Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (Disziplinarkammer) - 3 K 2202/14.TR

Tenor

Der Beklagte wird aus dem Dienst entfernt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

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Der am ... 1964 in A... geborene Beklagte steht als Polizeioberkommissar im Dienst des klagenden Landes. Nach dem Besuch der Realschule in A... schloss der Beklagte seine Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst beim Bundesgrenzschutz in B... im Januar 1984 ab. In der Zeit von November 1985 bis August 1988 war er zum Bundeskriminalamt C... abgeordnet. Dort absolvierte er unter anderem einen Einweisungslehrgang für den Personenschutz und war als Sachbearbeiter in einem Sonderfahndungsprogramm der Zielfahndung eingebunden. Zum 1. September 1988 wurde der Beklagte in den Polizeivollzugsdienst des Landes D... versetzt und verrichtete dort seinen Einzeldienst bei der Polizeidirektion E... Mit Wirkung zum 1. September 1989 wurde der Beamte auf eigenen Wunsch zum Ministerium des Inneren und für Sport Rheinland-Pfalz versetzt und war dort bei der ... eingesetzt.

3

Am 1. September 1994 wurde der Beklagte aus persönlichen Gründen zum Polizeipräsidium F..., Verkehrsdirektion F..., Polizeiautobahnstation G... versetzt. Auf eigenen Wunsch erfolgte zum 13. November 2000 seine Versetzung zur Bereitschaftspolizei, Einsatzhundertschaft H..., und ab dem 6. April 2004 zur Bereitschaftspolizei F... Aus dienstlichen Gründen folgte zum 1. Juni 2005 seine Versetzung zum Polizeipräsidium F..., Polizeiinspektion I..., als Sachbearbeiter im Wechselschichtdienst. Aus Krankheitsgründen wurde der Beklagte im März 2006 vom Wechselschichtdienst befreit und vom 3. April bis zum 20. November 2006 im Tagesdienst als Teamleiter zur Objektschutzwache in J... abgeordnet. Seit dem 1. Juni 2008 ist der Beklagte zum Polizeipräsidium H... versetzt und war zunächst bei der Polizeiautobahnstation K... und ab dem 1. September 2009 als Sachbearbeiter im Wechselschichtdienst bei der Polizeiinspektion L... tätig.

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Seit Mitte 2012 verrichtet der Beamte mit eingeschränkter Polizeidienstfähigkeit seinen Dienst als Sachbearbeiter im Tagesdienst der flexiblen Dienstgruppe, einem Konzept für eingeschränkt dienstfähige Beamte, der Polizeidirektion M... Seit dem 3. Dezember 2014 ist der Beamte anlässlich des vorliegenden Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes enthoben.

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Der Beklagte wurde am 2. Dezember 1991 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Nach bestandener Laufbahnprüfung II erfolgte am 16. Oktober 2000 seine Ernennung zum Polizeikommissar. Am 18. Mai 2010 wurde er zum Polizeioberkommissar befördert.

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Ausweislich seiner letzten Anlassbeurteilung vom 22. April 2010 wurden seine Leistungen mit “B“ bewertet. Mit aktueller Bewertung vom 9. Oktober 2014 anlässlich des vorliegenden Disziplinarverfahrens wird das Leistungsverhalten mit maximal durchschnittlich bewertet. Insbesondere eigeninitiatives Engagement und Teamfähigkeit seien bei ihm nicht erkennbar.

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Der Beamte ist seit dem 3. März 1992 verheiratet. Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen. Die Eheleute leben derzeit in Scheidung.

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In den Jahren 2008 und 2009 wurde dem Beklagten auf Antrag die Durchführung von sieben ehrenamtlichen Betreuungen genehmigt. Am 4. Mai 2011 erlangte der Kläger von einem gegen den Beklagten geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft H... (Az.: ...) wegen des Verdachts der Untreue zulasten des von ihm betreuten Herrn N... sowie der Durchführung von weiteren mindestens 17 Betreuungen Kenntnis. Mit Verfügung vom 30. August 2011 wurde gegen den Beklagten wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Das vorgenannte Strafverfahren wurde mit Verfügung vom 7. Oktober 2011 nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (im Folgenden: StPO) eingestellt.

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Mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 23. September 2011 (Az.: 3 O 1255/11.TR) wurde einem Antrag des Klägers auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung betreffend das dienstliche Netzlaufwerk (PI:) wegen des Verdachts, dass der Beklagte auch während seiner Dienstzeit betreuungsrechtliche Angelegenheiten unter Verwendung dienstlicher Rechner/PC erledigt und betreuungsrechtliche Dokumente und Unterlagen auf seinem persönlichen Rechner unter dem Laufwerk (P:) abgespeichert habe, entsprochen. Der Beschluss wurde am 28. Oktober 2011 vollzogen.

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Unter dem 27. Oktober 2011 wurde dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Ausübung jeglicher Nebentätigkeiten untersagt und ihm für die Abwicklung der bestehenden Betreuungen eine Frist bis zum 31. Dezember 2011 gewährt. Er wurde aufgefordert, bis zum 30. November 2011 geeignete Nachweise über die Einnahmen aus seinen Tätigkeiten als Betreuer ab dem Jahr 2008 vorzulegen. Ein Antrag des Beklagten vom 21. November 2011 auf Verlängerung dieser Abwicklungsfrist bis zum 31. März 2012 wurde mit Schreiben vom 24. November 2011 abgelehnt.

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Mit Verfügung vom 9. August 2012 wurde das Disziplinarverfahren bis zur Beendigung eines weiteren zwischenzeitlich gegen den Beklagten geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft H... wegen Untreue zum Nachteil des von dem Beklagten betreuten Ehepaares O... (Az.: ...) ausgesetzt. In der Hauptverhandlung vom 23. Juli 2013 vor dem Amtsgericht L... wurde das Strafverfahren nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Auflage i.H.v. 7100 € vorläufig und nach Begleichung der Auflage unter dem 13. Mai 2014 endgültig eingestellt. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts H... vom 8. März 2012 (...) wurde der Beklagte in diesem Betreuungsfall zur Rückzahlung einer Summe von 27.180,00 € an das Ehepaar O... verpflichtet.

12

Unter dem 10. September 2013 wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt und gleichzeitig ausgedehnt um den Vorwurf, der Beklagte habe aufgrund einer für Frau P... im Mai 2013 ausgeübten Tätigkeit erneut die Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts missachtet. Zugleich habe er hiermit gegen das ausdrückliche Verbot vom 27. Oktober 2011, jegliche Nebentätigkeiten auszuüben, und damit gegen eine dienstliche Anordnung verstoßen.

13

Auf Antrag des Klägers wurde mit Beschluss vom 27. November 2013 durch das erkennende Gericht die Durchsuchung der Wohn– und Nebenräume des Anwesens des Beklagten sowie die Beschlagnahme von Beweismitteln angeordnet (Az.: 3 O 1691/13.TR). Der Beschluss wurde am 17. Dezember 2013 vollzogen.

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Mit Verfügung vom 18. März 2014 wurde das Disziplinarverfahren erneut ausgedehnt. Dem Beklagten wurde vorgehalten, er habe unbefugt erlangte Daten betreffend Herrn R... aus dem polizeilichen Informationssystem POLIS an seinen damaligen Verteidiger in einem gegen ihn geführten Strafverfahren (StA H..., ...) weitergeleitet. Weiterhin bestehe der Verdacht, in der Betreuungssache S... beim Arbeitsgericht C... eine überhöhte Reisekostenerstattung beantragt zu haben. Das bei der Staatsanwaltschaft H... wegen des Verdachts des Betrugs und der Verletzung des Dienstgeheimnisses unter dem Az. ... geführte Strafverfahren wurde mit Verfügung vom 16. März 2015 nach § 170 Abs. 2 StGB eingestellt.

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Eine weitere Ausdehnung des Disziplinarverfahrens erfolgte mit Verfügung vom 14. Mai 2014 hinsichtlich des Vorwurfs steuerrechtlicher Auffälligkeiten. Das Finanzamt ... habe am 4. April 2014 gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das Steuerstrafverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen.

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Unter Fortführung des Disziplinarverfahrens erfolgte die Bekanntgabe des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen mit Schreiben vom 14. Mai 2014.

17

Am 17. Juni 2014 erfolgte die Anhörung des Beklagten zur beabsichtigten Erhebung der Disziplinarklage mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Dienst und zur vorläufigen Dienstenthebung sowie Kürzung der Dienstbezüge. Auf die Möglichkeit, die Mitbestimmung des Gesamtpersonalrates zu beantragen, wurde hingewiesen. Von diesem Antragsrecht machte der Beklagte nachfolgend Gebrauch. Der Gesamtpersonalrat des Polizeipräsidiums H... stimmte unter dem 26. September 2014 den genannten Maßnahmen zu.

18

Mit Schreiben vom 28. November 2014 wurden die Bevollmächtigten über die Zustimmung des Personalrates in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde das Disziplinarverfahren ausgedehnt auf das zivilgerichtliche Regressverfahren vor dem Landgericht H... (...) und das beim Amtsgericht L... (...) geführte Strafverfahren in dem bereits vorgenannten Betreuungsfall O...

19

Unter dem 3. Dezember 2014 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 25 v.H. der monatlichen Dienstbezüge verfügt.

20

Am 12. Dezember 2014 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er die Entfernung des Beamten aus dem Dienst betreibt. Dem Beklagten werden folgende Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt:

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1. Ausübung nicht genehmigter Nebentätigkeiten als Betreuer Anhand der erhobenen Beweise und der dabei gewonnenen Erkenntnisse stehe fest, dass der Beklagte in der Zeit von 2008 - 2013 neben seiner Tätigkeit als Polizeibeamter bei verschiedenen Gerichtsbezirken insgesamt 56 berufsmäßige Betreuungen geführt habe. Im März 2010 habe er unter der Bezeichnung „Betreuungsbüro Q..., Diplom-Verwaltungswirt (FH)“ zeitgleich 37 Betreuungen geführt. Für diese Tätigkeiten habe der Beklagte als berufsmäßiger Betreuer einen Aufwendungsersatz sowie eine Vergütung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Vormünder – und Betreuergesetz (im Folgenden: VBVG) i.H.v. 44 € je Stunde erhalten. Sein Stundenansatz habe variiert zwischen 2,0 bis 8,5 Stunden je Monat pro Betreuung. Ausweislich der Ermittlungen und Auswertungen der Kontounterlagen zu dem Konto Nr. ... bei der H...er ... Bank habe der Beklagte aus seiner Betreuungstätigkeit in den Jahren 2009 - 2012 insgesamt 157.957,58 € erzielt. Ungeklärt seien hierbei Einzahlungen auf dieses Konto in den Jahren 2012 bis 2013 i.H.v. 43.000,00 €. Diese Einkünfte habe er steuerrechtlich nicht erklärt. Obwohl der Beklagte noch mit Schreiben vom 26. April 2009 seine Arbeitszeit mit nur 8 Stunden wöchentlich angegeben habe, ihm die Generalgenehmigung zur Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeiten versagt worden sei und er letztmals im Folgeantrag am 8. Juni 2010 angegeben habe, die Nebentätigkeit mit einem Zeitaufwand von max. 5 Stunden pro Woche zu führen, habe der Beklagte nachweislich am 30. August 2010 insgesamt 33 Betreuungen durchgeführt.

22

Durch das dargestellte Verhalten habe der Beklagte nicht nur in hohem Maße gegen das für ihn maßgebliche Nebentätigkeitsrecht verstoßen, sondern auch gegen die Gewerbeordnung, da er keine Gewerbeanmeldung vorgenommen habe. Auch sei er verpflichtet gewesen, sein Gewerbe bei der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege anzumelden. Auch dies sei nicht geschehen.

23

Der Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht wiege umso schwerer, als diese Tätigkeit wegen gesetzlicher Versagungsgründe nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Mit der Übernahme von bis zu 37 Betreuungen zeitgleich habe er den zulässigen zeitlichen Rahmen für Nebentätigkeiten von 8 Stunden in der Woche überschritten, denn bereits für eine einzige ehrenamtliche Betreuung habe der Beklagte in seinen Genehmigungsanträgen selbst einen erforderlichen Zeitaufwand von wöchentlich zwei Stunden angegeben. Die Betreuertätigkeit stehe zudem im Widerspruch zu seiner Tätigkeit als Polizeibeamter, da diesem auch Betreute zugewiesen worden seien, die Drogen konsumiert hätten oder denen wegen Eigentumsdelikten Haftstrafen auferlegt worden seien. Schließlich sei die Tätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich, da der Allgemeinheit kein Verständnis dafür abverlangt werden könne, dass ein Beamter neben seiner Besoldung und dem Schutz seines Beamtenstatus ein zweites wirtschaftliches Standbein unterhalte. Von seinen dahingehenden Pflichten habe der Beamte spätestens mit dem Hinweis vom 26. April 2009, dass jede (ehrenamtliche) Betreuung anzuzeigen sei, hinreichend Kenntnis erlangt, so dass ihm ein vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen sei.

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1.1. Ausübung nicht genehmigter Nebentätigkeiten als Betreuer während krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit

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Die Beweisführung habe ergeben, dass der Beklagte in der Zeit von Mai 2009 bis Dezember 2012 an insgesamt 52 Tagen, an denen er krankheitsbedingt keinen Polizeidienst verrichtet habe, seinen Tätigkeiten als Berufsbetreuer nachgegangen sei.

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1.2. Fortführung der Nebentätigkeiten trotz ausdrücklichem Nebentätigkeitsverbot

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Trotz des dem Beklagten mit Verfügung vom 27. Oktober 2011 erteilten Nebentätigkeitsverbots und der Gewährung einer Frist bis zum 31. Dezember 2011 für die Abwicklung der Betreuertätigkeiten habe er noch im Januar 2012 insgesamt 17 und im Februar 2012 insgesamt neun Betreuungen geführt. Selbst im Februar 2013 sei er noch in einem Betreuungsfall tätig gewesen. Bereits die Einleitung des Disziplinarverfahren habe den Beklagten nicht von der Durchführung seiner Tätigkeiten abgeschreckt. Am 12. Oktober 2011 habe er beim Amtsgericht T... in der Betreuungssache Y... gegen seine Ablösung als Betreuer erfolgreich Beschwerde erhoben. Mit Schreiben vom 30. Januar 2012 habe er gebeten, seine Entbindung von dieser Betreuungsangelegenheit erst nach Verkaufsabwicklung der Immobilien der Betreuten vorzunehmen. Die Immobilien seien schließlich über die Maklerfirma “Immobilienbewertung Q...“, der Ehefrau des Beklagten, am 15. Dezember 2011 und 27. Juni 2012 mit Maklerprovisionen abgewickelt worden. Zuvor seien entsprechende Wertgutachten dieser Immobilien durch die Eheleute Q... erstellt worden. Erst mit Beschluss des Amtsgerichts T... vom 26. Februar 2013 sei der Beklagte als Betreuer in diesem Verfahren entlassen worden.

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1.3. Aufnahme weiterer Tätigkeiten trotz Nebentätigkeitsverbots

29

Trotz ausdrücklichem Nebentätigkeitsverbot habe der Beklagte zur Rückzahlung eines privaten Darlehens über 4000 € mit der Darlehensgeberin, Frau P..., eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass er das Darlehen durch diverse Arbeiten auf deren Grundstück gegen Anrechnung eines vorgesehenen Stundenlohns von zehn Euro ausgleiche. Bei dieser Tätigkeit habe es sich nicht um eine gelegentliche Nachbarschafts- bzw. Freundschaftshilfe gehandelt, da schließlich bis zu 400 Arbeitsstunden zur Rückzahlung des Vorschusses hätten erbracht werden müssen.

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2. Weitere Verfehlungen des Beklagten aufgrund seiner Tätigkeiten als Berufsbetreuer

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2.1. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts H... vom 8. März 2012 (1...) sei der Beklagte in dem Betreuungsfall O... zur Rückzahlung einer Summe von 27.180,00 € an das Ehepaar O... verpflichtet worden. Das Gericht habe es als erwiesen angesehen, dass der Beklagte im Zeitraum zwischen dem 22. Februar 2009 und 17. Dezember 2010 von den Konten der dortigen Kläger Barabhebungen getätigt habe, ohne deren bestimmungsgemäße Verwendung nachweisen zu können. Dabei habe er z.B. innerhalb von drei Monaten unbegründete Barabhebungen von insgesamt 5700,00 € vorgenommen, als sich der Betreute Herr O... in einer Einrichtung befunden habe.

32

2.2. Das dahingehende strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Untreue sei nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße i.H.v. 7100 € eingestellt worden (...).

33

2.3. Mit Widerspruchsbescheid der Kreisverwaltung ... vom 22. November 2012 (...) sei der Widerspruch des Beklagten gegen die Rückforderung erlangter sozialer Hilfeleistungen in Höhe von 1305,87 € als unbegründet zurückgewiesen worden. Der Beklagte sei zur Rückzahlung verpflichtet worden, da ihm als Vertreter bzw. Betreuer des Zahlungsempfängers die Rechtswidrigkeit des der Leistung zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes hätte auffallen müssen. Gegen den Widerspruchsbescheid habe der Beklagte vor dem Sozialgericht H... am 28. Januar 2013 Klage erhoben. Dieses Verfahren sei derzeit noch nicht abgeschlossen.

34

2.4. In dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft F... (...) zum Nachteil der Betreuten Y... sei der Beklagte verdächtigt worden, seine Pflichten als Betreuer verletzt und die Betreute dadurch in ihrer Gesundheit geschädigt oder körperlich misshandelt zu haben und sich daher einer fahrlässigen Körperverletzung strafbar gemacht zu haben. Das Verfahren sei am 18. März 2013 nach § 170 Abs. 2 StPO und nach Wiederaufnahme des Verfahrens auf Betreiben von Verwandten erneut nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.

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2.5. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft H... (...) sei der Beklagte verdächtigt worden, die Miete für den von ihm betreuten N... sowie die Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von insgesamt 2730,00 € nicht an den Vermieter gezahlt zu haben, obwohl der Betreute hierfür Sozialhilfeleistungen erhalten habe. Das Ermittlungsverfahren sei am 7. Oktober 2011 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, nachdem der Nachfolgebetreuer bestätigt habe, dass der Beklagte keine Regelverstöße während des Betreuungsverhältnisses begangen habe.

36

2.6. Bei der Auswertung der bei dem Beklagten sichergestellten Betreuungsakte N... seien mehrere Ausdrucke aus dem polizeilichen Informationssystem POLIS betreffend Herrn R... aufgefunden worden. Diese Ausdrucke hätten aufgelistete Strafverfahren des Herrn R... beinhaltet. Auf dem Ausdruck sei handschriftlich die Telefonnummer des Rechtsanwalts Z... vermerkt gewesen. Dieser sei in dem Verfahren gegen den Beklagten wegen Untreue dessen Verfahrensbevollmächtigter und Herr R... sei der Anzeigenerstatter gewesen. Ungeachtet des Ausgangs des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens (...) wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen durch Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO stehe jedenfalls die unberechtigte Abfrage im System POLIS fest. Dies stelle einen Verstoß gegen § 8 LDSG und die maßgebliche Rahmendienstanweisung dar.

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2.7. Im vorgenannten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft H... (...) sei der Beklagte zugleich verdächtigt worden, durch fehlerhafte Angaben eine erhöhte Reiseentschädigung erhalten zu haben. Auch insoweit sei das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.

38

2.8. Nach Auswertung der sichergestellten Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Beklagte seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Berufsbetreuer oder Immobiliensachverständiger steuerrechtlich nicht erklärt habe. Ausweislich eines Einkommenssteuerbescheides für den Beklagten und seine Ehefrau für das Jahr 2010 seien die Einkünfte der Ehefrau auf 22.000 € geschätzt worden. Das eingeleitete Steuerstrafverfahren sei derzeit noch nicht abgeschlossen.

39

Nach dem festgestellten Sachverhalt habe der Beklagte seine Dienstpflichten dergestalt verletzt, dass er gegen die Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts, seine allgemeine Gehorsamspflicht, das Gebot zur vollen Hingabe an den Beruf und gegen seine besonderen Dienstpflichten als Polizeibeamter verstoßen habe. Die außerdienstlichen Aktivitäten hätten sich erheblich auf seine dienstliche Verwendbarkeit ausgewirkt. Seit dem Jahr 2006 sei der Beklagte wegen psychosomatischer Beschwerden, die im Zusammenhang mit dem Wechselschichtdienst gesehen worden seien, eingeschränkt bzw. begrenzt dienstfähig und aufgrund dessen dauerhaft vom Nachtdienst befreit gewesen. Seit seiner Versetzung zum Polizeipräsidium H... am 1. Juni 2008 sei er zwar zunächst uneingeschränkt im regulären Wechselschichtdienst tätig gewesen. Unter Vorlage eines Attestes des Herrn Dr. AA... habe der Beklagte am 25. April 2012 erneut um Befreiung vom Nachtdienst gebeten. Im Schreiben des Gesundheitsamtes der Kreisverwaltung ... vom 28. November 2012 sei dargelegt, dass der Beamte unter Erschöpfungssymptomen leide, die im Zusammenhang mit dem Schichtdienst zu sehen seien. Aufgrund dessen sei der Beklagte seit Mitte 2012 bei der sogenannten zentralen flexiblen Dienstgruppe der Polizeidirektion M... eingesetzt und vom Nachtdienst befreit worden. Vom 18. Juni bis 9. Juli 2013 habe der Beamte sich im Rahmen einer Reha–Maßnahme in der psychosomatischen Fachklinik in M... befunden. Da der Beklagte ausweislich der erstellten Gutachten jedenfalls nicht auf die zusätzliche Dauerbelastung durch seine Tätigkeiten als Berufsbetreuer hingewiesen habe, bestünden erhebliche Zweifel, ob das bei ihm diagnostizierte Krankheitsbild und dessen eingeschränkte dienstliche Verwendungsfähigkeit rein dienstlichen Ursprungs gewesen seien.

40

Jedenfalls habe der Beamte langfristig und zielgerichtet die Reduzierung seiner Dienstzeiten und letztendlich die Lösung von seinem Beamtenverhältnis zu Gunsten seiner Nebentätigkeit geplant. Dies belegten sowohl sein Antrag auf Teilzeitbeschäftigung vom 26. April 2009 als auch die Aussagen des Herrn BB... vom 28. September 2011 in seiner Eigenschaft als Fachgebietsleiter des Fachbereichs Betreuungswesen der Kreisverwaltung H... und der Richterin CC..., Amtsgericht T..., gegenüber denen er sich jeweils dahingehend geäußert habe, seine hauptberufliche Tätigkeit einstellen und zukünftig nur noch als Berufsbetreuer arbeiten zu wollen. Bei der Kreisverwaltung M... habe er sich als Berufsbetreuer beworben.

41

Durch die dargestellten Dienstpflichtverletzungen habe der Beamte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren. Bereits die Intensität der während des Disziplinarverfahrens zu Tage getretenen nebentätigkeitsrechtlichen Pflichtverletzungen bewirke einen endgültigen Vertrauensverlust. Der Beklagte habe bis zuletzt die Tragweite seines Fehlverhaltens nicht eingesehen und sein Fehlverhalten im Bereich eines Formalverstoßes angesiedelt. Dies zeige sich auch darin, dass er gegen seinen Ausschluss aus dem Beförderungsgeschehen 2014 Widerspruch erhoben habe mit der Begründung, alle Ermittlungsverfahren gegen ihn seien eingestellt worden und die ihm vorgeworfenen unerlaubten Nebentätigkeiten ließe er durch einen Rechtsanwalt prüfen. Zudem habe er sich während des Disziplinarverfahrens als Lehrkraft bei der höheren Berufsfachschule Polizeidienst und Verwaltung in M... sowie als Vertreter des ehemaligen Zentrums für polizeiliche Prävention und schließlich auch für die Beförderungsverfahren 2014 und 2015 beworben.

42

Seit Bekanntwerden des tatsächlichen Ausmaßes seiner Verfehlungen sei der Beklagte nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion L... tätig. Er sei einer bestimmten Polizeiinspektion bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung nicht mehr zugeordnet gewesen. Die Vorgesetzten hätten ihm mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 ein maximal durchschnittliches Leistungsverhalten bescheinigt. Zu Gunsten des Beklagten seien demgegenüber keine gewichtigen Umstände zu berücksichtigen.

43

Der Kläger beantragt,

44

den Beamten aus dem Dienst zu entfernen.

45

Der Beklagte beantragt,

46

die Klage abzuweisen.

47

Er trägt unter Verweis auf seine Einlassung in dem Verfahren 3 L 651/15.TR vor, es entspreche nicht den Tatsachen, dass er auch in Zeiten krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit in der Lage gewesen sei, seinen Nebentätigkeiten nachzugehen. Sämtliche Bürotätigkeiten seien während dieser Zeit – aber auch zum größten Teil insgesamt – von seiner Ehefrau erledigt worden. Zu einer Unterzeichnung der formalisierten Dokumente sei er auch während der Krankheit fähig gewesen, was keiner weiteren Erklärung bedürfe.

48

Soweit er die Betreuungsfälle über den 31. Dezember 2011 abgewickelt habe, sei sein Verschulden lediglich gering. Die Abwicklung sei nicht binnen zwei Monaten zu bewältigen gewesen. Im Betreuungsfall Y... sei der Cousin zum neuen Betreuer bestellt worden. Da dieser erhebliche eigene finanzielle Interessen gehabt habe, habe er sich entschlossen, gegen den Bestellungsbeschluss Beschwerde zu erheben. Weil kein anderer Berufsbetreuer zur Verfügung gestanden habe, sei er erneut zum Betreuer bestellt worden. Dies habe der Wahrung der Vermögensinteressen gedient. Ein Zusammenhang mit dem Immobilienverkauf durch seine Ehefrau habe nicht bestanden.

49

Der Vorwurf der Schädigung der Zeugin P... sei erwiesenermaßen falsch, was dem Kläger spätestens seit dem Schreiben des Rechtsanwalts DD... vom 6. Februar 2014 bekannt sei.

50

Die POLIS-Abfrage werde eingeräumt und im steuerrechtlichen Verfahren sei mit einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO zu rechnen.

51

Soweit Dienstpflichtverletzungen vorlägen, räume er diese ein und bereue sie. Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme habe sich an der Zurückstufung zu orientieren. Zu berücksichtigen sei, dass das Strafverfahren O... eingestellt worden sei. Das Zivilverfahren in dieser Sache auf Rückerstattung von Geldern habe ausschließlich zivilrechtlichen Charakter und könne nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden. Ein gegebenenfalls zu erwartender Strafbefehl im Steuerstrafverfahren könne nicht zur Begründung des Disziplinarklageverfahrens herangezogen werden. Bei der POLIS-Abfrage handele es sich um einen einmaligen Vorgang. Die ihm gesetzte Frist zur Abwicklung der Betreuungsfälle sei zu kurz bemessen gewesen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass er zunächst völlig normal seinen Dienst abgeleistet habe und es nicht zu Beanstandungen gekommen sei. Eine nicht wiedergutzumachende Ansehensschädigung sei damit nicht eingetreten.

52

Mit Beschluss vom 6. Mai 2015 hat das erkennende Gericht den Antrag des Beklagten vom 4. März 2015 auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von 25 v.H. der monatlichen Dienstbezüge abgelehnt (3 L 651/15.TR).

53

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Personal- und Disziplinarakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht ebenso vor wie die Verfahrensakten des erkennenden Gerichts Az.: 3 L 651/15.TR, 3 O 1691/13.TR, 3 O 1255/11.TR, die Gerichtsakte des Sozialgerichts H... (Az.: ...), die Strafakten der Staatsanwaltschaften F... (Az.: ...) und H... (Az.: ...; ...) sowie die Gerichtsakte des Landgerichts H... (Az.: ...).

Entscheidungsgründe

54

Der Beklagte hat sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht, welches unter Berücksichtigung des Umfangs der Pflichtverletzung und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit sowie unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten die Entfernung aus dem Dienst erforderlich macht (§§ 11 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1 Nr. 5 und 8 Landesdisziplinargesetz vom 2. März 1998 (GVBl S. 29), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157 – LDG -). Aufgrund des eingetretenen irreparablen Vertrauensverlustes und der nicht wiedergutzumachenden Ansehensschädigung ist eine mildere disziplinarrechtliche Ahndung des Dienstvergehens nicht angezeigt.

55

Das der Disziplinarklage vorangegangene behördliche Disziplinarverfahren leidet unter keinen wesentlichen Verfahrensmängeln. Derartige wurden vom Beklagten auch nicht geltend gemacht.

56

In der Sache steht fest, dass der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen hat. Nach § 47 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) – BeamtStG - begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

57

Der Beklagte hat gegen elementare und im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes unabdingbare beamtenrechtliche Verhaltensgebote verstoßen. Indem er nachhaltig über mehrere Jahre Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts missachtet, dabei den Dienstherrn bewusst getäuscht, dienstliche Anordnungen missachtet und dienstlich zugängliche EDV–Systeme missbräuchlich genutzt hat, hat der Beklagte die Pflichten, sich gemäß § 34 S. 1 BeamtStG mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen, sich gemäß § 34 S. 3 BeamtStG achtungs– und vertrauenswürdig zu verhalten, gemäß § 35 S. 1 BeamtStG den Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen sowie die Pflicht, gemäß § 35 S. 2 BeamtStG Anordnungen und allgemeine Richtlinien seiner Vorgesetzten zu befolgen und schließlich auch die besonderen Pflichten eines Polizeibeamten (§ 115 LBG) in einem solchen Maß verletzt (I.), dass er unter Berücksichtigung der dabei zu Tage getretenen Persönlichkeitsstruktur für den öffentlichen Dienst untragbar geworden ist (II.).

I.

58

Dieser rechtlichen Würdigung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

1.

59

Der Beklagte beantragte erstmals am 4. Januar 2008 eine Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer für den zu betreuenden EE... mit einem Umfang von ca. 2 Stunden wöchentlich und einer Vergütung von ca. 348,00 € jährlich. Mit Schreiben vom 23. Juli 2008 wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass die Nebentätigkeit als Betreuer nach § 5 Abs. 1 Nebentätigkeitsverordnung i.V.m. § 3 Nr. 26 Einkommenssteuergesetz als allgemein genehmigt gelte. Mit Schreiben vom 13. August 2008 zeigte der Beklagte die Bestellung als Betreuer für den zu betreuenden ... FF... an. Unter dem 26. Dezember 2008 zeigte er an, dass die Betreuung des Herrn FF... nach dessen Ableben beendet sei. Weitere Betreuungsanzeigen erfolgten unter dem 17. September 2008 für Herrn von GG... mit einem Stundenansatz von 2 Stunden pro Monat, dem 2. November 2008 für Frau ... und Frau ... und nachfolgend unter dem 10. Mai 2009 für die Herren ... und ...

60

Am 26. April 2009 bat der Beklagte zu prüfen, ob ihm eine Generalgenehmigung zur Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeiten als Betreuer erteilt werden könne. Die wöchentliche Arbeitszeit werde 8 Stunden nicht übersteigen. Gleichzeitig bat er um Kürzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit um 25 %, somit auf 30 Stunden wöchentlich. Dies lehnte der Kläger mit Schreiben vom 29. April 2009 ab. Letztmals trug der Beklagte mit Schreiben vom 8. Juni 2010 diese Nebentätigkeit mit einem Zeitumfang von max. 5 Stunden pro Woche zur Genehmigung vor. Mit E-Mail vom 7. Juli 2010 wurde der Beklagte aufgefordert, die aktuellen Betreuungsfälle anzugeben. Mit E-Mail vom 30. August 2010 gab der Beklagte an, dass er die bekannten Betreuungsfälle EE..., HH... und GG... bereits eingestellt habe. Alle weiteren Betreuungen würden bis zum Jahresende ebenfalls eingestellt.

61

Entgegen diesen Bekundungen führte der Beklagte in der Zeit von 2008 bis 2013 insgesamt 56 Betreuungen. Im März 2010 führte er unter der Bezeichnung „Betreuungsbüro Q..., Diplom-Verwaltungswirt (FH)“ zeitgleich 37 und am 30. August 2010 insgesamt 33 Betreuungen.

62

Mit Verfügung vom 27. Oktober 2011 wurde dem Beklagten seitens des Dienstherrn jegliche Nebentätigkeit mit sofortiger Wirkung untersagt. Für die Abwicklung der Betreuertätigkeiten wurde ihm eine Frist bis zum 31. Dezember 2011 gewährt. Der Antrag des Beklagten vom 21. November 2011 auf Verlängerung der Frist zur Abwicklung bis zum 31. März 2012 wurde mit Schreiben vom 24. November 2011 abgelehnt. Im Januar 2012 führte der Beklagte insgesamt 17 Betreuungen und im Februar 2012 neun Betreuungen. Selbst im Februar 2013 war er noch in einem Betreuungsfall tätig. In der Betreuungssache Y... erhob der Beklagte am 12. Oktober 2011 Beschwerde gegen seine Ablösung als Betreuer. Mit weiterem Schreiben vom 30. Januar 2012 bat der Beklagte das Amtsgericht T..., seine Entbindung vom Betreuungsfall Y... erst nach Verkaufsabwicklung der Immobilien der Betreuten vorzunehmen. Nach Abwicklung der Immobilienverkäufe über die Maklerfirma „Immobilienbewertung Q...“ am 15. Dezember 2011 und 27. Juni 2012 wurde der Beklagte mit Beschluss des Amtsgerichts T... vom 26. Februar 2013 als Betreuer der Frau Y... entlassen.

63

Für die Tätigkeiten erhielt der Beklagte als „berufsmäßiger Betreuer“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Vormünder– und Betreuergesetz – VBVG – eine Vergütung i.H.v. 44,00 € je Stunde. Sein Stundenansatz variierte zwischen 2,0 bis 8,5 Stunden je Monat pro Betreuung. Für die von ihm durchgeführten Betreuungen erhielt der Beklagte folgende Einnahmen:

64

2009: 

38.095,20 €

2010: 

65.452,36 €

2011: 

44.252,65 €

2012: 

10.157,37 €

                 

Gesamt:

157.957,58 €

65

Die Einnahmen aus seiner Betreuungstätigkeit hat der Beklagte steuerrechtlich nicht erklärt. Anmeldungen als Gewerbe sind ebenso unterblieben wie eine Meldung bei der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege.

66

Der Beklagte übte die Tätigkeiten als Berufsbetreuer auch in Zeiten krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit aus. Ausweislich der hierzu erstellten Auflistung im Ermittlungsverfahren ging der Beamte in der Zeit von Mai 2009 bis zum Dezember 2012 an insgesamt 52 Tagen, an denen er krankheitsbedingt keinen Polizeidienst verrichten konnte, seinen Tätigkeiten als Berufsbetreuer nach. Hierbei handelte es sich um Bankgeschäfte, Korrespondenz oder auch persönliche Gespräche mit den Betreuten und Behörden.

67

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des Inhalts der disziplinarrechtlichen Ermittlungsakten und der beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft F..., der Staatsanwaltschaft H..., des Landgerichts H... und des Sozialgerichts H... Der dargestellte Sachverhalt wird vom Beklagten auch nicht substantiiert in Abrede gestellt. Der Einwand, dass in Zeiten seiner Erkrankung sämtliche Bürotätigkeiten von seiner Ehefrau durchgeführt worden seien, ändert selbst bei unterstellter Richtigkeit nichts an dem festgestellten Umstand, dass er im Rechtsverkehr mit dem von ihm geführten Betreuungsbüro außenwirksam agiert hat. Die Durchführung von Bürotätigkeiten durch seine Ehefrau ist ihm unumschränkt – objektiv wie subjektiv - zuzurechnen. Zudem hat der Beklagte selbst eingeräumt, die schriftliche Korrespondenz unterzeichnet zu haben. Einer weitergehenden Aufklärung des dahingehenden Sachverhaltes im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes bedurfte es daher nicht.

68

In disziplinarrechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu bewerten:

69

a) Durch die Ausübung der dargestellten Betreuertätigkeit hat der Beklagte wiederholt und beständig über den Zeitraum von 2008/2009 bis 2013 gegen das für ihn maßgebliche Nebentätigkeitsrecht verstoßen. Zugrunde zu legen sind dabei einerseits die nebentätigkeitsrechtlichen Bestimmungen der §§ 72ff Landesbeamtengesetz in der Fassung vom 14. Juli 1970, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Juli 2010 (GVBl. S. 167,198), im Folgenden: - LBG alt – und andererseits diejenigen der im wesentlichen inhaltsgleichen §§ 82ff des Landesbeamtengesetzes vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Oktober 2013 (GVBl. S. 359) – LBG –. Sowohl nach altem wie auch nach neuem Recht handelt es sich bei den vom Beklagten entfalteten Tätigkeiten um eine Nebentätigkeit, die auch genehmigungspflichtig war. Kraft Gesetzes stellt lediglich die unentgeltliche Betreuung von Angehörigen keine Nebentätigkeit dar (§ 72 Abs. 2 1.Halbsatz LBG alt bzw. § 82 Abs. 2 LBG). Die Nebentätigkeit war nicht nach § 5 Nebentätigkeitsverordnung vom 2. Februar 1987, in der Fassung vom 20. Oktober 2010 – NebVO – i.V.m. § 3 Nr. 26 Einkommenssteuergesetz in der Fassung vom 20. Dezember 2014 – EStG – allgemein genehmigt, weil der Beklagte unter Zugrundelegung der genannten Einnahmen die maßgebliche Freigrenze im Kalenderjahr in jedem Fall spätestens seit dem Jahr 2009 überschritten hat. Im Übrigen bestünde auch hinsichtlich einer derartigen Tätigkeit eine Anzeigepflicht, der der Beklagte bis auf sieben Betreuungsfälle unstreitig ebenso nicht nachgekommen ist.

70

Der Beklagte hat nach § 1836 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung vom 21. April 2005 – BGB – eine berufsmäßige Betreuung ausgeübt. Eine solche liegt im Regelfall vor, wenn der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder die für die Führung der Vormundschaft erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet. Für diesen Fall ist eine Vergütung zu bewilligen (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern in der Fassung vom 17. Dezember 2008 – VBVG -), die sich nach § 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 VBVG richtet. Der Beklagte hat – wie dargelegt - durchschnittlich mehr als zehn Vormundschaften geführt, hierfür nachweislich nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG Betreuungskosten i.H.v. 44 €/Stunde abgerechnet und zur Erledigung seiner Nebentätigkeit unstreitig ein Büro („Betreuungsbüro Q...“) geführt, in dem, nach eigenem Vortrag des Beklagten, eine Hilfskraft – seine Ehefrau - beschäftigt war. Diese freiberufliche/gewerbliche Tätigkeit unterliegt der Genehmigungspflicht (§ 74 Abs. 1 Nr. 1 a) und b) LBG a.F. bzw. § 83 Abs. 1 Nr. 1 LBG). Eine Genehmigung für diese Tätigkeit hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt beantragt bzw. erhalten, weshalb dem Beamten ein kontinuierlich wiederholter Verstoß gegen seine nebentätigkeitsrechtlichen Obliegenheiten und damit zugleich ein Verstoß gegen seine Gehorsams- sowie Hingabepflicht nach § 65 S. 2 LBG a.F. bzw. § 35 S. 2 BeamtstG und § 64 Abs. 1 S. 1 LBG a.F. bzw. § 34 S. 1 BeamtStG vorzuhalten ist.

71

Das Beamtenverhältnis als öffentlich–rechtliches Dienst– und Treueverhältnis nimmt die Beteiligten umfassend in Anspruch. Einerseits ist der Beamte verpflichtet, sich seinem Beruf hinzugeben (§§ 64 Abs. 1 S. 1 LBG alt, 34 S. 1 BeamtStG) und von daher seine Arbeitskraft grundsätzlich voll dem Dienstherrn zu widmen. Im Gegenzug ist der Dienstherr verpflichtet, dem Beamten in Gestalt von Dienst– und Versorgungsbezügen eine angemessene Alimentation zu J... Ausgehend hiervon steht dem Dienstherrn eine Prüfungs- und Entscheidungsmöglichkeit zu, wenn ein Beamter durch eine nicht dienstlich veranlasste Nebentätigkeit seine Arbeitskraft auch außerhalb des beruflichen Pflichtenkreises nutzbar machen will. Diesem Interesse dient die Notwendigkeit der Zustimmung des Dienstherrn zu der beabsichtigten Tätigkeit; der Dienstherr soll in dem berechtigten Interesse an einer vollwertigen, nicht durch anderweitige Verausgabung der körperlichen oder psychischen Arbeitskraft beeinträchtigten Dienstleistung des Beamten geschützt werden (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1990, BVerwGE 84, 299ff – juris -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Januar 2002, 3 A 11578/01. OVGE). Gegen diese Interessenlage hat der Beklagte vehement verstoßen.

72

Die Nebentätigkeit war materiell- rechtlich auch nicht genehmigungsfähig. Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 LBG a.F. bzw. § 83 Abs. 2 LBG ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Der Begriff der dienstlichen Interessen ist verwaltungsgerichtlich voll nachprüfbar und durch die Aufzählung wesentlicher Versagungsgründe in § 73 Abs. 2 S. 2 LBG a.F. bzw. § 83 Abs. 2 S. 2 LBG konkretisiert, ohne abschließend zu sein, wie es sich aus der Verwendung des Begriffs “insbesondere“ ergibt.

73

Der Genehmigungsfähigkeit der vom Beklagten ausgeübten Nebentätigkeit standen vorliegend mehrere Versagungsgründe in diesem Sinne entgegen. Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 LBG a.F. bzw. § 83 Abs. 2 Nr. 1 LBG ist die Nebentätigkeit zu versagen, wenn sie nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann. Diese Voraussetzung ist in der Regel erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch die genehmigungs- und anzeigepflichtige Nebentätigkeit acht Stunden in der Woche bzw. ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Dies war vorliegend ausweislich des geltend gemachten Stundenansatzes, der zwischen 2,0 und 8,5 Stunden je Monat pro Betreuung variierte, unter Zugrundelegung der genannten zeitgleich geführten Betreuungen unstreitig der Fall. Unabhängig davon liegt dieser Versagungsgrund auch deswegen vor, weil der Beklagte seit dem Jahr 2006 unter psychosomatischen Beschwerden litt, die im Zusammenhang mit dem Wechselschichtdienst gesehen wurden, infolgedessen eingeschränkt bzw. begrenzt dienstfähig und daher zumindest zeitweise auch vom Nachtdienst befreit war (Gutachten des Gesundheitsamtes I... vom 31. März 2006, psychosomatisches Fachgutachten II..., Mittelrhein–Klinik JJ..., Dezember 2007, Gesundheitsamt I..., amtsärztliche Untersuchung am 7. Februar 2008). In diesem Fall musste der Beamte zur Vermeidung der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes die zeit- und arbeitsintensive Tätigkeit als Berufsbetreuer im vorgenannten Umfang unbedingt unterlassen.

74

Nach § 73 Abs. 2 Nr. 2 LBG a.F. bzw. § 83 Abs. 2 Nr. 2 LBG ist eine Nebentätigkeit zu versagen, wenn sie geeignet ist, den Beamten in Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten zu bringen. Angesichts dessen, dass dem Beklagten nach dem Ergebnis der Ermittlungen auch solche Betreute zugewiesen waren, die Drogen konsumierten oder denen wegen Eigentumsdelikten Haftstrafen auferlegt waren, ist unschwer auch dieser Versagungsgrund einschlägig.

75

Schließlich ist die Tätigkeit nach Maßgabe des § 73 Abs. 2 Nr. 6 LBG a.F. bzw. § 83 Abs. 2 Nr. 5 LBG auch dann zu versagen, wenn sie dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann. Insoweit ist relevant, ob die Tätigkeit des Betreffenden geeignet ist, aus der Sicht eines objektiven Dritten dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung zu schaden. Wie bereits im Beschluss des erkennenden Gerichts vom 6. Mai 2015 (3 L 651/15.TR) ausgeführt, kann von der Öffentlichkeit kein Verständnis dafür erwartet werden, dass ein Polizeibeamter nicht nur ungenehmigt außerdienstliche Nebentätigkeiten ausübt und hierdurch den Anschein erweckt, er sei in seinem Hauptberuf nicht ausgelastet, sondern diese auch in Zeiten wahrnimmt, in denen er nicht in der Lage ist, seinen alimentierten Pflichten als Polizeibeamter nachzukommen. Der Beklagte ist nachweislich in der Zeit von Mai 2009 bis Dezember 2012 an insgesamt 52 Tagen außenwirksam für das Betreuungsbüro Q..., sei es durch Erledigung von Bankgeschäften, sei es durch schriftliche Korrespondenz oder auch durch persönliche Gespräche mit Betreuten und Behörden aufgetreten. Während Zeiten der Erkrankung hat sich der Beamte aller Tätigkeiten zu enthalten, die auch nur im Ansatz den Eindruck erwecken könnten, der Beamte werde zu Unrecht voll alimentiert oder, dass eine Erkrankung tatsächlich nicht vorliegt. Zudem war der Beamte eingeschränkt dienstfähig und - zumindest zeitweise – vom Wechselschichtdienst befreit, wie bereits ausgeführt. Aufgrund der eingeschränkten Verwendungsfähigkeit wäre die Nebentätigkeit zur Vermeidung des dargestellten Bildes in der Öffentlichkeit ebenso zu vermeiden gewesen.

76

Dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung und insbesondere der gesteigerten Verpflichtung von Polizeibeamten nach § 214 LBG a.F. bzw. § 115 LBG, das Verhalten an den besonderen Pflichten des Polizeibeamten auszurichten, ist es zudem abträglich, wenn die ausgeübte Nebentätigkeit entgegen den dafür vorgesehenen besonderen gesetzlichen Anforderungen, insbesondere an die Vermögensbetreuungspflicht der zu Betreuenden, dergestalt ausgeübt wird, dass ein nicht unerheblicher zivilrechtlicher Regressanspruch gegen den Beamten erfolgreich durchgesetzt wird und ein sachgleiches Strafverfahren mit dem letztendlich nicht ausgeräumten Vorwurf der Untreue gegen den Beamten geführt und nach § 153a StPO eingestellt wird. Allein diese Tatsache ist, unabhängig davon, ob und inwieweit ein zivilgerichtliches Urteil hinsichtlich seiner Feststellungen Bindungswirkung im Disziplinarverfahren entfaltet und auch unabhängig davon, inwieweit Feststellungen aus einem eingestellten Strafverfahren einem Disziplinarverfahren als eigener Vorwurf zu Grunde zu legen sind, geeignet, im nebentätigkeitsrechtlichen Verfahren eine Beeinträchtigung des Ansehens der öffentlichen Verwaltung anzunehmen. Dies gilt entsprechend hinsichtlich der unstreitig nicht erfolgten steuerrechtlichen Erklärung seiner Einkünfte aus der Nebentätigkeit sowie der fehlenden gewerberechtlichen und unfallrechtlichen Anmeldung. Ein sachlich denkender Bürger wird kein Verständnis dafür aufbringen, dass ein Polizeibeamter sich durch eine Nebenbeschäftigung eine zusätzliche Einnahmequelle verschafft, hierbei aber die gesetzlichen Anforderungen an die konkrete Tätigkeit und die hiermit verbundenen Meldepflichten außer Acht lässt. Das Verhalten des Beklagten ging nach alledem in nebentätigkeitsrechtlicher Hinsicht weit über einen nur formalen Pflichtenverstoß hinaus.

77

Mit der Verletzung des Nebentätigkeitsrechts im vorgenannten Sinne geht zugleich ein Verstoß gegen § 64 Abs. 1 S. 3 LBG alt bzw. 34 S. 3 BeamtStG einher, wonach der Beamte verpflichtet ist, inner- und außerdienstlich ein Verhalten an den Tag zu legen, welches der Achtung und dem Vertrauen entspricht, die sein Beruf erfordert und insbesondere verlangt, dass der Beamte nicht gegen die für ihn maßgebliche Gesetzeslage verstößt.

78

b) Der Beklagte hat dadurch, dass er – wie im festgestellten Sachverhalt ausgeführt – wiederholt falsche Angaben hinsichtlich der Qualität und Quantität der von ihm wahrgenommenen Nebentätigkeit gemacht hat, gegen seine sich aus §§ 65 S. 1, 64 Abs. 1 S. 3 LBG a.F. bzw. §§ 35 S. 1 und 34 S. 3 BeamtStG ergebenden Pflichten verstoßen. Aus dem Dienst – und Treueverhältnis ergibt sich die Verpflichtung für den Beamten, seinem Vorgesetzten Auskunft zu geben. Mit dem Treueverhältnis ist es hierbei grundsätzlich unvereinbar, dass der Beamte die Unwahrheit sagt. Dies ergibt sich unbeschadet bestehender Grenzen der Wahrheitspflicht jedenfalls hinsichtlich solcher Angaben, die im Rahmen eines nebentätigkeitsrechtlichen Verfahrens über Art und Umfang der ausgeübten Nebentätigkeit erforderlich sind. Denn der Dienstherr hat regelmäßig ein berechtigtes Interesse an dieser Auskunft, weil nur sie ihm ein Urteil darüber ermöglicht, in welchem Maße dienstliche Belange betroffen sind und ob gegebenenfalls ein dienstliches Einschreiten erforderlich ist. Vorliegend hat der Beklagte nicht nur schlicht seine Nebentätigkeit verschwiegen, sondern positiv falsche Angaben in seinen Genehmigungsanträgen gemacht und darüber hinaus auch auf konkrete Nachfrage des Dienstherrn zur Anzahl der Betreuungsfälle die Unwahrheit geäußert.

c)

79

d) Schließlich ist dem Beklagten nach § 35 S. 2 BeamtStG ein wiederholter Gehorsamsverstoß über eine lange Dauer vorzuhalten. Entgegen der Verfügung vom 27. Oktober 2011, mit der ihm aufgegeben wurde, die Ausübung jeglicher Nebentätigkeit mit sofortiger Wirkung einzustellen, und der Verweigerung der Verlängerung der ihm bis zum 31. Dezember 2011 gesetzten Abwicklungsfrist mit Schreiben vom 24. November 2011 hat er unstreitig seine Nebentätigkeit beharrlich weitergeführt. Nachweislich war der Beklagte im Januar 2012 noch mit insgesamt 17 Betreuungen, im Februar 2012 mit neun Betreuungen und im Februar 2013 noch mit einer Betreuung befasst.

80

Die dahingehende dienstliche Weisung war einfach und unmissverständlich. Unabhängig davon, dass Beamte grundsätzlich auch verpflichtet sind, rechtswidrige innerdienstliche Weisungen auszuführen und ihnen lediglich ein Remonstrationsrecht nach Maßgabe des § 36 BeamtStG zusteht, um sich von der eigenen Verantwortung zu befreien, liegen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Weisung etwa nichtig oder rechtswidrig gewesen wäre. Mit der Bewilligung einer Frist von zwei Monaten wurde dem Beklagten ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung gestellt, seine Betreuertätigkeiten niederzulegen. In dieser Hinsicht war von ihm vor dem Hintergrund der dienstlichen Interessen seines Dienstherrn und der im Raum stehenden erheblichen Verletzung seiner Dienstpflichten ein nachhaltiges und effektives Verhalten zum Zwecke der Fristwahrung zu erwarten. Dieser dienstlichen Anordnung ist der Beklagte nicht nachgekommen.

81

e) Die vom Kläger unter Ziff. 2 der Klageschrift aufgelisteten „weiteren Verfehlungen des Beklagten aufgrund seiner Tätigkeit als Berufsbetreuer“:

82

- zivilgerichtliches Verfahren des betreuten Ehepaares O... gegen den Beklagten vor dem LG H... (Az. ...),
- Strafverfahren wegen Untreue im Betreuungsfälle O..., Amtsgericht L... (Az. ...),
- Widerspruchs– und Klageverfahren wegen Rückerstattung von Sozialleistungen in der Betreuungssache KK..., Sozialgericht H... (Az.: ...),
- strafrechtliches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft F... (Az.: ...) wegen fahrlässiger Körperverletzung (Verwahrlosung wegen Vernachlässigung) zum Nachteil der Betreuten Y...,
- strafrechtliches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft H... (Az.: ...) wegen Untreue in der Betreuungssache N... und
- strafrechtliches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft H... (Az.: ...) wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und Betrugs
- Steuerstrafverfahren des Finanzamts ..., Nr. ..., Steuerfahndungslisten Nr. ...

83

sind - mit Ausnahme des disziplinarrechtlichen Überhangs im Strafverfahren Az.: ... hinsichtlich der unbefugten Nutzung des polizeilichen Informationssystems POLIS, wie noch auszuführen ist - nicht geeignet, einen zusätzlichen Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten zu begründen. Dies gilt zum einen weil es hinsichtlich der genannten Strafverfahren und des Steuerstrafverfahrens jeweils an einem ausermittelten Sachverhalt, der dem Beklagten als Dienstvergehen vorzuhalten ist, erkennbar fehlt. Die Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach §§ 170 und 153a StPO und auch der fehlende Abschluss eines Strafverfahrens stehen grundsätzlich einer eigenständigen Würdigung und Bewertung der strafgerichtlichen Verfahrensakten im Disziplinarverfahren nicht entgegen. Demgegenüber ist es den Disziplinarbehörden verwehrt, insbesondere in einem nach § 153a StPO eingestellten Strafverfahren davon auszugehen, dem Beamten sei nachgewiesen, dass er die ihm vorgeworfene Tat begangen hat, wenn der Beamte – wie hier – die Straftat bestreitet. Jedoch ist es den Ermittlungsbehörden nicht verwehrt, die im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und im strafgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse und Beweismittel einer eigenständigen Überprüfung etwa im Hinblick darauf zu unterziehen, ob sich daraus hinreichende Schlussfolgerungen für das Vorliegen eines Dienstvergehens ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 1991,1 BvR 1326/90; VG Berlin, Urteil vom 28. August 2012, 8 K 9.12 OL; VG Meiningen, Urteil vom 20. Juni 2013, 6 D 60005/12 Me). Eine derartige eigenständige Prüfung hat die Disziplinarbehörde vorliegend jedoch erkennbar nicht vorgenommen, so dass sich die Annahme einer dahingehenden Anschuldigung und mithin einer Würdigung dahingehender eigenständiger Dienstpflichtverletzungen verschließt.

84

Entsprechendes gilt hinsichtlich des Widerspruchs- und Klageverfahrens wegen Rückerstattung von Sozialleistungen, welches noch nicht abgeschlossen und von daher nach derzeitiger Sach- und Rechtslage keinen Verstoß gegen beamtenrechtliche Obliegenheiten erkennen lässt.

85

Zwar ist demgegenüber das zivilrechtliche Regressverfahren in dem Betreuungsfall O... rechtskräftig abgeschlossen und das Verfahren kann im Wege des Urkundsbeweises in das Disziplinarverfahren eingeführt werden. Die danach feststehende fehlerhafte Betreuung ist auch grundsätzlich geeignet, ein achtungsunwürdiges Verhalten des Beamten im Rahmen der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit anzunehmen, wie bereits ausgeführt. Als außerdienstliches Verhalten unterliegt es jedoch für die Annahme eines darüber hinausgehenden isolierten Dienstpflichtverstoßes den qualifizierten Anforderungen des § 47 S. 2 BeamtStG. Dass das Verhalten nach den Umständen des Einzelfalls jedoch in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt des Beklagten bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, wurde weder vom Kläger dargelegt, noch ist dies nach den gegebenen Umständen ersichtlich. Insbesondere ist ein konkreter Dienstbezug der Verfehlung in Gestalt der Verletzung seiner Betreuerobliegenheiten zu seinen Dienstpflichten auch unter Berücksichtigung der besonderen Dienstpflichten eines Polizeibeamten nicht erkennbar und ein strafrechtsrelevantes Verhalten gerade nicht ausermittelt (vgl. zu den Anforderungen eines relevanten außerdienstlichen Verhaltens im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, 2 C 5/10).

86

Infolgedessen beschränkt sich die disziplinarrechtliche Bedeutung der in der Klageschrift lediglich chronologisch aufgelisteten Verfahren auf deren Einbeziehung in die Würdigung des materiell-rechtlichen Verstoßes gegen das Nebentätigkeitsrecht, wie oben erfolgt.

87

f) Soweit dem Beklagten vorgehalten wird, eine weitere Nebentätigkeit ohne entsprechende Genehmigung für Frau P... ausgeübt zu haben, ist der Beklagte vom Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung freizustellen. In Anbetracht der Erklärung von Frau P... über ihren Verfahrensbevollmächtigten vom 6. Februar 2014, wonach eine irgendwie geartete Verbindung zwischen einem dem Beklagten gewährten Darlehen und der Durchführung gärtnerischer Gefälligkeiten zu keinem Zeitpunkt bestanden hat, ist davon auszugehen, dass er für Frau P... keine entgeltliche Nebentätigkeit im Sinne des Nebentätigkeitsrechts ausgeübt hat.

88

Hinsichtlich der vorgehaltenen relevanten Pflichtverletzungen im Komplex „Nebentätigkeit“ handelte der Beklagte schuldhaft, nämlich vorsätzlich. Seine nebentätigkeitsrechtlichen Obliegenheiten waren ihm hinlänglich bekannt. Bereits ausweislich der ersten Genehmigung für den Betreuungsfall EE... war für ihn erkennbar, dass ausschließlich ehrenamtliche Betreuungen – nur - anzeigepflichtig sind. Mit der Ablehnung der von ihm beantragten Generalgenehmigung mit Schreiben vom 29. April 2009 war ihm zudem bekannt, dass die – ehrenamtliche - Betreuung in jedem Einzelfall anzuzeigen ist. In seinem letzten Folgeantrag vom 6. Juni 2010 gab der Beklagte bewusst wahrheitswidrig an, dass seine Nebentätigkeit für die Betreuung von Nichtangehörigen mit einem Zeitaufwand von max. 5 Stunden pro Woche verbunden sei. Zu diesem Zeitpunkt führte er bereits seit Monaten 37 Betreuungen als Berufsbetreuer. Diese wahre Begebenheit hat der Beklagte seinem Dienstherrn in Kenntnis der nicht bestehenden Genehmigungsfähigkeit bewusst verschwiegen. Bewusst und gewollt führte er seine Nebentätigkeit auch noch nach ausdrücklichem Nebentätigkeitsverbot mit Verfügung vom 27. Oktober 2011 und auch noch nach Ablehnung der Verlängerung der Abwicklungsfrist fort. Soweit der Beklagte sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, die Abwicklungsfrist sei zu kurz bemessen gewesen, vermag dies den Schuldvorwurf nicht zu entkräften. Dem Beklagten hätte es oblegen, für eine unverzügliche Einstellung seiner Betreuungsfälle Sorge zu tragen. Die erfolgte Anzeige an die entsprechenden Betreuungsstellen, von den Betreuungen entbunden zu werden, wie auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, genügte dieser Obliegenheit nicht. Dies zeigt auch ein Aktenvermerk vom 9. Februar 2012 (Bl. 283 DA) aus dem ersichtlich wird, dass sich die beim Amtsgericht T... zuständige Richterin für Betreuungsangelegenheiten zu diesem Zeitpunkt sehr verwundert darüber äußerte, dass gegenüber dem Beklagten ein Nebentätigkeitsverbot erteilt worden sei, da er dies ihr gegenüber noch mit keinem Wort erwähnt habe. Stattdessen konnte sie bekunden, dass der Beklagte derzeit mindestens noch zwölf Personen betreue. Dies und auch die Vielzahl der vom Beklagten über die Abwicklungsfrist hinaus geführten Betreuungsfälle deuten vielmehr darauf hin, dass er sich nicht mit dem gebotenen Nachdruck um die Einstellung der Betreuungen bemüht hat. Hätte in Einzelfällen tatsächlich die Notwendigkeit einer Fortführung bestanden, wie der Beklagte durch die angeregte Zeugenvernehmung der Direktoren der Amtsgerichte I..., T... und ... sowie der Vernehmung einer Richterin des Amtsgerichts T... zu bekräftigen versucht, hätte er das Gespräch mit dem Dienstherrn suchen müssen, um einen entsprechenden – im Einzelfall gerechtfertigten - Aufschub zu erhalten. Dies hat er jedoch nicht getan. Angesichts dieser tatsächlichen Umstände bedurfte es auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes keiner Beweisaufnahme zur Frage des Verschuldens des Beklagten, da der dahingehende Vortrag für die Würdigung der Schuldhaftigkeit unerheblich ist. Insoweit vermag ihn schließlich auch sein Einwand hinsichtlich unterschiedlicher Motivationslagen für die Fortführung von Betreuungsfällen nicht zu entlasten.

2.

89

Der Beklagte hat das polizeiliche Informationssystem POLIS unbefugtermaßen dazu genutzt, personenbezogene Daten betreffend den Herrn R... zu erlangen. Die bei ihm im Rahmen einer Durchsuchung vorgefundenen Ausdrucke beinhalten aufgelistete Strafverfahren des Herrn R... Dieser wiederum war Anzeigenerstatter in einem gegen den Beklagten geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Untreue (Az. ...).

90

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft H... (...) und wird vom Beklagten ausdrücklich eingeräumt.

91

Mit der unbefugten Datenabfrage und der außerhalb dienstlicher Zwecke aus privaten Gründen erfolgten Aufbewahrung der personenbezogenen Daten hat der Beklagte gegen § 8 Landesdatenschutzgesetz – LDSG – sowie die hierzu ergangenen einschlägigen Verwaltungsvorschriften und die Dienstvereinbarung zum Datenschutz und der Datensicherheit bei der Polizei (insbesondere 2.1.6 und 2.2) und damit zugleich gegen seine dienstlichen Pflichten zu vollem persönlichen Einsatz (§ 34 S. 1 BeamtStG), die Pflicht, dienstliche Anordnungen und Richtlinien zu befolgen (§ 35 S. 2 BeamtStG) und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG, § 115 LBG) verstoßen.

92

Hinsichtlich dieses Pflichtenverstoßes ist dem Beklagten ebenso ein vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen, da ihm die entsprechenden Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes, worauf jeder Beamte gesondert verpflichtet wird, hinlänglich bekannt waren und zudem die persönlichen Vermerke auf den aufbewahrten Ausdrucken darauf hindeuten, dass der Beklagte beabsichtigte, die hieraus erlangten Erkenntnisse für eigene Zwecke zu nutzen.

II.

93

Welche Disziplinarmaßnahme für das angeschuldigte Dienstvergehen erforderlich ist, richtet sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LDG nach dessen Schwere unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauens-beeinträchtigung.

94

Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der disziplinaren Maßnahme ist demnach die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale). Zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

95

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild“ des Beamten erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt.

96

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

97

Aus den gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 LDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu befinden, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, oder ob die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Beeinträchtigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist. Ergibt die prognostische Gesamtwürdigung, dass ein endgültiger Vertrauensverlust noch nicht eingetreten ist, haben die Verwaltungsgerichte diejenige Disziplinarmaßnahme zu verhängen, die erforderlich ist, um den Beamten zur Beachtung der Dienstpflichten anzuhalten und der Ansehensbeeinträchtigung entgegenzuwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007, Az.: 2 C 9/06 – juris -).

98

Vorliegend hat der Beklagte durch das festgestellte Dienstvergehen nicht nur das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit verloren; die Entfernung aus dem Dienst ist auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und Abwägung aller für und gegen ihn sprechenden Gesichtspunkte gerechtfertigt. Der Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht und die in diesem Zusammenhang begangenen weiteren Pflichtverletzungen durch das bewusste und kontinuierliche Täuschen des Dienstherrn und das beharrliche Ignorieren einer dienstlichen Weisung sind aufgrund der festgestellten objektiven und auch subjektiven Kriterien derart gewichtig, dass alleine die Schwere dieser Verfehlung die Entfernung des Beamten aus dem Dienst gebietet.

99

Grundsätzlich steht für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten an. Weiterhin muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeit gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen, das heißt die Betätigungen auch materiell rechtswidrig sind und ob sich das Verhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt hat. Erschwerend wirkt sich auch aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt (BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2007, 1 D 16.05; BVerfG, Beschluss vom 14. November 2007, 2 BvR 371/97 – juris -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Mai 2008, 3 A 10045/08).

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Vorliegend hat der Beklagte ohne den Dienstherrn darüber in Kenntnis zu setzen, parallel zu seinem Beamtenberuf ein Betreuungsbüro aufgebaut und ist mit diesem außenwirksam in einer Vielzahl von Amtsgerichtsbezirken in 57 Fällen über die Dauer von mindestens fünf Jahren als (nebenberuflicher) Berufsbetreuer aufgetreten. Nicht nur die von ihm getätigten Abrechnungen, die den zu vergütenden Zeitaufwand belegen, sondern auch die erzielten Einnahmen verdeutlichen das Ausmaß der außerdienstlichen Nutzbarmachung seiner Arbeitskraft. Seine nebentätigkeitsrechtlichen Obliegenheiten und die Interessenlage des Dienstherrn, ihm eine Prüfungs- und Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen, wenn ein Beamter durch eine nicht dienstlich veranlasste Nebentätigkeit seine Arbeitskraft außerhalb des Dienstes einsetzen will, hat der Beklagte dabei nicht nur bewusst ignoriert, sondern er schreckte auch nicht davor zurück, den Dienstherrn aufgrund fehlerhafter Angaben in Anträgen auf Erteilung von Genehmigungen bzw. Anzeigen und auf ausdrückliche Nachfragen über die Qualität als auch die Quantität seiner Nebentätigkeit gezielt zu täuschen. Dabei ist nach den Gesamtumständen davon auszugehen, dass der Beklagte eine sukzessive Lösung von seinem Beamtenverhältnis als Polizeibeamter zu Gunsten seiner Nebentätigkeit geplant hat. Dies belegen sowohl sein Antrag auf Teilzeitbeschäftigung vom 26. April 2009 als auch die schriftliche Aussage des Herrn BB... vom 28. September 2011 in seiner Eigenschaft als Fachgebietsleiter des Fachbereichs Betreuungswesen der Kreisverwaltung H... L... Hier gab der Beklagte an, er wolle seine Arbeitszeit als Polizeibeamter reduzieren und ihm schwebe eine Halbtagsbeschäftigung bei der Polizei vor, gegebenenfalls wolle er seine Tätigkeit bei der Polizei ganz aufgeben. Entsprechend äußerte er sich auch gegenüber einer Richterin beim Amtsgericht T...

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Die der Nebentätigkeit entgegenstehenden gewichtigen Versagungsgründe insbesondere nach § 73 Abs. 2 Nr. 6 LBG a.F. bzw. § 83 Abs. 2 Nr. 5 BeamtStG geben dem Pflichtenverstoß ein zusätzlich schweres Gewicht. Dabei bleibt zu erwähnen der Umstand der Ausübung der nicht genehmigten Nebentätigkeit auch in Zeiten dienstunfähiger Erkrankung, da jedem Beamten bewusst sein muss, dass er sich in Zeiten seiner Erkrankung in seinem äußeren Auftreten größtmögliche Zurückhaltung aufzuerlegen hat und nicht einmal den Eindruck aufkommen lassen darf, er sei entweder gar nicht dienstunfähig oder lasse es an den notwendigen Bemühungen zur Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit fehlen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 1999, 1 D 49/97, BVerwGE 113, 337; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. Juni 2011,3 B 10486/11. OVG). Zu erwähnen bleiben außerdem die beachtliche Ansehensschädigung des Polizeidienstes durch die fehlende Versteuerung der Einnahmen sowie die zumindest beanstandungswürdige Art und Weise der Durchführung der Betreuungsangelegenheiten. Hier wird zudem umso mehr die Notwendigkeit einer entsprechenden nebentätigkeitsrechtlichen Genehmigung deutlich, als gerade die Prüfungskompetenz und die Kenntnis von Art und Umfang der Nebentätigkeit des Dienstherrn Gewähr dafür bieten sollen, durch entsprechende Reaktionen, Anfechtungen von außen und einem Ansehensschaden der öffentlichen Verwaltung zu begegnen. Von diesen, im Dienstverhältnis begründeten Notwendigkeiten hat der Beamte sich bewusst distanziert.

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Wesentlich erschwerend fällt ins Gewicht, dass der Beklagte sich seiner Dienstpflichten selbst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens und des ausdrücklichen Verbots der Ausübung jeglicher Nebentätigkeit nicht besonnen hat. In Kenntnis der disziplinarrechtlichen Relevanz seines Verhaltens hat der Beklagte bis auf schriftliche Mitteilungen an die jeweiligen Betreuungsstellen, dass er seine Betreuertätigkeit einstellen wolle, weiterhin unbeirrt als Betreuer agiert. So hat er sogar in einem Verfahren gegen einen durch Verwandte des Betreuten erwirkten Betreuerwechsel erfolgreich noch Beschwerde erhoben, ohne sich zu irgendeinem Zeitpunkt seine Dienstpflichten und die Auswirkungen auf das ohnehin ersichtlich bereits erheblich beeinträchtigte Vertrauensverhältnis vor Augen zu führen.

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Insbesondere der letztgenannte Erschwerungsgrund, aber auch insgesamt die gezeigten subjektiven Merkmale und hier wesentlich das planvolle Täuschen seines Dienstherrn sowie das nach außen demonstrierte sukzessive Lösen vom Dienstherrn belegen eine Persönlichkeitsstruktur, der die erforderliche innere Beziehung zum Beamtenberuf und die Annahme unabdingbarer Anforderungen des Dienstbetriebes abhandengekommen sind. Die gezeigten Umstände sind Ausdruck eines Persönlichkeitsbildes, bei dem die eigenen Interessen denen des Dienstherrn vorgezogen werden und in dessen Rahmen ersichtlich kein Raum für Rücksichtnahme auf grundlegende dienstliche Pflichten sowie die Berufskollegen ist, welche in den in Rede stehenden Jahren wiederholt die an sich ihm obliegende Arbeit miterledigen mussten, während der Beklagte seiner Nebentätigkeit nachgegangen ist. Einem solchermaßen handelnden Beamten kann nicht mehr mit dem nötigen Vertrauen in seine Integrität und seine zukünftig ordnungsgemäße Pflichterfüllung begegnet werden.

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Indizieren damit der Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht, die damit einhergehenden weiteren Pflichtenverstöße und der hierdurch bewirkte Achtungs- und Vertrauensschaden die Verhängung der Höchstmaßnahme gegen den Beamten, so gilt dies umso mehr, als die weitere, weniger gewichtige Verfehlung der unbefugten Datenabfrage die Würdigung einer uneinsichtigen und unbelehrbaren Persönlichkeit des Beklagten bestätigt. Bewegte der Beamte sich einerseits mit der jahrelang ungenehmigten Nebentätigkeit außerhalb seines beruflichen Pflichtenkreises ohne Rücksichtnahme auf die Interessen des Dienstherrn und der Allgemeinheit, war er andererseits nicht verlegen, die ihm aus seiner Zugriffsmöglichkeit auf das polizeiliche Informationssystem ergebenden Vorteile für eigene Zwecke zu nutzen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung ließ der Beklagte zudem den Eindruck eines aufrichtig reuigen Beamten vermissen. Vielmehr drängte sich hier – wie bereits ausweislich der Aktenlage ersichtlich – eine lediglich beschränkte Einsicht in das von ihm begangene Unrecht auf. Seine Einlassung hinsichtlich der zu kurz bemessenen Abwicklungsfrist der von ihm übernommenen Betreuungsfälle verdeutlicht umso mehr, dass der Beklagte sich nach wie vor seiner dienstlichen Obliegenheiten und vor allem der Auswirkungen seines Fehlverhaltens auf das öffentlich-rechtliche Dienst– und Treueverhältnis verschließt.

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Insgesamt belegt das Dienstvergehen und die hierdurch zu Tage getretene Persönlichkeit des Beamten, dass der Beklagte sich von den an ihn als Polizeibeamten gestellten Anforderungen in einem solchen Maße gelöst hat, dass ihm nicht mehr das Vertrauen entgegengebracht werden kann, welches zur Fortsetzung des Beamtenverhältnisses erforderlich ist (§ 11 Abs. 2 S. 1 LDG).

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Die demgegenüber im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Umstände zu Gunsten des Beamten sind vorliegend nicht derart gewichtig, dass sie ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten. Die in der Vergangenheit gezeigten Leistungen (die letzte dienstliche Beurteilung aus dem Jahr 2010 schloss mit der Gesamtbewertung “B“) können den Beamten nicht durchgreifend entlasten. Hierbei handelt es sich neben der straf- und disziplinarrechtlichen Unbescholtenheit des Beamten bis auf die hier angeschuldigten Verfehlungen um den einzigen zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigenden Milderungsgrund. Demgegenüber überwiegen jedoch eindeutig das hohe Eigengewicht der über einen Zeitraum von fast fünf Jahren in erheblichem Umfang rechtswidrig ausgeübten Nebentätigkeit sowie die dargestellten erschwerenden Gesichtspunkte. Auch die Tatsache, dass der Beklagte erst zu einem späten Zeitpunkt vorläufig des Dienstes enthoben wurde, rechtfertigt keine Einschätzung zu Gunsten des Beklagten, zumal dieser sich im Zeitraum bis zur vorläufigen Dienstenthebung entsprechend der dargestellten Leistungseinschätzung im Disziplinarverfahren nicht durch hervorgehobene Leistungen nachbewährt hat.

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Die Entfernung aus dem Dienst verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei sind in das Verhältnis zu setzen die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die zu verhängende Disziplinarmaßnahme. Hat ein Beamter – wie hier – durch vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage und damit die wesentliche Voraussetzung für eine Fortdauer des Beamtenverhältnisses zerstört, dann ist seine Entfernung aus dem Dienst die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht vielmehr auf ihm selbst zurechenbarem Verhalten (st. Rspr. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1997 – 1 D 60/97 – juris –).

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Anhaltspunkte für eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Festsetzung des Unterhaltsbeitrages sind nicht ersichtlich (§§ 8 Abs. 2, 70 LDG).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 99 Abs. 1 LDG. Die Freistellung vom Vorwurf eines weiteren nebentätigkeitsrechtlichen Verstoßes im Fall P... hat im Verhältnis zu den übrigen Pflichtverstößen kein derartiges Gewicht, dass eine kostenmäßige Berücksichtigung der dahingehenden Einstellung geboten wäre. Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz sind gebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 21 LDG i.V.m. §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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