Beschluss vom Verwaltungsgericht Sigmaringen - 9 K 732/07

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag, mit welchem die Antragstellerin (sachdienlich verstanden) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches vom 27.06.2006 gegen die der Beigeladenen Ziffer 1 am 08.06.2006 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Geschäftshauses (Lebensmittelmarkt mit Backshop) erstrebt, ist zulässig.
Die Antragstellerin ist insbesondere im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt, denn sie macht u.a. geltend, die angefochtene Baugenehmigung sei zu ihren Lasten unter Missachtung des in § 2 Abs. 2 BauGB normierten interkommunalen Abstimmungsgebotes bzw. des sich aus § 15 BauNVO ergebenden Rücksichtnahmegebotes erteilt worden (vgl. u.a. Bay. VGH, Beschl. vom 25.04.2002 - 2 CS 02.121 -; vgl. auch OVG Thüringen, Beschl. vom 20.12.2004 - 1 EO 1077/04 -; Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB § 2 Rn. 136, Rn. 103 m.w.N. aus der Rechtsprechung; a.A. im Blick auf § 2 Abs. 2 BauGB Uechtritz in DVBl. 2006 S. 799 ff.).
Der Antrag ist allerdings nicht begründet. Die nach §§ 212 a BauGB, 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Beigeladenen Ziffer 1 an der Ausnutzung der ihr erteilten Baugenehmigung bereits vor bestands- bzw. rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache das gegenläufige Interesse der Antragstellerin schon deshalb überwiegt, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die angefochtene Baugenehmigung voraussichtlich nicht gegen solche Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die (auch) dem Schutz der benachbarten Gemeinde - hier der Antragstellerin - zu dienen bestimmt sind.
Eine Nachbargemeinde kann sich gegen die Zulassung eines Einzelvorhabens wenden, wenn die - rechtswidrige - Zulassungsentscheidung auf einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes nach § 2 Abs. 2 BauGB beruht und von dem Vorhaben unmittelbar negative Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde ausgehen können - „gemeindenachbarliches Rücksichtnahmegebot“ (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 03.04.2007 - 8 S 2835/06 -, BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209; BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 zur Baugenehmigung nach § 35 BauGB; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.2.1993 - 4 C 15.92 -, DVBl. 1993, 658; zur Voraussetzung der Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung nach der jeweiligen Genehmigungsschranke vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 2 RdNr. 103 und Uechtritz, NVwZ 2003, 176;).
Diese Voraussetzungen liegen aller Voraussicht nach im Blick auf die Antragstellerin nicht vor.
Das Bauvorhaben der Beigeladenen Ziffer 1 beurteilt sich bauplanungsrechtlich nach dem Bebauungsplan “G.A. I“ der Beigeladenen Ziffer 2 vom 30.07.1998, der vom Landratsamt Z. am 03.11.1998 genehmigt und im Amtsblatt der Beigeladenen Ziffer 2 am 11.11.1998 bekannt gemacht worden ist. Der Bebauungsplan setzt ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO (1990) fest und enthält lediglich die Einschränkung, dass die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten nicht zugelassen werden. Sonstige Beschränkungen bezüglich der Art der baulichen Nutzung enthält der Bebauungsplan nicht. Hiernach sind in dem Plangebiet zulässig Gewerbebetriebe aller Art (…). Dazu zählt insbesondere der streitgegenständliche Einzelhandelsbetrieb, ein Lebensmittel-„Soft“Discounter mit einer genehmigten Verkaufsfläche von insgesamt 799,36 m 2 . Bei diesem Betrieb handelt es sich auch nicht um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i.S.v. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO, der lediglich in einem Kerngebiet oder in einem Sondergebiet zulässig wäre, da es - wenn auch knapp - an dem selbständigen Tatbestandmerkmal der 800 m 2 überschreitenden Verkaufsfläche fehlt (so nun BVerwG, Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10/04 -, - 4 C 14/04 -, - 4 C 3/05 - ). Ein derartiger Einzelhandelsbetrieb, auch wenn nur wenige Quadratzentimeter zur Großflächigkeit fehlen, darf bauplanungsrechtlich, sofern der Bebauungsplan - wie vorliegend - keine entsprechenden Einschränkungen enthält, ohne weiteres in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO errichtet werden.
Soweit im vorhergehenden Verfahren der Stadt B. noch Bedenken an der tatsächlichen Größe der genehmigten Verkaufsfläche des Vorhabens geäußert wurden, wurden solche im vorliegenden Verfahren nicht mehr geltend gemacht. Vorsorglich kann insoweit aber auf die den Beteiligten - auch der Antragstellerin über ihre Prozessbevollmächtigten - bekannten Ausführungen der Kammer in ihrem im Verfahren 9 K 876/06 ergangenen Beschluss vom 09.11.2006 verwiesen werden, gerade auch bezüglich der Möglichkeit der Klarstellung der tatsächlich genehmigten Verkaufsfläche.
Sofern seitens der Antragstellerin unter dem Aspekt der Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebot nach § 2 Abs. 2 BauGB Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplan der Beigeladenen Ziffer 2 „G.A. I“ geltend gemacht werden, dürften diese aller Voraussicht nach schon aufgrund der Regelung des § 215 Abs. 1 BauGB a.F. ins Leere gehen. Insoweit hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 09.11.2006 - 9 K 876/06 - ausgeführt:
Gemäß § 233 Abs. 2 BauGB i.d.F. von Art. 1 Nr. 71 des Gesetzes zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-Richtlinien vom 24.06.2004 (BGBl. I S. 1359) sind die Vorschriften des dritten Kapitels, zweiter Teil, vierter Abschnitt zur Planerhaltung auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.
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Mithin ist für die Frage der Beachtlichkeit eventueller Abwägungsfehler vorliegend § 215 BauGB in der bisher geltenden Fassung anzuwenden (vgl. auch Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB § 233 Rn. 44b). Auf § 215 BauGB a.F. wurde in der Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde D. am 11.11.1998 auch ausdrücklich hingewiesen. Nach § 215 BauGB a.F. wurden Mängel der in § 214 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht binnen eines Jahres gegenüber der Gemeinde schriftlich geltend gemacht wurden. Mängel der Abwägung wurden unbeachtlich, wenn sie nicht binnen sieben Jahren geltend gemacht wurden. Mit dem Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 wurde die Rügefrist auf einheitlich zwei Jahre festgesetzt, zugleich aber wurden Mängel des Abwägungsergebnisses aus der Unbeachtlichkeitsregelung herausgenommen, die daher nicht mehr verfristen können (vgl. Dürr in Brügelmann, BauGB, § 215 Rn. 3, 4). Selbst wenn also vorliegend ein Fehler im Abwägungsvorgang oder im Abwägungsergebnis festgestellt werden könnte, könnte er dem Vorhaben der Beigeladenen Ziffer 1 nicht mehr entgegengehalten werden, denn die siebenjährige Rügefrist lief am 11.11.2005 ab. Innerhalb dieser Frist wurde seitens der Antragstellerin eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes indes nicht geltend gemacht.
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Auch nach erneuter Befassung mit der Sache dürften aufgrund des Ablaufes der Sieben-Jahres-Frist nach § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a.F. voraussichtlich keine Bedenken an der Unbeachtlichkeit (etwaiger) Abwägungsfehler beim Erlass des Bebauungsplans bestehen.
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Soweit - im vorliegenden Verfahren vertiefend - geltend gemacht wird, die Sieben-Jahres-Frist sei überhaupt nicht anwendbar auf Fehler im Abwägungsergebnis, steht dies im klaren Widerspruch zu den insoweit eindeutigen Planerhaltungsvorschriften der §§ 214, 215 BauGB a.F., die nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers für Fehler gerade auch im Abwägungsergebnis alter Bebauungspläne weiterhin anzuwenden sind ( vgl. die oben zitierte Übergangsregelung des § 233 Abs. 2 BauGB).
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Soweit weiter geltend gemacht wird, § 215 BauGB a.F. begegne - in der Literatur geäußerten - verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. hierzu u.a. Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB 3. Aufl. § 215 Rn. 12 ), hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 02.01.2001 - 4 BN 13/00 - insoweit folgendes ausgeführt:
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Es kann offen bleiben, ob sich insbesondere aus Art. 19 Abs. 4 GG gegen die Sieben-Jahres-Frist durchgreifende Bedenken ergeben können, wenn ein Bebauungsplan zunächst nicht verwirklicht wird. Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Frist erst mit der Realisierung des Plans in Lauf gesetzt werden könnte, weil der Bürger zuvor keinen Anlass habe, sich gegen den Plan zu wehren, so kann dies aber jedenfalls nicht für den Regelfall gelten, dass mit der Umsetzung des Bebauungsplans alsbald nach seiner Bekanntmachung oder sogar - wie nach den Feststellungen des Normenkontrollgerichts im vorliegenden Fall - mittels nach § 33 BauGB erteilter Baugenehmigungen schon während des Aufstellungsverfahrens begonnen wird. Zu Recht wird im Schrifttum von niemandem die Auffassung vertreten, dass ein Planbetroffener auch bei einem weitgehend realisierten Bebauungsplan darauf vertrauen könne, dass eine weitere plankonforme Bebauung unterbleiben werde. Solange der Bebauungsplan nicht aufgehoben oder geändert worden ist, bleibt er geltendes Ortsrecht und steht weiterhin als Rechtsgrundlage für eine künftige Bebauung und Nutzung des Plangebiets zur Verfügung.
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Ebenso braucht hier nicht geprüft zu werden, ob besonders schwere Abwägungsmängel auch nach rügelosem Ablauf der Sieben-Jahres-Frist beachtlich bleiben können. Ernsthaft diskutiert werden kann dies nur für schwere Mängel im Abwägungsergebnis. Ein solcher Mangel wird hier jedoch von der Beschwerde selbst nicht geltend gemacht. (…).
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Bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich aller Voraussicht nach aber kein Sachverhalt feststellen, der zu einer Durchbrechung der hier einschlägigen gesetzlichen Regelung des § 215 BauGB a.F. führen könnte. Zwar lässt sich nach den vorgelegten Verfahrensakten des Bebauungsplanverfahrens „G.A. I“ nicht feststellen, dass die Antragstellerin als Nachbargemeinde gem. § 4 BauGB am Verfahren beteiligt worden wäre (vgl. zur Beteiligung der Nachbargemeinde als Träger öffentlicher Belange gem. § 4 BauGB u.a. Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB § 4 Rn. 5). Dies dürfte im Blick auf eine Anstoßwirkung für den Beginn des Fristlaufes der Unbeachtlichkeitsregelung nach § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a.F., um die es insoweit alleine geht, aller Voraussicht nach aber unschädlich sein (zur Anstoßwirkung vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.12.1999 - 1 BvR 17476/97 -; BVerwG Urteil vom 16.08.1995 - 11 A 2 /95 -). Denn ungeachtet der Frage, ob gerade im Blick auf die materielle Position einer Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 BauGB, auf welche sich die Antragstellerin beruft, die benachbarte Gemeinde bereits eine Obliegenheit zur Kenntnisnahme der Bekanntmachungen im Amtsblatt der Nachbargemeinde trifft, wofür manches sprechen dürfte, wurde und wird vorliegend über den Gemeindeverwaltungsverband O. S., dem sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene Ziffer 2 angehören, der Austausch der jeweiligen Amtsblätter praktiziert, sodass von einer Kenntnisnahme der maßgeblichen und im Amtsblatt jeweils bekannt gemachten Beschlüsse betreffend das Bebauungsplanverfahren „G.A. I“ der Beigeladenen durch die Antragsstellerin, jedenfalls aber der Möglichkeit einer solchen, auszugehen ist. Schon angesichts dieser von der Antragstellerin auch nicht bestrittenen Verfahrenspraxis dürfte es daher fraglich sein, ob diese überhaupt ein Vertrauen auf eine zusätzliche, individuelle Beteiligung aufbauen durfte und zwar ungeachtet ihres Vorbringens, dass nicht nachvollzogen werden könne, ob tatsächlich eine Kenntnisnahme der wiederholten - insgesamt fünf - Veröffentlichungen im Amtsblatt (vgl. die Bekanntmachungen der Aufstellungsbeschlüsse vom 08.02.1989 sowie vom 04. und 11.3.1998, der Offenlage 17.06.1998 und der Satzung vom 11.11.1998) erfolgt ist. Zum anderen aber wurde der Gemeindeverwaltungsverband O. S., dessen Verbandsvorsitzender seinerzeit - nach dem nicht bestrittenen Vorbringen des Antragsgegners - der damalige Bürgermeister der Antragstellerin war, am Bebauungsplanverfahren gem. § 4 BauGB förmlich als Träger öffentlicher Belange beteiligt. Gem. § 2 Abs. 1 S. 2 der Verbandssatzung des Gemeindeverwaltungsverbandes haben sich die Mitgliedsgemeinden bei Angelegenheiten, die andere Mitgliedsgemeinden berühren und eine gemeinsame Abstimmung erfordern, der Beratung durch den Verband zu bedienen. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 Ziffer 3.1. der Verbandssatzung erledigt der Verband für seine Mitgliedsgemeinden in deren Namen aus dem Gebiet des Planungs- und Bauwesens die verwaltungsmäßigen und technischen Angelegenheiten bei der verbindlichen Bauleitplanung. Auch angesichts dieser, die interkommunale Zusammenarbeit auch bei Planungsverfahren nach dem BauGB betreffenden Regelungen des Verwaltungsverbands dürfte daher vieles dafür sprechen, dass - unter dem hier maßgeblichen Aspekt der Anstoßwirkung für den Fristlauf nach § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a.F. - eine förmliche Beteiligung am Bebauungsplanverfahren der Antragstellerin nicht mehr erforderlich war, eine solche vielmehr auch in der Beteiligung des Gemeindeverwaltungsverbands zu sehen ist, mithin der Fristlauf entsprechend der gesetzlichen Regelung ab Bekanntmachung des Bebauungsplans begonnen hat. Mit anderen Worten dürfte bei der vorliegende Sachlage - im Blick auf die Anstoßwirkung - ein schützenswertes Vertrauen auf eine individuelle Beteiligung der Antragstellerin nach § 4 BauGB bzw. entsprechend § 73 Abs. 5 S. 3 VwVfG aller Voraussicht nach nicht gegeben sein. Anzumerken ist zudem, dass wohl (auch) die Stellungnahmen des (wiederholt) förmlich beteiligten Gemeindeverwaltungsverbands (vgl. dessen Stellungnahmen vom 04.05.1998 und 30.07.1998) letztlich zu einer nicht wesentlichen Überschreitung der Bruttobaufläche des Plangebiets mit ca. 10 ha geführt haben dürften und dieser gegen die beabsichtigten Festsetzungen des Bebauungsplanes, namentlich die Überplanung als Gewerbegebiet ohne (teilweisen) Einzelhandelsausschluss ausdrücklich auch keine Bedenken geäußert hat.
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Hinzu kommt ein weiteres: Der Bebauungsplan „G.A. I“ wurde vorliegend im Amtsblatt der Beigeladenen Ziffer 2 am 11.11.1998 entsprechend der Regelung des § 10 Abs. 3 BauGB ortsüblich bekanntgemacht. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragsgegnerin wurde mit der Realisierung des Bebauungsplanes bereits wenige Monate nach Bekanntmachung des Planes, im Januar 1999, begonnen. Der im Plangebiet errichtete L.-Discounter wurde wohl im Mai 2001 eröffnet. Mittlerweile befinden sich dort - neben dem vorhanden L. - vier weitere Gewerbebetriebe. Auch wenn das Plangebiet bislang nur zu einem Teil bebaut ist, wurde mit der Realisierung des Bebauungsplanes doch alsbald nach dessen Bekanntmachung begonnen. Unerheblich dürfte dabei sein, dass der L.-Discounter erst 2 ¼ Jahre nach Satzungsbekanntmachung eröffnet worden ist. Denn bereits mit Beginn der (ersten) Baumaßnahmen im Plangebiet Anfang 1999 hätte die Antragstellerin - sofern sie nicht bereits während des Planverfahrens Kenntnis von der konkreten Planung erlangt hat - sich über die genauen Festsetzungen im Bebauungsplan kundig machen können bzw. müssen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die betroffenen Flächen im (gemeinsamen) Flächennutzungsplan des Gemeindeverwaltungsverbandes als gewerbliche Flächen dargestellt waren und damit - wie geschehen - eine nahezu uneingeschränkte Überplanung (hier nur mit dem Ausschluss von Vergnügungsstätten) denkbar war. Eine (weitere) Anstoßwirkung dürfte daher jedenfalls nicht erst in der Errichtung des L.-Discounters, vielmehr bereits in den bereits Anfang 1999 begonnenen Baumaßnahmen im Plangebiet zu sehen sein.
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Aufgrund der vorliegenden Gegebenheiten ist daher unter Berücksichtigung der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.01.2001 - 4 BN 13/00 - aller Voraussicht nach von einer hinreichenden Anstoßwirkung bereits der Satzungsbekanntmachung auch gegenüber der Antragstellerin, mithin dem Beginn des Fristlaufes am 11.11.1998, auszugehen.
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Aber auch besonders schwere Mängel im Abwägungsergebnis, für welche das Bundesverwaltungsgericht die „Diskussionsmöglichkeit“ einer Durchbrechung der Sieben-Jahres-Frist des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a.F. angedeutet hat, lassen sich vorliegend nicht feststellen. Allein in dem Umstand, dass den Verfahrensakten des Planverfahrens, namentlich der Abwägung sowie der Begründung des Plans keine Aussage zu eventuellen Auswirkungen der Planung auf Nachbargemeinden entnommen werden kann, kann kein Abwägungsausfall, insbesondere kein offensichtlicher Abwägungsausfall gesehen werden. Das Plangebiet soll nach dem (positiv feststellbaren) Willen des Gemeinderates den Schwerpunkt der Ansiedlung von Gewerbebetrieben darstellen. Bewusst sollte kein Industriegebiet festgesetzt werden. Daher ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Gemeinderat der Beigeladenen Ziffer 2 sämtliche in § 8 BauNVO 1990 genannten zulässigen Vorhaben im Blick hatte, was sich insbesondere auch aus dem ausdrücklichen Ausschluss der in einem solchen Plangebiet an sich auch ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) ergeben dürfte. Ob der Gemeinderat an die Ansiedlung von in einem Gewerbegebiet allgemein zulässigen Einzelhandelsbetrieben gar nicht gedacht hat, was durchaus möglich wäre, lässt sich jedenfalls nicht positiv feststellen. Dies beträfe jedoch nur die „innere“ Seite des Abwägungsvorgang. Was aber zur „inneren“ Seite des Abwägungsvorgangs gehört, was also die Motive, die etwa fehlenden oder irrigen Vorstellungen der an der Abstimmung beteiligten Mitglieder des Planungsträgers betrifft, gehört im Sinne des hier einschlägigen § 214 Abs. 3 BauGB (1987) zu den nicht offensichtlichen Mängeln; und diese Mängel lassen die Gültigkeit des Planes unberührt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21.08.1981 - 4 C 57/80 - zum wortgleichen § 155 b Abs. 2 S. 2 BBauG 1979). Hinzu kommt ein weiteres: § 11 Abs. 3 BauNVO liegt die Wertung zugrunde, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen (vgl BVerwG, Urt. vom 24.11.2005 - 4 C 10/04 -). Im Umkehrschluss hieraus ist zu folgern, dass der Gesetzgeber ein derartiges Beeinträchtigungspotential für in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO zulässige Betriebe grundsätzlich nicht als gegeben sieht. Aufgrund dessen dürfte es sehr fraglich erscheinen, dass die in § 11 Abs. 3 BauNVO aufgeführten (möglichen) Auswirkungen, hier die Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in anderen Gemeinden, ohne dass solche Auswirkungen in einem ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO betreffenden Planverfahren konkret geltend gemacht worden sind, von der planenden Gemeinde von sich aus berücksichtigt und in die Abwägung eingestellt werden müssten. Wegen der unterschiedlichen „Prüfungsregime“, einerseits des § 11 Abs. 3 BauNVO, andererseits des § 8 BauNVO dürfte eine unterbliebene Abwägung jedenfalls keinen besonders schweren Mangel im Abwägungsergebnis begründen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Bebauungsplanverfahren sowohl das Regierungspräsidium T. - Raumordnungsbehörde - als auch der Regionalverband N.-A. beteiligt waren. Nachdem die Beigeladene Ziffer 2 im Bebauungsplanverfahren die ursprünglich zur Bebauung vorgesehene Fläche von 13,5 Hektar auf 10,5 Hektar reduziert hatte, der - nach Aktenlage - einzige Umstand, der sowohl vom Regionalverband als auch vom Regierungspräsidium für problematisch erachtet worden war, äußerten weder der Regionalverband noch das Regierungspräsidium T. Bedenken an der Festsetzung eines Gewerbegebiets. Insbesondere wurden seinerzeit im Blick auf die Möglichkeit von Beeinträchtigungen der Versorgungsfunktion des Mittelzentrums B. und des Kleinzentrums S. die nun von der Antragstellerin geforderten Einschränkungen nicht für notwendig erachtet.
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Lassen sich daher keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer Überwindung der Sieben-Jahres-Frist feststellen und wurde bis zum Ablauf der Frist am 11.11.2005 bei der Beigeladenen Ziffer 2 auch nicht eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots zu Lasten der Antragstellerin schriftlich gerügt, dürfte es der Antragstellerin aller Voraussicht nach verwehrt sein, sich auf eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes nach § 2 Abs. 2 BauGB zu berufen.
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Bei der gebotenen summarischen Betrachtungsweise ist aber auch nicht feststellbar, dass von dem streitgegenständlichen Vorhaben unmittelbar negative Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Antragstellerin ausgehen können, ohne dadurch „gerechtfertigt“ zu sein, dass es eine Versorgungslücke in der Standortgemeinde deckt.
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Sofern die Antragstellerin meint, dass hinsichtlich des geplanten Vorhabens die Auswirkungen des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO zu berücksichtigen seien, scheidet - wie ausgeführt - eine direkte Anwendung des § 11 Abs. 3 BauNVO aus. Für die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO bedürfte es des Vorliegens eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes. Von einem solchen kann bei dem geplanten Vorhaben aber nicht ausgegangen werden. Aber auch unter Berücksichtigung des benachbarten „L.“-Marktes, der wohl auf ca. 700 m² bzw. 750 m 2 Verkaufsfläche betrieben wird, ist § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO in direkter Anwendung nicht einschlägig. Eine Agglomeration mehrerer kleinerer, nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe (Ziffer 2.3.3 des Einzelhandelserlasses vom 21.02.2001, GABl. vom 30.03.2001, 290) ist von § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO nicht erfasst (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14/04 -).
23 
Sofern in einer Fallkonstellation wie dem Vorliegenden im Blick auf eine geordneten städtebaulichen Entwicklung letztlich § 15 BauNVO als geeignetes, die örtlichen Verhältnisse berücksichtigendes Rechtsinstrument gesehen wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, der sich mit überzeugenden Ausführungen ausdrücklich mit der eine Heranziehung von § 15 BauNVO bei städtebaulich-funktionalen Bezügen (noch) verneinenden Entscheidung des BVerwG, Urteil vom 3.2.1984 - 4 C 17.82 - < vgl. auch Ziffer 5.1.5. des Einzelhandelserlasses > auseinandersetzt), liegen dessen Voraussetzungen aller Voraussicht nach nicht vor.
24 
Nach § 15 Abs. 1 BauNVO ist ein in einem Baugebiet allgemein zulässiges Vorhaben im Einzelfall gleichwohl unzulässig, wenn es nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Hiervon kann im zu beurteilenden Fall nicht ausgegangen werden. Dies bedarf keiner näheren Erläuterung, zumal dies auch von der Antragstellerin nicht behauptet wird. Allerdings sind nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO derartige Anlagen auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solche Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
25 
Vom Vorliegen derartiger Belästigungen oder Störungen kann hier aber ebenfalls nicht ausgegangen werden. Insbesondere wurden seitens der Antragstellerin keine vorhabenbedingten unzumutbaren Auswirkungen für ihr Gemeindegebiet substantiiert dargelegt. Auch sonst sind solche nicht erkennbar.
26 
Die Antragstellerin legt eine Auswirkungsanalyse zur geplanten Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters in D. der G. mbH (G.) vom Juli 2006 vor. Ungeachtet der im vorgehenden Verfahren der Stadt B. aufgefallenen Ungereimtheiten dieser Analyse der G. im Blick auf die (angeblich beeinträchtigte) Versorgungsstruktur (auch) der Stadt S. und der hiervon noch abweichenden Formulierung im Entwurf des Gutachtens „zur Abstimmung“, die mit im Beschwerdeverfahren der Stadt B. eingeführten Schreiben des Gutachters vom 13.12.2006 eine Erläuterung fanden, ist dieses Gutachten einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahmen vom 18.05.2007 und vom 15.06.2007 nicht geeignet, unzumutbare städtebauliche Auswirkungen, namentlich für die örtliche Versorgungsstruktur der Antragstellerin, zu belegen.
27 
Zum einen spricht selbst die Analyse der G. nicht von unzumutbaren, unmittelbaren negativen Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung der Antragstellerin. Vielmehr geht die G. von Umsatzrückgängen in einer Größenordnung von insgesamt 1,5 Mio. EUR zu Lasten der Betriebe im Gebiet der Antragstellerin aus, die nach ihrer Einschätzung „kaum nur als normale Wettbewerbswirkungen innerhalb einer marktwirtschaftlichen Ordnung zu bewerten sind“ (S.16). An anderer Stelle (S. 17) wird allerdings ausgeführt, dass durch das Zusammenwirken mit der Verkaufsfläche von L. mit ca. 800 m² VK erhebliche Auswirkungen gegenüber der zentralen Versorgungslage in B. und S. vorliegen. Die Umsatzumverteilungsquote gerade in S. liege auf erheblichem Niveau und mit 18 - 19% deutlich über dem Schwellenwert von 10% (…) die Lebensmittelangebote bildeten den Kern der Versorgungsfunktion des Kleinzentrums S., welches in erheblichem Umfang in seiner Versorgungsfunktionen beeinträchtigt werde (S. 21). Die Analyse schließt sodann wieder mit der Aussage: (…)„die Funktionsfähigkeit der Versorgung und ihrer Ausbaumöglichkeiten im Kleinzentrum S. (…) beeinträchtigt“ (S. 22). Die Analyse der G. spricht folglich selbst nur von (an zwei Stellen allerdings als erheblich bezeichneten) Beeinträchtigungen der Versorgungsfunktion in S., lässt aber nicht erkennen, dass diese auch als unzumutbar, weil unverträglich und verdrängenden Wettbewerb auslösend anzusehen sein könnten.
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Die Auswirkungsanalyse der G. begegnet sodann Bedenken, weil sie die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens anhand des § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sowie des Einzelhandelserlasses des Wirtschaftsministeriums vom 21.02.2001, GABl. 2001, 290 ff., vornimmt. Das Gutachten bejaht dabei in raumordnerischer Hinsicht eine Verletzung des Integrationsgebots, des Kongruenzgebotes sowie des Beeinträchtigungsverbotes. Vorliegend im Streit steht aber kein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, vielmehr ein sogenannter „Soft“-Discounter mit einer Anzahl von ca. 4.500 Artikeln auf knapp 800 m² Verkaufsfläche, der in einer Gemeinde mit 1.800 Einwohnern errichtet werden soll. Schon angesichts der Einwohnerzahl und der dort bisher fehlenden einschlägigen Angebotsstruktur (vgl. auch G. S. 17) werden bei der Errichtung eines marktfähigen, zeitgemäßen Nahversorgers in der beabsichtigten Größenordnung jedoch relativ schnell die Werte des Kongruenzgebotes und möglicherweise auch des Beeinträchtigungsverbotes des Einzelhandelserlasses erreicht. Ob allein dem Erreichen der im Einzelhandelerlass genannten Werte eine hinreichende Aussagekraft auch für raumordnerische und städtebauliche Auswirkungen durch einen nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieb zuzusprechen ist, erscheint jedoch sehr fraglich, zumal - wie ausgeführt - selbst eine Agglomeration mehrerer kleinerer, nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe von § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO nicht erfasst ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -).
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Erheblichen Bedenken begegnet dann die Ausgangsbasis der Analyse der G., nämlich die ihr zugrunde gelegten zwei Einzugsgebiete sowie die jeweiligen Marktanteile dieser Einzugsgebiete. Für die Zone I, die Gemeinde D., wird im Blick auf das Bauvorhaben lediglich ein Marktanteil von 20 % angenommen und gemeinsam mit dem vorhandenen L.-Discounter ein Marktanteil von 45 - 50%. Für die Zone II, welche die Balinger Stadtteile E., R., W. sowie die Gemeinden D., D. und S. (einschließlich des Ortsteils S.) mit einem Bevölkerungspotential von ca. 11.300 Einwohnern umfasst (S. 8), wird ein Kaufkraftpotenzial von 19,8 Mio. EUR (S.10) errechnet und ein Marktanteil von 12 - 13 % bezogen auf das Bauvorhaben und ein Marktanteil von 25 - 27% bezogen auf das Bauvorhaben einschließlich des bestehenden L.-Discounters angenommen. Hieraus errechnet sich dann eine Umsatzerwartung des Vorhabens von 3,1 Mill. EUR aus Zone I und II im Lebensmittelbereich bzw. eine Gesamtumsatzleistung von 4,1 Mill. EUR. Gemeinsam mit dem L. geht die Analyse der G. von einer Gesamtumsatzleistung von ca. 7,0 - 7,6 Mill. EUR aus.
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Die Aufteilung in zwei Zonen begegnet aber schon deshalb erheblichen Bedenken, weil hierbei die genauen örtlichen Verhältnisse, die Verkehrswege und die vorhandene Wettbewerbssituation erkennbar nicht (hinreichend differenzierend) berücksichtigt werden. Angesichts der örtlichen Verhältnisse und der vorhandenen Wettbewerbssituation, die in der Analyse allerdings dargestellt wird, erscheint die Aufteilung in drei Zonen, wie sie im Rahmen der Standortbeurteilung des Bauherrn vom 04.07.2006 vorgenommen wird, hingegen wesentlich überzeugender (Zone 1: D., D.; Zone 2: D., R.; Zone 3: S. Kernort, Z. u.d.B., T., W. und E.). Weiterhin begegnet es Bedenken und bedürfte zumindest einer substantiierten und überzeugenden Begründung, den Ortsteil S. der Gemeinde S. - angesichts der am südöstlichen Ortsrand von S. gelegenen, für S. idealen Lebensmittelversorgung durch den Vollsortimenter E. N. mit 1500 m² Verkaufsfläche und ca. 15.000 bis 20.000 Artikeln (vgl. die Strukturanalyse der E. betreffend den Versorgermarkt in S. vom Mai 2004) sowie einem N.-Discounter mit ca. 850 m² Verkaufsfläche - in den zu prognostizierenden Einzugsbereich des Vorhabens einzubeziehen.
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Ist schon die Aufteilung in zwei Zonen, mithin die „Gleichstellung“ beispielsweise der Gemeinden D. und des Ortsteils S. bedenklich bzw. nicht nachvollziehbar, gilt solches erst recht für die prognostizierten Marktanteile. Warum der das Vorhaben betreffende Marktanteil aus D. nur 20% (nach der Standortbeurteilung der Beigeladenen vom 04.07.2006 hingegen 25 %) betragen soll, erscheint angesichts der örtlichen Verhältnisse und der Wettbewerbssituation nicht einleuchtend. Gleiches gilt für die Annahme eines Marktanteils von 12 - 13 % betreffend den Einzugsbereich der Zone II. Es erscheint vielmehr sehr naheliegend, dass der Marktanteil aus D. dem der Gemeinde D. nahekommen wird. Warum der Marktanteil aus S. einschließlich S. bezogen auf das Vorhaben bei 12 - 13% und zusammen mit dem L. - Discounter bei 25 - 27% liegen soll, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar und bedürfte einer substantiierten Erklärung, zumal die Standortbeurteilung des Bauherrn für die Zone 3 (u.a. S.) nur einen Marktanteil von 5% und für die Zone 2 von 15 % annimmt mit der Folge einer Umsatzprognose von „nur“ 2,4 Mio. EUR im Gegensatz zu dem von der G. prognostizierten Umsatz von 3,4 bzw. 4,1 Mio. EUR. Unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse sowie der vorhandenen Wettbewerbsituation erscheint die Annahme der Standortbeurteilung des Bauherrn durchaus plausibler.
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Angesichts der in S. vorhandenen, im Lebensmittelbereich offensichtlich idealen und zeitgemäßen Versorgung mit einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb mit ca. 1500 m² Verkaufsfläche und einem Discounter mit ca. 850 m² Verkaufsfläche, bedürfte es im Blick auf die vorliegend beabsichtigte Ansiedlung eines nicht großflächigen „Soft“-Discounters in D. mit ca. 4.500 Produkten neben einem vorhanden L.-Discounter mit ca. 2000 Produkten zudem aber auch unter den Aspekten einer grundsätzlich wohl relativ hohen Kaufkraftbindung im Lebensmittelbereich (Gutachten der K. von 1997, S. 15 f: 80 - 90%; Strukturanalyse der E. 2004 S. 26 - 28 : 65 - 67%) und der durch die Größe der beiden Lebensmitteleinzelhandelsbetriebe sowie der Anzahl der dort geführten Artikel diesen zukommenden „Magnetfunktion“ substantiierter Darlegungen dazu, dass durch das Vorhaben mit im Vergleich hierzu deutlich begrenztem Angebot auf wesentlich kleinerer Fläche gleichwohl mit unzumutbaren, verdrängenden Umsatzumverteilungseffekten zu Lasten S.s zu rechnen sein könnte.
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Hinzu kommt, dass die Wettbewerbskennziffer im Verflechtungsbereich S. auch derzeit und ohne das Bauvorhaben noch rund 19 % unter dem Bundesdurchschnitt liegt. So ist nach der Strukturanalyse der E. vom Mai 2004 nach der Errichtung des großflächigen Versorgermarktes in S. von einer Wettbewerbskennziffer von 248 auszugehen, der ein Bundesdurchschnitt von 305 gegenübersteht. Auch angesichts der im Vergleich zum Bundesdurchschnitt offenbar noch nicht gesättigten Wettbewerbssituation bedürfte der geltend gemachte, die Versorgung S.s gefährdende Wettbewerb daher substantiierterer Darlegungen.
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Schließlich berücksichtigt die Auswirkungsanalyse der G. nicht, dass die Lebensmittelversorgung der Antragstellerin auch einen anderen Verflechtungs- bzw. Einzugsbereich hat als der (nach vorgenannten Ausführungen zum Teil schon in Frage zu stellende) von der G. angenommene Einzugsbereich des streitigen Vorhabens. Zum Verflechtungsbereich der S.er Versorgung zählt nach der Strukturanalyse der E. vom Mai 2004 auch H., R., W. u.d.R., S. und Z. u.d.B. (vgl. auch das Gutachten der K. von 1997 S. 12). Die von der G. angenommene Umsatzverlagerung von 18 - 19 % zu Lasten von S. berücksichtigt diese Orte nicht, sie hat vielmehr nur den Einzugsbereich des Vorhabens im Blick, in dem es zu den angeführten Umsatzverlagerungen kommen soll. Um aber Umsatzeinbußen mit der Gefahr eines Verdrängungseffekts plausibel und sachgerecht darzustellen, müssten zunächst die tatsächlichen Umsatzzahlen des „belasteten“ Versorgungsbereiches S. ermittelt werden und diese dann den (umfassend) ermittelten, infolge des Vorhabens zu prognostizierenden Umsatzabflüssen gegenübergestellt werden. Angesichts dessen, dass im (erweiterten) Verflechtungsbereich von S. (ohne S. mit ca. 1400 Einwohnern) ca. 2.500 Einwohner leben, die bei der Berechnung der G. nicht Berücksichtigung fanden, und dies ca. ¼ des erweiterten Verflechtungsbereichs von S. ausmacht, ist eine erhebliche Verringerung der prozentual zu erwartenden vorhabenbedingten Umsatzreduzierung sehr realistisch.
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Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass die Beigeladene Ziffer 2 in ihrem Gemeindegebiet lediglich über den vorhandenen L.- Discounter mit einer Artikelanzahl von ca. 2000 Produkten, eine kleine Bäckerei, eine Metzgerei und eine temporär geöffnete Konditorei verfügt. Auch wenn die G. den Tatbestand einer Unterversorgung nicht festzustellen vermag ( S. 17) besteht derzeit im Gemeindegebiet der Beigeladenen Ziffer 2 jedenfalls kein Angebot eines „Soft“-Discounters im Übergang zum Supermarkt bzw. Vollsortimenter mit ca. 4500 Artikeln. Dementsprechend erwartet die Auswirkungsanalyse der G. aufgrund der fehlenden Angebotstruktur in der Ansiedlung des beabsichtigen Nettomarktes für D. (trotz des L.-Discounters!) keine unmittelbaren wesentlichen städtebaulichen und nahversorgungsrelevanten Auswirkungen (S. 17). Die Optimierung der örtlichen Versorgung ist aber durchaus ein legitimes Interesse der Beigeladenen Ziffer 2. Auf der anderen Seite lässt sich zudem auch nicht erkennen, dass die Antragstellerin ein Einzelhandelskonzept - jedenfalls im hier relevanten Lebensmittelbereich - hätte, welches durch das Bauvorhaben in gewichtiger Weise betroffen sein könnte. Fraglich ist, ob in dem Gutachten der K. „Stadtentwicklung und Einzelhandel Stadt S.“ vom Mai 1997 und der „Umsetzungsvereinbarung“ vom 13.03.1998 in Verbindung mit den diesbezüglichen Gemeinderatsbeschlüssen, namentlich dem Beschluss vom 11.02.1998 überhaupt ein solches Konzept gesehen werden kann. Aus dem Gutachten der K. ergibt sich, dass die wohnortnahe Versorgung in S. (im Jahr 1997) als gut bezeichnet wird (S. 48), die Lebensmittelbetriebe allerdings an nicht integrierten Standorten im Gewerbegebiet liegen (S. 15) und die Innenstadt von diesen Betrieben nur in geringem Maße profitiert ( S. 25). Die Lage der Betriebe wurde sogar als Konkurrenz für die Innenstadt angesehen (S. 48). Als anzustrebende Maßnahmen nannte das Gutachten - soweit vorliegend relevant - die Ansiedlung eines Lebensmittelbetriebs mit der Funktion eines innerstädtischen Magnetbetriebes in guter verkehrlicher Lage ohne negative Auswirkung auf die Innenstadt (S. 56). Als konkrete Maßnahme wurde in der Innenstadt die Neubebauung im Bereich des Z. angesprochen, deren Variante 2 u.a. die Errichtung eines Lebensmittelmarktes im EG ( mit ca. 600 qm ) beinhaltete (S. 57).
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Tatsächlich aber wurden in den Jahren 2002 und 2004 die beiden im Gewerbegebiet gelegenen Lebensmittelbetriebe aus dem Gewerbegebiet in ein noch weiter von der Innenstadt der Antragstellerin entferntes Mischgebiet verlagert und dabei nicht unerheblich vergrößert. Zwar kann insoweit von einer - wohl „teilintegrierten“ - Magnetfunktion gesprochen werden, fraglich erscheint aber, ob dies als innerstädtische Magnetfunktion bezeichnet werden kann. Schließlich kam es offensichtlich auch nicht zu einer Realisierung der im Gutachten der K. angesprochenen Maßnahme „Variante 2“ im Bereich des Z., jedenfalls im Blick auf den avisierten Lebensmittelbetrieb. Angesichts all dessen erscheint sehr fraglich, ob (im Bereich der Lebensmittelversorgung) von einer nachdrücklich verfolgten Einzelhandelskonzeption der Antragstellerin ausgegangen werden kann.
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Nach alledem gilt folgendes: Auch wenn es angesichts der sehr verkehrsgünstigen Lage des Vorhabens an der B, des Umstandes zahlreicher Pendler aus dem Verflechtungsbereich S. nach B. und schließlich des nur „teilintegrierten“ Standortes der Lebensmittelversorgung in S. am süd-östlichen Ortsrand der Stadt, ca. 1 km außerhalb der Stadtmitte gelegen durchaus zu einer Umsatzverlagerung zu Lasten des Versorgungsstandortes S. kommen wird, vermag das Gericht bei der gebotenen summarischen Betrachtung jedoch nicht festzustellen, dass es durch das die Angebotsstruktur im Gebiet der Beigeladenen Ziffer 2 erkennbar verbessernde Vorhaben der Beigeladenen Ziffer 1 zu unzumutbaren Auswirkungen auf die Versorgung der Antragstellerin im Lebensmittelbereich kommen könnte.
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Der Antrag ist hiernach mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Es entsprach der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der beiden Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (vgl. Streitwertkatalog 2004, Ziffer 9.7.2., wobei der Streitwert von 30.000 EUR angesichts des vorliegenden vorläufigen Rechtschutzverfahrens zu halbieren war (Ziffer 1.5. des Streitwertkataloges 2004).

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