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Das zulässige Feststellungsbegehren (1.) ist begründet; auch nach Auffassung des Senats ist das Eisenbahn-Bundesamt zuständige Behörde im Sinne des § 88 Nr. 3 Satz 1 FlurbG (2.):
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1. a) Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat - wie im Tatbestand im Einzelnen dargestellt - durch Verweisungsbeschluss vom 6.10.2003 den Rechtsstreit an das Flurbereinigungsgericht verwiesen. Hieran ist der Senat gebunden (vgl. § 83 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG). Im Übrigen ist die dem verweisenden Beschluss zugrundeliegende Auffassung, es sei in Fällen der vorliegenden Art eine Zuständigkeit des Flurbereinigungsgerichts nach § 140 Satz 1 dritte Alternative FlurbG gegeben, auch vertretbar.
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b) Die Klägerin hat das erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung (vgl. § 43 Abs. 1 VwGO), nachdem das Eisenbahn-Bundesamt unter Bezugnahme auf die nach seiner Auffassung fehlende Zuständigkeit sich weigert, bei der Flurbereinigungsbehörde einen Antrag nach § 88 Nr. 3 FlurbG auf Erlass einer vorläufigen Anordnung gemäß § 36 FlurbG zu stellen. Versuche, die streitige Frage behördenintern zu regeln, sind erfolglos geblieben (vgl. etwa das Schreiben des Eisenbahn-Bundesamts vom 28.4.2004, VGH Bl. 131). Im Übrigen haben sowohl die Klägerin als auch das Eisenbahn-Bundesamt im gerichtlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung in dieser streitigen Frage eilbedürftig sei (vgl. etwa das Schreiben der Klägerin vom 9.7.2004 - VGH Bl. 125 -, sowie das Schreiben des Eisenbahn-Bundesamts vom 28.4.2004 - VGH Bl. 113 -).
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c) Dem Feststellungsbegehren steht auch nicht die Subsidiarität der Feststellungsklage (vgl. § 43 Abs. 2 VwGO) entgegen (vgl. hierzu BVerwGE 36, 179; 40, 323, 51, 69, sowie Bader u.a., VwGO, 2. Aufl., § 43 RdNr. 30 ff.). Dies bedarf hier keiner weiteren Vertiefung, nachdem auch seitens der Beklagten insoweit Bedenken nicht erhoben worden sind.
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2. Nach § 88 Nr. 3 Satz 1 FlurbG kann bei einem Unternehmensverfahren - wie hier - die Flurbereinigungsbehörde eine vorläufige Anordnung gemäß § 36 FlurbG erlassen „auf Antrag der für das Unternehmen zuständigen Behörde“. Dies aber ist - wie eingangs festgestellt - in Fällen der vorliegenden Art das Eisenbahn-Bundesamt:
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a) Aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 88 Nr. 3 Satz 1 FlurbG folgt, dass die Antragstellung durch eine Behörde zu erfolgen hat. Es kann deshalb nicht der im Bescheid des Eisenbahn-Bundesamts vom 6.6.2003 (VGH Bl. 15) mitgeteilten Auffassung der Zentrale dieses Amtes gefolgt werden, es sei „nicht zwingend“, dass gemäß § 88 Nr. 3 FlurbG eine Behörde den Antrag stellen müsse. Gleiches gilt für die seitens der Klägerin aufgeworfene Frage, ob diese selbst nicht als „zuständige Behörde im materiell rechtlichen Sinne“ angesehen werden könne, obwohl sie ohne Zweifel keine Behörde i.S.d. § 1 Abs. 4 VwVfG sei (vgl. S. 8/9 des Schriftsatzes vom 25.8.2004 - VGH Bl. 173 -). Gegen diese Erwägung der Klägerin „unter dem Gesichtspunkt einer vereinfachten Verwaltungspraxis“ (vgl. S. 9 a.a.O.) spricht bereits, dass dann in § 88 Nr. 3 FlurbG nicht von der für das Unternehmen zuständigen Behörde die Rede wäre, sondern von dem Träger des Unternehmens, wie dies etwa in § 88 Nrn. 2, 5, 6, 8 und 9 FlurbG der Fall ist. So wird denn auch in der Literatur betont, dass die für das Unternehmen zuständige Behörde nicht ohne weiteres identisch ist mit dem Träger des Unternehmens (vgl. Quadflieg, Recht der Flurbereinigung, Kommentar, Erl. 23 zu § 88 FlurbG). Hintergrund dieser Regelung ist, dass bei einer vorläufigen Anordnung nach § 36 FlurbG Belange der betroffenen Eigentümer mit Belangen des Unternehmensträgers kollidieren. Auf diesen Interessenkonflikt wird bereits bei Steuer, FlurbG, erste Auflage 1956, Erl. 3 zu § 88, hingewiesen. Eine sachgemäße Antragstellung aber setzt eine Abwägung dieser Belange voraus. Sie soll durch eine Stelle erfolgen, von der - wie das Landesamt für Flurneuordnung und Landentwicklung Baden-Württemberg in seiner Stellungnahme vom 10.12.2003 (VGH Bl. 97) zutreffend ausgeführt hat - eine sachkundige, aber neutrale Beurteilung zu erwarten ist. Dies aber kann schwerlich der Unternehmensträger selbst sein, dessen Interesse letztlich dahin geht, rechtzeitig Besitz und Nutzung der zur Durchführung der Arbeiten nötigen Grundstücke zu erlangen (vgl. Steuer, a.a.O., Erl. 3 zu § 88).
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b) Die Beklagte meint, bei der Suche nach der zuständigen Behörde stoße man „unwillkürlich“ auf die Enteignungsbehörde. Sie sei die Behörde, welche gemäß § 87 FlurbG beantrage, ein Unternehmensverfahren anzuordnen. Deswegen liege es nahe, dass die Enteignungsbehörde kraft Sachzusammenhangs auch vorläufige Anordnungen beantragen könne. Doch spricht gegen diese Auffassung, dass im Flurbereinigungsgesetz regelmäßig die Enteignungsbehörde als solche angesprochen wird, wenn deren Zuständigkeiten in Rede stehen (vgl. etwa § 87 Abs. 1, § 87 Abs. 4 und § 89 Abs. 1 FlurbG). Dass es sich bei der in § 88 Nr. 3 Satz 1 FlurbG getroffenen Regelung, in welcher nicht von der Enteignungsbehörde, sondern von der für das Unternehmen zuständigen Behörde die Rede ist, etwa um ein Redaktionsversehen handeln würde, weil in Wahrheit die Enteignungsbehörde gemeint sei, ist dem Senat nicht ersichtlich. Auch findet eine solche Auffassung in der bisherigen Rechtsprechung und Literatur keine Stütze. (zum Verhältnis von Unternehmensflurbereinigungsverfahren und Enteignung vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 6.1.1987 - 5 B 30.85 -, RzF 87 I S. 107).
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Es ist zwar zutreffend, worauf seitens der Beklagten hingewiesen wird, dass die Enteignungsbehörde die Behörde ist, die gemäß § 87 Abs. 1 FlurbG die Einleitung eines Unternehmensverfahrens beantragt. Doch muss dies nicht zwangsläufig zur Folge haben, dass die Enteignungsbehörde auch diejenige Behörde ist, welche einen Antrag nach § 88 Nr. 3 Satz 1 i.V.m. § 36 FlurbG stellt. Denn bei § 87 Abs. 1 FlurbG geht es um die grundsätzliche Vorentscheidung für oder gegen ein Unternehmensverfahren, bei der sich die Enteignungsbehörde die Verantwortung mit der Flurbereinigungsbehörde teilen soll. Beim Antrag auf Erlass einer vorläufigen Anordnung nach § 88 Nr. 3 i.V.m. § 36 FlurbG geht es dagegen um konkrete praktische Fragen (Zeitpunkt des Baus, Teilung in Bauabschnitte, Zwischenregelungen usw.). Dafür ist eine größere Sachnähe erforderlich. Diese aber ist beim Unternehmensträger und der mit ihm in Kontakt stehenden, für das Unternehmen zuständigen Behörde vorhanden (vgl. hierzu die mit der erwähnten Stellungnahme des Landesamts vom 10.12.2003 vorgelegte weitere Stellungnahme vom 8.7.2003 gegenüber der DB Projekt Bau GmbH).
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c) Scheiden nach alledem der Unternehmensträger und die Enteignungsbehörde als zuständige Behörde i.S.d. § 88 Nr. 3 FlurbG aus, kommt als solche nur das Eisenbahn-Bundesamt in Betracht. Diesem obliegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetzes - BEVVG - vom 27.12.1993 (BGBl. I 2378, 2394 - Art. 3 -) in der Fassung des Gesetzes vom 21.6.2002 (BGBl. I 2191, 2195) u.a. die Ausübung von Aufsichts- und Mitwirkungsrechten nach Maßgabe anderer Gesetze und Verordnungen. Diese Vorschrift ist - wie sich aus den Gesetzesmaterialien zu der gleichlautenden Bestimmung des § 3 Abs. 2 Nr. 4 in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 27.12.1993 (BGBl. I 2378, 2394) - als „Auffangregelung für Aufgaben geschaffen (worden), die das Eisenbahn-Bundesamt nach Maßgabe anderer Gesetze und Verordnungen erfüllen soll“, „um bei neu hinzukommenden Aufgaben nicht regelmäßig den Aufgabenkatalog durch Gesetzesänderungen anpassen zu müssen (Entwurf eines Eisenbahnneuordnungsgesetzes, BT-Drucks. 12/4609 , S. 91 - zu § 3 Abs. 2 -; vgl. zum Ganzen auch Blümel/Kühlwetter, Aktuelle Probleme des Eisenbahnrechts, 1996, Speyerer Forschungsberichte 160, S. 304/305 m.w.N.). Die Stellung eines Antrags nach § 88 Nr. 3 Satz 1 FlurbG kann als Ausübung eines Mitwirkungsrechts i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BEVVG angesehen werden. Auch besteht - wie das Landesamt für Flurneuordnung und Landentwicklung Baden-Württemberg in der erwähnten Stellungnahme vom 10.12.2003 zutreffend dargelegt hat - insoweit ein sachlicher Bezug zu den Tätigkeiten des Eisenbahn-Bundesamts. Dieses ist Planfeststellungsbehörde für das Unternehmen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEVVG) und beaufsichtigt auch die Bahngesellschaften (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BEVVG). Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang anscheinend eine mit dem Enumerationsprinzip des § 3 BEVVG unvereinbare Ausdehnung der Zuständigkeiten des Eisenbahn-Bundesamtes befürchtet, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Gefahr nicht besteht. Denn es geht insoweit - wie in der erwähnten Stellungnahme des Landesamts für Flurneuordnung und Landentwicklung Baden-Württemberg vom 10.12.2003 zutreffend ausgeführt - um eine spezielle Funktion des Eisenbahn-Bundesamts, die aus seiner Aufsicht über die Bahngesellschaften folgt und sachlich in engem Zusammenhang mit der ausdrücklich angesprochenen Zuständigkeit des Eisenbahn-Bundesamts für Planfeststellungen steht. Im Übrigen entspricht die hier vertretene Auffassung dem mit der Schaffung des Eisenbahn-Bundesamtes verfolgten Zweck, die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben, die vor der Neuordnung des Eisenbahnwesens durch das o.a. Gesetz vom 27.12.1993 der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn als Behörden oblagen, auf die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes zu übertragen und durch das Eisenbahn-Bundesamt erfüllen zu lassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.10.1994, NVwZ 1995, 379, 380 sowie Blümel/Kühlwetter, a.a.O., S. 305, m.w.N.).
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Es ist nach alledem davon auszugehen, dass in Fällen der vorliegenden Art das Eisenbahn-Bundesamt zuständige Behörde i.S.d. § 88 Nr. 3 FlurbG ist. Dieser Auffassung ist anscheinend auch das OVG Magdeburg in dem Beschluss vom 8.11.2000 (RdL 2001, 99, 100). Sie wird auch vom Arbeitskreis Recht der ARGE Landentwicklung der Flurneuordnungsbehörden der Länder geteilt (vgl. S. 6 der Ergebnisniederschrift vom 22.10.2003, Anlage zur o.a. Stellungnahme des Landesamts für Flurneuordnung und Landentwicklung Baden-Württemberg vom 10.12.2003).
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Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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