Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 2 S 2076/11

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. März 2011 - 4 K 3340/08 - geändert. Der Bescheid des Bundespolizeipräsidiums vom 15.7.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9.9.2008 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Heilfürsorge für die Aufwendungen für die am 25.10.2011 durchgeführten Injektionen mit dem Mittel Ostenil in Höhe von 500 EUR zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 10/11 und die Beklagte 1/11 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger - ein am ...1962 geborener Polizeihauptmeister der Bundespolizei - begehrt Heilfürsorgeleistungen für eine Hyaluronsäure-Therapie.
Der Kläger beantragte durch Vorlage eines Attests eines Arztes für Orthopädie vom 10.7.2008 die Kostenübernahme für eine beabsichtigte Hyaluronsäure-Therapie. In dem Attest wird u.a. eine Coxarthrose beidseits sowie ein LWS-Syndrom diagnostiziert. Mit einer Hyaluronsäure-Therapie könnten der Gelenkverschleiß gestoppt und Schmerzen reduziert werden.
Das Bundespolizeipräsidium - Heilfürsorgeangelegenheiten St. Augustin - lehnte die begehrte Kostenübernahme mit Bescheid vom 25.7.2008 ab, da eine Injektionsserie mit Hyaluronsäure nicht zum Leistungsumfang der Heilfürsorge gehöre. Den hiergegen unter dem 11.8.2008 eingelegten Widerspruch des Klägers wies das Bundespolizeipräsidium mit Widerspruchsbescheid vom 9.9.2008 - zugestellt am 15.9.2008 - zurück.
        
Mit seiner am 15.10.2008 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Bescheid des Bundespolizeipräsidiums vom 25.7.2008 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 9.9.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die beantragte Kostenübernahme zu erteilen. Zur Begründung hat er ausgeführt, bei Hyaluronsäure-Präparaten handele es sich um Knorpelschutzpräparate, die unter dem Begriff Chondroprotektiva zusammengefasst würden. Sie dürften nach der im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung der Arzneimittel-Richtlinien (AM-RL) - auf die aus rechtsstaatlichen Gründen abzustellen sei - verordnet werden, wenn zuvor allgemeine nicht medikamentöse Maßnahmen erfolglos genutzt worden seien und eine medikamentöse Behandlung mit diesen Arzneimitteln zusätzlich erforderlich sei. Dies sei bei ihm der Fall, weil der behandelnde Arzt keine Alternative zu einer Hyaluronsäuretherapie sehe. Weiter handele es sich bei der Behandlung mit Hyaluronsäure um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zur Behandlung von Arthrosen. Die Gestaltung der Heilfürsorge durch bloße Verwaltungsvorschrift entspreche zudem nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
        
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie trägt vor, für verschreibungspflichtige Arzneimittel bestehe ein Verordnungsausschluss nach § 16 AM-RL i.V.m der Anlage III in ihrer maßgeblichen aktuellen Fassung. Für nichtverschreibungspflichtige apothekenpflichtige Arzneimittel gelte gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich ein Verordnungsausschluss nach § 12 AM-RL. Nicht apothekenpflichtige Medizinprodukte seien nur dann erstattungsfähig, wenn sie durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen seien. Dies sei bei hyaluronsäurehaltigen Präparaten nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 16.3.2011 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Zwar bedürfe die Ausgestaltung der Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamte nach Maßgabe der Grundregelung in § 70 Abs. 2 BBesG einer gesetzlichen oder auf Gesetz beruhenden Regelung in Gestalt einer Rechtsverordnung. Eine Ausgestaltung durch Verwaltungsvorschriften genüge nicht den Anforderungen des rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalts. Es erscheine aber geboten, den derzeitigen „Rechtszustand" für eine Übergangszeit hinzunehmen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Nach Nr. 9.1 HfVBPOL dürften Arznei- und Verbandmittel nur nach den Bestimmungen des SGB V in Verbindung mit den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für Heilfürsorgeberechtigte verordnet werden, so dass Kosten für Heilfürsorgemittel nur für verordnungsfähige Arznei- und Verbandmittel übernommen würden. Nach § 16 Abs. 3 AM-RL seien die nach § 16 Abs. 1 und 2 AM-RL in ihrer Verordnung eingeschränkten und von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel in einer Übersicht als Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie zusammengestellt. In Nr. 9 der am 5.3.2011 in Kraft getretenen Fassung der Anlage III seien Antiarthrotika und Chondroprotektiva mit dem Hinweis „Verordnungsausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach dieser Richtlinie" aufgeführt. Damit seien die Kosten einer Hyaluronsäure-Therapie, soweit sie mittels eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels durchgeführt werde, nicht erstattungsfähig. Im Übrigen leide der Kläger nicht unter einer Arthrose des Kniegelenks, sondern unter einer Arthrose beider Hüftgelenke. Deshalb rechtfertigten auch die Urteile des Verwaltungsgerichts Aachen vom 3.5.2007 - 1 K 562/06 - und des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18.2.2008 - RO 8 K 07.1650 - keine andere Beurteilung. Beide Entscheidungen beträfen lediglich die Behandlung einer Arthrose der Kniegelenke und die Feststellung, dass insoweit die Gabe von Hyaluronsäure eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode sei. Im Gegensatz hierzu solle sich nach der von der Beklagten vorgelegten Zusammenfassung eines medizinischen Artikels die intraartikulär verabreichte Hyaluronsäure auch bei der Gonarthrose nicht als klinisch wirksam erwiesen haben; zudem könne eine solche Behandlung auch mit einem größeren Risiko unerwünschter Wirkungen verbunden sein. Angesichts dessen könne nicht beanstandet werden, dass Chondroprotektiva nach der Arzneimittel-Richtlinie unter den Verordnungsausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel fielen.
Falls die Hyaluronsäure-Therapie mit einem Medizinprodukt erfolgen solle, ergebe sich der Ausschluss einer Kostenerstattung aus § 27 AM-RL. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 AM-RL seien von der Versorgung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB V ausgeschlossen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder 2 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt seien. Nach § 27 Abs. 8 AM-RL seien die nach der Arzneimittel-Richtlinie ausnahmsweise verordnungsfähigen Medizinprodukte abschließend in einer Übersicht als Anlage V der Richtlinie aufgeführt. Medizinprodukte mit dem Wirkstoff Hyaluronsäure seien dort nicht aufgeführt.
Der Kläger hat am 15.7.2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und unter Stellung eines Antrags am 30.9.2011 begründet. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der Auffassung, dass die Gestaltung der Heilfürsorge durch bloße Verwaltungsvorschriften nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspreche. Da dies dem Gesetzgeber seit langem bekannt sei, sei eine eventuelle Übergangszeit mittlerweile abgelaufen. Gerade wegen der sich häufig ändernden Sach- und Rechtslage müsse maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids abgestellt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die therapeutische Funktion der Hyaluronsäure in Hüftgelenken gleichermaßen wie in Kniegelenken gegeben. Die Gabe von Hyaluronsäure sei eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zur Behandlung der Arthrose.
10 
Nachdem der Kläger Hyaluronsäure-Injektionen an beiden Hüftgelenken mit dem Mittel Ostenil hat durchführen lassen, für die ihm ausweislich der vorgelegten Rechnung des behandelnden Orthopäden vom 25.10.2011 insgesamt 500,00 EUR an Aufwendungen entstanden sind, hat der Kläger mit Zustimmung des Beklagten die Klage geändert. Er beantragt nunmehr sinngemäß,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.3.2011 - 4 K 3340/08 zu ändern und
12 
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundespolizeipräsidiums vom 25.7.2008 und dessen Widerspruchsbescheids vom 9.9.2008 zu verpflichten, ihm Heilfürsorge für die für die am 25.10.2011 durchgeführten Injektionen mit dem Mittel Ostenil in Höhe von 500,00 EUR zu gewähren sowie
13 
2. die Beklagte zu verpflichten, die durch die Behandlung seiner beidseitigen Coxarthrose durch Hyaluronsäurepräparate (Ostenil-Injektionen) zukünftig anfallenden Kosten zu übernehmen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie macht ergänzend geltend: Anders als im Beihilferecht habe das Bundesverwaltungsgericht dem Gesetzgeber im Bereich der Heilfürsorge keinen ausdrücklichen Handlungsauftrag erteilt. Die tragenden Strukturprinzipien für das Recht der Heilfürsorge seien in den §§ 70 Abs. 2, 71 BBesG geregelt, während für den Bereich der Beihilfe erst im Jahr 2009 eine gesetzliche Grundlage geschaffen worden sei. Jedenfalls aber entspreche die Behandlung der Coxarthrose - anders als der Gonarthrose - mit einem Hyaluronsäurepräparat nicht dem allgemeinen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis.
17 
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der Akten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Nach § 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
I.
19 
Hinsichtlich des Klageantrags Nr.1 liegt eine Klageänderung vor, die zulässig ist, da die Beklagte ihr zugestimmt hat (§ 91 Abs. 1, 1. Alt. VwGO). Auch sonst bestehen in Bezug auf diesen Klageantrag keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage.
20 
Die Klage ist hingegen unzulässig, soweit der Kläger mit seinem Klageantrag Nr. 2 die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm alle durch die Behandlung seiner beidseitigen Coxarthrose durch Hyaluronsäurepräparate (Ostenil-Injektionen) zukünftig anfallenden Kosten zu übernehmen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich hierbei letztlich um eine Verpflichtungs- oder um eine Feststellungsklage handelt und ob der Streitgegenstand hinreichend bestimmt ist. Denn das Begehren des Klägers ist insoweit auf vorbeugenden Rechtsschutz gerichtet. Das dafür erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis ist nicht zu erkennen. Nach der Durchführung weiterer Behandlungen ist es für ihn ohne weiteres möglich und zumutbar, seine Rechte in einem weiteren Klageverfahren wahrzunehmen, falls die Beklagte die Gewährung von Heilfürsorgeleistungen wiederum ablehnen sollte.
II.
21 
Soweit die Klage hiernach zulässig ist, ist sie auch in der Sache begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Heilfürsorge für die für die am 25.10.2011 durchgeführten Injektionen mit dem Mittel Ostenil (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22 
1. Maßgeblich ist entgegen der Auffassung des Klägers die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt, in dem die strittigen Aufwendungen entstanden sind. Für den Bereich der Heilfürsorge kann insoweit nichts anderes gelten als für die beamtenrechtliche Beihilfe (vgl. Senatsurteile vom 14.2.2012 - 2 S 3010/11 - und vom 17.2.2011 - 2 S 2398/10 - jeweils juris) oder Kassenleistungen der Postbeamtenkrankenkasse (Senatsbeschluss vom 7.9.2011 - 2 S 1972/11 - juris). Die Anwendung des im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Rechts entspricht den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, auf die bei Fehlen besonderer Übergangs- oder Überleitungsvorschriften zurückzugreifen ist. Danach richtet sich die Beurteilung eines Sachverhalts grundsätzlich nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gilt, soweit das anzuwendende materielle Recht nichts anderes bestimmt. Eine solche anderweitige Bestimmung existiert hier nicht. Allein die Tatsache, dass der Kläger erfolglos einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt hat, führt nicht zu einer Vorverlegung des maßgeblichen Zeitpunkts.
23 
2. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Heilfürsorge für die Polizeivollzugsbeamten des Bundes ist § 70 Abs. 2 BBesG i.V.m. mit der auf der Grundlage des § 71 Abs. 2 BBesG vom Bundesministerium des Innern erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte der Bundespolizei nach § 70 Abs. 2 BBesG vom 6.11.2005 (HfVBPOL).
24 
a) Allerdings bedarf die Ausgestaltung der Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamte des Bundes einer gesetzlichen oder auf Gesetz beruhenden Regelung in Gestalt einer Rechtsverordnung. Eine Ausgestaltung allein durch Verwaltungsvorschriften genügt - wie im Recht der Beihilfe (BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - 2 C 24.07 - NVwZ 2008, 1378) und der truppenärztlichen Versorgung (Senatsurteil vom 2.8.2012 - 2 S 786/12 -) - nicht den Anforderungen des rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalts, da jedenfalls die tragenden Strukturprinzipien der Heilfürsorge durch den Gesetzgeber selbst geregelt werden müssen (ebenso: VG Würzburg, Urteil vom 20.7.2010 - W 1 K 10235 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 28.4.2008 - 13 K 435/07 -; VG Frankfurt, Urteil vom 25.4.2005 - 9 E 5909/04 - jeweils juris; zum Heilfürsorgerecht der Länder s. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.6.2009 - 4 S 87/08 -; VG Halle, Urteil vom 14.9.2011 - 5 A 41/11 - jeweils juris). Diesen Anforderungen wird mit der in § 70 Abs. 2 BBesG getroffenen Regelungen nur zum Teil entsprochen (vgl. Senatsurteil vom 2.8.2012 - 2 S 786/12 - zu der ähnlichen Regelung in § 69 Abs. 2 Satz 1 BBesG; s. auch OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.9.2009 - 5 LA 30/08 - juris). § 70 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. BBesG beschränkt sich auf die Aussage, dass den Polizeivollzugsbeamten des Bundes Heilfürsorge gewährt wird. Damit sind zwar der anspruchsberechtigte Personenkreis sowie Art und Weise der Versorgung gesetzlich festgelegt. Welche medizinischen Einzelleistungen unter welchen Voraussetzungen erbracht werden, ergibt sich daraus jedoch nicht. Dies gilt insbesondere für diejenigen Fälle, in denen eine Behandlung durch Polizeiärzte nicht in Betracht kommt und deshalb durch externe Ärzte vorgenommen werden muss. Soweit ersichtlich stellt dies auch die Beklagte nicht in Abrede.
25 
b) Wie das Verwaltungsgericht ist jedoch auch der Senat der Überzeugung, dass es für die hier streitgegenständlichen Heilfürsorgeleistungen geboten ist, den derzeitigen Rechtszustand für eine Übergangszeit hinzunehmen (ebenso für die truppenärztl. Versorgung: Senatsurteil vom 2.8.2012 - 2 S 786/12 -). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 17.6.2004 (2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103) angenommen, dass trotz des Defizits normativer Regelungen von der Weitergeltung der früheren Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen für einen Übergangszeitraum auszugehen sei. Damit sei gewährleistet, dass die Leistungen im Falle der Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Geburt nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht würden, das hinsichtlich des Inhalts jedenfalls bislang in aller Regel keinen Anlass zu Beanstandungen aus der Sicht höherrangigen Rechts geboten habe. Eine andere Beurteilung sei erst dann angezeigt, wenn der Gesetzgeber in einem überschaubaren Zeitraum seiner Normierungspflicht nicht nachkomme (ebenso u. a. BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126; Urteil vom 18.2.2009 - 2 C 23.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 18; Urteil vom 28.5.2009 - 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19). Das Bundesverwaltungsgericht hat aber zugleich betont, die weitere Anwendbarkeit der betreffenden Regelungen setze voraus, dass sie nicht aus anderen Gründen gegen höherrangiges Recht verstießen (BVerwG, Urteil vom 24.2.2011 - 2 C 9.10 - juris; Urteil vom 28.5.2008, aaO).
26 
3. Zwar begründet der Wortlaut der hiernach übergangsweise anwendbaren Verwaltungsvorschriften keinen Anspruch des Klägers auf die begehrten Heilfürsorgeleistungen (a). Er ergibt sich jedoch aus höherrangigem Recht (b).
27 
a) Nr. 9.1 HfVBPOL bestimmt, dass nur die Kosten für verordnungsfähige Arznei- und Verbandmittel nach den Bestimmungen des SGB V in Verbindung mit den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses übernommen werden. Mit den „Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses“ ist die auf § 92 SGB V beruhende Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittelrichtlinie/AM-RL) gemeint, die zwischen Arzneimitteln (Abschnitt F, §§ 12 ff.) und Medizinprodukten (Abschnitt J, §§ 27 ff.) unterscheidet.
28 
Die Anwendbarkeit dieser Regelung ist hier nicht schon deshalb zu verneinen, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Verordnung eines Arzneimittels, sondern um eine ärztliche Behandlung geht. Besteht eine ärztliche Behandlung wie hier allein in der Injektion eines bestimmten Mittels, würde sich ein wirksamer Ausschluss dieses Mittels von der Erstattungsfähigkeit auch auf die entsprechende ärztliche Behandlung erstrecken.
29 
aa) Dem geltend gemachten Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für eine bei einem „externen“ Arzt durchgeführte Behandlung steht nicht entgegen, dass die Heilfürsorge grundsätzlich als Sachleistung durch Polizeiärzte erbracht wird (vgl. Nrn. 1.4 und 3.1 HfVBPOL), da hier unstreitig kein Polizeiarzt vorhanden ist, der die Behandlung durchführen könnte (vgl. Nr. 3.2 HfVBPOL).
30 
bb) Bei dem hier verwendeten Mittel „Ostenil“ handelt es sich nicht um ein arzneimittelrechtlich zugelassenes Arzneimittel, sondern um ein - nicht apothekenpflichtiges - Medizinprodukt (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 21.2.2011 - 1 A 308/09 - juris). Der Wirkstoff Hyaluronsäure wirkt weder pharmakologisch noch immunologisch; vielmehr handelt es sich um eine mechanische (physikalische) Wirkungsweise, die charakteristisch für Medizinprodukte ist (ausführl.: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.3.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300).
31 
cc) Dennoch ist das Präparat „Ostenil“ ein Arzneimittel im heilfürsorgerechtlichen Sinn. Insoweit kann auf die Rechtsprechung zum Beihilferecht und dem Recht der Kassenleistungen der Postbeamtenkrankenkasse zurückgegriffen werden. Die dort entwickelten Grundsätze lassen sich ohne weiteres auf das Recht der Heilfürsorge übertragen.
32 
Als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kommen grundsätzlich alle Mittel in Betracht, die dazu bestimmt sind, ihre Wirkung im Rahmen der Krankenbehandlung durch Anwendung am oder im menschlichen Körper zu erzielen. Dem Präparat „Ostenil“ kann hiernach der Charakter eines Arzneimittels im leistungsrechtlichen Sinne nicht allein deshalb abgesprochen werden, weil es sich um ein Medizinprodukt nach § 3 Nr. 1 Buchst. a MPG handelt. Entscheidend für die beihilferechtliche und leistungsrechtliche Einordnung als Arzneimittel ist die objektive Zweckbestimmung, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper der Heilung, Linderung oder Verhütung bzw. Erkennung eines Krankheitsbildes zu dienen (grundlegend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.3.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300 m.w. Nachw.; vgl. zuletzt: Senatsurteil vom 1.8.2012 - 2 S 2631/10 -).
33 
dd) Legt man die Regelung in Nr. 9.1 HfVBPOL zugrunde, können die Kosten für Medizinprodukte mit dem Wirkstoff Hyaluronsäure seit Juli 2008 nicht mehr von der Heilfürsorge übernommen werden, da sie sind nach den Bestimmungen des SGB V in Verbindung mit den aktuellen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht verordnungsfähig sind (anders noch zur früheren Rechtslage: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.3.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300).
34 
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 AM-RL in der Fassung vom 18.12.2008/22.1.2009 (BAnz2009, Nr. 49a) sind Medizinprodukte grundsätzlich von der Versorgung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB V ausgeschlossen. Dies gilt nach § 27 Abs. 1 Satz 2 AM-RL nicht für solche Medizinprodukte, die nach den Bestimmungen der Arzneimittel-Richtlinie in medizinisch notwendigen Fällen ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen sind. Nach § 27 Abs. 8 AM-RL sind die nach der Arzneimittel-Richtlinie verordnungsfähigen Medizinprodukte abschließend in einer Übersicht als Anlage V der Richtlinie aufgeführt. Medizinprodukte mit dem Wirkstoff Hyaluronsäure werden in der Anlage V nicht aufgeführt.
35 
Dieses Ergebnis wird durch § 27 Abs. 2 AM-RL bestätigt. Danach ist ein Medizinprodukt, welches im Hinblick auf seine therapeutische Zweckbestimmung derjenigen eines Arzneimittels entspricht, das nach den Vorschriften der Arzneimittel-Richtlinie nicht zu Lasten der GKV verordnet werden kann, ebenfalls nicht verordnungsfähig. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Nach § 16 Abs. 3 AM-RL sind u.a. die nach § 16 Abs. 1 und 2 AM-RL von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel in einer Übersicht als Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie zusammengestellt. In Nr. 9 der Anlage III werden u.a. Chondroprotektiva - zu denen hyaluronsäurehaltige Mittel gehören - mit dem Hinweis „Verordnungsausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach dieser Richtlinie" ausdrücklich aufgeführt. Damit sind die Kosten einer Therapie mit einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel, das auf dem Wirkstoff Hyaluronsäure basiert, nicht erstattungsfähig. Gemäß § 27 Abs. 2 AM-Rl sind demzufolge hyaluronsäurehaltige Medizinprodukte ebenfalls nicht verordnungsfähig.
36 
b) An den - mit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Neufassung der Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008 erfolgten - Verordnungsausschluss von Chondroprotektiva sieht sich der Senat jedoch nicht gebunden.
37 
aa) Die Arzneimittelrichtlinie beruht auf den §§ 31 und 92 SGB V. Nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Der Bundesausschuss hat dabei nicht selbst über den medizinischen Nutzen einer bestimmten Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 3/06 § - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10, juris-Rn. 24; Urteil vom 16.9.1997 - 1 RK 28/95 - BSGE 81, 54, juris-Rn. 35). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts haben diese Richtlinien grundsätzlich Bindungswirkung für die Gerichte. Eine Ausnahme gilt jedoch für die Fälle des sogenannten „Systemversagens“. Damit sind Fälle gemeint, in denen die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dürfen somit im einzelnen Leistungsfall nur dann prüfen, ob eine neue Behandlungsmethode medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist, wenn im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Bundesausschuss Fehler aufgetreten sind, die ein solches Systemversagen begründen.
38 
bb) Der - mit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Neufassung der Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008 erfolgte - Verordnungsausschluss von Chondroprotektiva beruht auf einem Systemversagen in diesem Sinn. Die medizinische Wirksamkeit von Chondroprotektiva ist in der Wissenschaft umstritten. Zwar gibt es Studien, nach denen eine Wirksamkeit der Hyaluronsäurebehandlung nicht erwiesen werden konnte (s. arznei-telegramm 2002, 39 und 2004, 15). Diesen Studien stehen jedoch andere Veröffentlichungen gegenüber, in denen die Behandlung einer Arthrose mit hyaluronsäurehaltigen Produkten uneingeschränkt befürwortet (Bellamy et al., Viscosupplementation for the treatment of osteoarthritis of the knee (Review), The Cochrane Collaboration, publ. by John Wiley & Sons) oder ihr aber zumindest ein geringer positiver Effekt zugesprochen wird (Institut für Allgemeinmedizin Frankfurt, IGeL-Helfer „Intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure“). Hinzu kommt, dass die entsprechende Therapie in der im Regelfall maßgeblichen fachlichen Leitlinie der einschlägigen „Fachgesellschaften“ - der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und des Berufsverbands der Ärzte für Orthopädie (BVO) - als medikamentöse Therapie der Coxarthrose mit „Symptomatic slow acting drugs“ ausdrücklich genannt wird (Nr. 11.2.). Auch viele Gerichtsentscheidungen gehen - z.T. nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - jedenfalls für die Gonarthrose von einer Eignung dieser Therapie aus (vgl. u.a. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.3.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300; Bay. VGH, Beschluss vom 12.1.2011 - 14 B 10.1975 -; VG Regensburg, Urteil vom 18.2.2008 - RO 8 K 07.1650 -; VG des Saarlandes, Urteil vom 21.3.2011 - 6 K 551/10 - jeweils juris; VG Aachen, Urteil vom 3.5.2007 - 1 K 562/06 - BeckRS 2007, 24211).
39 
Dafür, dass der Gemeinsame Bundesausschuss sich mit dieser Diskussion beschäftigt hat, ist nichts zu erkennen. Den „Tragenden Gründen“ zu dem genannten Beschluss ist insoweit lediglich zu entnehmen, dass zu dem (beabsichtigten) Ausschluss von Chondroprotektiva keine Stellungnahme eingegangen sei (S. 138 unter 9.). Auf Anfrage des Berichterstatters hat der Gemeinsame Bundesausschuss dies unter dem 7.5.2012 bestätigt und weiter mitgeteilt, der Verordnungsausschluss der Chondroprotektiva in der aktuellen Fassung der Arzneimittel-Richtlinie beruhe darauf, dass ein entsprechender Verordnungsausschlusses der Arzneimittel-Richtlinie in der Fassung vom 31.8.1993 übernommen worden sei. Fachliche Stellungnahmen oder einschlägige medizinische Studien hat der Gemeinsame Bundesausschuss nicht nennen können. Was den Verordnungsausschluss von Chondroprotektiva betrifft, ist der Bundesausschuss damit der ihm zukommenden Aufgabe, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit dieser Mittel besteht, nicht nachgekommen.
40 
cc) Über die medizinische Wirksamkeit von Chondroprotektiva besteht, wie oben ausgeführt, in der Wissenschaft keine Einigkeit. Für die Frage der Notwendigkeit der Behandlung mit einem solchen Mittel kommt deshalb der Einschätzung des behandelnden Arztes die entscheidende Bedeutung zu, solange diese nicht im Widerspruch zu allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnissen steht. Dies ist hier nicht der Fall. Wie soeben dargelegt wurde, gibt es gewichtige Stimmen in der Wissenschaft, nach denen eine solche Behandlung zur Schmerzreduzierung führen kann. Auch in den einschlägigen fachlichen Leitlinien wird die Behandlung mit Chondroprotektiva als Bestandteil einer medikamentösen Therapie genannt. Hyaluronsäure gehört hiernach zu den Wirkstoffen, die als Symptomatika zur Behandlung der Coxarthrose geeignet sind (Leitlinie der DGOOC und des BVO zur Koxarthrose, S. 8, Nr. 11.2.)
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Insbesondere die Fragen, ob die HfVBPOL einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und sie ggf. für eine Übergangszeit dennoch weiter anwendbar sind, haben grundsätzliche Bedeutung.
42 
Beschluss vom 22. August 2012
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.500 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 und 3 GKG).
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
18 
Nach § 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
I.
19 
Hinsichtlich des Klageantrags Nr.1 liegt eine Klageänderung vor, die zulässig ist, da die Beklagte ihr zugestimmt hat (§ 91 Abs. 1, 1. Alt. VwGO). Auch sonst bestehen in Bezug auf diesen Klageantrag keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage.
20 
Die Klage ist hingegen unzulässig, soweit der Kläger mit seinem Klageantrag Nr. 2 die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm alle durch die Behandlung seiner beidseitigen Coxarthrose durch Hyaluronsäurepräparate (Ostenil-Injektionen) zukünftig anfallenden Kosten zu übernehmen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich hierbei letztlich um eine Verpflichtungs- oder um eine Feststellungsklage handelt und ob der Streitgegenstand hinreichend bestimmt ist. Denn das Begehren des Klägers ist insoweit auf vorbeugenden Rechtsschutz gerichtet. Das dafür erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis ist nicht zu erkennen. Nach der Durchführung weiterer Behandlungen ist es für ihn ohne weiteres möglich und zumutbar, seine Rechte in einem weiteren Klageverfahren wahrzunehmen, falls die Beklagte die Gewährung von Heilfürsorgeleistungen wiederum ablehnen sollte.
II.
21 
Soweit die Klage hiernach zulässig ist, ist sie auch in der Sache begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Heilfürsorge für die für die am 25.10.2011 durchgeführten Injektionen mit dem Mittel Ostenil (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22 
1. Maßgeblich ist entgegen der Auffassung des Klägers die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt, in dem die strittigen Aufwendungen entstanden sind. Für den Bereich der Heilfürsorge kann insoweit nichts anderes gelten als für die beamtenrechtliche Beihilfe (vgl. Senatsurteile vom 14.2.2012 - 2 S 3010/11 - und vom 17.2.2011 - 2 S 2398/10 - jeweils juris) oder Kassenleistungen der Postbeamtenkrankenkasse (Senatsbeschluss vom 7.9.2011 - 2 S 1972/11 - juris). Die Anwendung des im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Rechts entspricht den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, auf die bei Fehlen besonderer Übergangs- oder Überleitungsvorschriften zurückzugreifen ist. Danach richtet sich die Beurteilung eines Sachverhalts grundsätzlich nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gilt, soweit das anzuwendende materielle Recht nichts anderes bestimmt. Eine solche anderweitige Bestimmung existiert hier nicht. Allein die Tatsache, dass der Kläger erfolglos einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt hat, führt nicht zu einer Vorverlegung des maßgeblichen Zeitpunkts.
23 
2. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Heilfürsorge für die Polizeivollzugsbeamten des Bundes ist § 70 Abs. 2 BBesG i.V.m. mit der auf der Grundlage des § 71 Abs. 2 BBesG vom Bundesministerium des Innern erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte der Bundespolizei nach § 70 Abs. 2 BBesG vom 6.11.2005 (HfVBPOL).
24 
a) Allerdings bedarf die Ausgestaltung der Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamte des Bundes einer gesetzlichen oder auf Gesetz beruhenden Regelung in Gestalt einer Rechtsverordnung. Eine Ausgestaltung allein durch Verwaltungsvorschriften genügt - wie im Recht der Beihilfe (BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - 2 C 24.07 - NVwZ 2008, 1378) und der truppenärztlichen Versorgung (Senatsurteil vom 2.8.2012 - 2 S 786/12 -) - nicht den Anforderungen des rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalts, da jedenfalls die tragenden Strukturprinzipien der Heilfürsorge durch den Gesetzgeber selbst geregelt werden müssen (ebenso: VG Würzburg, Urteil vom 20.7.2010 - W 1 K 10235 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 28.4.2008 - 13 K 435/07 -; VG Frankfurt, Urteil vom 25.4.2005 - 9 E 5909/04 - jeweils juris; zum Heilfürsorgerecht der Länder s. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.6.2009 - 4 S 87/08 -; VG Halle, Urteil vom 14.9.2011 - 5 A 41/11 - jeweils juris). Diesen Anforderungen wird mit der in § 70 Abs. 2 BBesG getroffenen Regelungen nur zum Teil entsprochen (vgl. Senatsurteil vom 2.8.2012 - 2 S 786/12 - zu der ähnlichen Regelung in § 69 Abs. 2 Satz 1 BBesG; s. auch OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.9.2009 - 5 LA 30/08 - juris). § 70 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. BBesG beschränkt sich auf die Aussage, dass den Polizeivollzugsbeamten des Bundes Heilfürsorge gewährt wird. Damit sind zwar der anspruchsberechtigte Personenkreis sowie Art und Weise der Versorgung gesetzlich festgelegt. Welche medizinischen Einzelleistungen unter welchen Voraussetzungen erbracht werden, ergibt sich daraus jedoch nicht. Dies gilt insbesondere für diejenigen Fälle, in denen eine Behandlung durch Polizeiärzte nicht in Betracht kommt und deshalb durch externe Ärzte vorgenommen werden muss. Soweit ersichtlich stellt dies auch die Beklagte nicht in Abrede.
25 
b) Wie das Verwaltungsgericht ist jedoch auch der Senat der Überzeugung, dass es für die hier streitgegenständlichen Heilfürsorgeleistungen geboten ist, den derzeitigen Rechtszustand für eine Übergangszeit hinzunehmen (ebenso für die truppenärztl. Versorgung: Senatsurteil vom 2.8.2012 - 2 S 786/12 -). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 17.6.2004 (2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103) angenommen, dass trotz des Defizits normativer Regelungen von der Weitergeltung der früheren Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen für einen Übergangszeitraum auszugehen sei. Damit sei gewährleistet, dass die Leistungen im Falle der Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Geburt nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht würden, das hinsichtlich des Inhalts jedenfalls bislang in aller Regel keinen Anlass zu Beanstandungen aus der Sicht höherrangigen Rechts geboten habe. Eine andere Beurteilung sei erst dann angezeigt, wenn der Gesetzgeber in einem überschaubaren Zeitraum seiner Normierungspflicht nicht nachkomme (ebenso u. a. BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126; Urteil vom 18.2.2009 - 2 C 23.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 18; Urteil vom 28.5.2009 - 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19). Das Bundesverwaltungsgericht hat aber zugleich betont, die weitere Anwendbarkeit der betreffenden Regelungen setze voraus, dass sie nicht aus anderen Gründen gegen höherrangiges Recht verstießen (BVerwG, Urteil vom 24.2.2011 - 2 C 9.10 - juris; Urteil vom 28.5.2008, aaO).
26 
3. Zwar begründet der Wortlaut der hiernach übergangsweise anwendbaren Verwaltungsvorschriften keinen Anspruch des Klägers auf die begehrten Heilfürsorgeleistungen (a). Er ergibt sich jedoch aus höherrangigem Recht (b).
27 
a) Nr. 9.1 HfVBPOL bestimmt, dass nur die Kosten für verordnungsfähige Arznei- und Verbandmittel nach den Bestimmungen des SGB V in Verbindung mit den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses übernommen werden. Mit den „Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses“ ist die auf § 92 SGB V beruhende Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittelrichtlinie/AM-RL) gemeint, die zwischen Arzneimitteln (Abschnitt F, §§ 12 ff.) und Medizinprodukten (Abschnitt J, §§ 27 ff.) unterscheidet.
28 
Die Anwendbarkeit dieser Regelung ist hier nicht schon deshalb zu verneinen, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Verordnung eines Arzneimittels, sondern um eine ärztliche Behandlung geht. Besteht eine ärztliche Behandlung wie hier allein in der Injektion eines bestimmten Mittels, würde sich ein wirksamer Ausschluss dieses Mittels von der Erstattungsfähigkeit auch auf die entsprechende ärztliche Behandlung erstrecken.
29 
aa) Dem geltend gemachten Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für eine bei einem „externen“ Arzt durchgeführte Behandlung steht nicht entgegen, dass die Heilfürsorge grundsätzlich als Sachleistung durch Polizeiärzte erbracht wird (vgl. Nrn. 1.4 und 3.1 HfVBPOL), da hier unstreitig kein Polizeiarzt vorhanden ist, der die Behandlung durchführen könnte (vgl. Nr. 3.2 HfVBPOL).
30 
bb) Bei dem hier verwendeten Mittel „Ostenil“ handelt es sich nicht um ein arzneimittelrechtlich zugelassenes Arzneimittel, sondern um ein - nicht apothekenpflichtiges - Medizinprodukt (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 21.2.2011 - 1 A 308/09 - juris). Der Wirkstoff Hyaluronsäure wirkt weder pharmakologisch noch immunologisch; vielmehr handelt es sich um eine mechanische (physikalische) Wirkungsweise, die charakteristisch für Medizinprodukte ist (ausführl.: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.3.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300).
31 
cc) Dennoch ist das Präparat „Ostenil“ ein Arzneimittel im heilfürsorgerechtlichen Sinn. Insoweit kann auf die Rechtsprechung zum Beihilferecht und dem Recht der Kassenleistungen der Postbeamtenkrankenkasse zurückgegriffen werden. Die dort entwickelten Grundsätze lassen sich ohne weiteres auf das Recht der Heilfürsorge übertragen.
32 
Als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kommen grundsätzlich alle Mittel in Betracht, die dazu bestimmt sind, ihre Wirkung im Rahmen der Krankenbehandlung durch Anwendung am oder im menschlichen Körper zu erzielen. Dem Präparat „Ostenil“ kann hiernach der Charakter eines Arzneimittels im leistungsrechtlichen Sinne nicht allein deshalb abgesprochen werden, weil es sich um ein Medizinprodukt nach § 3 Nr. 1 Buchst. a MPG handelt. Entscheidend für die beihilferechtliche und leistungsrechtliche Einordnung als Arzneimittel ist die objektive Zweckbestimmung, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper der Heilung, Linderung oder Verhütung bzw. Erkennung eines Krankheitsbildes zu dienen (grundlegend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.3.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300 m.w. Nachw.; vgl. zuletzt: Senatsurteil vom 1.8.2012 - 2 S 2631/10 -).
33 
dd) Legt man die Regelung in Nr. 9.1 HfVBPOL zugrunde, können die Kosten für Medizinprodukte mit dem Wirkstoff Hyaluronsäure seit Juli 2008 nicht mehr von der Heilfürsorge übernommen werden, da sie sind nach den Bestimmungen des SGB V in Verbindung mit den aktuellen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht verordnungsfähig sind (anders noch zur früheren Rechtslage: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.3.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300).
34 
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 AM-RL in der Fassung vom 18.12.2008/22.1.2009 (BAnz2009, Nr. 49a) sind Medizinprodukte grundsätzlich von der Versorgung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB V ausgeschlossen. Dies gilt nach § 27 Abs. 1 Satz 2 AM-RL nicht für solche Medizinprodukte, die nach den Bestimmungen der Arzneimittel-Richtlinie in medizinisch notwendigen Fällen ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen sind. Nach § 27 Abs. 8 AM-RL sind die nach der Arzneimittel-Richtlinie verordnungsfähigen Medizinprodukte abschließend in einer Übersicht als Anlage V der Richtlinie aufgeführt. Medizinprodukte mit dem Wirkstoff Hyaluronsäure werden in der Anlage V nicht aufgeführt.
35 
Dieses Ergebnis wird durch § 27 Abs. 2 AM-RL bestätigt. Danach ist ein Medizinprodukt, welches im Hinblick auf seine therapeutische Zweckbestimmung derjenigen eines Arzneimittels entspricht, das nach den Vorschriften der Arzneimittel-Richtlinie nicht zu Lasten der GKV verordnet werden kann, ebenfalls nicht verordnungsfähig. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Nach § 16 Abs. 3 AM-RL sind u.a. die nach § 16 Abs. 1 und 2 AM-RL von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel in einer Übersicht als Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie zusammengestellt. In Nr. 9 der Anlage III werden u.a. Chondroprotektiva - zu denen hyaluronsäurehaltige Mittel gehören - mit dem Hinweis „Verordnungsausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach dieser Richtlinie" ausdrücklich aufgeführt. Damit sind die Kosten einer Therapie mit einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel, das auf dem Wirkstoff Hyaluronsäure basiert, nicht erstattungsfähig. Gemäß § 27 Abs. 2 AM-Rl sind demzufolge hyaluronsäurehaltige Medizinprodukte ebenfalls nicht verordnungsfähig.
36 
b) An den - mit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Neufassung der Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008 erfolgten - Verordnungsausschluss von Chondroprotektiva sieht sich der Senat jedoch nicht gebunden.
37 
aa) Die Arzneimittelrichtlinie beruht auf den §§ 31 und 92 SGB V. Nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Der Bundesausschuss hat dabei nicht selbst über den medizinischen Nutzen einer bestimmten Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 3/06 § - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10, juris-Rn. 24; Urteil vom 16.9.1997 - 1 RK 28/95 - BSGE 81, 54, juris-Rn. 35). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts haben diese Richtlinien grundsätzlich Bindungswirkung für die Gerichte. Eine Ausnahme gilt jedoch für die Fälle des sogenannten „Systemversagens“. Damit sind Fälle gemeint, in denen die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dürfen somit im einzelnen Leistungsfall nur dann prüfen, ob eine neue Behandlungsmethode medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist, wenn im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Bundesausschuss Fehler aufgetreten sind, die ein solches Systemversagen begründen.
38 
bb) Der - mit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Neufassung der Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008 erfolgte - Verordnungsausschluss von Chondroprotektiva beruht auf einem Systemversagen in diesem Sinn. Die medizinische Wirksamkeit von Chondroprotektiva ist in der Wissenschaft umstritten. Zwar gibt es Studien, nach denen eine Wirksamkeit der Hyaluronsäurebehandlung nicht erwiesen werden konnte (s. arznei-telegramm 2002, 39 und 2004, 15). Diesen Studien stehen jedoch andere Veröffentlichungen gegenüber, in denen die Behandlung einer Arthrose mit hyaluronsäurehaltigen Produkten uneingeschränkt befürwortet (Bellamy et al., Viscosupplementation for the treatment of osteoarthritis of the knee (Review), The Cochrane Collaboration, publ. by John Wiley & Sons) oder ihr aber zumindest ein geringer positiver Effekt zugesprochen wird (Institut für Allgemeinmedizin Frankfurt, IGeL-Helfer „Intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure“). Hinzu kommt, dass die entsprechende Therapie in der im Regelfall maßgeblichen fachlichen Leitlinie der einschlägigen „Fachgesellschaften“ - der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und des Berufsverbands der Ärzte für Orthopädie (BVO) - als medikamentöse Therapie der Coxarthrose mit „Symptomatic slow acting drugs“ ausdrücklich genannt wird (Nr. 11.2.). Auch viele Gerichtsentscheidungen gehen - z.T. nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - jedenfalls für die Gonarthrose von einer Eignung dieser Therapie aus (vgl. u.a. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.3.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300; Bay. VGH, Beschluss vom 12.1.2011 - 14 B 10.1975 -; VG Regensburg, Urteil vom 18.2.2008 - RO 8 K 07.1650 -; VG des Saarlandes, Urteil vom 21.3.2011 - 6 K 551/10 - jeweils juris; VG Aachen, Urteil vom 3.5.2007 - 1 K 562/06 - BeckRS 2007, 24211).
39 
Dafür, dass der Gemeinsame Bundesausschuss sich mit dieser Diskussion beschäftigt hat, ist nichts zu erkennen. Den „Tragenden Gründen“ zu dem genannten Beschluss ist insoweit lediglich zu entnehmen, dass zu dem (beabsichtigten) Ausschluss von Chondroprotektiva keine Stellungnahme eingegangen sei (S. 138 unter 9.). Auf Anfrage des Berichterstatters hat der Gemeinsame Bundesausschuss dies unter dem 7.5.2012 bestätigt und weiter mitgeteilt, der Verordnungsausschluss der Chondroprotektiva in der aktuellen Fassung der Arzneimittel-Richtlinie beruhe darauf, dass ein entsprechender Verordnungsausschlusses der Arzneimittel-Richtlinie in der Fassung vom 31.8.1993 übernommen worden sei. Fachliche Stellungnahmen oder einschlägige medizinische Studien hat der Gemeinsame Bundesausschuss nicht nennen können. Was den Verordnungsausschluss von Chondroprotektiva betrifft, ist der Bundesausschuss damit der ihm zukommenden Aufgabe, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit dieser Mittel besteht, nicht nachgekommen.
40 
cc) Über die medizinische Wirksamkeit von Chondroprotektiva besteht, wie oben ausgeführt, in der Wissenschaft keine Einigkeit. Für die Frage der Notwendigkeit der Behandlung mit einem solchen Mittel kommt deshalb der Einschätzung des behandelnden Arztes die entscheidende Bedeutung zu, solange diese nicht im Widerspruch zu allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnissen steht. Dies ist hier nicht der Fall. Wie soeben dargelegt wurde, gibt es gewichtige Stimmen in der Wissenschaft, nach denen eine solche Behandlung zur Schmerzreduzierung führen kann. Auch in den einschlägigen fachlichen Leitlinien wird die Behandlung mit Chondroprotektiva als Bestandteil einer medikamentösen Therapie genannt. Hyaluronsäure gehört hiernach zu den Wirkstoffen, die als Symptomatika zur Behandlung der Coxarthrose geeignet sind (Leitlinie der DGOOC und des BVO zur Koxarthrose, S. 8, Nr. 11.2.)
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Insbesondere die Fragen, ob die HfVBPOL einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und sie ggf. für eine Übergangszeit dennoch weiter anwendbar sind, haben grundsätzliche Bedeutung.
42 
Beschluss vom 22. August 2012
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.500 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 und 3 GKG).
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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