Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 3 S 2590/18

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2018 - 4 K 1430/17 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Nutzungsuntersagung für eine Vergnügungsstätte.
Die Klägerin zu 1, eine GmbH, betreibt im Untergeschoss des Anwesens ...-... Str. 2 / ... 3 auf der Gemarkung der Beklagten das Lokal „...“. Der Kläger zu 2 ist Geschäftsführer der Klägerin zu 1.
Das Grundstück ... Str. 2 / ... 3 (FIst.-Nr. ...) und das hiermit durch Baulast vereinte Grundstück ... 5 (FIst.-Nr. ...) sind mit mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshäusern bebaut. Eigentümerin dieser Grundstücke ist die Tochter des Klägers zu 2; ihr Vater ist Nießbrauchberechtigter.
Die Grundstücke liegen nahe der Altstadt der Beklagten im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Südlich Schwabentor" vom 19.12.2000, in Kraft getreten am 26.01.2001. Gemäß § 2 der Satzung ändert und ergänzt der Bebauungsplan den Bebauungsplan „Granatgässle“ vom 03.06.1975 hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung. Im Bebauungsplan „Granatgässle“ wird für die genannten Grundstücke ein Kerngebiet festsetzt. In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans "Südlich Schwabentor" werden u.a. drei Kerngebiete (MK 1, MK 2 und MK 3) festgesetzt. In dem die streitgegenständlichen Grundstücke betreffenden Gebiet MK 1 sind Vergnügungsstätten aller Art ausgeschlossen.
Ziff. 1.1 der textlichen Festsetzungen lautet:
„Unzulässig sind Einrichtungen wie Animierlokale, Nachtbars und vergleichbare Einrichtungen mit Striptease- und Filmvorführungen, Sexkinos, Geschäfte mit Einrichtungen zur Vorführung von Sex- und Pornofilmen, auch, wenn sie Bestandteil oder Nebenbetrieb von Einzelhandelsgeschäften sind, nicht medizinische Sauna- und Massagebetriebe, Bordelle und bordellartige Einrichtungen, einschließlich Terminwohnungen, Eros Center und vergleichbare Dirnenunterkünfte sowie Einzelhandelsgeschäfte mit überwiegendem Sex- und Erotiksortiment.
Darüber hinaus sind Vergnügungsstätten ebenfalls unzulässig.“
Eine entsprechende Festsetzung enthält der Bebauungsplan für das Gebiet MK 3 (Nr. 1.3 der textlichen Festsetzungen). Im Gebiet MK 2 sind „nichtsexbezogene“ (sic) Vergnügungsstätten und Einzelhandelsgeschäfte mit überwiegendem Sex- und Erotiksortiment jeweils im Erdgeschoss zulässig (Nr. 1.2). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, im Bereich südlich des Schwabentors sei ein „Absacken“ zu beobachten. Diese städtebaulich unerwünschte Entwicklung würde langfristige Planungsüberlegungen zur Aufwertung des Quartiers erheblich gefährden. Im MK 2 werde der gegenwärtige Bestand, der auch dem Vergnügungsstättenkonzept der Beklagten entspreche, planungsrechtlich abgesichert.
Der Aufstellungsbeschluss ist vom Bauausschuss der Beklagten am 17.03.1999 gefasst worden. Am 23.03.1999 fasste der Gemeinderat der Beklagten den Beschluss über den Erlass einer Veränderungssperre, die am 26.03.1999 in Kraft trat.
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Der Bebauungsplan „Granatgässle“ aus dem Jahr 1975 war vom Regierungspräsidium Freiburg mit der Auflage genehmigt worden, dass die überplanten Teilbereiche von drei älteren Bebauungsplänen in diesen deutlich kenntlich zu machen seien.
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Im Erdgeschoss des Anwesens ... Str. 2 / ... 3 befand sich ursprünglich eine Bäckerei mit Café, das Café ...; im Untergeschoss waren die Backstube und ein Warenlager. Am 20.03.1989 beantragte der Kläger zu 2 eine Genehmigung für eine Nutzungsänderung von der Café-Nutzung zu einer Gaststättennutzung mit Öffnungszeiten gemäß den allgemeinen Sperrzeitenbestimmungen. Nach einem Aktenvermerk vom 31.10.1989 ergab die Prüfung des Antrags keine der Nutzungsänderung entgegenstehenden Bedenken, eine entsprechende förmliche Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde ist den Bauakten jedoch nicht zu entnehmen. Am 04.01.1994 erhielt die Klägerin zu 1 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für das Café .... Im Untergeschoss wurden bei einer örtlichen Überprüfung durch das Baurechtsamt der Beklagten am 28.09.1993 umfangreiche Umbauarbeiten in den zwei nebeneinanderliegenden, miteinander verbundenen Kellergeschossen des Anwesens festgestellt, eine Genehmigung oder Anzeige befindet sich nicht bei den Akten.
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Im Februar 1997 ging beim Amt für öffentliche Ordnung der Beklagten eine Nachbarbeschwerde wegen der Untergeschossnutzung ein, insbesondere wegen des damit verbundenen Lärms. Am 18.04.1997 erfolgte eine örtliche Überprüfung. Laut Ermittlungsbericht des Wirtschaftskontrolldienstes vom 21.04.1997 wiesen beide Kellerräume eine Ausstattung mit Tischen, Stühlen, Musikanlagen, Schanktisch, Schankanlage und Registrierkasse sowie zahlreichen Getränkekisten auf. Der Kläger zu 2 gab an, er habe dort zunächst private Partys veranstaltet; später habe er zur Deckung seiner Unkosten die Räume auch an andere Personen vermietet. Laut Aktenvermerk vom 21.04.1997 wurde der Kläger zu 2 auf die Genehmigungsbedürftigkeit der Nutzung der Kellerräume als Aufenthaltsräume und auf das Fehlen von Rettungswegen hingewiesen. Mit Schreiben vom 03.12.1997 beantragte er eine baurechtliche Genehmigung zur Nutzung des Untergeschosses der Grundstücke ... 3 und 5 als „Piano-Bar mit notwendigen Nebenräumen“ („...“); als Öffnungszeit wurde 21.00 Uhr bis 3 Uhr angegeben. Mit Bescheid vom 02.07.1998 wurde das Vorhaben als "Umbau und Nutzungsänderung des Untergeschosses mit Einrichtung einer Piano-Bar als Gaststättenerweiterung" in einem knapp 40 m² großen Raum nebst kleinerem Vorraum genehmigt; eine Nutzung des zweiten Kellerraums war nicht Gegenstand der Genehmigung. Am 09.12.1998 und am 27.01.1999 wurden dem Kläger zu 2 Nachtragsbaugenehmigungen unter der gleichen Baubeschreibung („Pianobar“) erteilt. Die Klägerin zu 1 erhielt am 30.06.1999 die gaststättenrechtliche Erlaubnis für den Betrieb des "..." als "Schank- und Speisewirtschaft mit Livemusik und Kleinkunstdarbietungen" mit verkürzten Sperrzeiten.
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Aufgrund einer Anzeige erfolgte am 27.04.2001 eine örtliche Überprüfung der Kellerräume. Dabei wurde laut Aktenvermerk festgestellt, dass sich der zweite Kellerraum unterhalb des Café ... nicht als Aufenthaltsraum eignete und kein 2. Rettungsweg vorhanden war. Der Kläger zu 2 gab auf Befragen an, er nutze diesen Raum einige Male im Jahr für private Partys.
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Am 16.03.2005 beantragte die Klägerin zu 1 die Erweiterung ihrer gaststättenrechtlichen Erlaubnis auf die Nutzung des zweiten Kellerraums als Nebenraum für die Gaststätte „...“. Seitens des Baurechtsamts der Beklagten wurden hiergegen keine Bedenken geltend gemacht. Am 14.03.2006 reichte der Kläger einen Bauantrag zum „Einbau einer Treppe im Nebenraum der Piano-Bar ...-...“ ein. Dieses Vorhaben wurde am 18.07.2006 als "Einbau einer Treppenanlage mit Nutzungsänderung eines Nebenraums als Gaststättenerweiterung im Untergeschoss" genehmigt.
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Ungefähr ab dem Jahr 2011 kam es zu vermehrten Nachbarbeschwerden wegen Lärms der Nutzer des Komplexes Café ... und .... Daraufhin erfolgten am 06.07.2015 und am 23.11.2015 örtliche Überprüfungen im Untergeschoss. Dabei wurde festgestellt, dass in beiden Räumen des „...“ eine discothekenähnliche Ausstattung mit Musikanlagen und Verstärkern vorhanden war und - teilweise zeitgleich - Tanzveranstaltungen mit Discjockey und Konzerte von Livebands stattfanden. Nach den Ermittlungen der Beklagten fanden zu dieser Zeit in den Räumlichkeiten des Untergeschosses der Gebäude ...-... 3 und 5 jeden Donnerstag Jazz-Sessions und regelmäßig, zumindest an den Wochenenden, Tanzveranstaltungen mit Livemusik und/oder Discjockey statt.
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Nach vorheriger Anhörung untersagte die Beklagte den Klägern jeweils mit Verfügungen vom 15.08.2016 die Nutzung der Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ... „zum Zwecke der Ausübung einer Vergnügungsstätte, insbesondere in Form einer Diskothek bzw. in Form vom Tanzveranstaltungen mit Livemusik und/oder Diskjockeys, und die Überlassung der Grundstücke zu diesem Zwecke an Dritte“ (Ziff. 1 der Verfügung). Dabei nahm die Beklagte die wöchentlich im „...“ stattfindenden Jazzkonzerte ausdrücklich von der Nutzungsuntersagung aus. Die Beklagte ordnete jeweils die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 der Verfügungen an (Ziff. 2) und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR an (Ziff. 3). Zur Begründung führte die Beklagte aus, das „...“ sei lediglich als Schank- und Speisewirtschaft genehmigt, der heutige Betrieb weise jedoch den Charakter einer Vergnügungsstätte auf. Die Nutzung des Untergeschosses liege im Schwerpunkt bei Musik- und Tanzveranstaltungen und nicht im gastronomischen Bereich. Die Umnutzung der Piano-Bar in eine diskothekenähnliche Vergnügungsstätte sei bauplanungsrechtlich aufgrund der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans "Südlich Schwabentor" unzulässig. Die Nutzungsuntersagung sei verhältnismäßig. Auf materiellen Bestandschutz könnten sich die Kläger nicht berufen, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Nutzungsaufnahme vor Inkrafttreten des Bebauungsplans bestünden. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB könne nicht erteilt werden, weil die Grundzüge der Planung entgegenstünden. Der Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr rechtfertige ein Einschreiten sowohl gegen die Klägerin zu 1 als auch gegen den Kläger zu 2.
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Die Kläger legten Widerspruch ein und beantragten beim Verwaltungsgericht Freiburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Nutzungsuntersagungen der Beklagten vom 15.08.2016. Mit Beschluss vom 12.10.2016 - 4 K 3011/16 - (juris) lehnte das Verwaltungsgericht die Anträge ab.
18 
Mit Verfügungen vom 20.12.2016, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, setzte die Beklagte gegenüber den Klägern das angedrohte Zwangsgeld fest mit der Begründung, die untersagte Nutzung sei fortgesetzt worden. In der Folge legten die Kläger ein Nutzungskonzept für das „...“ vor, über das keine Einigung mit der Beklagten erzielt werden konnte.
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Das Regierungspräsidium Freiburg wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 09.02.2017 zurück. Die Kläger haben am 08.03.2017 Klage erhoben. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen ausgeführt, die Verfügungen seien nicht hinreichend bestimmt, weil nicht hinreichend erkennbar sei, welche Musikveranstaltungen noch stattfinden dürften und auf welche Teile des Anwesens sich die Untersagungsverfügung beziehe. Die Nutzung sei materiell baurechtmäßig, weil der Bebauungsplan "Südlich Schwabentor" aus dem Jahr 2001 unwirksam sei. Dessen textliche Festsetzungen in Ziffern 1.1 Abs. 1, 1.2 Abs.1 und 1.3 Abs.1 seien unbestimmt, was die Unwirksamkeit des Gesamtplans zur Folge habe. Der aktuelle Bebauungsplan ergänze ferner nur den früheren Bebauungsplan, der seinerseits unwirksam sei, weil es an einem sog. Beitrittsbeschluss zu den Auflagen des Regierungspräsidiums fehle. Die Räume des „...“ genössen Bestandschutz, da die Nutzung als Vergnügungsstätte bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Südlich Schwabentor“ aufgenommen worden und damit zumindest für mehrere Monate materiell baurechtmäßig gewesen sei. Sie hätten die Räume im Untergeschoss ab 1996/1997 gewerblich und häufig als Partyraum mit Musikprogramm genutzt. Bereits damals seien „DJs“ in verschiedenen Musikrichtungen zum Einsatz gekommen. Dies ergebe sich u.a. aus den Nachbarbeschwerden und aus den dem Gericht vorgelegten Bestätigungen der Gäste. Der Umfang der tatsächlichen Nutzung sei der Beklagten jedenfalls seit 18.04.1997 bekannt gewesen und von ihr geduldet worden. Auch eine formelle Illegalität bestehe nicht. Eine „Pianobar“ umfasse auch dem Vergnügen dienende Veranstaltungen, nämlich Partys, was sich auch aus der genehmigten Sperrzeitverkürzung ablesen lasse. Der Titel „Pianobar“ sei in Gesprächen mit dem damaligen Stadtbaumeister entstanden und habe alle bislang stattfindenden Veranstaltungen umfassen sollen. Trotz der Nachbarbeschwerden ab dem Jahr 1997 habe die Beklagte bis zum Jahr 2015 keinen Handlungsbedarf gesehen und auch gegen die Nutzungserweiterung im Jahr 2005 keine Bedenken gehabt. Im Übrigen habe es niemals eine relevante Lärmbelästigung gegeben; einige Nachbarn führten eine Art Fehde gegen das „...“. Auch eine Befreiung von der Festsetzung über den Ausschluss von Vergnügungsstätten nach § 31 Abs. 2 BauGB sei vorliegend möglich, da dieser weder einen Grundzug der Planung darstelle noch die Nutzung der Klägerin zu 1 diesen berühre. Die Durchführung des Bebauungsplans stelle für die Klägerin zu 1 eine nicht beabsichtigte Härte dar, weil sie ohne die beabsichtigte Nutzung wirtschaftlich nicht überlebensfähig sei. Selbst wenn man die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 2 LBO (jetzt § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO) für gegeben erachte, erweise sich die Nutzungsuntersagung als ermessensfehlerhaft. Denn die Beklagte habe sich in Kenntnis der relevanten Umstände durch aktives Tun mit der illegalen Nutzung abgefunden und bei den Klägern eine Vertrauensgrundlage dahingehend geschaffen, dass sie hiergegen nicht mehr einschreiten werde. Schließlich sei die persönliche Inanspruchnahme des Klägers zu 2 unverhältnismäßig.
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In der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2018 hat die Beklagte zu Protokoll des Verwaltungsgerichts klargestellt, dass die angefochtenen Verfügungen nur die Räumlichkeiten des Untergeschosses des Anwesens ... 2 / ... 3 betreffen. Die Beteiligten haben den weitergehenden Rechtsstreit für erledigt erklärt.
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Mit Urteil vom 26.09.2018 (4 K 1430/17), den Klägern zugestellt am 17.10.2018, hat das Verwaltungsgericht Freiburg das Verfahren eingestellt, soweit es die Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seinen Beschluss im Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt, die Nutzungsuntersagungen seien hinreichend bestimmt. Aus dem Tenor und der Begründung der Nutzungsuntersagungen werde erkennbar, dass nicht jegliche Tanz- oder Musikveranstaltungen verboten würden, sondern nur solche, die dem „...“ das Gepräge einer Vergnügungsstätte gäben. Der Begriff der Vergnügungsstätte habe in der Rechtsprechung eine Konkretisierung, insbesondere in Abgrenzung zur Schank- und Speisewirtschaft, erfahren. Die Beklagte habe insoweit zahlreiche Abgrenzungskriterien in der Begründung der Verfügungen genannt. Letztlich entscheidend sei eine wertende Gesamtbetrachtung. Es liege in der Natur der Sache, dass es im Hinblick auf die vielfältigen denkbaren Angebote letztlich Sache des Betreibers sei, ein genehmigungsfähiges Betriebskonzept zu entwickeln. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nach § 65 Satz 2 LBO lägen vor. Der in der Baugenehmigung verwendete Begriff einer „Pianobar“ berechtige nicht zu einer diskotheken- bzw. vergnügungsstättenähnlichen Nutzung. Dass es sich eventuell um einen Etikettenschwindel gehandelt habe, auf den sich die Beklagte wohl eingelassen habe, ändere am objektiven Genehmigungsinhalt nichts. Die abweichend verwirklichte Nutzung sei auch nicht genehmigungsfrei, weil sie weitergehende baurechtliche Anforderungen stelle. Die untersagte Nutzung verstoße gegen den aktuellen Bebauungsplan. Die textlichen Festsetzungen zur Untersagung von Vergnügungsstätten seien eindeutig. Selbst eine teilweise Unbestimmtheit von Nr. 1.1. Abs. 1 führe allenfalls zu einer Teilnichtigkeit und erfasse nicht den Ausschluss von Vergnügungsstätten. Ein Beitrittsbeschluss zum Vorgängerbebauungsplan sei nicht erforderlich gewesen. Nach der Rechtsprechung der Kammer - entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - eröffne auch bei langandauernden Nutzungen schon der Verstoß gegen die Genehmigungspflichtigkeit der Nutzung das Ermessen nach § 65 Satz 2 LBO (Hinweis auf VG Freiburg, Urt. v. 08.11.2012 - 4 K 912/12 - juris). Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Weitere Ermittlungen zu Umfang und Herkunft der Lärmimmissionen seien nicht erforderlich gewesen, weil nicht die konkreten Lärmbelästigungen, sondern die ausgeübte Nutzung baurechtswidrig seien.
22 
Die Kläger könnten sich auch nicht auf Bestandsschutz berufen. Zwar habe die Nutzung wohl etwa ab dem Jahr 1996 vergnügungsstättentypische Ausmaße angenommen. Die Kläger hätten aber im April 1997 gegenüber der Beklagten erklärt, diese Nutzungen einstellen zu wollen. Damit sei damals die Nutzung als Vergnügungsstätte nicht dauerhaft aufgenommen worden. Darüber hinaus habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass das Vorhaben vor den später genehmigten Umbaumaßnahmen aus bauordnungsrechtlichen Gründen, insbesondere des Brandschutzes, nicht genehmigungsfähig gewesen wäre. Auch für die Zeit zwischen der Erteilung der Baugenehmigung vom 02.07.1998 bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre vom 23.03.1999 könnten sich die Kläger nicht auf Bestandsschutz berufen. Es könne offenbleiben, ob - wozu die Kammer neige - die Schutzwirkung des Bestandsschutzes voraussetze, dass die Nutzung von einer Baugenehmigung gedeckt sei. Dem einfachen Recht lasse sich jedenfalls keine Bestimmung entnehmen, dass eine ohne Kenntnis der Baurechtsbehörde aufgenommene Nutzung in Zukunft unbeanstandet bleiben müsse, selbst wenn sie für einige Monate genehmigungsfähig gewesen wäre. Der Betrieb des „...“ sei nicht von der Baugenehmigung für eine Pianobar gedeckt. Auch eine Kenntnis der Beklagten liege nicht vor, weil die wahre Nutzung nicht zur Genehmigung gestellt worden sei. Ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand infolge einer faktische Duldung liege im Hinblick auf den hier in Rede stehenden kurzen Zeitraum nicht vor. Daher habe die Beklagte eine Genehmigungsfähigkeit für einen äußerst kurzen Zeitraum nicht in ihre Ermessenserwägungen einstellen müssen. Auch ein eventueller Anspruch der Kläger auf eine Befreiung sei nicht zu berücksichtigen gewesen, weil eine solche den Grundzug der Planung betreffe und damit ausgeschlossen sei. Mangels Schaffung eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestands habe die Beklagte das Einschreiten auch nicht verwirkt. Schließlich sei auch die Inanspruchnahme des Klägers zu 2 nicht unverhältnismäßig. Eine doppelte Inanspruchnahme diene der effizienten Gefahrenabwehr; dies sei für das Verhältnis von Eigentümer und Mieter anerkannt. Als Nießbraucher beider Grundstücke stehe der Kläger aber im gleichen Verhältnis zur Klägerin zu 1 als Pächterin der Grundstücke wie ein Eigentümer gegenüber dem Mieter. Im Übrigen sei die Klägerin zu 1 als GmbH für ein Zwangsgeld nicht in gleicher Weise empfindlich wie der Kläger zu 2. Die Androhung des Zwangsgeldes entspreche den gesetzlichen Vorschriften.
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Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg, den Klägern zugestellt am 17.10.2018, richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Kläger. Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen vor dem Verwaltungsgericht und führen ergänzend aus, nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sei die Nutzungsuntersagung bereits deswegen rechtswidrig, weil die Nutzung bei ihrer Aufnahme materiell genehmigungsfähig gewesen sei. Sie hätten die Nutzung seit 1996 bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre in vergnügungsstättentypischem Umfang aufgenommen, was durch zahlreiche schriftliche Zeugenaussagen bestätigt werde. Die Räumlichkeiten hätten in diesem Zeitraum alle brandschutzrechtlichen Anforderungen erfüllt; die Baugenehmigungen seien erteilt und alle bauordnungsrechtlichen Anforderungen umgesetzt worden. Somit genieße das „...“ Bestandsschutz. Die Bedenken gegen die Bestimmtheit der Verfügungen seien nicht ausgeräumt; infolge der Verwendung des Wortes „insbesondere“ im Entscheidungsausspruch sei nicht erkennbar, welche konkreten Nutzungen untersagt seien. Die streitigen Nutzungen seien von der Baugenehmigung gedeckt, wie sich schon aus den Öffnungszeiten deutlich über 22 Uhr hinaus ergebe. Mitarbeiter der Beklagten hätten zu einem Bauantrag als „Piano-Bar“ geraten. Der frühere Bebauungsplan sei aus mehreren Gründen unwirksam. Von einer Teilnichtigkeit des neuen Bebauungsplans könne nicht ausgegangen werden; der hypothetische Wille des Gemeinderats sei offen. Der Bebauungsplan sei im Übrigen abwägungsfehlerhaft. Denn beim Ausschluss von Vergnügungsstätten habe der Plangeber die Prüfung von Alternativen oder die Möglichkeit von Ausnahmen für „nichtsexbezogene“ Nutzungen unterlassen. Zumindest seien die Verfügungen aus Gründen des Bestandsschutzes auf der Rechtsfolgenseite fehlerhaft und auch sonst unverhältnismäßig. Die Betriebsform sei der Beklagten seit jeher bekannt gewesen und von ihr nicht beanstandet worden; auch die baulichen Umgestaltungen seien von der Beklagten in Kenntnis der tatsächlichen Nutzung genehmigt worden. Damit sei ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand entstanden; jedenfalls sei das Einschreiten verwirkt. Als sonstige, d.h. „nichtsexbezogene“ Nutzung verstoße die Vergnügungsstätte nicht gegen den Grundzug der Planung; es sei deshalb die Möglichkeit einer Befreiung zu erwägen gewesen. Die Verwaltungspraxis der Beklagten sei im Übrigen inkonsistent und gleichheitswidrig.
24 
Die Kläger beantragen bei sachdienlicher Auslegung,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26.09.2018 - 4 K 1430/17 - zu ändern und die Verfügungen der Beklagten vom 15.08.2016 in der Fassung vom 26.09.2018 sowie die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Freiburg vom 09.02.2017 aufzuheben.
26 
Die Beklagte beantragt,
27 
die Berufungen zurückzuweisen.
28 
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen des Verwaltungsgerichts und führt ergänzend aus, das Wort „insbesondere“ im Entscheidungsausspruch verdeutliche lediglich, dass die genannte Aufzählung beispielhaft sei, und führe nicht zur Unbestimmtheit der Verfügungen. Die untersagte Nutzung sei formell illegal. Es sei offensichtlich, dass in einer „Pianobar“ keine Tanzveranstaltungen und elektronische Musikdarbietungen stattfänden. Die tatsächliche Nutzung sei für den Genehmigungsinhalt irrelevant; die Kläger hätten diese nicht zur Genehmigung gestellt. Der Auslegungsgrundsatz „falso demonstratio non nocet“ könne im öffentlich-rechtlichen Baurecht nicht herangezogen werden. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus der gaststättenrechtlichen Erlaubnis. Bei der Nutzung als Vergnügungsstätte handele sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinne des Bauordnungs- und des Bauplanungsrechts. Ermessensfehler seien nicht zu erkennen. Die untersagte Nutzung sei nicht genehmigungsfähig, weil ihr der Bebauungsplan „Südlich Schwabentor“ entgegenstehe. Es bestünden keine Bedenken gegen die Wirksamkeit dieses und des Vorgängerbebauungsplans. Eine Ausnahmeregelung sei nicht erforderlich, wenn der Plangeber sämtliche Vergnügungsstätten ausschließen wolle. Eine Befreiung stehe den Klägern nicht zu, weil der Ausschluss von Vergnügungsstätten an der planerischen Konzeption teilnehme und auch nicht erotikbezogene Vergnügungsstätten ein „Absacken“ eines Stadtteils bewirken könnten. Es liege auch keine unbeabsichtigte Härte vor, weil keine grundstücksbezogene Atypik bestehe. Die Vergnügungsstätte genieße auch keinen Bestandsschutz. Einem formell illegalen Bauvorhaben fehle für die Zeit einer möglichen Zurückstellung die objektive Schutzwürdigkeit. Vorliegend sei es ausgeschlossen, dass das Vorhaben bei Stellung eines Bauantrags genehmigt worden wäre; dem hätten auch bauordnungsrechtliche Gründe wie etwa Brandschutz und Stellplatzpflicht entgegengestanden. Für die Annahme einer Verwirkung fehle das Umstandsmoment. Auch das Auswahlermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Der Kläger zu 2 sei infolge seiner Bauherreneigenschaft als Handlungsstörer zu betrachten. Sie sei nachweislich auch gegen andere unzulässige Vergnügungsstätten eingeschritten.
29 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Bauordnungsamts und des Amts für öffentliche Ordnung der Beklagten (9 Bände), die Bebauungspläne „Granatgässle“ und „Südlich Schwabentor“ nebst Verfahrensakten (5 Bände), die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg und die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts (4 Bände) vor. Wegen der Einzelheiten wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
I.
31 
Die Berufungen sind statthaft und auch sonst zulässig.
32 
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage des Bestandsschutzes und wegen Divergenz zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zugelassen. Die Berufungen wurden am 31.10.2018 beim Verwaltungsgericht Freiburg eingelegt und am 17.12.2018 sowie ergänzend am 21.01.2019 innerhalb der verlängerten Begründungsfrist begründet.
II.
33 
Die Berufungen sind unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die Verfügungen der Beklagten vom 15.08.2016 in der Fassung vom 26.09.2018 und die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Freiburg vom 09.02.2017 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
34 
1. Die Nutzungsuntersagungsverfügungen leiden nicht an mangelnder Bestimmtheit.
35 
1.1 Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen. Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 08.09.2015 - 6 S 1426/14 - juris; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2018, § 37 Rn. 5).
36 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen. Es reicht aus, wenn sich der Regelungsgehalt aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 25.4.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160, m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.07.2017 - 5 S 2067/15 - juris).
37 
1.2 Nach diesen Maßgaben sind die Nutzungsuntersagungen hinreichend bestimmt. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht klargestellt, dass sich die Verfügungen nur auf die Nutzung des Untergeschosses beziehen. Dies ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus der Begründung der Verfügungen, die an verschiedenen Stellen ausdrücklich auf die Nutzung des Untergeschosses Bezug nehmen (vgl. Nrn. II. und II.a, S. 3) und keinerlei Anhaltspunkte dafür enthalten, dass auch die Erdgeschossnutzung betroffen ist.
38 
Entgegen dem Vorbringen der Kläger leiden die Verfügungen auch nicht deshalb an Bestimmtheitsmängeln, weil im Tenor das Wort „insbesondere“ verwendet wird. Die Kläger vertreten die Auffassung, dass die nach dem Wort „insbesondere“ aufgeführten konkreten Nutzungen in jedem Fall vollständig und ausdrücklich untersagt und darüber hinaus noch andere, im Einzelnen nicht genannte Veranstaltungen ausgeschlossen seien. Mit dem Verwaltungsgericht ist hingegen davon auszugehen, dass die unter „insbesondere“ aufgeführten Tanzveranstaltungen mit Musik nicht vollständig, sondern nur insoweit untersagt sind, als sie dem „...“ das Gepräge einer Vergnügungsstätte geben. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Entscheidungsausspruchs. Untersagt wurde die Nutzung der Grundstücke „zum Zwecke der Ausübung einer Vergnügungsstätte, insbesondere in Form einer Diskothek bzw. von Tanzveranstaltungen mit Live-Musik und/oder Discjockeys“. Aus der Formulierung „in Form von“ folgt, dass es sich lediglich um eine beispielhafte Konkretisierung für die bislang ausgeübte und in Zukunft untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte handelt. Hätte jegliche Tanzveranstaltung mit Musik untersagt werden sollen, hätte es auch der Formulierung „zum Zwecke der Ausübung einer Vergnügungsstätte“ nicht bedurft. Der Umstand, dass die beispielhaft genannten Tanzveranstaltungen im Tenor der Verfügung in Beziehung zu einer Diskothek gesetzt werden - die einen Unterfall der Vergnügungsstätte darstellt - verdeutlicht ebenfalls, dass nur die Betriebseigentümlichkeiten einer Vergnügungsstätte ausgeschlossen werden sollen. Auch aus der Begründung der Verfügungen wird ersichtlich, dass Tanz- und Musikveranstaltungen lediglich insoweit untersagt werden, als sie dem Betrieb das Gepräge einer Vergnügungsstätte geben. Denn darin wird unter Anführung zahlreicher Veranstaltungen die Nutzung als Vergnügungsstätte abgegrenzt von einer Schank- und Speisewirtschaft mit gelegentlichen Tanzveranstaltungen. Zudem wird aus der Begründung der Verfügungen deutlich, dass die Nutzung nur insoweit untersagt werden soll, als sie von der baurechtlich genehmigten „Pianobar“ zu einer ungenehmigten diskothekenähnlichen Vergnügungsstätte geändert wurde. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der gaststättenrechtlich genehmigte Nutzungsumfang des „...“ als „Schank- und Speisewirtschaft mit Live-Musik und Kleinkunstdarbietungen“ baurechtlich eingeschränkt werden sollte. Nicht zuletzt ergibt sich aus den Verhandlungen zwischen der Beklagten und den Klägern über das im Jahr 2017 vorgelegte Betriebskonzept, bei denen lediglich Umfang und Anzahl, nicht aber die Durchführung von Musikveranstaltungen als solche umstritten waren, dass nicht jegliche Tanz- und Musikveranstaltungen untersagt werden sollten.
39 
Auch die Verwendung des generalisierenden Begriffs „Vergnügungsstätte“ macht die Verfügungen nicht unbestimmt; denn dieser Begriff hat - worauf schon das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - eine nähere Eingrenzung und Konkretisierung in Rechtsprechung und Schrifttum erfahren (dazu sogleich 2.).
40 
1.3 Aus dem Gesamtinhalt des Bescheids und den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen ergibt sich mithin, dass lediglich eine Nutzung, bei der die diskothekenähnlichen und vergnügungsstättentypischen Musik- und Tanzveranstaltungen und nicht die Gastronomie im Vordergrund steht, untersagt werden soll; die genehmigte Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft mit gelegentlichen Musikveranstaltungen wird hingegen nicht unterbunden. Den Klägern wird in der Sache aufgegeben, auf die eine Diskothek oder sonstige Vergnügungsstätte kennzeichnenden Betriebseigentümlichkeiten zu verzichten. Dabei ist zu beachten, dass es grundsätzlich Sache des Bauherrn ist, die konkreten Nutzungsentscheidungen zu treffen (Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Juli 2020, Art. 76 Rn. 297). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es daher nicht Aufgabe der Baurechtsbehörde, genau zu bestimmen, welche möglichen einzelnen Bestandteile eines weiteren Betriebs noch im Bereich des Zulässigen liegen (ebenso VG Magdeburg, Beschl. v. 31.05.2005 - 4 B 52/05 -, Rn. 20, juris). Es ist vielmehr Sache des Betreibers, insoweit ein genehmigungsfähiges Betriebskonzept vorzulegen. Im Hinblick auf die Vielzahl der denkbaren Veranstaltungsangebote würden andernfalls die Anforderungen an die Bestimmtheit überspannt und ein unvertretbarer Verwaltungsaufwand entstehen, der letztlich Nutzungsuntersagungen im hier betroffenen Grenzbereich zwischen Schank- und Speisewirtschaft und Vergnügungsstätten faktisch ausschließen würde.
41 
2. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, so kann die Nutzung nach § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO untersagt werden. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor, weil das Untergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens als Vergnügungsstätte genutzt wird (2.1) und diese Nutzung baurechtlich nicht genehmigt ist (2.2). Die materielle Baurechtmäßigkeit der Nutzung ist hingegen keine Tatbestandsvoraussetzung der Nutzungsuntersagung nach § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO (2.3).
42 
2.1 Bei dem Betrieb „...“ handelte es sich um eine Vergnügungsstätte.
43 
2.1.1 Der Begriff der Vergnügungsstätte wird in der Baunutzungsverordnung nicht definiert. Es handelt sich um eine besondere Nutzungsart, bei der die kommerzielle Unterhaltung der Besucher durch entsprechende Dienstleistungen des Betreibers im Vordergrund steht. Vergnügungsstätten lassen sich kennzeichnen als gewerbliche Einrichtungen (Gewerbebetriebe besonderer Art), die in unterschiedlicher Ausprägung (etwa als Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) dem „Amüsement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Dieser Anlagentyp unterliegt in den einzelnen Baugebieten einer differenzierten und gegenüber sonstigen Gewerbebetrieben regelmäßig restriktiveren Zulassungsregelung (vgl. §§ 4a Abs. 3 Nr. 2, 5 Abs. 3, 6 Abs. 3 Nr. 8, 6a Abs. Abs. 3 Nr. 1, 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Als Anlagen mit bodenrechtlichem Bezug knüpfen sie nicht an Definitionen des Vergnügungssteuerrechts an, sondern stellen auf typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen ab, wie etwa auf Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch Verschlechterung der Gebietsqualität. Bei ihrer städtebaulichen Einordnung ist maßgeblich darauf abzustellen, dass sie aufgrund ihres Benutzerkreises und der Nutzungszeit regelmäßig mit erheblichen Lärmbelästigungen einhergehen, sei es durch die Veranstaltung selbst und den durch sie ausgelösten Zu- und Abgangsverkehr, der planungsrechtlich wie auch sonst im Städtebaurecht der Anlage zuzurechnen ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 9.10.1990 - 4 B 120.90 -, BRS 50 Nr. 60; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, VBlBW 2007, 189 ff. und Beschl. v. 03.09.2012 - 3 S 2236/11 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.04.2011 - 7 B 1263.10 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 14.04.2011 - 8 B 10278/11.OVG -, juris; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, 138. EL Mai 2020, § 4 a BauNVO, Rn. 69 f.; Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 12. Aufl., 2014, § 4 a Rn. 22 ff.; Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, Kommentar, 4. Aufl., 2019, § 7 Rn. 16; jeweils m.w.N.).
44 
Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Vergnügungsstätten insbesondere von Schank- und Speisewirtschaften abzugrenzen. Bei der Auslegung des bauplanungsrechtlichen Begriffs der Schank- und Speisewirtschaft kann zur Bestimmung dessen, was als typisches Gepräge zu einer Schank- und Speisewirtschaft gehört, zunächst auf die Regelung in § 1 Gaststättengesetz zurückgegriffen werden (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.11.2019 - 5 S 1790/17 - juris Rn. 34 ff. m.w.N.). Danach wird der Gaststättentypus einer Schank- und Speisewirtschaft maßgeblich dadurch geprägt, dass Getränke und zubereitete Speisen in einer jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglichen Betriebsstätte zum Verkehr an Ort und Stelle verabreicht werden; dagegen gehören Musik und Tanz nach diesem rein gaststättenrechtlichen Ansatz im Grundsatz nicht zum typischen Gepräge einer Gaststätte. Andererseits geht der Charakter einer Schank- und Speisewirtschaft in städtebaulicher Hinsicht aber nicht ohne weiteres verloren, wenn dort - über die Verabreichung von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle hinaus - auch die Möglichkeit zum „Amüsement“ in Form von Musik- und Tanz geboten wird. Entscheidend ist, ob diese Betätigungen dem Betrieb ein eigenes gaststättenfremdes Gepräge geben und ob der Charakter als Schank- und Speisewirtschaft dahinter zurücktritt. Einerseits wird eine Vergnügungsstätte nicht dadurch zu einer Schank- und Speisewirtschaft, dass in ihr auch Speisen und Getränke angeboten werden. Andererseits verliert eine Schank- und Speisewirtschaft nicht dadurch ihren planungsrechtlichen Charakter, dass gelegentlich in ihr Tanzveranstaltungen durchgeführt werden oder Unterhaltungsmusik geboten wird. Zu fragen ist mithin nach dem Schwerpunkt des Betriebs. Daher sind Gaststättenbetriebe, die von der Möglichkeit zum Tanz wesentlich (mit-)geprägt sind, bauplanungsrechtlich nicht mehr als Schank- und Speisewirtschaften, sondern als Vergnügungsstätten einzuordnen. Gleiches gilt im Hinblick auf Musikdarbietungen. Während das Abspielen von bloßer Hintergrund- oder dezenter Barmusik den Charakter als Schank- und Speisewirtschaft unberührt lässt, kommt es bei darüberhinausgehenden Musikveranstaltungen in den Gaststättenräumen darauf an, ob diese gaststättenfremden Elemente den Gesamtbetrieb - unter Berücksichtigung u.a. des Störungsgrads, der Öffnungszeiten, des Einzugsbereichs, der Anzahl der Gäste und der hiermit verbundenen Begleiterscheinungen - prägen. Entscheidend ist weder die konkrete Bezeichnung der Einrichtung noch deren eindeutige Zuordnung zu einer der unproblematisch als Vergnügungsstätten bezeichneten Betriebe wie Diskotheken, Nachtclubs, Nachtbars etc., sondern vielmehr die Frage, ob die Einrichtung von ihrem Erscheinungsbild und ihrem Angebot bei wertender Gesamtbetrachtung den Charakter einer Vergnügungsstätte hat (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 11.2019 - 5 S 1790/17 -, juris m.w.N., Urt. v. 18.10.1990 - 5 S 3063/89 -, NVwZ-RR 1991, S. 205 f., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1458/90 -, juris: OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 5.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris; Hessischer VGH, Beschl. v. 22.02.2012 - 3 A 1112/11.Z - und Beschl. v. 22.09.2016 - 4 B 863/15 -, jeweils juris; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 4 BauNVO Rn. 60).
45 
2.1.2 Nach diesem Maßstab hat die Baurechtsbehörde das „...“ zu Recht als Vergnügungsstätte eingeordnet, wie auch zuletzt von den Klägern nicht mehr bestritten wurde.
46 
Nach den Ermittlungen der Baurechtsbehörde gab es in den Räumlichkeiten des „...“ jeden Donnerstag Jazz-Sessions. Darüber hinaus fanden regelmäßig, zumeist an den Wochenenden, Tanzveranstaltungen mit Live-Musik und/oder Discjockeys statt. Darunter waren mehrere wiederkehrende Veranstaltungsreihen unterschiedlicher Musikrichtungen. Für den Zeitraum vom 02.01.2015 bis 05.12.2015 sind 64, für den Zeitraum vom 13.02. bis 17.05.2016 sind 31 derartige Veranstaltungen bekannt geworden. Für den Zeitraum vom 26.05.2016 bis 31.12.2016 wurden unter bz-ticket.de 95 DJ-Veranstaltungen annonciert. Auch die Kläger haben im Berufungsverfahren ausgeführt, dass das „...“ etwa seit den Jahren 1996 - 1998 eine Nutzungsintensität aufgewiesen hat, die einer Vergnügungsstätte entsprochen hat. Bereits in den Jahren 1996/1997 seien Discjockeys zum Einsatz gekommen. Seitdem habe eine Vielzahl von öffentlichen Veranstaltungen mit Live-Musik stattgefunden, z.B. von Juli bis Dezember 1999 58 Veranstaltungen, davon 23 mit Discjockeys oder Band, im Jahr 2000 125 Veranstaltungen, davon 62 mit Live-Musik, und im Jahr 2001 134 Veranstaltungen, davon 70 mit Live-Musik. Bei dem Ortstermin der Beklagten am 23.11.2015 fanden gleichzeitig in beiden Kellerräumen Musik- und Tanzveranstaltungen, davon eine mit Discjockey, statt; ferner wurde eine diskothekenähnliche Ausstattung mit Musikanlage, Verstärkern, Tanzfläche und Disco-Kugel festgestellt (vgl. zu diesen Kennzeichen einer Diskothek Hessischer VGH, Urt. v. 2.07.1991 - 14 TH 3563/90 -, GewA 1992, 32; VG Neustadt a. d. Weinstraße, Beschl. v. 11.03.2010 - 4 L 224/10.NW -, juris). Nicht zuletzt zeigen auch die negativen städtebaulichen Auswirkungen, wie sie durch die fortlaufenden Beschwerden der Anwohner über Lärmbelästigung durch Gäste des „...“ an den Wochenenden zur Nachtzeit und in den frühen Morgenstunden zumindest ab dem Jahr 2011 belegt sind, dass das Untergeschoss des Anwesens als Vergnügungsstätte fungierte. Unerheblich für das Erscheinungsbild einer diskothekenähnlichen Vergnügungsstätte ist hingegen, dass es sich um ein Lokal mit verhältnismäßig geringer Grundfläche handelt (VG München, Urt. v. 28.03.2012 - M 9 K 11.539 -, Rn. 19, juris).
47 
2.2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Nutzung als Vergnügungsstätte nicht von einer Baugenehmigung gedeckt.
48 
2.2.1. Der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung richtet sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen. Er wird damit wesentlich durch den Bauantrag und die eingereichten Bauvorlagen mitbestimmt, insbesondere wenn der Bauherr selbst nur einen engen Rahmen zulässiger Nutzungen zur Genehmigung stellt und damit das Vorhaben eingrenzt. Die Bauvorlagen konkretisieren nicht nur den Bauantrag und damit das geplante Vorhaben, sondern sie bestimmen auch Inhalt und Umfang der Genehmigung; denn bei einer Genehmigung ohne Einschränkungen ist das Bauvorhaben so genehmigt, wie es in den Bauvorlagen dargestellt ist (zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09.04.2014 - 8 S 1528/13 -, juris, Urt. v. 25.10.2002 - 5 S 1706/01 -, juris; Urt. v. 17.11.1989 - 8 S 1172/89 -, UPR 1990, 390; Bayerischer VGH, Beschl. v. 09.09.2013 - 14 ZB 12.1899 -, BauR 2014, 233).
49 
2.2.2. Nach diesem Maßstab wurde der streitgegenständliche Betrieb nicht als Vergnügungsstätte, sondern als Schankwirtschaft baurechtlich genehmigt.
50 
Mit Bescheid vom 02.07.1998 erteilte die Beklagte eine Baugenehmigung für das „...“ als „Umbau und Nutzungsänderung des Untergeschosses mit Einrichtung einer Pianobar als Gaststättenerweiterung“. Die Baubeschreibung im entsprechenden Bauantrag vom 03.12.1997 lautete: „Umnutzung des Untergeschosses ... 3 und 5 in eine Pianobar mit den notwendigen Nebenräumen“. In der 1. und 2. Nachtragsbaugenehmigung wurde das Bauvorhaben entsprechend bezeichnet. Am 14.03.2006 wurde ein weiterer Bauantrag zum „Einbau einer Treppe im Nebenraum der Pianobar“ eingereicht. Genehmigt wurde das Vorhaben am 18.07.2006 als „Einbau einer Treppenanlage mit Nutzungsänderung eines Nebenraums als Gaststättenerweiterung im Untergeschoss“. Alle Baugenehmigungen gehen somit erkennbar davon aus, dass es sich beim Untergeschoss lediglich um eine bauliche Erweiterung der vorhandenen Gaststätte, d.h. der Schank- und Speisewirtschaft im Erdgeschoss („Café ...“) handelte. Zwar ist bei der Beschreibung des Bauvorhabens teilweise von einer Nutzungsänderung die Rede; hiermit ist aber erkennbar die Änderung der bisherigen Nutzung als Keller gemeint. Auch gaststättenrechtlich wurde das „...“ am 30.06.1999 als „Schank- und Speisewirtschaft mit Live-Musik und Kleinkunstdarbietungen“ genehmigt.
51 
Dass baurechtlich keine Vergnügungsstätte genehmigt worden ist, ergibt sich auch aus dem Begriff „Pianobar“. Zwar findet sich in den Bauakten keine Betriebsbeschreibung; nach dem allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei einer „Pianobar“ aber um ein Lokal, in dem die gespielte Musik hinsichtlich der Lautstärke und der Darbietung eher den Charakter einer Hintergrundmusik oder zumindest eine gemäßigte Lautstärke hat und noch eine Unterhaltung aus gewöhnlicher Distanz zulässt, wohingegen Tanzveranstaltungen und Musikveranstaltungen mit elektronisch verstärkter Musik und Discjockey mit dem Begriff der Pianobar im allgemeinen Sprachgebrauch nicht verbunden werden.
52 
Auch aus den Bauvorlagen wird ersichtlich, dass der Schwerpunkt der Nutzung nicht auf Musik- und Tanzveranstaltungen in einer diskothekenähnlichen Betriebsform liegen sollte, sondern eine Bewirtung der Gäste an Tischen vorgesehen war. Denn in dem im Jahr 1998 genehmigten Grundriss waren in dem 37,33 m² großen Bar-Raum eine Bar mit 6 Plätzen, fünf Tische mit jeweils 4 Sitzplätzen und ein Platz für das Klavier eingezeichnet; in dem ca. 12 m² großen Nebenraum war eine Garderobe vorgesehen. In den Nachtragsbaugenehmigungen war zwar anstelle der Garderobe das Klavier eingezeichnet; in den genehmigten Bauvorlagen findet sich aber weiterhin kein Hinweis auf eine Tanzfläche, eine Musikanlage oder einen Platz für eine Band, wofür nach den eingereichten Plänen auch kein ausreichender Raum zur Verfügung gestanden hätte. Hieran hat sich bei den im Jahr 2006 eingereichten und genehmigten Grundrissen im Grundsatz nichts geändert. Diese lassen trotz einer leicht veränderten Einrichtung nach wie vor die räumlichen Voraussetzungen für eine discothekenähnliche Einrichtung nicht erkennen. Der Nebenraum, dessen Nutzung im Jahr 2006 genehmigt wurde, ist zwar nach den eingereichten Bauvorlagen nicht möbliert. Nach dem Bauantrag und der Baubeschreibung sollte es sich bei diesem Raum aber nur um eine Erweiterung der Pianobar zur gelegentlichen Nutzung als privater Partyraum handeln. Auch hieraus ergibt sich somit kein Anhaltspunkt für eine geplante Vergnügungsstätte.
53 
Daher kommt dem - ohnehin zuvörderst gaststättenrechtlichen - Umstand keine ausschlaggebende Bedeutung zu, dass die Pianobar - wie es für Vergnügungsstätten typisch, aber auch bei Schankwirtschaften keinesfalls unüblich ist - deutlich verkürzte Sperrzeiten hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.11.2019 - 5 S 1790/17 -, juris).
54 
Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte davon Kenntnis hatte, dass baurechtlich von Anfang an eine Vergnügungsstätte geplant war, und sie diese unter den Begriff der „Pianobar“ gefasst hat, finden sich in den einschlägigen Akten nicht. Hiergegen spricht auch, dass der Kläger zu 2 den Nutzungsumfang gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten regelmäßig verharmlost hat (vgl. Aktenvermerk vom 21.04.1997; Betroffen-Anhörung vom 10.04.1997; Aktenvermerk vom 30.04.2001). Selbst wenn aber die vergnügungsstättentypische Nutzung Inhalt von Gesprächen mit Vertretern der Beklagten gewesen sein sollte, können die Kläger hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten. Bei der Ermittlung des Inhalts einer Baugenehmigung im Wege der Auslegung kann vom Bauherrn behaupteten mündlichen Aussagen von Mitarbeitern der Genehmigungsbehörde während des Genehmigungsverfahrens gerade mit Blick auf das zwingende Schriftformerfordernis in § 58 Abs. 1 Satz 3 LBO keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Aufgrund der vorhabenbezogenen Legalisierungsfunktion der Baugenehmigung, die sowohl dem Bauherrn und seinem Rechtsnachfolger (§ 58 Abs. 2 LBO) als auch dem jeweiligen Eigentümer Rechte vermittelt, und aus Gründen der erforderlichen Rechtsklarheit des Genehmigungsbescheids verbietet sich auch eine - ggf. erst nach Studium der Akten mögliche und nachvollziehbare - Auslegung entgegen dem klaren Genehmigungswortlaut (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18.11.1996 - 3 S 2867/96 -, juris; Beschluss v. 16.01.1996 - 3 S 3417/95 -, BauR 1996, 373; jeweils m.w.N.; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06. 01.2006 - 2 Q 37/05 -, juris). Es wäre vielmehr Sache des Bauherrn gewesen, die geplante Nutzung als Vergnügungsstätte zur Genehmigung zu stellen.
55 
2.2.3 Die Änderung der genehmigten Nutzung ist auch nicht verfahrensfrei.
56 
Eine bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung im Sinne d. § 29 BauGB liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Verfahrensfrei im bauordnungsrechtlichen Sinne ist eine Nutzungsänderung nur dann, wenn für die neue Nutzung keine anderen oder weitergehenden Anforderungen gelten als für die bisherige (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO), wenn also die Genehmigungsfrage nicht neu aufgeworfen wird. Von einer genehmigungspflichtigen, weil bodenrechtlich relevanten Nutzungsänderung ist danach jedenfalls dann auszugehen, wenn die nunmehr ausgeübte Nutzung einem anderen, städtebaulich eigenständigen Anlagentypus als die genehmigte Nutzung mit unterschiedlicher Gebietszuweisungsregelung zuzurechnen ist (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.11. 2006 - 3 S 2377/06 -, juris, Beschl. v. 03.09.2012 - 3 S 2236/11 -, juris).
57 
So liegt es hier. Die Nutzung als diskothekenähnliche Vergnügungsstätte unterliegt schon deshalb rechtlich anderen Anforderungen als die genehmigte Nutzung als Schankwirtschaft, weil dieser Anlagentyp in den einzelnen Baugebieten einer differenzierten und gegenüber sonstigen Gewerbebetrieben regelmäßig restriktiveren Zulassungsregelung unterliegt. Darüber hinaus wird die Baugenehmigungsfrage auch bauordnungsrechtlich, etwa im Hinblick auf den Brandschutz, den Immissionsschutz und die Stellplätze, neu aufgeworfen.
58 
2.3 Da die Nutzung des „...“ als Vergnügungsstätte somit nicht von der erforderlichen Baugenehmigung gedeckt ist, steht sie im Sinne d. § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
59 
Der Tatbestand des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO ist bereits dann erfüllt, wenn die ausgeübte Nutzung formell illegal ist, wenn also eine genehmigungspflichtige Nutzung ohne die erforderliche Genehmigung ausgeübt wird. An der abweichenden Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs, wonach eine endgültige Nutzungsuntersagung tatbestandlich nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Baurechtswidrigkeit voraussetzt, hält der Senat nicht mehr fest. Ob eine bauliche Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig oder bestandsgeschützt ist, ist im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung zu berücksichtigen.
60 
Nach der bisherigen Rechtsprechung aller Bausenate des erkennenden Gerichtshofs setzt ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne d. § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO mit Rücksicht auf den durch Art. 14. GG gewährten Bestandschutz voraus, dass die Nutzung nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortlaufend gegen materielles Baurecht verstößt (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12.09.1984 - 3 S 1607/84 -, BauR 1985, 537; Urt. v. 22.9.1989 - 5 S 3086/88 -, BWVPr 1990, 113; Beschl. v. 22.01.1996 - 8 S 2964/95 -, VBlBW 1996, 300; Urt. v. 24.07.2002 - 5 S 149/01 -, juris; Urt. v. 19.10.2009 - 5 S 347/09 -, juris Rn. 37; anders die - soweit ersichtlich - einhellige Ansicht der anderen Oberverwaltungsgerichte zu den inhaltsgleichen Regelungen der jeweiligen Landesbauordnungen, vgl. nur Bayerischer VGH, Beschl. v. 14.06.2018 - 2 CS 18.960 -, juris; Hessischer VGH, Beschl. v. 22.06.2016 - 1516/15 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.06.2010 - 8 A 10559/10 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 08.05.2020 - 2 B 461/20 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.06.2020 - OVG 2 S 77.19 -, juris, und v. 15.05.2020 - OVG 2 S 17/20 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.10.2018 - 2 M 71/18 -, juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.09.2020 - 1 MB 12/20 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 18.06.2014 - 2 B 209/14 -, juris; sowie die Rechtsprechungsübersichten bei Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Stand November 2019, § 65 Rn. 156, und Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 137. EL Juli 2020, Art. 76 Rn. 282). Zur Begründung wird angeführt, das Recht des Eigentümers, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze zu bebauen, sei Teil des durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützten Grundeigentums und werde daher nicht erst durch eine vorher einzuholende Baugenehmigung begründet. Das Verbot, ohne Baugenehmigung zu bauen, solle der Baurechtsbehörde lediglich die vorherige Prüfung ermöglichen, ob das Vorhaben den materiell-rechtlichen Vorschriften entspricht. Sei dies der Fall, so bestehe ein Anspruch auf die Genehmigung. Im Hinblick auf diese bloße Ordnungsfunktion der Baugenehmigung widerspreche es der verfassungsmäßigen Eigentumsgarantie, den Abbruch einer Anlage allein wegen ihrer formellen Rechtswidrigkeit anzuordnen oder bei der Prüfung ihrer materiellen Rechtmäßigkeit Rechtsvorschriften anzuwenden, die im Zeitpunkt ihrer Errichtung noch gar nicht bestanden. Für eine auf Dauer bestimmte, endgültige Untersagung einer ohne Genehmigung aufgenommenen Nutzung könne nichts Anderes gelten. Angesichts der dem Baugenehmigungserfordernis zukommenden Funktion sei eine nur auf formelle Verstöße gestützte Nutzungsuntersagung ebenso wenig mit Art. 14 GG zu vereinbaren wie eine Abbruchsanordnung. Dass bei einer Nutzungsuntersagung anders als bei einer Abbruchsanordnung keine Vermögenssubstanz entzogen werde, stehe dem nicht entgegen (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 22.01.1996 - 8 S 2964/95 -, juris).
61 
Diese Auffassung findet in Wortlaut und Systematik der Regelung des § 65 Abs. 1 LBO keine Stütze. Nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO genügt für den Erlass einer Nutzungsuntersagung ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Ein solcher liegt auch dann vor, wenn eine genehmigungspflichtige Nutzung ohne die erforderliche Baugenehmigung erfolgt. Der Tatbestand des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO erfordert somit keine Prüfung der materiellen Rechtslage. Dies folgt auch aus der Systematik der Regelung. Denn während Tatbestandvoraussetzung einer Beseitigungsanordnung nach § 65 Abs. 1 Satz 1 LBO ist, dass „nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt können“, findet sich keine derartige Einschränkung im Tatbestand für eine Nutzungsuntersagung nach § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO.
62 
Sinn und Zweck des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO erfordern ebenfalls keine andere Auslegung. Die Prüfung der materiell-rechtlichen Genehmigungsfähigkeit einer baurechtlichen Nutzung wird vom Gesetzgeber einer präventiven Kontrolle in einem Baugenehmigungsverfahren unterworfen (vgl. Sauter, a.a.O., § 58 Rn. 20). Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen und der gesetzlich vorgeschriebenen Präventivkontrolle Geltung verschaffen (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 19.05.2016 - 15 CS 16.300 -, juris). Diese Ordnungsfunktion erfordert keine Prüfung, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Dies wird auch in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs insoweit anerkannt, als im Hinblick auf die Ordnungsfunktion der Nutzungsuntersagung in den Fällen, in denen die baurechtliche Zulässigkeit nicht ohne weitere Ermittlungen beurteilt werden kann, zumindest eine vorläufige Nutzungsuntersagung auch bei nur formeller Baurechtswidrigkeit für rechtmäßig erachtet wird (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.02.2007 - 8 S 2606/06 - juris m.w.N.; Beschl. v. 03.08.2017 - 5 S 1030/17 - juris). Dieser Differenzierung bedarf es jedoch nicht. Denn eine Nutzungsuntersagung ist in der Sache stets insoweit vorläufig, als sie nur Geltung beansprucht, bis die materielle Rechtslage in dem vorgeschriebenen Verfahren geprüft worden ist. Ferner ergeben sich durch die Einschränkung auf eine vorläufige Nutzungsuntersagung vermeidbare Unsicherheiten und praktische Probleme, etwa wenn der Betroffene gleichwohl keinen Bauantrag stellt. Sollte die Nutzung nach Prüfung ihrer Genehmigungsfähigkeit im Ergebnis auf Dauer untersagt sein, weil sie materiell-rechtlich illegal ist, entspricht dies der materiellen Rechtslage (vgl. zum Ganzen Dürr/Leven/Speckmaier, Baurecht Baden-Württemberg, 16. Aufl.2018, Rn. 280; Sauter, a.a.O. § 65 Rn. 157).
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Auch der Gesichtspunkt des Bestandsschutzes findet sich - anders als bei der Beseitigungsanordnung - in Wortlaut und Systematik des Tatbestands der Nutzungsuntersagung nicht. Denn während § 65 Abs. 1 Satz 1 LBO auf den Zeitpunkt der Errichtung einer baulichen Anlage abstellt, lässt § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO eine aktuell baurechtswidrige Nutzung ausreichen („Werden.... genutzt“). Eine andere Einschätzung ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Inhalt und Schranken des Eigentums werden nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz bestimmt. Wie weit der Schutz der Eigentumsgarantie reicht, die auch das Recht zur angemessenen wirtschaftlichen Nutzung von Grund und Boden umfasst, ergibt sich mithin aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums; diese ist nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers. Auch die Baufreiheit, soweit sie vom Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts umfasst wird, ist nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährleistet. Verfassungsrechtlichen Schutz genießt eine Eigentumsposition im Bereich des Baurechts daher nur im Rahmen der mit ihr zulässigerweise verbundenen, gesetzlich definierten Befugnisse (grundlegend BVerwG, Urt. v. 12.3.1998 - 4 C 10/97 -, BVerwGE 106, 228 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
64 
Das Bauordnungsrecht schränkt die durch das Eigentumsgrundrecht verbürgte Baufreiheit einfachrechtlich insoweit ein, als es diese einem Genehmigungsvorbehalt unterwirft. Das Baugenehmigungserfordernis, dessen Durchsetzung eine Nutzungsuntersagung wegen (nur) formeller Rechtswidrigkeit dient, ist eine verfassungsmäßige Einschränkung des Eigentumsgrundrechts (Decker a.a.O. Art. 76 Rn. 284). Zwar ist der Gesetzgeber bei seiner Aufgabe, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, insbesondere an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.10.1996 - 1 BvL 44/92 -, BVerfGE 95, 64 und juris Rn. 103). Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Genehmigungspflicht sind aber nach allgemeiner Auffassung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, weil sie durch das öffentliche Interesse an einer vorbeugenden Gefahrenabwehr gerechtfertigt sind (Decker a.a.O. Rn. 284). Zudem steht der Erlass einer Nutzungsuntersagung im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde. Der Frage, ob eine Nutzungsuntersagung im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG im konkreten Fall unverhältnismäßig ist, etwa weil die Nutzung offensichtlich dem von der Baurechtsbehörde zu prüfenden materiellen Recht entspricht oder Bestandschutz genießt, kann daher im Rahmen der Ermessensausübung Rechnung getragen werden. Auch wird durch eine Nutzungsuntersagung das Eigentum in seiner Substanz - der geschaffene Baubestand - nicht berührt; durch eine Nutzungsuntersagung wird dem Betroffenen - anders als bei einer Beseitigungsanordnung - keine Bausubstanz endgültig entzogen. Zwar entsteht ein wirtschaftlicher Schaden dadurch, dass - bei materieller Legalität - eine rechtmäßige Nutzung zeitweise bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung nicht ausgeübt werden darf. Dieser Schaden ist jedoch begründet in der der präventiven Gefahrenabwehr dienenden Genehmigungspflicht und trifft alle Bauwerber gleichermaßen. Es wäre eine unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigende Bevorzugung des gesetzesuntreuen Bürgers, wenn dieser Nutzungsvorteile gegenüber einem Bauherrn erhielte, der das erforderliche Genehmigungsverfahren betreibt (VG Freiburg, Urt. v. 08.11.2012 - 4 K 912/12 -, VBlBW 2013, 225; Decker a.a.O. Art. 76 Rn. 284; Dürr/Leven/Speckmaier a.a.O. Rn. 280). Dem Eigentumsgrundrecht kommt auch nicht deshalb von vorneherein der Vorrang zu, weil die Baugenehmigung eine bloße Ordnungsfunktion hat (so aber VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 22.01.1996 a.a.O.). Denn die Baugenehmigung ist nicht nur eine Unbedenklichkeitsbescheinigung; vielmehr kommt ihr auch eine formelle und materielle Gestaltungswirkung zu (vgl. hierzu Sauter, a.a.O., § 58 Rn. 4 f.).
65 
Es ist nach alledem nicht geboten, bereits den Tatbestand des § 65 Abs. 1 S. 2 LBO einschränkend auszulegen (wie hier VG Freiburg, Urt. v. 08.11.2012 - 4 K 912/12 -, VBlBW 2013, 225; Sauter a.a.O. § 65 Rn. 157; Decker a.a.O. Rn. 284; Dürr/Leven/Speckmaier a.a.O. Rn. 280; offengelassen bei Weiblen in Spannowski/Uechtritz, BeckOK - Bauordnungsrecht für Baden-Württemberg, Kommentar, Stand 01.09.2020, § 65 Rn. 88; der bisherigen Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg folgend: Schlotterbeck in Schlotterbeck u.a., Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl. 2016, § 65 Rn. 52). Auf die Frage, ob Bestandsschutz ohnehin nur entstehen kann, wenn für eine bauliche Nutzung auch die erforderliche Genehmigung vorliegt, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (dazu unten Nr. 3.2).
66 
3. Die Beklagte hat das ihr danach eröffnete Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Regelmäßig entspricht es pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbindet. Die Baurechtsbehörde hat allerdings stets zu prüfen, ob sich die Untersagung einer Nutzung im Einzelfall als unverhältnismäßig erweist. Solche besonderen Umstände liegen hier nicht vor. Die untersagte Nutzung erweist sich derzeit nicht als offensichtlich genehmigungsfähig (dazu 3.1) und genießt keinen Bestandsschutz (3.2). Die Beklagte hat auch keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass sie auf ein Einschreiten verzichtet (3.3). Schließlich hat die Beklagte auch ihr Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt (3.5).
67 
3.1 Die ungenehmigt aufgenommene Nutzung ist nicht ohne weiteres genehmigungsfähig, weil sie den Festsetzungen des Bebauungsplans „Südlich Schwabentor“ widerspricht. Nach Nr. 1.1 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen sind Vergnügungsstätten im Kerngebiet MK 1 unzulässig. Der Bebauungsplan ist nicht offensichtlich unwirksam. Ungeachtet dessen leidet er auch bei näherer Prüfung nicht an den von den Klägern gerügten formellen und materiell-rechtlichen Mängeln.
68 
3.1.1. Die Kläger machen geltend, der Bebauungsplan „Südlich Schwabentor“ baue untrennbar auf dem Bebauungsplan „Granatgässle“ auf; dieser unter Auflagen genehmigte Plan sei aber mangels eines sog. „Beitrittsbeschlusses“ unwirksam. Dieser Einwand greift nicht durch.
69 
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann ein Bebauungsplan, der der Genehmigung bedarf, nicht wirksam werden, wenn er mit seinem von der Gemeinde beschlossenen Inhalt nicht genehmigt wird oder wenn der mit Maßgaben genehmigte Plan von der Gemeinde vor der Bekanntmachung der Genehmigung und der Auslegung so nicht beschlossen worden ist; der vom zuständigen Organ beschlossene und der mit Maßgaben beschränkt genehmigte Bebauungsplan müssen inhaltlich übereinstimmen. Beziehen sich die Maßgaben auf den materiellen Inhalt des Plans, so muss sich die Gemeinde, bevor sie den Bebauungsplan in Kraft setzt, den neuen Planinhalt durch einen erneuten Satzungsbeschluss zu Eigen machen. Wirksam wird ein unter inhaltlichen Auflagen genehmigter Plan hiernach nur, wenn die Gemeinde den Maßgaben beitritt und den Bebauungsplan anschließend bekannt macht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.07. 2011 - 4 B 23/11 -, juris m.w.N.). Klarstellungen und andere Änderungen nur redaktioneller Art ohne Einfluss auf den Inhalt des Planes in der Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde machen hingegen keinen Beitrittsbeschluss des Gemeinderates erforderlich (BVerwG, Beschl. v. 14.08.1989 - 4 NB 24/88 -, juris; Hessischer VGH, Beschl. v. 19.11.1992 - 3 N 2463/87 -, juris).
70 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthielt die Genehmigung des Regierungspräsidiums nur eine klarstellende redaktionelle Maßgabe über die nachrichtliche Kennzeichnung des überplanten Geltungsbereichs älterer Bebauungspläne, die mithin nicht einmal den Bebauungsplan „Granatgässle“ selbst betraf. Es bedurfte daher keines Beitrittsbeschlusses des Gemeinderats.
71 
3.1.2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist es auch unschädlich, dass die Ausfertigung des Planes vor der Genehmigung des Plans vollzogen wurde. Auch wenn es zur Vermeidung nachträglicher Berichtigungen zweckmäßig sein kann, die erforderliche Ausfertigung bis zum Abschluss eines eventuell erforderlichen Genehmigungs- bzw. Anzeigeverfahrens zurückzustellen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.04.1989 - 8 S 3128/88 -, juris), wird der Plan hierdurch nicht unwirksam (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.07.1990 - 8 S 104/90 -, Rn. 23, juris, Urt. v. 8.5.1990 - 5 S 3064/88 -, juris).
72 
3.1.3. Auch der - im Berufungsverfahren allerdings nicht mehr wiederholte - Einwand der Kläger greift nicht durch, dass Nr. 1.1 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „Südlich Schwabentor“ nicht hinreichend bestimmt sei, weil sich aus der Festsetzung nicht zweifelsfrei entnehmen lasse, welche Anlagen im Plangebiet ausgeschlossen seien; sie enthalte lediglich eine nicht abschließende Liste („Einrichtungen wie“).
73 
Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass unter dem Begriff „Einrichtung“ jede denkbare Art von Anlagen gemeint sein könnte. Aus den konkretisierenden Beispielen, ihrer inneren Systematik und der Begründung des Bebauungsplans, wonach die sich anbahnende Entwicklung eines Rotlichtviertels verhindert werden soll, ergibt sich aber eindeutig, dass ausschließlich Anlagen mit einer erotik- oder sexbezogenen Nutzung ausgeschlossen sind. Auch in der Praxis ist die entsprechende Abgrenzung ohne Auslegungsschwierigkeiten möglich. Die vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob die Unwirksamkeit von Nummer 1.1 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen ohnehin nur zu einer Teilnichtigkeit führen könnte, die den Ausschluss von Vergnügungsstätten in Absatz 2 unberührt ließe, kann daher dahinstehen.
74 
3.1.3. Der Bebauungsplan „Südlich Schwabentor“ leidet auch nicht an beachtlichen Abwägungsmängeln.
75 
Nr. 1.1 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen findet ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 5 BauNVO. Danach können im Bebauungsplan bestimmte Arten von Nutzungen, die nach §§ 2 ff. BauNVO allgemein zulässig sind, ausgeschlossen oder nur ausnahmsweise gelassen werden, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Zulässig ist auch der Ausschluss einzelner der in einer Nummer gemeinsam aufgezählten Nutzungen. Danach können die in einem Kerngebiet gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässigen Vergnügungsstätten ausgeschlossen werden. Hierdurch bleibt der Gebietscharakter gewahrt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts machen Vergnügungsstätten nicht das Wesen eines Kerngebietes aus, da die allgemeine Zweckbestimmung von Kerngebieten durch § 7 Abs. 1 BauNVO bestimmt wird und nach § 7 Abs. 2 BauNVO in Kerngebieten eine Vielzahl von baulichen oder sonstigen Anlagen oder Nutzungen zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 22.05.1987 - 4 N 4.86 -, BRS 57 Nr. 54; Beschl. v. 28.07.1988 - 4 B 119.88 -, juris; vgl. zur heutigen Rechtslage auch § 9 Abs. 2b BauGB).
76 
Der somit grundsätzlich zulässige Ausschluss von Vergnügungsstätten ist auch nicht abwägungsfehlerhaft.
77 
Die Kläger machen geltend, die Beklagte habe eine Alternativenprüfung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterlassen. Es hätte auf der Hand gelegen, eine dezidiert „nichtsexbezogene“ vergnügungsstättenartige Nutzung zumindest als Ausnahmemöglichkeit nach § 31 Abs. 1 BauGB zuzulassen und damit den Fortbestand der Nutzung ihres Anwesens zu sichern. Der Ausschluss einer Ausnahmemöglichkeit sei unverhältnismäßig.
78 
Dieser Einwand greift nicht durch. Im Plangebiet sind Vergnügungsstätten nicht vollständig ausgeschlossen; vielmehr sind sie im MK 2 im Erdgeschoss nach wie vor zulässig. Der Bebauungsplan trifft somit für das Plangebiet in seiner Gesamtheit eine differenzierte Regelung, indem er nur in den verhältnismäßig kleinen Kerngebieten MK 1 und MK 3 Vergnügungsstätten ausnahmslos ausschließt. Nach der Planbegründung ist dieser Ausschluss gerechtfertigt durch das strukturelle Absacken des Bereichs südlich des Schwabentors, das in den letzten Jahren zu beobachten gewesen sei. Diese städtebaulich unerwünschte Entwicklung würde langfristige Planüberlegungen zur Aufwertung des Quartiers erheblich gefährden. Die Zulassung u.a. von Vergnügungsstätten im MK 2 im Erdgeschoss beruhe darauf, dass sich dort bereits eine Spielhalle befände, die durch eine mit dem Bestand übereinstimmende Planungsentscheidung abgesichert werden solle. Dies entspreche dem Vergnügungsstättenkonzept der Beklagten. Zwei weitere Vergnügungsstätten am Schwabentor stünden unter Bestandsschutz. Diese drei im Plangebiet vorhandenen Spielhallen stellten das gesamtplanerische Konzept nicht in Frage, weil sie das Kerngebiet prägten und sich im Zuge der fußgängergerechten Erschließung des Bereichs zunehmend relativieren würden.
79 
Diese Erwägungen sind auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu beanstanden. Es entspricht einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung auswirken können. Die Verhinderung eines sog. Trading-down-Effekts stellt eine städtebauliche Zielsetzung dar, die den Ausschluss von Vergnügungsstätten rechtfertigen kann (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 04.09.2008 - 4 BN 9.08 -, BauR 2009, 76, Beschl. v. 25.02.1997 - 4 NB 30.96 -, juris, und Beschl. v. 5. 01. 1995 - 4 B 270/94 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.03.2012 - 8 S 260/11 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21. 2010 - 2 A 1419/09 -, juris Rn. 146). Die Plangeberin hat dabei hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie die im Plangebiet bereits vorhandenen drei bestandsgeschützten Vergnügungsstätten als Obergrenze dessen betrachtet, was die städtebauliche Zielsetzung, einen weiteren Attraktivitätsverlust und letztlich ein Umkippen des Gebiets zu verhindern, nicht gefährdet. Dabei hat sie durch die Zulassung von Vergnügungsstätten im MK 2 in der Sache durchaus eine Ausnahmeregelung geschaffen und den Gebietscharakter eines Kerngebiets in ihre Abwägung eingestellt. Darüber hinaus stellt es keinen Abwägungsmangel dar, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit der verschiedenen Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. Die Beklagte durfte daher dem städtebaulichen Belang an der Aufwertung des Gebiets und der Verhinderung eines weiteren Absackens sowie den schützenswerten Interessen der dortigen Anwohner den Vorrang einräumen gegenüber den wirtschaftlichen privaten Interessen an der Nutzung der Grundstücke in MK 1 und MK 3 für den Betrieb von Vergnügungsstätten. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Fortführung der Nutzung des „...“ als Vergnügungsstätte, zumal diese nicht baurechtlich genehmigt und nicht bestandsgeschützt war (dazu unten 3.2.1).
80 
3.1.4. Die Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das „...-...“ nicht deshalb offensichtlich genehmigungsfähig ist, weil eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den dem Vorhaben entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans erteilt werden könnte.
81 
Die Erteilung einer Befreiung setzt nach § 31 Abs. 2 BauGB u.a. voraus, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71, Beschl. v. 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, BauR 1999, 1280; Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35.04 -, BRS 67 Nr. 83; Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - NVwZ 2011, 748). Eine Befreiung darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - auch nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5/99 - a.a.O.).
82 
Die Kläger wenden ein, Grundzug der Planung sei nur der Ausschluss sex- und erotikbezogener Einrichtungen und Nutzungen, so dass die Zulassung „nicht-sexbezogener“ Vergnügungsstätten Grundzüge der Planung nicht berühre. Dem ist nicht zu folgen. Alleiniger Inhalt des Bebauungsplans ist der Ausschluss von zwei Nutzungszwecken. Schon deshalb kommt dem Ausschluss von Vergnügungsstätten als einer der beiden Nutzungszwecke erhebliche Bedeutung zu. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten wurde auch nicht nur bei Gelegenheit - gleichsam nebenbei - mitgeregelt; der Bebauungsplan enthält insoweit vielmehr eine differenzierte und städtebaulich begründete Festsetzung. Aus den unterschiedlichen und im Einzelnen erläuterten Regelungen für die Kerngebiete MK1 / MK 3 (vollständiger Ausschluss) auf der einen und MK 2 (Zulassung im Erdgeschoss) auf der anderen Seite folgt, dass die Zulassung einer weiteren Vergnügungsstätte im MK 1 im Wege einer Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreifen und die im Plan zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung beeinträchtigen würde.
83 
3.2 Die Klägerinnen können sich auch nicht mit Erfolg auf Bestandsschutz berufen. Bestandsschutz für eine genehmigungspflichtige Nutzung setzt nicht nur deren materielle, sondern auch deren formelle Legalität voraus. Ungeachtet dessen ist nicht erkennbar, dass die Nutzung bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre materiell baurechtmäßig war.
84 
3.2.1 Bestandsschutz gewährleistet, dass sich die rechtmäßige Nutzung einer baulichen Anlage auch gegen neues entgegenstehendes Recht durchsetzt. Bestandsschutz genießt aber grundsätzlich nur die nach Art und Umfang unveränderte rechtmäßige Nutzung (BVerwG, Beschl. v. 09.09.2002 - 4 B 52/02 -, juris, Urt. v. 25.03.1988 - 4 C21/85 -, juris). Wie ausgeführt, ist die Nutzung des Anwesens als Vergnügungsstätte im vorliegenden Fall nicht von einer Baugenehmigung gedeckt. Sie nimmt daher an dem durch die Baugenehmigungen vermittelten Bestandsschutz nicht teil.
85 
Ob eine formell illegale Anlage bzw. Nutzung Bestandschutz genießen kann, wenn sie zu einem namhaften Zeitpunkt materiell-rechtlich legal war, ist umstritten (vgl. die Übersicht bei Decker a.a.O. Art. 76 Rn 115 ff. m.w.N.). Nach der oben unter 2.3 dargelegten Eigentumsdogmatik setzt Bestandsschutz voraus, dass für eine genehmigungspflichtige Nutzung eine Baugenehmigung erteilt worden ist; es genügt mithin nicht, dass die Nutzung irgendwann dem materiellen Recht entsprochen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass sich unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG keine Anspruchspositionen ableiten lassen, dass es mithin einen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz außerhalb der gesetzlichen Regelungen nicht gibt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 12.3.1998 - 4 C 10/97 -, BVerwGE 106, 228 m.w.N.; dazu VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.05.2020 - 5 S 437/18 - juris; Hessischer VGH, Beschl. v. 15.05.2018 - 3 A 395/15 - juris; Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.12.2016 - 5 CS 6.1774 -, juris Rn. 51 m.w.N.). Bestimmt eine landesrechtliche Norm Inhalt und Schranken des Eigentums, so verbietet sich der Rückgriff auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als unmittelbare Anspruchsgrundlage für die Zuerkennung von Bestandsschutz (BVerwG Urt. v. 07.11.1997 - 4 C 7/97 -, NVwZ 1998, 735). Denn wie weit der Schutz der Eigentumsgarantie reicht, ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Daher erstreckt sich der Bestandsschutz für bauliche Anlagen gegenüber Änderungen der Baurechtsordnung aus verfassungsrechtlicher Sicht nur auf den genehmigten Bestand und die genehmigte Funktion (BVerfG, Beschl. v. 15.12.1995 - 1 BvR 1713/92 -, juris). Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG setzt danach voraus, dass das Vorhaben sowohl formell als auch materiell rechtmäßig ist bzw. war, um Bestandsschutz genießen zu können (BVerwG, Urt. v. 18.07.1997 - 4 B 116/97 -, NVwZ-RR 1998, 357).
86 
In Konsequenz dieser (zunächst für den „aktiven“ Bestandsschutz im Außenbereich entwickelten) Rechtsprechung kann auch eine genehmigungspflichtige Nutzung nur dann Bestandsschutz genießen, wenn sie förmlich genehmigt worden ist. Vorliegend unterwirft die Landesbauordnung die Nutzung des Anwesens der Kläger als Vergnügungsstätte einer Genehmigungspflicht; es ist auch nicht ersichtlich, dass die Nutzungsänderung zu irgendeinem Zeitpunkt verfahrensfrei gewesen wäre. Bestimmen sich Inhalt und Schranken des Bestandsschutzes aber nach Maßgabe des einfachen Rechts, dann schützt die Landesbauordnung in Verbindung m. Art. 14 Abs. 1 GG eine genehmigungsbedürftige Nutzung gegen eine Nutzungsuntersagung erst dann, wenn für diese die entsprechende Baugenehmigung erteilt worden ist. Das schließt es aus, Bestandsschutz bereits dann zu bejahen, wenn die genehmigungsbedürftige Nutzung über einen namhaften Zeitraum dem materiellen Recht entsprochen hat, ohne dass sie durch eine Baugenehmigung zugelassen worden wäre. Dies gilt umso mehr, als ansonsten die rechtswidrige Umgehung eines an sich erforderlichen Baugenehmigungsverfahrens auch noch mit den Wohltaten des Bestandsschutzes belohnt würde (wie hier Decker a.a.O. Art. 76 Rn. 118 m.w.N.).
87 
3.2.2 Darüber hinaus haben die insoweit darlegungspflichtigen Kläger nicht dargetan, dass das „...“ zu einem namhaften Zeitpunkt dem materiellen Baurecht entsprochen hat. Es kann daher letztlich dahinstehen, ob eine materiell rechtswidrig gewordene Nutzung nicht untersagt werden darf, weil sie zu irgendeinem Zeitpunkt materiell baurechtmäßig war.
88 
Es ist offen, ob im Untergeschoss des Anwesens von Anfang an, zumindest aber ab den Jahren 1997/1998 eine vergnügungsstättenartige Nutzung stattfand und die Nutzung damit schon vor dem Aufstellungsbeschluss bzw. dem Inkrafttreten der Veränderungssperre zu einem namhaften Zeitraum in dem damals festgesetzten Kerngebiet nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig war. Hierfür sprechen zwar der Vortrag der Kläger im Berufungsverfahren und die schriftlichen Erklärungen der damaligen Gäste. Hierzu stehen allerdings mehrere Aussagen des Klägers zu 2 im Zusammenhang mit den örtlichen Kontrollen in den Jahren 1997/1998 in Widerspruch, in denen lediglich von einem privaten Partykeller und gelegentlichen Vermietungen die Rede war.
89 
Diese Frage kann jedoch dahinstehen, weil die Nutzung des Untergeschosses nach Aktenlage bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre und des Bebauungsplans gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Bauordnungsrechts, namentlich des Brandschutzes, verstieß. So ergibt sich aus dem Ermittlungsbericht der Polizeidirektion Freiburg vom 21.04.1997, dass im Untergeschoss kein Feuerlöscher vorhanden und keine Fluchtwege ausgewiesen worden waren. Eine Einrichtung von Fluchtwegen ohne bauliche Veränderungen war ausweislich des Berichts nicht möglich. Ferner waren damals die für einen Aufenthaltsraum notwendigen Fenster nicht vorhanden. Zwar wurde am 02.07.1998 eine Baugenehmigung mit entsprechenden Auflagen erteilt. Mit Verfügung vom 19.11.1998 mussten die Bauarbeiten aber eingestellt werden, weil ohne den erforderlichen Baufreigabeschein mit den Bauarbeiten begonnen worden war. Eine Baufreigabe konnte zum damaligen Zeitpunkt nicht erfolgen, weil die hierfür erforderlichen Auflagen zur Baugenehmigung, etwa der Nachweis über die Erfüllung der Stellplatzverpflichtung und die Mülllagerung nicht erfüllt worden waren. Allerdings wurde später die Baufreigabe gleichwohl erteilt; bei der Ortsbegehung am 11.02.1999 und der Schlussabnahme am 01.03.1999 wurden aber bauordnungsrechtliche Mängel festgestellt, u.a. war die Tür zum Technikraum nicht in rauchdichter Ausführung erfolgt und der 2. Rettungsweg wies Sicherheitsmängel auf. Am 01.07.1999 wurde zwar festgestellt, dass der 2. Rettungsweg ordnungsgemäß ausgeführt worden war; bei der Brandverhütungsschau vom 17.01.2006 stellte sich aber heraus, dass die in der Baugenehmigung vom 02.07.1998 geforderte Rauchschutztür niemals eingebaut worden war. Hinsichtlich des Nebenraums wurde bei einer örtlichen Überprüfung am 27.04.2001 festgestellt, dass sich der Raum nicht als Aufenthaltsraum im Sinne der Landesbauordnung eignet. Sollte der Raum schon zuvor als Partyraum genutzt worden sein, wofür der Ermittlungsbericht vom 21.04.1997 spricht, war dies mithin ebenfalls bauordnungsrechtlich illegal.
90 
Es spricht vieles dafür, dass der Betrieb auch aus Gründen des Lärmschutzes nicht materiell baurechtmäßig war. Nach § 14 Abs. 1 LBO unterliegen Gaststätten zusätzlichen Schallschutzanforderungen. Hierauf wurde in der Baugenehmigung vom 02.07.1998 unter Bezugnahme auf die entsprechende VDI-Richtlinie ausdrücklich hingewiesen (Nebenbestimmung Nr. 4.0.05 F); ferner enthielt die Baugenehmigung die Auflage, wegen der hohen schalltechnischen Anforderungen einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Nach Aktenlage wurde diese Auflage nicht erfüllt.
91 
Im Hinblick auf diese bauordnungsrechtlichen Mängel, die schon die genehmigte Nutzung als Pianobar aufwies, liegt es auf der Hand, dass erst recht die - gegenüber der genehmigten Nutzung als Schankwirtschaft intensivere - Nutzung als Vergnügungsstätte dem materiellen Bauordnungsrecht nicht entsprochen hat.
92 
Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Kläger. Denn wenn es nicht gelingt, das Vorliegen der Voraussetzungen des Bestandschutzes nachzuweisen, geht dies zu Lasten dessen, der sich hierauf beruft (BVerwG, Urt. v. 23.02.1979 - 4 C 86/76 -, NJW 1980,252; Hessischer VGH, Beschl. v. 15.05.2018 - 3 A 395/15 -, juris m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.05.2020 - OVG 2 S 17/20 -, juris).
93 
3.3 Die Nutzungsuntersagung ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte das Recht auf Einschreiten verwirkt oder sonst einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen hätte, gegen die ausgeübte Nutzung nicht mehr einzuschreiten.
94 
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs können ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr nicht verwirkt werden (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 01.04.2008 - 10 S 1388/06 -, juris Rn. 50). Abgesehen davon findet sich in den einschlägigen Akten kein Hinweis darauf, dass die Baurechtsbehörde - wie die Kläger geltend machen - von Anfang an positive Kenntnis vom wirklichen Umfang der Nutzung des Untergeschosses in ihrem Anwesen hatte. Nach Aktenlage wurde erstmals am 20.02.1997 durch eine Anzeige bekannt, dass dort offenbar lärmintensive Veranstaltungen stattfinden. Wie ausgeführt, hat der Kläger zu 2 bei den daraufhin erfolgenden Anhörungen und Befragungen aber stets versichert, es handele sich nur um eine Vermietung für private Partys gegen ein geringes Entgelt; er hat ferner gegenüber der Beklagten angegeben, er werde keine Veranstaltungen mehr zuzulassen und keine Bewirtung mehr durchführen (vgl. Betroffenen-Anhörung vom 10.04.1997, Ermittlungsbericht vom 21.04.1997). Im Bauantrag vom 09.12.1997 und den folgenden Bauanträgen stellte er lediglich eine Pianobar zur Genehmigung. Auch gaststättenrechtlich stellte die Klägerin zu 1 am 28.01.1998 nur einen Antrag auf Erteilung einer Betriebserlaubnis für sporadische Musikveranstaltungen durch Musikstudenten mit „Piano, Gitarre, Saxophon, Flöte etc.“ und gab an, die bisherige Musik sei „im Rahmen einer Hintergrundmusik“ gespielt worden. Am 03.07.1998 wurde der Klägerin zu 1 die gaststättenrechtliche Erlaubnis für eine Schank- und Speisewirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen ohne Verstärker erteilt. Erst die Vielzahl der Lärmbeschwerden seit dem Jahr 2011 sprechen dafür, dass die Beklagte ungefähr ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von Art und Umfang der tatsächlichen Nutzung hatte.
95 
Sollte die Beklagte hingegen von der formell baurechtswidrigen Nutzung gewusst haben, können die Kläger hieraus gleichwohl nichts für sich herleiten, weil die bloße Kenntnis und faktische Duldung einer illegalen Nutzung für längere Zeit ein späteres Einschreiten nicht hindert. Anderes gilt nur, wenn die Behörde aufgrund besonderer Umstände einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen hat, dass sie sich mit der Nutzung auf Dauer weiterhin abfindet. Ein längeres Hinnehmen genügt hierfür nicht (st. Rspr., vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.10.2013 - 3 S 2643/11 -, juris; Bayerischer VGH Beschl. v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.05.2017 - 7 B 342/17 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.06.2020 - OVG 2 S 77.19 -, juris).
96 
Das Verwaltungsgericht ist danach zutreffend davon ausgegangen, dass die schlichte Hinnahme eines baurechtlich illegalen Geschehens für eine längere Zeit die Bauaufsichtsbehörde nicht hindert, ihre bisherige Praxis zu beenden und auf die Herstellung baurechtmäßiger Zustände hinzuwirken. Besondere Umstände, die das späte Einschreiten als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Gerade aufgrund der zunehmenden Nachbarbeschwerden konnten die Kläger nicht darauf vertrauen, dass die Nutzung auf Dauer unbeanstandet bleiben würde. Wenn die Kläger der Beklagten nunmehr ein treuwidriges Verhalten vorwerfen, weil sie die beantragten Genehmigungen für eine Pianobar ohne weiteres erteilt habe, ohne gegen die - ihr angeblich bekannte - tatsächliche Nutzung einzuschreiten, liegt dies neben der Sache. Vielmehr wären die Kläger verpflichtet gewesen, die tatsächlich ausgeübte Nutzung zur Genehmigung zu stellen oder diese auf das genehmigte Maß zu reduzieren.
97 
Hinzu kommt, dass die Beklagte die Nutzungsuntersagung nicht allein mit formellen Erwägungen begründet hat. Zwar mag es im Einzelfall ermessensfehlerhaft sein, wenn die Baurechtsbehörde trotz jahrelanger faktischer Duldung eine Nutzungsuntersagung allein auf die formelle Rechtswidrigkeit stützt (zu einer solchen Ausnahmekonstellation Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris). So liegt es hier aber nicht. Die Baurechtsbehörde hat in ihre Ermessenserwägungen vielmehr auch den fehlenden materiellen Bestandsschutz und die mangelnde materielle Genehmigungsfähigkeit eingestellt.
98 
3.4. Auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Betroffenheit der Kläger sind die Ermessenserwägungen der Beklagten nicht zu beanstanden.
99 
Abgesehen davon, dass die Kläger schon nicht substantiiert dargetan haben, dass die Existenz des Betriebs bedroht ist, durfte die Beklagte in ihre Erwägungen einstellen, dass die Gaststätte nicht vollständig zu schließen ist und eine Nutzungsuntersagung keine unumkehrbaren Fakten schafft. Darüber hinaus haben die Kläger über Jahre wirtschaftliche Vorteile aus der ungenehmigten Nutzung gezogen. Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem öffentlichen Interesse an einem bauaufsichtlichen Einschreiten zur Durchsetzung der Baurechtsordnung und zum Lärmschutz der Anwohner den Vorrang eingeräumt hat.
100 
3.5 Es ist auch nicht dargetan oder sonst erkennbar, dass die Beklagte willkürlich und gleichheitswidrig vorgeht. Die Beklagte hat substantiiert dargelegt, dass sie auch andere Betriebe im Stadtgebiet im Hinblick auf die Einhaltung des genehmigten Nutzungsumfangs überprüft hat und gegen ungenehmigte Vergnügungsstätten im Wege der Nutzungsuntersagung eingeschritten ist.
101 
3.6 Die Beklagte hat schließlich ihr Auswahlermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Es verstößt entgegen der Auffassung der Kläger nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass auch der Kläger zu 2 in Anspruch genommen wurde.
102 
Erweist sich die Nutzung einer baulichen Anlage als baurechtswidrig, so hat sich die Störerauswahl in erster Linie daran zu orientieren, wie die Gefahr am effektivsten abzuwehren ist. Die Inanspruchnahme mehrerer Störer kommt in Betracht, wenn andernfalls die behördliche Anordnung nicht effektiv durchsetzbar wäre, oder um Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis mehrerer Betroffener untereinander vorzubeugen (Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.10.2018 - 9 C 18.675 -, juris; Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 181).
103 
Ausweislich der Begründung der angefochtenen Verfügungen hat die Bauaufsichtsbehörde beide Kläger als Handlungsstörer, den Kläger zu 2 zudem als Zustandsstörer in Anspruch genommen. Dabei hat sie sich von der Erwägung leiten lassen, dass nach dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr ein zusätzliches Einschreiten gegen den Kläger zu 2 gerechtfertigt sei, weil er als Geschäftsführer und gesetzlicher Vertreter in der Lage sei, auf die Betriebsabläufe der Klägerin zu 1 Einfluss zu nehmen und zum anderen als Nießbrauchberechtigter am besten verhindern könne, dass die illegale Nutzung durch einen neuen Mieter oder eine Umfirmierung fortgesetzt werde.
104 
Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Da die Klägerin zu 1 das „...-...“ zwar als Pächterin betreibt, der Kläger zu 2 aber Geschäftsführer der Klägerin zu 1 ist, als Bauherr für die baurechtmäßige Nutzung verantwortlich ist und zudem als Nießbrauchberechtigter seine Grundstücke für die untersagte Nutzung zur Verfügung stellt, stehen beide in Anspruch genommene Adressaten in einer so engen rechtlichen und tatsächlicher Verbindung, dass eine Trennung der Verantwortlichkeit nach außen nicht erkennbar ist. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr beide Kläger als Handlungsstörer und den Kläger zu 2 wegen seiner Einflussmöglichkeiten aus dem Pachtverhältnis zudem als Zustandsstörer in Anspruch nimmt (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.10.2018 - 9 C 18.675 -, juris).
105 
Dem Einwand, der Kläger zu 2 müsse im Ergebnis „zweimal“ zahlen, kann im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens Rechnung getragen werden; abgesehen davon wird durch dieses Vorbringen die enge rechtliche und tatsächliche Verflechtung der Kläger bestätigt.
106 
4. Rechtliche Bedenken gegen die Zwangsgeldandrohungen wurden nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
107 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 i.V.m. § 159 S. 1 VwGO.
108 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Ungeachtet dessen, dass § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO eine grundsätzlich nicht revisible Vorschrift des Landesrechts ist, kommt der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung insbesondere zum Tatbestand der Nutzungsuntersagung und zur Frage des Bestandschutzes bei (nur) formeller Illegalität einer Nutzung keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Denn diese Fragen waren für den Ausgang des Berufungsverfahrens letztlich nicht entscheidungserheblich, weil die ungenehmigte Nutzung nach den Feststellungen des Senats auch materiell baurechtswidrig war.
109 
Der Senat sieht daher auch davon ab, die Rechtssache nach § 12 VwGO i.V.m. § 11 Abs. 2 und Abs. 4 VwGO dem Großen Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vorzulegen. Denn sowohl die Vorlage wegen Divergenz als auch wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt nach herrschender Meinung die Entscheidungserheblichkeit der zu klärenden Rechtsfrage voraus. Eine solche fehlt, wenn die Entscheidung auf zwei selbstständig tragende Erwägungen gestützt worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.09.2006 - 9 B 2/06 -, NVwZ 2006, 1404; hierzu kritisch aber Kronisch in Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 11 Rn. 31 ff., 52, § 12 Rn. 14; Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser u.a., VwGO, Kommentar, 7. Aufl. 2018, § 11 Rn. 4).

Gründe

 
30 
Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
I.
31 
Die Berufungen sind statthaft und auch sonst zulässig.
32 
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage des Bestandsschutzes und wegen Divergenz zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zugelassen. Die Berufungen wurden am 31.10.2018 beim Verwaltungsgericht Freiburg eingelegt und am 17.12.2018 sowie ergänzend am 21.01.2019 innerhalb der verlängerten Begründungsfrist begründet.
II.
33 
Die Berufungen sind unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die Verfügungen der Beklagten vom 15.08.2016 in der Fassung vom 26.09.2018 und die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Freiburg vom 09.02.2017 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
34 
1. Die Nutzungsuntersagungsverfügungen leiden nicht an mangelnder Bestimmtheit.
35 
1.1 Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen. Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 08.09.2015 - 6 S 1426/14 - juris; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2018, § 37 Rn. 5).
36 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen. Es reicht aus, wenn sich der Regelungsgehalt aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 25.4.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160, m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.07.2017 - 5 S 2067/15 - juris).
37 
1.2 Nach diesen Maßgaben sind die Nutzungsuntersagungen hinreichend bestimmt. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht klargestellt, dass sich die Verfügungen nur auf die Nutzung des Untergeschosses beziehen. Dies ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus der Begründung der Verfügungen, die an verschiedenen Stellen ausdrücklich auf die Nutzung des Untergeschosses Bezug nehmen (vgl. Nrn. II. und II.a, S. 3) und keinerlei Anhaltspunkte dafür enthalten, dass auch die Erdgeschossnutzung betroffen ist.
38 
Entgegen dem Vorbringen der Kläger leiden die Verfügungen auch nicht deshalb an Bestimmtheitsmängeln, weil im Tenor das Wort „insbesondere“ verwendet wird. Die Kläger vertreten die Auffassung, dass die nach dem Wort „insbesondere“ aufgeführten konkreten Nutzungen in jedem Fall vollständig und ausdrücklich untersagt und darüber hinaus noch andere, im Einzelnen nicht genannte Veranstaltungen ausgeschlossen seien. Mit dem Verwaltungsgericht ist hingegen davon auszugehen, dass die unter „insbesondere“ aufgeführten Tanzveranstaltungen mit Musik nicht vollständig, sondern nur insoweit untersagt sind, als sie dem „...“ das Gepräge einer Vergnügungsstätte geben. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Entscheidungsausspruchs. Untersagt wurde die Nutzung der Grundstücke „zum Zwecke der Ausübung einer Vergnügungsstätte, insbesondere in Form einer Diskothek bzw. von Tanzveranstaltungen mit Live-Musik und/oder Discjockeys“. Aus der Formulierung „in Form von“ folgt, dass es sich lediglich um eine beispielhafte Konkretisierung für die bislang ausgeübte und in Zukunft untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte handelt. Hätte jegliche Tanzveranstaltung mit Musik untersagt werden sollen, hätte es auch der Formulierung „zum Zwecke der Ausübung einer Vergnügungsstätte“ nicht bedurft. Der Umstand, dass die beispielhaft genannten Tanzveranstaltungen im Tenor der Verfügung in Beziehung zu einer Diskothek gesetzt werden - die einen Unterfall der Vergnügungsstätte darstellt - verdeutlicht ebenfalls, dass nur die Betriebseigentümlichkeiten einer Vergnügungsstätte ausgeschlossen werden sollen. Auch aus der Begründung der Verfügungen wird ersichtlich, dass Tanz- und Musikveranstaltungen lediglich insoweit untersagt werden, als sie dem Betrieb das Gepräge einer Vergnügungsstätte geben. Denn darin wird unter Anführung zahlreicher Veranstaltungen die Nutzung als Vergnügungsstätte abgegrenzt von einer Schank- und Speisewirtschaft mit gelegentlichen Tanzveranstaltungen. Zudem wird aus der Begründung der Verfügungen deutlich, dass die Nutzung nur insoweit untersagt werden soll, als sie von der baurechtlich genehmigten „Pianobar“ zu einer ungenehmigten diskothekenähnlichen Vergnügungsstätte geändert wurde. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der gaststättenrechtlich genehmigte Nutzungsumfang des „...“ als „Schank- und Speisewirtschaft mit Live-Musik und Kleinkunstdarbietungen“ baurechtlich eingeschränkt werden sollte. Nicht zuletzt ergibt sich aus den Verhandlungen zwischen der Beklagten und den Klägern über das im Jahr 2017 vorgelegte Betriebskonzept, bei denen lediglich Umfang und Anzahl, nicht aber die Durchführung von Musikveranstaltungen als solche umstritten waren, dass nicht jegliche Tanz- und Musikveranstaltungen untersagt werden sollten.
39 
Auch die Verwendung des generalisierenden Begriffs „Vergnügungsstätte“ macht die Verfügungen nicht unbestimmt; denn dieser Begriff hat - worauf schon das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - eine nähere Eingrenzung und Konkretisierung in Rechtsprechung und Schrifttum erfahren (dazu sogleich 2.).
40 
1.3 Aus dem Gesamtinhalt des Bescheids und den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen ergibt sich mithin, dass lediglich eine Nutzung, bei der die diskothekenähnlichen und vergnügungsstättentypischen Musik- und Tanzveranstaltungen und nicht die Gastronomie im Vordergrund steht, untersagt werden soll; die genehmigte Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft mit gelegentlichen Musikveranstaltungen wird hingegen nicht unterbunden. Den Klägern wird in der Sache aufgegeben, auf die eine Diskothek oder sonstige Vergnügungsstätte kennzeichnenden Betriebseigentümlichkeiten zu verzichten. Dabei ist zu beachten, dass es grundsätzlich Sache des Bauherrn ist, die konkreten Nutzungsentscheidungen zu treffen (Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Juli 2020, Art. 76 Rn. 297). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es daher nicht Aufgabe der Baurechtsbehörde, genau zu bestimmen, welche möglichen einzelnen Bestandteile eines weiteren Betriebs noch im Bereich des Zulässigen liegen (ebenso VG Magdeburg, Beschl. v. 31.05.2005 - 4 B 52/05 -, Rn. 20, juris). Es ist vielmehr Sache des Betreibers, insoweit ein genehmigungsfähiges Betriebskonzept vorzulegen. Im Hinblick auf die Vielzahl der denkbaren Veranstaltungsangebote würden andernfalls die Anforderungen an die Bestimmtheit überspannt und ein unvertretbarer Verwaltungsaufwand entstehen, der letztlich Nutzungsuntersagungen im hier betroffenen Grenzbereich zwischen Schank- und Speisewirtschaft und Vergnügungsstätten faktisch ausschließen würde.
41 
2. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, so kann die Nutzung nach § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO untersagt werden. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor, weil das Untergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens als Vergnügungsstätte genutzt wird (2.1) und diese Nutzung baurechtlich nicht genehmigt ist (2.2). Die materielle Baurechtmäßigkeit der Nutzung ist hingegen keine Tatbestandsvoraussetzung der Nutzungsuntersagung nach § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO (2.3).
42 
2.1 Bei dem Betrieb „...“ handelte es sich um eine Vergnügungsstätte.
43 
2.1.1 Der Begriff der Vergnügungsstätte wird in der Baunutzungsverordnung nicht definiert. Es handelt sich um eine besondere Nutzungsart, bei der die kommerzielle Unterhaltung der Besucher durch entsprechende Dienstleistungen des Betreibers im Vordergrund steht. Vergnügungsstätten lassen sich kennzeichnen als gewerbliche Einrichtungen (Gewerbebetriebe besonderer Art), die in unterschiedlicher Ausprägung (etwa als Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) dem „Amüsement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Dieser Anlagentyp unterliegt in den einzelnen Baugebieten einer differenzierten und gegenüber sonstigen Gewerbebetrieben regelmäßig restriktiveren Zulassungsregelung (vgl. §§ 4a Abs. 3 Nr. 2, 5 Abs. 3, 6 Abs. 3 Nr. 8, 6a Abs. Abs. 3 Nr. 1, 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Als Anlagen mit bodenrechtlichem Bezug knüpfen sie nicht an Definitionen des Vergnügungssteuerrechts an, sondern stellen auf typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen ab, wie etwa auf Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch Verschlechterung der Gebietsqualität. Bei ihrer städtebaulichen Einordnung ist maßgeblich darauf abzustellen, dass sie aufgrund ihres Benutzerkreises und der Nutzungszeit regelmäßig mit erheblichen Lärmbelästigungen einhergehen, sei es durch die Veranstaltung selbst und den durch sie ausgelösten Zu- und Abgangsverkehr, der planungsrechtlich wie auch sonst im Städtebaurecht der Anlage zuzurechnen ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 9.10.1990 - 4 B 120.90 -, BRS 50 Nr. 60; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, VBlBW 2007, 189 ff. und Beschl. v. 03.09.2012 - 3 S 2236/11 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.04.2011 - 7 B 1263.10 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 14.04.2011 - 8 B 10278/11.OVG -, juris; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, 138. EL Mai 2020, § 4 a BauNVO, Rn. 69 f.; Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 12. Aufl., 2014, § 4 a Rn. 22 ff.; Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, Kommentar, 4. Aufl., 2019, § 7 Rn. 16; jeweils m.w.N.).
44 
Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Vergnügungsstätten insbesondere von Schank- und Speisewirtschaften abzugrenzen. Bei der Auslegung des bauplanungsrechtlichen Begriffs der Schank- und Speisewirtschaft kann zur Bestimmung dessen, was als typisches Gepräge zu einer Schank- und Speisewirtschaft gehört, zunächst auf die Regelung in § 1 Gaststättengesetz zurückgegriffen werden (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.11.2019 - 5 S 1790/17 - juris Rn. 34 ff. m.w.N.). Danach wird der Gaststättentypus einer Schank- und Speisewirtschaft maßgeblich dadurch geprägt, dass Getränke und zubereitete Speisen in einer jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglichen Betriebsstätte zum Verkehr an Ort und Stelle verabreicht werden; dagegen gehören Musik und Tanz nach diesem rein gaststättenrechtlichen Ansatz im Grundsatz nicht zum typischen Gepräge einer Gaststätte. Andererseits geht der Charakter einer Schank- und Speisewirtschaft in städtebaulicher Hinsicht aber nicht ohne weiteres verloren, wenn dort - über die Verabreichung von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle hinaus - auch die Möglichkeit zum „Amüsement“ in Form von Musik- und Tanz geboten wird. Entscheidend ist, ob diese Betätigungen dem Betrieb ein eigenes gaststättenfremdes Gepräge geben und ob der Charakter als Schank- und Speisewirtschaft dahinter zurücktritt. Einerseits wird eine Vergnügungsstätte nicht dadurch zu einer Schank- und Speisewirtschaft, dass in ihr auch Speisen und Getränke angeboten werden. Andererseits verliert eine Schank- und Speisewirtschaft nicht dadurch ihren planungsrechtlichen Charakter, dass gelegentlich in ihr Tanzveranstaltungen durchgeführt werden oder Unterhaltungsmusik geboten wird. Zu fragen ist mithin nach dem Schwerpunkt des Betriebs. Daher sind Gaststättenbetriebe, die von der Möglichkeit zum Tanz wesentlich (mit-)geprägt sind, bauplanungsrechtlich nicht mehr als Schank- und Speisewirtschaften, sondern als Vergnügungsstätten einzuordnen. Gleiches gilt im Hinblick auf Musikdarbietungen. Während das Abspielen von bloßer Hintergrund- oder dezenter Barmusik den Charakter als Schank- und Speisewirtschaft unberührt lässt, kommt es bei darüberhinausgehenden Musikveranstaltungen in den Gaststättenräumen darauf an, ob diese gaststättenfremden Elemente den Gesamtbetrieb - unter Berücksichtigung u.a. des Störungsgrads, der Öffnungszeiten, des Einzugsbereichs, der Anzahl der Gäste und der hiermit verbundenen Begleiterscheinungen - prägen. Entscheidend ist weder die konkrete Bezeichnung der Einrichtung noch deren eindeutige Zuordnung zu einer der unproblematisch als Vergnügungsstätten bezeichneten Betriebe wie Diskotheken, Nachtclubs, Nachtbars etc., sondern vielmehr die Frage, ob die Einrichtung von ihrem Erscheinungsbild und ihrem Angebot bei wertender Gesamtbetrachtung den Charakter einer Vergnügungsstätte hat (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 11.2019 - 5 S 1790/17 -, juris m.w.N., Urt. v. 18.10.1990 - 5 S 3063/89 -, NVwZ-RR 1991, S. 205 f., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1458/90 -, juris: OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 5.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris; Hessischer VGH, Beschl. v. 22.02.2012 - 3 A 1112/11.Z - und Beschl. v. 22.09.2016 - 4 B 863/15 -, jeweils juris; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 4 BauNVO Rn. 60).
45 
2.1.2 Nach diesem Maßstab hat die Baurechtsbehörde das „...“ zu Recht als Vergnügungsstätte eingeordnet, wie auch zuletzt von den Klägern nicht mehr bestritten wurde.
46 
Nach den Ermittlungen der Baurechtsbehörde gab es in den Räumlichkeiten des „...“ jeden Donnerstag Jazz-Sessions. Darüber hinaus fanden regelmäßig, zumeist an den Wochenenden, Tanzveranstaltungen mit Live-Musik und/oder Discjockeys statt. Darunter waren mehrere wiederkehrende Veranstaltungsreihen unterschiedlicher Musikrichtungen. Für den Zeitraum vom 02.01.2015 bis 05.12.2015 sind 64, für den Zeitraum vom 13.02. bis 17.05.2016 sind 31 derartige Veranstaltungen bekannt geworden. Für den Zeitraum vom 26.05.2016 bis 31.12.2016 wurden unter bz-ticket.de 95 DJ-Veranstaltungen annonciert. Auch die Kläger haben im Berufungsverfahren ausgeführt, dass das „...“ etwa seit den Jahren 1996 - 1998 eine Nutzungsintensität aufgewiesen hat, die einer Vergnügungsstätte entsprochen hat. Bereits in den Jahren 1996/1997 seien Discjockeys zum Einsatz gekommen. Seitdem habe eine Vielzahl von öffentlichen Veranstaltungen mit Live-Musik stattgefunden, z.B. von Juli bis Dezember 1999 58 Veranstaltungen, davon 23 mit Discjockeys oder Band, im Jahr 2000 125 Veranstaltungen, davon 62 mit Live-Musik, und im Jahr 2001 134 Veranstaltungen, davon 70 mit Live-Musik. Bei dem Ortstermin der Beklagten am 23.11.2015 fanden gleichzeitig in beiden Kellerräumen Musik- und Tanzveranstaltungen, davon eine mit Discjockey, statt; ferner wurde eine diskothekenähnliche Ausstattung mit Musikanlage, Verstärkern, Tanzfläche und Disco-Kugel festgestellt (vgl. zu diesen Kennzeichen einer Diskothek Hessischer VGH, Urt. v. 2.07.1991 - 14 TH 3563/90 -, GewA 1992, 32; VG Neustadt a. d. Weinstraße, Beschl. v. 11.03.2010 - 4 L 224/10.NW -, juris). Nicht zuletzt zeigen auch die negativen städtebaulichen Auswirkungen, wie sie durch die fortlaufenden Beschwerden der Anwohner über Lärmbelästigung durch Gäste des „...“ an den Wochenenden zur Nachtzeit und in den frühen Morgenstunden zumindest ab dem Jahr 2011 belegt sind, dass das Untergeschoss des Anwesens als Vergnügungsstätte fungierte. Unerheblich für das Erscheinungsbild einer diskothekenähnlichen Vergnügungsstätte ist hingegen, dass es sich um ein Lokal mit verhältnismäßig geringer Grundfläche handelt (VG München, Urt. v. 28.03.2012 - M 9 K 11.539 -, Rn. 19, juris).
47 
2.2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Nutzung als Vergnügungsstätte nicht von einer Baugenehmigung gedeckt.
48 
2.2.1. Der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung richtet sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen. Er wird damit wesentlich durch den Bauantrag und die eingereichten Bauvorlagen mitbestimmt, insbesondere wenn der Bauherr selbst nur einen engen Rahmen zulässiger Nutzungen zur Genehmigung stellt und damit das Vorhaben eingrenzt. Die Bauvorlagen konkretisieren nicht nur den Bauantrag und damit das geplante Vorhaben, sondern sie bestimmen auch Inhalt und Umfang der Genehmigung; denn bei einer Genehmigung ohne Einschränkungen ist das Bauvorhaben so genehmigt, wie es in den Bauvorlagen dargestellt ist (zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09.04.2014 - 8 S 1528/13 -, juris, Urt. v. 25.10.2002 - 5 S 1706/01 -, juris; Urt. v. 17.11.1989 - 8 S 1172/89 -, UPR 1990, 390; Bayerischer VGH, Beschl. v. 09.09.2013 - 14 ZB 12.1899 -, BauR 2014, 233).
49 
2.2.2. Nach diesem Maßstab wurde der streitgegenständliche Betrieb nicht als Vergnügungsstätte, sondern als Schankwirtschaft baurechtlich genehmigt.
50 
Mit Bescheid vom 02.07.1998 erteilte die Beklagte eine Baugenehmigung für das „...“ als „Umbau und Nutzungsänderung des Untergeschosses mit Einrichtung einer Pianobar als Gaststättenerweiterung“. Die Baubeschreibung im entsprechenden Bauantrag vom 03.12.1997 lautete: „Umnutzung des Untergeschosses ... 3 und 5 in eine Pianobar mit den notwendigen Nebenräumen“. In der 1. und 2. Nachtragsbaugenehmigung wurde das Bauvorhaben entsprechend bezeichnet. Am 14.03.2006 wurde ein weiterer Bauantrag zum „Einbau einer Treppe im Nebenraum der Pianobar“ eingereicht. Genehmigt wurde das Vorhaben am 18.07.2006 als „Einbau einer Treppenanlage mit Nutzungsänderung eines Nebenraums als Gaststättenerweiterung im Untergeschoss“. Alle Baugenehmigungen gehen somit erkennbar davon aus, dass es sich beim Untergeschoss lediglich um eine bauliche Erweiterung der vorhandenen Gaststätte, d.h. der Schank- und Speisewirtschaft im Erdgeschoss („Café ...“) handelte. Zwar ist bei der Beschreibung des Bauvorhabens teilweise von einer Nutzungsänderung die Rede; hiermit ist aber erkennbar die Änderung der bisherigen Nutzung als Keller gemeint. Auch gaststättenrechtlich wurde das „...“ am 30.06.1999 als „Schank- und Speisewirtschaft mit Live-Musik und Kleinkunstdarbietungen“ genehmigt.
51 
Dass baurechtlich keine Vergnügungsstätte genehmigt worden ist, ergibt sich auch aus dem Begriff „Pianobar“. Zwar findet sich in den Bauakten keine Betriebsbeschreibung; nach dem allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei einer „Pianobar“ aber um ein Lokal, in dem die gespielte Musik hinsichtlich der Lautstärke und der Darbietung eher den Charakter einer Hintergrundmusik oder zumindest eine gemäßigte Lautstärke hat und noch eine Unterhaltung aus gewöhnlicher Distanz zulässt, wohingegen Tanzveranstaltungen und Musikveranstaltungen mit elektronisch verstärkter Musik und Discjockey mit dem Begriff der Pianobar im allgemeinen Sprachgebrauch nicht verbunden werden.
52 
Auch aus den Bauvorlagen wird ersichtlich, dass der Schwerpunkt der Nutzung nicht auf Musik- und Tanzveranstaltungen in einer diskothekenähnlichen Betriebsform liegen sollte, sondern eine Bewirtung der Gäste an Tischen vorgesehen war. Denn in dem im Jahr 1998 genehmigten Grundriss waren in dem 37,33 m² großen Bar-Raum eine Bar mit 6 Plätzen, fünf Tische mit jeweils 4 Sitzplätzen und ein Platz für das Klavier eingezeichnet; in dem ca. 12 m² großen Nebenraum war eine Garderobe vorgesehen. In den Nachtragsbaugenehmigungen war zwar anstelle der Garderobe das Klavier eingezeichnet; in den genehmigten Bauvorlagen findet sich aber weiterhin kein Hinweis auf eine Tanzfläche, eine Musikanlage oder einen Platz für eine Band, wofür nach den eingereichten Plänen auch kein ausreichender Raum zur Verfügung gestanden hätte. Hieran hat sich bei den im Jahr 2006 eingereichten und genehmigten Grundrissen im Grundsatz nichts geändert. Diese lassen trotz einer leicht veränderten Einrichtung nach wie vor die räumlichen Voraussetzungen für eine discothekenähnliche Einrichtung nicht erkennen. Der Nebenraum, dessen Nutzung im Jahr 2006 genehmigt wurde, ist zwar nach den eingereichten Bauvorlagen nicht möbliert. Nach dem Bauantrag und der Baubeschreibung sollte es sich bei diesem Raum aber nur um eine Erweiterung der Pianobar zur gelegentlichen Nutzung als privater Partyraum handeln. Auch hieraus ergibt sich somit kein Anhaltspunkt für eine geplante Vergnügungsstätte.
53 
Daher kommt dem - ohnehin zuvörderst gaststättenrechtlichen - Umstand keine ausschlaggebende Bedeutung zu, dass die Pianobar - wie es für Vergnügungsstätten typisch, aber auch bei Schankwirtschaften keinesfalls unüblich ist - deutlich verkürzte Sperrzeiten hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.11.2019 - 5 S 1790/17 -, juris).
54 
Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte davon Kenntnis hatte, dass baurechtlich von Anfang an eine Vergnügungsstätte geplant war, und sie diese unter den Begriff der „Pianobar“ gefasst hat, finden sich in den einschlägigen Akten nicht. Hiergegen spricht auch, dass der Kläger zu 2 den Nutzungsumfang gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten regelmäßig verharmlost hat (vgl. Aktenvermerk vom 21.04.1997; Betroffen-Anhörung vom 10.04.1997; Aktenvermerk vom 30.04.2001). Selbst wenn aber die vergnügungsstättentypische Nutzung Inhalt von Gesprächen mit Vertretern der Beklagten gewesen sein sollte, können die Kläger hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten. Bei der Ermittlung des Inhalts einer Baugenehmigung im Wege der Auslegung kann vom Bauherrn behaupteten mündlichen Aussagen von Mitarbeitern der Genehmigungsbehörde während des Genehmigungsverfahrens gerade mit Blick auf das zwingende Schriftformerfordernis in § 58 Abs. 1 Satz 3 LBO keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Aufgrund der vorhabenbezogenen Legalisierungsfunktion der Baugenehmigung, die sowohl dem Bauherrn und seinem Rechtsnachfolger (§ 58 Abs. 2 LBO) als auch dem jeweiligen Eigentümer Rechte vermittelt, und aus Gründen der erforderlichen Rechtsklarheit des Genehmigungsbescheids verbietet sich auch eine - ggf. erst nach Studium der Akten mögliche und nachvollziehbare - Auslegung entgegen dem klaren Genehmigungswortlaut (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18.11.1996 - 3 S 2867/96 -, juris; Beschluss v. 16.01.1996 - 3 S 3417/95 -, BauR 1996, 373; jeweils m.w.N.; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06. 01.2006 - 2 Q 37/05 -, juris). Es wäre vielmehr Sache des Bauherrn gewesen, die geplante Nutzung als Vergnügungsstätte zur Genehmigung zu stellen.
55 
2.2.3 Die Änderung der genehmigten Nutzung ist auch nicht verfahrensfrei.
56 
Eine bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung im Sinne d. § 29 BauGB liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Verfahrensfrei im bauordnungsrechtlichen Sinne ist eine Nutzungsänderung nur dann, wenn für die neue Nutzung keine anderen oder weitergehenden Anforderungen gelten als für die bisherige (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO), wenn also die Genehmigungsfrage nicht neu aufgeworfen wird. Von einer genehmigungspflichtigen, weil bodenrechtlich relevanten Nutzungsänderung ist danach jedenfalls dann auszugehen, wenn die nunmehr ausgeübte Nutzung einem anderen, städtebaulich eigenständigen Anlagentypus als die genehmigte Nutzung mit unterschiedlicher Gebietszuweisungsregelung zuzurechnen ist (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.11. 2006 - 3 S 2377/06 -, juris, Beschl. v. 03.09.2012 - 3 S 2236/11 -, juris).
57 
So liegt es hier. Die Nutzung als diskothekenähnliche Vergnügungsstätte unterliegt schon deshalb rechtlich anderen Anforderungen als die genehmigte Nutzung als Schankwirtschaft, weil dieser Anlagentyp in den einzelnen Baugebieten einer differenzierten und gegenüber sonstigen Gewerbebetrieben regelmäßig restriktiveren Zulassungsregelung unterliegt. Darüber hinaus wird die Baugenehmigungsfrage auch bauordnungsrechtlich, etwa im Hinblick auf den Brandschutz, den Immissionsschutz und die Stellplätze, neu aufgeworfen.
58 
2.3 Da die Nutzung des „...“ als Vergnügungsstätte somit nicht von der erforderlichen Baugenehmigung gedeckt ist, steht sie im Sinne d. § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
59 
Der Tatbestand des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO ist bereits dann erfüllt, wenn die ausgeübte Nutzung formell illegal ist, wenn also eine genehmigungspflichtige Nutzung ohne die erforderliche Genehmigung ausgeübt wird. An der abweichenden Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs, wonach eine endgültige Nutzungsuntersagung tatbestandlich nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Baurechtswidrigkeit voraussetzt, hält der Senat nicht mehr fest. Ob eine bauliche Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig oder bestandsgeschützt ist, ist im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung zu berücksichtigen.
60 
Nach der bisherigen Rechtsprechung aller Bausenate des erkennenden Gerichtshofs setzt ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne d. § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO mit Rücksicht auf den durch Art. 14. GG gewährten Bestandschutz voraus, dass die Nutzung nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortlaufend gegen materielles Baurecht verstößt (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12.09.1984 - 3 S 1607/84 -, BauR 1985, 537; Urt. v. 22.9.1989 - 5 S 3086/88 -, BWVPr 1990, 113; Beschl. v. 22.01.1996 - 8 S 2964/95 -, VBlBW 1996, 300; Urt. v. 24.07.2002 - 5 S 149/01 -, juris; Urt. v. 19.10.2009 - 5 S 347/09 -, juris Rn. 37; anders die - soweit ersichtlich - einhellige Ansicht der anderen Oberverwaltungsgerichte zu den inhaltsgleichen Regelungen der jeweiligen Landesbauordnungen, vgl. nur Bayerischer VGH, Beschl. v. 14.06.2018 - 2 CS 18.960 -, juris; Hessischer VGH, Beschl. v. 22.06.2016 - 1516/15 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.06.2010 - 8 A 10559/10 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 08.05.2020 - 2 B 461/20 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.06.2020 - OVG 2 S 77.19 -, juris, und v. 15.05.2020 - OVG 2 S 17/20 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.10.2018 - 2 M 71/18 -, juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.09.2020 - 1 MB 12/20 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 18.06.2014 - 2 B 209/14 -, juris; sowie die Rechtsprechungsübersichten bei Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Stand November 2019, § 65 Rn. 156, und Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 137. EL Juli 2020, Art. 76 Rn. 282). Zur Begründung wird angeführt, das Recht des Eigentümers, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze zu bebauen, sei Teil des durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützten Grundeigentums und werde daher nicht erst durch eine vorher einzuholende Baugenehmigung begründet. Das Verbot, ohne Baugenehmigung zu bauen, solle der Baurechtsbehörde lediglich die vorherige Prüfung ermöglichen, ob das Vorhaben den materiell-rechtlichen Vorschriften entspricht. Sei dies der Fall, so bestehe ein Anspruch auf die Genehmigung. Im Hinblick auf diese bloße Ordnungsfunktion der Baugenehmigung widerspreche es der verfassungsmäßigen Eigentumsgarantie, den Abbruch einer Anlage allein wegen ihrer formellen Rechtswidrigkeit anzuordnen oder bei der Prüfung ihrer materiellen Rechtmäßigkeit Rechtsvorschriften anzuwenden, die im Zeitpunkt ihrer Errichtung noch gar nicht bestanden. Für eine auf Dauer bestimmte, endgültige Untersagung einer ohne Genehmigung aufgenommenen Nutzung könne nichts Anderes gelten. Angesichts der dem Baugenehmigungserfordernis zukommenden Funktion sei eine nur auf formelle Verstöße gestützte Nutzungsuntersagung ebenso wenig mit Art. 14 GG zu vereinbaren wie eine Abbruchsanordnung. Dass bei einer Nutzungsuntersagung anders als bei einer Abbruchsanordnung keine Vermögenssubstanz entzogen werde, stehe dem nicht entgegen (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 22.01.1996 - 8 S 2964/95 -, juris).
61 
Diese Auffassung findet in Wortlaut und Systematik der Regelung des § 65 Abs. 1 LBO keine Stütze. Nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO genügt für den Erlass einer Nutzungsuntersagung ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Ein solcher liegt auch dann vor, wenn eine genehmigungspflichtige Nutzung ohne die erforderliche Baugenehmigung erfolgt. Der Tatbestand des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO erfordert somit keine Prüfung der materiellen Rechtslage. Dies folgt auch aus der Systematik der Regelung. Denn während Tatbestandvoraussetzung einer Beseitigungsanordnung nach § 65 Abs. 1 Satz 1 LBO ist, dass „nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt können“, findet sich keine derartige Einschränkung im Tatbestand für eine Nutzungsuntersagung nach § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO.
62 
Sinn und Zweck des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO erfordern ebenfalls keine andere Auslegung. Die Prüfung der materiell-rechtlichen Genehmigungsfähigkeit einer baurechtlichen Nutzung wird vom Gesetzgeber einer präventiven Kontrolle in einem Baugenehmigungsverfahren unterworfen (vgl. Sauter, a.a.O., § 58 Rn. 20). Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen und der gesetzlich vorgeschriebenen Präventivkontrolle Geltung verschaffen (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 19.05.2016 - 15 CS 16.300 -, juris). Diese Ordnungsfunktion erfordert keine Prüfung, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Dies wird auch in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs insoweit anerkannt, als im Hinblick auf die Ordnungsfunktion der Nutzungsuntersagung in den Fällen, in denen die baurechtliche Zulässigkeit nicht ohne weitere Ermittlungen beurteilt werden kann, zumindest eine vorläufige Nutzungsuntersagung auch bei nur formeller Baurechtswidrigkeit für rechtmäßig erachtet wird (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.02.2007 - 8 S 2606/06 - juris m.w.N.; Beschl. v. 03.08.2017 - 5 S 1030/17 - juris). Dieser Differenzierung bedarf es jedoch nicht. Denn eine Nutzungsuntersagung ist in der Sache stets insoweit vorläufig, als sie nur Geltung beansprucht, bis die materielle Rechtslage in dem vorgeschriebenen Verfahren geprüft worden ist. Ferner ergeben sich durch die Einschränkung auf eine vorläufige Nutzungsuntersagung vermeidbare Unsicherheiten und praktische Probleme, etwa wenn der Betroffene gleichwohl keinen Bauantrag stellt. Sollte die Nutzung nach Prüfung ihrer Genehmigungsfähigkeit im Ergebnis auf Dauer untersagt sein, weil sie materiell-rechtlich illegal ist, entspricht dies der materiellen Rechtslage (vgl. zum Ganzen Dürr/Leven/Speckmaier, Baurecht Baden-Württemberg, 16. Aufl.2018, Rn. 280; Sauter, a.a.O. § 65 Rn. 157).
63 
Auch der Gesichtspunkt des Bestandsschutzes findet sich - anders als bei der Beseitigungsanordnung - in Wortlaut und Systematik des Tatbestands der Nutzungsuntersagung nicht. Denn während § 65 Abs. 1 Satz 1 LBO auf den Zeitpunkt der Errichtung einer baulichen Anlage abstellt, lässt § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO eine aktuell baurechtswidrige Nutzung ausreichen („Werden.... genutzt“). Eine andere Einschätzung ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Inhalt und Schranken des Eigentums werden nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz bestimmt. Wie weit der Schutz der Eigentumsgarantie reicht, die auch das Recht zur angemessenen wirtschaftlichen Nutzung von Grund und Boden umfasst, ergibt sich mithin aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums; diese ist nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers. Auch die Baufreiheit, soweit sie vom Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts umfasst wird, ist nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährleistet. Verfassungsrechtlichen Schutz genießt eine Eigentumsposition im Bereich des Baurechts daher nur im Rahmen der mit ihr zulässigerweise verbundenen, gesetzlich definierten Befugnisse (grundlegend BVerwG, Urt. v. 12.3.1998 - 4 C 10/97 -, BVerwGE 106, 228 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
64 
Das Bauordnungsrecht schränkt die durch das Eigentumsgrundrecht verbürgte Baufreiheit einfachrechtlich insoweit ein, als es diese einem Genehmigungsvorbehalt unterwirft. Das Baugenehmigungserfordernis, dessen Durchsetzung eine Nutzungsuntersagung wegen (nur) formeller Rechtswidrigkeit dient, ist eine verfassungsmäßige Einschränkung des Eigentumsgrundrechts (Decker a.a.O. Art. 76 Rn. 284). Zwar ist der Gesetzgeber bei seiner Aufgabe, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, insbesondere an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.10.1996 - 1 BvL 44/92 -, BVerfGE 95, 64 und juris Rn. 103). Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Genehmigungspflicht sind aber nach allgemeiner Auffassung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, weil sie durch das öffentliche Interesse an einer vorbeugenden Gefahrenabwehr gerechtfertigt sind (Decker a.a.O. Rn. 284). Zudem steht der Erlass einer Nutzungsuntersagung im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde. Der Frage, ob eine Nutzungsuntersagung im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG im konkreten Fall unverhältnismäßig ist, etwa weil die Nutzung offensichtlich dem von der Baurechtsbehörde zu prüfenden materiellen Recht entspricht oder Bestandschutz genießt, kann daher im Rahmen der Ermessensausübung Rechnung getragen werden. Auch wird durch eine Nutzungsuntersagung das Eigentum in seiner Substanz - der geschaffene Baubestand - nicht berührt; durch eine Nutzungsuntersagung wird dem Betroffenen - anders als bei einer Beseitigungsanordnung - keine Bausubstanz endgültig entzogen. Zwar entsteht ein wirtschaftlicher Schaden dadurch, dass - bei materieller Legalität - eine rechtmäßige Nutzung zeitweise bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung nicht ausgeübt werden darf. Dieser Schaden ist jedoch begründet in der der präventiven Gefahrenabwehr dienenden Genehmigungspflicht und trifft alle Bauwerber gleichermaßen. Es wäre eine unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigende Bevorzugung des gesetzesuntreuen Bürgers, wenn dieser Nutzungsvorteile gegenüber einem Bauherrn erhielte, der das erforderliche Genehmigungsverfahren betreibt (VG Freiburg, Urt. v. 08.11.2012 - 4 K 912/12 -, VBlBW 2013, 225; Decker a.a.O. Art. 76 Rn. 284; Dürr/Leven/Speckmaier a.a.O. Rn. 280). Dem Eigentumsgrundrecht kommt auch nicht deshalb von vorneherein der Vorrang zu, weil die Baugenehmigung eine bloße Ordnungsfunktion hat (so aber VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 22.01.1996 a.a.O.). Denn die Baugenehmigung ist nicht nur eine Unbedenklichkeitsbescheinigung; vielmehr kommt ihr auch eine formelle und materielle Gestaltungswirkung zu (vgl. hierzu Sauter, a.a.O., § 58 Rn. 4 f.).
65 
Es ist nach alledem nicht geboten, bereits den Tatbestand des § 65 Abs. 1 S. 2 LBO einschränkend auszulegen (wie hier VG Freiburg, Urt. v. 08.11.2012 - 4 K 912/12 -, VBlBW 2013, 225; Sauter a.a.O. § 65 Rn. 157; Decker a.a.O. Rn. 284; Dürr/Leven/Speckmaier a.a.O. Rn. 280; offengelassen bei Weiblen in Spannowski/Uechtritz, BeckOK - Bauordnungsrecht für Baden-Württemberg, Kommentar, Stand 01.09.2020, § 65 Rn. 88; der bisherigen Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg folgend: Schlotterbeck in Schlotterbeck u.a., Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl. 2016, § 65 Rn. 52). Auf die Frage, ob Bestandsschutz ohnehin nur entstehen kann, wenn für eine bauliche Nutzung auch die erforderliche Genehmigung vorliegt, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (dazu unten Nr. 3.2).
66 
3. Die Beklagte hat das ihr danach eröffnete Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Regelmäßig entspricht es pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbindet. Die Baurechtsbehörde hat allerdings stets zu prüfen, ob sich die Untersagung einer Nutzung im Einzelfall als unverhältnismäßig erweist. Solche besonderen Umstände liegen hier nicht vor. Die untersagte Nutzung erweist sich derzeit nicht als offensichtlich genehmigungsfähig (dazu 3.1) und genießt keinen Bestandsschutz (3.2). Die Beklagte hat auch keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass sie auf ein Einschreiten verzichtet (3.3). Schließlich hat die Beklagte auch ihr Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt (3.5).
67 
3.1 Die ungenehmigt aufgenommene Nutzung ist nicht ohne weiteres genehmigungsfähig, weil sie den Festsetzungen des Bebauungsplans „Südlich Schwabentor“ widerspricht. Nach Nr. 1.1 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen sind Vergnügungsstätten im Kerngebiet MK 1 unzulässig. Der Bebauungsplan ist nicht offensichtlich unwirksam. Ungeachtet dessen leidet er auch bei näherer Prüfung nicht an den von den Klägern gerügten formellen und materiell-rechtlichen Mängeln.
68 
3.1.1. Die Kläger machen geltend, der Bebauungsplan „Südlich Schwabentor“ baue untrennbar auf dem Bebauungsplan „Granatgässle“ auf; dieser unter Auflagen genehmigte Plan sei aber mangels eines sog. „Beitrittsbeschlusses“ unwirksam. Dieser Einwand greift nicht durch.
69 
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann ein Bebauungsplan, der der Genehmigung bedarf, nicht wirksam werden, wenn er mit seinem von der Gemeinde beschlossenen Inhalt nicht genehmigt wird oder wenn der mit Maßgaben genehmigte Plan von der Gemeinde vor der Bekanntmachung der Genehmigung und der Auslegung so nicht beschlossen worden ist; der vom zuständigen Organ beschlossene und der mit Maßgaben beschränkt genehmigte Bebauungsplan müssen inhaltlich übereinstimmen. Beziehen sich die Maßgaben auf den materiellen Inhalt des Plans, so muss sich die Gemeinde, bevor sie den Bebauungsplan in Kraft setzt, den neuen Planinhalt durch einen erneuten Satzungsbeschluss zu Eigen machen. Wirksam wird ein unter inhaltlichen Auflagen genehmigter Plan hiernach nur, wenn die Gemeinde den Maßgaben beitritt und den Bebauungsplan anschließend bekannt macht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.07. 2011 - 4 B 23/11 -, juris m.w.N.). Klarstellungen und andere Änderungen nur redaktioneller Art ohne Einfluss auf den Inhalt des Planes in der Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde machen hingegen keinen Beitrittsbeschluss des Gemeinderates erforderlich (BVerwG, Beschl. v. 14.08.1989 - 4 NB 24/88 -, juris; Hessischer VGH, Beschl. v. 19.11.1992 - 3 N 2463/87 -, juris).
70 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthielt die Genehmigung des Regierungspräsidiums nur eine klarstellende redaktionelle Maßgabe über die nachrichtliche Kennzeichnung des überplanten Geltungsbereichs älterer Bebauungspläne, die mithin nicht einmal den Bebauungsplan „Granatgässle“ selbst betraf. Es bedurfte daher keines Beitrittsbeschlusses des Gemeinderats.
71 
3.1.2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist es auch unschädlich, dass die Ausfertigung des Planes vor der Genehmigung des Plans vollzogen wurde. Auch wenn es zur Vermeidung nachträglicher Berichtigungen zweckmäßig sein kann, die erforderliche Ausfertigung bis zum Abschluss eines eventuell erforderlichen Genehmigungs- bzw. Anzeigeverfahrens zurückzustellen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.04.1989 - 8 S 3128/88 -, juris), wird der Plan hierdurch nicht unwirksam (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.07.1990 - 8 S 104/90 -, Rn. 23, juris, Urt. v. 8.5.1990 - 5 S 3064/88 -, juris).
72 
3.1.3. Auch der - im Berufungsverfahren allerdings nicht mehr wiederholte - Einwand der Kläger greift nicht durch, dass Nr. 1.1 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „Südlich Schwabentor“ nicht hinreichend bestimmt sei, weil sich aus der Festsetzung nicht zweifelsfrei entnehmen lasse, welche Anlagen im Plangebiet ausgeschlossen seien; sie enthalte lediglich eine nicht abschließende Liste („Einrichtungen wie“).
73 
Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass unter dem Begriff „Einrichtung“ jede denkbare Art von Anlagen gemeint sein könnte. Aus den konkretisierenden Beispielen, ihrer inneren Systematik und der Begründung des Bebauungsplans, wonach die sich anbahnende Entwicklung eines Rotlichtviertels verhindert werden soll, ergibt sich aber eindeutig, dass ausschließlich Anlagen mit einer erotik- oder sexbezogenen Nutzung ausgeschlossen sind. Auch in der Praxis ist die entsprechende Abgrenzung ohne Auslegungsschwierigkeiten möglich. Die vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob die Unwirksamkeit von Nummer 1.1 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen ohnehin nur zu einer Teilnichtigkeit führen könnte, die den Ausschluss von Vergnügungsstätten in Absatz 2 unberührt ließe, kann daher dahinstehen.
74 
3.1.3. Der Bebauungsplan „Südlich Schwabentor“ leidet auch nicht an beachtlichen Abwägungsmängeln.
75 
Nr. 1.1 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen findet ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 5 BauNVO. Danach können im Bebauungsplan bestimmte Arten von Nutzungen, die nach §§ 2 ff. BauNVO allgemein zulässig sind, ausgeschlossen oder nur ausnahmsweise gelassen werden, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Zulässig ist auch der Ausschluss einzelner der in einer Nummer gemeinsam aufgezählten Nutzungen. Danach können die in einem Kerngebiet gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässigen Vergnügungsstätten ausgeschlossen werden. Hierdurch bleibt der Gebietscharakter gewahrt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts machen Vergnügungsstätten nicht das Wesen eines Kerngebietes aus, da die allgemeine Zweckbestimmung von Kerngebieten durch § 7 Abs. 1 BauNVO bestimmt wird und nach § 7 Abs. 2 BauNVO in Kerngebieten eine Vielzahl von baulichen oder sonstigen Anlagen oder Nutzungen zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 22.05.1987 - 4 N 4.86 -, BRS 57 Nr. 54; Beschl. v. 28.07.1988 - 4 B 119.88 -, juris; vgl. zur heutigen Rechtslage auch § 9 Abs. 2b BauGB).
76 
Der somit grundsätzlich zulässige Ausschluss von Vergnügungsstätten ist auch nicht abwägungsfehlerhaft.
77 
Die Kläger machen geltend, die Beklagte habe eine Alternativenprüfung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterlassen. Es hätte auf der Hand gelegen, eine dezidiert „nichtsexbezogene“ vergnügungsstättenartige Nutzung zumindest als Ausnahmemöglichkeit nach § 31 Abs. 1 BauGB zuzulassen und damit den Fortbestand der Nutzung ihres Anwesens zu sichern. Der Ausschluss einer Ausnahmemöglichkeit sei unverhältnismäßig.
78 
Dieser Einwand greift nicht durch. Im Plangebiet sind Vergnügungsstätten nicht vollständig ausgeschlossen; vielmehr sind sie im MK 2 im Erdgeschoss nach wie vor zulässig. Der Bebauungsplan trifft somit für das Plangebiet in seiner Gesamtheit eine differenzierte Regelung, indem er nur in den verhältnismäßig kleinen Kerngebieten MK 1 und MK 3 Vergnügungsstätten ausnahmslos ausschließt. Nach der Planbegründung ist dieser Ausschluss gerechtfertigt durch das strukturelle Absacken des Bereichs südlich des Schwabentors, das in den letzten Jahren zu beobachten gewesen sei. Diese städtebaulich unerwünschte Entwicklung würde langfristige Planüberlegungen zur Aufwertung des Quartiers erheblich gefährden. Die Zulassung u.a. von Vergnügungsstätten im MK 2 im Erdgeschoss beruhe darauf, dass sich dort bereits eine Spielhalle befände, die durch eine mit dem Bestand übereinstimmende Planungsentscheidung abgesichert werden solle. Dies entspreche dem Vergnügungsstättenkonzept der Beklagten. Zwei weitere Vergnügungsstätten am Schwabentor stünden unter Bestandsschutz. Diese drei im Plangebiet vorhandenen Spielhallen stellten das gesamtplanerische Konzept nicht in Frage, weil sie das Kerngebiet prägten und sich im Zuge der fußgängergerechten Erschließung des Bereichs zunehmend relativieren würden.
79 
Diese Erwägungen sind auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu beanstanden. Es entspricht einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung auswirken können. Die Verhinderung eines sog. Trading-down-Effekts stellt eine städtebauliche Zielsetzung dar, die den Ausschluss von Vergnügungsstätten rechtfertigen kann (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 04.09.2008 - 4 BN 9.08 -, BauR 2009, 76, Beschl. v. 25.02.1997 - 4 NB 30.96 -, juris, und Beschl. v. 5. 01. 1995 - 4 B 270/94 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.03.2012 - 8 S 260/11 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21. 2010 - 2 A 1419/09 -, juris Rn. 146). Die Plangeberin hat dabei hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie die im Plangebiet bereits vorhandenen drei bestandsgeschützten Vergnügungsstätten als Obergrenze dessen betrachtet, was die städtebauliche Zielsetzung, einen weiteren Attraktivitätsverlust und letztlich ein Umkippen des Gebiets zu verhindern, nicht gefährdet. Dabei hat sie durch die Zulassung von Vergnügungsstätten im MK 2 in der Sache durchaus eine Ausnahmeregelung geschaffen und den Gebietscharakter eines Kerngebiets in ihre Abwägung eingestellt. Darüber hinaus stellt es keinen Abwägungsmangel dar, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit der verschiedenen Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. Die Beklagte durfte daher dem städtebaulichen Belang an der Aufwertung des Gebiets und der Verhinderung eines weiteren Absackens sowie den schützenswerten Interessen der dortigen Anwohner den Vorrang einräumen gegenüber den wirtschaftlichen privaten Interessen an der Nutzung der Grundstücke in MK 1 und MK 3 für den Betrieb von Vergnügungsstätten. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Fortführung der Nutzung des „...“ als Vergnügungsstätte, zumal diese nicht baurechtlich genehmigt und nicht bestandsgeschützt war (dazu unten 3.2.1).
80 
3.1.4. Die Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das „...-...“ nicht deshalb offensichtlich genehmigungsfähig ist, weil eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den dem Vorhaben entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans erteilt werden könnte.
81 
Die Erteilung einer Befreiung setzt nach § 31 Abs. 2 BauGB u.a. voraus, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71, Beschl. v. 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, BauR 1999, 1280; Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35.04 -, BRS 67 Nr. 83; Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - NVwZ 2011, 748). Eine Befreiung darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - auch nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5/99 - a.a.O.).
82 
Die Kläger wenden ein, Grundzug der Planung sei nur der Ausschluss sex- und erotikbezogener Einrichtungen und Nutzungen, so dass die Zulassung „nicht-sexbezogener“ Vergnügungsstätten Grundzüge der Planung nicht berühre. Dem ist nicht zu folgen. Alleiniger Inhalt des Bebauungsplans ist der Ausschluss von zwei Nutzungszwecken. Schon deshalb kommt dem Ausschluss von Vergnügungsstätten als einer der beiden Nutzungszwecke erhebliche Bedeutung zu. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten wurde auch nicht nur bei Gelegenheit - gleichsam nebenbei - mitgeregelt; der Bebauungsplan enthält insoweit vielmehr eine differenzierte und städtebaulich begründete Festsetzung. Aus den unterschiedlichen und im Einzelnen erläuterten Regelungen für die Kerngebiete MK1 / MK 3 (vollständiger Ausschluss) auf der einen und MK 2 (Zulassung im Erdgeschoss) auf der anderen Seite folgt, dass die Zulassung einer weiteren Vergnügungsstätte im MK 1 im Wege einer Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreifen und die im Plan zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung beeinträchtigen würde.
83 
3.2 Die Klägerinnen können sich auch nicht mit Erfolg auf Bestandsschutz berufen. Bestandsschutz für eine genehmigungspflichtige Nutzung setzt nicht nur deren materielle, sondern auch deren formelle Legalität voraus. Ungeachtet dessen ist nicht erkennbar, dass die Nutzung bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre materiell baurechtmäßig war.
84 
3.2.1 Bestandsschutz gewährleistet, dass sich die rechtmäßige Nutzung einer baulichen Anlage auch gegen neues entgegenstehendes Recht durchsetzt. Bestandsschutz genießt aber grundsätzlich nur die nach Art und Umfang unveränderte rechtmäßige Nutzung (BVerwG, Beschl. v. 09.09.2002 - 4 B 52/02 -, juris, Urt. v. 25.03.1988 - 4 C21/85 -, juris). Wie ausgeführt, ist die Nutzung des Anwesens als Vergnügungsstätte im vorliegenden Fall nicht von einer Baugenehmigung gedeckt. Sie nimmt daher an dem durch die Baugenehmigungen vermittelten Bestandsschutz nicht teil.
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Ob eine formell illegale Anlage bzw. Nutzung Bestandschutz genießen kann, wenn sie zu einem namhaften Zeitpunkt materiell-rechtlich legal war, ist umstritten (vgl. die Übersicht bei Decker a.a.O. Art. 76 Rn 115 ff. m.w.N.). Nach der oben unter 2.3 dargelegten Eigentumsdogmatik setzt Bestandsschutz voraus, dass für eine genehmigungspflichtige Nutzung eine Baugenehmigung erteilt worden ist; es genügt mithin nicht, dass die Nutzung irgendwann dem materiellen Recht entsprochen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass sich unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG keine Anspruchspositionen ableiten lassen, dass es mithin einen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz außerhalb der gesetzlichen Regelungen nicht gibt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 12.3.1998 - 4 C 10/97 -, BVerwGE 106, 228 m.w.N.; dazu VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.05.2020 - 5 S 437/18 - juris; Hessischer VGH, Beschl. v. 15.05.2018 - 3 A 395/15 - juris; Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.12.2016 - 5 CS 6.1774 -, juris Rn. 51 m.w.N.). Bestimmt eine landesrechtliche Norm Inhalt und Schranken des Eigentums, so verbietet sich der Rückgriff auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als unmittelbare Anspruchsgrundlage für die Zuerkennung von Bestandsschutz (BVerwG Urt. v. 07.11.1997 - 4 C 7/97 -, NVwZ 1998, 735). Denn wie weit der Schutz der Eigentumsgarantie reicht, ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Daher erstreckt sich der Bestandsschutz für bauliche Anlagen gegenüber Änderungen der Baurechtsordnung aus verfassungsrechtlicher Sicht nur auf den genehmigten Bestand und die genehmigte Funktion (BVerfG, Beschl. v. 15.12.1995 - 1 BvR 1713/92 -, juris). Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG setzt danach voraus, dass das Vorhaben sowohl formell als auch materiell rechtmäßig ist bzw. war, um Bestandsschutz genießen zu können (BVerwG, Urt. v. 18.07.1997 - 4 B 116/97 -, NVwZ-RR 1998, 357).
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In Konsequenz dieser (zunächst für den „aktiven“ Bestandsschutz im Außenbereich entwickelten) Rechtsprechung kann auch eine genehmigungspflichtige Nutzung nur dann Bestandsschutz genießen, wenn sie förmlich genehmigt worden ist. Vorliegend unterwirft die Landesbauordnung die Nutzung des Anwesens der Kläger als Vergnügungsstätte einer Genehmigungspflicht; es ist auch nicht ersichtlich, dass die Nutzungsänderung zu irgendeinem Zeitpunkt verfahrensfrei gewesen wäre. Bestimmen sich Inhalt und Schranken des Bestandsschutzes aber nach Maßgabe des einfachen Rechts, dann schützt die Landesbauordnung in Verbindung m. Art. 14 Abs. 1 GG eine genehmigungsbedürftige Nutzung gegen eine Nutzungsuntersagung erst dann, wenn für diese die entsprechende Baugenehmigung erteilt worden ist. Das schließt es aus, Bestandsschutz bereits dann zu bejahen, wenn die genehmigungsbedürftige Nutzung über einen namhaften Zeitraum dem materiellen Recht entsprochen hat, ohne dass sie durch eine Baugenehmigung zugelassen worden wäre. Dies gilt umso mehr, als ansonsten die rechtswidrige Umgehung eines an sich erforderlichen Baugenehmigungsverfahrens auch noch mit den Wohltaten des Bestandsschutzes belohnt würde (wie hier Decker a.a.O. Art. 76 Rn. 118 m.w.N.).
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3.2.2 Darüber hinaus haben die insoweit darlegungspflichtigen Kläger nicht dargetan, dass das „...“ zu einem namhaften Zeitpunkt dem materiellen Baurecht entsprochen hat. Es kann daher letztlich dahinstehen, ob eine materiell rechtswidrig gewordene Nutzung nicht untersagt werden darf, weil sie zu irgendeinem Zeitpunkt materiell baurechtmäßig war.
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Es ist offen, ob im Untergeschoss des Anwesens von Anfang an, zumindest aber ab den Jahren 1997/1998 eine vergnügungsstättenartige Nutzung stattfand und die Nutzung damit schon vor dem Aufstellungsbeschluss bzw. dem Inkrafttreten der Veränderungssperre zu einem namhaften Zeitraum in dem damals festgesetzten Kerngebiet nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig war. Hierfür sprechen zwar der Vortrag der Kläger im Berufungsverfahren und die schriftlichen Erklärungen der damaligen Gäste. Hierzu stehen allerdings mehrere Aussagen des Klägers zu 2 im Zusammenhang mit den örtlichen Kontrollen in den Jahren 1997/1998 in Widerspruch, in denen lediglich von einem privaten Partykeller und gelegentlichen Vermietungen die Rede war.
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Diese Frage kann jedoch dahinstehen, weil die Nutzung des Untergeschosses nach Aktenlage bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre und des Bebauungsplans gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Bauordnungsrechts, namentlich des Brandschutzes, verstieß. So ergibt sich aus dem Ermittlungsbericht der Polizeidirektion Freiburg vom 21.04.1997, dass im Untergeschoss kein Feuerlöscher vorhanden und keine Fluchtwege ausgewiesen worden waren. Eine Einrichtung von Fluchtwegen ohne bauliche Veränderungen war ausweislich des Berichts nicht möglich. Ferner waren damals die für einen Aufenthaltsraum notwendigen Fenster nicht vorhanden. Zwar wurde am 02.07.1998 eine Baugenehmigung mit entsprechenden Auflagen erteilt. Mit Verfügung vom 19.11.1998 mussten die Bauarbeiten aber eingestellt werden, weil ohne den erforderlichen Baufreigabeschein mit den Bauarbeiten begonnen worden war. Eine Baufreigabe konnte zum damaligen Zeitpunkt nicht erfolgen, weil die hierfür erforderlichen Auflagen zur Baugenehmigung, etwa der Nachweis über die Erfüllung der Stellplatzverpflichtung und die Mülllagerung nicht erfüllt worden waren. Allerdings wurde später die Baufreigabe gleichwohl erteilt; bei der Ortsbegehung am 11.02.1999 und der Schlussabnahme am 01.03.1999 wurden aber bauordnungsrechtliche Mängel festgestellt, u.a. war die Tür zum Technikraum nicht in rauchdichter Ausführung erfolgt und der 2. Rettungsweg wies Sicherheitsmängel auf. Am 01.07.1999 wurde zwar festgestellt, dass der 2. Rettungsweg ordnungsgemäß ausgeführt worden war; bei der Brandverhütungsschau vom 17.01.2006 stellte sich aber heraus, dass die in der Baugenehmigung vom 02.07.1998 geforderte Rauchschutztür niemals eingebaut worden war. Hinsichtlich des Nebenraums wurde bei einer örtlichen Überprüfung am 27.04.2001 festgestellt, dass sich der Raum nicht als Aufenthaltsraum im Sinne der Landesbauordnung eignet. Sollte der Raum schon zuvor als Partyraum genutzt worden sein, wofür der Ermittlungsbericht vom 21.04.1997 spricht, war dies mithin ebenfalls bauordnungsrechtlich illegal.
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Es spricht vieles dafür, dass der Betrieb auch aus Gründen des Lärmschutzes nicht materiell baurechtmäßig war. Nach § 14 Abs. 1 LBO unterliegen Gaststätten zusätzlichen Schallschutzanforderungen. Hierauf wurde in der Baugenehmigung vom 02.07.1998 unter Bezugnahme auf die entsprechende VDI-Richtlinie ausdrücklich hingewiesen (Nebenbestimmung Nr. 4.0.05 F); ferner enthielt die Baugenehmigung die Auflage, wegen der hohen schalltechnischen Anforderungen einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Nach Aktenlage wurde diese Auflage nicht erfüllt.
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Im Hinblick auf diese bauordnungsrechtlichen Mängel, die schon die genehmigte Nutzung als Pianobar aufwies, liegt es auf der Hand, dass erst recht die - gegenüber der genehmigten Nutzung als Schankwirtschaft intensivere - Nutzung als Vergnügungsstätte dem materiellen Bauordnungsrecht nicht entsprochen hat.
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Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Kläger. Denn wenn es nicht gelingt, das Vorliegen der Voraussetzungen des Bestandschutzes nachzuweisen, geht dies zu Lasten dessen, der sich hierauf beruft (BVerwG, Urt. v. 23.02.1979 - 4 C 86/76 -, NJW 1980,252; Hessischer VGH, Beschl. v. 15.05.2018 - 3 A 395/15 -, juris m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.05.2020 - OVG 2 S 17/20 -, juris).
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3.3 Die Nutzungsuntersagung ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte das Recht auf Einschreiten verwirkt oder sonst einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen hätte, gegen die ausgeübte Nutzung nicht mehr einzuschreiten.
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Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs können ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr nicht verwirkt werden (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 01.04.2008 - 10 S 1388/06 -, juris Rn. 50). Abgesehen davon findet sich in den einschlägigen Akten kein Hinweis darauf, dass die Baurechtsbehörde - wie die Kläger geltend machen - von Anfang an positive Kenntnis vom wirklichen Umfang der Nutzung des Untergeschosses in ihrem Anwesen hatte. Nach Aktenlage wurde erstmals am 20.02.1997 durch eine Anzeige bekannt, dass dort offenbar lärmintensive Veranstaltungen stattfinden. Wie ausgeführt, hat der Kläger zu 2 bei den daraufhin erfolgenden Anhörungen und Befragungen aber stets versichert, es handele sich nur um eine Vermietung für private Partys gegen ein geringes Entgelt; er hat ferner gegenüber der Beklagten angegeben, er werde keine Veranstaltungen mehr zuzulassen und keine Bewirtung mehr durchführen (vgl. Betroffenen-Anhörung vom 10.04.1997, Ermittlungsbericht vom 21.04.1997). Im Bauantrag vom 09.12.1997 und den folgenden Bauanträgen stellte er lediglich eine Pianobar zur Genehmigung. Auch gaststättenrechtlich stellte die Klägerin zu 1 am 28.01.1998 nur einen Antrag auf Erteilung einer Betriebserlaubnis für sporadische Musikveranstaltungen durch Musikstudenten mit „Piano, Gitarre, Saxophon, Flöte etc.“ und gab an, die bisherige Musik sei „im Rahmen einer Hintergrundmusik“ gespielt worden. Am 03.07.1998 wurde der Klägerin zu 1 die gaststättenrechtliche Erlaubnis für eine Schank- und Speisewirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen ohne Verstärker erteilt. Erst die Vielzahl der Lärmbeschwerden seit dem Jahr 2011 sprechen dafür, dass die Beklagte ungefähr ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von Art und Umfang der tatsächlichen Nutzung hatte.
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Sollte die Beklagte hingegen von der formell baurechtswidrigen Nutzung gewusst haben, können die Kläger hieraus gleichwohl nichts für sich herleiten, weil die bloße Kenntnis und faktische Duldung einer illegalen Nutzung für längere Zeit ein späteres Einschreiten nicht hindert. Anderes gilt nur, wenn die Behörde aufgrund besonderer Umstände einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen hat, dass sie sich mit der Nutzung auf Dauer weiterhin abfindet. Ein längeres Hinnehmen genügt hierfür nicht (st. Rspr., vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.10.2013 - 3 S 2643/11 -, juris; Bayerischer VGH Beschl. v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.05.2017 - 7 B 342/17 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.06.2020 - OVG 2 S 77.19 -, juris).
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Das Verwaltungsgericht ist danach zutreffend davon ausgegangen, dass die schlichte Hinnahme eines baurechtlich illegalen Geschehens für eine längere Zeit die Bauaufsichtsbehörde nicht hindert, ihre bisherige Praxis zu beenden und auf die Herstellung baurechtmäßiger Zustände hinzuwirken. Besondere Umstände, die das späte Einschreiten als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Gerade aufgrund der zunehmenden Nachbarbeschwerden konnten die Kläger nicht darauf vertrauen, dass die Nutzung auf Dauer unbeanstandet bleiben würde. Wenn die Kläger der Beklagten nunmehr ein treuwidriges Verhalten vorwerfen, weil sie die beantragten Genehmigungen für eine Pianobar ohne weiteres erteilt habe, ohne gegen die - ihr angeblich bekannte - tatsächliche Nutzung einzuschreiten, liegt dies neben der Sache. Vielmehr wären die Kläger verpflichtet gewesen, die tatsächlich ausgeübte Nutzung zur Genehmigung zu stellen oder diese auf das genehmigte Maß zu reduzieren.
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Hinzu kommt, dass die Beklagte die Nutzungsuntersagung nicht allein mit formellen Erwägungen begründet hat. Zwar mag es im Einzelfall ermessensfehlerhaft sein, wenn die Baurechtsbehörde trotz jahrelanger faktischer Duldung eine Nutzungsuntersagung allein auf die formelle Rechtswidrigkeit stützt (zu einer solchen Ausnahmekonstellation Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris). So liegt es hier aber nicht. Die Baurechtsbehörde hat in ihre Ermessenserwägungen vielmehr auch den fehlenden materiellen Bestandsschutz und die mangelnde materielle Genehmigungsfähigkeit eingestellt.
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3.4. Auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Betroffenheit der Kläger sind die Ermessenserwägungen der Beklagten nicht zu beanstanden.
99 
Abgesehen davon, dass die Kläger schon nicht substantiiert dargetan haben, dass die Existenz des Betriebs bedroht ist, durfte die Beklagte in ihre Erwägungen einstellen, dass die Gaststätte nicht vollständig zu schließen ist und eine Nutzungsuntersagung keine unumkehrbaren Fakten schafft. Darüber hinaus haben die Kläger über Jahre wirtschaftliche Vorteile aus der ungenehmigten Nutzung gezogen. Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem öffentlichen Interesse an einem bauaufsichtlichen Einschreiten zur Durchsetzung der Baurechtsordnung und zum Lärmschutz der Anwohner den Vorrang eingeräumt hat.
100 
3.5 Es ist auch nicht dargetan oder sonst erkennbar, dass die Beklagte willkürlich und gleichheitswidrig vorgeht. Die Beklagte hat substantiiert dargelegt, dass sie auch andere Betriebe im Stadtgebiet im Hinblick auf die Einhaltung des genehmigten Nutzungsumfangs überprüft hat und gegen ungenehmigte Vergnügungsstätten im Wege der Nutzungsuntersagung eingeschritten ist.
101 
3.6 Die Beklagte hat schließlich ihr Auswahlermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Es verstößt entgegen der Auffassung der Kläger nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass auch der Kläger zu 2 in Anspruch genommen wurde.
102 
Erweist sich die Nutzung einer baulichen Anlage als baurechtswidrig, so hat sich die Störerauswahl in erster Linie daran zu orientieren, wie die Gefahr am effektivsten abzuwehren ist. Die Inanspruchnahme mehrerer Störer kommt in Betracht, wenn andernfalls die behördliche Anordnung nicht effektiv durchsetzbar wäre, oder um Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis mehrerer Betroffener untereinander vorzubeugen (Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.10.2018 - 9 C 18.675 -, juris; Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 181).
103 
Ausweislich der Begründung der angefochtenen Verfügungen hat die Bauaufsichtsbehörde beide Kläger als Handlungsstörer, den Kläger zu 2 zudem als Zustandsstörer in Anspruch genommen. Dabei hat sie sich von der Erwägung leiten lassen, dass nach dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr ein zusätzliches Einschreiten gegen den Kläger zu 2 gerechtfertigt sei, weil er als Geschäftsführer und gesetzlicher Vertreter in der Lage sei, auf die Betriebsabläufe der Klägerin zu 1 Einfluss zu nehmen und zum anderen als Nießbrauchberechtigter am besten verhindern könne, dass die illegale Nutzung durch einen neuen Mieter oder eine Umfirmierung fortgesetzt werde.
104 
Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Da die Klägerin zu 1 das „...-...“ zwar als Pächterin betreibt, der Kläger zu 2 aber Geschäftsführer der Klägerin zu 1 ist, als Bauherr für die baurechtmäßige Nutzung verantwortlich ist und zudem als Nießbrauchberechtigter seine Grundstücke für die untersagte Nutzung zur Verfügung stellt, stehen beide in Anspruch genommene Adressaten in einer so engen rechtlichen und tatsächlicher Verbindung, dass eine Trennung der Verantwortlichkeit nach außen nicht erkennbar ist. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr beide Kläger als Handlungsstörer und den Kläger zu 2 wegen seiner Einflussmöglichkeiten aus dem Pachtverhältnis zudem als Zustandsstörer in Anspruch nimmt (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.10.2018 - 9 C 18.675 -, juris).
105 
Dem Einwand, der Kläger zu 2 müsse im Ergebnis „zweimal“ zahlen, kann im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens Rechnung getragen werden; abgesehen davon wird durch dieses Vorbringen die enge rechtliche und tatsächliche Verflechtung der Kläger bestätigt.
106 
4. Rechtliche Bedenken gegen die Zwangsgeldandrohungen wurden nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
107 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 i.V.m. § 159 S. 1 VwGO.
108 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Ungeachtet dessen, dass § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO eine grundsätzlich nicht revisible Vorschrift des Landesrechts ist, kommt der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung insbesondere zum Tatbestand der Nutzungsuntersagung und zur Frage des Bestandschutzes bei (nur) formeller Illegalität einer Nutzung keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Denn diese Fragen waren für den Ausgang des Berufungsverfahrens letztlich nicht entscheidungserheblich, weil die ungenehmigte Nutzung nach den Feststellungen des Senats auch materiell baurechtswidrig war.
109 
Der Senat sieht daher auch davon ab, die Rechtssache nach § 12 VwGO i.V.m. § 11 Abs. 2 und Abs. 4 VwGO dem Großen Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vorzulegen. Denn sowohl die Vorlage wegen Divergenz als auch wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt nach herrschender Meinung die Entscheidungserheblichkeit der zu klärenden Rechtsfrage voraus. Eine solche fehlt, wenn die Entscheidung auf zwei selbstständig tragende Erwägungen gestützt worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.09.2006 - 9 B 2/06 -, NVwZ 2006, 1404; hierzu kritisch aber Kronisch in Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 11 Rn. 31 ff., 52, § 12 Rn. 14; Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser u.a., VwGO, Kommentar, 7. Aufl. 2018, § 11 Rn. 4).

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