werden. Dies würde dem neuen Vorgesetzten i.S.d. Nr. 5.2 BURL die Möglichkeit einräumen, den Beurteilungsstichtag nach freiem Befinden nach hinten zu verschieben und damit die Erstbeurteilereigenschaft selbst zu begründen. Zwar lernt der neue Vorgesetzte den zu Beurteilenden durch Zeitablauf besser kennen und kann nach dem Zweck der Richtlinie seine Leistung, Befähigung und Eignung nach sechs Monaten selbst in hinreichender Weise beurteilen; maßgeblich ist jedoch der konkrete Beurteilungszeitraum. Da dieser sowohl in der Ursprungsfassung der Beurteilung vom 30.11.20.. als auch in der überarbeiteten Fassung vom 28.03.20.. am 31.08.20.. endet, konnte der Leiter der Abteilung … des IQSH als Beurteiler keine hinreichenden Erkenntnisse über die Befähigung der Antragstellerin gewinnen und mithin zulässigerweise keine eigene Wertung für diesen Zeitraum vornehmen. Für die im Beurteilungszeitraum untergeordnete Tätigkeit der Antragstellerin beim IQSH sind vielmehr Beurteilungsbeiträge nach Nr. 5.2 Satz 2 Halbsatz 2 BURL der Vorgesetzten in den Abteilungen drei und vier einzuholen, da die Antragstellerin dort jeweils länger als zwölf Monate eingesetzt war. Dabei ist der Beurteilungsvordruck zu verwenden (Anlage 1 BURL).

15

Auch der Beurteilungszeitraum ist fehlerhaft. Nach Nr. 4.1.1 Satz 1 BURL ist der Beurteilungszeitraum der Zeitraum zwischen der letzten Beurteilung und der zu erstellenden Beurteilung. Dieser allgemeine Grundsatz gilt auch für Anlassbeurteilungen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 21.09.2022 – 2 MB 8/22 –, juris Rn. 9). Zuletzt wurde die Antragstellerin am 20.04.2018 für den Zeitraum vom März 2015 bis zum März 2018 beurteilt. In der ursprünglichen Fassung der streitgegenständlichen Beurteilung wurde der Beurteilungszeitraum auf drei Jahre festgesetzt und betraf den Zeitraum vom 01.09.2018 bis zum 31.08.2021. In der überarbeiteten Beurteilung, die der Auswahlentscheidung zugrunde lag und damit maßgeblich für diese war, wurde der Beurteilungszeitraum auf zwei Jahre abgekürzt und betraf nur noch den Zeitraum vom 01.09.2019 bis zum 31.08.2021. Der Antragsgegner begründet die Reduzierung des Beurteilungszeitraums zwar damit, dass die Antragstellerin erst seit dem 01.08.2019 mit unterschiedlichen Stellenanteilen an das IQSH teilabgeordnet worden sei. Warum er den Beurteilungsbeginn indes nicht auf den 01.08.2019 festgelegt hat, ist nicht nachvollziehbar. Davon abgesehen war die Antragstellerin nach Aktenlage bereits im Jahr 2018 zum IQSH teilabgeordnet. Gründe, aus denen die Anlassbeurteilung der Antragstellerin nicht an den Zeitraum ihrer letzten Anlassbeurteilung anknüpft, sind nicht erkennbar. Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund, dass Beurteilungen von Bewerbern auch bei unterschiedlichen Beurteilungszeiträumen grundsätzlich vergleichbar sind, solange sie eine hinreichende Länge aufweisen (OVG Schleswig, Beschluss vom 21.09.2022 – 2 MB 8/22 –;, juris Rn. 12).

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Ohne dass es darauf für die hiesige Entscheidung ankommt, begegnet auch das durchgeführte strukturierte Auswahlgespräch rechtlichen Bedenken. Auch wenn dem Dienstherrn ein aus seinem Organisationsrecht abgeleitetes weites Ermessen im Hinblick auf die Zusammensetzung der Auswahlkommission eingeräumt ist, in das auch organisatorische, personalwirtschaftliche und personalpolitische Entscheidungen einfließen dürfen, überschreitet er dieses Ermessen jedoch, wenn der Auswahlkommission solche Vertreter angehören, bei denen die Gefahr von Interessen- bzw. Pflichtenkollisionen besteht. Eine derartige Gefahr ist insbesondere anzunehmen, wenn über dieselbe Angelegenheit von derselben Person in verschiedenen Gremien entschieden wird, die nach ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung unterschiedliche oder gar gegensätzliche Ziele verfolgen. Fü;r den objektiven Betrachter ist dann nicht erkennbar, wessen Interessen diese Person tatsächlich vertritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 – 6 C 14.92 –, juris Rn. 21; OVG Schleswig, Beschluss vom 06.01.1999 – 3 M 63/98 –, n.v.; OVG Münster, Beschluss vom 27.06.1994 – 12 B 1084/94 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 04.06.2018 – 12 L 3601/17 –, juris Rn.17ff.).

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Auch wenn es aus dem Auswahlvermerk vom 08.04.2022 nicht eindeutig hervorgeht, ergibt sich aus dem Protokoll über das Auswahlgespräch zur Besetzung der ausgeschriebenen Stelle am 17.03.2022 im IQSH, dass sich das Auswahlgremium aus verschiedenen Personen zusammensetzt. Darunter ist auch ein Vertreter des örtlichen Personalrats aufgelistet. Dieser nimmt als Angehöriger der Verwaltung die Interessenvertretung der Beschäftigten und nicht des Dienstherrn wahr. Sollte der Personalratsvertreter zusammen mit dem Auswahlgremium abgestimmt haben, wofür zumindest die Bezeichnung als Mitglied des Auswahlgremiums spricht, würde dies einen formellen Mangel des Auswahlverfahrens darstellen (vgl. hierzu ausführlich: Beschluss der Kammer vom 14.06.2021 – 12 B 22/21 –, juris Rn. 24 ff.).</p>

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18

Die Auswahl der Antragstellerin in einem neuen Auswahlverfahren erscheint möglich. Ein Anspruch auf erneute Entscheidung über die Bewerbung eines im Auswahlverfahren unterlegenen Bewerbers ist bei Vorliegen einer fehlerbehafteten, das subjektive Recht des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzenden Auswahlentscheidung nur dann nicht gegeben, wenn die gebotene wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls klar erkennbar ergibt, dass der Rechtsschutzsuchende auch im Fall einer nach den Maßstäben der Bestenauslese fehlerfrei vorgenommenen Auswahlentscheidung im Verhältnis zu den Mitbewerbern chancenlos sein wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 – 2 BvR 857/02 –, juris Rn. 13-14; BVerwG, Beschlüsse vom 20.06.2013 – 2 VR 1.13 –, juris Rn. 11 ff., vom 19.12.2014 – 2 VR 1.14 –, juris Rn.18 und vom 23.01.2020 – 2 VR 2.19 –, juris Rn. 22). Dafür ist jedoch nichts ersichtlich. Schon im bereits durchgeführten Auswahlverfahren schätzte der Antragsgegner die Antragstellerin und den Beigeladenen als im Wesentlichen gleich geeignet ein und lud sie darum zu einem strukturierten Auswahlgespräch ein.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht dem billigem Ermessen, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da er keinen Antrag gestellt hat und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO.

20

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG. Der Streitwert beträgt danach ein Viertel der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes, hier: A 15, mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.


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