Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (1. Kammer) - 1 K 1600/11.TR


Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger begehrt einen finanziellen Ausgleich für nicht in Anspruch genommenen Urlaub.

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Der 1943 geborene Kläger war Gymnasiallehrer im Rang eines Oberstudienrates der Besoldungsgruppe A 14. Er war in der Zeit vom 17. November 1997 bis zum 28. Februar 1999 dienstunfähig erkrankt. Mit Wirkung vom 30. Juni 1999 wurde er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

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Mit Schreiben vom 8. April 2011 beantragte der Kläger die finanzielle Abgeltung seines Urlaubsanspruchs für den Zeitraum vom 17. November 1997 bis zum 1. Juli 1999. Zur Begründung berief er sich auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Fall Schultz-Hoff (Rechtssachen C-350/06 und C-520/06) vom 20. Januar 2009. Danach stehe allen Arbeitnehmern und Beamten, die vor Eintritt in den Ruhestand aufgrund von Krankheit an der Inanspruchnahme des ihnen zustehenden Urlaubs gehindert gewesen seien, ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich zu.

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Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 5. August 2011 ab. Zur Begründung führte er aus, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht bestehe. Erholungsurlaub diene der Auffrischung und Erhaltung der Arbeitskraft der Arbeitnehmer und Beamten. Dieser Zweck könne bei einem Ruhestandsbeamten nicht mehr erreicht werden. Es sei auch hinsichtlich der behaupteten Ansprüche mit Ablauf des 31. Dezember 2002 Verjährung eingetreten.

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Dem trat der Kläger mit Widerspruch vom 29. August 2011 entgegen und verwies erneut auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die vom Beklagten genannte Verjährungsfrist treffe nicht zu.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2011, dem Kläger zugegangen am 16. November 2011, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die dreijährige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB gelte wegen deren vermögensrechtlicher Natur und der mit zivilrechtlichen Ansprüchen vergleichbaren Interessenlage auch für besoldungs- und versorgungsrechtliche Ansprüche aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und somit auch im Fall des Klägers.

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Der Kläger hat am 15. Dezember 2011 Klage erhoben. Sein Anspruch resultiere aus der unmittelbaren Anwendung des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie) bzw. des gleichlautenden Art. 7 der Vorgängerrichtlinie 93/104/EG vom 23. November 1993. Zu Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie habe der Europäische Gerichtshof im Schultz-Hoff-Urteil entschieden, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegen stehe, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende eines Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt werde, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugs- und bzw. oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im Krankheitsurlaub gewesen sei und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht habe ausüben können. Der Arbeitnehmer habe in diesen Fällen einen Anspruch auf finanzielle Vergütung für nicht genommenen Mindestjahresurlaub. Die Arbeitszeitrichtlinie habe bis spätestens 23. November 1996 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Dies sei bezüglich vorgenannter Grundsätze mit Blick auf Beamte versäumt worden, so dass diese im deutschen Recht unmittelbare Anwendung fänden. Fragwürdig sei, ob der Beklagte die Verjährungseinrede gegen einen europarechtlich begründeten Anspruch erheben könne, zumal wenn er selbst die Richtlinie, die den Anspruch begründe, schuldhaft bis heute nicht umgesetzt habe.

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Er beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 5. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2011 zu verpflichten, ihm eine finanzielle Entschädigung für ihm zustehende, jedoch nicht genommene Urlaubstage für den Zeitraum 1997 bis 30. Juni 1999 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. August 2011 zu bewilligen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen führt der Beklagte aus, dass das vom Kläger angeführte Urteil des Europäischen Gerichtshofs auf Beamte nicht übertragbar sei. Dies sei bereits durch das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 30. März 2010 – 2 A 11321/09) und den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 23. November 2010 – 14 ZB 10.771) entschieden worden. Wesentlicher Grund hierfür sei, dass Beamte im Unterschied zu Arbeitnehmern alimentiert würden, ihre Bezüge also nicht als Gegenleistung für geleistete Arbeit erhielten. Daher könne der Urlaubsgewährung bei Beamten kein finanzieller Wert beigemessen werden. Beamte erlitten ferner durch eine längere krankheitsbedingte Dienstabwesenheit im Gegensatz zu Arbeitnehmern keine finanziellen Einbußen, da sie weiterhin in voller Höhe besoldet würden. Auch im Fall der krankheitsbedingten Versetzung eines Beamten in den Vorruhestand bleibe der Dienstherr zur Fortzahlung der Bezüge verpflichtet.

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Der Kläger hat mit Schreiben vom 16. Februar 2012 angeregt, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, da entscheidungserhebliche Rechtsfragen derzeit auf Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 25. Juni 2010 dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlägen.

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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogene Personalakte nebst Verwaltungs- und Widerspruchsvorgang des Beklagten (1 Heftung) verwiesen. Diese lagen dem Gericht vor und waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO), bleibt ohne Erfolg.

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Sie ist zwar als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO zulässig. Insbesondere wäre ein Leistungsklage vorliegend nicht statthaft, da der vom Kläger geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch nebst Zinsforderung im Wege eines der Zahlung vorgeschalteten Bewilligungsbescheides durch den Beklagten zunächst hinsichtlich der Höhe und der Modalitäten konkretisiert werden müsste. Der Kläger hat im Verfahren nicht angegeben, auf wie viele Urlaubstage sich der von ihm geltend gemachte Abgeltungsanspruch beziehen soll und hat den Anspruch dementsprechend auch der Höhe nach nicht beziffert. Von einer weiteren Aufklärung im Wege der Amtsermittlung wurde wegen der fehlenden Erfolgsaussicht der Klage abgesehen.

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Die Klage ist unbegründet. Ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung von Urlaub steht dem Kläger weder aufgrund von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung - RL 2003/88 – (ABl. L 299/9) in unmittelbarer Anwendung oder als Staatshaftungsanspruch wegen dessen fehlerhafter Umsetzung in nationales Recht noch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten zu.

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Artikel 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bestimmt ebenso wie seine Entsprechung in der bis zum 23. November 1996 in nationales Recht umzusetzenden Vorgängernorm des Art. 7 RL 93/104/EG, dass bezahlter Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf. Der Europäische Gerichtshof entschied in Auslegung dieser Norm mit Urteil vom 20. Januar 2009 (Rs. C-350/06 und C-520/06, Schultz-Hoff -, Slg. 2009, I-179), dass sie einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im Krankheitsurlaub war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte. Die Frage, ob diese Auslegung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG auch für Beamte gilt und sich daraus unmittelbar ein Anspruch in den Ruhestand getretener Beamter auf Abgeltung von Erholungs- bzw. Jahresurlaub ergibt, wenn sie aus Krankheitsgründen an der Inanspruchnahme des Urlaubs gehindert waren, liegt dem Europäischen Gerichtshof derzeit auf Ersuchen des VG Frankfurt zur Vorabentscheidung vor (Beschluss vom 25. Juni 2010 - 9 K 836/10.FZBR 2011, 66). Sollte ein Anspruch unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG wegen Fehlens der Voraussetzungen der sog. Direktwirkung von Richtlinien (siehe hierzu EuGH, Urteile vom 4. Dezember 1974 - Rs. 41/74, Van Duyn -, Slg. 1974, 1337; und vom 5. April 1979 - Rs. 148/78, Ratti -, Slg. 1979, 1629) ausscheiden, käme weiter ein Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlender oder fehlerhafter Richtlinienumsetzung nach den vom Europäischen Gerichtshof im Fall Francovich (Urteil vom 19. November 1991 – Rs. C-6/90 und C-9/90 -, Slg. 1991, 5357) entwickelten Grundsätzen der Staatshaftung in Betracht.

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Auf nationalrechtlicher Ebene sehen weder Bundes- noch Landesrecht für Beamte eine Regelung für eine Vergütung von Urlaubsansprüchen vor. Daher kommen hier als Rechtsgrundlage allenfalls eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz – BurlG –, dem zufolge der Urlaub eines Arbeitnehmers abzugelten ist, soweit er wegen Beendigung des Dienstverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, sowie Bereicherungs- oder Schadensersatzansprüche in Betracht.

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Ungeachtet dessen, dass sämtliche Anspruchsgrundlagen aus verschiedenen Gründen, insbesondere wegen des für Ansprüche der Beamten auf Bezüge und Versorgung geltenden Gesetzesvorbehalts (§§ 92 Landesbeamtengesetz – LBG -, 2 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz und §§ 94 LBG, 3 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz) und der strukturellen Unterschiede zwischen Arbeitnehmer- und Beamtenverhältnis ausscheiden dürften (OVG RP, Urteil vom 30. März 2010 2 A 11321/09 -, DÖD 2010, 227; BayVGH, Beschluss vom 23. November 2010 – 14 ZB 10.771 -, juris), ist jedenfalls Verjährung eingetreten.

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Die Verjährungsregeln des BGB sind vorliegend anwendbar.

22

Soweit im öffentlichen Recht spezielle Bestimmungen zur Verjährung fehlen, finden die Verjährungsregeln des Bürgerlichen Rechts Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 1995 - 3 C 17.94 -, BVerwGE, 99, 109; Ellenberger, in: Palandt, BGB Kommentar, 69. Aufl. 2010, § 194 Rn. 2, § 95 Rn. 20). Dies gilt auch für Ansprüche, die unmittelbar im Europarecht wurzeln. Es entspricht ständiger Rechtsprechung (EuGH, Urteile vom 19. November 1991 – C-6/90 und C-9/90, Francovich – Slg.1991, 5357), dass die Vollziehung des Unionsrechts den Mitgliedstaaten obliegt und nach den formellen und materiellen Bestimmungen des nationalen Rechts zu erfolgen hat, soweit das Unionsrecht hierfür keine gemeinsamen Vorschriften enthält und die Verwirklichung des Unionsrechts hierdurch nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (Effizienzgebot) sowie sich im Vergleich zum Vollzug nationalen Rechts nicht ungünstiger gestaltet (Äquivalenzgebot). Die Anwendung der dreijährigen Verjährungsfrist auf ggf. aus dem Unionsrecht ableitbare Urlaubsabgeltungsansprüche wird diesen Prämissen gerecht. Sie hindert weder die praktische Wirksamkeit des europäischen Rechts, noch macht sie die Rechtsverwirklichung für den Einzelnen schwerer, als sie auf Grundlage einer nationalrechtlichen Bestimmung wäre. Im Hinblick auf den mit der Verjährung verfolgten Zweck, Rechtssicherheit zu schaffen, ist eine dreijährige Verjährungsfrist auch angemessen (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 – Rs. C-445/06, Danske Slagterier – Slg. 2009, I-2119; vgl. für § 7 Abs. 4 BUrlG LAG Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2011 – 9 Sa 258/10 -, ZTR 2011, 506).

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Dieses Ergebnis entspricht vorliegend auch den vom Europäischen Gerichtshof speziell zur Richtlinie 2003/88 aufgestellten Grundsätzen. Danach steht die Arbeitszeitrichtlinie grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach für die Ausübung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub gewisse Modalitäten zu beachten sind. Hat der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit gehabt, den ihm von der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben, so darf die Nichtbeachtung solcher Modalitäten auch den Verlust des Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums zur Folge haben (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 – Rs. C-350/06 und 520/06, Schultz-Hoff –, Slg. 2009, I-179). Dasselbe muss sinngemäß für einen ggf. aus Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie folgenden Anspruch auf finanzielle Vergütung nicht genommenen Urlaubs gelten. Auch dessen Geltendmachung kann nationalen Ausübungsregelungen, wie beispielsweise Verjährungsvorschriften, unterworfen werden.

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Der Erhebung der Einrede der Verjährung durch den Beklagten stünde auch eine fehlerhafte Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie, wie sie der Kläger behauptet, nicht entgegen. Dem Effektivitätsgebot ist nämlich genüge getan, wenn der Verjährungsbeginn jedenfalls nicht vor dem Zeitpunkt ansetzt, in dem sich die ersten Schadensfolgen fehlerhafter Richtlinienumsetzung gezeigt haben, so dass ein Anspruch nicht in Unkenntnis des Geschädigten von seinem Schaden verjähren kann. Beginnt die Verjährung jedoch, wie hier, mit der Kenntniserlangung des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen, wird die Rechtsausübung des Betroffenen nicht über Gebühr eingeschränkt (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 – Rs. C-445/06, Danske Slagterier – Slg. 2009, I-2119).

25

Der Lauf der Verjährungsfrist war für den Kläger auch vorhersehbar. Zwar galt am 30. Juni 1999, als der Kläger in den Ruhestand versetzte wurde und der von ihm behauptete Urlaubsabgeltungsanspruch entstanden wäre (vgl. für den arbeitsrechtlichen Abgeltungsanspruch LAG RP, Urteil vom 15. November 2011 - 3 Sa 271/11 -, juris), noch die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 195 a. F., die mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen begann. Erst durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) wurde die Regelverjährung in §§ 195, 199 Abs. 1 BGB auf drei Jahre verkürzt. Ihr Lauf beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Nach der Übergangsbestimmung des Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB findet die neue Regelverjährungsfrist auf Altfälle Anwendung mit der Maßgabe, dass sie vom 1. Januar 2002 an zu berechnen ist, wenn die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung kürzer als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung ist. Dies ist hier der Fall.

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Die dreijährige Regelverjährungsfrist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB begann somit vorliegend am 1. Januar 2002 zu laufen und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2004.

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Auf mangelnde Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände kann der Kläger sich nicht berufen. Er kannte zu diesem Zeitpunkt sämtliche Tatsachen, auf die er seinen vermeintlichen Anspruch stützt, ebenso wie den potentiellen Anspruchsgegner.

28

Allein bei besonders unübersichtlicher und verwickelter Rechtslage können ausnahmsweise erhebliche rechtliche Zweifel den Verjährungsbeginn bis zur Klärung ausschließen (Ellenberger, in: Palandt, BGB Kommentar, 69. Aufl. 2010, § 199 Rn. 26). Bezüglich der vom Kläger aufgeworfenen Problematik der finanziellen Abgeltung beamtenrechtlicher Urlaubsansprüche bestand lange Zeit in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit darüber, dass im öffentlichen Dienstrecht an die Stelle nicht genommenen oder nicht gewährten Urlaubs keine Geldabfindung tritt, dieser vielmehr mangels Zweckerreichung ersatzlos verfällt, wenn er im Urlaubszeitraum - aus welchen Gründen auch immer - nicht genommen worden ist (vgl. nur OVG RP, Urteil vom 26. Mai 1982 – 2 A 126/81 -, NVwZ1984, 52; BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1997 – 2 B 138/96 -, juris). Gleichwohl wurden über diese Frage bereits vor Ergehen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Schultz-Hoff eine Vielzahl verwaltungsgerichtlicher Rechtsstreitigkeiten geführt, insbesondere unter dem Aspekt einer Analogie zu dem im privaten Arbeitsrecht geltenden § 7 Abs. 4 BUrlG (siehe beispielsweise VG Ansbach, VG Ansbach, Urteil vom 15. Februar 2006 - AN 11 K 05.03817 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - 15 ZB 04.3386 -, juris; VG München, Urteil vom 21. Oktober 2004 - M 12 K 03.4028 -, juris).

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Der Kläger hat seine Abgeltungsforderung erstmals am 8. April 2011 und somit zeitlich nach Ergehen der Schultz-Hoff Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs am 20. Januar 2009 geltend gemacht. Er mag daher dem früheren Verjährungsbeginn entgegen halten wollen, zu dieser Zeit sei die Auslegung der Richtlinie durch die Rechtsprechung noch nicht absehbar gewesen. Dieser Einwand verfängt jedoch nicht. Die Unvorhersehbarkeit einer Rechtsprechungsänderung hemmt die Verjährung nicht (LAG Düsseldorf, Urteil vom 18. August 2010 – 12 Sa 650/10 – m. w. N., ZMV 2011, 56). Der Berechtigte hat vielmehr angesichts einer ihm bekannten Sachlage seine möglichen Ansprüche auch gegen eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung und herrschende Rechtsmeinung zu verfolgen, um den Lauf der Verjährung zu hemmen (LAG Düsseldorf, a. a. O.). Dies gilt vorliegend umso mehr, als besagte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die Debatte um einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung im öffentlichen Dienstrecht nicht erst in Gang setzte, sondern ihr nur einen neuen Aspekt hinzufügte.

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Eine rechtzeitige Rechtsverfolgung hat der Kläger jedoch vorliegend unterlassen. Die Verjährung hemmende oder neu in Gang setzende Umstände im Sinne der §§ 203 ff. BGB sind daher nicht gegeben.

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Darüber hinaus hat der Kläger eventuelle Ansprüche auch verwirkt. Zwar genügt für die Annahme der Verwirkung nicht der reine Zeitablauf. Sie kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt würde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2005 – 8 C 15/04 -, NVwZ 2005, 1334).

32

Im hier zu entscheidenden Fall liegt neben dem Verstreichenlassen eines sehr langen Zeitraums bis zur Geltendmachung behaupteter Rechtspositionen auch ein treuwidriges Verhalten des Klägers vor. Dieses gründet auf den besonderen Treuepflichten, die aus dem Beamtenverhältnis resultieren und die für Landesbeamte wie den Kläger in § 5 LBG normiert sind. Danach steht der Beamte zu seinem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Hieraus folgt einerseits die Verpflichtung des Dienstherrn zur amtsangemessenen Alimentation des Beamten und andererseits die Pflicht des Beamten, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen (OVG RP, Urteil vom 12. Februar 2008 – 10 A 10925/07, DÖD 2008, 186). Aufgrund dessen ist der Beamte verpflichtet, Besoldungsansprüche, soweit die Leistungen nicht durch das Besoldungsrecht gewährt werden, grundsätzlich zeitnah, das heißt noch während des laufenden Haushaltsjahres, geltend zu machen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u. a. -, BVerfGE 99, 300, und vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363). Diese Grundsätze gelten im Ansatz auch für den vom Kläger behaupteten Anspruch. Dabei kann dahinstehen, ob er diesen innerhalb eines Haushaltsjahres nach seiner Versetzung in den Ruhestand hätte geltend machen müssen. Dies mag im Einzelfall unverhältnismäßig sein. Sind jedoch, wie hier, seit der vermeintlichen Anspruchsentstehung annähernd zwölf Jahre vergangen, durfte der Beklagte sich jedenfalls im Rahmen des auch im Ruhestand fortbestehenden Treueverhältnisses zum Kläger darauf verlassen, dass eine Berufung auf Ansprüche, die nicht zeitnah geltend gemacht wurden, nicht mehr stattfindet. Dementsprechend musste er für solche Ansprüche auch keine Haushaltsmittel bereithalten.

33

Vor diesem Hintergrund kam es auf die dem Europäischen Gerichtshof vom Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen, insbesondere ob Art. 7 RL 2003/88 auch für Beamtenverhältnisse gilt und ob ein in den Ruhestand getretener Beamter einen Anspruch auf Abgeltung von Erholungs- bzw. Jahresurlaub unmittelbar auf Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG stützen kann, wenn er aus Krankheitsgründen an der regulären Inanspruchnahme seines Urlaubs gehindert war, vorliegend nicht entscheidungserheblich an. Daher war eine Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit nach § 94 VwGO nicht angezeigt.

34

Bleibt die Klage nach alldem ohne Erfolg, trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

35

Gründe, die Berufung zuzulassen, sind vorliegend nicht gegeben (§§ 124, 124a VwGO).

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